Kitabı oku: «Tara», sayfa 6

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Zweifel

Ville entpuppte sich als ausgezeichneter Entertainer. Er sang, parodierte und stellte Filmszenen nach, die ich erraten musste. Wir lachten viel und ich merkte gar nicht, wie die Zeit vergangen war.

Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Fenster schienen, verließen wir erst das Gebäude.

„Komm, ich weiß, wo wir frühstücken können. Hast du Lust auf ein süßes oder ein herzhaftes Frühstück?“, zwinkerte mir Ville zu.

Ich verstand nicht, was er meinte, entschied mich jedoch für ein herzhaftes Frühstück. Ich war gespannt, wie dieses aussehen sollte, schließlich konnten wir nichts außer Blut zu uns nehmen und dies gab es nur in einer Geschmacksrichtung.

Ville führte mich zum Strand. Um diese frühen Morgenstunden war er kaum besucht. Nun ein paar Jogger kreuzten unseren Weg.

Und genau auf diese stürzte sich Ville. Noch ehe ich reagieren konnte, hielt er mir den Hals des einen hin, während er den anderen Jogger bereits biss.

Es war nicht das erste Mal, dass ich mich von einem Menschen direkt an der Quelle ernährte. Aber ich hatte es noch nie zuvor in Anwesenheit eines anderen Vampirs getan.

Außer bei Tristan hatte ich auch noch nie einen anderen Vampir beim Trinken gesehen. Dies nun bei Ville zu erleben, wirkte irgendwie surreal auf mich.

Doch ich hatte Hunger. Daher schob ich den kurzen Schock schnell zur Seite und biss in den Hals des jungen Mannes.

Als sich der Salzgeschmack der verschwitzten Haut unter die des Blutes mischte, verstand ich, was Ville mit einem „herzhaften Frühstück“ gemeint hatte.

Wie hätte da ein süßes Frühstück ausgesehen? Vielleicht würde ich dies am nächsten Tag herausfinden können.

Nachdem wir uns satt getrunken hatten, führte Ville noch eine beeindruckende Hypnose mit den beiden Männern durch, sodass diese sich nicht mehr an diesen Vorfall erinnern würden.

„Wie funktioniert das eigentlich?“, wollte ich wissen. Ich war nun schon einige Jahre eine Vampirin, aber diese Hypnose, wie ich sie eben bei Ville erlebt und auch bei Tristan bereits gesehen hatte, vermochte ich nicht anzuwenden.

„Mmmmhhh…, das ist schwer zu erklären“, grübelte Ville während er mit mir weiterging.

„Du musst dir in deinen Gedanken vorstellen, was du dem Menschen befehlen möchtest und dann musst du versuchen diese Gedanken an ihn zu übertragen. Du musst dir vorstellen, wie diese aus deinem Bewusstsein in seines übergehen. Ich weiß selbst nicht genau, wie es funktioniert.“

„Wie hast du es gelernt?“

„Ich hatte es bei meinen Vampirfreunden oft gesehen und nach meiner Verwandlung immer wieder probiert, bis es mir gelungen war. Was ich ab da anders gemacht habe als vorher, kann ich dir nicht sagen. Ich denke, es ist reine Übungssache.“

Ich nahm mir fest vor, dies ab sofort regelmäßig zu üben. Es wäre eine Erleichterung, wenn ich nicht mit jedem intimer werden müsste, nur um an sein Blut zu kommen.

Inzwischen waren wir auf einem Klippenvorsprung angelangt, von welchem aus wir eine hervorragende Aussicht auf das Meer hatten. Wir setzten uns auf den Boden und ließen die Beine über den Abgrund baumeln.

„Es ist schön hier“, meinte ich.

Ville nickte nur und legte seinen Arm um mich.

Ich kuschelte mich an seine Schulter und gemeinsam lauschten wir den Wellen, die unter uns an die Klippen gespült wurden.

Nachdem wir eine Weile wortlos so dagesessen hatten, entließ mich Ville aus der Umarmung.

„Ich muss leider langsam los. Ich habe noch eine Probe mit einer meiner Bands und muss davor noch ein paar Dinge erledigen. Magst du mitkommen?“

Ich schüttelte den Kopf. Zu schön war der Moment gerade hier am Meer zu sitzen und auf die Wellen zu schauen.

„Geh du ruhig, ich bleibe noch eine Weile.“

Ich spürte, dass Ville mich ungern allein zurückließ.

„Bist du dir sicher? Ich kann die Probe auch absagen, weißt du. So wichtig ist sie eigentlich auch nicht“, meinte Ville und machte Anstalten, sich wieder zu setzen.

„Nein, nein. Du kannst wirklich gehen. Wirklich, es ist absolut in Ordnung“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen.

Ville sah mich prüfend an. Dann nickte er zögerlich.

„Wir treffen uns dann bei mir zu Hause, ja?“

Ich nickte. Ville gab mir seinen zweiten Wohnungs-schlüssel und ging.

Nun war ich allein. Ich holte meinen MP3-Player aus der Tasche und steckte mir die Kopfhörer in die Ohren.

Es erklang Blutengel, eine meiner Lieblingsbands, mit dem Titel „Seelenschmerz“. Ich ließ wieder meinen Blick über das Meer schweifen.

Schwere Wolken zogen am Horizont entlang. Unter ihnen leuchtete eine weiße Fähre, die Richtung Helsinki unterwegs war. Kreischende Möwen begrüßte von Weitem die Ankömmlinge.

Ich zog meine Knie an meine Brust, umklammerte sie mit meinen Armen und legte mein Kinn auf meine Knie.

Seitdem mich Ville in Bukarest gerettet hatte, war ich keinen Moment mehr allein gewesen. Nun hatten meine Gedanken das erste Mal Gelegenheit zu arbeiten und die Ereignisse der letzten Wochen liefen vor meinem geistigen Auge noch einmal ab.

Was ich erlebt hatte, ließ sich mit einem Kulturschock gleichsetzen.

Aus meiner wohl behüteten Welt in Potsdam, in der ich der einzige Vampir war, stürzte ich regelrecht in ein mordendes Vampirnest.

Ich hatte Dinge in Bukarest gesehen, die ich nie für möglich gehalten hatte. Vor meinen Augen wurden Köpfe abgerissen! Ich wusste nicht, ob ich diesen Anblick jemals verarbeiten würde. Allein der Gedanke daran, ließ in mir erneut den Würgereiz aufkommen.

Ich wäre fast selbst kopflos geworden, hätte mich Ville nicht gerettet. Er stand mir bei, obwohl er mich überhaupt nicht kannte. Er war für mich da, als ich Hilfe brauchte. Er war da…, nicht Tristan.

Tristan, der Mann der mir vor dem Altar die Treue schwor, der Mann, der mich über Jahrhunderte hinweg liebte und immer wieder nach mir suchte, dieser Mann verließ mich einfach, als ich ihn am meisten gebraucht hatte.

Er beschützte mich nicht vor der rumänischen Vampirmafia. Er zeigte mir nicht, wie man als Vampir leben und kämpfen musste.

Nein, er hatte mich einfach mir selbst überlassen mit all den Fragen und Ängsten.

Eine Träne rann aus meinem Auge. Ich hasste diesen Konflikt zwischen Wut und Trauer, den ich immer spürte, wenn ich an Tristan dachte.

Ich hatte schon lange keine Visionen mehr von ihm gehabt. Langsam fragte ich mich, ob ich mir dies alles nur eingebildet hatte. Vielleicht bedeuteten diese Visionen nichts, sondern waren nur das Ergebnis meiner schmerzhaften Sehnsucht nach ihm.

Vielleicht war diese ganze Reise ein einziger Fehler. Bisher hatte ich noch keinerlei Fortschritte gemacht. Ich wusste weder, wo sich Tristan aufhielt, wo er zuletzt gesehen wurden war… und ja, ich wusste noch nicht einmal, ob er überhaupt noch lebte.

Ich schluckte. Diesen Gedanken hatte ich immer sofort aus meinem Kopf verdrängt. Doch in den letzten Tagen versuchte er immer stärker ans Licht zu gelangen.

Was wäre, wenn Tristan nicht mehr lebte? Er hatte schon einmal die Idee geäußert, dass er sich umbringen würde, wenn ich sterbe. Was war, wenn er nicht an eine Verwandlung bei mir geglaubt hat? Was war, wenn er beschlossen hatte, nicht wieder darauf zu warten, ob ich wiedergeboren würde? Was wäre, wenn er sein Dasein beendet hatte?

Die ersten Zeilen von „Die with you“ erklangen. Mein derzeitiges Lieblingslied. Bei diesem Song und diesen Gedanken ließen sich meine Tränen nicht mehr zurückhalten.

Ein Weinkrampf schüttelte meinen Körper. Blutige Tränen stürzten die Klippen hinab in das Meer.

Sollte ich dazu verdammt sein, eine Ewigkeit verbringen zu müssen, in der ich auf immer diesen Schmerz zu ertragen hätte? Nein, wenn Tristan nicht mehr lebte, würde ich auch nicht mehr leben wollen.

Gefühlte Erinnerungen

Ich spürte, wie ich an der Schulter gerüttelt wurde. Langsam kam ich aus meiner Trance zurück.

Erst jetzt bemerkte ich, dass die Sonne im Meer fast versunken war. Ich schien den ganzen Tag regungslos auf das Meer gestarrt zu haben.

Die Batterien meines MP3-Players waren inzwischen leer. Doch den Klang der Wellen nahm ich erst jetzt wieder wahr.

Meine Kleidung und der Boden vor mir waren mit getrocknetem Blut befleckt. Meine Haut spannte unter den Blutresten, welche die Tränen hinterlassen hatten.

Die Hände, die mich erst gerüttelt hatten, drehten mich halb herum, sodass ich den Besitzer von ihnen anschauen musste.

Ville betrachtete mich besorgt. Oh Mist! Ich hatte ganz vergessen, dass er zu Hause auf mich wartete.

Mein Hunger, der sich jetzt meldete, erinnerte mich daran, dass ich einiges heute vergessen hatte. Meine Augen mussten bereits fast schwarz sein. Das Frühstück hatte ich größtenteils wieder ausgeweint.

Anstatt mir einen Vorwurf zu machen, nahm mich Ville in seine Arme. Ich presste mein Gesicht an den Kragen seiner Lederjacke. Sie roch nach ihm. Mittlerweile bedeutete dieser Geruch für mich Vertrautheit, Schutz, zu Hause. Er war alles, was ich hatte.

„Du vermisst ihn“, es war mehr eine Feststellung, als eine Frage.

Ich nickte und begann wieder zu schluchzen.

Als ich mich wieder beruhigt hatte, setzte sich Ville neben mich und legte wieder seinen Arm um meine Schulter, so wie wir morgens bereits dagesessen hatten.

„Wie kannst du das nur so gut wegstecken, dass sie dich verlassen hat? Ich wünschte, ich könnte das auch“, sagte ich kaum hörbar.

„Nein, wünsche dir das nicht“, Villes Blick wanderte von mir ab und fixierte einen Punkt am Horizont. „Ich kämpfe jeden Tag darum, dass ich dieses Gefühl, diesen Schmerz nicht verliere.“

Ich schaute ihn erstaunt an. „Warum? Ist es nicht besser, wenn es weg geht?“

Ville schüttelte den Kopf. „Wir Vampire haben so etwas wie Gefühle nicht. Jedenfalls nicht so, wie wir es aus unserer menschlichen Zeit her kennen. Diese Gefühle, die du jetzt spürst, sind nur Erinnerungen an das, was du einmal gefühlt hattest. Für uns gibt es nach unserer Verwandlung nur zwei Wege. Entweder du behältst deine Erinnerungen an deine Gefühle und kannst dadurch ein fast menschliches Leben führen oder du entsagst den Erinnerungen und nimmst dadurch das komplette Wesen eines Vampirs an. Keine Gefühle, kein Schmerz, kein Leid, keine Freude, kein Mitgefühl. Du würdest werden wie die rumänische Vampirgang. Ein Vampir braucht kein Gefühl. Es ist ihm hinderlich bei der Nahrungsaufnahme. Ein Mensch tötet ihm intellektuell unterlegene Lebewesen um sich zu ernähren. Wir Vampire müssen jedoch Menschen töten, die sich fast auf Augenhöhe mit uns befinden. Es ist beinahe Kannibalismus. Wie sollte ein Vampir töten, wenn er sich immer wie ein Mörder „fühlen“ müsste? Aus diesem Grund trinkst du einen Menschen nie leer. Ich habe Angst, Tara. Ich habe Angst eines Tages auch so ein gefühlloses Vampirmonster zu werden, denn je älter ich werde, umso weniger erinnere ich mich an Gefühle. Darum versuche ich sie immer wieder heraufzurufen, damit ich sie noch nicht vergesse“, Ville blinzelte. Seine Augen waren leicht blutig unterlaufen.

Ich nahm seine Hand. So hatte ich es noch gar nicht gesehen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Niemals wollte ich so ein Vampir werden, wie die in Rumänien es waren.

Es war ein beängstigender Gedanke, dass meine Gefühle nicht mehr real sein sollten, sondern nur Erinnerungen waren. Wie konnte mich Tristan lieben, wenn er es doch seit Jahrhunderten nicht mehr gefühlt hatte? Allein nur durch seine Erinnerung? Konnte so eine Liebe überhaupt von Dauer sein? Konnte es überhaupt als „Liebe“ bezeichnet werden? Oder war es einfach nur eine Erinnerung daran, dass man sich einmal geliebt hatte?

Ville schien meine Gedanken zu erraten. „Es gibt eine Verbundenheit zwischen Vampiren. Wenn man sich als Menschen bereits geliebt hat, ist die Verbundenheit auch als Vampire kaum zu brechen. Noch dazu trägst du seinen Virus in dir. Das wird dich immer wieder auf ihn fixieren.“

„Ich möchte aber nicht, dass Tristan und ich uns nur zusammengehörig fühlen, weil wir von einem Virus dazu getrieben werden“, unterbrach ich ihn entsetzt.

„Nein, wie gesagt, eure Liebe bestand ja bereits vor dem Tod.“

„Aber nur vor meinem. Er war ja schon tot“, es hörte sich auch jetzt immer noch etwas sonderbar an.

„Dann ist Tristan wahrscheinlich noch viel besser als ich im Bewahren von menschlichen Gefühlen. Sich als Vampir so sehr zu verlieben ist etwas ganz Besonderes. Wie gesagt, Verbundenheit gibt es auch zwischen Vampiren. Wir beide haben uns als Vampire kennengelernt und verstehen uns super. Wir haben sozusagen freundschaftliche Gefühle füreinander aufgebaut und empfinden eine Verbundenheit. Theoretisch ist es nur ein erinnertes Verhalten. Also wir haben uns kennengelernt und gemerkt, dass wir beide ok sind und von der Art her miteinander können. Dann hat unsere Erinnerung gesagt, dass so etwas Freundschaft ist und nun „fühlen“ wir es so.“

„Das klingt nicht sehr nett“, schmunzelte ich, auch wenn ich verstand, wie er es meinte.

„Zu meiner Verteidigung, mir wurde es auch nur so erklärt“, hob Ville entschuldigend die Arme.

„Vielleicht ist das auch alles Schwachsinn, wir können doch fühlen und die rumänischen Vampire sind einfach eiskalte Psychopathen“, zwinkerte er.

Ich lachte. Diese Erklärung würde mir besser gefallen.

„So oder so, dass Tristan sich so sehr in dich verliebt hat, ist etwas Besonderes. Er war zu dem Zeitpunkt noch nicht lange Vampir. Vielleicht hatte er wirklich noch Gefühle empfinden können. Ich weiß nicht, inwieweit dies kurz nach der Verwandlung möglich ist.“

Ich hoffte, dass Tristans Gefühle für mich echt waren und nicht nur erinnertes Verhalten.

Auf jeden Fall hatte dieses Gespräch etwas Gutes. Mir war klar, dass ich meine Gefühle nicht verlieren wollte und mehr denn je war mir bewusst, dass ich dafür Tristan finden musste.

„Ich möchte zu Aleksi, Raila und Mika“, meinte ich schließlich.

Ville nickte. „Und ich weiß, wo wir sie finden können.“

Mit aufgerissenen Augen schaute ich ihn an. Das durfte doch nicht wahr sein. Sollte er wirklich wissen, wo sie wohnten? Warum saßen wir da noch hier?

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich heute noch etwas erledigen muss. Ich habe mich mit einem guten Bekannten getroffen. Er ist auch ein Vampir und hat einen überschneidenden Freundeskreis mit Raila. Jedenfalls habe ich jetzt ihre Adresse und wir können hinfahren“, er grinste mich an.

Alle trübseligen Gedanken waren mit einem Mal verflogen. Ich fiel Ville um den Hals und schrie meine Freude über das Meer hinaus. Ich konnte es kaum fassen. Endlich würde ich einen Schritt vorwärtskommen. Doch eine kleine Stimme in mir gab zu bedenken, dass Raila am Ende gar nicht wusste, wo Tristan war, sofern er überhaupt noch lebte. Doch diese brachte ich ganz schnell wieder zum Schweigen.

Hoffnungsschimmer

Wir gingen zu Villes Auto. Meine Nervosität war unerträglich. Ich setzte all meine Hoffnung auf das Treffen mit Raila.

Aus dem Autoradio erklang ASP mit „Und wir tanzten“. Unwillkürlich erschien Tristan vor mir…, wie wir im Schnee tanzten, uns liebten…, und wie er mich tötete.

Schnell versuchte ich diese Bilder zu verdrängen und schaltete die CD weiter auf „Küss mich“. Ich wollte mit einer positiven Stimmung bei Raila ankommen.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie mich Ville immer wieder während der Fahrt prüfend ansah. Wir sprachen fast kein Wort.

Ville schien meine Anspannung zu bemerken und ließ mir meine Ruhe, die ich jetzt brauchte, um mich zu sammeln. Ich musste mich auf jede Situation vorbereiten, die auf mich zukommen konnte.

Die beste Option wäre gewesen, dass Tristan bei Raila war, ich ihm sofort in die Arme fallen konnte und meine Suche endlich ein Ende hatte.

Wahrscheinlicher war jedoch, dass mir Raila sagen könnte, wo ich Tristan finden würde.

Die letzte Möglichkeit wollte ich in meine Überlegungen weitestgehend nicht mit einbeziehen, denn sie würde bedeuten, dass meine Suche scheiterte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir vor einem Haus am Rande des Sipoonkorbi Nationalparks zum Stehen.

Ville schaute mich an. „Wir sind da. Bist du bereit?“

Ich konnte nur nicken. Wäre ich nicht schon tot gewesen, hätte mich meine Aufregung bestimmt jetzt mit einem Herzinfarkt ins Jenseits befördert.

Ville sog hörbar die Luft ein und bog dann in die Einfahrt. Er parkte an der Hausseite und stieg anschließend aus.

Zitternd umklammerte ich den Türgriff. Dankbar nahm ich Villes Hand beim Aussteigen an. Auf wackligen Beinen trat ich aus dem Auto.

Einen kurzen Moment hielt ich inne. Dann nahm ich all meinen Mut zusammen und lief auf meinen Wackelpuddingbeinen zum Eingang des Hauses.

Ich klingelte einmal…, zweimal…, dreimal. Hätte ich noch einen Herzschlag, wäre er mir jetzt wahrscheinlich bis zum Hals geschlagen.

Endlich öffnete sich die Tür. Mika stand vor mir und ich hätte schwören können, dass er noch blasser wurde, als er mich erblickte.

„Tara.“ Mit großen Augen sah er mich an. „Du... lebst?!“, stotterte er halb fragend, halb ausrufend. „Nein, du lebst nicht. Du…, du“, jetzt flüsterte er. „Du bist eine von uns.“

Ich konnte wieder nur nicken. Ich sah, wie er all meine Ängste, all meine Fragen und Gedanken in meinen Augen lesen konnte. Und ich sah, welche Verzweiflung es in ihm bewirkte.

„Komm“, jetzt erst entdeckte er Ville. Mika blinzelte. „Kommt ihr herein.“

Mika führte uns durch einen geräumigen Flur in die Wohnstube. Im Kamin prasselte ein Feuer. Neben ihm lud eine große, cremefarbene Couch zum Entspannen ein. Vor ihr lag ein großer Teppich.

Wir nahmen jedoch auf den langen Holzbänken Platz, welche links und rechts von einem langen Esstisch aufgestellt waren.

Robuste Kerzenständer aus Edelstahl hielten rote Kerzen, welche uns Licht und Wärme schenkten. Sie tropften und es sah aus, als würden auch sie rote Tränen weinen.

Die Nacht fiel durch die geöffneten Vorhänge herein und legte sich wie ein Schleier über unsere bereits gedrückte Stimmung.

Die Reaktion von Mika ließ meine Hoffnung schwinden. Ich wusste nicht, wie ich das Gespräch beginnen sollte. Auch Mika schien nicht so recht zu wissen, was er sagen sollte.

Ville war wohl der Einzige, der in der Lage war einen klaren Gedanken zu fassen.

„Wir sind auf der Suche nach Tristan. Weißt du, wo wir ihn finden können?“, brach er das Schweigen.

Mika seufzte laut. Mit einer Hand fuhr er sich durch sein blondes Haar. Seine Augen suchten panisch nach einem Punkt, den er fixieren konnte, um nicht mich anschauen zu müssen.

„Tristan hat mich…, äh…, verwandelt“, begann ich vorsichtig meine Geschichte zu erzählen. „Ich weiß“, unterbrach mich Mika.

Nun begegneten sich endlich unsere Blicke. Er schaute mich mitleidig an.

„Tristan war bei uns gewesen, nachdem er dich…“, er atmete tief durch. „Nachdem er dich getötet hatte.“

Ich zuckte innerlich zusammen, als er die Worte so formulierte.

„Er sagte, dass er nicht wüsste, ob er dich noch verwandeln konnte. Eigentlich ging er davon aus, dass du tot bleiben würdest“, traurig sah mich Mika an. „Tristan konnte sich das nicht verzeihen.“

Ich schluckte schwer. In mir wuchs eine böse Vorahnung. „Weißt du, wohin er wollte?“

Mika schüttelte den Kopf. „Er war hier um sich zu verabschieden. Raila war nach seiner Abreise umgehend zu Pietro gefahren. Er sollte Tristan ins Gewissen reden. Wir wissen jedoch nicht, ob Pietro ihn gefunden hat. Wir haben keinen von beiden seitdem wiedergesehen.“

In meinem Hals breitete sich ein riesiger Kloß aus. Dann war also Raila die mysteriöse Vampirin gewesen, die von der alten Dame in der Nacht bei Pietro gesehen wurde. Sollten meine schlimmsten Befürchtungen wahr werden? Könnte es sein, dass Tristan tot war?

Ich wollte es nicht wahrhaben. Das durfte einfach nicht sein.

„Wo ist Raila?“, wollte ich wissen.

„Sie holt neue Blutkonserven. Ich denke, dass sie in ein paar Stunden zurück ist. Sie wird dir mehr erzählen können, als ich.“

Ich nickte.

„Es tut mir leid, Tara, dass ich dir nicht weiterhelfen kann.“

Ich nickte wieder.

Mika war die Situation deutlich unangenehm.

„Ich werde draußen auf Raila warten. Ich kann etwas Luft gebrauchen.“

Natürlich war dies eine Ausrede. Das wusste Mika genauso gut wie ich. Doch es half uns beiden die Situation angenehmer zu gestalten.

Draußen ließ ich mich auf eine Hollywoodschaukel fallen, welche vor dem Haus stand. Sie knarrte bei jeder Bewegung.

Ich zog meine Knie an meine Brust und umklammerte sie.

Nach ein paar Minuten setzte sich Ville daneben und zog mich an seine Schulter.

„Gib nicht auf, noch ist alles offen“, flüsterte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich wollte ihm glauben…, ich wollte ihm so gerne glauben. Doch die Schwärze meiner Gedanken überdeckte langsam jeden Hoffnungsschimmer.

Ich fühlte mich wie betäubt. Unter das Knarren der Hollywoodschaukel mischten sich die Rufe von Eulen. Ansonsten war es still.

Ville und ich saßen einige Zeit, vielleicht sogar Stunden, so schweigend und schaukelnd da, bis uns schließlich Scheinwerfer aufschreckten.

Ein dunkler Jeep parkte hinter Villes Auto. Daraus stieg eine schlanke, kleine Gestalt, deren blonder Pferdeschwanz im Mondlicht schimmerte.

Raila war angekommen.

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Serideki İkinci kitap "Tara und Tristan"
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