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Kitabı oku: «Novellen», sayfa 11

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Dreizehntes Kapitel

Das, was weiter geschah, kann ich nicht aus eigener Anschauung mitteilen, sondern nach Worten und Angaben eines Augenzeugen.

Dank Drukarts Einfluß wurde der Jude im Empfangzimmer des General-Gouverneurs so aufgestellt, daß ihn der Fürst beim Eintritt sofort bemerken mußte.

„Was? … wer? … was ist das für ein Mensch … warum weint er … fragen …“ wendete sich der Fürst an Drukart, welcher diesesmal beim Empfange dem Fürsten assistieren mußte.

Drukart nahm die Bittschrift aus der Hand des Juden und schaute pro forma in dieselbe, da er in der Angelegenheit bereits vordem eingehend unterrichtet war.

Aus derselben hätte Drukart nichts herauslesen können, da diese einfache Angelegenheit in der weitschweifigen Beschreibung aller seiner Gefühle, Leiden, Ängsten, Verfolgungen, Elemente, Karkadil und allem möglichen unnötigen Zeuge verloren ging.

Es blieb also Drukart nichts anderes übrig, als die Bittschrift einfach zusammenzufalten und dem Fürsten den Fall in wenigen Worten mitzuteilen.

Drukart tat es in wenigen warmen, schönen, zum Herzen gehenden Worten, so daß der Fürst gerührt wurde, seine Augenbrauen zogen sich in die Höhe, die Stirne wurde kraus, der „gute Junge“ machte sich auf seinem Platze im Barte bemerkbar und rührte sich.

„Was ist das … scheint mir … Lumperei …“ äußerte sich der Fürst, „das … so … kann nicht zugelassen werden.“

Drukart wies auf das Gesetz hin.

Der Fürst wurde mürrisch, aufgeregt, der „gute Junge“ war im Begriffe zu verschwinden, verließ aber seinen Posten nicht.

„Ja … Gesetz … scheint es … nicht sein …“

Drukart gab keine Antwort – der Fürst setzte seinen Empfang fort, nahm Bittschriften entgegen – der Jude heulte und wimmerte und hörte nur für einen Augenblick auf, wenn derselbe durch allgemeines: Tss! zum Stillschweigen aufgefordert wurde, erhob jedoch nach einigen Augenblicken wiederum sein Geschrei, dabei auf- und abschnellend, wie eine auf einer Gummischnur aufgehängte Puppe.

Dieses schien dem Fürsten zu Herzen zu gehen.

„Befehlen … scheint es … still sein … hinausführen …“ sagte er im Tone, als wenn er sich stark ärgern würde; seine Umgebung jedoch, die ihn sehr wohl kannte, wußte, daß dies kein Ärger sei, sondern ein Deckmantel für das in ihm aufsteigende Mitgefühl.

Die Reaktion in seinem Inneren war eingetreten, obzwar er befahl … still sein … hinausführen … dieser Befehl war mehr als das Zeichen des Verdrusses, als des Ärgers, da er augenblicklich nicht wußte, wie er diese Angelegenheit behandeln soll.

Es war bekannt, daß in solchen Fällen der Fürst solange unruhig blieb, bis er das Richtige gefunden hat, was ihm die Möglichkeit bot, dieser Sache den gewünschten Ausgang und Erfolg zu geben; dies war auch hier anzunehmen und man war überzeugt, daß sich der Fürst eine Zeitlang mit der Angelegenheit des Juden in Gedanken beschäftigen wird und zwar solange, bis er das Richtige herausfindet.

Diese Annahme bestätigte sich wirklich.

Kaum daß den eingeschüchterten und still gewordenen Juden zwei Gendarmen unter den Arm nahmen und hinausführen wollten, rührte sich auch der „gute Junge“ im Barte und der Fürst meinte:

„Ruhig … sagen sie … das … nicht nötig …“

Auf was sich dieses „nicht nötig“ bezog, blieb unklar, aber begreiflich: den Juden haben die Gendarmen zwar aus dem Zimmer hinausgeführt, doch nicht aus dem Hause gejagt, sondern am Korridor stehen gelassen, wo sich derselbe auf den Fußboden setzte und fortfuhr krampfhaft nach allen Richtungen zu zucken, als wenn ihn jemand an einer inneren Gummischnur gezogen hätte.

Der Fürst beeilte sich den Empfang rasch zu beenden; während der ganzen Zeit war derselbe unruhig, unzufrieden, ärgerlich.

Nachdem alle Bittsteller den Saal verlassen hatten, ging der Fürst nicht in sein Arbeitszimmer, sondern in ein kleines Kabinet, welches rechts vom Eingange lag auf den Hof hinaus führende Fenster hatte und in welchem er jene zu empfangen pflegte, mit welchen derselbe längere private oder sekrete Besprechungen zu machen hatte und in welches er sich stets zurückzuziehen pflegte, sobald er allein sein wollte.

„Traurig …“ sagte der Fürst, als Drukart in das Kabinet trat.

„Sehr traurig, Excellenz …“ gab derselbe zur Antwort in seiner ruhigen Art und Weise, welche ihn nie verließ und wodurch er sich vor allen anderen auszeichnete.

„Tfu! … was für ein Lump … ein ganz gemeiner Spitzbube …“

„Gewiß, ein Lump …“ war die Antwort eines Mannes, welcher begriff, auf was sich alles dieses bezieht und daß darunter der gemietete Ersatzmann des Juden gemeint ist, der den Wunsch äußerte sich taufen zu lassen.

„Im Gesetze … scheint es … nichts?“

„Nein, dort gibt es keine Angabe … wieviel Zeit vergehen muß, ehe der betreffende getauft werden kann …“

„Nahm Geld … Lump … Es ist … scheint es … was für … Glaube!“

„Glaube, nur Vorwand.“

„Einleuchtend … nur ich … nichts … scheint es … kann tun … gehen Sie …“

Der Fürst entließ den Drukart in augenscheinlich höchst unangenehmen quälenden Gedanken; doch hatte Drukart das Vorzimmer noch nicht erreicht, als der Fürst das gefunden hatte, was ihm als das richtige schien und die Türe aufreißend, rief er mit fast nach Freude klingender Stimme:

„Ah! Ah! Drukart!“

Dieser kehrte sich um.

„Jetzt … diesen … wie er … also: den Juden nehmen … in Schlitten … fahren … mit ihm … sofort … gerade … zum Mitropoliten … Er … guter Alter … soll schauen … alles erzählen … von mir Empfehlung … sagen … Leid … nichts tun kann … Gesetz … ausführlich … Sie verstehen …“

„Vollkommen!“

„Ja … kann nicht … möchte … scheint es … sehr gerne … kann nicht … er, sehr gut … verstehen Sie …“

„Ja wohl, Excellenz!“

„Also … überlasse … mische mich nicht … aber … ich bitte … weil … wenn ihm ebenfalls leid … sowie er meint … kann sein … bitten Sie … berichten …“

Der Fürst beendete seine Rede in weit lebhafterem Tempo, als dies sonst der Fall zu sein pflegte, machte eine entschiedene Bewegung mit der Hand, drehte sich um und ging dann mit hellerem, freudigerem Gesichtsausdruck in seine Privaträume, doch nicht, etwa um der Fürstin die Geschichte des Juden zu erzählen, sondern um auszuruhen.

Der vom Fürsten mit diesem Auftrage bestimmte Beamte fuhr mit dem Juden zur Residenz des Mitropoliten, welche im Kloster sich befindet; mir aber schickte er durch einen Kurier ein Stückchen zusammengefaltetes Papier, auf welchem in eiligen Schriftzügen geschrieben stand: „Die Stellung sofort unterbrechen – wir fahren zum Mitropoliten.“

Vierzehntes Kapitel

Auf zwei bis drei Stunden die Rekrutierung zu unterbrechen, bot keine Schwierigkeit, auch war dies weder auffallend noch unmöglich; ich tat es; doch welchen Erfolg dieses haben soll, war mir unerklärlich.

Unsere geistliche Hierarchie, „unsere geistlichen Herren“ oder Leute „geistlichen Standes“, wie sie der verstorbene Kiever Mitropolit Eugen Volchovnikov in seinem vorzüglichen encyklopädischen Sammelwerke nennt, ist zum großen Unglück für sie der Gesellschaft und dem Volke von ihrer besseren Seite wenig bekannt, die Intelligenz steht ihr vollständig fremd gegenüber.

Nur während der Ausübung der kirchlichen Funktionen sichtbar, treten sie sofort nach Beendigung derselben in den Schatten und Hintergrund zurück; ihre außerdienstliche Tätigkeit, ihr privates Leben ist niemandem bekannt, sie bewegen sich fast ausschließlich in ihrem geschlossenen Kreise, stets unter ihres gleichen und entfernen sich dadurch dem wirklichen Leben.

Selbst wenn ein hervorragender geistlicher Fürst, ein Mitropolit, Erzbischof oder Bischof stirbt, pflegt sein Nekrolog nichts anderes zu enthalten als die Angaben seines Geburtsjahres und seiner dienstlichen Qualifikationsliste; eine recht traurige Zusammensetzung in oft noch traurigerem Stile geschrieben.

Kein Wort über seine Ausbildung, seine Kenntnisse, sein geistiges und weltliches Wirken, nichts über seinen Charakter, Geist, seine Ansichten, Gedanken, es wird nichts erwähnt über sein Wesen, sein Wirken, sondern nur gewöhnliche landläufige Phrasen, oft in unlogischer, ungrammatikalischer Zusammenstellung vorgebracht.

Um wie viel sind uns in dieser Beziehung hin die Katholiken und Protestanten voraus; schon während der Lebenszeit sind dieselben mit den Eigenschaften ihres Priesters, der ihnen ja nicht fremd, weil mit ihnen verkehrend, völlig vertraut, und alles, was dieser getan, gedacht, erzielt, alles findet man gesammelt in Werken, die jedermann zugänglich sind und für die sich nicht nur die Intelligenz, sondern auch das Volk interessiert.

Uns ist alles derartige unbekannt.

Es kann möglich sein, daß man absichtlich, aus Berechnung alles derartige unterläßt – darüber will ich weder streiten noch mich für oder gegen aussprechen.

Es scheint, man wünsche es, daß der Schäfer sich nicht unter die Schafe mische, weil man annimmt, daß dieses weder Vorteil noch Nutzen der Kirche bringen würde.

Der Priester soll das Volk nur mit dem Leben, Leiden, den Lehren unseres Heilandes Jesus Christus bekannt machen, alles übrige soll ihm ein Buch mit sieben Siegeln sein; das Volk soll mit der höheren Hierarchie in keine geistige noch weltliche Berührung kommen, sie soll demselben unnahbar, unerreichbar, fremd sein und bleiben, doch würden diese hohen Kirchenfürsten und ihre Untergebenen größere Wohltäter des Volkes werden, wenn sie demselben näher treten, Anteil nehmen würden an dessen Wohl und Wehe.

Ein geistlicher Schriftsteller äußerte sich über die Scheidung des geistlichen Standes von dem weltlichen, vom Volke und der Intelligenz dahin, daß die wenigsten Personen der niederen Geistlichkeit in der Lage sind, logisch und zusammenhängend zu sprechen und zu schreiben.

Ich stimme dem vollkommen zu und kann es nur beklagen; man findet außerordentlich wenige Personen geistlichen Standes, welche sich literarisch beschäftigen würden; das ist ein großes Hindernis für die gegenseitige Annäherung und bedeutet einen großen Verlust für beide Teile.

Diese Abschweifung, zur Sache eigentlich nicht gehörig, bedauere ich nicht gemacht zu haben, auch darf sie nicht in dem Sinne gedeutet werden, als würde ich durch dieselbe das ergänzen wollen, was später geschah und zwar zur richtigen Zeit und im richtigen Augenblicke.

Auch sonst fällt mir gar nicht in den Sinn, noch habe ich Lust Beweise für das von mir Gesagte zu erbringen.

Ich habe überhaupt in der Erzählung fortzufahren, kann jedoch nicht unterlassen, einiges Charakteristische aus dem Leben des an dem günstigen Ausfall der Geschichte beteiligten Mitropoliten Filaret Amfiteatrov mitzuteilen, wodurch seine Leutseligkeit und Herzensgüte mehr zum Ausdruck kommt.

Fünfzehntes Kapitel

Der Mitropolit war mehr oder weniger mein Landsmann, denn er war ebenfalls im Orlover Gouvernement geboren.

Schon als Kind hörte ich vieles von dessen Gutherzigkeit und Menschenliebe erzählen.

Ebenso waren mir die verschiedenen Verfolgungen bekannt, denen er ausgesetzt war, ehe er den hohen Posten eines Mitropoliten erreichte.

Es ist schade, daß sich niemand findet, das Leben dieses seltenen Mannes einem speziellen Studium zu unterwerfen, dasselbe würde ein höchst interessantes Buch über den Charakter und Tätigkeit vieler hochstehender, zu jener Zeit lebenden Personen und über die Zeit selbst ergeben.

In den verschiedenen Geschichten, welche noch heutigen Tages unter dem Volke verstreut sind und nacherzählt werden, wird der Mitropolit Filaret als ein bescheidener, sanfter, geduldiger, friedfertiger, einfacher Mensch und Priester geschildert – von seiner sonstigen Tätigkeit wird jedoch keine Erwähnung getan.

Seine Menschenliebe kam täglich, ja stündlich zum Ausdruck.

Man erzählte sich Verschiedenes über den Moskauer Mitropoliten, welcher es soweit brachte, daß Mitropolit Filaret nicht mehr auf seinen früheren Posten nach Petersburg zurückkam – ich finde es nicht notwendig auf diese Angelegenheit näher einzugehen, da dieselbe auch sonst in keiner Beziehung zu meiner Geschichte steht.

In Kiev tadelte man und sprach sehr viel über seine persönlichen Beziehungen zu dem verstorbenen Gerasim Pavskij – ich selbst stand eine Zeit auf Seite der Tadler.

Zum erstenmale begegnete ich dem Mitropoliten im Hause des Präsidenten der Finanz-Landes-Direktion in Kiev und zwar unter Umständen, welche mich in Erstaunen brachten.

Als der Mitropolit in den Salon trat, segnete er zuerst den Hausherrn und seine Angehörigen, dann die übrigen Gäste, welche an ihn herantraten, um seinen Segen zu empfangen.

Mit einemmale bemerkte er ein junges Mädchen, die Erzieherin der Kinder des Hausherrn, welche an den Tisch sich anlehnend ruhig stand; der Mitropolit sah sie an und ohne seine Stelle zu verlassen, fragte er:

„Und Sie?“

Das Mädchen verbeugte sich tief vor ihm, ohne jedoch zu ihm näher zu treten.

„Nu, was ist … treten Sie doch näher! …“

Der Hausherr trat an den Mitropoliten heran und sagte ihm leise:

„Eminenz! – sie ist eine Protestantin.“

„Was liegt daran, daß sie eine Protestantin ist – sie ist doch keine Jüdin.“

„Nein, Eminenz, Protestantin.“

„Nu, Protestantin, komm zu mir, komm, komm … so; segne Dich Gott! … im Namen Gottes des Vaters, Sohnes und des heiligen Geistes …“

Er segnete das sichtlich stark aufgeregte und verwirrte Mädchen, und als sie, unserem Beispiele folgend, seine Hand küssen wollte, ließ er es nicht zu, sondern strich ihr mit derselben liebevoll über ihren Kopf, und sagte:

„Ein kluger, verständiger Kopf!“

Das Mädchen war von diesem ungewöhnlichen Vorfalle, von der zum Ausdruck kommenden Menschenliebe so sehr ergriffen, daß sie zu weinen anfing und sich für eine Zeit in die anderen Zimmer der Wohnung zurückziehen mußte, um wieder die gewohnte Ruhe zu finden.

In der Folge ging sie jedesmal unaufgefordert zum Mitropoliten, um sich von ihm segnen zu lassen, er schenkte ihr Bücher, Bilder, sie trat dann zur rechtgläubigen Kirche über und soll, wie man mir erzählte, sehr religiös gelebt und den Mitropoliten Filaret äußerst hoch geschätzt und geliebt haben.

Während dieses seines Besuches zeigte sich uns der Mitropolit auch in anderem Lichte.

Er hatte kaum die Ehrenstelle am Divan eingenommen, als die Schwester der Hausfrau sich beeilte, neben ihn sich zu setzen und ihn zu unterhalten.

Die Dame dachte wohl vor ihm mit ihrer Eleganz einer Weltdame glänzen zu sollen, denn sie frug süß lächelnd:

„Euere Excellenz dürften sich wohl hier in Kiev nach Petersburg sehnen?“

Der Mitropolit sah sie an – und – Gott weiß es – hat er diese Frage mit seiner Entfernung aus Petersburg in Verbindung gebracht oder dieselbe nicht richtig verstanden, denn er antwortete:

„Was soll das? … Was geht mich Petersburg an?“ und sich abwendend sprach er in einem ganz eigentümlichen Tonfall und Ausdrucksweise: „… dumm … sehr dumm …“

Die Stimme, mit welcher er dies sagte, klang so alt, so schwach, während später, als er sich beruhigte, dieselbe wieder weich, wenn auch tief, klangvoll wurde.

Der Eindruck, den der Mitropolit beim ersten Begegnen auf mich machte, war ein eigentümlicher, mir schien derselbe gutmütig, zu gleicher Zeit aber – sehr grob zu sein.

Ich erinnere mich noch eines Vorfalles mit einem Maurer, welcher vom Turme herabstürzte und sich schwer verletzte.

Der Mitropolit trat an ihn heran, betrachtete ihn längere Zeit, seufzte tief auf und sprach:

„Ei, ei! Du dummer Mensch! …“ segnete ihn und ging weiter. —

In Kiev wohnte ein Priester, Namens Botvinovskij ein Mensch nicht ohne verschiedene Schwächen dabei aber von ungewöhnlicher Herzensgüte.

Er stellte, beispielsweise, eine solche Geschichte an: Dem Kassier T. fehlten etwa 3000 Rubel in der Kassa und ihm drohte nicht nur völliger Untergang, Entlassung, sondern auch Gefängnis, wenn nicht noch etwas Ärgeres.

Viele reiche Leute haben ihn zwar bemitleidet, aber niemand entschloß sich etwas zu tun, um ihm zu helfen und ihn zu retten.

Botvinovskij jedoch, ohne je den T. gesehen, oder gekannt zu haben, verkaufte alles Wertvolle, was er besaß, belastete sein Haus und lief ruhelos so lange bei allen seinen Bekannten und auch Unbekannten in der Stadt herum, bis er die noch fehlende Summe geradezu gesagt zusammengebettelt hat, die er dann dem T. einhändigte.

Sowie man dem Mitropoliten diesen Fall erzählte, meinte er:

„Siehe da! ein selten braver Mann!“

Statt des Dankes erntete Botvinovskij später den schwärzesten Undank, er wurde beim Mitropoliten verklagt, welcher ihn vor sich laden ließ und ihn fragte, ob es alles wahr sei, was die Leute über ihn reden.

„Verzeihen, Euere Excellenz, nur Unvorsichtigkeiten,“ gab Botvinovskij zur Antwort.

„Ah! … Warum rauchst Du aus einer Pfeife mit langem Rohr? Ah!“

„Verzeihen, Euere Eminenz!“

„Was soll ich verzeihen? – Ah! – Ist das auch eine Unvorsichtigkeit? Ah? – Wie kannst Du, als Pop, eine Pfeife rauchen mit langem Rohr? – Ah!“ – schrie ihn der Mitropolit an, in einem Tone, als wenn er ihn ausschelten möchte.

„Ich verbiete Dir ein für allemal …“ sprach der Mitropolit weiter, „aus einer Pfeife mit einem langen Rohre zu rauchen oder eine solche zu besitzen … jetzt gehst Du geraden Weges nach Hause und brichst das lange Pfeifenrohr in zwei Stücke …“

Vom kurzen Rohr wurde weiter nicht gesprochen und auch der anderen Klagen nicht erwähnt; von der Zeit an blieb Botvinovskij unbelästigt.

Ich erinnere mich ferner einer altadeligen Familie, Mutter und Töchter, welche mir persönlich bekannt waren.

Sie war eine brave, tüchtige Frau, die Mutter dieser sechs Töchter, die nach damaligen Begriffen wohlerzogen waren und nicht häßlich genannt werden konnten; auch reich waren sie, konnten aber trotz ihres Reichtumes keinen Mann finden, was der Mutter höchst unangenehm war. Nach Ansicht derselben war niemand schuld daran – als die Männer selbst, welche nichts weiter sind als Egoisten, Schmeichler, Speichellecker, welche reiche Häuser besuchen, nicht um die Töchter zu heiraten, sondern um sich gut anzuessen.

Eines schönen Tages erschien sie mit allen ihren sechs Töchtern ganz unerwartet in Kiev, um einen in der Nähe der Stadt einsam wohnenden Mönch aufzusuchen, welcher im Rufe großer Frömmigkeit stand; diesen wollte sie bitten, für ihre Töchter zu beten, damit sich Freier für diese einfinden möchten.

Die Frau nahm Wohnung im Klosterhof; ich selbst bekam von meinen Eltern den Auftrag, sie aufzusuchen und ihr nach jeder Richtung hin behilflich zu sein.

Sie bat mich, mit ihr nach Kitaev, dem Wohnorte des Mönches zu fahren und zwar sobald als möglich, da sie vor Ungeduld brenne, den Einsiedler zu sprechen und dessen „Schicksalsspruch“ zu hören.

Diesem Wunsche konnte ich mich nicht gut entziehen, obzwar ich für meine Person keine große Lust spürte mit dem Einsiedler bekannt zu werden oder ihn in seiner Ruhe zu stören und zu beunruhigen; mir war von seiner Sehergabe nur soviel bekannt, daß er dem Begegnenden auf sein: „Sei gegrüßt, Väterchen“, gewöhnlich zur Antwort gab „auch Du, Sünder“.

Auf meine Bemerkung, ob es denn unbedingt nötig sei, wegen einer solchen Angelegenheit den guten Alten zu beunruhigen, gab mir die Mutter zur Antwort:

„Wie können Sie eine derartige Angelegenheit beurteilen? … Es wäre eine unverzeihliche große Sünde, eine solche Gelegenheit unbenutzt vorübergehen zu lassen … Ihr alle in Kiev seid Freigeister … nach neuer Art … ihr glaubt an nichts, während wir immer noch gläubig sind … Aufrichtig gestanden, ich bin ja mit meinen Töchtern nur deshalb hierher gekommen, um den frommen Mann aufzusuchen … Beten können wir zu Hause auch, ebenso wallfahrten wohin wir wollen – nach Mcensk zum heiligen Nikolaus, nach Orel zur heiligen Mutter Gottes im Frauenkloster … aber man sagte uns, der Einsiedler besitze die Gabe, alles vorauszusehen, und er soll mir deshalb das Schicksal meiner Töchter voraussagen.“

„Ich kann Ihnen die Versicherung geben, daß Sie von ihm nichts anderes hören werden, als etwa: ‚Guten Tag, ihr Sünderinnen‘“, erwiderte ich.

„Möglich … aber es kann sein … daß er mir zu Liebe sonst noch etwas sagen wird.“

„Jedenfalls wird er noch was anderes euch sagen,“ dachte ich mir.

Die Mutter hatte recht, gesagt hat er schon etwas.

So fuhren wir denn eines schönen Tages nach dem Wald von Kitaevsk und Golosjevsk, nahmen den unvermeidlichen Samovar, verschiedenes Gebäck, Delikatessen, Weine, Melonen und noch aller Art Proviant mit; dort angekommen erholten wir uns erst von der Fahrt, besuchten die Kirchen und machten uns schließlich auf den Weg den Einsiedler zu suchen.

In Kitaevsk haben wir ihn nicht gefunden, man wollte ihn auf dem Wege nach Golosjevsk gesehen haben, wo während des Sommers der Mitropolit zu wohnen pflegte.

Wir gingen und gingen, frugen jeden, der uns begegnete, und kamen schließlich in einen Garten, wo man uns sagte, daß sich der Mönch dort befinden dürfte.

Endlich fanden wir ihn.

„Guten Tag, Väterchen!“

„Guten Tag, ihr Sünderinnen!“

Die Damen stutzten über diese Antwort; die Mutter aber, welche bemerkte, der Alte wolle einen ganz entgegengesetzten Weg einschlagen, ermutigte sich und sagte:

„Sagen Sie uns noch etwas, Väterchen!“

„Gut,“ sagt er, „lebt wohl, ihr Sünderinnen!“

Damit ließ er uns stehen; aber mit einemmal erschien an seiner Stelle ein anderer Greis – nicht so groß vom Wuchse, wie der Mönch, aber mit hellem, klarem, freundlichem Gesichtsausdruck und frug:

„Was wollt Ihr, Närrchen? – Ach! … Ihr dummen, dummen … geht doch lieber nach Hause …“

Dieser Greis entfernte sich ebenfalls.

„Wer war dieser zweite, der eben mit uns gesprochen?“ frugen die Damen.

„Das war der Mitropolit,“ gab ich zur Antwort.

„Das kann doch wohl nicht sein!“

„Ist aber schon, er selbst.“

„Ach! mein Gott! … welches Glück … jetzt werden wir zu Hause allen erzählen, daß der Metropolit mit uns gesprochen hat … Die Leute werden es gar nicht glauben wollen! … Und wie freundlich, zuvorkommend und herablassend er ist …“

„Er ist unser Orlover Landsmann,“ sprach ich.

„Gewiß hat er nach dem Dialekt erkannt, daß wir Orlover sind und ist deshalb so freundlich mit uns gewesen.“

Über diese Begegnung waren sie so glücklich, daß sie zu weinen anfingen.

Ja, dieser Greis war tatsächlich der Mitropolit selbst, welcher sofort erkannte, wess’ Geistes Kinder er vor sich zu stehen habe; Sünderinnen konnte man meine Landmänninnen weniger nennen, wohl aber beschränkt … dumm!

Alles dieses erzähle ich nur deshalb, um Gelegenheit zu geben, den Charakter des Mitropoliten richtiger beurteilen und um daraus den Schluß ziehen zu können, wie sich derselbe in der Angelegenheit des Juden benehmen wird, in einer Angelegenheit, in welcher wir alle, die Juden bemitleidend, nichts machen konnten, ja selbst die höchste, einflußreichste und machtbesitzende Persönlichkeit machtlos und ohne Einfluß blieb.

Wir gingen alle um das Feuer herum, in welchem die Kastanien lagen, aber niemand traute sich dieselben herauszuholen, da er fürchtete sich zu verbrennen; diese Mühe blieb dem Mitropoliten vorbehalten, einer Person, welche der ganzen Angelegenheit völlig fremd gegenüberstand.

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28 ekim 2017
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