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Kitabı oku: «Novellen», sayfa 5

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Siebzehntes Kapitel

Ochrim Pidnebesnij gehörte zu jenem neuen, sehr interessanten Typus jener Kleinrussen, welcher in dem ersten Viertel des neunzehnten Jahrhundertes in hinter dem Dneper gelegenen Ortschaften aufzutreten begann, doch gegenwärtig einen starken Einfluß auf die religiöse Richtung der dort lebenden Bevölkerung besitzt.

Es ist merkwürdig, daß alle jene, welche sich mit dem Studium der Eigentümlichkeiten und der Sitten der Völker beschäftigen und sonst die unbedeutendsten Kleinlichkeiten für wichtig halten, es vollends unterließen sich mit den Kleinrussen zu beschäftigen und es überhaupt vollständig übersahen, daß unter denselben eine nicht zu unterschätzende religiöse Strömung sich rege.

Die dort lebenden Russen fanden ein Bedürfnis in sich ihre Religiosität in anderer Art ausdrücken und offenbaren zu müssen.

Es ist hier weder der Ort noch bin ich unterrichtet genug, um es zu erklären, warum die Kleinrussen veranlaßt worden sind, ihre religiösen Ansichten durch andere zu ersetzen, ich kann nur soviel sagen, daß die Führer dieser Strömung sogenannte Einsiedler waren, Leute, welche in ihren Hütten eine kleine Stube oder gar nur eine Ecke in der großen allgemeinen Stube für sich reservierten, diese peinlich rein hielten und in dieser ebenso äußerlich wie innerlich und geistig rein lebten.

Sie zogen sich von ihren Angehörigen oder Nachbaren nicht zurück, ebenso entfremdeten sie sich oder wichen sie anderen nicht aus, nein – sie arbeiteten nach wie vor mit den anderen zusammen, verkehrten mit ihnen, dienten als Muster von Arbeitsamkeit, Häuslichkeit, guter Sitte für alle anderen, sie sprachen sehr gerne über Religion, aber immer und überall hatte ihr Tun und Lassen etwas Puritanisches in sich.

Sie schätzten die Intelligenz und Bildung sehr hoch; jeder von ihnen konnte lesen und schreiben, und diese Kenntnis wurde hauptsächlich dazu benützt, sich mit den Evangelien und dem neuen Testamente bekannt zu machen.

Sie lasen die heiligen Bücher mit religiösem Eifer und zogen daraus den Schluß, daß der wahre Glaube in aller seiner Reinheit und Vollkommenheit nur im neuen Testamente zum Ausdruck komme, und daß alles andere, Überlieferungen und ähnliches sei, dem die Geistlichkeit ebensoviel Kraft beimißt wie dem neuen Testamente, und daß diese Überlieferungen nichts anderes als Unglauben bedeuten.

Man erzählt sich, diese Ansichten wären ihnen durch deutsche Kolonisten beigebracht worden; doch wer immer daran Schuld tragen mag, eines bleibt sicher und gewiß, daß daraus die Sekte „der Stundisten“ hervorging und herauswuchs.

Kasak Ochrim, ein unverheirateter Bruder der Pidnebesnaja, gehörte ebenfalls zu den Stundisten; ohne Lehrer und ohne Anleitung lernte er lesen und schreiben und hielt es für seine Pflicht andere lesen und schreiben zu lehren.

Er unterrichtete jedermann, der ihn darum ansprach, stets umsonst, denn er war davon fest überzeugt, daß er belohnt sein wird von Jenem, der befahl zu lernen und zu lehren.

Dieses Unterrichten ging im Winter regelmäßiger vor sich wie im Sommer, ganz schwach während der Erntezeit, im Herbst fanden sich schon mehr Schüler ein, deren Zahl sich in den Wintermonaten mehr und mehr steigerte, um gegen das Frühjahr und den Sommer schwächer und schwächer zu werden.

Den Kindern gab Ochrim Unterricht am Tage, die anderen, Erwachsenen, unterrichtete er Abends in seiner Stube, wobei die Weiber ihre Spinnräder schnurren ließen.

Doch bei Oheim Ochrim wurden keine weltlichen Lieder gesungen und leeres Geschwätze und Klatsch geführt; die Mädchen spannen ihren Lein, Hanf oder Wolle, Ochrim selbst – nachdem er auf den Tisch einen Teller mit Honig und eine Schüssel mit Nüssen gestellt, um seine Gäste zu bewirten – bat ihm zu gestatten, ihnen etwas von unserem Erlöser, Jesus Christus, erzählen zu dürfen.

Gewöhnlich war man mit seinem Antrage einverstanden und Ochrim erquickte durch seine Erzählungen die Seelen der Anwesenden geistig und durch Honig und Nüsse leiblich, so daß alle mit diesen Zusammenkünften völlig zufrieden waren und in keine andere Hütte zum Spinnabend gehen wollten als zu Ochrim.

Diese halb weltlichen, halb geistlichen Zusammenkünfte fanden später auch ohne Honig und Nüsse statt.

An den Spinnabenden bei Ochrim fanden auch andere Annäherungen statt, die gewöhnlich mit einer Heirat endeten, was nicht wenig zu Gunsten von Ochrims Abenden sprach.

Alle jungen Paare, welche sich bei Ochrim fanden, führten nach ihrer Heirat stets ein ruhiges, glückliches Leben.

Wahrscheinlich lag die Ursache darin, daß sich die jungen Leute in einer friedlichen und friedfertigen Atmosphäre und unter dem Einflusse einer religiösen Strömung und nicht im Sturme von Leidenschaften, wo das heiße Blut und nicht das Herz und der Verstand leitend auftreten, kennen lernten und sich näher traten.

So wuchs Pidnebesnijs Ruf als gottesfürchtiger und frommer Mann von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde.

Zu Ochrim kam niemand, um gerichtet zu werden, weil er niemanden richtete, aber alle kamen um zu lernen, und Ochrim lehrte die Liebe zu Christus, dem Erlöser!

Siebzehntes Kapitel

Solcher Leute, wie Ochrim, gab es zu jener Zeit in Kleinrussland mehrere, alle lebten ohne viel von sich reden zu machen, sie blieben unbekannt der sogenannten Intelligenz, aber waren sehr geachtet und verehrt von den Bauern und Kasaken.

Es mußte aber ein viertel Jahrhundert verstreichen, ehe man zu der Überzeugung gelangte, daß unter den Augen der Lebenden, unbeachtet, eine große nach Tausenden zählende Sekte erstanden ist, die wir unter dem Namen Stundisten kennen.

Ich selbst habe einen der Gründer dieser Sekte persönlich gekannt; es war ein herzensguter, gegen jeden freundlicher, zuvorkommender Junggeselle – Kasak.

Wie die Mehrzahl seiner Glaubensgenossen lernte er mit Überwindung vieler Schwierigkeiten das Lesen und Schreiben, und lehrte sodann die Knaben und Mädchen der Gemeinde und Umgebung.

Wie Ochrim, so auch mein Bekannter lehrte bereits erwachsene Mädchen Lesen und Schreiben, erzählte ihnen an den Spinnabenden die Lebensgeschichte Jesu, seine Lehren und seine Leiden, wobei die Weiber spannen oder nähten.

Seine Redeweise war die denkbar einfachste, gänzlich ohne jede Dogmatik und theologische Findigkeiten; seine Reden hatten hauptsächlich den Zweck, die Menschen im Sinne der Lehren des Christentums zu erziehen.

Mein Bekannter – Prediger Kasak – lebte jedoch auf dem linken Ufer des Dneper, in einem Orte, wo es, außer ihm, keine weiteren Stundisten gab.

Übrigens bestand zur Zeit meiner Erzählung weder hüben noch drüben des Dnester eine regelrechte Organisation des Stundismus.

Achtzehntes Kapitel

Wie ich schon früher erwähnte, wurde der kleine Sava Dukač dem Ochrim Pidnebesnij übergeben, damit ihn dieser lesen und schreiben lehre; dieser erkannte die rasche Auffassungsgabe und die tiefe Religiosität des Knaben und übertrug auf ihn seine volle warme Seele.

Sava zahlte seinem Lehrer mit gleicher Münze und so entwickelte sich zwischen ihnen ein Verhältnis und ein Bund, so zart und doch so stark, daß, als der alte Dukač den Knaben nach dem Kloster, in dem er selbst lebte, bringen ließ, um ihn, dem gemachten Gelöbnisse der Mutter gemäß, dem Dienste der Kirche zu weihen, dieser dort schwermütig wurde, Heimweh nach der Mutter und Ochrim bekam und zu kränkeln anfing.

Dieses Heimweh, dieses Unwohlsein steigerte sich so, daß Sava, der überhaupt zart gebaut war, diesem erlag, bettlägerig wurde und gewiß gestorben wäre, wenn nicht Ochrim sich beeilt hätte, ihn zu besuchen.

Er begriff und erriet die Krankheit des Knaben und nach Paripsami zurückgekehrt, wußte er es der Dukačin klar zu machen, daß das Gott gemachte Gelöbnis nicht darin bestehe, Kindermord zu treiben; er riet ihr, den Knaben aus dem Kloster zu nehmen, ihn dort nicht quälen zu lassen und aus ihm kein „lebendiges“ Opfer zu machen.

Ochrim wies ihr einen, den Kleinrussen nicht gänzlich unbekannten Weg behufs Ausführung und Ableistung des Gelöbnisses; er riet ihr den Knaben in einer geistlichen Lehranstalt, einem Seminar, studieren zu lassen, damit derselbe ein Dorfgeistlicher, ein Pope werde, welcher den Armen und Elenden seiner Gemeinde viel gutes erweisen könne.

Die Dukačin ließ sich von den Ausführungen des Ochrim überzeugen und der kleine Sava wurde aus dem Kloster abgeholt und dem Seminar übergeben.

Dieses Vorgehen der Dukačin haben alle gebilligt, nur die Kerasivna nicht, in welcher sich überhaupt ein Geist des Widerspruches breit machte, sobald es sich um irgend eine Angelegenheit ihres Patenkindes handelte.

Man war sich darüber nicht völlig klar, ob sie denselben liebe oder hasse.

Ihr eigentümliches Verhalten gegenüber ihrem Täufling äußerte sich vom Tage seiner Geburt, namentlich dann, wenn das Kind in die Kirche gebracht wurde, um das heilige Abendmahl zu empfangen.

Bei einer solchen Gelegenheit schrie die Kerasivna in der Kirche mit lauter Stimme:

„Was tut ihr denn! … nicht nötig … trägt ihn nicht … es ist ein solches Kind, daß man zum heiligen Abendmahl nicht zulassen kann …“

Die Leute beachteten jedoch ihr Geschrei nicht … deshalb wurde sie grün und gelb vor Wut und Galle, lachte hell auf und bat:

„Laßt mich rasch heraus, daß meine Augen nicht sehen, wie Christi Blut einem unwürdigen Geschöpfe gegeben wird.“

Gefragt, weswegen sie sich so aufrege, gab sie zur Antwort:

„Mir ist gar so schwer ums Herz!“

Daraus zogen die Leute den Schluß, daß von dem Augenblicke an, als sie ihr Leben zum besseren änderte und zu hexen aufhörte, der Teufel dennoch ein kleines Kämmerchen in ihrem Herzen bewohne, in welchem er sich in Gesellschaft mit noch kleineren Teufelchen recht behaglich einnistete, die die Kerasivna stets beunruhigen und namentlich sie gegen den kleinen Sava aufregen, damit sie ihren Täufling nicht liebe.

Und tatsächlich haben die Teufel die Kerasivna so aufgeregt, daß sie, als der Sava ins Kloster gebracht werden sollte, drei Werst dem Schlitten nachlief, ohne Unterlaß schreiend:

„Fahrt ihn nicht ins Kloster … dort gehört er nicht hin … er ist nicht dazu bestimmt … ihr fahrt euere Seele in die Hölle … ihr nehmet eine große Sünde auf Euch …“

Selbstverständlich nahm Niemand Rücksicht auf ihr Schreien, Schelten, Schimpfen, ja man achtete gar nicht darauf und vergaß bald diesen eigentümlichen, unerklärlichen Vorfall; als aber der kleine Sava aus dem Kloster zurückgeholt worden ist, und in jene Schule, welche ihn zum Geistlichen, Popen oder Mönch hätte ausbilden sollen, gebracht wurde, da fing erst das Elend mit der Kerasivna an; sie wurde dadurch so aufgeregt, daß sie sogar einen leichten Schlaganfall erlitt und lange Zeit nicht sprechen konnte, die Sprache gewann sie erst dann, als Sava bereits längere Zeit im geistlichen Seminar sich befand, wieder.

Bei der Aufnahme des Sava ereignete sich auch etwas eigentümliches … es fehlte nämlich der Matrikelauszug, der Taufschein, welcher nicht beigebracht werden konnte, denn trotz allem Suchen und Nachforschen konnte die Eintragung, wann das Kind in Peregudi getauft worden sei, im Kirchenbuche nicht gefunden werden.

Doch dieses Fehlen von Taufscheinen, welches bei Aufnahme in die Stadt- und Dorfschulen ein großes Hindernis bietet, besitzt für die Kirchenschulen und Seminarien keine oder nur geringe Bedeutung, denn den Leitern dieser Schulen ist sehr wohl bekannt, daß die Popen nicht selten sogar ihre eigenen Kinder in die Matrikelbücher einzuschreiben vergessen.

Denn nach der Taufe pflegt man während des Schmauses recht brav zu trinken, so daß schließlich die Hände zittern und nicht im Stande sind ein Glas, geschweige denn eine Feder zu halten, man verschiebt deshalb die Eintragung auf den anderen Tag, an dem sich jedoch das wiederholt, was sich gestern ereignete, denn es muß der Rest aller trinkbaren Flüssigkeiten vertilgt werden, daraus resultiert am dritten Tage ein so schwerer Kopf, daß es dem Besitzer desselben absolut unmöglich ist, sich an etwas zu erinnern, was an den vorhergehenden zwei Tagen vor sich gegangen ist – und so vergehen einige Tage, ehe der Kopf sich aufhellt; während dieser Zeit ist auch die Eintragung – vergessen.

Da solche Fälle nicht zu den Seltenheiten gehören, betrachtete man auch diesen Fall als solchen und ließ selben gerade sein.

Der Vikarius schimpfte zwar und nannte den Popen von Peregudi einen Säufer, nahm aber den kleinen Sava, auf Grundlage der ihm vom dortigen Geistlichen mitgegebenen Ausweise über Kirchenbesuch und namentlich besonders schönen Bemerkungen über dessen Religiosität und Aufführung auf.

So nahm die ganze Angelegenheit ein Ende zu allseitiger Zufriedenheit.

Sava lernte gut, beendete die Schule und das Seminar und wurde dazu bestimmt auf die Akademie geschickt zu werden, als er für alle unerwartet die Bitte aussprach, ihn als einfachen Dorfgeistlichen wirken zu lassen.

Während der Zeit, als Sava die Schule besuchte starb der alte Dukač im Kloster; seine Mutter jedoch lebte nach wie vor in Paripsami und es traf sich ganz eigenartig, daß gerade zur Zeit, als Sava seine Ausbildung beendete, der alte Pope in seinem Geburtsorte starb.

Sava bewarb sich um diese Stelle und erhielt sie auch.

Über diese unerwartete Nachricht war das ganze Dorf höchlichst erfreut, nur die Kerasivna allein, die stark gealtert erschien, hätte über diese Neuigkeit fast den Verstand verloren.

Sowie man ihr mitteilte, ihr Täufling, der Sava, werde Seelsorger von Paripsami, seinem Geburtsorte, da zerriß sie ihr Kleid, schlug sich heftig auf die Brust, fiel auf einen Haufen von Streu und Reisig und rief:

„Oh! Erde! Erde! tue dich auf und verschlinge uns beide!“

Nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte, stand sie auf, bekreuzte sich mehrmals und begab sich nach Hause.

Eine Stunde später sah man die Kerasivna, in schwarzem Kleide mit einem großen Stock in der Hand mit langen Schritten auf der Straße in der Richtung nach der Gouvernementsstadt eilen, wo der Sava in seiner Stellung als Dorfgeistlicher eingeweiht werden mußte.

Leute, welche der Kerasivna auf der Straße begegneten, waren nicht wenig darüber erstaunt, die Kerasivna so raschen Schrittes der Stadt zueilen zu sehen; sie ruhte nirgends aus, setzte sich am Wege nicht nieder, brummte ohne Unterlaß etwas leise vor sich hin und sah im allgemeinen so aus, als wenn sie zum Tode geführt werden würde: sie betrachtete nur den Himmel und bewegte ihre Lippen, was die Begegnenden dahin auslegten, daß sie bete.

Auch diesmal blieb ihr Flehen und Bitten unerhört; alle ihre Gebete halfen nichts!

Obzwar sie genau zu jenem Akte in die Kirche kam, als der Diakonus, welcher den Neophyten einkleidete, das in der Kirche angesammelte Volk frug, ob Jemand gegen die Einweihung irgend eine Einsprache zu erheben habe, und sie zu schreien anfing – „ich will nicht! ich will nicht!“ – so hatte ihr Protest nicht nur keine Beachtung gefunden und Sava wurde zum Geistlichen eingeweiht, sondern sie selbst wurde aus der Kirche vom Volke selbst hinausgedrängt und der außerhalb der Kirche stehenden Polizei übergeben.

Das Ende ihrer schnellen Reise bestand in zehn Tagen Arrest, während welchen sie nicht nur die sämtliche schmutzige Wäsche des Polizeikommissärs rein waschen, sondern noch außerdem zwei Faß Kraut einstampfen mußte.

Die Kerasivna glaubte aber immer noch nicht daran, daß Sava tatsächlich zum Geistlichen, Popen, eingeweiht worden wäre, als sie aber die volle Wahrheit erfuhr, da fiel sie auf die Knie und rutschte auf diesen den ganzen Weg aus der Gouvernementsstadt bis zu ihrer Hütte, eine Strecke von achtzig Werst, um den Sava, ihren Täufling, bereits in voller Tätigkeit als Popen in seinem Geburtsorte zu finden.

Neunzehntes Kapitel

Wie ich bereits erwähnte, waren die Einwohner von Paripsami ganz glücklich darüber einen Popen zu besitzen, der im Orte geboren worden war, den Sohn eines Kasaken, weshalb Sava bei seinem Einzug mit großem Enthusiasmus empfangen worden ist.

Dazu hatte nicht wenig beigetragen, daß Savas Mutter noch lebte, und der Pope selbst seine Mutter liebte, hochachtete, ehrte und schätzte und daß er sofort nach seiner Ankunft nach seiner Patin, der Kerasivna, frug und sie zu sehen und zu begrüßen wünschte.

Dadurch, daß sie eine Hexe sei, ließ sich Sava nicht stören.

Alle waren sofort davon überzeugt, es werde keinen besseren und ausgezeichneteren Seelsorger geben als den Sava.

Und tatsächlich ist dies auch der Fall geworden, wie es in der Folge sich erwies.

Alle ohne Ausnahme hatten ihn liebgewonnen, sogar die Kerasivna hatte nichts an ihm aussetzen oder gegen ihn einwenden können; aber dennoch zog sie von Zeit zu Zeit ihre Augenbrauen zusammen, seufzte und meinte:

„Das wäre ja alles recht schön, wenn nur der Fisch in der Suppe wäre.“

Nach ihrer Ansicht gab es keine Fischsuppe ohne Fisch.

Es hatte den Anschein, daß nach Ansicht der Kerasivna der Pope doch nichts wert ist, und sich dieses in kurzer Zeit offenbaren werde, obzwar Sava sonst ein sehr guter und braver Mensch sei.

Und so war es auch; man fing an zu bemerken, daß er, Sava, nicht so vorgehe wie die übrigen Popen; er war nicht reich, und dennoch hatte das Geld für ihn keinen Wert; dann, als seine Frau starb, da heulte er nicht und nahm auch keine junge Wirtschafterin auf; – als dann einmal einige Frauen zu ihm kamen um sich mit ihm zu beraten, ob sie nicht nach Kiev wallfahren gehen sollten, da riet er ihnen davon ab und meinte, daß es Gott gefälliger sei, wenn sie sich der Armen und Elenden annehmen und vor allem anderen in ihren eigenen Hütten ein stilles, ruhiges, arbeitsames, Gott ergebenes Leben führen; was gegebene Gelöbnisse anbelangt, so zeigte nach dieser Richtung hin Sava eine besonders große Kühnheit, in dem er Frauen von denselben absolvierte und die Sünde auf sich selbst nahm.

Jemanden von einem Gott gegebenen Gelöbnisse oder Opfer zu absolvieren und loszusprechen … das erschien vielen fast eine Gotteslästerung zu sein, die man von einem getauften Menschen kaum, von einem Priester schon gar nicht erwarten konnte.

Doch dabei blieb es nicht; das Wundern und Kopfschütteln nahm kein Ende, ja man regte sich geradezu auf, als während der großen Fasten Sava Niemanden verbat Fleisch zu essen und darauf hinwies, alles das zu essen, was ihm Gott bescheret hat, auch Niemanden öffentliche Kirchenbuße auferlegte; fand er Ursache, eine Strafe aufzuerlegen, dann war diese Strafe so eigener Art, daß alle darüber ihr Staunen nicht unterdrücken konnten.

So belehrte er, um ein Beispiel anzuführen, den Müller Gawrila, welcher, wie bekannt, mit einem falschen Maße denjenigen Anteil des Getreides abmaß, der ihm als Mahllohn gebührte, dahin, ja befahl ihm sogar, sofort von diesem Maße soviel abzuschneiden, als es nötig ist, und seinen Kunden fürderhin nicht mehr am Getreide abzumessen, als es das Gesetz erlaubt.

Unter keinen anderen Umständen erteilte er ihm den Ablaß der Sünden und bewies ihm aus der heiligen Schrift klar und deutlich, daß unrecht Gut nicht wohl tut, und daß Gott ihn nicht nur auf der Erde schon, sondern auch im Himmel strafen werde dafür, daß er sich fremdes Gut widerrechtlich angeeignet habe.

Der Müller folgte dem Befehle; in der Folge hatte Niemand mehr Grund und Ursache sich über ihn zu beklagen, im Gegenteil, sein Kundenkreis erweiterte sich sichtlich und seine Vermögensverhältnisse besserten sich.

Er erklärte sehr oft öffentlich, daß er für alles dieses nur dem Vater Sava zu danken habe, der ihn auf den guten Weg wies.

Ein junges, heftig aufbrausendes, fast jähzorniges Weib, das einen Witwer heiratete, war eine wahre Stiefmutter der Kinder der verstorbenen Frau.

Vater Sava hatte sich auch hier eingemischt.

Nachdem das Weib zum erstenmale bei Sava gebeichtet, änderte sie zum allgemeinen Erstaunen ihren Charakter; sie ist nicht mehr Stiefmutter, sondern eine rechte, wahre Mutter den Kindern geworden.

Wenn schon Jemand ein Opfer bringen wollte, dann nahm es zwar Sava an, er kaufte aber für dieses Geld keine Kerzen oder Weihrauch, sondern verwendete dasselbe zu Gunsten und für die Bedürfnisse der vater- und mutterlosen Waisen, Michalek und Potapka, welche im Halbgeschoß des Kirchturmes ihre Wohnung angewiesen erhielten.

Sagte ’mal Vater Sava einem Weibe oder Mädchen:

„Ich vergebe Dir im Namen Gottes Deine Sünden, gehe hin und sündige nicht mehr, sondern bete und arbeite und diene dem Herrn.“

„Ratet mir, Väterchen, wie soll ich dem Herrn dienen … soll ich etwa nach Kiev wallfahren gehen?“

„Nein, das ist nicht nötig. – Bleibe zu Hause und arbeite, tue aber nicht mehr das, was Du getan. – Jetzt aber gehe, nehme den Kindern Gottes, dem Michalek und Potapka, Maß, nähe jedem ein paar Höschen, sie brauchen nicht sehr lang zu sein, und ein Hemd. Die Kinder sind schon groß und schämen sich in Fetzen und halbnackt unter die Leute zu gehen.“

Die Sünderinnen nahmen sehr gerne derartige Strafen an und Michalko lebte mit Potapka unter der Vormundschaft und Aufsicht des Popen Sava so glücklich, wie im Schoße Abrahams; sie gingen nicht nur nicht in Fetzen und halbnackt herum, sondern hatten in allem Überfluß, so daß sie ihren Waisenstand gar nicht fühlten.

Derartige Kirchenstrafen waren nach dem Herzen der Leute, ja sie fühlten sich dadurch erhoben, getröstet, beruhigt.

Aber sein Vorgehen brachte ihm dennoch Unannehmlichkeiten ein.

Der Ruf Savas als Seelsorger verbreitete sich weit und breit, so daß eine große Zahl von Leuten aus den nachbarlichen Kirchensprengeln seine Kirche aufzusuchen begannen, namentlich viele Einwohner von Peregudi, dem Orte, wo Sava getauft sein sollte, gingen nach Paripsami zur Kirche.

In Peregudi starb der Pope und ein neuer zog dort ein.

Dadurch, daß viele Einwohner von Peregudi nach Paripsami zur Kirche gingen, zog sich Sava die Feindschaft des Popen in Peregudi zu, die sich noch aus einem andern Grunde steigerte.

Der nach Peregudi eingepfarrte Kasak Oseledec starb.

Auf seinem Krankenbette entschloß er sich ein Schock Rubeln auf eine neue große Kirchenglocke für die Peregudier Kirche zu widmen, änderte aber seinen Entschluß, nachdem er sich mit Vater Sava darüber beraten hatte; er ließ die Nachbaren zu sich rufen und teilte ihnen mit, er vermache dieses Schock Rubeln zu einem guten Zwecke, nach dem Willen des Popen Sava; auf eine neue Glocke jedoch schenke er nichts.

Kasak Oseledec starb und Vater Sava erhielt das vermachte Geld ausgezahlt.

Für dieses Geld ließ Sava ein Haus aufbauen mit großen, breiten Doppelfenstern und fing in diesem zu unterrichten an.

Die Kasaken meinten, eine Schule sei ein gutes Ding, aber der Peregudiner Pope redete ihnen ein, daß aus dem allen nichts gutes herauskommen könne und werde.

Er versprach ihnen sogar eine Klage gegen Sava aufzuschreiben und brachte sein Versprechen tatsächlich in Ausführung. In Folge dessen wurde Vater Sava zur Verantwortung vor den Bischof geladen, welcher ihn, nachdem er Sava gesprochen, belobte und aufmunterte, in seinem gottgefälligen Werke fortzufahren, Schule zu halten und die Kinder zu lehren, und ihn schließlich in Frieden entließ.

Und Sava lehrte jeden und alle, die kamen, in der Schule, in seinem Hause, im Wald und Flur, auf Stegen und Wegen und in seiner kleinen Dorfkirche.

Jahre vergingen; der Pope in Peregudi, eifersüchtig und unserem gutmütigen Sava feindlich gesinnt, baute in dieser Zeit eine neue große Kirche in seinem Amtsorte auf, größer und schöner als die in Peripsami, bekam außerdem für dieselbe ein großes Heiligenbild geschenkt, von dessen Wundertätigkeit er nicht genug zu erzählen und zu verkündigen hatte.

Aber dieses alles ließ unseren Vater Sava völlig kalt, machte ihn gar nicht neidisch, denn er wirkte und lebte still und ruhig in seiner Gemeinde, ohne sich durch äußere Eindrücke stören zu lassen.

Nach wie vor hielt er den Gottesdienst in der kleinen hölzernen Dorfkirche seines Geburtsortes, predigte das Gotteswort in derselben in einfacher, seinen Zuhörern verständlichen Sprache und lehrte sie nach den Gottesgeboten leben und arbeiten.

Während aber die Zahl seiner Zuhörer von Jahr zu Jahr wuchs, so daß sich die Kirche als zu klein erwies und er nicht selten genötigt war auf dem freien Platze vor der Kirche seine Rede zu halten, gab es in der Kirche zu Peregudi reichlich Platz für die wenigen Beter in derselben, ja, es war keine Seltenheit, daß sich in derselben Niemand anderer befand als der Pope mit seinem Küster, welche in derselben promenieren und zusehen konnten, wie die Mäuse keck und frei auf dem Ambon sich herumtummeln und versteckens spielen.

Der Pereguder Pope unterließ es wohlweislich bei seiner vorgesetzten Behörde über Vater Sava Klage zu führen; aber er unterließ es nicht über denselben bei jeder nur einigermaßen günstig sich darbietenden Gelegenheit zu schimpfen, wodurch jedoch dem Vater Sava kein Schaden zugefügt werden konnte, und dieser gab keine Gelegenheit gegen ihn beim Bischof Beschwerde führen zu können, der selbst dem Sava wohlwollte und ihn, wie ich bereits erwähnte, wegen der Erbschaft jenes Schockes Rubeln, welche der Kasak ursprünglich zur Anschaffung einer Glocke bestimmte, Sava jedoch für diese eine Schule baute, nicht nur freisprach, sondern sogar belobte.

Jahrelang wartete der Peregudiner Pope, bis sich ihm Gelegenheit bieten wird, gegen den Vater Sava auftreten zu können, den er selbst für einen Zauberer erklärte, weil er mit einer Hexe, die sogar seine Patin ist, im freundschaftlichen Verhältnisse stehe, einem Frauenzimmer, das eine ausgesprochene Landläuferin sei und zu keinem Popen beichten gehe.

Dieses letztere war auch tatsächlich der Fall; seit der Zeit, als sie mit dem erst zur Welt gekommenen Sava nach Peregudi fuhr, seit der Zeit hat sie in der Tat bei keinem Popen gebeichtet, was um so auffallender war, als sie sonst alle von der Kirche vorgeschriebenen Fasten und sonstige Gebote strengstens einhielt und befolgte.

Aber plötzlich wurde es wiederum allgemein laut, die Kerasivna sei doch eine richtige wahre Hexe und werde in ihrem teuflischen Tun durch Vater Sava unterstützt.

Denn unvorgesehen fingen die Kühe im Dorfe an weniger Milch zu geben als sonst.

Wer war Schuld daran?

Gewiß Niemand anderer als eine Hexe, und da im Dorfe Niemand anderer hexen konnte als die Kerasivna, so blieb es klar und unzweifelhaft, daß an diesem ganzen Unglücke Niemand anderer Schuld trage, als die Kerasivna allein.

Beweisend für diese Annahme war die seinerzeitige Verhexung ihres Mannes und auch der anderen Dorfbewohner, welche sie alle überlebte. Bereits mit einem Fuße im Grabe stehend, könne sie sich dennoch nicht entschließen, zur Beichte zu gehen; auch sterben könne sie nicht.

In einer Beratung, an welcher fast die sämtlichen Einwohner des Dorfes sich beteiligten, wurde der Beschluß gefaßt, derjenige, welcher der Kerasivna an irgend einem einsamen entlegenen Orte begegne, sei verpflichtet, diese kräftig durchzuprügeln, wie es von einem rechtgläubigen Christen erwartet werden kann, wobei er ohne Unterlaß zu rufen habe:

„Krepiere auf der Stelle, verende, oder ich werde Dich noch weiter prügeln.“

Und einem von diesen sonst so gottesfürchtigen Kasaken, die zu dieser Niederträchtigkeit ihre Zustimmung gaben und dazu bereitwillig ihre Dienste anboten, glückte es, die Kerasivna außerhalb des Dorfes an einer abseitsgelegenen einsamen Stelle zu treffen, wo er sie so lange mit dem Stocke schlug, bis diese anfing zu bitten:

„Ruft den Popen … ich will beichten … ich sterbe.“

Die Kerasivna wußte es, warum sie geschlagen wird.

Mit schwerer Mühe und unter großen Schmerzen schleppte sie sich in ihre Hütte; und schon war auch Vater Sava da, welcher, als ihm mitgeteilt worden, was der Kerasivna geschehen, sofort zu ihr eilte, sich um sie bemühte und alles tat, um ihre Schmerzen zu lindern.

Nach einiger Überlegung sagte die Kerasivna zu ihm:

„Nein, Sava. Dir kann ich nicht beichten … Deine Beichte gilt nicht … rufe zu mir einen anderen Popen …“

Vater Sava schickte in seiner Gutmütigkeit sofort seinen Wagen nach Peregudi, zu seinem Feinde und Verleumder und ließ ihn bitten, zur Kerasivna zu kommen, ist aber während der ganzen Zeit höchst unruhig darüber gewesen, ob der Pereguder Pope seinem Rufe folgen werde oder nicht.

Diese Besorgnis erwies sich als unnötig.

Der Pope von Peregudi kam angefahren, ging zu der Sterbenden und blieb lange, lange mit ihr allein in der Stube; dann aus derselben tretend, verbarg er unter seinem Kirchengewande das für die Kranke bestimmte geweihte Brot und fing hell laut an zu lachen, so zu lachen, daß alle vor der Hütte stehenden Leute ihn verwundert ansahen und nicht begreifen konnten, was ihm denn so lächerlich vorkomme.

„Worüber lacht Ihr denn, Väterchen, so unbändig, daß uns Angst und Bange wird?“ frugen die Leute, worauf er ihnen antwortete:

„Ja, Angst und Bange muß euch auch werden, das habt ihr reichlich verdient, denn so etwas, was bei Euch vorgeht, eine solche Heidenwirtschaft hat die Welt seit dem Tage der Taufe des heiligen Vladimir nicht gesehen und nicht erlebt.“

„Gott mit Euch, Väterchen, ängstigt uns doch nicht so sehr … geht doch, seid so gut, zu unserem guten Vater Sava und besprecht Euch mit ihm … er wird gewiß etwas finden, wie man der christlichen Seele helfen kann …“

Doch der Peregudiner Pope lachte noch heller auf und wurde vor Lachkrampf fast grün und blau, riß die Augen weit auf und rief mit mächtiger Stimme in das Volk hinein:

„Dummköpfe, die ihr alle seid und nichts weiter … ihr alle … seid dunkle, dumme, unerleuchtete Köpfe trotz euerer Schule … blind seid ihr, denn ihr sehet und merket nichts …“

„Deswegen baten wir ja Dich, Väterchen, zu unserem Sava zu gehen … er erwartet Dich ja ohnehin in seinem Hause … geh’ doch zu ihm … sage ihm alles … er weiß und sieht alles …“

„Sieht!“ rief der Pope aus Peregudi. „Nichts, gar nichts sieht er: er weiß nicht einmal, was er ist und nicht sein soll.“

„Wir wissen es aber, daß er unser Pope, unser Vater Sava ist.“

„Nein, er ist es nicht.“

„Ja, er ist unser Pope.“

„Nein, sage ich, er ist es nicht, und ich will es euch beweisen, daß er kein Pope ist.“

„Was ist er denn dann, wenn kein Pope?“

„Er ist weder Christ noch Pope.“

„Wie so, weder Christ noch Pope … was redet Ihr denn für einen Unsinn … oder seid Ihr …?“

„Ich spreche keinen Unsinn … ich sage euch nochmals, er ist kein Christ …“

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
28 ekim 2017
Hacim:
210 s. 1 illüstrasyon
Tercüman:
Telif hakkı:
Public Domain

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