Kitabı oku: «Rosaleen Norton», sayfa 7

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Auktionen und Erinnerungen

Rosaleen Norton war gegangen, aber mit Sicherheit nicht vergessen. Es gab nach ihrem Tod sofort Bemühungen, eine große Sammlung ihrer Gemälde zu auktionieren, welche bisher eingelagert und nur sehr wenigen Menschen bekannt waren. Der Mann hinter diesen Bemühungen war Don Deaton, ein Druckmacher, der auch mehrere Pubs und Hotels besaß, in denen Roies Werke über die Jahre hinweg gezeigt worden waren.

Die Verbindung von Roie und Deaton lag schon mehrere Jahre zurück. Deaton war der Besitzer des Hotels Manly und des Prince of Wales in Haymarket und auch Inhaber eines Pubs in Collector am Federal Highway nördlich von Canberra. Roie ging regelmäßig in den Prince of Wales und bezahlte ihre Gin Tonics mit Gemälden. Als das Apollyon-Café in Kings Cross im Jahre 1970 zum Abriss freigegeben wurde, um Platz für die neue Autobahn in die östlichen Vorstädte zu machen, fragte Roie Deaton, ob er die Gemälde, die im Café ausgestellt wurden, an sich nehmen und sie im Keller des Prince of Wales einlagern würde. Alle Gemälde, die auf der Auktion präsentiert wurden, gehörten zu dieser Sammlung. Deaton behauptete später, die Gemälde wären kraft einer Vereinbarung mit Roie sein Eigentum – etwas, das von Roies Schwester Cecily stark bestritten wurde. Sie glaubte, dass die Gemälde als Roies nächster Verwandte nun ihr gehörten.

Im Februar 1981 erschienen Anzeigen in mehreren Tageszeitungen Sydneys, die eine Kunstauktion im Wentworth Hotel ankündigten. Unter den Hammer sollten am 2. März sollten Werke wie Changing Times von Sali Herman, Bomboro Castle von Sir Arthur Streeton, Wimmera Landscape von Arthur Boyd und zwölf Werke von Rosaleen Norton gehen. Darunter waren Masque of Eidolons, eine Zeichnung, die in dem Buch The Art of Rosaleen Norton veröffentlich worden war, ein großes und farbenfrohes Ölgemälde mit dem Titel Devil Worship, und weniger wichtige Werke wie The Rabbit und The Gomblins. Nur wenige dieser Gemälde wurden auf der Wentworth-Auktion auch verkauft, und man konnte sie erst nahezu zwei Jahre später in Wally Glovers Neuveröffentlichung des Buches The Art of Rosaleen Norton wiederfinden.

Wally Glover hatte sich schon lange von der Tätigkeit als Redakteur der Pastrycook Review zurückgezogen, doch trotz der Anzeige wegen Obszönität, die seine finanzielle Pleite in den 1950er Jahren verursacht hatte, hegte er den innigen Wunsch, das Buch noch einmal neu zu verlegen. Dieses Mal war das Glück auf seiner Seite. Er konnte im Mai 1981 die Urheberrechte für Rosaleens Gemälde von seinem Konkursverwalter zurückerhalten, was zeitlich mit einer Unfallregresszahlung an ihn in Höhe von 11 000 Pfund zusammenfiel. Wally wusste, dass er nun genug Geld zur Verfügung hatte, um das Buch als Faksimile neu herauszugeben.

Wally kontaktierte mich etwa zu dieser Zeit. In Australien war gerade ein Buch über das Okkulte mit dem Titel Other Temples, Other Gods erschienen, an dem ich als Co-Autor mitgewirkt hatte, und so beauftragte er mich, eine Einleitung für die neue Ausgabe des Werks zu verfassen. Abgesehen von vier neuen Farbabbildungen und der neuen Einleitung, würde The Art of Rosaleen Norton in demselben Format wie die Ausgabe aus dem Jahre 1952 wiederveröffentlicht werden. Dieses Mal würde es 1000 Exemplare für den allgemeinen Buchhandel und eine limitierte Auflage von Exemplaren in rotem Leder für Sammler geben. Es schien unwahrscheinlich, dass es dieses Mal Anzeigen wegen Obszönität geben würde und man hoffte, nun keine Abbildungen im Buch mehr schwärzen zu müssen. Die Publikation konnte unter minimaler Anstrengung vonstattengehen.

Zuvor hatte Wally Glover Don Deaton vorgeschlagen, eine Auswahl von Rosaleens Werken in einer Galerie auszustellen und damit die Veröffentlichung der Faksimile-Ausgabe zu begleiten. So veranstaltete Deaton vom 1. bis 7. Oktober 1982 eine Ausstellung in der Galerie im ersten Stock des Exiles Bookshop unweit des Taylor Square. Diese Ausstellung hatte es sich zum Zweck gemacht, die verbleibenden Gemälde in einer „langsamen Auktion“ zu veräußern. Besucher, welche die Absicht hatten zu kaufen, wurden gebeten, die von ihnen ausgewählten Gemälde anzuzeigen und ein Höchstgebot für das jeweilige Werk abzugeben. Deaton würde dann später die erfolgreichen Bieter über ihre Käufe informieren.

Nur wenige der 37 ausgestellten Werke verrieten die Kunstfertigkeit von Roies frühen Gemälden und Zeichnungen. Die Sammlung enthielt unter anderem The Cauldrons, Asmodeus, Dionysus, The Bells, ein großes Werk, das The Seance genannt wurde, und ein seltsames und eher amateurhaftes Gemälde mit dem Titel Fur Fur the Storm Demon. Wie sich später herausstellte, gingen die Gemälde nicht an einzelne Käufer, sondern an einen Sammler namens Jack Parker, der sie alle zusammen für 5000 Pfund kaufte. Wie Deaton war auch Parker im Hotelgewerbe tätig und beanspruchte Rosaleens Werke, um sie in seinem Southern Cross Hotel in St. Peters, einem Industrievorort im Süden Sydneys auszustellen. Doch die Gemälde gefielen den Gästen seines Hotels nicht sehr. In einem Interview, das am 22. Dezember 1984 im Daily Telegraph abgedruckt wurde, berichtete Parker, dass zwei Drittel seiner Gäste, zumeist LKW-Fahrer, keinen Hehl daraus machten, dass sie die Werke hassten. Parker verkaufte die Gemälde dann an einen privaten Käufer weiter.

Während Parkers Sammlung zum größten Teil aus geringer wertigen oder schlecht ausgeführten Werken bestand – die Sorte Gemälde, die Roie hastig fertigstellte, um ein bisschen Geld extra zu verdienen – lieferte eine neue Veröffentlichung, die etwa zur selben Zeit schien, als Parker seine Sammlung veräußerte, einen klaren Hinweis auf die wirklichen Fähigkeiten Roies als Künstlerin.

Im Jahre 1984 brachte Wally Glover ein Werk heraus, dem er den Titel A Supplement to The Art of Rosaleen Norton gab. Diese kleine Ausgabe mit Spiralbindung und Farbabbildungen, deren Exemplare einzeln auf cremefarbenen Kunstpapier gedruckt wurden, ist sehr interessant, da es Reproduktionen von 19 Werken enthält, die im Jahre 1949 an der University of Melbourne gezeigt worden waren. Zur Zeit der Faksimile-Publikation im Jahre 1982 waren viele dieser Gemälde noch unbekannt. Jedoch hatte Wally Glover nach einem Radio-Interview den Brief einer gewissen Mrs. Y. Raphael-Oeser erhalten, deren verstorbener Mann zur Zeit der Ausstellung an der Universität dort Professor für Psychologie gewesen war. Glücklicherweise waren damals viele von Roies Originalen als Farbdiapositive fotografiert worden, sodass eine qualitativ hochwertige Reproduktion der Gemälde möglich war. Diese Werke stellten die Hauptattraktion des neuen Buches dar.

Es schien so, als wäre die Geschichte Rosaleen Nortons mit der zweiten Publikation von Wally Glover abgeschlossen gewesen. Doch es sollte nach ihrem Tod noch zwei bedeutsame Ereignisse geben – die Bühnenaufführung eines kurzen Zweiakters, der auf Roies Leben beruhte und der vorzeitige Tod von Gavin Greenlees.

Im Dezember 1982 erhielt ich einen Anruf von Wally Glover. Er erzählte mir, dass bald ein Theaterstück mit dem Titel Rosaleen – Böse Hexe aus dem Cross im Tom Mann Theater in Sydney uraufgeführt werden würde. Es wäre von Barry Lowe geschrieben worden, Regie würde Roddie Thomas von der Hullabaloo Theatre Company führen. Jane Parker würde Rosaleen und Alan Archer Pan spielen.

Durch die Einladung zur Uraufführung bekam ich die Gelegenheit, Gavin Greenlees das erste Mal persönlich zu treffen. Es war ihm kurz zuvor gestattet worden, das Alma Mater Heim in Kensington zu verlassen und so konnte er nun mit Wally zusammen zum ersten Mal sich selbst auf der Bühne sehen. Wally Glover wurde von Peter Laurence und Gavin von Christopher Lyons gespielt.

Leider wies das Stück selbst alle Schwächen einer Amateur-Produktion auf – es war nicht überzeugend gespielt und erntete keine guten Kritiken. Dennoch aber hatte es den Versuch unternommen, Rosaleen einfühlsam als ein „Opfer einer Zeit“ zu porträtieren, „in der keine Hoffnung darauf bestand, dass ihr Lebensstil verstanden werden würde.“ Der Inhalt des Stückes verdeutlichte auch, dass das Skript zwar auf dem Leben Rosaleen Nortons und der Epoche, in der sie wirkte, beruhte, „einige Episoden ihres Lebens allerdings mit einiger dichterischen Freiheit dargestellt wurden und wohl keine Absicht bestand, ein im strikten Sinne des Wortes faktisches Stück darzubieten.“34

Wally Glover, der stets ein jovialer Typ war, schien sich über das Theaterstück sehr zu amüsieren, während es für Gavin etwas darstellte, das zu seiner fernen und oft schmerzhaften Vergangenheit gehörte. Schwach und mitgenommen von den vielen Jahren, die er in Krankenhäusern und psychiatrischen Einrichtungen zugebracht hatte, war Gavin über Roies Tod erschüttert und so am Boden zerstört, dass er nicht in der Lage gewesen war, zu ihrer Beerdigung zu gehen. Obgleich er immer noch Roies Schwester Cecily ab und zu sah, erzeugte der Verlust von Roie selbst eine große Leere in seinem Leben.

Glücklicherweise hatte er andere Dinge, die ihn zeitweilig von seiner Niedergeschlagenheit ablenkten. Er erzählte mir, dass seine Hauptinteressen nun im Schreiben eines Romans und dem Enthusiasmus für europäische Literatur bestanden und er sich auch auf eine Reise nach Deutschland vorbereitete, zusammen mit seinem Sprachlehrer. Doch wie sich schließlich herausstellte, reichten seine Interessen nicht aus, um ihn psychisch zu halten.

Ich sah Gavin nicht wieder, erfuhr aber von seinem Tod noch im selben Jahr, wie die meisten anderen Leute auch aus der Tageszeitung. Gavin war aus Deutschland zurückgekehrt und hatte in einer Wohnung in Woolahra, einem Vorort von Sydney gelebt. Sein Körper wurde über einem Tisch gefunden, kollabiert neben einer Suppenschüssel. Die Polizei, die den Todesfall untersuchte, sagte, es gäbe dabei keine verdächtigen Umstände. Gavin war erst 54 Jahre alt und sein Todestag der 5. Dezember 1983 – auf den Tag genau vier Jahre nach dem Tod von Rosaleen Norton.


Untitled – von der Titelseite des Buches The Art of Rosaleen Norton


KAPITEL ZWEI

Begegnungen im Magischen Universum

Ihr ganzes Leben lang behauptete Rosaleen Norton hartnäckig, dass sie als Hexe geboren worden und im wesentlichen Autodidakt war. In einer Reihe informativer, autobiographischer Artikel, die Mitte der 1950er Jahre1 veröffentlicht wurden, beschrieb sie, wie es dazu kam: „Wenn du eine Hexe bist, muss dir niemand etwas beibringen. In meinem Fall kam es natürlich, und niemand musste mir etwas lehren.“ Als sie später in einem Interview gefragt wurde, ob sie ein „Teufelszeichen“ an ihrem Körper trüge – als „Beweis“ dafür, dass sie eine authentische Hexe war – bestätigte Norton, dass sie einige ungewöhnliche Körpermerkmale hätte, die sie mit ihrer Identität als Hexe in Verbindung bringen würde: „Meine körperlichen Auffälligkeiten sind ein Paar unnatürlicher Muskeln (die von den Achseln auf beiden Seiten bis zum Beckenknochen hinunterreichen), die ein Mensch normalerweise nicht hat“ und „eine seltene atavistische Formung der oberen Ohrenpartie, die „Darwins Spitze“ genannt wird. Sie bezog sich zudem auf „zwei kleine blaue Flecke auf ihrem linken Knie, welche zu den traditionellen Hexenzeichen gehörten“, sowie auf ihre „gleichsam katzenhafte Sehkraft – schärfer und klarer bei abgedunkeltem als hellem Licht.“ In einer ihrer Artikel mit dem Titel „I was born a Witch“ („Ich wurde als Hexe geboren„), erwähnt Norton, dass die zwei deutlich sichtbaren, blauen Flecken plötzlich auftauchten, als sie noch ein Kind war:

Mit sieben Jahren erschienen plötzlich zwei kleine blaue Flecken dicht nebeneinander auf meinem linken Knie, und dort sind sie noch heute. Später hab ich erfahren, dass zwei (oder manchmal drei) blaue oder rote Flecken zusammen auf der Haut als traditionelle Hexenzeichen gelten. Obwohl ich das natürlich damals nicht wusste, erinnere ich mich daran, dass sie mir auffielen, als wir in Australien ankamen und ich mich darüber wunderte, was sie wohl bedeuten würden; sie schienen auf eine Weise wichtig, die ich nicht definieren konnte.2

Hexen und übernatürliche Themen wurden für die junge Rosaleen zur Normalität. In der vierten Schulklasse entwickelte sie eine Vorliebe für Dracula und spielte eine Titelrolle in einem improvisierten Stück über den berühmten Vampir. Gehüllt in Tafellappen und mit geöffneten Regenschirmen, die ihr als Flügel dienten, gab Norton mehrere geistreiche Vorstellungen, die schließlich aber von einer erzürnten Klassenlehrerin beendet wurden. Sie behauptete, Rosaleens Schreie „Gebt mir Blut zu trinken“ würden die Internatsschüler vom Essen abhalten! Doch für die junge Rosaleen war die Gestalt Draculas sowohl dramatisch also auch provokativ – genau das, was man brauchte, um die Mitschüler auf der exklusiven Mädchenschule der Church of England aufzuwühlen. Ihre Vorliebe für Vampire und für Dracula im Besonderen reflektierte ihre sich sehr schnell entwickelnde Faszination für alle heidnischen Dinge, und schon bald würde sie einen weiteren Schritt auf diesem Weg gehen. Als Rosaleen die alte griechische Mythologie erforschte, stieß sie auf die uralte Gottheit namens Pan – Gott der wilden, ungezähmten Kräfte der Natur. Für sie persönlich war die Entdeckung Pans von größter Bedeutung. Rosaleens Sichtweise der äußeren Welt – eine Sichtweise, die sehr schnell über die Grenzen ihrer exklusiven anglikanischen Erziehung hinaus reichen würde – sollte danach nie mehr dieselbe sein.

In der klassischen griechischen Mythologie wurde Pan entweder als der Sohn des Hermes und der Nymphe Dryope oder als Abkömmling von Zeus und Callisto gedacht. Pan war teilweise Mensch, teilweise Ziegenbock und wurde mit Hörnern, Schwanz, Hinter- und Vorderhufen eines Bockes, sowie mit einer flachen Stupsnase und Bart dargestellt. Manchmal wurde er mit Eselsohren, einem Symbol scharfer Wahrnehmung, abgebildet. Die Musik und den Tanz liebend, wurde Pan mit Hirten und dem Wald assoziiert und besaß prophetische Kräfte. Da der Wald des Nachts als ein Ort der Furcht galt und Pan oft unachtsamen Reisenden Schrecken einflößte, ging aus dem Namen Pan die Vorstellung von „Panik“ oder „Aufgeregtheit“ hervor. Pan selbst wurde als unberechenbar, lasziv und lüstern beschrieben. Seine charakteristische Hirten- oder Panflöte, die laut der Mythologie seine eigene Erfindung war, wurde aus sieben Rohren hergestellt und als Syrinx bezeichnet. Pans Name bedeutet wörtlich „alles“, und dem philosophischen und religiösen Konzept des Pantheismus (abgeleitet von einer Kombination des griechischen pan = alles, und theos = Gott) liegt die Vorstellung zugrunde, das Universum als Ganzes sei göttlicher Natur und dass es keine andere Gottheit als dieses Universum und die Natur geben würde.3

Einem Artikel zufolge, der im Squire im April 1965 veröffentlicht wurde, fiel Nortons tiefe emotionale Bindung zu dem alten griechischen Gott Pan zeitlich mit der Ablehnung des christlichen Glaubens ihrer Familie und besonders des Wunsches ihrer Eltern, sie solle im Alter von 12 Jahren im anglikanischen Glauben „konfirmiert“ werden, zusammen. Nortons Interesse an der mythischen Gestalt des Pan führte wiederum zu improvisierten magischen Ritualen:

Sie begann mehr als nur ein flüchtiges Interesse an Pan zu entwickeln … der gehörnte griechische Gott, der halb Mensch, halb Ziegenbock war, und der die meiste Zeit damit verbrachte, auf den grünen Wiesen Arkadiens junge Nymphen zu schwängern. Dieses Interesse, generiert von der Verwirrtheit, welche die Pubertät mit sich bringt und angeheizt durch Roies innere Rebellion, wurde zu einem Fetisch. Sie dachte sich Rituale zur Verehrung Pans aus, benutzte Roben, chinesische Räucherstäbchen und Wein, den sie aus einem Vorratslager ihrer Eltern abzweigte. Zu dieser Zeit war ihr die wirkliche Bedeutung der hellen blauen Flecken, die vor wenigen Jahren so geheimnisvoll auf ihrem Knie erschienen waren, noch nicht bekannt. Sie lehnte das Christentum vollkommen ab, ihre Religion war der Pantheismus … die Identifizierung Gottes mit allem, was existiert …. Roie glaubte, dass alle Dinge gleichermaßen eine Manifestation ihres Gottes – oder besser ihrer Götter – seien, da sie ihre Gottheit in mehrere Götter unterteilte. Diese sind satanische Geistwesen, die sich ihr gegenüber in der klassisch satyrhaften Gestalt manifestierten. „Ich sehe sie oft“, sagte sie dem Squire.4

Norton gab uns auch einen Bericht über ihren Glauben an Pan in einem autobiographischen Artikel, der im Januar 1957 in der Australasian Post erschien:

Einige okkulte Theorien gehen davon aus, dass die Sterne und Planeten die Körper großer Lebewesen sind, und das denke ich auch. Ich denke, der Gott Pan ist der Geist, dessen Körper – oder das, was davon in diesen vier Dimensionen (die vierte Dimension ist die Zeit) erkannt werden kann – der Planet Erde, und welcher, in einem sehr realen Sinne der Herrscher und Gott dieser Welt ist. Vielleicht ist das der Grund, warum man ihm den Namen ‚Pan’ gab, das Wort, das im Griechischen „alles“ bedeutet, denn er ist die Gesamtheit des Lebens, der Elemente und der Lebensformen – organisch, ‚anorganisch’, etc., eben den Planeten als Ganzes umfassend: So wie ein Tierkörper die Gesamtheit seiner Myriaden von Zellen, Bakterien, etc. darstellt, in dessen geordnetem Ganzen alles lebt und funktioniert, und die Dinge ihre eigene ‚Intelligenz’ und spezifische Wahrnehmung besitzen. Solch ein Körper würde für jeden seiner Mikroorganismen die ‚Welt’ schlechthin sein, das integrierte Bewusstsein des eigentlichen Körper-Inhabers aber würde in einer anderen ‚Welt’ und auf einer anderen Existenzebene als dieser existieren.5

In diesem besonderen Artikel spekulierte Norton auch über die Natur dieses metaphysischen Wesens, das ihrer Ansicht nach über die Welt herrschte:

Wenn ein Mensch mit einer seiner Körperzellen auf dessen eigener Existenzebene kommunizieren könnte, würde diese Zelle auf die ihre spezifische Erkenntnisweise ihren ‚Gott’ erkennen. Um ihn zu sehen wie er selbst ist, d. h. als ein Mensch, müsste das Zellbewusstsein wie das des Menschen werden, und zwar in einer Welt außerhalb all dessen, was innerhalb ihres gesamten eigenen Erfahrungshorizontes liegt. Natürlich ist das nur eine Parallele und sollte nicht als exaktes Gleichnis verstanden werden: Ein Gott ist natürlich eine ganz andere Form des Lebens, schließt andere Gesetze und Dimensionen mit ein und könnte sich (soweit ich weiß) an mehreren Orten und in mehreren Formen gleichzeitig manifestieren und zwar gegenüber jenen, die Teil von ihm oder von anderen sind, ohne dabei irgendeine Ebene seines multiplen Bewusstseins und seiner Aktivitäten an einem anderen Ort zu stören.6


The Blueprint, ein Bild von Pan aus den 1940er Jahren

Nortons Kosmologie basiert auf dem Verständnis, dass die Natur und der Kosmos Inbegriffe des Heiligen sind. Die Göttlichkeit wird in eine Anzahl von Göttern und Göttinnen aufgeteilt und diese herrschenden Gottheiten – angeführt von Pan – können in mehr als einer Dimension der Realität existieren und funktionieren. Nortons Vorstellung von der Hierarchie der Geister, die von Pan angeführt werden – ‚dessen Körper die Erde ist’ – erinnert an die alten gnostischen Archonten, von denen angenommen wurde, sie würden unterschiedliche Regionen des Himmels regieren, während sie ihre Herrschaft über die Erde innehalten.7 Archonten waren himmlische Herrscher – „Torwächter“, die den Zugang zu den höheren Sphären bewachten – und ihre Kräfte transzendierten und umfassten alle Aspekte menschlichen Handelns. In Nortons Vorstellung entsprach Pan der Gesamtheit menschlicher Erfahrung und Existenz – sie dehnte diesen Einflussbereich sogar noch aus, sodass er für sie schließlich die Gesamtheit oder den „Urgrund“ allen Seins umfasste. In einem gewissen Sinne verkörperte und repräsentierte Pan für sie die entferntesten Bereiche des geheiligten Universums – und dehnte sich in alle Himmelsrichtungen bis in die Unendlichkeit aus. Es ist umso bemerkenswerter, dass Norton dieses Konzept des Gottes Pan zu entwickeln begann, als sie noch in der Pubertät war. Für sie führte dies zur Ausbildung eines instinktiven Wunsches nach Ritualen als emotionale und verehrende Antwort auf die mysteriösen Mächte, die sie zu umgeben schienen und welche verlangten, dass sie ihre kindlichen Frivolitäten gegen eine ernsthafte und respektvolle heidnische Verehrung eintauschen sollte:

Wenn das Königreich Pans immer mit mir war, dann war es zumeist im Hintergrund gewesen, überlagert von dem, was Realität genannt wird. Jetzt hatte es begonnen aus der Tiefe aufzusteigen und diese Realität zu durchdringen. Das Bewusstsein dafür, dass diese öde Kindheitswelt nicht wirklich eine Rolle spielte, wurde immer stärker und stärker, weil es die Essenz all dessen war, was mein innerstes Wesen ansprach: Die Nacht und wilde Dinge und Geheimnisse, Stürme, bei mir selbst und frei von anderen Menschen zu sein. Die Ahnung von einem tief verborgenen Wissen, das sich an der Rückseite des Bewusstseins bemerkbar macht; und das durch und durch existierende Gefühl, dass es ein geheimes, bewusstes Leben gibt, welches eine Allianz mit mir eingegangen war, aber das andere Menschen nicht wahrnahmen oder vor dem sie sich fürchteten, weil es nicht menschlich war.

So galt mein erster Akt zeremonieller Magie dem gehörnten Gott, dessen Flöten Magie und Mysterium symbolisieren und dessen Hörner und Hufe für die Energien der Natur und eine leichtfüßige Freiheit stehen: Dieser Ritus war auch gleichzeitig mein Treueschwur und meine Konfirmation als Hexe. Ich erinnere mich gut an meine Gefühle dabei, sie haben noch heute Gültigkeit: Wenn Pan der ‚Teufel’. (der fröhliche Bocksgott entstammt wahrscheinlich orthodoxen Vorstellungen) ist, dann bin ich wirklich eine ‚Teufels-Verehrerin’.8

Norton zeigt an dieser Stelle, dass sie ihren Intuitionen auch als Erwachsene noch vertraut und ihren Geist den wilden Kräften der Natur öffnet. Vielleicht als Vorahnung ihrer entstehenden Verbundenheit mit den ketzerischen Mächten der Magie fühlt sie bereits, dass sie sich auf einem Pfad begab, der sie in das Reich eines „tiefen verborgenen Wissens“ führen würde. Sie stand vor einer Art von Einweihung in Geheimnisse und Mysterien und wusste sogar schon als Jugendliche, dass sie sich jenseits der Grenzen konventioneller Religion begab. Sie war bereit, Pan anzuerkennen, der von anderen – darunter die „orthodoxeren“ christlichen Mitglieder ihrer Familie und ihres sozialen Umfelds – sehr wahrscheinlich als die Inkarnation des Teufels angesehen werden würde.

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