Kitabı oku: «Harmless - Arglos», sayfa 4
Drei
Seg saß auf seiner Couch und zappte durch die Kanäle, als er sein Handy summen hörte. Er beugte sich vor, schnappte es sich vom Tisch und hoffte inständig, dass es Roan war, der auf seine Nachricht mit einem Anruf antwortete und sich gerne auf ein Bier mit ihm treffen würde. Nur war das Wunschdenken und Seg wusste, dass er es nicht sein würde. Sein Glück hatte sich heute Abend auf dem Eis bereits erschöpft.
Er warf einen Blick auf das Display.
Nope. Nicht Roan.
Mom.
Sie rief ihn immer nach einem Spiel an und er hatte schon darauf gewartet.
»Hey, Ma.«
»Hast du das Spiel heute Abend gesehen?«, wollte sie aufgeregt wissen. »Es war wundervoll! Absolut wundervoll!«
»Ich hab's gesehen«, versicherte er ihr schmunzelnd. »Ich war da.«
»Ich weiß, dass du da warst, Schatz. Und es war unglaublich. Marjorie ist so neidisch, ich sag's dir. Sie ist so stolz auf dich, dass sie jetzt einen eigenen Hockey-Sohn haben will.« Seine Mutter kicherte. »Sie ist hergekommen, um es mit mir zusammen zu schauen. Ich bin auf und ab gehüpft und habe geschrien wie eine Verrückte. Ich habe sogar das Popcorn umgestoßen. Ich dachte, sie würde gleich Sauerstoff brauchen, so schockiert war sie. Man möchte meinen, dass sie sich mittlerweile daran gewöhnt hätte.«
Seg kannte seine Mutter. Sie war von Natur aus schon sehr lebhaft, selbst wenn es sich nicht um Hockey drehte, aber wenn es das tat… Er konnte sich vorstellen, dass ihre beste Freundin Marjorie völlig aufgelöst war. So war Debra Seguine eben. Sie war unfassbar stolz auf ihn – und er hatte so verdammt großes Glück mit ihr.
»Ich weiß nicht, ob Marj noch mal vorbeikommt, um weitere Spiele mit mir zu schauen.« Sie klang irgendwie erleichtert, was ihn zum Lachen brachte. Wenn man bedachte, wie viel Marjorie schon über sich hatte ergehen lassen, bezweifelte er stark, dass das der Fall sein würde.
»Ich vermute, das war auch der Plan?«
»Natürlich nicht.« Ihr Lachen war heiser und reizend und klang nur ein kleines bisschen verschmitzt.
»Ma, du bist böse.«
»Als wüsste ich das nicht, Schatz. Das habe ich von deinem Vater. Möge er in Frieden ruhen. Also, das nächste Spiel ist am Montag, richtig?«
»Jawohl, Ma'am. Wieder ein Heimspiel. Danach sind wir unterwegs.«
»Ich werde dich anfeuern! Du hast da draußen übrigens umwerfend ausgesehen. Und glaub ja nicht, mir wäre diese Vorlage entgangen. Bester Spielzug überhaupt.«
Bei ihrem Lob wurde ihm wie immer warm ums Herz. »Danke, Ma.«
»Also, wie laufen die Dinge sonst so? Du weißt schon, dein Leben abseits vom Eis?«
Es gab so vieles, was er seiner Mom erzählen wollte. Ich habe da diesen Mann kennengelernt und möglicherweise konzentriere ich mich gerade tatsächlich auf etwas anderes als Hockey. Allerdings habe ich nur eine Nacht mit ihm verbracht und das ist jetzt über ein Jahr her, aber ich kann immer noch nicht aufhören, an ihn zu denken. Ich habe ihn heute Abend wiedergesehen und jetzt will ich nur in meinen Wagen springen und ihn ausfindig machen, damit ich ihn ansehen und seine Stimme hören kann. Natürlich konnte er ihr das nicht sagen. Das konnte er niemandem sagen. »Gut. Jetzt, da die Saison begonnen hat, werden wir viel zu tun haben.«
»Das ist gut, oder? Aber du musst doch noch Zeit haben, um mit diesen Supermodels auszugehen. Triffst du dich immer noch mit diesem einen Mädchen?«
Seg wusste, dass es seine Mutter nicht wirklich interessierte. Sie fragte, weil sie nett sein wollte. Er hatte ihr schon vor langer Zeit gesagt, dass seine Hockeykarriere das Einzige war, was zählte. Er hatte sie auch gewarnt, nicht alles zu glauben, was sie las oder im Fernsehen sah.
»Im Moment treffe ich mich mit niemandem«, sagte er wahrheitsgemäß. »Wir waren nur befreundet, Ma.«
»Das sagst du immer. Du wirst auch nicht jünger, Seggy.«
Bei dem Spitznamen wurden seine Wangen heiß. Während seine Freunde und der Rest seiner Familie ihn Seg nannten, hatte seine Mutter darauf bestanden, den Spitznamen zu verniedlichen.
»Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war siebenundzwanzig nicht gerade alt«, informierte er sie.
»Vielleicht nicht. Aber irgendwann wirst du aufwachen und feststellen, dass du sechzig bist.«
»Ich bin mir sicher, dass ich mit sechzig glücklich sein werde.«
»Bestimmt wirst du das.« Sie lachte leise. »Ich verstehe den Wink. Ich werde dich nicht länger aufhalten. Musste nur sicherstellen, dass ich dir sage, wie toll du heute Abend warst.«
»Das sagst du immer.«
»Und du bist es immer«, sagte sie und klang dabei irgendwie empört.
»Danke, Ma. Ich hab dich lieb.«
»Hab dich auch lieb, Seggy. Wir hören uns.«
Eine halbe Stunde später lag Seg im Bett und sah sich die Highlights aller Spiele des heutigen Abends an. Er hätte eigentlich schlafen oder draußen in der Bar sitzen sollen, doch stattdessen saß er hier auf seinem Bett und versuchte, nicht an diese eine unglaubliche Nacht mit Roan zu denken. An all die Dinge, die sie genau hier auf seinem Bett getan hatten.
»Bist du immer noch nicht müde?«, murmelte Roan, als Seg näher an ihn heranrutschte.
»Nicht mal annähernd.« Scheiße. Mittlerweile war sich Seg nicht mehr sicher, ob er jemals wieder schlafen würde. Nach dem, was Roan unter der Dusche mit ihm getan hatte… Daran würde er sich noch verdammt lange erinnern.
»Woran denkst du dann? Runde drei?«
»Fuck, ja«, wisperte Seg und presste seinen Mund auf Roans, während er sich über ihn schob. »Genau jetzt.«
Roan rollte sich auf den Rücken und küsste ihn mit solch einer Dringlichkeit, dass Seg es als Zustimmung wertete.
»Zieh deine Beine an«, wies Seg ihn an. »An die Brust.«
»Kondom«, brummte Roan.
»Hab ich schon an.« Während Roan neben ihm döste, hatte Seg ihn nicht aus den Augen gelassen und sich träge selbst gestreichelt, bis er hart geworden war.
Roan hob die Knie an und öffnete sich für ihn. Nachdem er Roan noch einmal geküsst hatte, diesmal intensiv und hart, stemmte er sich auf die Knie hoch und legte die Hände an die Rückseiten von Roans Oberschenkeln.
Er ließ seinen mit Gleitgel benetzten Schwanz über Roans runzliges Loch streichen, dann nahm er eine Hand zu Hilfe, um in ihn einzudringen. Die Hitze von Roans Hintern umschloss seine Länge, während er sich in ihn schob. Seg suchte Roans Blick und hielt ihn fest, während er die Hüften wiegte und tiefer vorstieß, bevor er zurückwich. Er wiederholte die Bewegung, wobei er jedes Mal ein bisschen mehr Kraft hineinlegte. Als er bis zum Anschlag in ihm vergraben war, zog er sich zurück, nur um sich dann mit einem kräftigen Stoß wieder in ihm zu versenken.
»Hart«, verlangte Roan. »Benutz mich. Fick mich hart.«
Verdammt. Warum war das so höllisch sexy?
Seg konnte nicht widerstehen, wich zurück und stieß dann wieder die Hüften vor. Er betrachtete Roans Gesicht und war fasziniert davon, wie er die Augen verdrehte und den Mund öffnete.
»Oh ja… Schneller.«
Seg ließ seine Hüften wieder und wieder vorschnellen.
»Härter.«
Er gab Roan, worum er bat.
Roan öffnete die Augen und begegnete Segs Blick. »Tiefer.«
Gottverdammt. Wenn Roan so weitermachte, würde er schon wieder kommen. Fuck.
Er hämmerte sich härter, schneller, tiefer in Roans Arsch, ließ seine Hände an den Rückseiten von Roans Oberschenkeln liegen und gab sein Bestes, um ihm nicht wehzutun.
»So gut. Fick mich… Ja… genau so.«
Roan stöhnte bei jedem harten Stoß auf und Seg wandte den Blick nicht von seinem Gesicht ab. Er war sich nicht sicher, was hier gerade passierte. Das hier sollte sich auf nur eine Nacht beschränken, aber verdammt, er wollte schon jetzt eine Wiederholung. Scheiße. Er wollte den Rest der Woche damit verbringen, Roan zu ficken, bis er endlich genug hatte.
Kurz fragte er sich, was Roan dazu sagen würde, wenn er ihm diesen Vorschlag unterbreiten würde.
Seg hasste es, dass er nie die Möglichkeit gehabt hatte, Roan zu fragen. Nachdem er in dieser Nacht heftiger gekommen war als je zuvor in seinem Leben, waren sie beide in tiefen Schlaf gesunken. Am nächsten Morgen wachte Seg in einem leeren Bett auf. Roan hatte ihm keine Nachricht hinterlassen und Seg wusste, dass er ihn niemals wiedersehen würde.
Es war dumm, dass er es noch einmal tun wollte. Er hätte erleichtert sein sollen, dass Roan Stillschweigen darüber bewahrt hatte. Oder zumindest glaubte er das. Es sollte ihn freuen, dass er sich keine Sorgen um ein unfreiwilliges Outing machen musste. Tatsächlich hatte er während des vergangenen Jahres um jeden Preis jegliche sexuelle Beziehung vermieden.
Oh, er hatte dafür gesorgt, dass er mit Frauen zusammen fotografiert wurde, aber nur mit Frauen, die er als Freundinnen betrachtete und die nichts von ihm wollten. Nicht seinen Schwanz. Nicht sein Geld. Nicht seinen Ruhm.
Es war ein höllisches Jahr gewesen. Verflucht einsam. Und dabei hatte er Roan einfach nicht aus dem Kopf bekommen. Und sich verdammt noch mal gewünscht, er würde nicht in einer Welt leben, in der er vorgeben musste, jemand zu sein, der er nicht war.
***
Als Roan Liam wieder schlafen gelegt hatte – diesmal in Cams und Gannons Gästezimmer, wo sie das transportable Kinderbett aufgestellt hatten –, war er emotional erschöpft. Obwohl Cam Roans Vater die niederschmetternde Neuigkeit mitgeteilt hatte, musste er doch seinen Teil zu der Erklärung beitragen, als sein Vater darauf bestand, mit ihm zu reden.
Es war allen klar gewesen, was Cassie umgebracht hatte. Und zwar nicht nur wegen der Nadel, die an ihrem Arm gehangen hatte. An ihrem mageren, unterernährten Körper konnte man außerdem deutlich erkennen, dass es keine einmalige Sache gewesen war, trotz der Tatsache, dass seine Schwester ihm versprochen hatte, sie würde nichts nehmen.
Die meiste Zeit hatte Roan ihr geglaubt. Da sie nicht mehr ausgegangen war, hatte er gedacht, sie hätte die Drogen abgeschrieben. Er hätte es wissen sollen. Ihm hätte auffallen müssen, dass sie wieder damit angefangen hatte. Vielleicht wäre es das auch, wenn er nicht so sehr damit beschäftigt gewesen wäre, sich um Liam zu kümmern.
Zugegeben, er hatte absichtlich weggeschaut, weil er es nicht hatte wissen wollen. Das war einfacher gewesen, als sich mit ihrem Mist auseinanderzusetzen. Obwohl sein Vater Genaueres wissen wollte, hatte er nicht allzu interessiert gewirkt. Jetzt, wo Roan so darüber nachdachte, war sein Interesse an Liams Wohlergehen tatsächlich größer gewesen als am Tod seiner eigenen Tochter.
Sie war jetzt an einem besseren Ort. Das hatten Eva und Lydia gesagt, als die Nachricht sie erreichte. Seine Schwester und seine Stiefmutter waren außer sich gewesen, doch Roan war sich sicher, einen Hauch von Erleichterung in ihrem Schluchzen gehört zu haben.
Ja. Erleichterung.
Diese furchtbaren Schuldgefühle meldeten sich wieder zu Wort und Roan musste sich setzen. Er hasste sich für den Gedanken, Cassie sei tatsächlich an einem besseren Ort, aber er konnte nicht anders. Sie hatte die Kontrolle verloren… Er hatte versucht, so zu tun, als würde sie sich erholen, aber insgeheim hatte er gewusst, dass es nicht stimmte. Genau aus diesem Grund hatte er sein ganzes Leben auf Eis gelegt. Er hatte sicherstellen müssen, dass für Liam gesorgt wurde. Natürlich hatte Cassie das als Einmischung betrachtet und sie hatten sich so lange die Köpfe eingeschlagen, dass er sich jetzt fühlte, als wäre ihm ein Gewicht von den Schultern genommen worden.
Verdammte Scheiße. Das sollte er nicht denken.
Seltsamerweise machten sich sein Vater und seine Stiefmutter mehr Sorgen um Liam, aber auf eine Art, die Roan nicht erwartet hätte. Bei Lydia fiel ihm ein Hauch von Sorge auf, dass Liam nun von einem schwulen Mann aufgezogen wurde. Es kam ihm komisch vor, weil weder sein Vater noch seine Stiefmutter je ein Problem mit seiner Homosexualität gehabt hatten.
Roan konnte nichts weiter tun, als ihnen zu versichern, dass er sich um Liam kümmern würde. Er und Cassie hatten sich darauf geeinigt, dass er ihn großziehen würde, falls ihr irgendetwas zustoßen sollte. Sie hatte hartnäckig darauf bestanden, dass Liam nicht ihrem Vater gegeben wurde. Ihre Beziehung zueinander war schon lange zerrüttet, also verstand Roan ihre Entscheidung.
Als Cassie ihn gebeten hatte, Liams gesetzlicher Vormund zu werden, hätte Roan wahrscheinlich protestieren und sie zwingen sollen, ihre Verantwortung als Mutter ernster zu nehmen. Laut ihrer Aussage war es zu seinem Schutz, damit der Staat ihn ihm nicht wegnehmen konnte. Cassie waren ihre Probleme bewusst gewesen, selbst wenn sie nicht den Wunsch verspürte, sich zu ändern.
Es war der einzig vernünftige Vorschlag, den Cassie seit Jahren gemacht hatte. Also widersprach Roan nicht. Allerdings zog er Liam praktisch seit dem Tag seiner Geburt bereits auf.
Als sein Vater versuchte, Roan dazu zu drängen, Liam zu ihnen nach Hause zu bringen, hatte er abgelehnt. Irgendwann war er sogar laut geworden. Auf gar keinen Fall würde er Liam irgendwohin bringen. Nicht jetzt. Es war schlimm genug, das Baby aus seiner gewohnten Umgebung reißen zu müssen, aber Roan würde keine Minute länger in diesem Drecksloch bleiben.
Ein leises Klopfen erklang von der Schlafzimmertür und Roan erhob sich, wobei er noch einmal nach Liam sah. Er griff nach dem Babyfon und stellte es an, bevor er zur Tür ging.
»Hey«, sagte Cam sanft. »Wie geht es ihm?«
»Er schläft«, teilte Roan ihm mit, während er die Tür zuzog.
»Willst du reden?«
Nicht wirklich, aber Roan wusste, dass Cam und Gannon ein paar Antworten verdienten. Sie boten ihm ihr Zuhause an – wenn auch nur für eine gewisse Zeit – und ihm war bewusst, dass sie wissen sollten, was vor sich ging.
Roan folgte Cam in die Küche. Gannon saß am Tisch, auf dem drei Tassen standen.
»Koffeinfrei«, sagte Gannon und deutete mit einem Nicken auf eine der Tassen.
»Danke.«
Seine Beine schienen unter ihm nachzugeben, als er sich setzte. Er war erschöpft, doch er ignorierte es. Das tat er jetzt schon so lange.
Bevor Roan irgendetwas sagen konnte, ergriff Cam das Wort. »Ich muss mich bei dir entschuldigen.«
Roan begegnete seinem Blick, konnte sein Stirnrunzeln jedoch nicht verbergen. Entschuldigen? Wofür?
Cam warf Gannon einen flüchtigen Blick zu, bevor er Roan wieder ansah. »Ich weiß, dass ich dir seit… einer ganzen Weile kein guter Freund gewesen bin.« Er deutete mit dem Kopf in Richtung Schlafzimmer. »Ich wusste es nicht einmal… Ich hätte es wissen sollen. Ich hätte dir meine Hilfe anbieten sollen. Es ist offensichtlich, dass du mir nicht genug vertraut hast, um mir zu sagen, dass…«
»Das ist nicht wahr«, widersprach Roan und in seiner Stimme schwangen seine Schuldgefühle mit. »Das hatte nichts mit Vertrauen zu tun.« Hatte es wirklich nicht.
Cam wirkte nicht überzeugt. »Ich weiß, dass ich ein bisschen… beschäftigt war, seit ich Gannon kennengelernt habe. Du verdienst etwas Besseres von mir.«
Roan räusperte sich. Obwohl er wusste, dass Cam sich all die Monate über selbst die Schuld gegeben und geglaubt hatte, er wäre der Grund, warum Roan sich distanzierte, hatte er sich nicht die Mühe gemacht, ihn zu korrigieren.
»Es lag nicht an dir.« Er musterte Cam, dann sah er kurz zu Gannon hinüber. »Oder an dir. Das alles war meine Schuld. Cassie war…« Mein Gott, wie sollte er das erklären? »Sie war schon lange ein einziges Wrack. Ich wollte mich nicht damit befassen, aber irgendjemand musste es tun. Ich wusste, dass sie mich brauchte, auch wenn sie mich gehasst hat.«
»Sie hat dich nicht gehasst«, warf Cam ein.
Roan lachte bitter auf. »Oh, sie hat mich gehasst. Mit einer Leidenschaft, die alles in den Schatten gestellt hat.« Das war die Wahrheit. Cassie hatte jeden gehasst, aber ganz besonders ihn, weil er sich geweigert hatte, sie in Ruhe zu lassen. »Sie war nicht sehr nett und ich wollte nicht, dass sich irgendjemand mit diesem Mist auseinandersetzen musste. Es war schon schwer genug für mich.«
»Aber sie hat dich zu Liams gesetzlichem Vormund gemacht«, merkte Gannon mit fragendem Blick an.
»Hat sie. Aber ich glaube, sie tat es, weil sie verhindern wollte, dass der Staat ihn ihr wegnimmt. Außerdem hatte sie kein Geld, um für ihn zu sorgen.« Und sie hatte auch keinen Versuch unternommen, an welches zu kommen.
»Weißt du, wer der Vater ist?«, wollte Cam wissen.
»Nein. Cassie hatte keine Ahnung.« Roan hasste diese Geschichte, doch er konnte sie nicht länger für sich behalten. »Sie hat sich für Geld verkauft. Um an ihren nächsten Schuss zu kommen. Sie meinte, es hätte eine ganze Reihe an Kerlen sein können.« Er senkte den Blick auf den Tisch. »Ehrlich gesagt glaube ich, dass Liam ohne ihn besser dran ist, wer auch immer er ist. Ich vermute, dass Liams Vater ein Dealer oder so etwas war.«
»Ist Liam gesund?«, fragte Gannon. »Ich nehme an, dass er bei seiner Geburt Probleme hatte.«
Roan nickte und ließ die Finger an der Kaffeetasse hinabstreichen. »Ja. Hatte er. Aber er ist ein Kämpfer. Sie hat im fünften Monat rausgefunden, dass sie schwanger war.«
»Das erklärt, wo du all die Monate über warst«, äußerte Cam und sein Tonfall war schärfer als zuvor.
»Irgendjemand musste ihr beim Entzug helfen«, rechtfertigte sich Roan. »Da mein Vater und Lydia sich geweigert hatten, ihr zu helfen, bevor sie schwanger wurde, hat sie mir das Versprechen abgenommen, ihnen nichts zu sagen.«
»Sie wussten es nicht?« Cam wirkte entsetzt.
»Sie haben sie nie gesehen. Nicht ein einziges Mal sind sie zu Besuch gekommen und haben nur selten angerufen.« Das war allerdings nicht ungewöhnlich. Sein Vater und seine Stiefmutter lebten in ihrer eigenen kleinen Welt.
»Du hast also rausgefunden, dass sie schwanger war, und dann was? Hat sie aufgehört, Drogen zu nehmen?«
»Nein. Es war ein langer Kampf. Sie hat weder auf die Drogen noch auf Alkohol verzichtet. Wir haben uns ständig gestritten. Besonders, nachdem ich bei ihr eingezogen war. Ich wusste aber, dass jemand ein Auge auf sie haben musste. Schließlich…« Roan sah zu Cam auf. »Ich dachte, ich wäre zu ihr durchgedrungen. Sie hatte sich eine Weile lang im Griff, jedenfalls behauptete sie das. Ich hatte den Verdacht, dass sie ein paarmal rückfällig geworden ist, aber ich habe es ihr durchgehen lassen.« Wie ein Idiot. »Ich dachte, sie wäre wieder auf dem richtigen Weg und das wäre der Grund, warum sie sich so widerlich verhalten hat.«
Es war alles gelogen gewesen. Cassie hatte nie mit den Drogen aufgehört, sondern sie nur vor ihm versteckt.
Er wollte nicht genauer ausführen, wie Liam mit einer Drogensucht zur Welt gekommen war. Er war beinahe ausgerastet, als er herausfand, dass Liam einen Entzug machen musste, weil Cassie ihn während ihrer Schwangerschaft mit Drogen gefüttert hatte. Es war ein schrecklicher Augenblick in Roans Leben gewesen, als er dieses Baby sah, das an Infusionsschläuche angeschlossen worden war, während sie ihn mit irgendetwas vollpumpten, was den giftigen Mist nachahmen sollte, den sie sich selbst verabreicht hatte.
An diesem Punkt hatte Roan Cassie gesagt, dass er sie hasste. Für das, was sie Liam angetan hatte.
»Ich wünschte, du hättest was gesagt«, meinte Cam mit leiser Stimme. »Ich weiß, ich hätte versuchen sollen, mit dir zu reden, aber…«
Roan hielt Cams Blick fest. »Ich wollte niemanden Cassies Zorn aussetzen. Und glaub mir, sie war bösartig.«
Meistens war sie grausam gewesen. Nicht, dass Roan sich ihr gegenüber sehr viel netter verhalten hatte.
»Wie können wir dir helfen?«, bot Gannon an.
Roan zuckte mit den Schultern. Er hatte noch keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken. »Ich werde eine Zeit lang Urlaub brauchen«, teilte er ihnen mit.
»Absolut verständlich. Wir werden dafür sorgen, dass alles auch ohne dich läuft«, versicherte Cam ihm. »Und wir wollen dich auch unterstützen. Ich bin mir sicher, wir lernen im Handumdrehen, wie man eine Windel wechselt oder das Fläschchen vorbereitet. Gannon arbeitet in letzter Zeit viel häufiger im Homeoffice.« Cam schenkte ihm ein kleines Lächeln. »Du weißt schon, falls du mal eine Pause brauchst.«
»Milly wird ausflippen«, sagte Gannon grinsend. »Du wirst sie dir nicht mal mit einem Stock vom Leib halten können. Also kannst du ihre Hilfe auch gleich annehmen.«
Roan lächelte, während er seine Freunde musterte. Cam war immer für ihn da gewesen. Selbst, als er anderer Meinung gewesen war. Und Gannon… Obwohl Roan anfangs versucht hatte, Cams und Gannons Beziehung zu sabotieren, trug ihm der Mann anscheinend nichts nach. Roan hatte es ganz allein geschafft, sich von allen zu entfremden. Er wusste, dass er sich jetzt auf sie verlassen musste. Auf gar keinen Fall würde er das allein durchstehen können.
»Vielen Dank.«
»Und wir werden uns von dir nicht wieder wegstoßen lassen«, erklärte Cam und in seinen Augen spiegelte sich die Ernsthaftigkeit dieser Aussage wider. »Du hättest es gar nicht erst tun sollen.«
Roan nickte. Das wusste er. Würde er es anders machen, wenn er die Zeit zurückdrehen könnte? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber das musste Cam nicht wissen.
»Wann wirst du es Dare und Teague erzählen?«, fragte Cam.
»Ich weiß es nicht. Schätze mal, das sollte ich bald machen.«
»Sie werden dir helfen wollen, das weißt du.«
Jepp, das wusste er.
Die ganze Zeit hatte er sich ihre Unterstützung gewünscht, doch da er wusste, wie ekelhaft Cassie werden konnte, hatte er ihren Zorn über sich ergehen lassen und sie außen vor gelassen. Stattdessen hatte er sich abgeschottet und war für seine Schwester da gewesen. Und nach Liams Geburt hatte Roan alles in seiner Macht Stehende getan, doch ihm wurde bewusst, dass er aufgehört hatte, Cassie zu helfen, weil er sich stärker darauf konzentriert hatte, für Liam zu sorgen.
Nicht, dass es ihn gestört hätte. Genau genommen war er dem Kleinen innerhalb von vier kurzen Wochen komplett verfallen. So sehr, dass er sich die Hälfte der Zeit gewünscht hatte, Cassie wäre nicht mehr da, damit er das Baby allein großziehen konnte.
Jetzt sah es so aus, als wäre dieser Wunsch in Erfüllung gegangen.
Und diese schweren Schuldgefühle raubten ihm beinahe den Atem.
***
Cam wartete, bis er und Gannon im Bett lagen, bevor er die eine Frage stellte, die er Roan heute Abend nicht hatte stellen können.
»Hast du gesehen, was zwischen Roan und Seg abgelaufen ist?«
»Wer ist Seg?« Gannon wirkte aufrichtig verwirrt.
»Der Verteidiger der Arrows. Colton Seguine. Der Typ, der sich mit Roan unterhalten hat, als wir das Team kennenlernen durften?«
Da schien Gannon ein Licht aufzugehen. »Ich habe gesehen, dass sie miteinander geredet haben. Wirkte auf mich vollkommen harmlos. Außerdem meinte Roan, sie hätten sich in einer Bar getroffen, oder?«
Cam zuckte mit den Schultern und ließ sich in die Kissen sinken. »Das hat er gesagt, ja. Aber irgendwas lief da zwischen den beiden.«
»Da lief was?«
»Ich frage mich, ob sie mal was miteinander hatten.«
»Wie kommst du denn darauf?« Gannon rollte sich näher an ihn heran, legte ein Bein über Cams Beine und einen Arm über seine Brust.
»Ich weiß es nicht. Roan sah während des Gesprächs aus, als würde er jeden Moment flüchten.«
»Und das ist inwiefern ungewöhnlich?«
»Keine Ahnung. Sie kannten sich offensichtlich, aber es wirkte intensiver als bloß ein kurzes Hi, wie geht's in einer Sportbar. Ich finde es komisch, dass Roan nie erwähnt hat, dass er mit einem verdammten Hockeyspieler befreundet ist.«
»Und mit befreundet meinst du…?«
Erneut zuckte er mit den Schultern. Cam konnte es nicht beschreiben. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe Roan vorher noch nie so erlebt. Es war… merkwürdig, schätze ich. Ich weiß noch nicht mal, wie ich es erklären soll. Aber ich hab's gesehen.«
»Tatsächlich?« Gannon wich zurück, um Cam anzusehen. »In all den Jahren, die du ihn jetzt kennst, hat Roan noch nie einen anderen Mann ungezwungen begrüßt?« Er lachte.
»Daran war nichts ungezwungen.«
»Auf mich wirkte es aber so.«
»Sie hatten etwas zu verbergen.« Und Cam wollte wissen, worum es sich dabei handelte. »Roan war nie der Typ, der viele Dates hatte. Zumindest habe ich es nicht mitbekommen. Ich weiß, er hatte ein paar flüchtige Bekanntschaften, aber er hat nie jemanden mitgebracht.«
»Also willst du sagen, dass du keine Ahnung hast, wie Roan zu diesem Kerl steht. Wenn da überhaupt irgendetwas ist.«
»Genau das will ich sagen.« Er wusste es nicht. Allerdings beschlich ihn die Ahnung, dass da irgendetwas zwischen den beiden lief. Oder in der Vergangenheit vielleicht gelaufen war. Cam hatte Seguine beobachtet. Er kannte den Mann nicht, aber er hatte etwas in seiner Miene gesehen.
»Du solltest Roan danach fragen.«
Ja. Vielleicht. Wenn alles geklärt war, würde er das möglicherweise tun.
»Ist der Kerl schwul?«, wollte Gannon wissen.
»Weiß ich nicht.«
»Ich dachte, du wärst ein Hockeyfan.«
»Bin ich auch. Aber ich interessiere mich für das Spiel, nicht für das Liebesleben der Spieler.«
»Willst du mir weismachen, dass du nie in einen dieser Typen verknallt warst?« Gannon rückte näher und sein Atem strich warm über Cams Hals.
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Und du hast einen Gamer-Nerd mit Brille geheiratet«, neckte Gannon ihn und ließ seine Lippen über Cams Hals gleiten.
»Das habe ich. Einen sexy…« Cam neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »… Gamer-Nerd… oh, zur Hölle, ja…«
»Mit Brille«, fügte Gannon hinzu.
»Ja, mit Brille. Gott, ich liebe diese verdammte Brille.« Okay, und jetzt klang er außer Atem, dabei bewegte er sich nicht mal. Andererseits stellte Gannon das eben mit ihm an. Selbst nachdem sie in den vergangenen paar Stunden durch die Hölle gegangen waren, konnte der Mann ihn immer noch vor Verlangen wahnsinnig machen.
Und wie in jeder zweiten Nacht würde Cam ihm erlauben, ihn von dem verrückten Mist abzulenken, der auf der Welt passierte. Selbst wenn es nur eine kurze Weile anhielt.