Kitabı oku: «Er ging voraus nach Lhasa», sayfa 4

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ANMERKUNGEN

1Otto Zimmeter: Grau, teurer Freund, ist alle Theorie …, Deutsche Alpenzeitung 10/1926, S. 306–309, 307.

2Technische Hochschule München, Programm 1921, 1922, München 1921, S. 130.

3Ebd.

4Vgl. Akademischer Alpenverein München, Bericht über das 29. Vereinsjahr 1920/21, 12, München 1923.

5DAV-Sektion Bayerland, Chronik Bayerlands 1933–1945, S. 265, Mitgliederliste des A.A.V.M. 1934.

6Vgl. Akademischer Alpenverein München, Bericht über das 27. Vereinsjahr 1918/19, München 1920, S. 90.

7Vgl. Akademischer Alpenverein München, Bericht über das 23.–26. Vereinsjahr 1914–1918, München 1919,31/32 sowie XXI. Jahresbericht 1912/13, S. 22–39.

8Akademischer Alpenverein München, Bericht über das 27. Vereinsjahr 1918/19, München 1920, S. 86.

9Zitiert nach Herbert Kadner (…): Jahresbericht des A.A.V.M. 1921/22, S. 3.

10Ebd., S. 12.

11Ebd.

12Paul Bauer: Im Kampf um den Himalaja, München 1931, S. 7 f.

13Paul Bauer: Vorläufiger Bericht über die Himalaja-Expedition, Jahresbericht des A.A.V.M. 1928/29, S. 12.

14Vgl. Schreiben Paul Bauers an den Reichssportführer von Tschammer und Osten vom 10. 12. 1934, Archiv des Deutschen Alpenvereins, München.

15Vgl. Schreiben von Paul Bauer an Staatsanwalt Heinrich Lieberich vom 21. 05. 1919, Personenakte Otto Herzog, Archiv des Deutschen Alpenvereins, München, Signatur 03.02.2001.0001.

16Fritz März: Vermerke für Zebhauser über Gespräch mit Dr. Heinz Tillmann am 3. Juni 1997 und Gespräch mit Dr. Eugen Allwein ebenfalls am 3. Juni 1997, Archiv des Deutschen Alpenvereins, München, Signatur Zeb, Sm1.

17Fritz Rigele: 50 Jahre Bergsteiger, Berlin-Wilmersdorf, 1935, S. 180 f.

18Ebd., S. 326.

19Vgl. ebd., S. 330–336.

20Vgl. Jahresbericht des A.A.V.M. 1924/25, S. 32.

21Vgl. Ludwig Kießling. https://de.wikipedia.org/wikiILudwig_Kie%C3%9Fling abgerufen am 19. 01. 2016.

22Vgl. Giesenhagen, Karl Friedrich Georg. https://www.deutsche-biographie.de/sfz20949.html abgerufen am 19. 01. 2016.

23Vgl. Korff, Gustav. https://www.deutsche-biographie.de/sfz44547.html abgerufen am 19. 01. 2016.

24Vgl. Technische Hochschule München, Programm 1921, 1922, München 1921, S. 80–84 und Peter Aufschnaiter zum Gedenken, Kitzbüheler Anzeiger 27. 10. 1973, S. 5–7, 5.

25Vgl. Brief von Peter Aufschnaiter an Haji Aga Shirazi & Son, Booksellers and Publishers vom 15. 12. 1941, India Office Records IOR/4P6J/8/36, British Library, London.

26Diplomurkunde für Peter Aufschnaiter der Technischen Hochschule München, Stadtarchiv Kitzbühel, Personenakte Peter Aufschnaiter.

27Jahresbericht des A.A.V.M. 1926/27, S. 6.

28Walter Schmidkunz: Die Alai-Pamir-Expedition, Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Nr. 10 1928, S. 175–180.

29Fritz März: Vermerk über ein Gespräch mit Dr. Heinz Tillmann am 3. Juni 1997, Archiv des Deutschen Alpenvereins, München, Signatur Zeb, Sm 1. Offensichtlich empfand Tillmann diese Äußerung als charakteristisch für Paul Bauer. Sonst hätte er die fast 50 Jahre zurückliegende Aussage wohl kaum im Rahmen eines formellen Interviews, das vom Altvorsitzenden des Deutschen Alpenvereins geführt wurde, wörtlich zitiert. Dr. Tillmanns Sohn, Bernhard Tillmann, unterstrich in einem Gespräch am 17. 12. 2017, dass sein Vater Ende der 1990er Jahre im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war und sich detailliert an die Geschehnisse der Zwischenkriegszeit erinnerte.

30Vgl. Registrierungs-Antrag für amerikanische Einwanderungsvisumserteilung beim Amerikanischen Generalkonsulat München vom 26. 03. 1929, Stadtarchiv Kitzbühel, Personenakte Peter Aufschnaiter.

Aufschnaiter trug 1929 viel zum Achtungserfolg am Kangchenjunga bei. Nach der Expedition entdeckte er sein Faible für wenig besuchte Wildnisgebiete.

KAPITEL 3
ZWEIMAL AM KANGCHENJUNGA

Um die Jahreswende 1928/29 rückte der Himalaya für Paul Bauer „aus der nebligen Ferne, in der er für uns schwebte, in das Zielfeld; der Gedanke einer Reise dorthin verlor das Phantastische; die Erfahrungen der letzten Jahre ließen ihn durchführbar erscheinen. […] Ende Januar 1929 begannen die einleitenden Verhandlungen mit dem britischen Generalkonsulat […]“1

Im Februar 1929 verschickte Bauer ein Rundschreiben an die vorgesehenen zwölf Mitglieder der Expedition.2 Allesamt gehörten sie dem Akademischen Alpenverein München an; Eugen Allwein und Peter Aufschnaiter standen nicht auf dieser Liste. Die beiden im Durchschlagverfahren auf Dünndruckpapier kopierten Seiten des Rundschreibens begannen mit folgenden Worten: „Es ist mir klar geworden, dass wir im Jahre 1929 in den Himalaja müssen. Dann folgte ein 14 Zeilen umfassender tabellarischer „Reiseplan“, aus dem hervorging, dass der Achttausender Nanga Parbat im August und September des Jahres 1929 in einem Zeitraum von 42 Tagen „belagert“ werden sollte. Die „im allgemeinen reichlich bemessenen“ Kosten würden sich auf 2975 Reichsmark pro Mann belaufen.3

Die Teilnehmer wurden aufgefordert, für ihre Ausrüstung selbst zu sorgen. Ein Wellness-Urlaub war nicht vorgesehen, aber immerhin würde die Expedition „etwas mehr Komfort bieten als die KK [Kaukasus-Kundfahrt], in den Hochlagern auch mehr als die Pamir. Sie wird aber mit einem möglichst kleinen Tross geführt werden und sich dadurch ganz wesentlich von P [Pamir-Expedition] unterscheiden. […] Das Geheimnis wird darin bestehen, dass wir unbedingt zusammenhalten und dass jeder alles nur Erdenkliche tut, um jeden anderen bei guter Laune zu erhalten, dass eine ganz selbstverständliche Disziplin herrscht, Einer muss anordnen. – dass wir vor keiner Arbeit, vor keinem Wetter, keiner Gefahr zurückschrecken, im Notfall alles selbst machen und uns schlimmsten Falles mit weniger als dem allernötigsten begnügen ohne die gute Laune zu verlieren.

Wissenschaft im Sinne der P wird nicht betrieben, es wäre aber schade, wenn jeder einzelne die Reise nicht zu Beobachtungen auf seinem Berufsgebiet oder einem ihm vertrauten Spezialgebiet benutzen würde […]

Ziel ist einzig und allein die Ersteigung der über 6000 Meter hohen Gipfel der Nanga Parbat Gruppe.“

Abschließend empfahl Paul Bauer den Expeditionsteilnehmern, sich über das Zielgebiet zu informieren: „Das Studium der Literatur ist sehr wichtig und jeder sollte sich über die Verhältnisse ins Bild setzen und zwar so rasch als möglich, [es] ist dabei aber mit einer gewissen Vorsicht vorzugehen, denn der Plan muss unbedingt geheim gehalten werden. Vorsicht beim Ausleihen der Bücher!

W i rm ü s s e nd i eS a c h eu n b e d i n g tg e h e i m h a l t e n.“4

Unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit engagierte sich Paul Bauer für die Umsetzung seiner Expeditionspläne. Am Mittwoch, den 6. März 1929 trafen sich der Zweite Vorsitzende des DuÖAV, Prof. Raimund von Klebelsberg, und der Münchner Geheimrat Dr. Gustav Müller in Innsbruck. Müller war ein enger Vertrauter Paul Bauers und gehörte wie dieser sowohl der Alpenvereinssektion Hochland als auch dem AAVM an. Anhand eines laut Klebelsberg von Bauer gefertigten „einigermaßen ausführlichen“ Elaborats stellte Müller den Plan einer Expedition in das Gebiet des Kangchenjunga in Sikkim vor, die im Juli und im August desselben Jahres am Berg tätig sein würde. In einem handschriftlichen Vermerk notierte der Geograf Klebelsberg seine erheblichen Bedenken bezüglich eines solchen Unternehmens mitten in der Monsunzeit.5

Ein Rundschreiben, das Klebelsberg am 8. März 1929 an sechs internationale Fachleute für das Expeditionswesen verschicken ließ, informiert über Bauers Vorhaben:

„[…] Eine erstklassige Münchner Bergsteigergruppe plant für Juli und August 1929 den Versuch einer Ersteigung des Kangchenjunga und benachbarter Gipfel in Sikkim. An der Spitze der Gruppe steht Notar Dr. Bauer aus München, der sich mit seiner Mannschaft im vorigen Jahr im Kaukasus sehr bewährt hat und einer der Teilnehmer wäre cand. Phil. Karl Wien aus München, der bei der Besteigung des Pic Kaufmann [früherer Name des Pik Lenin] mit war. Die Unternehmung ist grössten Teils auf eigene Kosten und auf Rechnung anderer Geldgeber vorgesehen, der Deutsche und Oesterreichische Alpenverein hätte die Möglichkeit, mit einem verhältnismäßig geringen Zuschuss (15000 RM) die Unternehmung zu der seinigen zu machen. Diesfalls würde rasche Beratung und Beschlussfassung erforderlich.“6

Wie waren Paul Bauer und seine Gefährten wohl auf den Gedanken gekommen, statt des damals als relativ einfach eingeschätzten 8125 Meter hohen Nanga Parbat den 8586 Meter hohen und viel schwierigeren Kangchenjunga zum Ziel ihrer Himalaya-Wünsche zu machen?

Es fällt auf, dass der aus Breslau stammende und alpin hochversierte Günter Oskar Dyhrenfurth, Professor für Geologie in Breslau, im November 1928 den zum Ersten Vorsitzenden des DuÖAV gewählten Münchner Baudirektor Richard Rehlen, den Altvorsitzenden des DuÖAV Reinhold von Sydow und den dem Leser bereits bekannten Bremer Ministerialrat, ab 1929 Dritter Vorsitzender des DuÖAV Philipp Borchers von seinem Plan unterrichtet hatte, in der Vormonsunzeit des Jahres 1930 eine internationale Expedition ins Kangchenjunga-Gebiet zu unternehmen. Am 16. Januar hatte Dyhrenfurth einen entsprechenden Förderungsantrag beim Hauptausschuss des Verbandes eingereicht.7 Die vom Hauptausschuss behandelten Themen unterlagen im Normalfall keiner Geheimhaltung; so ist es durchaus möglich, dass Paul Bauer von den Absichten Dyhrenfurths erfahren hatte. Der hätte sich wohl nie träumen lassen, dass plötzlich ein Konkurrent auf den Plan treten würde, der alles daransetzte, der internationalen Expedition mit einem Unternehmen zuvorzukommen, dessen Mitglieder bereit waren, alles zu geben, um durch die Besteigung des ersten Achttausenders das Ansehen Deutschlands in der Welt zu fördern.

Der Grund für die Entscheidung, nicht mehr den Nanga Parbat, sondern den höheren und schwierigeren Kangchenjunga anzugehen, könnte einfach im sportlichen Ehrgeiz gelegen haben. Aber für Paul Bauer hatte das Unternehmen „[…] eine weit über das Bergsteigerische hinausgehende allgemein menschliche und politische Bedeutung, letztere nicht nur für das Ansehen der Deutschen im Osten: Der Kampf um die Gipfel des Himalaja fügt sich ein in die Reihe der Taten, die das Recht und die Fähigkeiten der weißen Rasse, die fernen Erdteile zu beherrschen, dem Nachdenklichen beweisen und den naiven Völkern ad oculos demonstrieren.“8

Dazu kam, dass es unter Münchner Bergsteigern schon lange üblich war, sich gegenseitig die Projekte abzuluchsen. So hatte der AAVMler Leonhard Heis seinen Vereinskameraden Adolf Schulze und Ludwig Distel 1904 die 1400 Meter hohe Nordwand des Hochwanners vor der Nase weggeschnappt, und Schulze hatte wenige Monate später Distel, Leuchs und Pfann den Uschba im Kaukasus stibitzt. Was diesen Aspekt des alpinen Spiels anging, waren die Männer vom AAVM wahre Meister. Und die Konkurrenz trug dazu bei, dass sie zur Hochform auflaufen konnten.

Wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt, erwartete Paul Bauer von den Mitgliedern einer von ihm geleiteten Expedition die fast vollkommene Unterordnung unter seinen Willen: „[…] Die Expedition ist in erster Linie auf dem Prinzip des unbedingten, fast militärischen Gehorsams aufgebaut, dem sich jeder Teilnehmer aus freien Stücken, ohne jeden stillen Vorbehalt, und freudig unterwirft. […]“9 Heinz Tillmann, im Rundschreiben Nr. 1 noch auf der Mitgliederliste10, hatte sich aus diesem Grund gegen die Teilnahme an der Expedition entschieden.11

In dem auf den 19. März 1929 datierten zehnseitigen Antrag an den Hauptausschuss des DuÖAV um Unterstützung der von ihm geplanten Expedition trug Paul Bauer sein Anliegen ohne Umschweife vor: „Für das Jahr 1929 plane ich eine bergsteigerische Expedition nach Sikkim und suche, um diese Expedition in einem erfolgversprechenden Umfange zu ermöglichen, um einen Zuschuss seitens des Deutsch- und Oesterreichischen Alpenvereins nach.“12

Es folgen Ausführungen über die Zeiteinteilung und die Reisekosten. In einem vierseitigen Abschnitt über die Reisezeit begründet Bauer seine Entscheidung, vor allem im August und September in der Hochregion aktiv werden zu wollen, mit ausführlichen Hinweisen auf von englischen Alpinisten in dieser Jahreszeit durchgeführten Unternehmungen. Bauers Zielsetzung ist klar und er ist von den Erfolgschancen überzeugt:

„Von den Achttausendern des Himalaja ist noch keiner bestiegen, auch die Siebentausender sind meines Wissens noch jungfräulich. […] Wir verfügen z. Zt. über eine hervorragende Jungmannschaft, die im besten Alter, im besten Training, mit Angriffsgeist geladen und reich an Erfahrungen ist. In der allernächsten Zeit werden wir, wenn wir nicht einen Schritt zurück machen wollen, an die Probleme des Himalaja herangehen müssen. […] Unsere jungen brauchbaren Leute können in 2–3 Jahren schon in alle Winde zerstreut und beruflich unabkömmlich sein. […] Wir sind auf Grund unserer Entwicklung geradezu dazu verpflichtet, diesen Versuch zu wagen. Das Ziel wird natürlich nicht der Versuch, sondern einzig und allein der Gipfel sein.“13

Paul Bauer schloss seinen Antrag mit der Bitte um eine Bezuschussung der Expedition mit 18.000 bis 20.000 Reichsmark.14

Doch seine Antragstellung stand unter keinem günstigen Stern. Am 25. März erging von der Innsbrucker Alpenvereinskanzlei ein Schreiben an den Münchner Geheimrat Gustav Müller, das die Ablehnung von Bauers Gesuch in Aussicht stellte. Begründet wurde dies mit der einhelligen Auffassung der zur Beratung eingeschalteten Fachleute, die von dem renommierten britischen Alpinisten George Ingle Finch auf den Punkt gebracht wurde: „Wirklich ernsthafte Unternehmungen in der Kangchenjungagruppe sind ca. April, Mai und anfangs Juni möglich. Während dem Monsun (zwischen 10. Juni bis gegen Ende September) ist das Wetter viel zu unsicher und die Lawinengefahr außerordentlich groß.“15

Ein Brief des höchst angesehenen Alpenvereins-Altvorsitzenden von Sydow vom 4. April 1929, der an alle Hauptausschuss-Mitglieder verschickt wurde, trug dazu bei, die Position Bauers noch weiter zu schwächen. Darin heißt es: „Für 1929 ist die Sache abgetan. Gott sei Dank, denn sie ist überhaupt noch nicht genügend geklärt, weder bergsteigerisch, noch vereinspolitisch. In ersterer Hinsicht steht nur fest, dass man es im Herbst nicht wagen darf. Die Bauersche Eingabe ist auch in finanzieller Hinsicht etwas stark draufgängerisch. Er glaubt es mit 8 Mann für 27000 RM schaffen zu können; die Zahl ist abgesehen von den Reisekosten lediglich gegriffen. Dyhrenfurth, der sich auf die Kosten anderer Expeditionen in jener Gegend beruft, veranschlagt […] 90 – 100000 RM, darunter nicht, erkläret mir Graf Oerindur!“16

Bei so viel Gegenwind von solch prominenter Seite ist es erstaunlich, dass sich der Hauptausschuss des DuÖAV am 10. Mai zur Unterstützung der Münchner Kangchenjunga-Expedition mit 3500 Reichsmark durchringen konnte. Zwar war diese Subvention entscheidend, damit die Expedition gegenüber den englischen Behörden als offizielles Unternehmen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins auftreten konnte. Den kümmerlichen Betrag muss Paul Bauer jedoch als blanken Hohn empfunden haben. Entmutigen ließen sich er und seine Freunde dadurch aber nicht.

Jeder Expeditionsteilnehmer hatte je nach Vermögen zwischen 1000 und 4000 Reichsmark in die Expeditionskasse einbezahlt. Die Alten Herren des AAVM hatten über 4000 Reichsmark gestiftet, die Sektion Hochland mehr als 8000 Reichsmark und die Sektion Oberland 3000 Reichsmark. Dazu kamen Sachspenden von Freunden und Bekannten.17

Inzwischen zählte auch Peter Aufschnaiter zur Expeditionsmannschaft. Erstmals erwähnt wird er in dem wahrscheinlich in der zweiten Februarhälfte 1929 verschickten sechsten Rundschreiben an die Teilnehmer. Darin heißt es: „Als Reserveleute sind neu hinzugekommen: Julius Brenner, Sepp Dreher und voraussichtlich Peter Aufschnaiter.“18

Peter Aufschnaiter mag sein Vorhaben, in die USA auszuwandern, verschoben oder aufgegeben haben. Nach dieser Entscheidung beteiligte er sich offenbar mit Feuereifer an den Expeditionsvorbereitungen. Sein Freund Ernst Reisch holte bei einem ihm bekannten Colonel Palmers, der in Indien gedient hatte, Informationen über das Zielgebiet der Expedition ein. Die Ratschläge des erfahrenen Kolonialoffiziers sollten sich später als höchst wertvoll erweisen:

„Ich glaube, dass Stürme die größten Schwierigkeiten bereiten. Die Träger sind im Allgemeinen sehr abergläubisch und scheuen sich davor, in die höheren Gebiete hinaufzusteigen, weil sie sagen, dass die hohen Berge von bösen Geistern bewohnt sind. In der großen Hauptsache natürlich hängt die Expedition von den Trägern ab, und es müssen unbedingt Vorkehrungen getroffen werden, dieselben auf das Beste zu schützen. In Bezug auf Kleidung und Essen darf nichts fehlen. […] Tragtiere tragen 2 Pakete, jedes wiegt 80, also zusammen 160 Pfund, und ein Träger trägt ungefähr 80 Pfund, in den höheren Regionen wahrscheinlich weniger.“19

In gemeinsamer Arbeit wogen die Expeditionsmitglieder das gesamte Expeditionsmaterial gemäß Colonel Palmers Empfehlung ab und verstauten es in Säcken und Blechtonnen. Am 27. Mai schickten sie die Trägerlasten nach Hamburg zur Einschiffung. Einen Monat später, am Samstag, den 22. Juni, verabschiedete sich die Expeditionsmannschaft – ausschließlich Mitglieder des AAVM – auf dem Münchner Hauptbahnhof: Eugen Allwein, Peter Aufschnaiter, Ernst Beigel, Julius Brenner, Wilhelm Fendt, Karl von Kraus, Joachim Leupold, Alexander Thoenes und last but not least Paul Bauer. Um 23 Uhr 10 setzte sich der Zug nach Genua fauchend in Bewegung.20

Von Genua aus brachte der Passagierdampfer „Saarbrücken“ die Mannschaft ohne Zwischenfälle durchs Mittelmeer, das Rote Meer und den Indischen Ozean nach Colombo auf Ceylon. Dort empfing sie der deutsche Konsul von Pochhammer mit der freudigen Nachricht, dass für das gesamte Gepäck der Expedition zollfreie Einfuhr bewilligt worden sei und dass der Einreise nach Sikkim nichts im Wege stünde. Nach fünftägigem Aufenthalt ging es mit dem Frachtschiff „Rothenfels“ weiter nach Kalkutta, das am Morgen des 27. Juli erreicht wurde.21 Hier verlor das Himalaya-Expeditionsteam keine Zeit. Um 20 Uhr desselben Tages saßen die neun Bergsteiger im Zug nach Siliguri am Fuß des Himalayas.

Als Peter Aufschnaiter morgens aus dem Fenster seines Abteils blickte, verschlug es ihm schier den Atem: Früh um 6 Uhr sieht man bei schönstem Wetter einige Schneeriesen (PANDIM?). Unten liegen die Hills mit üppigen, massigen Wäldern bedeckt, blau und mit Wolkenschwaden, die gegen den Himalaja hinaufdrücken. In Siliguri war für die Weiterreise bereits vorgesorgt: Acht Autos warten auf uns. Die Unternehmer, Tibeter, sehen sehr energisch aus. Man fährt zunächst noch in der Ebene dahin. Unser Chauffeur ist ein kleiner flinker Mongole. Bald steigt die Straße in den Jungle hinauf. Die Steigung ist sehr schwach. Die Vegetation ist wunderbar, aber fremd und unbekannt. Affen. Scharen von Weibern in schönen und bunten Gewändern. Alle tragen Schmuck. […] Ghom liegt auf der Passhöhe. Von hier einige Meilen abwärts liegt Darjeeling. Eine Menge Kulis ist schon da und rauft sich um unser Gepäck. […]

Am Abend des übernächsten Tages, es war der 30. Juli, trafen die Expeditionsmitglieder im Darjeeling Club die Spitzen der Behörden und andere Honoratioren. Peter Aufschnaiter vermerkte darüber in seinem Tagebuch: Ich sitze neben dem Polizeipräsidenten Laden-La, einem Tibeter mit einem netten siebenhaarigen Schnurrbärtchen. Ein Gentleman, der sich unser aller Sympathie im Nu erringt. Er ist einer der Haupthelden in Bells Tibetbuch („Rückzug der Chinesen über Indien im Jahre 1922 habe ich gemanagt, it was a very interesting job“). Er war auch in Deutschland. Gebildet, intelligent, witzig und – naiv. Heute Nachmittag kam er auch nach Charlemont, wo er unter den Kulis gleich eine Mordsbewegung hineinbrachte. Er ist befreundet mit Professor Scherman vom Völkerkundemuseum München. Im Club ist außerdem noch da: Colonel Tobin, Shebbeare, Preice, der Sekretär des Darjeeling Club, Graf Basswitz u. a. Die Engländer singen einen Trinkspruch auf „Jolly Good Fellow“ (Freimaurerlied). Es liegt ein Tagebuch von Shebbeare von der 24er Everestexpedition auf mit guten Bildern. In der Nacht Packen.

Am folgenden Morgen beteiligte sich Aufschnaiter an der Musterung der Kulis: Welch nette, fröhliche und einfache Leute sind das! Das Gepäck ist bis Mittag fertig. Bei strömendem Regen packen die Leute ihre Sachen und nehmen ihre Lasten auf. Und so wie sie alle zusammen sind, juchzen sie. Bei der Vorschusszahlung warten draußen die Weiber, um ihren Männern das Geld abzunehmen. Sie helfen ihnen, um die Gepäckstücke bequem zu machen.22

Paul Bauer (Mitte) forderte von seiner Expeditionsmannschaft einen fast militärischen Gehorsam, bei den Trägern war er seiner Fürsorglichkeit wegen beliebt.

Unter der Führung des Sirdar Nursang brach der erste Trägertrupp auf und machte sich auf den langen Weg durch die feuchtheißen Vorberge hinein in die Hochregion des Kangchenjunga-Gebiets. In der Ortschaft Pedong stieß der englische Begleitoffizier Oberstleutnant Tobin zu der Truppe. Er war bei allen Expeditionsmitgliedern beliebt; bald sahen sie in ihm nicht nur einen angenehmen Begleiter, sondern einen Kameraden und Freund. Nach der Überschreitung des 1770 Meter hohen Gangtok-Passes folgte die Marschkolonne dem steil ins Tal des Tista hinabführenden Weg und dem reißenden Bergfluss hinauf bis zur 2700 Meter hoch gelegenen Siedlung Latscheng. Wenige Kilometer oberhalb zweigte linker Hand das zum Teil weglose Zemu-Tal ab. Aufschnaiter, Kraus, Leupold und zwei Träger gingen voraus, um den besten Weg zu suchen, ihn zu markieren und die Lager vorzubereiten. Der Tross folgte reibungslos auf der wohlpräparierten Strecke, sodass bereits am 16. August in einem oberhalb der Waldgrenze gelegenen grasbewachsenen Moränental auf 4370 Meter Meereshöhe der für das Hauptlager vorgesehene Ort erreicht war.

Um sich vor dem kalten, vom Zemu-Gletscher herabwehenden Talwind zu schützen, begannen die Sahibs mit dem Bau einer Mauer aus Steinen, Rasenstücken und Holzverstrebungen. Bald waren auch die Kulis mit bei der Sache; und selbst Lieutenant Colonel Tobin krempelte seine Ärmel hoch, um Rasenpolster auszureißen und Steinbrocken zu schleppen, was für ihn eine gänzlich neue Erfahrung gewesen sein dürfte. Am Abend stand in dem Hochtal eine kleine Stadt mit einer Küche und zwei Schlafhäusern, dazwischen Zelte, die bereits den Kaukasus, das Pamirgebirge und den Mount Everest gesehen hatten. Darüber wehten die deutsche und die englische Flagge.

Am 18. August begannen die Erkundungsvorstöße am Berg. Der Aufstieg auf den Kangchenjunga über den auch von Dyhrenfurth projektierten Nordostsporn war nun endgültig zum Ziel erklärt worden. Auch Bauer erschien er als die sicherste Aufstiegsmöglichkeit. Allerdings bildete der Sporn zwischen 5500 und 6500 Metern einen langen, schmalen Grat, dessen Besteigbarkeit mehr als fraglich war: „Der Anblick war niederschmetternd […] Die steile Fels- und Eiswand hinauf zum Grat konnte ja noch gehen. […] Aber der Grat sah furchtbar aus. Ein senkrechter Eisabbruch nach dem anderen türmte sich auf, jeder für sich eine Scercen-Eisnase.“23

Doch der Expeditionsleiter ließ sich nicht die Schneid abkaufen. Am 13. September, nach einem rund sechswöchigen Anmarsch, hatte sich die Expeditionsmannschaft unter dem Steilabbruch des Nordostsporns in etwa 5200 Meter Höhe im Lager 6 in Stellung gebracht. Als es am folgenden Morgen zur Sache geht, ist Peter Aufschnaiter ganz vorn dabei: 5 Uhr aufstehen. 6 Uhr 30 Abmarsch. Bauer, Fendt, Karli und ich. Kuli: Lewa, Ketar, Pasang, Gami. Wir gehen mit Überschuhen und Steigeisen auf dem hartgefrorenen Schnee. Am Eisbruch kehrt Fendt wegen Unwohlsein um. Auf dem Gletscher ist es ungewöhnlich heiß. 12 Uhr Rotlager. Das Klepperzelt ist vollkommen eingeschüttet. Wir richten uns ein schönes Lager her. Der Witterungscharakter hat sich jetzt vollkommen geändert. Es ist den ganzen Tag schön. Kein Nebel. Heute sah man zum ersten Mal die Sonne etwas nördlich vom Kanchen untergehen. Abends ganz eigenartige Farbstimmung des Himmels und der Wolken über dem Zemugap. Die Windfahnen auf dem Kanchen deuten auf Wind von NW. Sollte die Monsunzeit vorerst vorbei sein? 7 Uhr im Schlafsack.24

Am 16. September erreichten Beigel, Kraus und Bauer die Gratschneide des Sporns und hackten sich dann zwei Tage lang einen Weg um und über die Eistürme des horizontalen Gratstücks. Bauer und Beigel kämpften sich den darüber liegenden Steilaufschwung hinauf. Weiter oben sah sich selbst der hartgesottene Eugen Allwein – damals einer der weltbesten Eiskletterer – einem unlösbar scheinenden Problem gegenüber:

Die Ostwand des Kangchenjunga. Der Nordostsporn zieht schräg rechts hoch zum Nordgrat.

„Als wir am 23. September am 4. Turm standen, waren wir zunächst eine Weile vollkommen ratlos, senkrecht oder überhängend war die Kante, ebenfalls überhängend war die rechte Flanke und auch die linke; in ihr führte aber ein schmales Band überdacht von mächtigen Überhängen in die Wand hinaus und in eine tief ins Eis eingelassene Gufel hinein. Bald danach endet das Band unter ungangbaren Eisüberhängen. Es blieb nichts anderes übrig, als von der Gufel aus einen Schacht senkrecht nach oben zu treiben. Kraus machte sich an die Arbeit, er schlüpfte in die Gufel und begann, sich mit dem Pickel in das Dach hineinzuarbeiten. […] Den ganzen Tag nahm diese Arbeit in Anspruch, und als wir uns um 16 Uhr wieder zum Lager zurückzogen, war der Tunnel noch nicht vollendet.“25

Beigel gelang dies dann am folgenden Tag in einstündiger Arbeit, er erreichte ein schmales Band unter Firnüberhängen. Von hier aus hackte Thoenes nach rechts gegen die Schlusswechte hinauf, die Eugen Allwein schließlich überwinden konnte.26 Solche Schwierigkeiten waren im Eis in jener Zeit selbst in den Alpen nur selten geklettert worden.

Die Expeditionsmannschaft (v. l. n. r.): Peter Aufschnaiter, Wilhelm Fendt, Paul Bauer, Joachim Leupold, Alexander Thoenes, vorne: Eugen Allwein, Col. Tobin, Karl von Kraus.

In diesem Abschnitt der Besteigung war die Mannschaft gezwungen, einige Übernachtungsplätze „höchst luftig“27 anzulegen: „Wir mussten den Platz erst aus einem Wächtenkopf herausgraben. Durch den Boden unseres Zeltplatzes konnte man an einer Stelle hinunter auf den Twinsgletscher fast senkrecht unter uns sehen. Aber die Schnee- und Eisgebilde hatten sich bis jetzt stets als so fest erwiesen, dass die unbehaglichen Gefühle nicht die Oberhand bekommen konnten.“28

Derartige Kühnheit war im Höhenbergsteigen ein Novum: Paul Bauer und seine Freunde lösten die Probleme im Himalaya mit derselben Unverfrorenheit, mit der sie daheim in den Alpen die abweisendsten Eiswände angingen. Dazu kam, dass jeder Meter des Aufstiegs für die Träger begehbar gemacht werden musste. Das bedeutete mühsamen Wegebau auf einer Meereshöhe von 5500 und 6500 Metern! Fixseile wurden keine eingesetzt. Deshalb wurden die Träger durch ihre „Sahibs“ sowohl im Auf- als auch im Abstieg sorgsam gesichert.

Am 26. September hatten Paul Bauer und seine Freunde den letzten, 60 Meter hohen Steilaufschwung gangbar gemacht und tags darauf auf 6600 Meter das Lager 9 eingerichtet.29 Am 2. Oktober konnten Allwein, Aufschnaiter, Kraus und Thoenes das Lager 10 in 7000 Meter Höhe auf dem breiten Rücken des Spornes beziehen.

Damit waren die großen technischen Schwierigkeiten des Aufstiegs überwunden. Peter Aufschnaiter notierte, wie es dann weiterging:

Mittwoch, 2. Oktober

Wir gehen alle mit Ketar und Pasang ohne Bauer nach Eislager III. Der Lawinenhang ist tief verschneit. Alisi [Allwein] geht voraus. Ich gehe sehr langsam. Im EL III starker Wind. Zelt aufschlagen. Gleich in die Schlafsäcke.

Donnerstag, 3. Oktober

Kraus und Alisi gehen nach oben, kehren bei 7400 m um und kommen ganz kaputt zurück. Eishöhlenbau. Nachmittag kommt Bauer, Beigel mit Lewa und Cheten. Wir ziehen in die Eishöhle um. Sie mussten ganz neu spuren.

Zwei Tage harren Aufschnaiter und seine Freunde in der Eishöhle aus.

Sonntag, 6. Oktober

Windig. Unten dichte Wolkendecken, oben Schleier. Beigel und ich gehen nach unten. Beigel soll nach Nepal. Ich soll Proviant nachschieben. Es ist ziemlich windig und neblig. Tiefes Spuren. Besonders am Horizontalstück vor dem Steilhang. Der Steilhang bricht ab, als Beigel mit den Überschuhen hineinsteigt. […] Im EL II ist kein Proviant außer etwas Tee und Schokolade. In der Nacht schneit es die Höhle zu.

Montag, 7. Oktober

Es hat schrecklich viel Schnee gemacht. Am Twinsturm springt Beigel 10 m ab. Ich halte ihn und folge in der Flanke nach. Bei der Karwendeltreppe stürzt Beigel. Ich halte ihn, aber sein Rucksack fällt ihm von den Schultern gegen die Kanchenseite. Mein Rucksack wird abgeseilt. Das EL I ist von einer Lawine eingedeckt. Nach längerem Suchen und Graben dringen wir ein. Kein Proviant. […] Beigel und ich beschließen, nach Adlerhorst abzusteigen. Obwohl es schon ein Uhr ist. (Heute 2. Tag ohne Essen). Der Grat ist tief verschneit. Wir tragen abwechselnd Rucksack. Vor dem Felsquergang nimmt Beigel den Rucksack. Ich gehe voran und räume den Fels vom Schnee. Beigel folgt nach und stürzt. Es reißt den Pickel um. Ich stürze mich auf die andere Seite [des Grates] hinab. Mit größter Mühe arbeite ich mich wieder auf die Schneekante empor (circa 15 Meter) und helfe Beigel wieder herauf. Es wird dunkel, und ich mache noch einen Versuch in der Abstiegsrichtung, sehe aber nichts mehr. […] Beigel stürzt wieder. Ich halte ihn aber ziemlich rasch. Beigel hat keinen Rock [Jacke]. Wir sitzen meist gegen Rücken, singen Lieder, erzählen. Die Schneewand, die vor der Steilseite liegt, wächst zusehends, denn es schneit unentwegt weiter. […] Am Morgen sind wir noch ganz gut beisammen. Der Schnee reicht dem Spurenden bis an den Hals. Nachmittag kommen wir auf den Adlerhorst, wo wir von Kraus und Thoenes gepflegt werden. Beigel hat Krämpfe und die Füße stark erfroren. Trotzdem herrscht fröhliche Stimmung im Zelt.30

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