Kitabı oku: «Die Seelen der Indianer», sayfa 6
Josephine kam vor einigen Wochen in die Siedlung und übernachtete bei Mrs. McKenzy. Sie wollte mit ihrem Mann in den Westen kommen, um neu anzufangen, aber er starb bei einem Überfall der Indianer. Josephine konnte sich noch in die Siedlung retten. Mrs. McKenzy war so gütig, sie für ein paar Tage aufzunehmen, aus denen Wochen wurden. Mrs. McKenzy meinte, dass die Trauer sie gefangen hält.
»Warum nicht?«, sagte Sadie und trank ihre warme Milch.
»Robert wird jeden Moment hier sein und dir den Gips anlegen, also bitte iss dein Frühstück auf! Wir sind unten und erwarten ihn.« Damit verließen die beiden das Zimmer und Sadie blieb allein zurück.
Der Tag zog sich hin und Dr. Andrews erreichte die Farm, als die Sonne am höchsten stand.
»Es tut mir leid, dass ich jetzt erst komme, doch heute waren so viele Notfälle bei mir, dass ich kaum Luft holen konnte.« Er stellte seine Arzttasche ans Fußende und schlug die Bettdecke weg. Das Bein tat mehr weh als gestern und als er es bewegte, stöhnte Sadie kurz auf.
»Tut das sehr weh?«
»Mm.« Sadie biss die Zähne zusammen und nickte.
Caroline kam ins Zimmer und legte eine Decke unter das Bein. »Hier, damit ihr das Bettlaken nicht schmutzig macht.« Sie strich es glatt und stellte sich, mit den Händen hinterm Rücken, an die Tür.
Dr. Andrews fing an den Gips mit Hilfe von Baumwolle herzustellen. »Er trocknet schnell. Weißt du, wer den Gipsverband erfunden hat?«, fragte er, während er das Bein bearbeitete.
»Nein.« Weiterhin biss Sadie die Zähne zusammen.
»Ein Niederländer. Die Niederlande sind in Europa.«
»Aha, gut.« Und was hilft mir das? Sadie schüttelte den Kopf.
»Ja, das ist ganz interessant«, sagte er und war ganz in seine Arbeit vertieft. »Warst du schon einmal in Europa? Auf meiner Reise in den Westen habe ich viele Europäer getroffen. Sie alle waren furchtbar nett. Na ja, wie Fremde eben so sind.« Er ging zwei Schritte zurück. »Jetzt muss es nur noch trocknen und dann ist es fertig. Ich hoffe, du gewöhnst dich daran. Im Moment ist dies die einzige Möglichkeit, dich alleine fortzubewegen. Wie geht es deinem Kopf?« Dr. Andrews kam wieder näher heran und blickte Sadie in die Augen.
»Mir geht es hervorragend«, log Sadie. In Wirklichkeit fühlte es sich an, als würde eine Staatskapelle in ihrem Kopf ein Musikstück spielen. Dr. Andrews überspielte seine Nervosität, indem er ein Gespräch am Laufen hielt, welches nur er führte. Allein mit Caroline und Sadie zu sein machte ihn wohl nervös.
Caroline spürte das Unbehagen im Raum. »Robert, möchtest du nicht gleich einen Tee mit uns trinken? Jason ist sicher gleich fertig mit den Stallungen.« Sie öffnete die Tür und komplimentierte den Arzt hinaus. Dankend nickte Sadie.
»In Ordnung. Schlaf du ruhig noch etwas. Nachher sehe ich nochmal nach dir.« Vorsichtig legte er seine Hand auf den Gips. »Sieht schon ganz gut aus.«
»Mutter, kannst du mich bitte zudecken.« Sadie hatte Mühe, die Decke, ohne an den Gips zu kommen, auszubreiten.
»Aber natürlich.« Caroline ging zum Bett hinüber und legte die Decke so über Sadie, dass nur ihr Kopf und das gebrochene Bein hinausguckten. »Schlaf noch ein bisschen, mein Kind.« Vorsichtig küsste sie Sadies Stirn und verließ mit Dr. Andrews das Zimmer.
7
Sadie blieb noch einige Tage im Bett, bevor ihre Eltern sie mit in die Siedlung nahmen.
Des Öfteren hatte sie aus dem elterlichen Schlafzimmer laute Stimmen gehört. Caroline beklagte sich über das Alleinsein, sie vermisste ihren Ehegatten. Deshalb war sie auch erbost, als Jason ihr erklärt hatte, dass er bald wieder zurück zum Fort musste. Durch Sadies Unfall hatte er seinem Major General telegraphiert und ihm mitgeteilt, dass er noch ein paar freie Tage bräuchte. Doch die waren vorbei und so blieb ihm nichts anderes übrig, als abzureisen.
Doch am heutigen Tag wollte er mit seiner Familie noch einmal in die Siedlung reiten und dort bei Mary-Jane zu Mittag essen, bevor er wieder zurück musste.
Caroline war missmutig gelaunt. Sie verzog keine Miene, als sie Sadie weckte. Die Gehhilfe hatte sie an den Bettpfosten gelehnt. »Nach dem Essen wirst du dich nochmal bei Dr. Andrews vorstellen. Außerdem war Adam schon wieder hier.«
Sadie setzte sich auf. Ihr Kopf dröhnte nicht mehr so stark und ihr Magen hatte wieder Appetit. Deshalb freute sie sich, endlich aus dem langweiligen Zimmer herauszukommen und wieder etwas anderes zu sehen. Zwar war Adam fast jeden Tag hier, doch hatte sie die letzten Tage immer über starke Müdigkeit geklagt, so dass Caroline Adam wieder nach Hause geschickt hatte.
»Ja, ich komme.« Sadie stieg aus dem Bett und hüpfte auf einem Bein, bis sie die Gehhilfe erreichte. »Ist doch gar nicht mal so schlecht«, sagte Caroline, ihre Hände hinter dem Rücken verschränkt.
»Ich weiß nicht.« Sadie fühlte sich elend, denn die letzten Tage hatte sie strenge Bettruhe verordnet bekommen, so dass ihr Kreislauf zusätzlich verrücktspielte. »Mir ist nicht sehr wohl.« Sadie versuchte, ihr Gleichgewicht zu halten, doch Caroline musste sie stützen und setzte sie wieder zurück aufs Bett. »Am besten werde ich einen Eimer Wasser und einen Schwamm holen, dann seife ich dich hier ab, bevor wir in die Siedlung fahren.«
Während Sadie mit Hilfe von Caroline gewaschen wurde, hörte sie aus dem Fenster die Pferde wiehern . Wie es Beauty wohl ging, ob er ohne mich zurechtkam? Sadie wünschte sich so sehr, dass ihr Bein bald wieder heilte und sie endlich zurück aufs Pferd konnte.
Vor Kurzem noch konnte sie reiten, doch war es ihr verboten. Mit ihrem verletzten Bein, durfte sie jetzt nicht einmal reiten, worüber sie todtraurig war.
Jason pfiff auf dem Hof eine bekannte Melodie, während er Blacky vor den Einspänner befestigte. Danach hörte sie noch ein Pferd, welches aus dem Gatter geholt wurde.
»Verlässt Vater uns heute schon?«, traute sich Sadie zu fragen.
»Mm, er muss. Der Major hat sich gemeldet. Er ist schon zu lange fort«, murmelte sie durch zusammengebissene Zähne. »Deshalb nimmt er Silver mit in die Stadt.« Caroline schrubbte Sadies Rücken und half ihr danach in die Bluse hinein. »Du musst doch perfekt aussehen«, sagte Caroline, als sie ihre Tochter fertig gewaschen hatte. »Nun versuch nochmal aufzustehen. Wir hätten vorher doch üben sollen«, fügte sie hinzu. Sadie wackelte, behielt aber das Gleichgewicht.
Jason kam die Treppe hinauf. Er trug seine Uniform. »Papa, wieso reitest du heute schon?«
Jason reichte ihr seinen Arm und half ihr auf den Flur, die Treppe trug er seine Tochter hinab. »Weil ich muss. Die Kavallerie braucht mich. Es gibt so viele Unruhen außerhalb der Siedlung, dass ich gar nicht daran denken möchte, wie es ist, wenn sie sich unseren Farmen nähern.« Er setzte Sadie hinten auf den Einspänner, half Caroline hinauf, um sich selbst auf den Bock zu setzen. Jason schnalzte mit der Zunge und Blacky ging los.
»Wer sind denn sie?« Sadie klammerte sich an ihre Gehhilfe, die neben ihr lagen. »Die Indianer. Sie haben uns den Krieg erklärt.«
Durch das Knirschen von kleinen Steinen unter den Rädern und den donnernden Pferdehufen verstand Sadie fast kein Wort. »Wie bitte?«
»Die Indianer, sie stehen uns im Weg. Die Verträge werden nicht eingehalten.«
»Aber warum nicht?«, wollte sie wissen.
Jason zuckte mit den Achseln. »Das kann ich dir nicht beantworten. Sie wollen keine Fremden auf ihrem Land. Sie müssen wissen, dass es nicht ihnen gehört.«
Sadie beobachtete das Pferd hinter dem Einspänner. Es war viel schneller als Blacky. Während Blacky galoppierte, trabte das Pferd. Es war groß, hatte muskulöse Beine und in der Sonne glitzerte sein Fell, wie tausend Diamanten. »Aber sie waren doch zuerst hier.«
»Sadie, widersprich deinen Vater nicht«, tadelte Caroline ihre Tochter.
»Schon gut, mein Schatz«, beruhigte er seine Frau.
Die Fahrt dauerte lange, heute noch länger als sonst. Die Sonne stand hoch am Himmel und Sadie hatte ihren Hut vergessen. Nicht, dass sie nachher wieder einen Sonnenstich bekam, außerdem hatte sie Durst, sagte aber nichts.
Blacky wurde langsamer, bis sie in einen ruhigen Schritt fiel. »Ich beantworte dir gerne alle Fragen. Es ist wichtig, dass du meine Meinung teilst, nur so kannst du mich verstehen«, sagte Jason und drehte sich kurz um.
»Ja.« Sadie fühlte sich unbehaglich. Sie würde niemals die Meinung ihres Vaters teilen. Nicht jetzt, da die Indianer ihr schon zum zweiten Mal das Leben gerettet hatten.
Als der Wagen in die Siedlung fuhr, kam Adam zu ihnen gerannt. Er musste schon auf sie gewartet haben.
»Guten Morgen, Sadie. Wie geht es dir?« Er war aus der Puste.
»Ganz gut. Ich muss nur lernen mit diesen Stöckern herumzulaufen.« Sie lächelte und hob eine der Gehhilfen an.
»Kein Problem, ich helfe dir dabei.« Adam fuhr sich durchs braune Haar. Seine Augen leuchteten.
»Treffen wir uns gleich beim Gottesdienst?«
»Ja, doch«, sagte Jason ruhig und hielt den Wagen neben der Kirche. Davor standen schon einige Siedler und warteten auf Reverend Edwards.
»Guten Morgen, Caroline. Ist es nicht ein wunderschöner Tag?« Mrs. McKenzy mit ihren feuerroten Haaren und den schmalen Augen stand mit einem Block und Stift bewaffnet mitten in der Traube. Sie kam herüber zum Einspänner und beobachtete, wie Jason seiner Frau und Tochter herunterhalf. »Guten Tag, Jason. Wir haben uns noch gar nicht gesehen. Hättest du nachher etwas Zeit für ein Interview? Meine Leser sind sehr interessiert an der Wahrheit, was wirklich in den Weiten der Prärie passiert. Deinen Artikel habe ich schon fertig, Sadie.«
»Wie, meinen Artikel?« Sadie zog die Stirn in Falten. Sie versuchte, sich auf den Gehhilfen zu halten, was in dem weichen Gras noch schwieriger war. Dabei tadelte sie sich selbst. Hätte sie vorher geübt, würde sie nicht wie ein Kleinkind versuchen ihr Gleichgewicht halten zu können.
»Den Artikel über dein Verschwinden und die Suche. Wie romantisch.« Sie schwelgte in Erinnerungen über ihren Artikel und Sadie konnte ihr nicht folgen.
»Was denn für eine Romanze?« Wut staute sich in ihrem Inneren auf.
»Sadie stürzte vom Pferd und wurde von ihrem Liebsten gerettet.« Dabei hob sie die Hand und präsentierte der Familie O’ Connor die Titelstory.
»Ich glaube nicht, dass ich möchte, dass so eine Lüge über mich erzählt wird.« Damit umrundete Sadie Mrs. McKenzy und nahm die drei Stufen bis zur Kirchentür. Reverend Edwards war bereits eingetroffen und läutete die Kirchenglocke.
»Guten Morgen, Sadie. Ich hoffe, es geht dir wieder etwas besser.« Ein Mann in einem schwarzen Talar und frisch gestutztem Bart reichte Sadie die Hand. »Ich helfe dir hinein, komm!« Er bot ihr den Arm an, den Sadie dankend annahm. »Ich freue mich sehr für euch«, sagte er, während sie die Treppe hoch und an den hintersten Bänken vorbeigingen.
»Ich weiß gar nicht, worum es geht«, gestand Sadie und ließ sich von ihm in die erste Reihe führen.
»Setz dich hierhin. Hier hast du Beinfreiheit.« Er wartete, bis Sadie sich setzte. »Von dir und Adam. Jeder spricht darüber.«
»Ich verstehe nicht, was soll mit mir sein und worüber sprechen alle?« Sadies Eingeweide zogen sich zusammen. Irgendwie wusste sie schon, was der Reverend ihr gleich sagte, doch wollte sie es nicht wahrhaben. »Na ja, dass Adam und du euch verloben werdet.«
»Wie bitte? Ich glaube, da muss ein Missverständnis vorliegen«, brachte sie hervor und blickte den Reverend entsetzt an.
»Mrs. McKenzy hatte es in ihrem Artikel geschrieben. Junge Liebe!«
»Was hat sie noch gesagt?«
»Um das Mädchen zu retten, welches er liebt, riskiert Adam Greene sein eigenes Leben. Damit steht der Verlobung im August nichts mehr im Wege.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Wie konnte jemand so eine Lüge über sie erzählen? »Das ist nicht richtig. Adam und ich sind nur gute Freunde.«
»Oh, das tut mir leid.« Reverend Edwards räusperte sich.
»Ich warte hier auf meine Eltern.«
»In Ordnung, ich wünsche dir eine schöne Messe.«
Sadie blickte Reverend Edwards hinterher. In ihr hatte sich sehr viel Wut aufgestaut. Sie konnte nur nicht sagen, auf wen. Mrs. McKenzy, die den Artikel geschrieben hatte, oder Adam, der die Gerüchte anscheinend nicht richtiggestellt hatte, oder aber auf ihre Mutter. Sie hatte schließlich nicht den Anstand, Sadie davon zu berichten.
Schnell füllten sich die Reihen mit den Siedlern und Reverend Edwards schloss schon bald die Tür und stellte sich hinter die Kanzel. Über ihm hing ein großes Kreuz mit dem Abbild Jesu Christi. Sadie blickte kurz zur Seite und suchte nach Rachel, die sie von ihrem Platz aus aber nicht sehen konnte. Dafür erhaschte sie einen kurzen Blick auf Mr. Greene. Er lächelte ihr zu, als sich ihre Blicke trafen. Sein immer strähniges Haar hatte er wieder zur Seite gekämmt und seine sonst so bleichen Wangen waren leicht gerötet.
Reverend Edwards begrüßte die Gemeinde und bat sie, eine Seite in der Bibel aufzuschlagen. Sadie konnte sich nicht auf den Gottesdienst konzentrieren, denn in ihr tobte ein Sturm der Gefühle. Was hatte sie vorhin gehört? Verlobung im August?
Sie sangen mehrere Lieder, sprachen die zehn Gebote und dankten Gott für das schöne Leben in der immer größer werdenden Gemeinde. Und zum Schluss bat der Reverend Gott um Regen für die Pflanzen, Seen und Flüsse.
Sadie hatte die gesamte Zeit über nur mit einem Ohr zugehört, sie war noch zu geschockt. Diese Lüge hatte schon die Runde gemacht und würde jetzt ihr Leben bestimmen.
»Sadie, ist alles in Ordnung?«, fragte Caroline, nachdem sie die Bibel zugeschlagen hatte. Jason stand auf und half Sadie. An der Tür dankte er Reverend Edwards für die schöne Messe. Sie waren die Letzten, die die Kirche verließen.
Auf der obersten Stufe blieb Sadie stehen und blickte hinunter auf die Traube der herumstehenden Siedler. Alle hatten ihre Augenpaare auf sie gerichtet und stimmten auf Reverend Edwards Zeichen den Song „Happy Birthday“ an.
Sadie spürte, wie ihre Wangen sich röteten.
»Danke, danke«, murmelte sie und ließ sich von ihrem Vater die Treppe hinuntertragen.
»Ich habe dir eine besondere Torte gemacht«, sagte Mary-Jane und drückte Sadie so fest, dass sie kaum noch Luft bekam. Andere Siedler reichten ihr die Hand und wünschten ihr nachträgliches alles Gute zum Geburtstag.
»So, nun kommt alle mit zu mir. Dort gibt es reichlich Essen, außerdem muss Sadie noch die Kerzen auf der Torte auspusten.« Mary-Jane, die mit ihrer verschmutzten Schürze über ihren einfachen Kleidern auch sonntags herumlief, führte die Traube an.
Adam kam ins Blickfeld und lächelte zaghaft. Seine Augen leuchteten.
»Hast du«, wollte Sadie gerade anfangen ihm eine Standpauke zu halten, als er ihr den Mund zuhielt.
»Zuerst muss ich dir sagen, dass ich es nicht war. Es tut mir leid. Und zweitens habe ich noch ein Geschenk für dich. Ich musste es bestellen. Es kam erst gestern an, so dass ich es dir vorher leider nicht geben konnte.«
»Du warst es wirklich nicht?« Sadie entspannte sich, bemerkte aber wohl die leichte Betrübtheit in Adams Gesichtszügen.
»Nein.« Er senkte den Blick, als er Sadie das Geschenk gab.
»Danke.« Sadie fühlte über das schöne Papier. Es sah sehr teuer aus.
»Nun mach es schon auf.« Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
»Ja, sofort. Ich bin nur so überwältigt. Das Papier ist so wunderschön.«
Adam strahlte übers ganze Gesicht. So hatte er sich diesen Moment anscheinend vorgestellt.
Sadie öffnete das Päckchen ganz vorsichtig. »Eine neue Ausgabe von Romeo und Julia.« Sie wendete das Buch.
»Ich weiß, dass du schon ein Buch hast, aber dies ist eine neue Ausgabe und deine ist so abgegriffen, dass man es kaum noch in den Händen halten kann, außerdem enthält deine keine Widmung«, fügte Adam hinzu. Verlegen kratzte er sich am Kopf.
Sadie klappte das Buch auf und versuchte mit lächelnder Miene die unleserliche Schrift zu entziffern. »Das ist ja nett«, log sie, obwohl sie den Text in aller Ruhe lesen wollte.
»Ja, finde ich auch«, sagte Jason, der wieder als stiller Teilhaber neben seiner Tochter stand. »Ihr habt nachher noch genug Zeit. Kommt jetzt! Mary-Jane hat die Kerzen schon angemacht.«
Adam und Jason halfen Sadie über den holprigen Weg. Caroline war schon vor Ort und half bei den letzten Vorbereitungen.
Alle klatschten, als Sadie mit zusammengekniffenen Augen die Kerzen auspustete.
Danach wurden kristallklare Gläser gereicht und man prostete sich gegenseitig zu.
Sadie hielt weiterhin Ausschau nach Rachel, doch ließ sie sich einfach nicht blicken.
Adam zog ihr einen Stuhl zurecht.»Danke.« Sadie setzte sich und lehnte die Gehhilfen neben sich an den Tisch. Es gab Gemüse mit Hackbraten und danach ein Stück von dem Geburtstagskuchen. Also hatten sie Sadies Geburtstag doch nicht vergessen. Dieser Tag war zwar nett, doch schön würde es erst sein, wenn Rachel dazukam.
»Woran denkst du gerade?«, fragte Adam. Er hatte sich zu Caroline, Jason und Sadie an den Tisch gesetzt.
Natürlich wurde hinter vorgehaltener Hand getuschelt. Jetzt erst brodelten die Gerüchte. »An gar nichts.«
»Freust du dich über mein Geschenk?« Adam griff nach Sadies Hand, doch zog sie diese schnell weg.
»Ja, sehr. Du hast recht, meine Ausgabe ist schon etwas älter.« Sie lächelte und dachte dabei an ihre alte Ausgabe. Sie war nicht nur älter. Vom ganzen Lesen hatten sich die Seiten gelöst und Sadie hatte Mühe, sie in geordneter Reihenfolge zu behalten. Schon einige Male war ihr das Buch zu Boden gefallen und sie musste die Seiten erst sortieren, bevor sie weiterlesen konnte.
»Wo ist Rachel?«, fragte Jason und blickte sich suchend um.
»Ich glaube, sie fühlte sich immer noch nicht gut, Jason. Wir hatten dir doch von der Krankheit berichtet«, sagte Caroline, ohne rot zu werden.
»Ach ja.« Jason trank einen Schluck.
Sadie lächelte betrübt und stieß Adam mit dem gesunden Bein an, denn dieser wollte gerade den Mund aufmachen und wahrscheinlich etwas dazu sagen. Doch er hielt sich zurück und steckte sich einen weiteren Bissen in den Mund.
Der Tag zog sich weiter und als Sadie die Torte anschneiden durfte, gab es für die Kinder kein Halten mehr. Alle versammelten sich mit ihren Tellern neben Sadie und warteten geduldig, bis sie an der Reihe waren. Als Adam ihr wieder zurück half, stand Dr. Andrews an ihrem Platz.
»Hallo, wie geht es dir? Schöne Feier.« Er beobachtete ihren Gang. »Du solltest mehr üben, mit den Gehhilfen zu laufen.« Er lächelte.
»Das versuche ich die ganze Zeit. Doch sind hier zu viele Steine, dort ist der Rasen zu weich.« Sadie nickte zu der Wiese vor der Kirche.
»Ich warte auf dich in meiner Praxis«, sagte er und verschwand.
»Ich esse nur noch das Stück Torte, dann komme ich«, rief Sadie ihm nach, doch er war schon hinter einem der Häuser verschwunden.
Der Arztbesuch ging schnell. Dr. Andrews versprach den Gips bald wieder abzunehmen, doch was bald bedeutete, war Sadie nicht klar. Auf alle Fälle war er mit ihrer Genesung zufrieden.
Jason und Caroline warteten vor der Praxis, als Sadie mit Dr. Andrews herauskam.
»Und wie geht es dem Bein?«, fragte Caroline zögernd.
»Ich denke sehr gut.« Er strich Sadie übers Haar. »Bald können wir den Gips auch wieder abnehmen.«
»Das wäre schön. Beauty muss ja auch bald wieder bewegt werden.« Jason strich sich über die Nase.
»Das kann ich doch machen«, tönte eine Stimme von hinten. Adam!
»Das ist eine gute Idee«, sagte Caroline sofort und legte Sadie eine Hand auf die Schulter.
Warum werde ich nicht gefragt? Es war doch schließlich auch mein Pferd. Sadie runzelte die Stirn.
Jason bemerkte die Miene seiner Tochter. »Vielleicht kannst du ihr ab und zu zur Hand gehen, aber reiten tut nur Sadie das Pferd.« Er zwinkerte ihr zu. Sadie entspannte sich.
»Und nun solltest du nach Hause gehen und unserer Familie noch ein wenig Zeit allein gönnen, Adam«, fügte Jason hinzu.
»Ja, Sir.« Er salutierte vor dem Offizier und verabschiedete sich mit einem Wangenkuss von Sadie.
»Ist er nicht entzückend«, sagte Caroline hocherfreut. »Ich finde, ihr würdet ein gutes Paar abgeben.«
»Mutter, bitte.« Sadie verzog bei dem Gedanken, mit Adam ein Bett teilen zu müssen, das Gesicht.
»Adam und ich werden niemals ein Paar werden.«
»Mm.«
»Kommt, meine Lieben. Der Tag neigt sich dem Ende und somit naht mein Abschied. Begleitet mich zur Kirche, dort wo unsere Pferde warten.«
Caroline verzog das Gesicht. Jason half Sadie zurück zum Einspänner.
»Musst du denn schon gehen?«, fragte Caroline, als Jason sie zum Abschied in den Arm nahm. Er wischte ihr eine Träne fort und küsste ihr ein Lächeln aufs Gesicht.
»Wir haben es doch schon besprochen.« Jason seufzte und drückte sie ein letztes Mal, bevor er ihr auf den Einspänner half. »Ich liebe dich.«
Danach nahm er Sadie in den Arm. »Pass gut auf deine Mutter auf!« Er half ihr auf den Einspänner, legte die Gehhilfen dazu und band sein eigenes Pferd ab. Vorm Aufsteigen kontrollierte er, ob sein Gepäck festgeschnallt war. »Ich begleite euch noch aus der Siedlung hinaus.«
Jason ritt voran, vorbei an dem Café, wo ihn winkende Hände verabschiedeten, und hinaus aus der Siedlung.
Auf halber Strecke blieb Silver stehen und trat näher an den Einspänner heran.
»Ich muss mich jetzt verabschieden«, sagte Jason.
Die Verabschiedung der Familie O’ Connor lief immer schnell ab. Jason achtete darauf, dass seine Mädchen nicht anfingen zu weinen, denn das brach ihm jedes Mal das Herz.
Der Einspänner hielt an, Jason beugte sich hinüber und küsste seine Frau, danach strich er Sadie liebevoll über die Wange. »Auf Wiedersehen, meine Lieben.« Er legte seine Hand an die Krempe zu seiner Kappe und befahl seinem Pferd, den anderen Weg einzuschlagen. Bevor er seinen Hengst zum Galopp antrieb, blickte er noch einmal mit einem Lächeln zurück.
Caroline wischte sich eine Träne von der Wange und schnalzte mit der Zunge. Danach ließ sie die Zügel locker und Blacky trabte nach Hause zurück.
Kurz bevor die beiden Frauen die Farm erreichten, kam ihnen Rachel auf Peggy entgegen. Verlegen lächelte sie. »Hallo.«
»Hallo«, sagte Sadie.
»Ich habe das mit deinem Bein gehört und wollte nach dir sehen, außerdem wollte ich dir nachträglich zum Geburtstag gratulieren.« Rachel legte sich eine Strähne hinters Ohr.
»Ich habe dich heute vermisst.«
»Ja, es tut mir leid.« Rachel senkte den Kopf. Peggy versuchte zu grasen. Rachel ließ die Zügel lockerer.
»Möchtest du nicht mit zu uns kommen, Rachel? Dann könnt ihr euch in Ruhe aussprechen.«
»Würde ich gerne, doch kann ich leider nicht lange bleiben. Meine Eltern sind immer noch wütend auf mich. Ich hoffe, das gibt sich irgendwann.«
»Darfst du dich immer noch nicht mit mir treffen?«
Rachel schüttelte mit zusammengepressten Lippen den Kopf.
»Schade, ich vermisse dich.«
»Ich dich doch auch«, seufzte Rachel und Sadie konnte Tränen in ihren Augen erkennen. »Ich habe hier noch ein Geschenk für dich.« Rachel stieg ab und reichte Sadie ein Paket, welches in Zeitungspapier von der Gazette eingepackt war. »Ist das wahr, was in der Gazette über dich und Adam geschrieben wurde?«
»Um Gottes willen, nein.« Sadie schüttelte entschlossen den Kopf.
»Hab ich mir fast gedacht.« Rachel rümpfte die Nase. »Komm, nun pack schon aus!«
»Okay.« Sadie nahm das Schleifenband und öffnete das Zeitungspapier. »Ein Buch.« Sadies Augen leuchteten.
»Das ist nicht irgendein Buch.« Rachel lächelte.
»Die Märchen der Gebrüder Grimm«, murmelte Sadie und wollte schon die ersten Seiten aufschlagen, als Caroline sich räusperte. »Wenn wir hier noch länger stehen, werden wir Wurzeln schlagen. Ich möchte den Einspänner auf den Hof fahren, so dass ich schon einmal meine täglichen Pflichten daheim verrichten kann. Ihr könnt euch dort dann immer noch unterhalten.« Caroline schnalzte mit der Zunge.
Welche häuslichen Pflichten verrichtete sie? Sadie verzog bei dem Gedanken das Gesicht.
»In Ordnung.«
Caroline kletterte galant vom Einspänner und fächerte sich mit der einen Hand Luft zu. »Ich lasse euch dann noch ein wenig alleine. Wenn du rein möchtest, dann rufe mich.« Mit den Worten schritt Caroline hinüber zum Wohnhaus. Rachel und Sadie beobachteten, wie sie sich in einem unbeobachteten Moment über die schlanke Taille strich, ihr Haar überprüfte und ihre Lippen spitzte. Sadie konnte ein Schnauben nicht unterdrücken. Gerade als sie die Tür öffnen wollte, konzentrierte sich ihre Aufmerksamkeit plötzlich auf den Türknopf. Sadie konnte vom Einspänner nichts erkennen, doch irgendwas hing dort, was Caroline abnahm, die Tür öffnete und von innen schloss.
»Was ist denn in deine Mutter gefahren?« Rachel schüttelte mit dem Kopf.
»Das wüsste ich auch gerne. Ich muss sowieso nochmal mit ihr reden. Ich glaube, dass sie mit Mr. Greene unter einer Decke steckt und mich mit Adam verkuppeln möchte. Der Bericht in der Gazette, ist einfach unglaublich. Dass Mrs. McKenzy so etwas schreiben darf, ohne mich vorher zu fragen.« Sadie redete, ohne Luft zu holen, wobei sich ihre Wangen rötlich färbten.
»Denkst du, dass deine Mutter dazu in der Lage wäre?«
»Vielleicht.« Sadie zuckte mit den Achseln. »Sie will schließlich nur das Beste für mich.«
Rachel streichelte Peggys Hals. »Wie du schon sagtest, würde ich einfach mal mit ihr reden.«
»Ja, du hast recht.«
»Du, Sadie. Es tut mir leid, wie alles gelaufen ist. Ich möchte so gerne wieder mehr Zeit mit dir verbringen, doch die täglichen Pflichten lassen es kaum zu. Sie brauchen im Moment meine ganze Unterstützung.«
»Ja, ich verstehe. Aber du hast mich doch nicht vergessen, oder?« Sadie reckte den Hals.
»Herr im Himmel. Ich werde dich nie vergessen, ich brauche dich doch zum Atmen.« Rachel lächelte und blickte sich um, als sie Beauty am Gatter stehen sah. Er wieherte!
»Wenn du wieder gesund bist, verspreche ich hoch und heilig, dass ich den ersten Ausritt nicht verpasse.« Rachel hob zwei Finger in die Luft. Danach kam sie auf den Wagen zu und umarmte Sadie. Am liebsten hätten sie sich nicht mehr losgelassen.
»Sadie, es wird Zeit.« Die Mädchen hatten die Zeit vergessen. Gerade wollte Rachel sich nach Sadies Sturz erkunden, da zwitscherte Carolines klare Stimme an ihr Ohr.
»Ja, Mutter.«
»Kinder, ihr könnt euch doch wiedersehen. Rachel, ich werde bald bei euch vorbeikommen und mit deinen Eltern reden. Bitte kündige meinen Besuch für die nächsten Tage an.« Caroline kam auf den Einspänner zu und half Sadie hinunter.
»Es geht schon, Mutter. Bitte bringe Blacky auf die Weide. Wenn du fertig bist, bin ich sicher schon im Haus.« Sadie biss sich auf die Zunge. Sie hatte ihrer Mutter noch nie Anweisungen gegeben und das in Anwesenheit von Fremden. »Entschuldige.«
Caroline verzog das Gesicht und beobachtete, wie sich die Freundinnen voneinander verabschiedeten. Danach nahm sie Blacky und führte sie zurück in die Stallungen.
Sadie winkte Rachel zum Abschied zu und ging langsam, aber sicher zurück zum Haus. Sie drehte den Knauf, hatte aber Mühe, gleichzeitig die Gehhilfe zu halten, und war froh, als ihre Mutter die Tür öffnete.
»Danke.«
»Gern geschehen. Möchtest du einen Tee?« Sie warf ihr Haar kokett zurück.
»Ja, bitte.«
Am Tisch setzte sie sich, atmete tief durch und faltete die Hände.
Caroline setzte den Kessel auf den Herd und stellte zwei Becher auf den Tisch. Danach nahm sie Sadie gegenüber Platz.
Sie beobachten sich gegenseitig argwöhnisch, bis der Kessel pfiff.
»Oh, wunderbar.« Caroline stand auf, tat das Teesieb in die Kanne und goss Wasser dazu. Danach stellte sie die Kanne auf ein Stövchen.
»Wie geht es deinem Bein?«
»Es pocht etwas.« Sadie strich dem Gips entlang.
»In Ordnung.«
»Du, Mutter, warum hast du Mrs. McKenzy nicht verboten, den Artikel über mich in so einer Form zu schreiben?« Nun war die Katze aus dem Sack. Sadie hatte den Stein ins Rollen gebracht.
»Tja, ich hatte gedacht, dass du Adam magst.« Sie faltete die Hände.
»Ja, Mutter. Ich mag Adam, das ist richtig.« Sadie holte Luft, um die richtigen Worte zu finden. »Aber er ist mehr ein Bruder für mich.«
»Findest du denn überhaupt einen Jungen in der Siedlung interessant?«
»Nein, nicht wirklich.« Sadie zuckte mit den Schultern. Sie ging ihre Klassenkameraden durch. Chris, der charmante Sohn von Joe, ein weiterer Pionier, der hier im Westen einen Neuanfang wagte. Chris und Rachel mochten sich. Auch wenn Rachel nichts sagte, sah Sadie bei ihr das Leuchten in den Augen. An die anderen Klassenkameraden verlor Sadie sowieso keinen Gedanken. Sie waren alle nur Freunde. Noch bei keinem hatte sie dieses Gefühl, welches die Liebe beschreibt.
»Das ist ja schade. Vielleicht denkst du nochmal über deine Gefühle nach. Ihr würdet ein schönes Paar abgeben, außerdem wären dein Vater und ich stolz auf dich, wenn du dir einen Ehemann aussuchst, der dir auch etwas bieten kann.«
»Mutter, das ist doch nicht dein Ernst? Wie kannst du nur so herzlos sein?« Sadie verschluckte sich an ihrem Tee und hätte sich dabei fast die Zunge abgebissen. Erneut rutschten ihr Wörter heraus, die unentschuldbar waren.
»Ich muss doch sehr bitten.« Caroline hob drohend den Finger. »Ich bin immer noch deine Mutter. Da versuche ich mit dir ein Gespräch anzufangen und du bist mir gegenüber sehr ungerecht.« Caroline trank einen Schluck Tee.
»Für mein Benehmen gibt es keine Entschuldigung.« Sadie senkte den Kopf. »Weißt du, Mutter.« Sie holte tief Luft. »Ich kann doch nicht jemanden heiraten, den ich nicht liebe. Mein Herz muss flattern, wenn ich ihn sehe, und ich muss mich nach ihm sehnen, wenn er nicht bei mir ist.«
»Lieben kann man auch lernen. Es ist gar nicht so schwer. Viele Mädchen wurden verheiratet. Ihre Eltern suchten einen geeigneten Ehemann aus, damit sie aus den Armenvierteln herauskamen. Sie waren nachher angesehene Frauen.« Caroline legte ihre Hände um den Becher.
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