Kitabı oku: «Sklavin, Kriegerin, Königin », sayfa 6

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KAPITEL ACHT

Die Nacht war eisig kalt und der Wind brauste stürmisch um sie, doch das hielt Ceres nicht davon ab, ihr Pferd zu neuen Höchstgeschwindigkeiten anzutreiben, denn sie wollte nichts unversucht lassen, rechtzeitig zu Rexus zu gelangen. Seit Stunden schlug ihr der Regen wie Messerspitzen ins Gesicht, ihre Kleidung war durchnässt und ihre Finger steifgefroren, doch die Wut gegen ihre Mutter und Lord Blaku trieb sie voran.

Endlich erspähte sie die Stadtmauer und während der Regen nachließ, verlangsamte sie ihr Pferd, bis es nur noch trottete. Die Sonne stand über den Alva Bergen. Sie funkelte zwischen den sich auflösenden Wolken hindurch und tünchte die weißen Gebäude der Stadt in ein Gold. Ceres hatte noch eine Stunde Zeit, bevor sie am Palast sein musste und so sprang sie vom Rücken des Pferdes und führte die Stute die sich windende Schlucht zum Ufer des Flusses hinunter. Nachdem sie das Pferd ans Wasser geführt hatte, wickelte sie Brot und Fleisch aus und teilte es zu gleichen Teilen mit Anka.

Sie saß auf einem Fels und blickte zu Anka hinüber, die das Essen gierig wie ein Tier hinunterschlang.

„Soll ich dich nach Hause bringen?“ fragte sie Anka.

Anka hielt inne und blickte sie an, ihre Augen waren auf einmal wachsam, doch sie sagte nichts.

„Da der Sklavenhalter tot ist, will dich deine Familie vielleicht – “

„Meine Eltern haben mich für zwanzig Goldstücke verkauft, um ihre Farm zu retten“, sagte sie bitter. „Sie sind nicht länger meine Familie.“

Ceres verstand das. Oh, wie sehr sie es verstand. Sie blickte zu den Alva Bergen und dachte einen Moment lang nach.

„Ich wüsste einen Ort, an dem du ein neues Zuhause finden könntest“, sagte sie.

„Wo soll das sein?“, fragte Anka und nahm einen Schluck Wein.

„Meine Brüder und Freunde sind Teil der Revolutionsbewegung.“

Ankas Augen verengten sich zu Schlitzen und dann nickte sie.

„Du bist jetzt meine Schwester und deine Familie und Freunde sollen auch die meinen sein. Ich werde an deiner Seite kämpfen und der Revolution angehören“, sagte sie.

Nachdem sie fertig gegessen hatten führte Ceres die Stute zurück auf die Straße und ritt mit Anka den Hang zum Haupttor der Stadt hinab, dessen dicke eichene Zugbrücke schwer bewacht wurde. Sie reihten sich hinter Reisenden und Händler in die Schlange ein und ritten langsam an den Soldaten vorbei auf die Brücke.

Sie ritten über das Kopfsteinpflaster der Straßen durch geschäftige Gässchen und an Häusern und hölzernen Hütten vorbei. Die Stadt begann aufzuwachen und die Einwohner standen vor den Brunnen mit ihren Eimern und Gefäßen Schlange. Kinder spielten in den Straßen, ihr Lachen erfüllte die Luft und erinnerte Ceres an glücklichere und sorgenfreie Zeiten.

Hinter den weiten Feldern verdorrter Pflanzen kamen sie am Fuße der Alva Berge an. Einfache Häuschen ruhten auf dem leicht ansteigenden Hügel und im Schutze der Gipfel. Ein Wasserfall plätscherte den Berg hinab. Von außen betrachtet sah die kleine Siedlung wie jede andere an den Rändern von Delos aus. Neben den Häusern standen Wägen und Tiere, Bauern pflügten und bestellten ihre Felder. Doch all das war reine Fassade, die die Reichssoldaten täuschen sollte. Im Inneren eines jeden Häuschens braute sich eine Rebellion zusammen.

Ceres war bereits einmal hier gewesen: vor zwei Jahren hatte Rexus ihr hier die wachsende Kollektion an Waffen hinter dem Wasserfall gezeigt.

Außerhalb der Siedlung stand gleich neben dem Meer eine alte verlassene Burg: der Hauptsitz der Revolution. Zwei der drei Türme waren eingestürzt und einige der Wände waren notdürftig mit Treibholz und Steinen geflickt worden. Das war Ceres’ Zielpunkt.

Sie stiegen ab und liefen den sandigen Weg hinab, der Seewind zerrte an Ceres’ Kleidung. Sie erreichten den bogenförmigen Eingang, wo fünf schwer bewaffnete Männer in Zivilkleidung sie anhielten.

„Mein Name ist Ceres. Ich bin hier, um mit Rexus meinem Freund und Nesos und Sartes meinen Brüdern zu sprechen“, sagte sie und beruhigte ihr Pferd. „Das ist meine Freundin Anka. Wir wollen der Rebellion beitreten.“

Die Augen von einem der Männer flackerten ein wenig auf, als sie ihren Namen nannte. Er nickte und ging in den Innenhof, während die anderen Männer die Mädchen skeptisch beäugten.

Ceres konnte im Innenhof Männer und Frauen sehen, die eilig fast fieberhaft umherhuschten. Einige bildeten andere in der Schwertkunst aus, dann gab es welche die Rüstungen bauten oder Pfeil und Bogen schnitzten, andere wiederum nähten Kleidung.

Ein paar Minuten verstrichen und dann noch ein paar weitere. Waren Rexus und ihre Brüder nicht hier? Ceres wunderte sich. Würde sie sie ohne Abschied verlassen müssen? Sie musste sie einfach sehen, bevor sie zum Palast ging.

Plötzlich kam Rexus um die Ecke geschossen.

„Ciri!“ rief er und rannte auf sie zu.

Ceres spürte wie ihr beim Anblick seines Gesichts die Kraft versagte und sie schlang begierig ihre Arme um ihn und brach schluchzend zusammen. Sie war so lange stark gewesen und nun sicher in seinen Armen liegend, durfte sie endlich loslassen und schwach sein.

„Ich hatte geglaubt, du seiest tot“, sagte er, strich ihr über den Rücken und drückte sie noch näher an sich heran.

Er bedeckte ihr Gesicht mit Küssen und trocknete ihre Tränen. Dann drückte er seine weichen warmen Lippen auf die ihren. Doch noch bevor sie ihren ersten Kuss genießen konnte, hatten sich seine Lippen schon wieder gelöst.

„Ich war krank vor Sorge um dich“, sagte er und umklammerte sie fest. „Sartes hat gesagt, dass er dich das letzte Mal vor der Hütte eures Vaters gesehen hat. Danach warst du verschwunden.“

„Sind meine Brüder hier?“ fragte sie.

„Im Moment nicht“, antwortete Rexus. „Sie erledigen einen Auftrag.“

Ceres wurde das Herz schwer, doch sie nickte und trat einen Schritt zurück.

„Das ist meine Freundin Anka“, sagte sie und legte eine Hand auf die Schulter ihrer neuen Freundin. „Sie war mit mir im Wagen des Sklavenhalters. Jetzt sucht sie einen Unterschlupf.“

„Sklavenwagen? Deshalb siehst du so aus“, sagte Rexus und seine Augen wanderten an ihr hoch und runter.

Ceres verpasste ihm einen Schlag gegen die Schulter.

„Du siehst mit Sicherheit nicht besser aus als ich“, sagte sie mit einem Grinsen und Rexus musste lachen.

„Kannst du bitte Fausta für mich holen“, sagte Rexus zu einem der Wächter. Er drehte sich zu Ceres ein Fragezeichen im Gesicht. „Bleibst du nicht hier?“

Ceres war sich nun unsicher. Ein Teil von ihr wollte hier bei Rexus und ihren Brüdern bleiben, doch ein größerer Teil wollte unbedingt als Waffenhalter arbeiten.

„Ich arbeite für Prinz Thanos als Waffenhalter.“

Rexus’ Augen leuchteten auf, dann nickte er.

Eine ältere Frau watschelte zusammen mit dem Wächter auf sie zu. Ihr faltiges Gesicht war so weiß wie Schnee und ihre Augen waren voll von jahrelangem Leid und Weisheit.

„Fausta“, sagte Rexus. „Bitte kümmere dich darum, dass Anka eine Bleibe findet und außerdem etwas zu essen und trockene Kleidung.“

Die alte Frau öffnete ihre schwachen Ärmchen und umarmte den Neuankömmling.

„Jetzt hast du ein neues Zuhause und wir werden uns oft sehen können“, sagte Ceres zu Anka. „Ich schulde dir mein Leben und das werde ich dir niemals vergessen.“

Anka lächelte sanft und nickte. Sie umarmte Ceres und folgte dann Fausta in den Innenhof.

Rexus nahm Ceres Hand, griff nach den Zügeln des Pferdes und eskortierte sie in Richtung Stall. Dort angekommen, ließ er Ceres los und führte das Pferd zu einem Wassertrog.

„Du hast ein neues Schwert“, sagte er, ohne sich umzudrehen und die Mähne des Pferdes streichelnd.

Die Stute wieherte vergnügt.

„Ja. Ein Geschenk von meinem Vater“, sagte sie und ihre Hand tastete automatisch nach dem Griff des Schwertes, während ein Anfall von Traurigkeit sie überkam.

Doch sie wollte nicht über traurige Dinge sprechen.

„Die Rebellion ist gewachsen“, sagte sie.

„Seitdem wir hier das letzte Mal zusammen waren, hat sich die Zahl unserer Unterstützer verdreifacht“, sagte er.

Der Stolz in seinen Augen erfüllte Ceres mit Glück.

Sie liefen nach draußen und setzten sich auf eine Holzbank. Rexus setzte sich quer auf die Bank, so dass sie vor ihm saß. Er strich sanft über ihr Haar und liebkoste ihr Gesicht.

Es zerriss ihr das Herz, sich von ihm verabschieden zu müssen und sie spielte erneut mit dem Gedanken einfach bei ihm zu bleiben.

„Vielleicht bleibe ich einfach bei dir“, sagte sie.

Rexus presste seine Lippen zusammen.

„Das wäre zu schön, doch ich glaube, dass es das Beste wäre, wenn du zu deinem Termin im Palast erscheinst“, sagte er.

Ceres wusste, dass er Recht hatte und dennoch schmerzte es, die Aufforderung zu gehen, aus seinem Mund zu hören.

„Wir erfahren hier so viel Unterstützung“, fuhr Rexus fort. „Aber wir haben niemanden, der in den Mauern des Palasts arbeitet.“

„Ich habe keine Ahnung inwieweit ich Zugang zum Inneren oder den anderen Adligen habe“, sagte sie.

„Wenn du das Vertrauen von Prinz Thanos gewinnst, bin ich mir sicher, dass du Zugang zu allem bekommst, was die Rebellion braucht. Wenn der richtige Moment gekommen ist, könntest du uns hineinführen und den Sieg sichern“, sagte er.

Ceres hatte ein ungutes Gefühl, das Vertrauen von Prinz Thanos nur zu gewinnen, um es zu missbrauchen. Aber warum? Vielleicht, weil er ihr vertraut hatte und sie nun die Chance bekam, die so viele andere nicht bekamen. Oder war es vielleicht, weil er seine Familie und das, wofür sie standen, so sehr verachtete wie jeder andere Bürgerliche.

Wie es auch war, Rexus hatte Recht: mit dieser Arbeit konnte sie der Rebellion helfen wie kein anderer. Ihre Gegenwart im Schloss war im Prinzip genau das, was die Rebellion brauchte. Sie konnte dabei tatsächlich entscheidend für den Untergang des Reichs sein.

Sie nickte und sie blickten einander für einen kurzen Augenblick in die Augen.

Ceres sprang auf und lief in die Scheune, um ihrer Traurigkeit nicht zu viel Raum zu geben und den Abschied nicht noch schwerer zu machen. Gerade als sie das Pferd besteigen wollte, hörte sie Rexus hinter ihr hineinkommen. Sie blickte über ihre Schulter während sie den Sattel festmachte.

„Ich muss los, sonst komme ich zu spät. Bitte kümmere dich um meine Brüder und Anka“, sagte sie.

Rexus legte ihr eine Hand auf die Schulter und ein Prickeln breitete sich in ihrem Körper aus. Ceres dachte an den Kuss von zuvor. Hatte er sie nur als ihr Freund geküsst oder war da mehr? Sie wollte, dass es mehr war als Freundschaft. Sie wusste, dass, wenn sie sich umdrehte, sich ihre Augen und Lippen treffen würden. Das würde es unmöglich machen, sich wegzureißen.

So bestieg sie ihr Pferd, gab ihm die Sporen und galoppierte gen Palast, einem Ort so fern von diesem, doch sie war entschlossen sich von nichts und niemanden abbringen zu lassen.

KAPITEL NEUN

Als die Sonne sich ihren Weg über den Horizont gebahnt hatte und ohne eine Sekunde zu verlieren galoppierte Ceres durch das Palasttor. Sie stellte ihr Pferd im königlichen Stall unter und sprintete in Richtung Trainingsplatz. Sie hatte bereits die Hälfte der Strecke hinter sich als sie bemerkte, dass ihr Schwert gegen ihr Bein rieb und sie blieb stehen. Würde jemand ihr Schwert sehen und es vielleicht von ihr stehlen, wenn sie es mitnahm? Sie wusste, dass sie eigentlich keine Zeit hatte und sie konnte fürs Zuspätkommen gefeuert werden, doch unter keinen Umständen durfte sie ihr Schwert verlieren.

So schnell ihre Füße sie tragen konnten, raste sie zurück zur Hütte des Schmieds. Sie fand sie leer vor und kletterte die Leiter zum Dachboden hinauf. Hinter einem Stapel alter Bretter und krummen Zweigen versteckte sie ihr Schwert, bevor sie sich wieder auf den Weg zum Trainingsplatz des Palastes machte.

Außer Atmen und mit rasendem Herzen erreichte sie den Platz und zu ihrer Überraschung sah sie, dass sich der gesamte Hof dort versammelt hatte und um die Arena herum stand. Der König und die Königin saßen auf ihren Thronen, Prinzen und Prinzessinnen fächerten sich auf ihren Stühlen unterhalb der Trauerweiden Luft zu und die Berater und Hochwohlgeborenen saßen wiederum auf Bänken und tuschelten untereinander.

In der Übungsarena kämpften Kampfherren gegen Adlige und Waffenhalter beobachteten ihre Herren und reichten ihnen Schwerter, Dolche, Dreizacke, Schilder und Peitschen. Seit sie denken konnte, hatte sich Ceres nach solch einer Gelegenheit gesehnt, doch jetzt, da sie da war, fühlte sie nichts als Leere in ihr.

„Ceres!“ rief Thanos ihr zuwinkend.

Sie wusste nicht warum, aber als sie ihn erblickte, begann ihr Herz zu hüpfen. Sie tadelte sich selbst. Schließlich durfte sie nicht vergessen, warum sie hier war, nämlich um sich mit den Feinden gutzustellen und ihr Vertrauen zu gewinnen und nicht um sich von einem gutaussehenden Prinzen, der eine gewisse Anziehung auf sie ausübte, um den Finger wickeln zu lassen.

Ceres rannte zu Thanis hinüber.

„Genau rechtzeitig“, sagte er mit einem Nicken.

„Selbstverständlich“, sagte sie als wären nicht anderthalb Wunder notwendig gewesen um ihre Anwesenheit möglich zu machen.

Ein Reichssoldat marschierte zur Mitte der Arena.

„Alle königlichen Kämpfer samt ihren Waffenhaltern haben sich schleunigst vor König Claudius aufzustellen“, sagte er.

Die Adligen unterbrachen, was auch immer sie taten, und Ceres folgte Thanos ihren Platz hinter ihm einnehmend. Sie sah, dass Luscious zurückgekommen war. Hatte er es sich anders überlegt? Hatte man ihn dazu gezwungen?

„Wunderst du dich über Lucious’ Rückkehr?“ fragte Thanos zu ihr gewandt.

„Ja.“

Ceres war sich nicht sicher, ob sie es mochte, dass er ihre Gedanken zu erraten schien.

„Man verweigert sich dem König nicht“, flüsterte er.

Sie wollte fragen warum, doch der König erhob sich und reckte eine goldene Schale in die Höhe. Die Versammelten verstummten.

„Diese Schale ist mit den Namen aller königlichen Kämpfer gefüllt“, sagte der König. „Ich werde daraus heute drei Namen ziehen und diese werden bei den Tötungen heute Vormittag antreten.“

Ein Raunen ging durch die Menge, die königlichen Kämpfer und ihre Waffenhalter miteingeschlossen.

Doch die nächsten Tötungen sollten erst nächsten Monat stattfinden schoss es Ceres durch den Kopf. Hatte der König aus Lust und Laune die Tötungen auf heute vorverlegt?

Sie blickte zu Thanos, doch der stand stocksteif da, sein Gesicht geradeaus gerichtet, sodass sie seinen Ausdruck nicht sehen konnte. Ceres wusste, dass sie noch nicht bereit waren, um in den Tötungen zu kämpfen. Keiner von ihnen. Sie hatten nicht genug Zeit gehabt, sich vorzubereiten und die Kampfstile der anderen Kämpfer kennenzulernen.

Sie ballte ihre Hand zu festen Fäusten und versuchte ihren Atem konstant zu halten. Nur drei der zwölf würden ausgewählt, es war also nicht unwahrscheinlich, dass es sie heute nicht treffen würde.

Der König griff mit seiner fleischigen Hand in die Schale und zog einen Zettel heraus.

„Lucious!“ rief er und ein böses Grinsen trat auf seine Lippen.

Ceres atmete aus und blickte zu Lucious hinüber, dessen Gesicht puterrot geworden war. Die Beistehenden klatschten ohne viel Begeisterung. Dachten sie auch, dass es unfair war? Ceres war sich nicht sicher.

Der König griff erneut in die Schale und zog einen Namen.

„Georgio!“ brüllte er und seine Augen glitten zum Ende der Schlange, wo Georgio stand.

Eine Frau, die alt genug aussah Georgios Mutter zu sein, stand auf und begann in Tränen auszubrechen und dabei wilde Beschimpfungen gegen den König auszusprechen, doch als sie in die Übungsarena trat, wurde sie von Reichssoldaten abgeführt.

Ceres stieß einen Laut der Verärgerung aus, ohne ihre Augen von Thanos breitem Rücken abzuwenden. Nur noch ein weiterer Name. Die Wahrscheinlichkeit, dass Thanos gezogen wurde, war jetzt sehr gering.

Ein drittes Mal griff die Hand des Königs in die Schale und er blickte zu Thanos, die rechte Seite seiner Lippe zog sich nach oben.

Ceres sah, dass sich Thanos’ Schultern anspannten und sie wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Hatte der König das geplant? Hatte er die Zettel manipuliert?

Ihr Herz hörte fast auf zu schlagen.

„Und zu guter Letzt Thanos!“ rief der König mit einem einfältigen Grinsen.

Die Menge schwieg für einen Moment, doch als die Königin begeistert zu applaudieren begann, stimmte auch sie mit ein.

„Meine Erwählten, das Risiko zu sterben ist groß. Möget ihr euren Souverän und das Reich mit Würde und Kraft vertreten“, fuhr der König fort.

Der König setzte sich und ein Reichssoldat verlas die Regeln der Tötungen, Ceres jedoch verstand kaum ein Wort so schockiert war sie.

„Die Waffenhalter, die während des Kampfes assistieren, sollen ebenso hingerichtet werden… nicht mehr als drei Waffen je Kämpfer sind erlaubt… anderen Kampfherren darf nicht geholfen werden.... Daumen nach oben bedeutet, der Besiegte soll leben, Daumen nach unten bedeutet, der Besiegte muss hingerichtet werden…“, sagte der Reichssoldat.

Als er fertig gesprochen hatte, stand Ceres noch immer wie versteinert da und blickte ins Leere.

Sie hatte kaum Notiz genommen, dass Thanos sich zu ihr herumgedreht hatte und sie jetzt anblickte. Er griff ihren Arm und schüttelte ihn.

„Ceres!“, sagte er.

Völlig verwirrt blickte sie zu ihm auf.

„Batholomew ist zurück. Wenn du willst, dann ist er heute mein Waffenhalter“, sagte Thanos.

Ihr Herz machte einen Satz und sie wollte im ersten Augenblick ja schreien. Ja! Aber dann fiel ihr das Gespräch mit Rexus ein. Wie könnte sie Thanos’ Vertrauen gewinnen, wenn sie jetzt kniff? Niemals.

„Ist es das, was du willst?“ fragte sie.

„Ich würde dich an meiner Seite bevorzugen, aber in Anbetracht der Regeländerung würde ich es dir nicht verübeln, solltest du dich dafür entscheiden, diese Runde auszusetzen“, sagte er.

Sie konnte es nicht fassen. Er gab ihr alle Freiheit und sie schmiedete insgeheim Pläne, wie sie sein Vertrauen erschleichen und ihn und seine Familie zerstören konnte. Sie fühlte sich schuldig.

Doch dann erinnerte sie sich an das Leid der Menschen: an den kleinen Jungen, der auf dem Quellplatz erst ausgepeitscht und dann auf dem Wagen zu einem unbekannten Ziel davongefahren worden war, an das Mädchen, das in dem Wagen des Sklavenhalters ganz allein und in Angst gestorben war, an ihre Brüder, die jeden Abend mit knurrenden Mägen ins Bett gingen und an ihren Vater, der seine Familie hatte verlassen müssen, um andernorts Geld zu verdienen.

Wenn sie nicht für all jene einstand, wer dann?

„Dann entscheide ich mich dafür, dein Waffenhalter zu sein, für heute und darüberhinaus“, sagte Ceres.

Thanos nickte und ein leises Lächeln flog über seine Lippen.

„Dann lass uns gemeinsam siegen“, sagte er.

*

Mit schweißnassen Händen und mulmigen Gefühl blickte Ceres durch den Tunnel unter dem Stadion. Der Gang wimmelte nur so von Reichssoldaten, Kampfherren und Waffenhaltern. Eine Fülle an Waffen lehnte an den Wänden oder lag auf dem Schotter des Bodens verstreut.

Sie saß auf einer Bank nur wenige Meter von dem Eisentor entfernt. Sie wartete darauf, dass sie und Thanos an die Reihe kamen, während die Menge draußen wie ein Drachen tobte.

„Töten! Töten! Töten!“ schrien sie.

Die Zuschauer rasten und keine Minute später öffnete sich das Eisentor, Ketten ratterten und herein kamen zwei Reichssoldaten jeder einen zerfetzten toten Kampfherrn im Schlepptau. Sie stapelten zwei Kadaver auf dem dreckigen Boden gegenüber von Ceres auf und rannten sofort wieder hinaus in die Arena.

Ceres erschauderte als das Eisentor hinter ihnen wieder zusammenschlug und sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihre Augen über die toten Körper gleiten zu lassen. Noch vor wenigen Minuten hatten die vor ihr liegenden Körper vor Kraft strotzend sich siegessicher in den Kampf gestürzt. Jetzt lagen sie nur noch da und würden nie wieder aufstehen.

Als sie zu Thanos aufblickte, fand sie dessen Augen bereits auf sie gerichtet. Diese unglaublich dunklen Augen strahlten eine Feierlichkeit aus, die Ceres bisher nur in den Augen von Sterbenden gesehen hatte. Sie wunderte sich, ob er genauso viel Angst hatte wie sie.

Er schnürte den breiten Ledergürtel, der seinen leinenen Lendenschurz hielt, enger und entblößte dabei seine beeindruckende Bauchmuskulatur. Sie konnte kaum glauben wie leicht er gekleidet war, lediglich ein lederner Schulterschutz bedeckte seinen rechten Arm. Die meisten der anderen Kämpfer versteckten sich hinter schwerer Rüstung und glänzenden Helmen.

Ceres hatte zuvor eine Uniform erhalten: eine blaue kurzärmlige Tunika, die bis zu den Knien reichte, einen seidenen Hüftgürtel und weiche kniehohe Lederschuhe, die denen Thanos’ ähnelten. Obwohl sie die Sachen nicht besonders mochte, so war sie doch froh, ihre alten Kleider und mit ihnen die Erinnerung an ihr altes Leben nicht mehr tragen zu müssen.

„Hat dich der König reingelegt?“ fragte Ceres. Sie erinnerte sich an das hinterhältige Grinsen König Claudius’ als er die Namen der royalen Kämpfer verlesen hatte.

„Ja“, sagte Thanos.

Sie biss sich auf die Zunge und ein Feuer der Wut entfachte in ihrer Brust.

„Das ist unrecht“, sagte sie.

„Ich gebe dir Recht“, sagte Thanos. Er setzte sich neben sie und straffte die Bänder seiner Schuhe. „Doch wenn ich etwas gelernt habe dann, dass man sich dem König nicht widersetzt.“

„Hast du dich ihm zuvor widersetzt?“ fragte sie.

Er nickte.

„Worin?“

„Ich wollte die Prinzessin, die er für mich ausgesucht hatte, nicht heiraten.“

Sie starrte ihn einen Moment lang verdutzt an. Sie war von dem Mut, den ihn das gekostet haben musste, beeindruckt. Vielleicht war das Mädchen hässlich gewesen, obgleich Ceres in ihrem ganzen Leben keine hässliche Prinzessin zu Gesicht bekommen hatte, alle waren sie in edle Gewänder gehüllt, dufteten nach den süßlichen Bädern, die sie genommen hatten und waren mit teurem Schmuck behangen.

Sie wich seinem Blick aus und fragte sich, wer dieser junge Mann wirklich war. Ein Rebell? Ceres hatte nicht einmal in Betracht gezogen, dass es einen Widersacher im Palast geben konnte.

Sie hegte nun eine neue Achtung für den Prinzen. Vielleicht war er nicht der Junge, für den sie ihn gehalten hatte. Das machte es noch schwerer für sie, ihn zu hintergehen.

„Und was ist mit Lucious und Georgio?“ fragte sie.

„Der König hasst sie aus anderen Gründen.“

„Aber wieso kann der König einfach so – “

Er unterbrach sie ungeduldig.

„Nur weil ich von adliger Herkunft bin heißt das nicht, dass ich über mein Leben selbst bestimmen kann.“

Darüber hatte Ceres noch nie nachgedacht. Sie war stets davon ausgegangen, dass die Adligen tun und lassen konnten was sie wollten und dass sie dem Volk als geschlossener Feind gegenüberstanden.

„Der ganze Pomp und die Hochmütigkeit, die Regeln, die Etikette, das maßlose Geldausgeben… das alles treibt mich an den Rand des Wahnsinns“, sagte er mürrisch.

Ceres war verblüfft, ihn solche Dinge über den Königshof sagen zu hören und sie war sich nicht sicher, was sie ihm darauf erwidern sollte. Sie blickte stattdessen durch das Eisentor und sah in genau diesem Augenblick wie ein Kampfherr dem Waffenhalter Georgios ein Messer in den Bauch stieß.

Sie schlug sich ihre Hand vor den Mund und keuchte.

In ihrer Arglosigkeit war sie davon ausgegangen, dass sie vor anderen Kampfherren sicher sein würde, da nicht sie es war, die kämpfte. Furcht ergriff ihre Schultern und sie bemerkte wie ihre Hände nun noch mehr zitterten als vorher.

Ein Reichssoldat teilte Thanos mit, dass sie die nächsten sein würden und dass Thanos zusammen mit Lucious gegen zwei andere Kampfherren antreten würde.

Mit einem Kloß im Hals sagte Ceres: „Wenn wir da lebend rauskommen wollen, müssen wir gut zusammenarbeiten.“

Thanos nickte. Stilles Einverständnis herrschte zwischen ihnen.

Sie standen auf und gingen zu dem eisernen Tor hinüber. Jeder war in seinen eigenen Gedanken vertieft.

„Ich werde nicht töten, außer wenn mir nichts anderes übrig bleibt“, sagte Thanos plötzlich.

Ceres nickte und fragte sich, ob er damit bezweckte, den König noch weiter herauszufordern.

„Ich muss wissen, ob ich dir mein Leben anvertrauen kann“, sagte er, ohne den Blick von der Arena abzuwenden.

„Das kannst du“, sagte Ceres und fragte sich, ob er das leichte Zögern in ihrer Stimme gehört hatte.

Er schloss seine Augen und nickte.

„Gleiches gilt für dein Leben Ceres“, sagte er.

Sie wusste nicht warum, aber seine Woche drangen ihr ins Mark und sie spürte ihre Aufrichtigkeit. Trotz allem spürte sie ein starkes Band zwischen ihnen.

Lucious und sein Waffenhalter traten hinter sie und Ceres begutachtete Lucious’ Ganzkörperrüstung und das Visier seines Helms. Keine Rüstung dieser Welt würde das Leben eines lausigen Kämpfers retten, dachte sie.

Das Eisentor schwang auf und ein lebender Georgio kam herein. Sein Körper warschweißbedeckt, Blut tropfte aus den Wunden an seinen Armen und seinem Bauch. Ein Reichssoldat schleppte hinter ihm seinen Waffenhalter hinein und warf diesen auf den Leichenberg.

Ceres’ gesamter Körper begann zu zittern.

„Bleib in meiner Nähe“, sagte Thanos. Seine Augen blickten wie in Trance geradeaus, er biss die Zähne zusammen.

In dem Moment als der Reichssoldat ihnen zunickte und sie damit aufforderte das Stadion zu betreten, drängelte sich Lucious an Ceres vorbei. um als erster in der Arena zu erscheinen. Er riss seine Arme in die Höhe als würde er bereits seinen Sieg feiern. Die Massen drehten fast durch und er ließ sich wie im Rausch einen Moment lang feiern.

Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre Ceres von seinem Verhalten genervt gewesen, doch nun stand sie hier, tat möglicherweise ihren letzten Atemzug und scherte sich nicht um den Beifall heischenden Idioten.

Thanos und Ceres betraten als nächste die Arena und Ceres blinzelte in die sie blendende Sonne. Nachdem sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, blickte sie ins Publikum und erkannte, dass gerade einmal die Hälfte der Sitze gefüllt war.

Sie ließ ihren Blick weiter zum Podium schweifen und erkannte den König, der auf seinem Thron saß und verdrießlich dreinblickte. Wie sehr sie ihn hasste. Wenn das, was Thanos gesagt hatte, stimmte, dann war er noch verdorbener als Ceres es sich vorgestellt hatte.

„Denk daran in meiner Nähe zu bleiben“, sagte Thanos und berührte sie am Ellenbogen.

Sie nickte und machte die zwei Kampfherren aus, mit denen sie es zu tun haben würden. Sie standen am anderen Ende der Arena und trugen neben schweren Rüstungen jeder ein Schwert.

Als die Trompete ertönte sprang sogleich ein Biest aus einer der Falltüren auf den Boden. Es rannte auf Ceres und Thanos zu, sein gräulich schwarzes Fell fing das Licht ein und sein Brüllen hallte in den Wänden des Stadions wider. Ceres kannte diese mit einem Hund vergleichbare Art Kreatur nicht. Mit seinem langen Körper und staksigen Beinen war es langsamer im Vergleich zu einer Omnikatze, obwohl sie sich sicher war, dass es in Bezug auf seine Stärke dieser in nichts nachstand.

„Ein Wolfer!“ schrie jemand aus der Menge. Ein Raunen ging durch das Publikum.

Adrenalin schoss durch ihre Venen und für einen Augenblick wusste sie nicht, was sie tun sollte. Doch dann sah sie die Waffen, die an der Mauer aufgereiht waren. Sie lief auf sie zu und wartete auf die Anweisung Thanos’.

Thanos verlangte zunächst nach dem Dreizack. Gute Wahl, dachte sie, als sie beobachtete wie er ihn in der Luft auffing. Sie wollte ihm zur Seite stehen und helfen, aber sie erinnerte sich an die Regel, die es ihr als Waffenhalter verbat, in den Kampf einzugreifen.

Thanos schrie in Richtung des Wolfers und lief ihm mit erhobenen Dreizack entgegen. Seine Füße bewegten sich so flink, wie seine Reflexe reagierten.

Aus dem Augenwinkel sah Ceres wie einer der Kampfherren sich auf den Weg zu Thanos machte. Wenn er klug war, dann würde er Thanos erst dann angreifen, nachdem dieser den Wolfer getötet hatte, sonst riskierte er ebenso von dem Biest angegriffen zu werden.

Der Wolfer stürmte auf Thanos zu und Thanos rammte den Dreizack in seine Schulter. Die Zuschauer jubelten vor Begeisterung nach diesem ersten Angriff.

Der Wolfer schien jedoch wenig beindruckt und heulte nur noch lauter auf. Er bleckte die Zähne und starrte Thanis mit roten Augen an.

„Langschwert!“ schrie Thanos.

In dem Augenblick als sie das Langschwert zu ihm warf, ließ er den Dreizack fallen und fing es in der Luft auf. Plötzlich spürte Ceres, dass er einen Feuerschutz brauchen würde und sie rief ihm zu und warf ihm einen Schild hinüber. Gerade als er den Schild gefangen hatte sog der Wolfer einige Luft in sich ein und spuckte sie als Feuer wieder aus. Die Zuschauer schnappten nach Luft und Thanos duckte sich hinter den Schild. Die Flamen trafen auf seine Metalloberfläche.

Nachdem dem Wolfer das Feuer ausgegangen war, ließ Thanos den Schild fallen, hob den Dreizack wieder auf und stieß diesen in das Auge des Biestes.

Das Tier heulte auf, schüttelte kräftig seinen Kopf und beförderte den Dreizack auf einen Flug durch die halbe Arena.

Ohne zu zögern rannte Thanos auf den Wolfer zu, sprang in die Luft und zog sein Schwert. Im Landeanflug rammte er es dem Biest in den Kopf, so dass es leblos in den roten Sand sank.

Die Menge jubelte, doch für eine Pause war es noch zu früh. Der Kampfherr in Bereitschaft stürzte mit gezücktem Speer und Schwer auf Thanos zu.

Ceres sah, wie Thanos mit aller Kraft am Griff seines Schwertes zog. Doch es steckte im Schädel des Wolfers fest und so sehr er auch zog, es ließ sich nicht bewegen. Er hatte bereits drei Waffen im Einsatz; den Dreizack am anderen Ende der Arena, seinen unerreichbaren Schild und das Schwert, das in dem Schädel des Wolfers verkeilt war. Ceres wusste, dass es gegen die Regel verstieß, ihm eine weitere Waffe zuzuspielen.

Sie hielt den Atem an. Der Kampfherr kam näher. Zu nah. Sie trat eine Schritt vor.

Thanos riss noch immer an seinem Schwert. Er warf Ceres einen verzweifelten Blick zu, seine Augen waren vor Angst weit aufgerissen.

Er würde sterben.

Und es gab nichts, was Ceres tun konnte, um das zu verhindern.