Kitabı oku: «Goldstück-Variationen», sayfa 3
15. Januar
Heute feiert – so will ich doch hoffen – Günter Maschke seinen 75. Geburtstag. Der gebürtige Erfurter ist einer der bedeutendsten Köpfe, die dieses Land nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs hervorgebracht hat, was auf den ersten Blick in einem gewissen Widerspruch zu seinem lediglich esoterischen Ruhm und zur fehlenden Würdigung des Jubilars stehen mag, auf den zweiten Blick ist es schon recht; manche Instrumente klingen in engen und klebrigen Resonanzräumen einfach nicht.
Maschkes Biographie ist geronnene deutsche Nachkriegsgeschichte: Als Adoptivkind kam er von Mitteldeutschland nach Trier, 1960 trat er in die illegale KPD ein, heiratete die Schwester von Gudrun Ensslin, studierte Philosophie bei Ernst Bloch, schloss sich der »Subversiven Aktion« Tübingen und danach dem SDS an, verweigerte den Wehrdienst und entzog sich einer drohenden Verhaftung durch die Ausreise zuerst nach Österreich und schließlich nach Kuba, wo er politisches Asyl erhielt. Der reale Sozialismus ernüchterte ihn, er äußerte offen Kritik und wurde schließlich aus Castros Zuckerrohrparadies ausgewiesen. Er kehrte in die Bundesrepublik zurück und verbüßte eine einjährige Haftstrafe wegen Fahnenflucht in Landsberg. Später lehrte er als Dozent an der Marineschule von La Punta (Peru) Theorie und Strategie der Partisanenbekämpfung und nahm selber an Gefechten gegen den Sendero Luminoso (»Leuchtender Pfad«) teil. Sowohl bei der kubanischen Miliz als auch bei der Marineinfanterie in Peru »ging es weniger ängstlich, ging es freier zu« als in Deutschland, resümierte er später, denn: »Aus einem verzagten Hintern kommt kein fröhlicher Furz – und der Hintern war im demokratischen Deutschland verzagter als im totalitären Cuba und im autoritären Peru.«
Eine Zeitlang war Maschke freier Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen, wo bekanntlich die verklemmten Popos längst das Sagen haben, und mit aller Folgerichtigkeit endete sein Aufenthalt dort aufgrund unerwünschter Ansichten. »Nach einer publizistischen Kontroverse mit Jürgen Habermas schied Maschke 1985 aus der FAZ-Mitarbeit aus«, liest man auf Wikipedia; tatsächlich wurde er ebenso hinausgeworfen wie aus Kuba (wo die Militärpolizisten dem Dissidenten bei dessen Abtransport zum Flughafen immerhin noch eine Lebewohl-Zigarre in die Hemdbrusttasche steckten, worauf bei einem Rausschmiss im stilabholden Deutschland niemand kommen würde), und zwar weil er sich zu positiv über Carl Schmitt geäußert hatte. Heute gilt der linke Renegat als bester und belesenster Kenner des schwefelumschwafelten Staatsrechtlers (Maschke: »Zuweilen weht mich der Verdacht an, daß ich mich dummgelesen habe«). Beiseite gesprochen: Es gehört zu den bemerkenswerten Phänomenen dieser Republik, dass nach Kontroversen mit Herrn Habermas immer Karrieren endeten und Reputationen ruiniert waren; an der Brillanz der Argumente des Transzendentaldemokraten lag es nicht. Über dessen »Theorie des kommunikativen Handelns« befand der Verstoßene lakonisch, es sei der Mühe nicht wert, sich mit einer Theorie zu befassen, die jeden Tag durch die Abendnachrichten bequem widerlegt werde.
Von der radikalen Linken wechselte Maschke zu den gemäßigten Rechten. Er übersetzte Donoso Cortes und Gómez Dávila ins Deutsche und publizierte vor allem zu staats- und völkerrechtlichen Themen, und zwar immer in einem blendenden, beißenden Stil. Seine Generationen-Essay »Die Verschwörung der Flakhelfer« etwa beginnt mit dem Satz: »Die Bundesrepublik, halb ordentlicher Industriehof, halb Naherholungszone mit regelmäßig entleertem Papierkorb, dieses handtuchbreite Restland, dessen Bewohner nach Harmlosigkeit gieren, ist zugleich das Land, in dem jeder zum Verfassungsfeind des anderen werden kann.«
Auf die heutige Linke, »die UNESCO-Linken mit ihrem rührend kindlichen Menschenbild«, blickt der einstige Revoluzzer mit Geringschätzung. »Angesichts ihrer heutigen theoretischen Anämie muß sie ihren lächerlichen Aufkläricht als Aufklärung verkaufen, ihre Zerstörung der Bildung als Bildungspolitik, ihr faible für ›humanitäre Aktionen‹ – gleich Imperialismus – als Friedenspolitik, ihre so brachiale wie seichte Umerziehung als Befreiung usw. Die klassische Hoch-Aufklärung war ein extrem skeptisches, elitäres Unternehmen (…) Solcher Realismus fehlt den heutigen naßforschen Vulgarisatoren völlig. Der realistische Blick auf den Menschen, das Erkenne-die-Lage und Rechne-mit-den-Beständen, damit aber die Vernunft – das sind Dinge, die doch weit eher auf der Rechten zu finden sind. Was sind hundert Seiten Habermas gegenüber einer Seite Hobbes oder Gehlen? Wer klärt da auf?«
Auf die Frage »Glauben Sie an Gott?« hat er vor ein paar Sündenjährchen geantwortet: »Nicht immer, aber oft. Hemingway antwortete einmal auf diese Frage: ›Sometimes at night.‹ Man entdeckt, meist schockhaft, was für ein Dummkopf und Feigling man ist, wie kleinmütig, rachsüchtig, heuchlerisch, zur Liebe unfähig man ist. Zu derlei Gedanken sind Nächte besonders geeignet. Das Leben besteht aus grauenvollen, absurden Bruchstücken, und man denkt darüber nach, was Er fragen wird an jenem Tage: ›Günter Maschke, was hast du getan?‹ ›Ich habe zwei bis drei gute Aufsätze geschrieben und ansonsten das Meer gepflügt, aber selbst das ohne Fleiß!‹ Das wird noch meine positivste Antwort sein.«
Dem Herrgott galt übrigens auch der erste Satz, den ich von ihm zu hören bekam. Er lautete: »Ich glaube, dass Gott raucht.« Mögen ihm die Zigaretten und der Wein auch heute munden!
»Guten Abend, Herr Klonovsky, ich gestatte mir, Ihren sehr pauschal geratenen Hinweis auf den ›durchschnittlichen IQ von deutlich unter 100‹ (bei den aktuellen Einwanderern; Acta diurna von gestern – M.K.) mit meinen Quellen etwas zu konkretisieren, wobei ich mich auf muslimische und afrikanische ›shit-hole countries‹ begrenze:
Land | CA | IQ |
Bahrain | 84 | 81 |
Botswana | 74 | 71 |
Ägypten | 81 | 83 |
Indonesien | 82 | 87 |
Iran | 83 | 84 |
Kuwait | 76 | 87 |
Marokko | 71 | 84 |
Oman | 81 | 85 |
»Palestina« | 80 | 86 |
Philippinen | 74 | 86 |
Qatar | 72 | 83 |
Saudi Arabien | 74 | 80 |
Südafrika | 63 | 72 |
Syrien | 81 | 79 |
Tunesien | 81 | 84 |
Türkei | 87 | 90 |
UAEmirates | 92 | 83 |
Yemen | 64 | 83 |
Sie wundern sich garantiert nicht überfolgende Vergleichsdaten:
Australien | 101 | 98 |
Österreich | 100 | 100 |
Deutschland | 99 | 99 |
Hong Kong | 104 | 108 |
Japan | 105 | 105 |
Niederlande | 102 | 100 |
Neuseeland | 100 | 99 |
Singapur | 105 | 108 |
Südkorea | 106 | 106 |
Schweiz | 100 | 101 |
Taiwan | 103 | 105 |
UK | 100 | 100 |
USA | 98 | 98 |
CA = Cognitive Abilities kann als der ›pragmatische‹ IQ-Wert bezeichnet werden; er setzt sich zusammen aus Leistungen in Flexibilität/Anpassungsfähigkeit, Selbst-Regulation, Arbeitsgedächtnis; die CA-Daten sind Schätzungen aus den IQ-Werten von PISA-, TIMSS- und PIRLS-Tests, die in den betreffenden Ländern tatsächlich erhoben worden sind.«
Es gibt aber auch sehr viele erfolgreiche Migranten. »Fast jeder zweite Flüchtling, der gegen die Ablehnung seines Asylantrags klagt, ist damit in erster Instanz vor den Verwaltungsgerichten erfolgreich«, meldet die FAZ.
16. Januar
In einer Rede im sächsischen Chemnitz fordert der Anwalt Maximilian Krah, der von der CDU zur AfD gewechselt ist, das Publikum auf, nicht immer nur über die Motive zu rätseln, die hinter dem willkommenskulturellen Amoklauf der Kanzlerin stehen mögen, sondern einmal diejenigen in den Blick zu nehmen, die beim Götzendienst um den bon sauvage ihre eigenen Kinder zum Opfer bringen. Was, fragt er, ist eigentlich im Leben beispielsweise der Eltern der in Kandel erdolchten Mia oder bei denen der in Freiburg ermordeten Maria L. oder bei denen des schariakonform weichgeklopften Kika-Mädchens falsch gelaufen, dass sie ihre Töchter überhaupt einer solchen Situation aussetzten? Jedem nüchtern Denkenden sei doch klar, dass solche interkulturellen Konflikte jederzeit möglich sind und die Gegenseite womöglich ganz anders damit umgeht, als in deutschen Bildungseinrichtungen gemeinhin gelehrt wird. Wer oder was hat diesen Leuten die Skepsis und den Schutzreflex abtrainiert? Offenbar seien sie »von einem kollektiven Wahn befallen. Das heißt, sie tun etwas, wovon der gesunde Menschenverstand eigentlich sagt: Finger weg!« Und warum, fragt Krah weiter, sind gerade die Menschen in Ostdeutschland anscheinend dagegen immunisiert?
Meine Antwort kennen Sie. Die Gehirnwäsche im Westen war viel smarter und tiefreichender als in der DDR, wo auch das nicht funktioniert hat, am Ende wahrscheinlich sogar besser als die in Rotchina. Man hat den armen Westdeutschen den Selbsterhaltungsinstinkt abdressiert und ihnen gleichzeitig eingeredet, dass sie die moralische HerrInnenrasse der Menschheit, gewissermaßen die Elite der nationalen Selbstabschaffung seien. Diese spinnerten Provinzler träumen von der Einen Welt, wo zehn Milliarden Gleiche einander zum energiereduzierten Massenschunkeln unterhaken, sie glauben allen Ernstes, ein Teil der Menschheit denke schon jetzt wie sie, und der große Rest strebe es an. Ihr Erwachen ist blutig und wird noch viel blutiger werden. Das Ganze läuft unter Darwin Awards. Wie so oft müssen die Kinder für die Torheiten ihrer Eltern, die Völker für jene ihrer Regierungen büßen.
Um eine Vorstellung zu gewinnen, welche Sitten uns mitsamt ihrer schutzbedürftigen Beherziger inzwischen zugelaufen sind, muss man die Meldung über den soeben in Potsdam zu lebenslanger Haft verurteilten somalischen Mörder bis zu Ende lesen. Der Asylbewerber hatte einen Landsmann erstochen. Täter und Opfer kannten sich gut. Auch ihre Familien übrigens. »Die Großfamilie des Angeklagten hat nach eigener Darstellung den Angehörigen des Opfers Kamele im Wert von 36.000 US-Dollar übergeben, damit diese Familie auf eine Blutrache verzichtet«, meldet rbb. »Die beiden Großfamilien leben in Somalia in nächster Nachbarschaft.«
17. Januar
Eines meiner Lieblingsbonmots stammt von Ralph Waldo Emerson und lautet: »Das Gefühl, gut gekleidet zu sein, verschafft eine Sicherheit, wie sie keine Religion geben kann.« Rein empirisch sind gut gekleidete Menschen freilich noch seltener anzutreffen als fromme, auch wenn zunehmend neues religiöses Bodenpersonal im postchristlichen Westen eintrifft, das aber in der Regel ebenfalls nicht besonders ansprechend gekleidet ist.
Während den Damen oder mittlerweile Mädels eine erhebliche Freiheit des sich-Kleidens zu Gebote steht, sowohl was die Formen als auch die Farben betrifft, vom kleinen Schwarzen bis zum Ballkeid, vom Dirndl bis zum Kostüm, sollte ein westlicher Mann, der etwas auf sich hält, beim Verkehr mit anderen Menschen die bürgerliche Uniform tragen: den Anzug. (Ein guter Bekannter erschien sogar im Anzug, als er mir beim Umzug half.) Wie jeder schon einmal auf Bildern gesehen hat, wirkt sogar ein Schimpanse im Anzug manierlich, also sollte auch jeder höhere maskuline Primat einen anziehen, bevor er sich in die Öffentlichkeit begibt. Dieses Gebot galt hundert Jahre, inzwischen gilt es bekanntlich längst nicht mehr. Das Bequeme, Praktische, Billige, »Funktionale« hat das geschmacklich Ansprechende und sittlich Verbindende abgelöst, und nur ein Don Quichotte des Ästhetischen kann sich noch darüber beklagen. »Ein Photo mit streikenden Arbeitern um 1900 zeigt eine Menge in schwarzen Anzügen mit schwarzen Melonen auf dem Kopf«, schreibt Asfa-Wossen Asserate in seinem Buch Manieren. »Mit diesem Typ Proletarier gedachten Bebel und Lenin und Mussolini Staat zu machen. Welches Staatsbild entspricht dem Unisex-Jogginganzug?«
Bekanntlich wird uns Letzterer als ein Bestandteil oder Kollateralschaden der individuellen Freiheit verkauft, welche einschränkungslos zu preisen sei, »denn-die-Melone-hat-Hitler-nicht-verhindert«, und jedes Staatsbild ist verwerflich, solange der bildlose Staatsgötze hinreichend für die große Umverteilung sorgt. Tatsächlich erleben wir einen Siegeszug der Vulgarität, auf welche Freiheit ohne kulturelle Verbindlichkeiten anscheinend unvermeidlich hinausläuft. Der merkwürdige Reiz, den Filme aus den 30er bis 60er Jahren auf den dafür Empfänglichen ausüben, egal ob sie in Europa oder Übersee gedreht wurden, hat neben der warmen, unhektischen, kultivierten Diktion der Darsteller ja vor allem mit ihrer Kleidung zu tun. »Es wäre vielleicht nicht einmal abwegig, in der gesamten Periode von der Jahrhundertwende bis etwa 1970 eine stilistische Einheit zu sehen«, notierte Rolf Peter Sieferle. In den Filmen etwa seien Ton, Stimmung, Ambiente ungefähr identisch. »Ähnlich die Mode, vor allem die Männermode: Anzug und Schlips treten gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf und beginnen seit den frühen siebziger Jahren wieder zu verschwinden; sie degenerieren zur Berufskleidung von Versicherungsvertretern und Politikern. Vielleicht können sie, ähnlich wie die Culotte im 19. Jahrhundert, noch eine längere Zeit ihr Dasein in bestimmten Gesellschaftssegmenten fristen, doch gehören sie nicht mehr zur dominanten Uniformierung des Massenmenschen.«
Typischerweise lesen wir in den Gazetten, dass »Top-Manager« zunehmend auf die Krawatte verzichten, und zwar mit einer gewissen Periodizität, als müsse noch der Letzte der enorm wichtigen Herren davon überzeugt werden. Am spektakulärsten aber, so Sieferle, sei das Verschwinden des Hutes – ich vermag mir an dieser Stelle jedesmal die Bemerkung nicht zu verkneifen: mit Ausnahme der Geßler-Hüte –: »Im Untergang des Hutes bestätigt sich die alte kulturkritische Diagnose, daß mit der bürgerlichen Kultur eine sehr weit in hochkulturelle Räume zurückreichende Tradition untergegangen ist.«
Was stattdessen über die gesamte westliche Welt hereinbrach, war die Kultur der Unterschicht. Dieser Prozess begann im Gefolge des 68er Destruktionstheaters, als die gesamte westliche Welt in Alltagsgeschmacksfragen auf LSD gekommen zu sein schien: Die Frisuren, die knallbunten Farben von Hemden, Autos und Tapeten, die Schnitte der Hosen und die auf Küchenfliesen geklebten Pril-Blumen bezeugten, dass die Gesellschaft ästhetisch verrückt geworden war. Die Befreiung des Menschen von den »bürgerlichen Zwängen« lief naturgemäß darauf hinaus, dass er seinen animalischen Trieben mehr Auslauf verschaffen durfte. Am signifikantesten standen dafür die sogenannte sexuelle Revolution, der explodierende Drogenkonsum und die Rockmusik. Mögen die Beatles noch Genies gewesen sein, der abschüssige Weg war beschritten. Heute hören die Jugendlichen Rap, und die Luxusvorstellungen eines Spitzenpolitikers oder -managers laufen ungefähr auf das hinaus, was Videos amerikanischer »Gangsta-Rapper« als die verdienten Trophäen des Rücksichtslosen präsentieren: geile Weiber, große Autos, teure Uhren.
Sieferle übernimmt für diesen Prozess einen Begriff, den der amerikanische Kulturhistoriker Paul Fussell geprägt hat: prole drift. Diese Drift besteht darin, dass der Stil – und das gilt nicht nur für die Kleidermode – »nicht mehr von oben nach unten, sondern von unten nach oben fließt«. Dergleichen habe es in agrarischen Zivilisationen nie gegeben. Die aus der aristokratischen Kultur gewachsene bürgerliche Kultur wandert derweil ins Museum (das Museum ist bürgerliche Kultur). Oper, klassisches Konzert, Hausmusik, Salon, Manieren, Tischsitten, Konventionen, Konversation, Bildungskanon, all das sind nur noch von distinkten Käuzen gepflegte Überbleibsel einer verschwundenen Epoche. Wer einen Prozess namens prole drift überhaupt bemerkt, gehört schon zu diesen Käuzen. Die neue, »moderne« Kultur besteht zu einem gewissen Teil noch aus dem Abräumen der alten – der Begriff Regietheater sollte hier als pars pro toto hinreichen –, ansonsten genügt der Besuch einer documenta und eines Rock-Pop-Rap-Konzerts, um zu wissen, worauf die Sache hinausläuft. Zum Phänomen prole drift gehören Boxkämpfe, Fußballspiele, überhaupt Sportereignisse als der zentrale Kult unserer Zeit – außer in Mekka und bei Papstbesuchen versammeln sich nirgendwo so viele Menschen, aber beim Sport tun sie es regelmäßig in insgesamt ungleich höherer Zahl –, dazu gehört generell die Vorliebe für Massenveranstaltungen, Massenpartys, Massentourismus, Massenstrände, Massenskipisten, überhaupt alles Massenhafte. Und eben auch die Veränderung der Kleidung ins Funktionale, Stillose, Beliebige, aber in seiner Beliebigkeit entsetzlich Uniforme.
Apropos funktional: Ich werde mich jetzt in meinem Harris Tweed-Anzug für ein Vormittagsschläfchen aufs Sofa legen, in der schönen Gewissheit, dass der Stoffbeim Aufstehen keine einzige Falte haben wird. Mallory, Irvine und die anderen Titanen der frühen Alpinistik sind in Tweedanzügen auf den Mount Everest gestiegen (und dort gestorben, was allemal würdiger ist, als irgendwo in Jack Wolfskin-Klamotten zu mumifizieren).
Wenn es wärmer wird, reden wir über italienische Anzüge.
»Für mich nach 20 Jahren als Gerichtsreporterin der erschütterndste Prozess meines Berufslebens.« So beginnt ein Artikel über den Prozess gegen Mohammed N., 27, und Adil E., 35, »die mit falschen Identitäten nach Deutschland eingereist waren«. Die beiden Marokkaner hatten »mehrere Unterkünfte zerlegt, Menschen in und vor Gaststätten angegriffen. So bekam ein Mann ein Bierglas ins Gesicht geschlagen, einem Behinderten wurde die Krücke weggenommen, als er zu Boden ging, wurde er mit der Krücke geschlagen. Schon diese Taten hatten die Angeklagten gemeinsam begangen, doch der 35-Jährige hatte noch mehr auf Lager: So wurden einmal Menschen auf einem Supermarktparkplatz mit einer Machete verfolgt, bei zwei anderen Gelegenheiten zog der 35-Jährige einmal mit einer Axt und ein weiteres Mal mit einer Motorsäge durch den Ort. Die Motorsäge stammte dabei übrigens aus einen Garageneinbruch bei dem Vorsitzenden eines Flüchtlingshilfevereins, den die Lindlarer extra zur Unterstützung der ankommenden Asylanten gegründet hatten.«
Was alles offenbar kein Anlass war, diese fröhlichen Gesellen auszuweisen oder vorm Kanzleramt anzuketten. Erst mussten die beiden einen Mitbewohner mit »ungeheurer Brutalität und selten anzutreffendem Vernichtungswillen«, wie der Richter sagte, zusammenschlagen und -treten. Das ins Koma geprügelte Opfer landete auf der Intensivstation, die beiden Täter in U-Haft. Dort ging es weiter. »Nachdem er einen Mitgefangen schwer verletzt hatte und schließlich einen Justizvollzugsbeamten angegriffen und mit dem Tode bedroht hatte (›Ich habe schon zwei Menschen getötet und du bist der dritte‹), war der 35-Jährige nur noch in Hand- und Fußfesseln, begleitet von mehreren Beamten, ins Gericht gebracht worden. Dem Gericht hatte E. schon angekündigt, dass er nicht an der Urteilsverkündung teilnehmen werde, weil der Richter kein Recht habe, dort zu sitzen und er nur Angst vor Gott habe. Das Urteil werde er anfechten. Tatsächlich musste E. von den Beamten gefesselt in den zweiten Stock in den Gerichtssaal getragen werden und selbst dort kämpfte der Mann mit aller Kraft gegen die Beamten. Lediglich am Boden liegend konnte er halbwegs ruhig gehalten werden.«
So geht es also zu am Landgericht Köln in Zeiten wachsender Gefahr von rechts.
Das Schlusswort der Gerichtsreporterin lautet: »Ich gebe jedenfalls mein Ehrenwort, dass bei meiner Arbeit in den Gerichten deutsche Angeklagte die absolute Minderheit sind.«
Ein Kessel Buntes, Fortsetzung:
»572 Fälle von Genitalverstümmelung« seien allein in Hessen erfasst, meldet die Welt, die Dunkelziffer sei aber um ein Vielfaches höher zu veranschlagen: »In ganz Deutschland leben fast 50 000 weibliche Opfer von Genitalverstümmelung, wie eine Studie des Bundesfamilienministeriums im Jahr 2017 ergab. Verbreitet ist diese Praxis demnach unter anderem in Ägypten, Eritrea, Somalia, Äthiopien, Mali und dem Irak«.