Kitabı oku: «Er ging voraus nach Lhasa», sayfa 2
Sven Hedins schmaler Band Drei Jahre im innersten Asien, in dem der Forscher berichtet, wie er als Pilger verkleidet das „verbotene“ Land bereiste, erschien bei Westermann in der Reihe wissenschaftlicher Volksbücher und dürfte vor dem Ersten Weltkrieg zum Bestand praktisch jeder deutschen und österreichischen Schulbibliothek gehört haben. Herausgeber war der bekannte Bremer Reformpädagoge Fritz Gansberg. Sein Vorwort wird womöglich in manchem phantasiebegabten Jugendlichen den Wunsch geweckt haben, einmal Ähnliches zu leisten:
„Unerforschte Länder zu bereisen und in wegloser, einsamer Wildnis ganz auf sich gestellt zu sein, das ist von jeher kühnen, tatkräftigen Männern als verlockendes Ziel erschienen. Sie fühlen sich wundersam erhoben in dem Gedanken, über Berge und Hochländer zu wandern, die vor ihnen noch keines Menschen Fuß betrat, und Flüsse und Seen zu befahren, die weder einen Herrn noch überhaupt einen Namen haben. Der Wind flüstert ihnen ins Ohr, dass dieser Fluss hier viele tausend Jahre nur auf sie gewartet habe, um sie auf seinem Rücken in wunderbare Fernen zu tragen, flüstert ihnen zu, dass diese unendliche, leere todbringende Ebene nur dem gehöre, der sich aus Eigenem in ihr behaupten könne. Aber es ist doch noch ein anderes großes Ziel, das unsere Forschungsreisenden in die Ferne lockt; es handelt sich ja für sie vor allem darum, unser Wissen von der Erde zu vermehren und von den durchreisten Ländern genaue Karten zu entwerfen; und damit dienen sie dem allgemeinen Wohl und allen denen, die später einmal dieselben Gegenden bereisen müssen. […] Der erste Reisende ist der Pfadfinder, der Held, der Ländereroberer. Er muss alles, so weit menschliche Voraussicht denken kann, vorbereiten; er muss sich die besten Hilfskräfte, die besten Instrumente und den besten Vorrat wählen; er muss sich an die Strapazen des Naturlebens beizeiten gewöhnen und muss sich alle Erfahrungen früherer Forschungsreisender zunutze machen. Aber wenn das alles geschehen ist, so müssen auch die Zweifel schweigen; nun vorwärts mit voller Kraft! Denn dem Mutigen gehört die Welt!“26
Es ist nicht nachweisbar, aber höchstwahrscheinlich, dass auch Peter Aufschnaiter dies gelesen hat. Fest steht jedoch, dass er sich den Geist, der aus diesen Zeilen spricht, zu eigen gemacht und sich die Fähigkeiten systematisch angeeignet hat, die laut Gansberg Voraussetzung sind für die von ihm beschriebene Forschertätigkeit.
Als Gymnasiast erwarb sich Peter Aufschnaiter hervorragende Kenntnisse im Englischen und Italienischen. Nach Aussage seiner Freunde begann er bereits während der Gymnasialzeit auch mit dem Studium der indischen Sprache Hindi, des Nepali und des Tibetischen.
Durch den „großdeutschen“ Geist des Kitzbüheler Turnvereins geprägt, trat Peter Aufschnaiter der völkisch orientierten Jungburschenschaft (JB) Germania Kufstein bei, zu deren „Alten Herren“ auch der aus Würzburg stammende „Kaiserpapst“ Franz Nieberl zählte.27 Es ist anzunehmen, dass der körperlich gewandte Schüler mit diesem bewunderten Vorbild und renommierten Bergsteiger seine ersten richtigen Klettertouren im Wilden Kaiser unternommen hat.
Inzwischen war drüben in Kitzbühel Aufschnaiters väterlicher Freund und Sponsor Franz Reisch in schlimme kommunalpolitische Turbulenzen geraten. Sein einst untrüglicher Instinkt scheint Reisch nach fast zehnjähriger erfolgreicher Amtszeit im Stich gelassen zu haben. Er sah jetzt nicht mehr den Wintersport als Zugpferd der touristischen Entwicklung an, sondern wollte Kitzbühel nach dem Vorbild von Davos zu einem Kurort für die Oberschicht machen. Als der erfolgsgewohnte Bürgermeister seine Pläne nicht gegen den Widerstand im Gemeinderat durchboxen konnte, legte er sein Amt im Sommer 1913 verbittert nieder.
Am Horizont der Geschichte braute sich inzwischen Unheil zusammen. Das mit der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn verbündete Deutsche Reich hatte sich durch sein politisch ungeschicktes Verhalten isoliert. Während Frankreich und Großbritannien mit Abschluss der Entente im Jahr 1904 ihre kolonialen Streitigkeiten beigelegt und sich drei Jahre später mit Russland im Mittleren Osten geeinigt hatten, wurde die aufstrebende Großmacht Deutschland von den Entente-Mächten zunehmend als Störenfried empfunden. Beide Seiten trafen ihre Vorbereitungen für einen militärischen Konflikt. Am 28. Juni 1914 erschoss ein serbischer Fanatiker in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau. Obwohl die Regierung Serbiens einem österreichischen Ultimatum – das fast unannehmbare Forderungen enthielt – weitestgehend nachkam, scheiterten die britischen und deutschen Vermittlungsbemühungen. Österreichs Kriegserklärung an Serbien am 28. Juli setzte einen fatalen Automatismus in Gang: Russland reagierte mit der Mobilmachung gegen Österreich, darauf erklärten die Deutschen den Russen den Krieg; die ausweichende Antwort der mit ihnen verbündeten Franzosen wurde von Berlin prompt mit einer Kriegserklärung quittiert. Während die Deutschen ihren von dem verstorbenen Generalstabschef Schlieffen in seinen Grundprinzipien entwickelten Präventivschlag ausführten, zogen die österreichischen Truppen gegen Serbien und Russland ins Feld.
Der junge Peter Aufschnaiter (2. v. r.) als Kaiserjäger an der Presanella-Front.
Weder im Westen noch im Osten verlief der Kriegsauftakt plangemäß für die Mittelmächte. Der deutsche Vormarsch kam Anfang September 1914 an der Marne zum Stillstand. Auf dem Balkan fiel es den Österreichern unvorhergesehen schwer, mit der relativ kleinen serbischen Armee fertig zu werden, und in Galizien war Russland in der Offensive. Als Italien am 23. Mai 1915 Österreich-Ungarn den Krieg erklärte, hatte der bereits mobilisierte Teil der österreichischen Armee alle Hände voll zu tun, die Russen in den Karpaten abzuwehren. Deshalb wurden am 18. Mai die Tiroler Standschützen alarmiert, die gemeinsam mit dem Deutschen Alpenkorps eilig die strategisch wichtigsten Positionen der Gebirgsfront zwischen den Karawanken und dem Ortler besetzten.
Am 3. März 1917 erhielt Peter Aufschnaiter „wegen Einrückens zum Militärdienst ein vorzeitiges Versetzungszeugnis“ mit einem Notendurchschnitt von 1,0 und der Anmerkung „Zum Aufsteigen in die nächste Klasse vorzüglich geeignet“28. Am 10. März wurde der Gymnasiast zum k. u. k. 1. Regiment der Tiroler Kaiserjäger einberufen und an der Dolomitenfront im Abschnitt Brenta-Adamello stationiert.29
Um den Tonale-Pass nördlich des Adamello-Massivs wurde zwischen den österreichischen und italienischen Hochgebirgstruppen jahrelang erbittert gekämpft. Denn wer den Tonale beherrschte, konnte auch problemlos durch das Val di Sole das Etschtal erreichen und nach Bozen vordringen. Noch im August 1918 erfolgte ein erbitterter italienischer Großangriff gegen den Tonale-Pass und die benachbarten Gipfelgebiete. Die Alpini besetzten die Punta San Matteo (3684 m), den Monte Mantello (3537 m) und den Gletschergipfel (3502 m). Dies bedeutete höchste Gefahr für die österreichischen Frontabschnitte. In einem gewagten Stoßtruppunternehmen gelang es den Österreichern, die dominierende Punta San Matteo zurückzuerobern. Es war der höchstgelegene Kampfplatz des Ersten Weltkriegs und die letzte siegreiche Kampfhandlung der kaiserlichen Armee. Am Ausgang des Krieges änderte die Eroberung der Punta San Matteo aber nichts.
Bis ans bittere Ende harrten die österreichischen Truppen in ihren Stellungen am Tonale-Pass aus. Mit dem Eintreten eines zwischen Österreich und Italien vereinbarten Waffenstillstands legten sie am 3. November die Waffen nieder. Die Tiroler Kaiserschützen zogen – von ihren italienischen Gegnern begleitet – noch unter Waffen hinunter durchs Val di Sole. Erst im Tal gaben die österreichischen Soldaten ihre Gewehre ab und ließen sich gefangen nehmen.30 Unter ihnen auch der Zugführer Peter Aufschnaiter, dessen 19. Geburtstag auch sein vorerst letzter Tag in Freiheit gewesen war.
Wie es Peter Aufschnaiter als Kriegsgefangener in Riva am Gardasee ergangen ist, schildert er anschaulich in einem Brief an seine Ziehschwester Maria Stranitzer, die sich in Branzoll aufhielt:
Liebste Schwester! | Riva, den 4. Juni 1919 |
Schon längere Zeit ist verstrichen, seit ich von daheim und von Dir die erste Post bekam. Seitdem langte nichts mehr ein. Nach Österreich braucht halt die Post noch immer sehr lange. Im Übrigen hoffe ich aber jetzt zuversichtlich, nach Hause zu kommen, denn der Friede wird jetzt doch bald abgeschlossen sein. Vor einigen Tagen sind übrigens schon die ersten Befehle gekommen betreffend unserer Heimkehr. Wie gefällt es Dir sonst in „Italia“? Ich denke, es wird so ziemlich gleich sein, nur mehr zu essen halt. Mir geht es jetzt ganz gut, aber trotzdem habe ich keinen sehnlicheren Wunsch, als endlich einmal heimzukommen. Im Anfange allerdings hat es mir nicht so gut gefallen, denn ich hatte die Hoffnung, jemals die Heimat wiederzuschauen, ziemlich aufgegeben, da ich eine schwere Krankheit durchmachte und dadurch sehr geschwächt wurde, dass ich Monate nachher mich kaum aufrecht zu halten vermochte, da ich nie genügend Nahrung bekam, um mich zu erholen.31 Erst in der allerletzten Zeit habe ich mich einigermaßen wieder erholen können, sodass ich jetzt wieder ganz gut ausschaue. Über das Essen könnte man sich hier nicht beklagen. Darum schauen wir auch jetzt alle gut aus, während uns allen, als wir hierherkamen, der Tod bei den Augen herausschaute. So sagen die Italiener hier immer. Nur zu rauchen kann man hier beinahe nichts bekommen. Da müsste man einer „Signorina“ bekannt sein, was aber einem armen, „prigioniero“, wie ich bin, nicht möglich ist, da er immer hinter einem Drahtverhau eingesperrt ist. Wir hatten nämlich Pech. In derselben Kaserne, in der wir uns befinden, ist auch eine ungarische Zenturie, die früher ganz freien Ausgang hatte. Sie haben aber so schreckliche Dinge ausgeführt, dass sie so eingesperrt wurden und wir natürlich auch darunter leiden. Die Gegend ist hier prächtig und immer eine frische, kühle Seeluft.
Dass mir nicht früher eingefallen ist, Dir zu schreiben, kommt daher, weil ich immer glaubte, Du seiest nicht mehr in Branzoll. Denn gerade von Branzoll hat mir einer erzählt, dass dort beim Rückzuge die Ungarn so schrecklich gehaust hätten. Wenn ich Dir früher geschrieben hätte, hätte ich mir viel schrecklichen Hunger ersparen können. Ich bitte Dich daher, wenigstens für diese kurze Zeit noch diese Vermittlerrolle zu übernehmen und mir etwa 40–50 Lire zu schicken. In der sicheren Annahme, dass Du mir die Bitte nicht abschlagen werdest, habe ich die Mutter schon gebeten, Dir diesen Betrag zu senden. Besuchen kann ich Dich leider nicht, wie Du ja jetzt selbst sehen wirst. Du würdest mich vielleicht anfangs gar nicht erkennen, denn ich bin in nagelneue italienische Montur gekleidet. In der Hoffnung, bald wieder einige lb. Zeilen von Dir zu bekommen, sendet Dir die herzlichsten Grüße
Dein dankbarer Peter32
Wenige Wochen später, am 15. August 1919, wurde Peter Aufschnaiter in Innsbruck der Heimkehrer-Entlassungsschein ausgestellt.33 Er erhielt 50 Kronen Kostgeld und eine Fahrkarte nach Kitzbühel. Die Bevölkerung dort stand unter Schockstarre. Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn hatte aufgehört zu existieren. Am 28. Oktober 1918 hatte sich Tschechien abgelöst und einen eigenen Staat gegründet. Tags darauf folgten bereits weitere Nationen wie Kroatien und Slowenien. Am 30. Oktober wurde in den deutschsprachigen Gebieten der Staat Deutschösterreich gegründet und der Sozialdemokrat Karl Renner zum Staatskanzler ernannt. Schließlich wurde am 3. November von Österreich und Ungarn die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet, die am Folgetag in Kraft trat. Italien besetzte daraufhin neben Südtirol auch Triest und das österreichische Küstenland.
Peter Aufschnaiter (links) vor der Matura-Prüfung am Realgymnasium Kufstein.
Wirtschaftlich ging es dem einstmals aufblühenden Fremdenverkehrsort Kitzbühel inzwischen alles andere als gut. Die von Reisch initiierten Investitionen hatten zu einer starken Verschuldung der Gemeinde geführt. Aufgrund des kriegsbedingten Ausbleibens in- und ausländischer Gäste konnten die Zinsbelastungen nicht durch Einnahmen ausgeglichen werden. Besonders der Bau einer Badeanstalt am Rande des Ortes und der dadurch notwendige Ausbau des Elektrizitätswerks hatte die Gemeinde viel Geld gekostet, den Bürgermeister lokalpolitisch stark unter Druck gebracht und letztlich zum Rücktritt veranlasst. Der Krieg führte dann zum Konkurs seiner Brauerei, und das Sporthotel wurde als Lazarett genutzt. Diese Misserfolge nagten an dem ehemals unverwüstlich scheinenden Mann.
Der kollektiven Depression in seinem Umfeld zum Trotz verfolgte Peter Aufschnaiter weiter zielbewusst den von ihm eingeschlagenen Weg. Vom 29. bis 31. Oktober 1919 legte er am Reform-Realgymnasium Kufstein die Reifeprüfung ab – wie zu erwarten „mit Auszeichnung“34 – und immatrikulierte sich am 5. Dezember 1919 in der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck.35
Die Weihnachtstage verbrachte Aufschnaiter in Kitzbühel im Kreise der Familie und Freunde und stieg am 6. Januar 1920 zusammen mit seinem Freund Ernst Reisch und dessen Vater mit Skiern auf den Hahnenkamm. Was dann geschah, lassen wir uns am besten von einem Zeitzeugen berichten, dem Kitzbüheler Lokalhistoriker, Bauerngelehrten und sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Hans Filzer:
„Am Dreikönigstage gegen Abend eilte die Kunde durch unser Städtchen, der Realitätenbesitzer Altbürgermeister Herr Reisch sei bei einer Skiabfahrt tödlich verunglückt. Die genauere Feststellung ergab jedoch, dass kein tödlicher Sturz oder Anprall vorlag, sondern ihn während der Fahrt ein Schlagfluss ereilte. Mit Herrn Reisch tritt ein Mann aus dem Leben, der in Kitzbühel gewaltig umgestaltend wirkte. Die Anerkennung für diese Umgestaltung steht aber seit einer Reihe von Jahren oftmals in einer sehr bösen Kritik.
Noch nie hat bisher ein Mann in Kitzbühel eine solche bauliche Umgestaltung in so kurzer Zeit ins Leben gerufen oder gefördert, das ganze Geschäftsleben in eine völlig geänderte Situation hinübergeführt, sich mit all seinem Können für ein Vorhaben derart eingesetzt. Sicher würde vieles anders dastehen, hätte Herr Reisch nie in unserer Mitte gelebt, aber ebenso sicher wären wir trotzdem in dies Fahrwasser gelangt, denn in Kitzbühel drängten die Verhältnisse noch viel mehr als in anderen Ortschaften darauf hin, eine neue Erwerbsquelle ausfindig zu machen. Die Frage ist nur die, ob dieser Übergang ohne die zielbewusste Führung dieses Mannes besser gelungen wäre. […]
Meinen [sozialdemokratischen] Parteigenossen, die ihm mitunter auch wegen seiner alldeutschen Allüren gram waren, möchte ich sagen: Wer nichts unternimmt, mag leicht der gute Mann sein, im Zahnrad unseres wirtschaftlichen Lebens verbleibt er aber eine Null ohne jede Bedeutung, und nur im Kopfe des Toren ist der ein Mann, dessen Schaffen stets mit Erfolg gekrönt ist.“36
Dass diese Würdigung des visionären Unternehmers und Lokalpolitikers aus der Feder eines erklärten politischen Gegners stammt, unterstreicht umso mehr die Bedeutung von Franz Reisch für den Aufstieg des verarmten Bergbaustädtchens Kitzbühel zu einer der ersten Adressen im alpenländischen Tourismus. Sein geistiger Ziehsohn Peter Aufschnaiter hatte als Schüler und Soldat alles getan, um die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Wir können davon ausgehen, dass der grundanständige Franz Reisch mit seiner begeisterten Tatkraft, mit seiner Weltoffenheit und dem klaren Blick für das Notwendige und Mögliche dem „Peterl“ sein ganzes Leben lang Vorbild geblieben ist.
ANMERKUNGEN
1Vgl. Hans Wirtenberger: Viel zu elegant für Kitzbühel, Kitzbüheler Heimatblätter, 1993 Nr. 2, S. 101–102. Wido Sieberer (Hg.): Kitzbühels Weg ins 20. Jahrhundert. Von Landwirtschaft und Bergbau zu Sommerfrische und Wintersport, Kitzbühel 1999, S. 12–17.
2Vgl. ebd.
3Vgl. E-Mail von Hans Wirtenberger an den Verfasser vom 20. 02. 2018.
4Vgl. Hundert Jahre „Skibürgermeister“ Franz Reisch, 1. Fortsetzung. Kitzbüheler Anzeiger 19. 10. 1963, S. 3–4, 3.
5Vgl. Wido Sieberer (Hg.): Kitzbühels Weg ins 20. Jahrhundert, Kitzbühel 1999, S. 14.
6http://www.skikitz.org/ksc/geschichte/mit-dem-schi-aufs-horn-1893/ abgerufen am 25. 08. 2015.
7Kitzbüheler Bezirks-Bote, 16. 03. 1902, ohne Seitenangabe.
8Vgl. E-Mail von Dr. Wido Sieberer an den Verfasser vom 19. 02. 2018.
9Vgl. 100 Jahre Volksschulgebäude, Sonderausgabe von Stadt Kitzbühel Nr. 6/2007, S. 5–6, 14–15.
10Vgl. ebd., S. 8 oben.
11Vgl. Auszug aus dem Taufbuch der Kirchengemeinde Kitzbühel, Tiroler Landesarchiv https://apps.tirol.gv.at/bildarchiv/#1512408899364_19.
12Vgl. E-Mail von Hans Wirtenberger an den Autor vom 22. 02. 2018.
13http://www.skikitz.org/ksc/geschichte/mit-dem-schi-aufs-horn-1893/ abgerufen am 25. 08. 2015.
14Hundert Jahre „Skibürgermeister“ Franz Reisch, 3. Fortsetzung. Kitzbüheler Anzeiger 02. 11. 1963, S. 3–4, 3.
15Kitzbüheler Bezirks-Bote 20. 06. 1899, S. 4.
16http://volksliedarchiv.de/text3868.html abgerufen am 25. 08. 2015.
17Vgl. Zeugnis Peter Aufschnaiter Schuljahr 1905/1906 der Volksschule Kitzbühel, Archiv Volksschule Kitzbühel.
18Vgl. Zeugnis Peter Aufschnaiter Schuljahr 1906/1907 der Volksschule Kitzbühel, Archiv Volksschule Kitzbühel.
19Vgl. Zeugnis Peter Aufschnaiter Schuljahr 1908/1909 der Volksschule Kitzbühel, Archiv Volksschule Kitzbühel.
20Herbert Rosendorfer: Autobiographisches: Kindheit in Kitzbühel und andere Geschichten, München 2001, S. 42.
21Vgl. Martin Brauen (Hg.): Peter Aufschnaiter – Sein Leben in Tibet, Innsbruck 1983, S. 14.
22Vgl. Zeugnis Peter Aufschnaiter Jahrgang 1915/1916 des Reform-Realgymnasiums Kufstein, Stadtarchiv Kitzbühel, Personenakte Peter Aufschnaiter.
23Vgl. Peter Aufschnaiters Brief an Sven Hedin vom 08. 09. 1947, abgedruckt in: Martin Brauen (Hg.), Peter Aufschnaiter – Sein Leben in Tibet, Innsbruck 1983, S. 87.
24Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Sven_Hedin abgerufen am 22. 01. 2016.
25Vgl. ebd.
26Fritz Gansberg: Vorwort (1912) zu: Sven Hedin, Drei Jahre im innersten Asien, Braunschweig und Hamburg, 1921, S. 5–7, 5/6.
27Vgl. Acta Studentica, 37. Jg. Juni 2006 Folge 156, S. 15.
28Zeugnis Peter Aufschnaiter 1916/1917 des Reform-Realgymnasiums Kufstein, Stadtarchiv Kitzbühel, Personenakte Peter Aufschnaiter.
29Vgl. Martin Brauen (Hg.): Peter Aufschnaiter – Sein Leben in Tibet, Innsbruck 1983, S. 14.
30Vgl. Heinz von Lichem: Der einsame Krieg, Bozen 1988, S. 226–232 und 246.
31Aufschnaiter war an der nach dem Ersten Weltkrieg grassierenden „Spanischen Grippe“ erkrankt. Anm. NM.
32Stadtarchiv Kitzbühel, Personenakte Peter Aufschnaiter.
33Heimkehrer-Entlassungsschein, Stadtarchiv Kitzbühel, Personenakte Peter Aufschnaiter.
34Reifezeugnis, Stadtarchiv Kitzbühel, Personenakte Peter Aufschnaiter.
35Matrikelschein in der Personenakte Aufschnaiter, Stadtarchiv Kitzbühel, Personenakte Peter Aufschnaiter.
36Hundert Jahre „Skibürgermeister“ Franz Reisch, 1. Fortsetzung. Kitzbüheler Anzeiger 19. 10. 1963, S. 3–4, 4.
KAPITEL 2
FREUNDE FÜRS LEBEN
Wir wissen nicht, warum Peter Aufschnaiter sein Studium an der Universität Innsbruck nach rund einem Jahr abbrach. Wir wissen aber, dass er sich während des Sommersemesters 1921 und in den anschließenden Ferien ausgiebig dem Bergsteigen widmete: Zwischen dem 15. Mai und dem 22. August finden wir allein im Hüttenbuch der südlich des Ellmauer Tors im Wilden Kaiser gelegenen Gaudeamushütte nicht weniger als zwölf Eintragungen des bergfleißigen Philologie-Studenten.
Wir wissen natürlich auch, mit wem Peterl im Kaiser unterwegs war. Meistens war das der aus Innsbruck stammende und seit 1920 in Kitzbühel ansässige Rechtsanwalt Dr. Otto Zimmeter. Bis zur Abschaffung des Adels in der Republik Österreich im Jahr 1919 hatte seine Familie von Zimmeter-Treuherz geheißen. Weitere Bergkameraden waren der Saalfelder AV-Sektionsvorsitzende und Notar Dr. Fritz Rigele sowie der spätere langjährige Rektor der Kitzbüheler Volksschule Michael („Much“) Wieser. Die Bergfreunde waren nicht nur allesamt verdiente Weltkriegsveteranen, die an der Alpenfront gekämpft hatten, sondern sie teilten auch die großdeutsche Gesinnung.
Die ausgeführten Bergfahrten lassen auf eine steil ansteigende Leistungskurve des alpin ambitionierten Studenten schließen, die am 21. August ihren Höhepunkt fand in einer Begehung der renommierten Dülfer-Führe durch die Fleischbank-Ostwand, gemeinsam mit dem Kufsteiner Ausnahmekletterer Franz Weinberger.
Ermutigt durch den Erfolg, versuchte sich Peter Aufschnaiter wenige Wochen später zusammen mit seinem Freund Otto Zimmeter nochmal an diesem Markstein der klettersportlichen Entwicklung. In einem Artikel schilderte der Rechtsanwalt anschaulich, wie es ihnen dabei ergangen ist:
„An einem strahlenden Septembermorgen gingen mein lieber Freund Peter Aufschnaiter und ich die Fleischbank-Ostwand an. Frohgemut kletterten wir darauf los, benützten aber gewissenhaft die vorhandenen Sicherungshaken, die in genügender Anzahl im Fels staken; denn gottlob hatte schon seit geraumer Zeit kein Hakenmarder mehr in der Wand gehaust. Leichtfüßig übertanzten wir die beiden Quergänge, die anstrengende Kaminreihe überlisteten wir in feiner Kletterei an der rechtseitigen Wand, dann kam der hübsche Gang um den Pfeiler und nun standen wir am unteren Ende der bekanntanstrengenden Schlussrisse. […]
Sie beginnen mit einer plattigen Steilrampe; knapp rechts von ihr ist eine mannshohe schwarze Höhle in die Wand geschnitten. Peterl stieg die Rampe hinan; die musste aber ekelhaft schwer sein; denn es schien, als ob er überhaupt nicht vom Fleck käme. Endlich hatte er sie hinter sich und befand sich nun genau oberhalb der Höhle; ich stieg nach; bei Gott, diese Stelle hatte sich gewaschen; die war wirklich bluthart und fürchterlich kraftraubend! Da setzte nun ein schwefelgelber Riss an, der wenig vertrauenserweckend aussah und weiter oben in der Wand versickerte. Ich stand auf einem handtellergroßen Plätzchen; zu meinen Füßen stak ein alter verrosteter Dülferhaken, wohl ein getreuer Zeuge jener berühmten Neufahrt durch Dülfer und Schaarschmidt. Durch einen Schnappring verband ich Haken und Seil und Peterl hing sich an den Riss wie ein Hetzhund an seine Beute. Er verklemmte seinen rechten Fuß ganz verzweifelt in dem Riss, schob sich mühsam und vorsichtig empor und keuchte dabei vor Anstrengung wie eine schadhafte Dampfmaschine. Bald kam er zu einem Felsnagel, der wie ein fauler Zahn wackelte; Peterl gab ihm zwar ein paar wuchtige Hammerschläge auf den Schädel; das nutzte aber auch nicht besonders viel; er kettete das Seil durch einen Federring an den Haken und kletterte wieder weiter. Peter war am oberen Rissende angelangt und musste nun mit weit ausgestrecktem Arm nach links hinüberlangen, um dort einen Griff zu erreichen und sich mit seiner Hilfe aus dem Riss nach links auf kletterbaren Fels hinüberzuschwingen. Ehedem schlug er aber zur Sicherung noch einen Felsnagel und hakte ein. Ich folgte seinem Tun mit gespanntester Aufmerksamkeit. Er befand sich jetzt ungefähr 20 Meter fast senkrecht über meinem Standplatz und langte nun hinüber nach links zu jenem Felszacken, der den Schlüssel zum Weiterweg bedeutet.
Plötzlich stieß sich Peterl mit einem sehr unstandesgemäßen Fluch von der senkrechten Wand weg und sauste auch schon vollkommen lautlos mit unglaublicher Geschwindigkeit knapp neben mir vorbei in die Tiefe. Mein erster Gedanke war: Wenn nur das Seil und die drei Haken halten, sonst liegen wir alle beide in wenigen Sekunden drunten in der Steinernen Rinne! Ich riss das Seil ein wie ein Verrückter. Die beiden oberen Haken wurden durch die fürchterliche Wucht des Sturzes aus der Wand gerissen, als wenn sie in Butter gesteckt hätten. Doch, Gott sei’s gedankt, der ehrwürdige Dülferhaken hielt. Er war eisenhart mit dem Berg verwachsen und hielt treu und fest wie dieser.
Als ich glaubte, dass der Sturz bald beendet war, hielt ich das Seil mit der übermenschlichen Kraft des Verzweifelten; blutige Hautfetzen flogen aus den Handflächen, doch mich beherrschte nur der einzige Gedanke: Nur das Seil nicht auslassen! Endlich hatte ich die Gewalt des Sturzes gebrochen, ich war Herr des Seiles geworden und fühlte, dass mein Freund frei schwebte; durch eine Kette unerhörter Glücksfälle war Peter gerade in die Höhle rechts der Rampe hineingependelt; er hatte sich dabei allerdings den Fuß schwer verletzt und seinen Schädel tüchtig angehaut, dass ein Teil der Rampe wie die richtige Fleischbank eines Metzgers aussah; er redete auch, als ich mich voll Angst um sein Schicksal zu ihm hinuntergeseilt hatte, allerhand irrsinniges Zeug daher, doch ich war heilfroh und dankte dem Himmel, dass ich ihn lebend antraf. […]
Wie ich dann um Hilfe schrie und gehört wurde, wie uns noch in später Abendstunde der Oberländer Dr. Hamm von der Steinernen Rinne aus Rettung für morgen früh versprach und uns dadurch das Warten zu einem aufregenden Erlebnis machte, wie wir mitten in der Fleischbank-Ostwand eine zwar bitterkalte, aber hochromantische, mondscheinumglänzte Beiwacht hielten und dabei wie die Murmeltiere schliefen, wie uns dann die wackere Kufsteiner Rettungsmannschaft mit ihrem Obmann Klammer an der Spitze aus den Felsen holte und dabei alles wie am Schnürchen ging, wie ich noch einen Morgenbummel über die Karlspitze machte, wie mir dann am Ellmauertor durch den Stripsenjochwirt mit einer Flasche Schnaps, die ich vor Freude und Durst unsinnigerweise über den Kopf austrank, der bisher größte Rausch meines Lebens angehängt wurde, sodass ich auf Grutten den Fernsprecher nicht mehr bedienen konnte – das soll alles nur nebenbei gesagt sein!“1
Wir können also davon ausgehen, dass Peter Aufschnaiter im Herbst 1921 mit einigen Kopfblessuren sein Studium der Landwirtschaft an der Technischen Hochschule München antrat. Den im Programm der Technischen Hochschule des Jahres 1921/22 enthaltenen dringenden Rat, „vor Beginn des Hochschulstudiums sich längere Zeit in der Landwirtschaft praktisch auszubilden“, hatte der lädierte Studienanfänger in den Wind geschlagen.2 Dies dürfte eine entschuldbare Unterlassung gewesen sein; denn am Beginn des agrarwissenschaftlichen Studiums an der Technischen Hochschule München stand damals die Aneignung der theoretischen Grundlagen im Vordergrund: „Da bei einem großen Teil der Fächer des Landwirtschaftsstudiums und seiner Grund- und Hilfswissenschaften im Winterhalbjahre mit den grundlegenden Vorlesungen begonnen wird und das Sommerhalbjahr auf das im Winter gewonnene Wissen aufbaut, so ist das Studium im Winterhalbjahr zu beginnen.“3 Den Weg von seiner Studentenbude in der Adelgundenstraße 10 im Stadtteil Lehel zur rund zweieinhalb Kilometer entfernten Hochschule legte Peter Aufschnaiter wohl auf dem Fahrrad zurück, um dann von der Luisenstraße einige Treppenstufen zu ersteigen und weiter in den Hörsaal zu humpeln.
Ziemlich sicher ist auch, dass der Studienanfänger nach dem erlittenen Schaden nicht für den gutmütigen Spott sorgen musste, als er eines Abends das Nebenzimmer des Restaurants „Domhof“ betrat, wo seit neuestem die Versammlungen des Akademischen Alpenvereins München (AAVM) stattfanden. Die Quellen weisen darauf hin, dass der frischgebackene Studiosus agrarius in diesem sowohl gesellschaftlich als auch alpinsportlich elitären Zirkel von Beginn an willkommen war.4 Damals schon hatte dieser zwar kleine, aber feine Verein bereits international einen sehr guten Namen.
Die Gründung des AAVM war im Jahr 1892 von jungen Münchner Spitzenbergsteigern wie Albrecht von Krafft und Rudolf Reschreiter sowie den Brüdern Josef und Ernst Enzensperger ausgegangen, die durch anspruchsvolle Erstbegehungen in den Nördlichen Kalkalpen von sich reden gemacht hatten. Der Akademische Alpenverein München war keine Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, sondern eine verbandsunabhängige alpinistisch orientierte Studentenverbindung. Viele ihrer Mitglieder gehörten auch der DuÖAV-Sektion Bayerland an, einer Sektion, deren „Ideal der bergsteigerischen Tat“ dem AAVM sehr nahestand.5
International in Erscheinung trat der AAVM, als sein Mitglied Adolf Schulze am 26. Juli 1903 als erster Mensch den Gipfel der extrem schwierigen Uschba im Kaukasus erreichte. Im August desselben Jahres setzten seine AAVM-Kameraden Ludwig Distel, Georg Leuchs und Hans Pfann noch eins drauf und überschritten den Süd- wie den Hauptgipfel des Bergriesen in einer fünftägigen Gewalttour. Neun Jahre später markierten die „Akademiker“ Hans Dülfer und Werner Schaarschmidt den Beginn der „klassischen Moderne“ im Klettersport durch ihre Erstbegehung der Peter Aufschnaiter inzwischen gut bekannten Fleischbank-Ostwand im Kaisergebirge. Im darauffolgenden Jahr legten Hans Dülfer und Wilhelm von Redwitz mit der Erstbegehung der Direktführe durch die Westwand des Totenkirchls die Latte noch etwas höher.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatten Mitglieder des AAVM sofort an diese stolze alpine Tradition angeknüpft. Der 1893 in München geborene Jurastudent Emil Gretschmann war in der Vorkriegszeit als Mitglied der Alpenvereinssektion Bayerland mit dem ebenfalls zu dieser Sektion gehörenden Klettergenie Paul Preuß in Kontakt gekommen und hatte sich unter dessen Einfluss dem lupenreinen Freiklettern verschrieben. Gretschmann gab diese Haltung an seinen AAVM-Kletterlehrling und alpinen Senkrechtstarter Herbert Kadner weiter, der sich wenige Monate zuvor, am 1. Mai 1919, im Zuge der Niederschlagung der Münchner Räterepublik beim Sturm auf den von der „Roten Armee“ besetzten Hauptbahnhof eine schwere Schussverletzung zugezogen hatte.6