Kitabı oku: «Marktforschung», sayfa 4
4.3.2 Qualitative Befragung
Offenheit ist das dominierende Merkmal qualitativer Forschung. Die Offenheit qualitativer Umfragen zeigt sich am deutlichsten daran, dass der Marktforscher davon ausgeht, dass er wenig über die konkreten Motive, Kaufkriterien oder Einstellungen der Befragten weiss oder dass diese Sachverhalte so komplex sind, dass er weder konkrete Untersuchungshypothesen bilden, noch im Voraus im Wortlaut festlegbare Detailfragen formulieren kann. Er hat nur Vorstellungen von den ihn interessierenden Untersuchungsthemen und will in einem möglichst freien Gespräch etwas über den Befragten herausfinden, um dessen Situation und Beweggründe zu “verstehen”. Der Marktforscher verwendet deshalb keinen strukturierten Fragebogen als Hilfsmittel, sondern nur einen Katalog der zu diskutierenden Themen (Interviewer-Leitfaden) oder eventuell einige offen formulierte allgemeine Fragen als Gedankenstützen für die Gesprächsführung. Die Äusserungen der Befragten sollen möglichst wenig beeinflusst bzw. durch präzise Fragen geprägt werden, mit dem Ziel, deren authentische Meinung zu erfassen.
Der Befragte wird damit zum Gesprächspartner oder zum Experten, von dem man im Dialog möglichst viel erfahren will. Die von Kepper hervorgehobene interaktive Kommunikativität der Datenerhebung stellt somit eine fast zwangsläufige Folge der Offenheit dar. Die geforderte hohe Kommunikativität qualitativer Befragungen setzt zudem voraus, dass der Befrager sich bei der Frageformulierung einer Ausdrucksweise bedient, welche dem Befragten entspricht, und dass der Gesprächsfluss eher vom Befragten als vom Befrager bestimmt wird.
Auch für die Auswertung der durch Tonbandaufnahmen oder ausführliche Gesprächsprotokolle dokumentierten Untersuchungsergebnisse spielt das Prinzip der Offenheit eine grosse Rolle. Die qualitative Befragung als Extremform kennt keine vorherbestimmten Auswertungsschemata, um zu verhindern, dass nur die Aspekte aus den Antworten herausgefiltert werden, welche der Forscher erwartete. Dem offenen Forschungsprozess qualitativer Interviews entspricht vielmehr ein möglichst umfassendes Bemühen, den vielfältigen Aussagen in ihrer ganzen Komplexität dadurch gerecht zu werden, dass erst nach der Befragung versucht wird, das Datenmaterial zu strukturieren. Dies geschieht durch Herausarbeitung der aus den Protokollen erkennbaren wichtigsten Aussagekategorien und durch Illustration dieser Kategorien mit Hilfe typischer Aussagen der Befragten. Dabei interessiert naturgemäss auch die Häufigkeit bestimmter Aussagen und Argumentationen. Es entspricht jedoch dem Prinzip der Typisierung, dass auch einzelne, z.B. bestimmte extreme Meinungen und kennzeichnende Aussagen in der Auswertung speziell erfasst werden, um das ganze Spektrum charakteristischer Informationen einzufangen. Im Vordergrund des Forschungsinteresses steht eben nicht Repräsentativität, sondern die Erfassung des Typischen und Beispielhaften.10
Es versteht sich von selbst, dass die Auswertung qualitativer Umfragen einen hohen Arbeitsaufwand mit sich bringt und zudem notwendigerweise einen grossen Spielraum für subjektive Interpretationen der Untersuchungsergebnisse öffnet. Die Fähigkeiten der mit der Datenauswertung betrauten Personen und deren Erfahrung mit der Auswertung qualitativer Forschungen sind deshalb von ausschlaggebender Bedeutung. Wichtig werden zudem klare Bezüge zu den Gesprächsprotokollen und Darlegungen zum Vorgehen bei der Herausarbeitung der als wichtig erachteten Aussagekategorien, die einen Nachvollzug der Datenauswertung ermöglichen.
Um eine konkrete Vorstellung von den Eigenheiten qualitativer Befragungen zu vermitteln, werden in Beispiel B 4-1 ein spezifisches Forschungsziel sowie der erste Teil des entsprechenden Interviewer-Leitfadens und typische Untersuchungsresultate vorgestellt.
B 4-1: Beispiel einer qualitativen Befragung
Eine Versicherungsgesellschaft vermutet, dass junge Ehepaare spezifische Einstellungen zu Versicherungsfragen haben und dass es sich deshalb lohnen könnte, ein spezielles Versicherungsprodukt für diese Zielgruppe zu entwickeln. Da die Unternehmung über keine direkten Erfahrungen mit dieser Zielgruppe respektive entsprechenden Spezialprodukten verfügt, soll folgendes Marktforschungsziel mit Hilfe einer qualitativen Befragung angegangen werden:
Bei Paaren, die kurz vor der Hochzeit stehen oder nicht länger als ein Jahr verheiratet sind (= Untersuchungssubjekte), ist eine explorative, qualitative Studie in Form von Einzel- oder Gruppenexplorationen durchzuführen (= Studientyp). Folgende Untersuchungsthemen sind zu behandeln:
• Welche Grundeinstellungen bestehen gegenüber Versicherungsleistungen und Versicherungsunternehmen? Welche Widerstände oder sonstigen Hemmfaktoren existieren?
• Welche Anforderungen stellen die jungen Ehepaare an die Versicherungsleistung, die Schadensregelung, die Beratung, die denkbaren Nebenleistungen?
• Was ist über Versicherungsleistungen und Versicherungsunternehmen bekannt?
Es wurde beschlossen, eine beschränkte Zahl von Gruppengesprächen mit jeweils vier Paaren durchzuführen. Der Gesprächsleitfaden wurde als Themenkatalog gestaltet. Nachfolgend werden die beiden ersten Themenkreise der Themenliste wiedergegeben:
Themenkreis 1: Grundeinstellungen zu Versicherungen
• Wie stellen Sie sich ganz allgemein zur Idee, Versicherungen abzuschliessen?
• Was spricht dafür? Was dagegen?
• Welche Risiken sollte man eher, welche eher nicht versichern?
Anweisung an Gesprächsleiter: Insbesondere Argumente und Hintergründe, auch Einzelheiten der Akzeptanz oder Ablehnung ausleuchten
Themenkreis 2: Anforderungen an Versicherungsleistung
• Sie haben gesagt, dass Sie es als wichtig ansehen, eine …-Versicherung abzuschliessen. Auf welche Weise möchten Sie über entsprechende Angebote informiert werden?
• usw.
Selbstverständlich liest der Gesprächsleiter die pro Themenkreis aufgelisteten “Prototypfragen”11 nicht wortwörtlich vor, sondern benutzt sie als Gedächtnisstützen, um zu prüfen, ob alle relevanten Fragenkreise angeschnitten wurden. Letzteres ist wichtig, da für ein echtes Gespräch der natürliche Gesprächsfluss wichtiger ist, als die sture Einhaltung der Reihenfolge der Themenkreise. Der Gesprächsleiter muss deshalb später auf zu wenig ausgelotete Themenkreise zurückkommen.
Die Auswertung qualitativer Befragungen enthält in erster Linie Aussagekategorien und typische Aussagen zur Illustration der Untersuchungsthemen. Zahlen sollten zurückhaltend, eher in Form absoluter Fallzahlen (Anzahl Personen, die eine Aussagekategorie stützen) als in Form von Prozentzahlen verwendet werden. Zahlen, speziell genaue Prozentzahlen, bergen die Gefahr, bei unerfahrenen Benutzern der Untersuchungsresultate den (falschen) Eindruck von Genauigkeit und Repräsentativität zu erwecken.
Im vorliegenden Beispiel wurden die Resultate einem klassischen qualitativen Schema entsprechend wie folgt dargestellt:
Themenkreis 1: Grundeinstellungen zu Versicherungen
1.1. Allgemeine Einstellung zur Idee, Versicherungen abzuschliessen Hauptmeinung:
Wenn man eine Familie gründet, ist es grundsätzlich richtig, gewisse Versicherungen abzuschliessen (sich gegen gewisse Risiken zu versichern).
Typische Aussagen:
“Man muss an den Partner denken”, “... man ist ja zum Teil dazu gezwungen,” “Es kann alles mögliche passieren”, “Unser Lohn würde nie reichen, um einen … Schaden zu decken”, “Es beruhigt, versichert zu sein”.
Meinung einer Minderheit:
Das vom Staat erzwungene Minimum genügt; zusätzliche Versicherungen kommen nicht in Frage.
Typische Aussage:
“Wir wollen etwas vom Leben haben, uns etwas (Reisen, Auto usw.) gönnen”, “Wir haben dringendere Ausgaben” etc.
4.3.3 Quantitative Befragung
Die Beschreibung der quantitativen Befragung darf kürzer ausfallen, da die Hauptmerkmale sich einfach aus der Umkehrung des zur qualitativen Befragung Gesagten ergeben. Zudem kann vorausgesetzt werden, dass diese Grundform den Lesern wegen der Häufigkeit ihrer Anwendung in der Marktforschungspraxis besser vertraut ist.
Das Hauptmerkmal quantitativer Umfragen ist die Vorbestimmung oder Prädeterminiertheit (als Gegensatz zur Offenheit) des Forschungsprozesses mit dem Ziel, exakt gemessene (quantifizierte) und repräsentative Untersuchungsresultate zu produzieren. Eine möglichst weitgehende Vorbestimmung der Anlage, Durchführung und Auswertung der Befragung setzt voraus, dass der Forscher die Struktur und die möglichen Ausprägungen z.B. des Kaufverhaltens und seiner Determinanten (Kaufkriterien, Einstellungen, Präferenzen, Images etc.) kennt. Diese Kenntnis muss ihn in die Lage versetzen, bereits das Marktforschungsziel in Form spezifischer Teilfragen oder präziser Hypothesen zu formulieren und insbesondere daraus Einzelfragen und Antwortmöglichkeiten abzuleiten, die alle relevanten Aspekte des Untersuchungsgegenstandes abdecken. Konkret heisst dies zum Beispiel, dass zur Erhebung des Markenimages im Rahmen einer quantitativen Befragung
• der Forscher zunächst begründen kann, warum die Bestimmung des Markenimages zur Lösung des anstehenden Marketingproblems überhaupt einen Beitrag leistet,
• er sodann Fragestellungen kennt, die eine verlässliche Imagemessung erlauben und
• er schliesslich über Informationen bzw. Erfahrungen verfügt, die eine Vorgabe der im entsprechenden Markt bzw. für die interessierende Zielgruppe relevanten Imagemerkmale oder Imagedimensionen ermöglichen.
Eine idealtypische quantitative Befragung setzt somit geschlossene Fragen mit vorbestimmten Antwortmöglichkeiten voraus, die nur ein Ankreuzen der zutreffenden Antwortvorgaben zulassen und somit den Einfluss der Befragten (wie auch der Befrager) auf den Ablauf und den Inhalt der Befragung weitestgehend ausschalten. Die interaktive Kommunikation (Kommunikativität in der Terminologie Keppers) wird damit durch eine einseitige Steuerung des Befragungsprozesses ersetzt. Dass selbst bei derart standardisierten Umfragen ein Rest Interaktion zwischen Befrager und Befragten bestehen bleibt, man spricht auch von Interviewereinfluss, der die Reaktionen des Befragten verfälschen oder gar zur Verweigerung von Interviews führen kann, sei am Rande erwähnt.12
Der Studienanlage entsprechend ist auch die Auswertung der Resultate einer quantitativen Umfrage inhaltlich eng prädeterminiert.13 Da die (klar kodierbaren) Antwortkategorien im Voraus bekannt sind, lässt sich ein Auswertungsplan erstellen, der angibt, welche Zahlenwerte (Prozentsätze, Indizes, Mittelwerte, Streuungsmasse usw.) zu berechnen und welche Tabellen und Graphiken zu erstellen sind. Ziel der Auswertung ist es, die normalerweise extrem grosse Menge der zahlenmässig erfassten Einzeldaten (oder Rohdaten) mit Hilfe der Statistik zu aussagefähigen, für die Problemlösung interessanten Werten zu verdichten. Aus der Datenreduktion sollen Strukturen und Entwicklungen in den Aussagen der Befragten hervorgehen, die dazu beitragen, die Marketingprobleme zu lösen. Die ausgewiesenen Totale, Mittelwerte, Prozentsätze etc. sind als Zahlenwerte für das Marketing nur dann nützlich, wenn sie in verlässlicher Weise die tatsächlichen (zahlenmässigen) Verhältnisse im Markt widerspiegeln. Bei quantitativen Studien muss deshalb die Repräsentativität der Stichprobe vorausgesetzt werden können. Mit anderen Worten muss die Stichprobe in der Verteilung aller interessierenden Merkmale der Grundgesamtheit entsprechen, sie muss “ein zwar verkleinertes, aber sonst wirklichkeitsgetreues Abbild der Gesamtheit” darstellen.14
Beispiel B 4-2 vermittelt einen konkreten Eindruck von den für quantitative Umfragen typischen Fragestellungen und Resultaten.
4.3.4 Mischformen von qualitativer und quantitativer Befragung
Die geschilderten idealtypischen Umfrageformen werden in der Marktforschungspraxis durchaus häufig in reiner Form eingesetzt. Verbreitet sind jedoch Mischformen, die entstehen, wenn Elemente qualitativer Befragung in quantitative Umfragen eingefügt werden und umgekehrt.
B 4-2: Beispiel einer quantitativen Befragung
Ein Bergausflugsziel mit Restaurant, interessantem Wandergebiet und Zusatzleistungen (z.B. Alpengarten) auf ca. 2000 m Höhe wird durch eine Bergbahn erschlossen. Ein neues Marketingkonzept hatte vor fünf Jahren zunächst eine beachtliche Umsatzbelebung gebracht, seit zwei Jahren macht sich jedoch eine Stagnation bemerkbar. Die Direktion möchte nun den Markt analysieren, um den Ursachen der Stagnation auf den Grund zu gehen und Gegenmassnahmen zu ergreifen. Zu diesem Zweck wird u.a. eine quantitative Erhebung ins Auge gefasst,15 für die das folgende Marktforschungsziel formuliert wird:
• Bei Fahrgästen der Bergbahn (= Untersuchungssubjekte)
• soll eine repräsentative, quantitative Studie (= Studientyp) durchgeführt werden, die
• folgende Untersuchungsthemen behandelt:
Welche Personentypen (nach Herkunftsland, Ausflugszweck und -art) sind unter den Fahrgästen über- bzw. untervertreten? Lassen sich Marktsegmente unterscheiden?
Wie verläuft die Auswahl bzw. der Kaufentscheidprozess? Insbesondere: Wie werden die Besucher auf das Bergausflugsziel aufmerksam? Welche Erwartungen und Wünsche werden mit dem Ausflug verbunden?
Wie werden die Bahn, das Bergrestaurant und der Ausflug insgesamt (als Erlebnis) beurteilt?
Die Erhebung wurde als schriftliche Befragung der Fahrgäste während der Zugfahrt realisiert. Der Fragebogen wurde in fünf Sprachen übersetzt. Befragt wurden alle Fahrgäste (Mindestalter 15 Jahre) zufällig ausgewählter Talfahrten in einem Sommermonat. Insgesamt wurden 1’020 korrekt ausgefüllte Fragebogen in die Auswertung einbezogen. Der Fragebogen umfasste 30 Fragen, davon 29 Fragen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten (geschlossene Fragen). Zur Illustration wird nachfolgend die Frage 6 und die Auswertung der entsprechenden Antwortvorgaben in Form einer Grafik wiedergegeben.
Frage 6: Wie wurden Sie auf die Schynige Platte als Ausflugsziel aufmerksam? (Mehrfachantworten möglich)
durch das Hotel/Pension
durch das Reisebüro/Verkehrsbüro
durch Bekannte/Freunde/andere Leute
durch Prospekte der Bahnen der Jungfrau-Region
durch Prospekte des Ortes, der Region
durch Zeitungen/Zeitschriften
durch Plakat/Werbung
vor Ort (Bahnhof Wilderswil)
durch Radio/Fernsehen
anderweitig
weiss nicht
Auswertung zur Frage 6:

Besonders häufig kommt es vor, dass quantitative Studien neben geschlossenen auch offene Fragen enthalten. Dies erscheint sinnvoll, wenn mangels Erfahrung gewisse Teilbereiche nicht genügend vorbestimmbar sind oder wenn es nützlich sein kann, die Befragten spontan über positive oder negative Erlebnisse berichten zu lassen.16 Gemäss der Ausführungen im vorangegangenen Unterabschnitt zur Auswertungsproblematik von qualitativen Befragungen erhöht sich durch die Einführung offener Fragen neben dem Auswertungsaufwand auch der Spielraum subjektiver Einflüsse auf die Resultate.
Umgekehrt enthalten qualitative Befragungen oft Fragesequenzen mit standardisierten Beurteilungsskalen oder wortwörtlich in bestimmter Reihenfolge zu stellende Einzelfragen. Auf diese Weise soll insbesondere die Vergleichbarkeit der ermittelten Daten erhöht und damit die Datenauswertung erleichtert werden. Darüber hinaus lassen sich durch die Einführung derartiger Standardisierungen die Anforderungen an die Fähigkeiten bzw. Erfahrungen der Befrager und mithin auch die Befragungskosten senken.
Andere Mischformen entstehen, wenn für qualitative Befragungen aus “Qualitätsgründen” auf repräsentative Stichproben zurückgegriffen wird oder wenn quantitative Umfragen aus Kostengründen nur bei einer nicht repräsentativen Zahl typischer Vertreter bestimmter Zielgruppen stattfinden. Der erstgenannte Fall macht für idealtypisch qualitative Umfragen wenig Sinn. Er kommt jedoch durchaus vor, wenn für eingebaute quantitative Befragungsteile realistische Zahlenwerte angestrebt werden oder wenn das Management wegen mangelnder Marktforschungserfahrung und Methodenkenntnis nur mit repräsentativen Resultaten zu überzeugen ist. Da Kostenbudgets oft den Charakter von Rahmenbedingungen haben, kommt der an zweiter Stelle genannte Fall notgedrungen häufiger vor. Insbesondere müssen kleinere Unternehmen, für welche die Kosten einer repräsentativen Forschung häufig in keinem akzeptablen Verhältnis zum Umsatz stehen, öfter zu diesem Notbehelf greifen.
4.3.5 Schriftliche, telefonische und face-to-face Interviews als Hauptvarianten der quantitativen Befragung
Die Erläuterungen qualitativer Forschungsansätze dürften deutlich gemacht haben, dass diese ein persönliches Gespräch voraussetzen. Die Differenzierung von Befragungsformen nach dem Kommunikationsmittel in schriftliche, telefonische und face-to-face Befragungen ist demgemäss - wie bereits in Abbildung 4-3 dargestellt - primär für quantitative Befragungen von Bedeutung.
In der Praxis hat die telefonische Befragung im Verlaufe der Jahre auf Kosten der zwei anderen Befragungsformen stetig an Bedeutung gewonnen. Sie hat heute, was die Zahl der realisierten Interviews anbetrifft, die früher führenden face-to-face Interviews als Spitzenreiter abgelöst.
Die Beliebtheit der telefonischen Umfragen lässt sich mit verschiedenen Vorteilen erklären.17 Im Vordergrund steht wohl die Tatsache, dass telefonische Befragungen bei einfachen Fragestellungen äusserst kurzfristig realisiert werden können.
Die Telefonbefragung findet heute mehrheitlich in so genannten Telefonlabors statt, deren Interviewerarbeitsplätze mit PCs ausgestattet sind. Die Befrager können die telefonisch übermittelten Antworten direkt eintippen und der vorprogrammierte Auswertungsplan erlaubt es, in kürzester Zeit Ergebnis-Tabellen bzw. Graphiken zu produzieren. Für diese Form des Telefoninterviews hat sich die Abkürzung CATI (Computer Assisted Telefon Interviewing) durchgesetzt. Die telefonische Befragung kann somit besser als die beiden anderen Umfrageformen die Vorbestimmtheit quantitativer Befragungen nutzen. Zudem hat das Telefon als Kontaktmittel den Vorteil, dass eine grössere Zahl von Interviews pro Zeiteinheit realisiert werden kann, was sich auch in niedrigeren Durchschnittskosten (und Preisen) pro Interview niederschlägt.18 Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil ist auch darin zu sehen, dass bei telefonischen Umfragen der problematische Interviewereinfluss reduziert werden kann, da einerseits nur die Sprache (und nicht auch das Auftreten bzw. der visuelle Eindruck) des Befragers beeinflussend wirken und andererseits die Leitung des Telefonlabors durch ihre Online-Verbindung zu jedem Befrager dessen Arbeit jederzeit kontrollieren und bei Bedarf korrigieren kann. Telefoninterviews tragen zudem der wachsenden Unsicherheit in der Bevölkerung Rechnung. Viele Leute sind eher bereit am Telefon Auskunft zu geben, als bei face-to-face Befragung mitzumachen, die häufig beim Befragten zu Hause stattfinden. Grund dafür ist die zunehmende Angst, fremden Personen Eingang in die eigene Wohnung zu gewähren.
Grenzen für die telefonische Befragung ergeben sich insbesondere beim Untersuchungsthema. Die Verweigerungsrate hängt direkt vom Interesse des Befragten am Untersuchungsthema ab. Deshalb entscheidet oft der Gesprächseinstieg über das Zustandekommen des Interviews; entsprechend sorgfältig ist er zu planen. Untersuchungen zu Themen, deren Behandlung komplexere Fragestellungen (z.B. geschlossene Fragen mit vielen Antwortmöglichkeiten oder mit komplizierten Beurteilungsskalen), längere Interviews (Telefoninterviews sollten 15 bis 20 Minuten nicht überschreiten) oder die Verwendung von Zeigematerial (z.B. Abbildungen von Produkten, Werbemitteln, Bilder von Käufertypen etc.) erfordern, können nicht am Telefon durchgeführt werden. Zudem lassen sich trotz hoher Telefondichte gewisse Randgruppen per Telefon schlecht erreichen. Dieses Problem wird mit der zunehmenden Verbreitung der mobilen Telefone verstärkt, besonders wenn diese den Festnetzanschluss ersetzten. So lange es keine Telefonverzeichnisse für mobile Anschlüsse gibt, büssen Telefoninterviews aufgrund der beschriebenen Entwicklung zunehmend an Repräsentativität ein.
Für die face-to-face Befragung existieren die aufgeführten methodischen Grenzen nicht. Sie eignet sich deshalb besser als das telefonische Interview für komplexe Umfragethemen und gilt als die Umfrageform, die den höchsten qualitativen Anforderungen entspricht. Dies stimmt zumindest für die bei den Interviewten zu Hause oder (bei Industriegütermarktforschung) am Arbeitsplatz durchgeführten Interviews (so genannte “in home” Interviews). Wird dagegen im Ladengeschäft oder auf der Strasse befragt, so genannte Passantenbefragungen, ist damit zu rechnen, dass die Interviewten unter Zeitdruck stehen und umfeldbedingte Störeinflüsse auftreten, welche die Umfragequalität mindern.19
Zudem wird es aufgrund steigender Verweigerungsquoten schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, repräsentative Stichproben zu realisieren. Generell wird der Qualitätsgewinn durch höhere Durchschnittskosten pro Interview erkauft.20 Höhere Durchschnittskosten sind insbesondere für die zuerst erwähnten “in home” Interviews charakteristisch, während die Qualitätsverluste bei Passantenbefragungen im Wesentlichen deshalb in Kauf genommen werden, weil sie vergleichsweise billiger sind. Um das face-to-face Interview effizienter zu gestalten, werden anstatt des traditionellen Fragebogens in Papierform zunehmend Laptops, Notebooks oder Handhelds eingesetzt. Dieses so genannte CAPI (Computer Assisted Personal Interviewing) erleichtert die Eingabe der Antworten, ihre Übertragung ans Marktforschungsinstitut (meistens online) und die Auswertung der Daten.
Als relative Nachteile von face-to-face Befragungen sind zu erwähnen, dass gewisse Bevölkerungskreise (z.B. Jugendliche und Männer) schlechter zu Hause zu erreichen sind und die Bereitschaft, fremde Personen in der eigenen Wohnung zu empfangen, aufgrund zunehmender Angst sinkt. Ein weiterer Nachteil von face-to-face Befragungen erwächst aus der Situation, dass sich in der Regel fremde Personen beim Interview gegenüberstehen. Daraus entsteht der in der Literatur viel diskutierte Interviewereinfluss resp. Interviewer-Bias. Dieser äussert sich einerseits darin, dass der Interviewer durch sein Auftreten oder seine persönlichen Merkmale (Geschlecht, Klassen-/Rassenmerkmale, Sprache/Dialekt etc.) möglicherweise das Antwortverhalten des Befragten beeinflusst. Andererseits kann der Interviewer selbst mehr oder weniger bewusst die Fragen verfälschen, indem er beispielsweise seine eigene Meinung zu erkennen gibt, in Abweichung vom Fragebogen gewisse Antworten suggeriert oder Antworten auf offene Fragen im Sinne der eigenen Meinung interpretiert. Zudem kann der Interviewer leichter betrügen, weil sich das Interviewerverhalten bei der face-to-face Befragung im Vergleich zur telefonischen Umfrage weniger leicht überwachen bzw. kontrollieren lässt. Dass diese Gefahr nicht zu unterschätzen ist, zeigt die Marktforschungspraxis, wo häufig damit gerechnet wird, dass im Extremfall gewisse Interviewer einzelne Fragebogen teilweise oder vollständig nach eigenem Gutdünken ausfüllen. Allerdings ist zu betonen, dass die genannten Nachteile durch entsprechende Vorkehrungen bei der Stichprobenbestimmung und bei der Schulung sowie Kontrolle der Interviewer weitgehend ausgeschaltet werden können und durch auf Qualität achtende Marktforschungsinstitute auch ausgeschaltet werden. Alle diese Vorkehrungen verursachen jedoch Zusatzkosten. Der Auftraggeber sollte deshalb daran denken, dass der heute gerade im Umfragebereich praktizierte Preisdruck dazu führen kann, an der falschen Stelle, konkret an den qualitätssichernden Zusatzleistungen zu sparen.
Bei der schriftlichen Befragung kann zwischen postalischer und Online-Befragung unterschieden werden.
Von den traditionellen postalischen Befragungen wird angenommen, dass sie wegen den oft bei nur 10 bis 30% liegenden Rücklaufquoten21 verzerrte, kaum repräsentative Resultate liefern. Des Weiteren wird beklagt, dass die Erhebungssituation nicht kontrolliert werden kann - z.B. bleibt offen, ob der Befragte den Fragebogen tatsächlich selbst, ohne Dritteinfluss und in der gewünschten Reihenfolge ausgefüllt hat - und dass nur eine beschränkte Zahl einfachster, klar verständlicher Fragen gestellt werden kann. Dass postalische Umfragen trotz dieser offensichtlichen Nachteile bzw. Einschränkungen in der Praxis durchaus nicht selten eingesetzt werden, liegt in erster Linie an den vergleichsweise niedrigeren Kosten22. Insbesondere in Bereichen, in denen persönliche Beziehungen zu den Befragten bestehen (z.B. bei Verbandsumfragen oder Kundenumfragen im Industrie- und Gewerbebereich) oder wo die befragende Institution ein gewisses Prestige geniesst (z.B. bei Forschungsvorhaben von Universitäten), schätzt man postalische Umfragen als preiswerte Umfragevariante, weil mit höheren Rücklaufquoten gerechnet werden kann. Zudem lässt sich die Rücklaufquote durch gut gestaltete Begleitschreiben, in Aussichtstellen gewisser Resultate als Belohnung für das Mitmachen (besonders interessant für Auskunftspersonen, die selbst am Umfragethema interessiert sind), intensives Nachfassen und weitere Massnahmen soweit verbessern, dass in guten Fällen Werte von 50 bis 70% erreicht werden.23 Erwähnenswert ist auch, dass durch Kontrolle der prozentualen Verteilung der Antworten nach Befragtenkategorien und durch eine beschränkte Zahl telefonischer oder persönlicher Kontrollinterviews bei Personen, die nicht geantwortet haben, die Repräsentativität des Rücklaufs zumindest grob überprüft werden kann.24
Die Online-Befragung als Sonderform der Marktforschung wird im Unterabschnitt 5.4.2 detaillierter behandelt. Deshalb soll an dieser Stelle nur auf ihre wichtigsten Vor- und Nachteile hingewiesen werden. Die Online-Befragung ist sehr kostengünstig, lässt sich schnell durchführen und interaktiv gestalten, ist ohne Zeitverlust weltweit einsetzbar und kann Wort, Bild und Ton vereinen. Der grösste Nachteil der Online-Befragung ist die häufig fehlende resp. nicht zu erreichende Repräsentativität ihrer Ergebnisse. Verantwortlich dafür sind die immer noch grossen Unterschiede in der Internetnutzung durch verschiedene Bevölkerungsgruppen und das Fehlen von Mailadressverzeichnissen als Basis für eine systematische Stichprobenbildung.
Der Vollständigkeit halber bleibt zu erwähnen, dass Panelerhebungen -insbesondere Verbraucherpanels - oft auch als schriftliche Befragungen konzipiert sind. Aufgrund ihrer organisatorischen und sonstigen Besonderheiten werden sie bei den hier angestellten generellen Überlegungen zu schriftlichen Umfragen ausgeklammert und als Sonderform der Marktforschung im Abschnitt 5.2 behandelt.
Tabelle 4-2 liefert einen abschliessenden Überblick der wichtigsten Besonderheiten quantitativer Befragungsformen.


Tab. 4-2: Besonderheiten der Hauptvarianten der quantitativen Befragung
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