Kitabı oku: «Tara», sayfa 4
Vlad, der Retter
Der Anführer warf mich mit einer Handbewegung in die Arme von einem seiner Anhänger und widmete sich ganz Vlad. Er lächelte ihn süffisant an und in der nächsten Sekunde schoss er auf ihn zu, immer noch lächelnd.
Doch Vlad war geschickt. Er wich ihm aus und gab ihm einen Schlag, sodass der Anführer einige Meter weiter in einen Busch krachte.
Doch in wenigen Sekunden stand er bereits wieder vor Vlad und griff ihn erneut an. Die beiden lieferten sich einen erbitterten Kampf.
Nach und nach mischten sich die Anhänger dazu. Ich wurde nur noch von dem Typen festgehalten, der mich aus dem Club gelockt hatte.
Nun witterte ich meine Chance. Mit einem Ruck drehte ich mich um und schlug mit der Handkante gegen sein Kinn, sodass sein Kopf nach hinten flog.
Mit der nächsten Bewegung drehte ich mich aus seinem Griff und trat ihm so fest gegen die Knie, dass die Kniescheibe hörbar brach und er zur Seite fiel.
Noch bevor er sich wieder aufrichten konnte, hatte ich mich in das Getümmel von Vlad, dem Anführer und seiner Anhängerschaft gestürzt und kämpfte nun Seite an Seite mit Vlad gegen die erbarmungslose Überzahl an Vampiren.
Nachdem Vlad einem von ihnen den Kopf abgerissen hatte, konzentrierte er sich ganz auf den Anführer, während ich versuchte die restlichen zwei Vampire in Schach zu halten.
Doch ich merkte schnell, dass ich viel zu unerfahren im Kampf war. Schneller als ich es hätte voraussehen können, versuchte einer von ihnen mir nun meinen Kopf von den Schultern zu reißen.
Ich schrie panisch auf und versuchte ihn abzuwehren.
Vlad bemerkte meine Notlage und ließ von dem Anführer ab, um mir zur Hilfe zu eilen. Mit einem Schlag hatte er meinen Angreifer gegen einen Baum befördert. Sein Rückgrat knackte laut, als sein Rücken gegen den Stamm aufprallte. Seine Heilung würde einige Momente dauern. Vorübergehend hatten wir von ihm nichts mehr zu befürchten.
Als wir uns nun beide dem Anführer widmen wollten, hielt Vlad erschrocken inne. Ich folgte seinem Blick und sah eine Gruppe von schwarz gekleideten Männern auf uns zukommen.
„Vampire“, flüsterte Vlad mir zu.
Ich riss entsetzt die Augen auf. Das waren mindestens 15 Mann, die nur noch wenige Schritte von uns entfernt waren.
Der Anführer blickte erfreut auf die Gruppe von Vampiren, die ihm offensichtlich zur Hilfe kamen.
Vlad verpasste ihm mit der Stahlsohle seines Stiefels einen kräftigen Tritt ins Gesicht. Der Abdruck der Sohle zog sich nicht nur sichtbar über die Visage, sie schien regelrecht eingedrückt wurden zu sein.
Noch bevor mich die heraustretenden Knochen zum Würgen brachen konnten, griff Vlad nach meiner Hand und riss mich mit sich.
In Windeseile jagten wir Seite an Seite durch den Park, gefolgt von der Vampirgruppe.
Ich kannte Vlad zwar nicht, aber ich wusste, dass ich ihm blind folgen musste. Er war die einzige Chance die ich hatte, um diesem Mob zu entkommen.
Ich hatte schon längst keine Ahnung mehr, wo wir waren, als wir uns plötzlich in einer stark belebten Fußgängerzone befanden. Wir schienen im Zentrum von Bukarest angekommen zu sein.
Nun verlangsamte er seinen Schritt und drängte sich mit mir, immer noch Händchen halten, durch die Menschen-massen.
Die Verfolger waren nicht mehr zu sehen. Offensichtlich wollten sie in der Menge keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Vlad zog mich um einige Ecken und schob mich dann in ein wartendes Taxi.
Nervös blickte er über seine Schulter, als er den Taxifahrer anwies drei Runden ziellos durch das Viertel zu ziehen bevor er eine Zieladresse erfuhr.
Der Taxifahrer tat wie ihm geheißen. Nachdem er brav eine halbe Stunde planlos durch die Straßen gefahren war, flüsterte Vlad ihm eine Adresse zu, die er anfahren sollte.
Dann ließ er sich neben mich in die Polster des fast ausgedienten Dacias fallen und suchte meinen Blick.
Bis dahin hatten wir kein einziges Wort miteinander gesprochen. Wir schienen uns entweder ohne Worte zu verstehen oder beide zu wissen, dass gerade keine Zeit war für Unterhaltungen und ich ihm einfach vertrauen musste.
Auch jetzt blieb das Schweigen erhalten. Vlad legte lediglich seinen Arm um mich und ich drückte mich schutzsuchend an ihn.
Ich war mir noch nicht sicher, ob ich die vergangenen Erlebnisse verarbeiten konnte.
Nach einer zwanzig minütigen Fahrt erreichten wir ein weit abgelegenes Viertel, welches direkt an die Nachbarstadt Voluntari angrenzte.
Wieder stiegen wir an einem Park aus. Ich hatte heute eigentlich keine Lust mehr auf Parks, aber Vlad zog mich bereits wieder mit sich und direkt durch den Park hindurch.
Wir rannten so schnell, dass ich die Bäume um mich herum nur noch als vorbeifliegende Schatten wahrnahm.
Nach einem zehnminütigen Sprint hatten wir den Park hinter uns gelassen, waren hinter die Stadtgrenze von Voluntari gelangt und kamen schließlich vor einem stark renovierungsbedürftigen Haus in einer kleinen, dunklen Gasse zum Stehen.
Vlad schloss die Haustür auf. Es stank muffig und nach Schimmel. Die Wände waren mit Graffiti bemalt, welche zusammen mit dem abblätternden Putz auf dem Boden landeten.
Vor einer Wohnungstür im 2. Obergeschoss hielten wir an.
„Ich habe nicht aufgeräumt.“
Es war der erste Satz, der Vlad an diesem Abend zu mir sagte.
Dann stieß er die Tür auf und ging voraus. Er warf seinen Schlüssel in eine Schale auf einer Kommode, zog seine blutverschmierten Stiefel aus und stellte sie auf ein Schuhbrett im Flur.
Ich ging in einen Raum, der wohl das Wohnzimmer war. Ein schwarzes Sofa stand an der Wand. Gegenüber befanden sich ein Fernseher und eine riesige Auswahl an DVDs und Videospielen. Daneben hingen zwei E-Gitarren an der Wand.
Zwischen den zwei Fenstern stand ein Ohrensessel. Um ihn herum stapelten sich Bücher.
Die Fensterrollos waren heruntergezogen. Lediglich eine alte Stehlampe erhellte den Raum.
Ich setzte mich auf die Couch. Vlad war inzwischen auch hereingekommen und hielt mir ein großes Glas mit Blut vor die Nase.
„Es ist nicht frisch, nur Tiefkühlkost, aber besser als nichts.“
Ich nahm es dankend entgegen. Er hatte es in der Mikrowelle warm gemacht. Somit fühlte es sich fast frisch an.
Vlad ließ sich neben mich auf die Couch fallen. „Ist es mit dir immer so aufregend?“, begann er das Gespräch.
Ich wusste nicht ob ich lachen sollte. Er seufzte. „Was wollten die Typen von dir? Oder hast du dich absichtlich mit so vielen Vampiren allein anlegen wollen?“
Ich schloss die Augen. Nein, so hatte ich es mir tatsächlich nicht gedacht. Mein Plan lief irgendwie komplett aus dem Ruder.
„Ich wollte zu Elisabeth“, ich glaubte nicht, dass es ihm weiterhalf, um die Situation heute zu erklären.
„Heißt du nicht so?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Dann hast du mir einen falschen Namen genannt? Warum?“
Spöttisch hob ich eine Augenbraue. „Ich weiß nicht, sag du es mir..,‘Vlad'“, ich ahmte Gänsefüßchen mit meinen Fingern nach.
Entschuldigend grinste er.
„Schuldig. Ich heiße Ville“, grinsend schüttelte er mir die Hand.
„Tara.“
„Klingt nett.“
„Danke.“
Wir grinsten uns an.
„Dein Name klingt nicht sehr rumänisch“, stellte ich fest.
„Ich komme aus Finnland, einem kleinen Dörfchen Nahe Helsinki, um genau zu sein.“
„Und was verschlägt dich hierher? Und nach Italien?“
„Ich habe ein unendliches Leben vor mir. Ich kann doch nicht nur in Finnland hocken und warten, dass wieder ein Jahrzehnt vergeht. Ich reise durch die Welt. Verdiene mir etwas Geld als Gitarrist bei Bands“, er nickte mit dem Kopf in Richtung seiner Gitarren. „Und in der Saison gehe ich Hochseefischen und mache dort meist meinen Jahresumsatz. Davon lässt es sich sehr gut reisen.“
Seine Gesichtszüge wurden nachdenklich.
„Aber du siehst nicht aus, wie jemand, der auf der Reise ist. Mehr wie jemand auf der Suche nach etwas“, er suchte meinen Blick. „Wer ist Elisabeth? Und was hat sie mit den Typen zu tun?“
Ich blickte Ville in die Augen. Eigentlich war er mir komplett fremd, aber die letzten Stunden hatten uns zusammengeschweißt. Wir gingen einander jetzt etwas an. Daher traute ich mir ihm meine Geschichte zu erzählen…, alles…, jedes Detail.
Erstaunlicherweise hörte er mir aufmerksam zu und unterbrach mich nicht.
Als ich geendet hatte, atmete er hörbar aus.
„Das ist ja echt heftig. Du meine Güte“, er fuhr sich durch seine langen, blonden Haare.
„Da werden wir also heute Nacht wieder los machen, um nach ihr zu suchen?“
„Wir?“
„Ja, klar! Denkst du, ich lass dich allein losziehen? Nach allem was passiert ist?“
„Aber dies alles ist doch nicht dein Problem. Du hättest heute Nacht sterben können. Warum gehst du dieses Risiko ein?“
„Vielleicht kämpfe ich einfach gern“, er grinste.
„Im Ernst, warum riskierst du dein Leben wegen mir?“
„Nicht wegen dir…, eher für dich.“
Verständnislos schaute ich ihn an. „Warum?“
„Wie gesagt, ich habe ein unendliches Leben vor mir. Ich habe nichts dagegen, wenn es mal etwas aufregender wird.“
„Aber du...“.
„Ich komme mit, keine Widerrede. Damit ist das Thema jetzt durch, verstanden?!“
Ich holte noch einmal Luft, um etwas zu erwidern, aber nickte letztendlich nur. Ich konnte wirklich jede Hilfe gebrauchen.
„Jetzt ruhe dich erst einmal aus. Auch einer Vampirin verlangt so ein Kampf viel Energie ab.“
Ich nickte und streckte mich auf der Couch aus. Meine Wunden kribbelten und begannen zu heilen. Die Rippenbrüche waren fast wieder verschwunden.
Ville deckte mich zu. Natürlich ging es nicht darum mich zu wärmen, denn ich konnte nicht frieren. Aber so eingekuschelt fühlte ich mich gleich viel sicherer und geborgener.
Ich schloss meine Augen und da ich nicht mehr durch einen menschlichen Schlaf der Wirklichkeit entfliehen konnte, versuchte ich es in meinen Tagträumen.
Zarte Bande
Ein sanftes Rütteln an der Schulter holte mich aus meinen Tagträumen. Ich öffnete meine Augen und blickte in einen Ozean, in dem rote Funken wild tanzten.
Ville kniete vor mir und strich mir sanft eine rote Strähne aus dem Gesicht.
„Geht es dir etwas besser?“
Ich nickte. Meine Wunden waren geheilt. Ich war hungrig, aber fühlte mich wieder fit.
Als ob Ville meine Gedanken lesen konnte, reichte er mir ein Glas mit warmem Blut.
Ich trank es mit einem Zug aus.
„Dann bist du also bereit wieder hinauszugehen und dich erneut zu prügeln?“, er legte den Kopf schief und schmunzelte.
„Meinst du, es wird wieder nötig sein?“
Er runzelte die Stirn. „Ich frage mich schon die ganze Zeit, wieso es überhaupt dazu kommen konnte. Normalerweise weist der Gardianul - Clan jeden Neuling daraufhin, dass er sich in ihrem Jagdrevier befindet und fordert ihn auf, sich zu verziehen. Dieser Neuling kommt dieser Aufforderung meist auch nach und folglich gibt es keinen Ärger. Der Clan versucht so wenig wie möglich Aufsehen zu erregen. Darum wird jeder Kampf in der Öffentlichkeit vermieten. So etwas wie mit dir war daher etwas absolut Ungewöhnliches. Die Gardianuls haben damit so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, dass selbst einige Menschen diesen Kampf verfolgen konnten. Was hast du zu ihnen gesagt, dass sie so ausgerastet sind?“
„Ich habe gesagt, dass ich Elisabeth suche.“
„Aber davon können sie sich doch nicht so provoziert geworden sein. Was hast du denn gesagt, weswegen du sie suchst?“
„Ich habe gesagt, dass ich sie töten will.“ Als ich die Worte aussprach schaute ich ihm fest in die Augen. Ich wollte seine Reaktion sehen.
Ville schluckte schwer und nickte langsam.
„Jetzt verstehe ich es“, er traf wieder meinen Blick.
„Willst du das wirklich?“
Ich überlegte einen Moment. Ehrlich gesagt wusste ich nicht genau, was ich machen würde, wenn ich ihr gegenüberstand. Klar, ich würde versuchen aus ihr herauszubekommen, ob sie etwas über Tristan wusste. Aber was dann? Würde ich sie töten?
Ich zuckte nur mit den Schultern. Wahrscheinlich würde meine Reaktion von ihrer abhängen.
„Du sagtest, dass Menschen den Kampf mitbekommen haben. Wie haben sie reagiert? Wird davon etwas in der Zeitung stehen oder haben sie überhaupt verstanden, was da vor sich ging?“
„Sie werden es niemanden mehr erzählen können.“
Ich schaute ihn geschockt an. „Wie meinst du das?“ Nicht, dass ich es mir nicht bereits denken konnte, was er meinte, aber ich wollte es aus seinem Mund hören.
„Die Gruppe von Vampiren, die später noch hinzugekommen war, hat sich darum gekümmert. Der Guardian-Clan, der dich angegriffen hat, war nicht allein gekommen. Die andere Gruppe war die ganze Zeit im Hintergrund gewesen, um einzugreifen, sollte der Clan Unterstützung brauchen und um den Schauplatz sauber zu halten…, beziehungsweise von Zeugen zu säubern. Niemand von den Menschen, die euch gesehen haben, hat diese Nacht überlebt.“
Diese Wahrheit traf mich wie ein Schlag in die Magengrube. Das hatte ich nicht gewollt. Meine Suche nach Elisabeth hatte die ersten Opfer gekostet. Doch, dass sich darunter unschuldige Menschen befanden, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren, hatte ich nie einkalkuliert.
Sollte sich so meine Suche weiterhin gestalten? Sollten noch mehr wegen mir sterben?
Ich strich mir durch meine Haare und kämpfte mit den Tränen.
Ville setzte sich neben mich und nahm mich in seine Arme. Ich atmete den Duft seiner Haare ein. Sie rochen nach Holz und Zitrus.
Zärtlich wischte er mir eine Träne von der Wange, nahm mein Gesicht zwischen seine Hände und schaute mir tief in die Augen.
„Es ist nicht deine Schuld, ok? Der Gardianul - Clan und seine Anhänger sind grausam. Sie sind einer der grausamsten Vampirgruppen, denen ich je begegnet bin. Es war ihre Entscheidung dich anzugreifen, ihre Entscheidung die Menschen zu töten. Es trifft dich nicht die geringste Schuld, hast du mich verstanden?“
Ich nickte. Was hätte ich auch anderes tun sollen? Seine meeresblauen Augen, in denen man nur versinken konnte, ließen keine andere Antwort zu.
„Was bedeutet dieses Gardianul eigentlich? Wer ist dieser Clan?“
„Gardianul bedeutet 'Hüter'. Sie betrachten sich als die Beschützer unserer Art. Sie sehen sich als den Menschen überlegen an. Der Clan tut alles dafür, die Existenz der Vampire geheim zu halten. Gleichzeitig morden sie nach Herzenslust, denn Menschen sind für sie ausschließlich Nahrungsspender. Wobei sich einige von ihnen auch durchaus fleischliches Vergnügen mit Menschen erlauben. Es gibt jedoch auch ähnliche Clans wie die Gardianuls, die selbst dies untersagen. Für sie ist es eine Abnormalität, wenn Vampire und Menschen sexuell miteinander verkehren. Da für sie Menschen nur Nahrung sind, empfinden sie eine solche Tat genauso abartig, wie die Menschen, wenn sich welche von ihnen sexuell an Tieren vergreifen. Jedenfalls haben dich die Gardianuls als Eindringling in ihr Revier empfunden und wollten dich lediglich darauf hinweisen, bevor sie den Grund deines Auftauchens erfuhren.“
„Gehörst du auch zu ihnen oder warum warst du dort, wenn nur Clanmitglieder sich da aufhalten dürfen?“
„Nein, ich hatte mich in der Nähe des Clubs mit einer Band getroffen, die auf Rumänientour gehen wollte und noch einen Gitarristen suchte, da ihrer krank geworden war. Danach verspürte ich noch einen Hunger und wollte in dem Club sozusagen zu Abend essen“, er zwinkerte mir zu. „Leider hatte ich die legendäre Mitternachtsimbissshow verpasst.“
Also waren diese „Sunglasses at night“-Minuten tatsächlich Tradition. Wahnsinn, dass dort routinemäßig sich Vampire auf diese Art ernähren konnten.
„Darum war ich in den Park gegangen und hoffte, dort noch einen Snack zu finden. Dann sah ich euren Kampf und erkannte dich in dem Moment wieder, als dich Alexandru nach oben hob.“
„Und dann kamst du mir zur Hilfe. Aber warum?“
„Ich wusste, dass du keine Chance hattest. Selbst wenn du allein mit den Clanmitgliedern fertig geworden wärst, so hättest du die Gruppe von Vampiren, die im Hintergrund wartete, niemals überlebt.“
„Aber wir hätten auch zusammen keine Chance gegen sie gehabt. Warum bist du trotzdem dazu gekommen?“
Ville zuckte mit den Schultern. „Ich habe nicht überlegt, ich habe es einfach getan. Und ich würde es immer wieder tun“, er schenkte mir ein breites Lächeln.
Kopfschüttelnd lächelte ich ihn ebenfalls an. „Das ist eine lobenswerte Einstellung für heute Abend“, neckte ich ihn und boxte ihn spaßeshalber in die Schulter.
„Vielleicht könnten wir trotzdem nicht sofort erwähnen, dass du Elisabeth töten möchtest, um wenigstens eine kleine Überlebenschance zu haben?“
„Ach, das wäre doch langweilig“, zog ich ihn auf.
Er grinste mich schelmisch an. „Na, dann los!“
Wir fuhren mit dem Taxi in mein Hotel, damit ich mich frisch machen und umziehen konnte. Meine Kleidung war noch blutverschmiert. So wollte ich keinesfalls heute Abend ausgehen.
„Wenn du nichts dagegen hast, würde ich heute einen Ort aussuchen, an dem du garantiert welche von Elisabeths Gefolge treffen kannst“, rief mir Ville durch die Badezimmertür durch.
Das machte Sinn. Er war ein Vampir und kannte sich hier bereits bestens aus. Ville wurde für mich immer wertvoller bei meiner Suche nach Elisabeth. Doch welchen Nutzen hatte er davon? Ich wurde aus ihm noch nicht schlau. Aber ich vertraute ihm.
„Wohin willst du?“
„Es ist eine Nachtbar in der Nähe vom Parcul Operei.“
Na toll, noch ein Park. „Wieso ist hier alles in der Nähe von Parks?“
„Naja, man kann dort als Vampir sich sehr gut unbeobachtet ernähren.“
Ja, das machte Sinn. Aber man konnte dort offensichtlich auch sehr gut angegriffen werden.
Ich entschied mich für eine Lederhose und ein schwarzes Neckholder-Lacktop, welches am Rücken lediglich mit drei Riemen zusammengehalten wurde. Meine langen, roten Haare hatte ich leicht gewellt.
Als ich fertig gestylt vor Ville trat, wurden seine Augen immer größer. Anerkennend stieß er einen kurzen Pfiff aus.
„WOW, du siehst echt… WOW“, er schluckte.
„Danke“, grinste ich.
„Lass uns lieber schnell gehen“, riss er seinen Blick von mir und hielt mir die Tür auf.
Um jeden Preis
Mit dem Taxi fuhren wir zu der Nachtbar. Sie lag unauffällig im Souterrain einer Häuserreihe. Eine ausgetretene Treppe führte hinunter zum Eingang der Bar.
Die Tür stand bereits offen. Eine Luft, vollgesogen mit Zigarettenqualm und Wodka, quellte uns entgegen.
Von einem kleinen Vorraum, der von einem Zigaretten-automaten dominiert wurde, gelangte man in den Barraum. Rechts erstreckte sich eine lange, dunkel-holzige Bar mit wenigen Barhockern. Gegenüber standen kleine runde Tische mit jeweils drei Stühlen.
Wir gingen den schmalen Gang zwischen Bar und den Tischen entlang. Der Raum öffnete sich nach diesem Bereich in einen größeren, quadratischen Tanzflur. Von diesem gingen links und rechts ebenfalls zwei schmale Gänge mit kleinen, runden Tischen ab. Wir gingen in den linken Gang und setzten uns an den zweiten Tisch.
Als die Kellnerin an unseren Tisch kam, bedeutete Ville ihr, sich zu ihm herunter zu beugen. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie verschwand und kurz darauf mit zwei schwarzen Bechern wieder auftauchte, welche sie vor uns abstellte.
Der Duft von frischem Blut drang mir in die Nase. Fragend schaute ich Ville an. Der grinste nur.
„Der Service hier ist unübertroffen in Bukarest.“
Mit dieser Antwort wollte ich mich noch nicht zufriedengeben, was Ville bemerkte. Also erklärte er weiter: „Diese Bar wird von einem Vampir geführt. Ja, er gehört auch dem Gardianul-Clan an. Seine Kellnerinnen sind alle Prostituierte. Entweder bestellst du bei ihnen einen Becher Blut, wie ich es tat, oder du bedienst dich direkt von ihnen. Dazu musst du jedoch einen der Räume am Ende der Gänge aufsuchen. Dort kannst du natürlich auch andere Dinge mit ihnen anstellen. Das Betreten dieser Räume ist für menschliche Gäste jedoch verboten.“
Also ich musste sagen, dass die Welt der Vampire, wie ich sie nun zum ersten Mal kennenlernte, nicht gerade die schönste war. Mit Tristan war alles so romantisch gewesen. Jetzt wirkte es kalt, blutrünstig und pornografisch. Es ging nur um Blut trinken, Morden und Sex. Gab es denn hier überhaupt keine Liebe?
„Gibt es auch Pärchen unter den Vampiren hier?“
„Ein paar wenige. Sie sind eher eine Seltenheit. Auf Grund unserer ewigen Lebenserwartung macht eine feste Bindung wenig Sinn. Es ist unwahrscheinlich für ewig mit einem einzigen Vampir verkehren zu wollen. Aus diesem Grund gibt es zwar immer einmal wieder Partnerschaften, die mehrere Jahrzehnte oder sogar auch mal ein paar Jahrhunderte anhalten können, doch meist wächst bei beiden dann die Lust auf etwas Neues. Hier in Bukarest hat eigentlich jeder einmal mit jedem, wenn du verstehst, was ich meine.“
Das waren ja keine rosigen Aussichten für Tristan und mich. Zwar hielt seine Liebe zu mir auch bereits seit Jahrhunderten. Doch hatte er mich in dieser langen Zeit stets nur wenige Monate begleiten können. Vielleicht würde seine Liebe zu mir ebenfalls nachlassen, wenn er mich fortan Jahrzehnte um Jahrzehnte täglich haben konnte? Eine schreckliche Vorstellung.
Wir nippten an unserem Blut, während sich die Bar füllte. Die ersten Gäste eroberten die Tanzfläche. Die Musik war gut. Das meiste war aus den 80ern.
Gegen Mitternacht mischten sich unter die Menschen nach und nach Vampire. Misstrauisch beäugten sie mich, als würde auf meiner Stirn „Achtung, Neugeborene“ prangen.
Nervös rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Würden sie mich hier auch auffordern mit in den Park zu kommen, um kein Aufsehen zu erregen?
Ich musste nicht lange auf eine Antwort warten. Keine fünf Minuten später kam ein Vampir an unseren Tisch. Es war kein geringerer als Herr Arroganz persönlich, der Typ aus dem Swingerclub.
„Na, hey! Wir kennen uns doch. Wolltest du mich doch wiedersehen?“
Sein Hochmut war ungetrübt. Ich rollte genervt mit den Augen. Doch auch dies schreckte ihn nicht ab. Unbeeindruckt davon, dass ich mit Ville zusammensaß, strich er mir mit seinem Zeigefinger über meine Wange und über meine Lippen.
„Hübsch siehst du heute wieder aus. Wenngleich auch leider etwas zugeknöpfter als beim letzten Mal“, er grinste dreckig. Ville zog fragend eine Augenbraue hoch.
„Du musst mit mir in den Park kommen“, bestimmte der Typ.
„Das wird das letzte sein, was mir in den Sinn kommt“, gab ich schnippisch zurück.
Der Typ lachte. „Das war keine Bitte. Du bist hier nicht nur mir aufgefallen, meine Süße. Einige aus dem Clan wollen sich mit dir unterhalten.“
Du meine Güte, was hatten die nur alle mit mir.
„Warum?“, wollte ich wissen.
„Das werden sie dir dann schon sagen. Ich bin nur der Überbringer der Nachricht.“
„Wenn sie mit mir reden wollen, müssen sie sich schon selbst herbemühen, um mich zu bitten“, so leicht ließ ich mich nicht einschüchtern.
Villes Augen wurden immer größer. Wahrscheinlich begrub er gerade seine Hoffnung auf einen ruhigen Abend.
„Du bist noch genauso störrisch, wie beim letzten Mal. Das macht mich unglaublich scharf. Ich hoffe, der Clan lässt von dir noch etwas übrig, an dem ich mich dann vergehen darf.“
Angewidert verzog ich den Mund. Noch bevor ich etwas sagen konnte, kam ein zweiter Vampir zu uns an den Tisch.
„Lucian, was ist los? Du sollst dich nicht mit ihr unterhalten, sondern sie mitbringen.“
Ah, Lucian. So hieß der Typ also.
„Und wer bist du?“, wollte ich wissen.
Der neue Vampir blickte mich böse an, wie ich es wagen konnte, auf diese Art mit ihm zu sprechen. Dennoch ließ er sich zu einer Antwort herab.
„Du hattest gestern einen Kampf mit einigen von uns. Wir möchten noch einmal mit dir reden.“
„Es gibt nichts, worüber ich mit euch reden müsste.“
Der Typ kämpfte zusehends um seine Beherrschung.
„Mag sein, dass du nicht mit uns reden willst. Doch es gibt jemanden, mit dem du dich bestimmt unterhalten möchtest. Suchtest du hier nicht nach einer gewissen Person..., einer Elisabeth?“
Damit hatte er mich. Als ich meine Augen aufriss, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Wusste ich es doch, dass dich das interessiert. Sie wartet im Park auf dich. Also los.“
„Woher wissen wir, dass dies keine Falle ist?“, schaltete Ville sich ein, der bis dahin schweigend alles verfolgt hatte.
„Da werdet ihr mir einfach vertrauen müssen.“
Na super, von Vertrauen konnte hier niemand reden. Aber ich musste es riskieren. Die Chance mit Elisabeth sprechen zu können, durfte ich mir nicht entgehen lassen. Selbst wenn ich dabei in eine Falle tappte.
„Du musst nicht mitkommen, Ville, du…“.
„Auf keinen Fall, ich komme mit!“
Mit diesen Worten sprang Ville bereits auf. Mich überkam jetzt schon ein schlechtes Gewissen für den Fall, dass dieser Ausflug wieder in einem Kampf enden würde.
Lucian strich mir mit seiner Hand über meinen Po, als ich aufstand und nach draußen ging. Ich schlug sie weg, worauf er leise lachte. Sein Duft kribbelte mich in der Nase. Wenn er doch wenigstens nicht so verflucht gut aussehen würde.
Doch für diese Gedanken hatte ich jetzt keine Zeit. Uns stand wahrscheinlich ein Kampf bevor, bei dem ich nicht wusste, ob wir ihn überleben konnten.
Als wir im Park ankamen, wurden wir in eine abgelegene Ecke geführt, die vom Weg aus kaum einsehbar war.
Dort warteten ungefähr zehn Vampire auf uns. Zwei von ihnen erkannte ich von gestern wieder. Der Anführer war jedoch nicht dabei. Dafür trat ein anderer aus der Gruppe hervor, der dem Anführer von gestern in Nichts nachstand. Von Elisabeth sah ich keine Spur.
Mist! War ich doch in eine Falle getappt?
„Liebe Tara“, begann der neue Anführer zu sprechen. Warum konnten die alle deutsch?
„Mir ist zu Ohren gekommen, dass du dich in unsere schöne Stadt begeben hast, um unsere...“, er sah sich in der Runde um. „...ja, man kann schon sagen, 'Schwester' Elisabeth zu besuchen.“
Ich hörte ausnahmsweise auf Villes Ratschlag und nickte daher nur.
„Doch mir kam außerdem zu Ohren, dass du sie nicht nur treffen möchtest, sondern auch… töten magst. Ist dies richtig?“
Anstatt eine Antwort zu geben, starrte ich den Kerl nur an.
Er schien auch keine Antwort zu gebrauchen, denn er redete weiter. Die Frage war also eher rhetorisch gemeint.
„Du wirst verstehen, dass wir unsere Schwester nicht einfach so hergeben möchten. Wir lieben sie und möchten nur ihr Bestes. Da stehen deine Tötungsabsichten in absolutem Widerspruch zu unseren Interessen. Wie können wir also alle glücklich werden?“
Ich ging davon aus, dass auch diese Frage nur rhetorisch gemeint war und blieb daher still. Ich lag damit richtig.
„Wir haben uns alle Gedanken gemacht und möchten dir daher nun folgendes anbieten: Elisabeth wartet hier im Park. Du darfst mit ihr reden, aber nur innerhalb dieses Kreises und nur, während wir dich festhalten dürfen.“ Er blickte zu Ville und dann wieder zu mir. „Das Gleiche gilt auch für deinen... Kumpanen“, er wedelte mit seiner Hand abfällig in Villes Richtung.
Ich überlegte kurz. Mir blieb keine andere Wahl, als auf ihr Angebot einzugehen, wenn ich mit Elisabeth reden wollte und dies wollte ich, mehr als alles andere!
Ich vermied es Ville anzuschauen, der scheinbar gerade leicht mit dem Kopf schüttelte, so wie es mir aus dem Augenwinkel erschien. Schnell willigte ich nickend in das Angebot des Anführers ein.
Dieser begann selbstgefällig zu grinsen und winkte einen seiner Anhänger heran. Er wies ihn an, Elisabeth zu holen. Bereits in der nächsten Sekunde wurden Ville und ich ergriffen. Je zwei Mann hielten uns fest, während unsere Arme auf dem Rücken gedreht wurden.
Stolz hielt ich meinen Kopf aufrecht ohne den Blick vom Anführer abzuwenden. Er hob eine Augenbraue und drehte sich in Richtung leiser, herannahender Schritte um.
Dann sah ich sie. Elisabeth. Sie sah genauso aus, wie damals, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Damals vor sieben Jahren, als sie mich im Schnee liegen ließ, als sie mich verletzte, damit mich Tristan töten würde.
In mir wuchs unbändige Wut. Ich versuchte sie schmerzhaft herunterzuschlucken. Wenn ich jetzt ausrastete, würde ich nie eine Antwort von ihr bekommen.
Süffisant lächelnd trat sie vor mich. Anstatt etwas zu sagen, verpasste sie mir eine schallende Ohrfeige.
Sprachlos schaute ich sie an. Dann stellte sie sich vor mich hin.
„Das ist das geringste, was ich jemandem geben kann, der mich töten möchte“, lächelte sie eisig.
Obwohl ich nun selbst ein Vampir war, wirkte sie nach wie vor beängstigend auf mich.
„Streng genommen hast du mich zuerst getötet“, gab ich zwischen zusammengebissenen Zähnen zurück. Krampfhaft versuchte ich meine Wut im Zaum zu halten.
„Das kann man sehen, wie man möchte. Ich verstehe, dass du es so sehen willst, weil du deinen geliebten Tristan nicht verantwortlich machen möchtest für eine Tat, die er wahrhaft zum dritten Mal begangen hat“, sie grinste mich triumphierend an.
„Tja, nur hast du dennoch versagt. Ich lebe nun für ewig“, ich funkelte sie hämisch an.
Ihre Gesichtszüge verhärteten sich, eh sie wieder giftig zu grinsen begann.
„Das werden wir heute Nacht ja noch sehen.“
Ich spürte, wie Ville neben mir zusammenzuckte. Jedoch ließ ich mich nicht von ihren Worten beeindrucken und begann nun endlich mit dem Thema, weswegen ich hier war.
„Was weißt du über Tristans derzeitigen Aufenthaltsort? Hast du ihn wieder in irgendeine Gruft gesperrt?“, ich konnte nicht anders. Ich hasste diese Vampirfrau so abgrundtief.
Ein Schmunzeln umspielte Elisabeths Mundwinkel.
„Es tut mir leid, Tara. Leider hat er sich nach dem Mord an dir nicht bei mir gemeldet. Ich hatte es ehrlich gesagt auch nicht erwartet. Vielleicht hat er nun doch seine einstigen Pläne umgesetzt und sich in einen Vulkan gestürzt?“