Kitabı oku: «Reich der Drachen», sayfa 3

Yazı tipi:

KAPITEL VIER

Prinz Vars stürzte durstig einen Krug Bier hinunter und stellte sicher, dass er dabei einen guten Blick auf Lyril hatte. Sie lag, immer noch ausgezogen, in seinem Bett, die blauen Flecken der vergangenen Nacht waren kaum sichtbar. Sie setzte sich auf und beobachtete ihn mit ebenso offensichtlichem Interesse,

Das sollte sie auch, dachte Vars. Immerhin war er ein Prinz des Blutes, vielleicht war er nicht so muskulös wie sein älterer Bruder, aber mit einundzwanzig war er noch jung, noch gutaussehend. Sie sollte ihn mit Interesse und Ehrerbietung betrachten und vielleicht auch ein wenig Furcht, wenn sie wüsste, was genau in diesem Moment in seiner Fantasie vorging.

Nein, es wäre besser, wenn sie es nicht erfahren würde. Sie grob zu behandeln war eine Sache, doch sie war gerade edel genug, um wichtig zu sein. Das volle Ausmaß seiner Fantasie in diesem Moment war besser für jene aufgehoben, die niemand vermisste.

Lyril war eine schöne Frau, Vars würde auch nicht mit ihr schlafen, wenn sie es nicht wäre: flammendes Haar und cremefarbene Haut, mit vollen Lippen und grünen Augen. Sie war die älteste Tochter eines Adligen, der sich gerne als Kaufmann betrachtete oder eines Kaufmanns, der sich Adel gekauft hatte. Vars konnte sich nicht erinnern, welches von beiden es war und er scherte sich auch nicht sonderlich darum. Sie war von niedrigerem Rang als er, also tat sie, was er von ihr wollte. Alles andere war unwichtig.

“Habt Ihr genug gesehen, mein Prinz?“, fragte sie. Sie stand auf und ging zu ihm hinüber. Vars gefiel die Art und Weise, wie sie das tat. Ihm gefiel die Art, wie sie viele Dinge tat.

„Mein Vater möchte, dass ich morgen mit ihm auf die Jagd gehe“, sagte Vars.

„Ich könnte mit Euch ausreiten“, sagte Lyril. „Ich könnte Euch beobachten und Euch meine Gunst anbieten, während Ihr reitet.“

Vars lachte amüsiert. Falls ihr das einen Stich versetzte, wen kümmerte es? Außerdem war Lyril inzwischen daran gewöhnt. Normalerweise schlief er nicht für lange Zeit mit derselben Frau. Irgendwann setzte die Langeweile ein oder sie gingen ihrer Wege oder er verletzte sie zu sehr und sie liefen weg. Lyril hatte sich länger als die meisten gehalten. Jahre waren es jetzt schon, obwohl es offensichtlich in dieser Zeit auch andere gegeben hatte.

„Ist es Euch peinlich, mit mir gesehen zu werden?“, fragte sie.

Vars trat näher an sie heran und sein Blick gebot ihr, zu schweigen. In diesem Moment der Angst war sie schöner als jede andere, die er gesehen hatte.

„Ich werde tun, was ich will“, sagte Vars.

„Ja, mein Prinz“, antwortete sie mit Zittern in der Stimme, als Antwort darauf lief ein Schauer des Verlangens über Vars' Arme.

„Ihr seid so schön wie jede andere Frau und edel geboren und perfekt“, sagte er.

„Warum lasst Ihr Euch dann so lange Zeit, mich zu heiraten?“, fragte Lyril. Es war ein altbekanntes Argument. Sie hatte gefragt, angedeutet und kommentiert, solange Vars sich erinnern konnte.

Er unterbrach das Ganze schnell und scharf und packte sie an den Haaren. „Euch heiraten? Warum sollte ich Euch heiraten? Denkt Ihr, Ihr seid etwas Besonderes?“

„Ich muss es wohl sein“, konterte sie. „Oder ein Prinz wie Ihr würde mich niemals wollen.“

Damit hatte sie ihn.

„Bald“, sagte Vars und schluckte seinen Zorn herunter. „Wenn die Dinge richtig laufen.“

„Und wann werden die Dinge richtig laufen?“, wollte Lyril wissen. Sie hatte kaum begonnen, sich anzuziehen, schon wollte Vars sie wieder ausziehen. Er ging zu ihr und küsste sie mit Verlangen.

„Bald“, versprach Vars, denn das Versprechen war einfach. „Vorerst aber …“

„Im Moment sollen wir beim Fest Eures Vaters sein und die Ankunft des Verlobten Eurer Schwester feiern“, sagte Lyril. Sie sah für einen Moment nachdenklich aus. „Ich frage mich, ob er hübsch ist.“

Vars drehte sie zu ihm und ergriff sie so fest, dass sie nach Luft schnappte. „Bin ich Euch nicht genug?“

„Genug und mehr als genug.“

Vars stöhnte über die Falle, die er darin sah. Er begann ebenfalls, sich anzuziehen, fand eine Flasche Wein und nippte daran, während er sich vorbereitete. Er bot sie Lyril an, und sie trank ebenfalls. Sie gingen hinaus in die Burg und bahnten sich ihren Weg hinunter in Richtung der großen Halle.

„Eure Hoheit, meine Dame“, sagte ein Diener, als sie vorbeikamen, „das Fest hat bereits begonnen.“

Vars drehte sich zu dem Mann um. „Glaubst Du , dass Du mir das sagen musst? Denkst Du ich bin dumm oder ich kenne die Zeit nicht?“

„Nein, mein Prinz, aber Euer Vater –“

„Mein Vater wird mit der Politik des Ganzen beschäftigt sein, oder er wird Rodry zuhören, der damit prahlt, was immer auch mein Bruder jetzt getan hat“, sagte Vars.

„Wie Ihr sagt, Ihre Hoheit“, sagte der Mann. Er wollte gehen.

„Warte“, sagte Lyril. „Denkt er, er kann einfach gehen? Er sollte sich beim Prinzen und bei mir dafür entschuldigen, dass er uns unterbrochen hat.“

„Ja, natürlich“, sagte der Diener. „Es tut mir …“

„Eine richtige Entschuldigung“, sagte Lyril. „Auf den Knien.“

Der Mann zögerte einen Moment und Vars sprang ein. „Auf die Knie.“

Der Diener sank auf die Knie. „Ich entschuldige mich dafür, dass ich Euch, Eure Hoheit, meine Dame, gestört habe. Ich hätte es nicht tun sollen.“

Vars sah, wie Lyril darüber lächelte.

„Nein“, sagte sie. „Jetzt verschwinde aus unseren Augen.“

Der Diener lief auf ihren Befehl davon, ähnlich, wie ein Windhund hinter einem Kaninchen herrennt. Vars lachte, als er ging.

„Ihr könnt manchmal köstlich grausam sein“, sagte er. Das gefiel ihm an ihr.

„Nur, wenn es amüsant ist“, antwortete Lyril.

Sie gingen weiter, bis zum Festsaal. Als sie eintraten, war es natürlich in vollem Gange, alle tranken und tanzten, aßen und amüsierten sich. Vars konnte seine Halbschwester vorne sehen, zusammen mit ihrem zukünftigen Ehemann stand sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Warum das Kind der zweiten Frau eines Königs solche Aufmerksamkeit verdienen sollte, war ihm ein Rätsel.

Es war schon schlimm genug, dass Rodry mit einer Gruppe edler Jugendlicher in einer Ecke anwesend war und ihre Bewunderung genoss, als er Geschichten über seine Heldentaten erzählte und wieder erzählte. Warum hatte das Schicksal es für angebracht gehalten, ihn zum ältesten zu machen? Für Vars ergab es keinen Sinn, wenn es doch offensichtlich war, dass Rodry für die künftige Rolle des Königs in etwa so gut geeignet war wie für das Fliegen, indem er mit den muskulösen Armen flatterte.

„Natürlich bietet eine Hochzeit wie diese Möglichkeiten“, sagte Lyril. „Es bringt so viele Herren und Damen zusammen …“

„Die dann zu unseren Freunden gemacht werden können“, sagte Vars. Er verstand, wie das Spiel funktionierte. „Natürlich hilft es, wenn man ihre Schwächen kennt. Wusstet Ihr, dass Graf Durris da drüben eine Schwäche dafür hat, Blutharz zu rauchen?“

„Das wusste ich nicht“, sagte Lyril.

„Auch sonst niemand, wenn er sich daran erinnert, dass ich sein Freund bin“, sagte Vars. Er und Lyril gingen weiter durch die Menge und langsam trennten sich ihre Wege. Er konnte sehen, wie sie die Frauen musterte und versuchte zu entscheiden, ob sie weniger hübsch waren als sie oder schwächer oder einfach unter ihrem Niveau. Vermutlich versuchte sie auch, alle Vorteile herauszufinden, die sie daraus ziehen könnte. Diese Einschätzung offenbarte eine gewisse Härte, die Vars gefiel. Vielleicht war das ein Teil dessen, warum er so lange bei ihr war.

„Natürlich ist das ein weiterer Grund, morgen nicht an der Jagd teilzunehmen“, sagte er. „Wenn alle Idioten weg sind, kann ich tun, was ich will und vielleicht Dinge zu meinem Vorteil einrichten.“

„Habe ich etwas von der Jagd gehört?“

Die Stimme seines Bruders war so dröhnend und raubeinig wie immer. Vars wandte sich an Rodry und erzwang das Lächeln, das er in so vielen Jahren seiner Kindheit gelernt hatte.

„Rodry, Bruder“, sagte er. „Ich hatte nicht bemerkt, dass Du zurück bist … wo waren Du und der Vater noch einmal?“

Rodry zuckte mit den Schultern. „Du hättest kommen und es herausfinden können.“

„Ah, aber Du warst sehr in Eile“, sagte Vars, „und Du bist derjenige, der für ihn wichtig ist.“

Wenn Rodry die Schärfe bemerkte, zeigte er es nicht.

„Komm schon“, sagte Rodry und klopfte ihm auf den Rücken. „Geselle Dich zu mir und meinen Freunden.“

So wie er es sagte, klang die Aussicht, sich dem Haufen junger Narren anzuschließen, die ihn beinahe als Helden verehrten, eher nach einem großartigen Geschenk als dem Horror, für dessen Vermeidung Vars solides Gold bezahlt hätte. Sie benahmen sich so, als seien sie die Ritter seines Vaters, aber noch keiner von ihnen hatte sich einen Namen gemacht. Sein Lächeln wurde angespannter, als er in ihre Mitte trat, und er griff zur willkommenen Ablenkung nach einem Becher Wein. In nur kurzer Zeit war dieser verschwunden, also griff er nach einem weiteren.

„Wir reden über Jagden, an denen wir teilgenommen haben“, sagte Rodry. „Berwick sagt, dass er einmal einen Eber mit einem Dolch besiegt hat.“

Einer der jungen Männer dort verbeugte sich und Vars wollte ihm ins Gesicht treten. „Ich wurde zweimal durchbohrt.“

„Dann hättet Ihr vielleicht einen Speer benutzen sollen“, sagte Vars.

„Ich habe meinen Speer auf dem Trainingsgelände des Hauses der Waffen zerbrochen“, sagte Berwick.

„Wann warst Du das letzte Mal auf dem Trainingsgelände, Bruder?“, fragte Rodry und wusste offensichtlich die Antwort. „Wann wirst Du Dich den Rittern anschließen, wie ich?“

„Ich trainiere mit dem Schwert“, sagte Vars, wahrscheinlich etwas defensiver als er sollte. „Ich denke nur, dass es nützlichere Dinge gibt, als jeden wachen Moment damit zu verbringen.“

„Oder behagt Dir vielleicht der Gedanke nicht, Dich einem Feind zu stellen, der bereit ist, Dich niederzuschlagen, Bruder?“, sagte Rodry und klopfte Vars auf die Schulter. „So wie Du es nicht magst, auf die Jagd zu gehen, weil Dir etwas passieren könnte.“

Er lachte und das Grausamste war, dass sein Bruder es wahrscheinlich nicht einmal als verletzend ansah. Rodry ging einfach nur relativ sorglos durch die Welt.

„Nennst Du mich einen Feigling, Rodry?“, fragte Vars.

„Oh nein“, sagte Rodry. „Es gibt Männer, die draußen in der Welt kämpfen sollen, und andere, die besser dran sind, zu Hause zu bleiben, oder?“

„Ich könnte jagen, wenn ich wollte“, sagte Vars.

„Ah, der tapfere Ritter!“, sagte Rodry, und das brachte ein weiteres Lachen mit sich, niemand außer Vars schien die Grausamkeit zu erkennen, die darin lag. „Na dann solltest Du mit uns kommen! Wir fahren in die Stadt, um sicherzustellen, dass wir die Waffen haben, die wir für morgen brauchen.“

„Und das Fest verlassen?“, erwiderte Vars.

„Das Fest wird noch Tage dauern“, gab Rodry zurück. „Komm schon, wir können Dir einen schönen Speer aussuchen, damit Du uns zeigen kannst, wie man Eber jagt.“

Vars wünschte, er könnte einfach weggehen oder noch besser das Gesicht seines Bruders auf den nächsten Tisch schlagen. Vielleicht einfach so lange weiterschlagen, bis es zu Brei zerfallen war und er als der Erbe zurückblieb, der er immer hätte sein sollen. Stattdessen wusste er, dass er über die Brücken in die Stadt hinuntergehen musste – zumindest jedoch, fand er dort unten vielleicht jemanden, an dem er seine Wut auslassen konnte. Ja, Vars freute sich darauf und auf mehr. Vielleicht sogar darauf, eines Tages König zu werden.Für den Moment jedoch sagte ihm jener Teil von ihm, der ihn immer vor Gefahren bewahren wollte, dass er seinen Bruder besser nicht konfrontieren solle. Nein, das würde warten müssen.

Aber wer sich ihm in der Stadt in den Weg stellte, würde bezahlen.

KAPITEL FÜNF

Devin schwang seinen Hammer und schlug ihn auf den Metallklumpen, der zu einer Klinge werden sollte. Die Muskeln auf seinem Rücken schmerzten  davon, und in der Hitze der Schmiede lief der Schweiß in seine Kleidung. Im Haus der Waffen war es immer heiß und so nahe an einer der Schmieden war es fast unerträglich.

„Du machst das gut, Junge“, sagte der alte Gund.

„Ich bin sechzehn, ich bin kein Junge“, sagte Devin.

„Ja, aber Du bist immer noch so groß wie einer. Außerdem seid ihr für einen alten Mann wie mich alle Jungs.“

Devin zuckte mit den Schultern. Er wusste, dass vom Äußeren her niemand in ihm den Schmied vermuten würde, aber er dachte; das Metall verlangte nach Nachdenken, um es wirklich zu verstehen. Die subtilen Abstufungen von Hitze und Stahlmustern, die den Unterschied zwischen einer fehlerhaft und einer perfekt geschmiedeten Waffe ausmachten, waren fast magisch, und Devin war entschlossen, sie alle zu kennen, um sie wirklich zu verstehen.

„Vorsichtig, sonst wird es zu sehr abkühlen“, sagte Gund.

Schnell brachte Devin das Metall wieder auf den richtigen Hitzegrad, beobachtete den Schatten, bis es genau der richtige Moment war und zog es dann heraus, um es zu bearbeiten. Es war nah dran, aber es war immer noch nicht ganz so wie es sein sollte. Etwas an der Schneide war nicht ganz perfekt. Devin wusste es so sicher, wie er seine rechte Hand kannte.

Er war noch jung, aber er kannte sich mit Waffen aus. Er wusste, wie man sie am besten herstellt und schärft … er wusste sogar, wie man sie handhabt, obwohl sowohl sein Vater als auch Meister Wendros entschlossen zu sein schienen, ihn davon abzubringen. Die Ausbildung, die das Haus der Waffen anbot, richtete sich an Adlige, junge Männer, die hierherkamen, um von den besten Schwertmeistern zu lernen, darunter auch der unglaublich geschickte und erfahrene Wendros. Devin musste das komplette Training alleine absolvieren, von Schwertern zu Äxten und Speeren zu Messern, Schneiden an Pfosten und hoffen, dass es richtig war.

Ein Lärm von der Vorderseite des Hauses lenkte kurzzeitig Devins Aufmerksamkeit von der Arbeit ab. Die großen Metalltüren vorne standen offen, sie waren perfekt ausbalanciert, sodass sie bei der kleinsten Berührung in Schwung gerieten. Die jungen Männer, die durch diese Türen soeben hereinkamen, waren eindeutig von edlem Geblüt und ebenso eindeutig leicht betrunken. Betrunken zu sein, war im Haus der Waffen eine gefährliche Sache. Ein Mann, der hier betrunken zur Arbeit erschien, wurde nach Hause geschickt, tat er es mehr als einmal, wurde er entlassen.

Sogar Kunden wurde die Tür gezeigt, wenn sie nicht nüchtern genug waren. Ein betrunkener Mann mit einer Klinge war ein gefährlicher Mann, auch wenn er es nicht beabsichtigte. Diese hier trugen jedoch königliche Farben, und etwas anderes zu sein als unterwürfig, bedeutete, mehr zu riskieren, als nur die Arbeit, mit der man sein täglich Brot verdiente.

„Wir brauchen Waffen“, sagte der Mann, der die Gruppe anführte. Devin erkannte Prinz Rodry sofort, wenn nicht persönlich, so doch anhand der Geschichten über ihn. „Morgen findet eine Jagd statt, und nach der Hochzeit wird es wahrscheinlich ein Turnier geben.“

Gund ging ihnen entgegen, um sie zu begrüßen, denn er war hier einer der Meisterschmiede. Devin konzentrierte sich weiterhin auf die Klinge, die er schmiedete, da durch den geringsten Ausrutscher oder Fehler Luftblasen entstehen konnten, durch die sich Risse bildeten. Für ihn war es eine Frage der Ehre, dass keine der Waffen, die er schmiedete, bei einem Hieb zersplitterten oder zerbrachen.

Auch wenn das Metall seiner größten Aufmerksamkeit bedurfte, war Devin nicht in der Lage, seine Augen von den jungen Adligen abzuwenden, die in das Haus der Waffen gekommen waren. Sie schienen in seinem Alter zu sein; Jungen, die versuchten, ein Freund des Prinzen zu sein – nicht die Ritter des Sporns, die seinem Vater dienten. Gund zeigte ihnen zunächst Speere und Klingen, die zu den Armeen des Königs passen würden, doch schnell winkten sie ab.

„Dies sind die Söhne des Königs!“, sagte einer der Männer und deutete auf Prinz Rodry und einen anderen, von dem Devin vermutete, dass er Prinz Vars sein musste, doch auch nur, weil er nicht schlank, düster oder mädchenhaft genug wirkte, um Prinz Greave sein zu können. „Sie verdienen feineres Zeug als das.“

Sie wollten feinere Dinge und so begann Gund, ihnen feinere Dinge zu zeigen, Waffen mit vergoldeten Griffen oder Verzierungen, die in die Köpfe der Speere eingearbeitet waren. Er zeigte ihnen sogar einige der Meisterwerke – mit Schichten aus feinstem Stahl, wellenförmigen Mustern, die durch Lehm-Hitzebehandlung eingearbeitet wurden, und mit Schneiden, die bei Bedarf auch als Rasiermesser dienen konnten.

„Zu fein für sie“, murmelte Devin vor sich hin. Er nahm die Klinge, die er schmiedete und begutachtete sie. Sie war fertig. Er erhitzte sie noch einmal und war dann bereit, sie in der langen Wanne mit dunklem Öl, die bereits vorbereitet war, abzulöschen.

An der Art und Weise, wie sie die Waffen aufnahmen und mit ihnen herumspielten, konnte er erkennen, dass die meisten dort keine wirkliche Ahnung hatten, was sie taten. Mit Ausnahme von Prinz Rodry vielleicht, aber dieser war inzwischen auf der anderen Seite des Erdgeschosses des Hauses und probierte einen großen Speer mit einer blattförmigen Spitze – er drehte ihn mit dem Fachwissen, das ein Mann nur in langjähriger Praxis erwarb. Im Gegensatz dazu wirkten seine Begleiter weniger wie Ritter, eher so, als spielten sie Ritter. Devin konnte die Unbeholfenheit in einigen ihrer Bewegungen sehen und die Art und Weise, wie sie die Waffen hielten, war auf subtile Weise falsch.

„Ein Mann sollte die Waffen kennen, die er herstellt und benutzt“, sagte Devin, als er die Klinge, die er hergestellt hatte, in den Abschrecktrog tauchte. Es flackerte und flammte für einen Moment, dann zischte es, als sich die Waffe langsam abkühlte.

Er übte mit Klingen, um zu wissen, wann sie für einen ausgebildeten Krieger perfekt waren. Er arbeitete an seinem Gleichgewicht und seiner Beweglichkeit sowie an seiner Stärke, denn es schien richtig, dass ein Mann sich selbst genauso wie jede Waffe formte. Er fand beides schwierig; das Wissen um die Dinge war für ihn jedoch einfacher zu erlangen, das Herstellen perfekter Werkzeuge, das Verstehen des Augenblicks, in dem –

Ein krachendes Geräusch von dort, wo die Adligen mit den Waffen spielten, erregte seine Aufmerksamkeit und Devins Blick wanderte rechtzeitig hinüber, um zu sehen wie Prinz Vars inmitten eines  Haufens von Rüstungen stand, der von seinem Stand heruntergefallen war. Er starrte Nem an, einen anderen der Jungen, die im Haus der Waffen arbeiteten. Nem war Devins Freund gewesen, solange er sich erinnern konnte, groß und, ehrlich gesagt, etwas zu gut genährt, vielleicht nicht der hellste, aber mit geschickten Händen, die feinste Metallteile formen konnten. Prinz Vars schubste ihn heftig, so wie Devin vielleicht eine klemmende Tür gestoßen hätte.

„Dummer Junge!“, schnappte Prinz Vars. „Kannst Du nicht aufpassen, wohin Du gehst?“

„Entschuldigung, mein Herr“, sagte Nem, „aber Ihr wart derjenige, der in mich hineingelaufen ist.“

Devins Atem stockte, weil er wusste, wie gefährlich es war, einem Adligen Widerworte zu geben, dazu noch einem betrunkenen Adligen. Prinz Vars richtete sich zu seiner vollen Größe auf und schlug Nem dann auf das Ohr, hart genug, um ihn auf den Boden zu senden, mitten in einen Haufen Stahl. Er schrie auf und hellrotes Blut begann, sich auf seinem Arm auszubreiten, von der Stelle, wo etwas Scharfes eingedrungen war.

„Wie kannst Du es wagen, so mit mir zu reden?“, fragte der Prinz. „Ich sage, Du bist in mich hineingelaufen und Du nennst mich einen Lügner?“

Eine andere Person wäre vielleicht nun wütend aufgestanden, bereit zum Kampf, doch trotz seiner Größe war Nem immer sanftmütig gewesen. In diesem Moment wirkte er nur verletzt und ratlos.

Devin zögerte einen Moment und sah sich um, um zu sehen, ob einer der anderen eingreifen würde. Keiner von Prinz Rodrys Begleitern schien sich jedoch einmischen zu wollen, wahrscheinlich zu besorgt darüber, jemanden zu beleidigen, dessen Rang sogar ihnen als Nobelmänner so weit überlegen war. Vielleicht glaubten einige von ihnen auch, dass sein Freund eine Tracht Prügel für das verdiente, was er ihrer Meinung nach getan hatte.

Prinz Rodry war immer noch auf der anderen Seite des Hauses und übte mit dem Speer. Wenn er den Tumult über dem Lärm von Arbeitshämmern und rauschenden Schmiedebälgen gehört hatte, dann hatte er es nicht gezeigt. Gund würde sich nicht einmischen – der alte Mann hatte in dieser Umgebung nicht so lange überlebt, wie er es in der Schmiede getan hatte, indem er gesellschaftlich höher Gestellten Ärger bereitete.

Devin wusste, dass auch er sich still verhalten sollte, selbst in dem Moment, als er sah, wie der Prinz erneut die Hand hob.

„Wirst Du Dich entschuldigen?“, wollte Vars wissen.

„Ich habe nichts getan!“, beharrte Nem, wahrscheinlich zu fassungslos, um sich daran zu erinnern, wie die Welt hier funktionierte. Um ehrlich zu sein, war er bei solchen Dingen nicht besonders schlau. Er dachte immer noch, die Welt sei fair und nichts Falsches getan zu haben, sei Unschuld genug.

„So redet niemand mit mir“, sagte Prinz Vars und schlug erneut auf Nem ein. „Ich werde ein paar Manieren in Dich hineinprügeln, und wenn ich fertig bin, wirst Du mir für die Lektion danken. Und wenn Du meinen Titel falsch nennen solltest, werde ich das auch in Dich hineinprügeln. Oder nein, lasse uns Dir doch gleich eine echte Lektion erteilen.“

Devin wusste, dass er nichts tun sollte – er  war nicht so jung wie Nem und er wusste, wie die Welt funktionierte. Wenn ein Prinz des Blutes auf Deinen Zehen stand, entschuldigtest Du Dich bei ihm oder danktest ihm für das Privileg. Wenn er Deine beste Arbeit haben wollte, dann verkauftest Du sie ihm, obwohl es so aussah, als könne er es nicht richtig schwingen. Man hielt einfach den Mund und mischte sich nicht ein, denn das bedeutete Konsequenzen für Dich und Deine Familie.

Devin hatte eine Familie außerhalb der Mauern des Hauses der Waffen. Er wollte nicht, dass sie verletzt wurden, nur weil er hitzig war und sich nicht um seine Manieren gekümmert hatte. Er wollte aber auch nicht zusehen, wie ein Junge sinnlos für die Launen eines betrunkenen Prinzen geprügelt wurde. Seine Hand spannte sich fester um seinen Hammer, Devin setzte ihn ab und bemühte sich, sich zurückzuhalten.

Dann griff Prinz Vars nach Nems Hand. Er drückte sie auf einen der Ambosse.

„Mal sehen, wie gut Du als Schmied mit einer gebrochenen Hand noch sein kannst“, sagte er. Er nahm einen Hammer und hob ihn hoch, und in diesem Moment wusste Devin, was geschehen würde, wenn er nichts tat. Sein Herz raste.

Ohne nachzudenken, stürzte Devin nach vorne und griff nach dem Arm des Prinzen. Er hatte den Schlag nicht weit abgelenkt, aber es reichte aus, dass er Nems Hand verfehlte und auf das Eisen des Ambosses traf.

Devin hielt den Griff, nur für den Fall, dass der Prinz als Nächstes ihn damit schlagen wollte.

„Was?“, fragte Prinz Vars. „Nimm Deine Hände von mir.“

Devin rang und drückte die Hand auf den Boden; so nah bei ihm konnte Devin den Alkohol in seinem Atem riechen.

„Nicht, wenn Ihr meinen Freund weiter schlagen werdet“, sagte Devin.

Er wusste, dass er sich dadurch, dass er den Prinzen angegriffen hatte, selbst Ärger eingebrockt hatte, aber jetzt war es zu spät.

„Nem versteht es nicht und er war nicht der Grund, warum Ihr die Hälfte der Rüstungen hier umgeworfen habt. Das war eher der Alkohol.“

„Nimm Deine Hand von mir, sagte ich“, wiederholte der Prinz und seine andere Hand wanderte in Richtung des Essmessers an seinem Gürtel.

Devin drückte ihn so sanft er konnte zurück. Ein Teil von ihm hoffte immer noch, dass dies friedlich enden könnte, obwohl er genau wusste, was als Nächstes passieren würde.

„Das wollt Ihr nicht, Hoheit.“

Vars starrte ihn schwer atmend an, mit einem Ausdruck puren Hasses.

„Ich bin nicht derjenige, der hier den Fehler gemacht hat, Verräter“, knurrte Prinz Vars, eine tödliche Drohung klang in seiner Stimme.

Vars stellte seinen Hammer ab und nahm ein Ritterschwert von einer der Bänke, obwohl Devin sehen konnte, dass er damit nicht umgehen konnte.

„Das ist richtig – Du bist ein Verräter. Ein Mitglied des Königshauses anzugreifen, ist Verrat und Verräter sterben dafür.“

Er schwang das Schwert nach Devin und Devin griff instinktiv nach dem, was er finden konnte. Es stellte sich heraus, dass es sich um seinen eigenen Schmiedehammer handelte, und er hob ihn, um den Schlag zu blockieren – er hörte den Klang von Eisen auf Eisen, als er das Schwert daran hinderte, seinen Kopf zu zerschmettern. Der Aufprall erschütterte seine Hände, und jetzt war keine Zeit mehr zum Nachdenken. Er packte die Klinge mit dem Kopf des Hammers, riss sie mit aller Kraft aus dem Griff des Prinzen und warf sie klirrend über den Boden, wo sie sich dem Haufen heruntergeworfener Rüstungen anschloss.

Dann stoppte er sich selbst. Er war wütend, dass der Prinz hereinkommen und ihn so angreifen konnte, aber Devin war die Geduld selbst. Die Arbeit mit Metall verlangte diese Eigenschaft. Ein Mann, der in der Schmiede ungeduldig war, wurde unwillkürlich verletzt.„Seht Ihr?“, rief Prinz Vars und zeigte mit einem Finger, der vor Wut – oder Angst – zitterte, auf ihn. „Er schlägt mich an! Fasst ihn. Ich will, dass er in die tiefste Zelle des Schlosses geschleppt wird und im Morgengrauen seinen Kopf auf einem Spieß.“

Die jungen Männer um ihn herum reagierten zögerlich, aber es war genauso offensichtlich, dass sie nicht bereit waren, zuzusehen, wie jemand von solch niederer Geburt wie Devin, einen Prinzen angriff. Die meisten von ihnen hielten noch die Schwerter oder Speere, mit denen sie so dilettantisch herumgespielt hatten, und jetzt befand sich Devin inmitten eines Kreises solcher Waffen, die alle direkt auf sein Herz gerichtet waren.

„Ich will keinen Ärger“, sagte Devin und wusste nicht, was er sonst tun sollte. Er ließ den Hammer mit einem lauten Knall zu Boden fallen, weil er für ihn nun nutzlos war. Was konnte er tun, um sich gegen so viele durchzusetzen? Obwohl er vermutete, dass er besser mit einer Klinge umgehen konnte als die Männer dort, gab es zu viele, um es überhaupt zu versuchen, und wenn ja, was dann? Wohin könnte er dann laufen und was würde es für seine Familie bedeuten, wenn er es tun würde?

„Vielleicht braucht man keine Zelle“, sagte Prinz Vars. „Vielleicht schlage ich seinen Kopf gleich hier ab, wo die Leute es sehen können. Zwingt ihn auf die Knie. Auf die Knie, sagte ich!“, wiederholte er, als die anderen der Anweisung nicht schnell genug folgten.

Vier von ihnen traten vor und drückten Devin nieder, während die anderen ihre Waffen auf ihn gerichtet hielten. Prinz Vars hatte inzwischen das Schwert wieder aufgehoben. Er hob es und prüfte offensichtlich das Gewicht. In diesem Moment wusste Devin, dass er sterben würde. Angst erfüllte ihn, weil er keinen Ausweg sah. Egal wie viel er nachdachte, egal wie stark er war, es würde nichts ändern. Die anderen dort waren vielleicht nicht einverstanden mit dem, was der Prinz vorhatte, aber sie würden trotzdem nichts dagegen tun. Sie würden dort stehen und zusehen, wie der Prinz das Schwert schwang und …

… und in diesem Moment schien die Welt sich auszudehnen, ein Herzschlag verschwand im nächsten. In diesem Moment war es, als könnte er jeden Muskel im Körper des Prinzen sehen, die Funken seiner Gedanken, die ihn antrieben. In diesem Moment war es einfach, sie zu erfassen und nur einen von ihnen zu ändern.

„Au! Mein Arm!“, schrie Prinz Vars, sein Schwert fiel zu Boden.

Devin starrte fassungslos zurück. Er versuchte, zu verstehen, was er gerade getan hatte.

Und er erschrak vor sich selbst.

Der Prinz stand da, umklammerte seinen Arm und versuchte, das Gefühl zurück in die Finger zu reiben.

Devin konnte ihn nur anstarren. Hatte er das wirklich irgendwie gemacht? Wie? Wie könnte irgendjemand einen Krampf bei einem anderen auslösen, nur, indem er daran dachte?

Er erinnerte sich an den Traum …

„Das ist genug“, rief eine Stimme und unterbrach sie. „Lasst ihn gehen.“

Prinz Rodry trat in den Kreis der Waffen, und die jungen Männer dort reagierten auf seine Anwesenheit, sie senkten die Waffen und atmeten beinahe erleichtert auf, dass er dort war.

Devin tat dies definitiv, dennoch behielt er Prinz Vars im Auge und die Waffe, die er in seiner, jetzt gefühllosen, Hand hielt.

„Das ist genug, Vars“, sagte Rodry. Er trat zwischen Devin und den Prinzen, und Prinz Vars zögerte einen Moment. Devin vermutete, er könnte das Schwert trotzdem schwingen, unabhängig von der Anwesenheit seines Bruders.

Dann warf er die Klinge zur Seite.

„Ich wollte sowieso nicht hierherkommen“, sagte er und stolzierte davon.

Prinz Rodry wandte sich an Devin und es brauchte kein weiteres Wort, damit die Männer, die ihn festhielten, ihn losließen.

„Du warst mutig, Dich für den Jungen einzusetzen“, sagte er. Er hob den Speer, den er hielt. „Und Du machst gute Arbeit. Mir wurde gesagt, dass dies einer von Deinen ist.“

„Ja, Hoheit“, sagte Devin. Er wusste nicht, was er denken sollte. Innerhalb weniger Sekunden hatte er, in der Gewissheit, dass er sterben würde, sein Leben wiedergewonnen, war beschuldigt worden, ein Verräter zu sein und erhielt nun ein Kompliment für seine Arbeit. Es ergab keinen Sinn, aber warum sollte es auch einen Sinn ergeben, in einer Welt, in der er irgendwie gerade … etwas Magisches getan hatte?

Prinz Rodry nickte und drehte sich dann um, um zu gehen. „Sei in Zukunft vorsichtiger. Ich bin vielleicht das nächste Mal nicht hier, um Dich zu retten.“

Es dauerte noch einige Sekunden, bis Devin wieder aufstehen konnte, sein Atem kam in kurzen, heftigen Schüben. Er sah zu Nem hinüber, der versuchte, die Wunde an seinem Arm geschlossen zu halten. Er wirkte verängstigt und erschüttert über das, was passiert war.

Der alte Gund war da, nahm Nems Arm und wickelte einen Stoffstreifen um ihn. Er sah zu Devin hinüber.

„Musstest Du Dich einmischen?“, fragte er.

„Ich durfte nicht zulassen, dass er Nem wehtut“, sagte Devin. Das war eine Sache, die er hundertmal wieder tun würde, würde man ihn vor die Wahl stellen.

„Das Schlimmste, was er bekommen hätte, wäre eine Tracht Prügel“, sagte Gund. „Wir haben alle Schlimmeres erlebt. Und jetzt … musst Du gehen.“

„Gehen?“, sagte Devin. „Für heute?“

„Für heute und alle folgenden Tage, Du Narr“, sagte Gund. „Glaubst du, wir können einen Mann, der sich gegen einen Prinzen erhebt, im Haus der Waffen bleiben lassen?“

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
02 eylül 2020
Hacim:
301 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9781094306131
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu