Kitabı oku: «Queste der Helden», sayfa 15
KAPITEL EINUNDZWANZIG
Thor lief mit den anderen gemeinsam den Waldpfad entlang, den Speer in der Hand, der ihm für die Jagt überreicht worden war. Neben ihm waren Reece, O’Connor und Elden, zusammen mit zumindest fünfzig anderen Legionären. Vor ihnen ritten einhundert Silberne, auf Pferden und in leichter Rüstung, manche von ihnen mit Kurzspeeren ausgestattet, die meisten jedoch mit Bogen und Pfeilen über ihren Rücken geschlungen. Zu Fuß zwischen ihnen herum liefen dutzende Knappen und Bedienstete.
An der Spitze ritt König MacGil, groß und stolz wie eh und je, mit einem aufgeregten Grinsen auf dem Gesicht. Er war von seinen Söhnen flankiert, Kendrick und Gareth, und wie Thor überrascht feststellte, sogar Godfrey. Dutzende Pagen liefen zwischen ihnen her, ein paar von ihnen in Hörner aus langen Elfenbeinzähnen blasend; andere zerrten an bellenden Hunden, die aufgeregt vorliefen, um mit den Pferden Schritt zu halten. Es war der reinste Trubel. Als die riesige Gruppe durch den Wald preschte, verteilten sie sich nach und nach in alle Richtungen, und Thor wusste kaum, wohin sie zogen oder welcher Gruppe er folgen sollte.
Erec ritt in der Nähe, und Thor und die anderen beschlossen, auf seiner Fährte zu bleiben. Thor lief neben Reece her.
„Wohin gehen wir?“, fragte er Reece, vom Laufen außer Atem.
„Tief in den Wald“, rief Reece zurück. „Des Königs Mannen haben vor, eine Tagesausbeute an Wild zurückzubringen.“
„Warum sind manche Silbernen auf Pferden und andere zu Fuß?“, fragte O’Connor Reece.
„Die Reiter jagen die leichtere Beute, wie Rehe und Vögel“, antwortete Reece. „Sie benutzen ihre Bögen. Die zu Fuß haben es auf gefährlichere Tiere abgesehen. Wie Gelbschwanz-Wildschweine.“
Bei der Erwähnung der Tiere war Thor zugleich aufgeregt und nervös. Er hatte eines gesehen, als er jünger war: es war eine fiese und gefährliche Kreatur, die dafür bekannt war, einen Menschen auch mit wenig Provokation in Stücke zu reißen.
„Die ältesten Krieger bleiben für gewöhnlich zu Pferd und jagen Rehe und Vögel“, fügte Erec von oben hinzu. „Die jüngeren sind für gewöhnlich zu Fuß unterwegs und jagen das größere Wild. Dafür muss man natürlich in besserer Verfassung sein.“
„Deswegen lassen wir diese Jagd auch für euch Jungen zu“, rief Kolk aus, der in der Nähe mit den anderen rannte, „auch sie ist Training für euch. Ihr werdet die gesamte Jagd lang zu Fuß laufen, mit den Pferden mithalten. Unterwegs werdet ihr euch in kleinere Gruppen abspalten und jede auf euren eigenen Weg abzweigen und jede euer eigenes Tier erlegen. Ihr werdet das bösartigste Tier finden, das ihr könnt—und ihr werdet es auf Leben und Tod bekämpfen. Dabei geht es um dieselben Qualitäten, die einen Soldaten ausmachen: Ausdauer, Furchtlosigkeit, und sich nicht vor eurem Gegner zurückzuziehen, egal wie groß oder grimmig. Und jetzt los!“, schrie er.
Thor rannte schneller, so wie alle seine Waffenbrüder, im Rennen darum, die Pferde einzuholen, die durch den Wald preschten. Er kannte den Weg kaum, doch er dachte sich, wenn er sich in der Nähe von Reece und O’Connor hielt, würde alles in Ordnung sein.
„Schnell, einen Pfeil!“, rief Erec hinunter.
Thor setzte sich in Bewegung, rannte an die Seite von Erecs Pferd, schnappte sich einen Pfeil aus dem Köcher am Sattel und reichte ihn hinauf. Erec legte ihn im Reiten in seinen Bogen, wurde langsamer und nahm ruhig Ziel auf etwas im Wald.
„Die Hunde!“, rief Erec aus.
Einer der Bediensteten des Königs ließ einen bellenden Hund von der Leine, der sich ins Gebüsch warf. Zu Thors Überraschung flog ein großer Vogel auf, und Erec ließ den Pfeil fliegen.
Es war ein perfekter Schuss, genau durch die Kehle, und der Vogel fiel tot herab. Thor konnte nicht fassen, wie Erec ihn erspäht hatte.
„Den Vogel!“, rief Erec aus.
Thor rannte, schnappte sich den toten Vogel, der noch warm war, mit Blut, das aus seinem Hals floss, und rannte zu Erec zurück. Er warf ihn über Erecs Sattel, wo er hängen konnte, während er ritt.
Um Thor herum taten viele Ritter zu Pferde es ihm gleich, jagten Vögel auf und schossen sie herunter, damit ihre Knappen sie holen konnten. Die meisten von ihnen verwendeten Pfeile; manche nahmen Speere. Kendrick holte mit seinem Speer aus, zielte und schleuderte ihn auf ein Reh. Es war ein perfekter Treffer, genau in seinen Hals, und es fiel ebenso zu Boden.
Thor war verblüfft von der Fülle an Wild in diesen Wäldern, der Menge an Beute, die sie heimbringen würden. Es würde ausreichen, um Königshof für Tage zu versorgen.
„Warst du schon einmal auf einer Jagd?“, rief Thor zu Reece hinüber, nur knapp vermeidend, dass ihn einer von des Königs Mannen überrannte, während sie liefen. Er konnte nur schlecht hören bei dem Gebell der Hunde, dem Dröhnen der Hörner und den Schreien der Männer, lachend, siegreich, als sie ein Tier nach dem anderen erlegten.
Reece trug ein breites Lächeln auf dem Gesicht, als er über ein Holzstück sprang und weiterlief.
„Schon oft! Aber nur wegen meines Vaters. Sie lassen uns bis zu einem gewissen Alter nicht an der Jagd teilnehmen. Es ist eine aufregende Sache—auch wenn niemand je wirklich unversehrt davonkommt. Mehr als ein Mann ist bei der Jagd nach Wildschweinen schon verletzt worden, oder gar getötet.“
Reece schnappte im Laufen nach Luft. „Aber bisher war ich immer zu Pferd unterwegs“, fügte er hinzu. „Ich durfte bisher noch nie zu Fuß mit der Legion mit, durfte noch nie Wildschweine jagen. Das ist alles neu für mich!“
Plötzlich wandelte sich der Wald; dutzende Pfade erstreckten sich vor ihnen und teilten sich in dutzende Richtungen auf. Wieder ertönte ein Horn, und die große Jagdgesellschaft teilte sich in kleinere Gruppen auf.
Während sie sich verteilten, hielt sich Thor nahe an Erec, und Reece und O’Connor blieben bei ihnen; gemeinsam bogen sie auf einen engen Weg ein, der in einer scharfen Kurve abwärts führte. Sie rannten und rannten; Thor hielt seinen Speer fest und sprang über einen kleinen Bach. Ihre kleine Gruppe bestand aus Erec und Kendrick zu Pferd, Thor, Reece, O’Connor und Elden zu Fuß, womit sie zu sechst waren—und als Thor sich umwandte, bemerkte er zwei weitere Legionäre, die hinter ihnen liefen und sich ihnen anschlossen. Sie waren groß und breit, mit welligem, sandfarbenem Haar, das bis über ihre Augen herunterhing, und einem breitem Lächeln. Sie wirkten ein paar Jahre älter als Thor—und sie waren eineiige Zwillinge.
„Ich bin Conval“, rief einer von ihnen zu Thor hinüber.
„Und ich Conven.“
„Wir sind Brüder“, sagte Conval.
„Zwillinge!“, fügte Conven hinzu.
„Hoffe, es macht euch nichts aus, wenn wir uns anschließen“, sagte Conval zu Thor.
Thor kannte sie vom Sehen in der Legion, aber hatte sie noch nicht wirklich kennengelernt. Er lernte gern neue Legionäre kennen, besonders solche, die freundlich zu ihm waren.
„Wir freuen uns, dass ihr dabei seid“, rief Thor hinüber.
„Je mehr Hände, umso besser“, stimmte Reece ein.
„Man sagt, die Wildschweine in diesem Wald sind riesig“, bemerkte Conval.
„Und tödlich“, meinte Conven.
Thor blickte auf die langen Speere, die die Zwillinge trugen—dreimal so lange wie seiner—und wunderte sich. Er sah, wie sie auf seinen kurzen Speer blickten.
„Dieser Speer wird nicht lang genug sein“, sagte Conval.
„Diese Wildschweine haben lange Stoßzähne. Du brauchst etwas Längeres“, sagte Conven.
„Nimm meinen“, sagte Elden, rannte zu Thor und bot seinen Speer an.
„Ich kann deinen nicht nehmen“, sagte Thor. „Was nimmst du dann?“
Elden zuckte die Schultern. „Ich regle das schon.“
Thor war berührt von seiner Großzügigkeit und wunderte sich darüber, wie sehr sich ihre Freundschaft verändert hatte.
„Nimm einen von meinen“, befahl eine Stimme.
Thor blickte hoch und sah Erec, der neben ihn geritten war und auf den Sattel zeigte, an dem zwei Langspeere befestigt waren.
Thor schnappte sich einen Langspeer vom Sattel, so dankbar, einen zu haben. Er war schwerer und es war schwieriger, mit ihm zu laufen—aber er fühlte sich besser geschützt, und es klang, als würde er ihn brauchen.
Sie rannten und rannten, bis die Luft in Thors Lungen brannte und er nicht wusste, ob er es noch viel weiter schaffen würde. Er war aufmerksam, blickte sich nach einem Zeichen von irgendeinem Tier um. Er fühlte sich geschützt mit diesen anderen Männern um ihn herum, und unbesiegbar mit dem Langspeer. Aber er war trotzdem sehr aufgekratzt. Er hatte noch nie ein Wildschwein gejagt und er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete.
Während seine Lungen brannten, ging der Wald in eine Lichtung über und dankenswerterweise hielten Erec und Kendrick ihre Pferde an. Thor nahm an, dass sie damit allesamt die Erlaubnis hatten, selbst anzuhalten. So standen sie da, alle acht in der Waldlichtung, die Jungen zu Fuß nach Luft schnappend, und Erec und Kendrick von ihren Pferden absteigend. Die Pferde hechelten, doch ansonsten war es still, der einzige Laut der Wind in den Bäumen. Der Lärm der hunderten anderen Männer, die durch den Wald jagten, war nun weg, und Thor wurde klar, dass sie weit weg von den anderen sein mussten.
Er stand da, keuchend, und sah sich die Lichtung an.
„Ich habe nicht viele Anzeichen von Tieren gesehen“, sagte Thor zu Reece. „Du etwa?“
Reece schüttelte den Kopf.
„Wildschweine sind listige Tiere“, sagte Erec und trat vor. „Sie zeigen sich nicht immer. Manchmal sind sie es, die dich beobachten. Es kann sein, dass eines darauf wartet, dass du unachtsam bist, und dann angreift. Seid stets auf der Hut.“
„Achtung!“, schrie O’Connor.
Thor wirbelte herum, und plötzlich preschte ein großes Tier mit viel Aufruhr in die Lichtung. Thor zuckte zusammen und glaubte, sie wurden von einem Wildschwein angegriffen. O’Connor schrie, und Reece fuhr herum und schleuderte einen Speer in seine Richtung. Er verfehlte es, und das Tier flog in die Lüfte davon. Erst dann erkannte Thor, dass es nur ein Truthahn war, der wieder im Wald verschwand.
Alle lachten, die Spannung war gelöst. O’Connor wurde rot und Reece legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter.
„Mach dir nichts draus, Freund“, sagte er.
O’Connor blickte beschämt zur Seite.
„Hier finden wir keine Wildschweine“, sagte Elden. „Wir haben den falschen Pfad gewählt. Das Einzige, was wir hier finden werden, sind Vögel. Wir werden mit leeren Händen zurückkommen.“
„Vielleicht ist das gar nicht so schlecht“, sagte Conval. „Wie ich höre, kann es bei einem Kampf mit einem Wildschwein um Leben und Tod gehen.“
Kendrick stand da und beobachtete ruhig den Wald; Erec ebenso. Thor konnte an den Gesichtern dieser beiden erkennen, dass etwas da draußen war. Er konnte an ihrer Erfahrenheit und Weisheit erkennen, dass sie auf der Hut waren.
„Nun, der Pfad scheint hier zu enden“, sagte Reece. „Wenn wir also weitergehen, gibt es keine Markierungen mehr im Wald. Wir werden den Weg zurück nicht finden.“
„Aber wenn wir zurückkehren, ist unsere Jagd vorbei“, sagte O’Connor.
„Und was würde passieren, wenn wir mit leeren Händen zurückkehrten?“, fragte Thor. „Ohne Wildschwein?“
„Wir würden zum Gespött der anderen werden“, sagte Elden.
„Würden wir nicht“, sagte Reece. „Nicht jeder findet ein Wildschwein. In Wirklichkeit kommt es seltener vor, dass man eines findet, als keines.“
Während ihre Gruppe schweigend dastand, schwer atmend, den Wald beobachtend, merkte Thor plötzlich, dass er zu viel Wasser getrunken hatte. Er hatte es schon die gesamte Jagd lang zurückgehalten und hatte inzwischen solche Schmerzen in der Blase, dass er es kaum mehr aushielt.
„Entschuldigt mich“, sagte er und machte sich auf den Weg in den Wald.
„Wo gehst du hin?“, fragte Erec vorsichtig.
„Ich muss mich nur mal erleichtern. Ich bin gleich wieder zurück.“
„Geh nicht zu weit“, warnte Erec.
Verlegen eilte Thor in den Wald und entfernte sich etwa zwanzig Schritt von den anderen, bis er ein Plätzchen fand, das gerade außer Sichtweite war.
Gerade als er damit fertig war, sich zu erleichtern, hörte er plötzlich einen Zweig knacken. Es war laut und unverkennbar, und er wusste—wusste ganz einfach—dass es nicht von einem Menschen war.
Er drehte sich langsam um, die Haare sträubten sich ihm im Nacken, und er sah nach. Vor ihm, vielleicht weitere zehn Schritte entfernt, lag eine weitere kleine Lichtung, in deren Mitte ein Felsbrocken aufragte. Und da, am Fuß des Felsens, bewegte sich etwas. Ein kleines Tier—er konnte nicht erkennen, was.
Thor stand da und überlegte hin und her, ob er zu seinen Leuten zurückgehen sollte oder nachsehen sollte, was es war. Ohne nachzudenken kroch er vor. Was immer das Tier auch war, er wollte es nicht verlieren, und wenn er jetzt umkehrte, könnte es fort sein, bis er wiederkam.
Thor kam näher, mit aufgestellten Haaren, und der Wald wurde dichter und ließ ihm weniger Bewegungsfreiheit. Er konnte nichts als dichten Wald sehen, die Sonne schien in scharfen Winkeln herein. Endlich erreichte er die Lichtung. Als er näherkam, lockerte er den Griff an seinem Speer und senkte ihn an die Hüfte. Auf das, was er vor ihm in der Lichtung, in einem kleinen Fleckchen Sonnenlicht, sah, war er nicht vorbereitet.
Da, sich im Gras neben dem Felsen windend, war ein kleines Leopardenjunges. Es lag da, wand sich und wimmerte, die Augen gegen die Sonne zusammengekniffen. Es sah aus, als wäre es gerade erst geboren worden, gerade mal einen Fuß lang—klein genug, um in Thors Hemd zu passen.
Thor stand verblüfft da. Das Junge war ganz weiß und er wusste, es musste das Junge eines weißen Leoparden sein, das seltenste aller Tiere.
Er hörte ein plötzliches Rascheln im Laub hinter sich und sah die gesamte Gruppe auf ihn zustürmen—Reece voran—und besorgt aussehen. Innerhalb von Augenblicken waren sie bei ihm.
„Wohin bist du verschwunden?“, forderte er. „Wir dachten schon, du bist tot.“
Als sie sich um ihn stellten und auf das Junge hinuntersahen, konnte er sie vor Schreck laut einatmen hören.
„Ein gewaltiges Omen“, sagte Erec zu Thor. „Du hast den Fund deines Lebens gemacht. Das seltenste aller Tiere. Es ist verlassen worden. Es hat niemanden, der es umsorgt. Das bedeutet, es gehört dir. Es ist deine Verpflichtung, es großzuziehen.“
„Meine?“, fragte Thor perplex.
„Es ist deine Pflicht“, fügte Kendrick hinzu. „Du hast es gefunden. Oder, besser gesagt, es hat dich gefunden.“
Thor war sprachlos. Er hatte sich um Schafe gekümmert, aber er hatte noch nie in seinem Leben ein Tier großgezogen, und er hatte keine Ahnung, was zu tun war.
Doch zur selben Zeit fühlte er jetzt schon eine starke Zugehörigkeit zu dem Tier. Seine kleinen hellblauen Augen öffneten sich und schienen nur auf ihn zu starren.
Er kam ihm näher, beugte sich hinunter und nahm es in seine Arme hoch. Das Tier streckte sich hoch und leckte ihm über die Wange.
„Wie sorgt man für ein Leopardenjunges?“, fragte Thor überfordert.
„Ich nehme an, genauso wie man für alles andere sorgt“, sagte Erec. „Füttere es, wenn es Hunger hat.“
„Du musst ihm einen Namen geben“, sagte Kendrick.
Thor zermarterte sich das Hirn, erstaunt, dass er zum zweiten Mal in ebensovielen Tagen einen Namen für ein Tier suchen musste. Er erinnerte sich an eine Geschichte aus seiner Kindheit, über einen Löwen, der ein Dorf terrorisierte.
„Krohn“, sagte Thor.
Die anderen nickten zustimmend.
„Wie die Legende“, sagte Reece.
„Mir gefällts“, sagte O’Connor.
„Krohn soll es sein“, sagte Erec.
Als Krohn seinen Kopf in Thors Brust vergrub, fühlte Thor eine stärkere Verbundenheit zu ihm als zu allem, das er je gehabt hatte. Er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass er Krohn schon seit Lebzeiten kannte, während das Tier sich wand und quiekte.
Plötzlich kam ein unverkennbarer Laut; einer, der Thor die Haare im Nacken aufstellte und ihn ruckartig herumfahren und zum Himmel hinaufsehen ließ.
Da, hoch über ihnen, war Estopheles. Sie ging plötzlich in den Sturzflug, direkt auf Thors Kopf zu, kreischte dabei und schweifte in letzter Sekunde ab.
Zuerst fragte Thor sich, ob sie eifersüchtig auf Krohn war. Aber dann, in letzter Sekunde, wurde Thor klar: sein Falke wollte ihn warnen.
Einen Augenblick später ertönte ein klares Geräusch von der anderen Seite des Waldes. Es war ein Rascheln, gefolgt von einem Preschen—und alles ging blitzschnell.
Aufgrund der Warnung war Thor im Vorteil: er war vorbereitet und sprang gerade noch aus dem Weg, als ein riesiges Wildschwein direkt auf ihn zustürmte. Es verfehlte ihn um Haaresbreite.
In der Lichtung brach Chaos aus. Der Eber griff die anderen an, mit seinen Hauern wild um sich schwingend. Mit einem Schwung riss er O’Connors Arm auf und Blut schoss heraus, als er ihn sich schreiend hielt.
Es war wie ein Kampf mit einem Bullen, nur ohne die richtigen Waffen. Elden versuchte, ihn mit dem Langspeer zu stechen, doch der Eber drehte einfach nur seinen Kopf, biss mit seinem enormen Maul darauf und brach ihn damit sauber entzwei. Dann ging der Eber auf Elden los und traf ihn in die Rippen; zu Eldens Glück schrammte er knapp daran vorbei, von den Stoßzähnen zerrissen zu werden.
Dieser Eber war nicht aufzuhalten. Er lechzte nach Blut und würde sie sichtlich nicht in Ruhe lassen, bis er es hatte.
Die anderen sammelten sich und setzten sich in Bewegung. Erec und Kendrick zogen die Schwerter, wie auch Thor, Reece und die anderen.
Sie umkreisten ihn gemeinsam, doch es war schwierig, einen Treffer zu landen, besonders wegen der drei Fuß langen Stoßzähne, die sie davon abhielten, auch nur in seine Nähe zu gelangen. Er rannte und jagte sie im Kreis um die Lichtung herum. Reihum attackierten sie ihn, Erec landete einen direkten Treffer und verwundete ihn an seiner Seite; doch dieser Eber musste aus Stahl sein, denn er machte einfach weiter.
Das war der Moment, der alles änderte. Für einen kurzen Augenblick fiel Thor etwas ins Auge und er blickte angestrengt in den Wald. In der Ferne, zwischen den Bäumen versteckt, hätte er schwören können, einen Mann in einem schwarzen Umhang mit Kapuze gesehen zu haben; er sah, wie er Pfeil und Bogen hob und damit direkt in die Lichtung zielte. Er schien jedoch nicht auf den Eber zu zielen, sondern auf die Männer.
Thor fragte sich, ob er es sich einbildete. Konnte es sein, dass sie angegriffen wurden? Hier? Mitten im Nirgendwo? Von wem?
Thor ließ sich von seinen Instinkten leiten. Er fühlte, dass die anderen in Gefahr waren und rannte zu ihnen. Er sah, wie der Mann seinen Bogen auf Kendrick richtete.
Thor sprang auf Kendrick zu. Er verpasste ihm einen kräftigen Stoß, warf ihn zu Boden, und im gleichen Augenblick flog der Pfeil haarscharf an ihm vorbei.
Thor blickte sofort zurück in den Wald hinein, auf der Suche nach dem Angreifer. Doch er war verschwunden.
Aber zum Nachdenken war keine Zeit: der Eber raste immer noch wie von Sinnen über die Lichtung, nur wenige Fuß von ihnen entfernt. Nun wandte er sich in ihre Richtung, und Thor hatte keine Zeit, zu reagieren. Er bereitete sich auf den Treffer vor, als die langen, scharfen Stoßzähne direkt auf ihn zugeschossen kamen.
Einen Augenblick später ertönte ein schrilles Jaulen; Thor sah Erec, der auf den Rücken des Biests gesprungen war, sein Schwert mit beiden Händen hochgerissen und es ihm in den Nacken gestoßen hatte. Das Biest brüllte, und Blut schoss aus seinem Maul, während es in die Knie sank und dann zu Boden krachte, mit Erec auf seinem Rücken. Es kam nur wenige Fuß von Thor entfernt zu stehen.
Sie alle standen da, auf der Stelle erstarrt, und sahen einander an—und fragten sich, was zum Himmel gerade passiert war.