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Kitabı oku: «Das Schweigen der Prärie», sayfa 12

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III

Der Beret graute vor der Stadtreise, die jetzt für den Per bevorstand; denn das bedeutete, daß er vielleicht eine ganze Woche fortblieb. Die Abende waren schon lang, die Nacht lastete schwer auf der Hütte, und es gab so viel, womit sie jetzt rang, — so viel, und immer mehr wurde es. Obwohl sie es nicht über sich gewann, mit ihm davon zu sprechen — weil er doch nicht helfen konnte — war es ihr leichter ums Herz, wenn sie ihn in der Nähe wußte; dann wagte das Entsetzen sich nicht heran. Und war er auch nur für eine Halbtagsschicht bei einem der Nachbarn, so kam bereits die Angst. Und jetzt blieb er vielleicht eine ganze Woche fort! —

Freilich, sie brauchten Vorräte für den Winter, die Kinder Bekleidung, er selbst bedurfte des einen und andern. Aber das alles wurde immer unwirklicher für sie: sie stand wie außerhalb; es ging sie im Grunde nichts an. — Aber davon sagte sie nichts: Herregott, was hätte es wohl genützt?

Sie half ihm bei den Vorbereitungen, als stände nichts Außerordentliches bevor. Fragte er sie, was er für sie oder das Haus einkaufen solle, so konnte sie mit einem abwesenden Gesichtsausdruck grübeln, als suche sie sich an Dinge zu erinnern, die ihr im Augenblick entfallen waren. Dann spaßte er mit ihr, sagte, sie dürfe nicht schüchtern sein, denn die Heller im Hause seien jetzt nicht mehr so rar. Doch er bekam entweder gar keine Antwort, oder sie äußerte sich so teilnahmslos, als ginge es sie nichts an. — Der Per Hansen sah seiner Frau forschend ins Gesicht und seufzte; oder er faßte sie auch um und schwenkte sie rund.

Übrigens war er jetzt anderweitig so beschäftigt, daß ihm an ihr nichts sonderlich auffiel. Diesmal sollte er doch mit auf Fahrt! Tönset‘n hatte ihm Pferde und Wagen angeboten und wollte daheim nach allem sehen. Die Leute aus Sogn und Voss seien noch immer da, die brauchten ihn mit Rat und Tat. — Tönset‘n war für sie Vorsehung und Vater zugleich.

Es gab diesmal für den Per Hansen vorher nicht wenig zu überdenken. Und gar so schlecht mit dem Geld stand es auch nicht. Die Iren hatten die Kartoffeln zu schätzen gewußt und waren gute Kunden gewesen. Und die Leute aus Sogn und Voss waren fast noch mehr hinter den Kartoffeln her; an die hatte er jetzt für über 10 Dollar verkauft. Kurz und gut, wie es auch gekommen sein mochte, jedenfalls hatte er jetzt mehr Cents, als da er im Sommer herkam.

Aber dafür war auch gar nicht abzusehen, was er alles nötig brauchte; er hatte sich eine lange Liste aufgestellt von Gegenständen, die er kaufen mußte, und eine noch längere von solchen, die er kaufen müßte, wofern die Heller reichten.

Er beredete jetzt viel mit den Buben, wenn die Mutter es nicht hörte, was sie alles in seiner Abwesenheit zu besorgen hätten. Der Ole bekam als der ältere die Verantwortung für die Außenwirtschaft; da waren die Ochsen und Indi, der Pony, und ›Buntscheck‹. Und dann das Holz! Er müsse vor allem gut mit dem Holz umgehen. — Der Große-Hans sollte der Mutter im Hause zur Hand sein; und schon für einen großen und tüchtigen Mann sei das ein schwerer Job — das verstehe er wohl?

Die Buben waren über diese Anordnungen keineswegs begeistert. Der Ole hatte sich starken Hoffnungen hingegeben, daß der Vater diesmal ihn mitnehmen werde und war, kaum daß von der Fahrt die Rede gewesen, hinterher, sich auf alle Weise nützlich zu machen. Auch der Große-Hans hatte heimlich erwartet, daß der Vater diesmal zu der Einsicht käme, wie ungemein praktisch es sei, gerade ihn mitzuhaben, der so behende und fix war. Und er und der Bruder hatten sich förmlich um die Aufträge des Vaters gebalgt. Die Enttäuschung war am bittersten für den Großen-Hans. Er sollte die Magd spielen, akkurat wie ‚n Mädel! Er greinte und maulte und er raufte mit dem Bruder, aber es half nichts.

Der Vater hatte jedoch Verständnis; er nahm ihn mit in den Stall und redete lange und vertraulich mit ihm, gerad als wäre er ein alter Mann mit langem Bart am Kinn. »Schau, es ist mit der Mutter jetzt nicht so bestellt, daß wir sie alle beide allein lassen könnten,« erklärte der Vater kameradschaftlich; »wenn du fährst, muß halt ich daheim bleiben.«

Das konnte der Große-Hans doch wirklich nicht begreifen! Fehlte ihr denn etwas? Sie sah doch so gesund und rot aus im Gesicht. Aber vielleicht kam das daher, daß es jetzt kälter wurde?

»Oh, gesund ist sie, Großer-Hans, das ist es nicht, aber — « — der Vater flüsterte so seltsam: — es sei das beste, daß er es dem Bruder verschweige! »Es kommt vielleicht noch ein kleiner Großer-Hans um die Weihnachtszeit dazu, und für dies Stück Arbeit muß die Mutter freilich allein einstehen! — — Und jetzt verstehst du, warum wir sie nicht alle beide allein lassen können!«

Der Große-Hans bekam ganz verwunderte Augen. — Es sollte noch einer dazukommen, — noch einer? Er wagte nicht zu fragen; er hatte das Gesicht abgewandt und fühlte, daß er puterrot war. — — Aber jetzt wußte er mit einmal, was der Traum von neulich Nacht zu bedeuten gehabt. Da hatte er sowohl Joseph wie Benjamin um die Hütte spielen sehen; und dann war da außerdem noch so ein winziges Kerli dabeigewesen, von dem in der biblischen Geschichte nichts gesagt war!

O doch, — doch, er wolle schon auf die Mutter aufpassen! — Aber meine der Vater nicht, daß er in der Stadt eine Schrotflinte auftreiben könne? Als er, der Hans, letztes Mal bei den Sümpfen gewesen, hätten da noch viel, viel mehr Enten genistet. — Und die Iren seien gar nicht weit ab!

Well, der Vater wollte zusehen; er habe sich übrigens eine andere Art ausgedacht, die Enten zu erwischen; aber damit wolle er erst später herausrücken. —

Ja, der Per Hansen hatte zu überlegen! Im Keller lagen mehr Kartoffeln, als sie im Winter verzehren und im Frühjahr zur Saat gebrauchen konnten. Und jetzt sollte er mit Wagen und Pferd zur Stadt. Seltsam mußte es zugehen, wenn dort nicht Menschen wohnten, die Kartoffeln benötigten!

Jetzt war es bereits der zwölfte Oktober. Es gab schon Nachtfröste, und die Kartoffel ist gegen Kälte empfindlich. Freilich: seit der Erschaffung der Welt verstand es der Nordländer, sie wohlbehalten mit sich nach dem Lofot zu führen, und das mitten im Januar!

Der Per Hansen machte Pläne, beobachtete das Wetter, schnupperte und schmeckte an der Luft herum. Am Nachmittag vor der Abreise entschloß er sich: es waren mehr Kartoffeln da, als er verbrauchen konnte; froren die, so froren die, — er wollte es auf alle Fälle versuchen! Damit holte er sich Tönset‘ns Wagen, tat eine dicke Unterschicht Heu hinein, fütterte die Seiten damit, und dann lud er die Kartoffeln auf. Oben drüber packte er zwei Säcke Kohlrüben, einen Sack Möhren und dazu einige der schönsten Melonen, die noch im Keller waren; diese verstaute er zwischen die Säcke, bedeckte alles gründlich, unten mit Heu und drüber mit Decken.

Früh am nächsten Morgen brachen sie auf — er und der Henry Solum und der Hans Olsen.

IV

Die Wagen krochen den lieben langen Tag in satter, schläfriger Herbstsonne und blauer Luft dahin, auf einen fernen Himmelsbogen zu, von dem ein flimmernd gelber Schleier herabhing. Dem Bogen kamen sie den ganzen Tag nicht näher. Als aber der Abend zu blauen begann, schien es doch, als gelangten sie noch einmal ans Ziel.

Für den Per Hansen war es der reine Festtag. Jetzt fuhr er in der Richtung, die er im Sommer, als er herkam, hätte einhalten sollen, durchfuhr jetzt an einem Tag die ganze Strecke, die damals vier Tage beansprucht hatte.

Der Wagenzug las die Richtung vom Himmel ab und legte den Kurs geradeaus.

— — Und jetzt hatte der Per Hansen Muße, sich umzuschauen: Hier war es ausnehmend schön! — — Auch für die anderen, die den Weg schon kannten, gab es viel des Neuen zu sehen, je weiter sie in den gelbblauen Dunst vordrangen: hier, wo im Sommer noch nichts gewesen als die Hügel der Erd-Eichhörnchen, guckte jetzt eine Erdhütte, und dort wieder eine, aus dem Boden hervor.

Sie gedachten an diesem Abend am Split Rock Creek zu rasten. Und wirklich, sie gelangten bis hin und rechneten sich aus, daß sie an dem Tage runde achtunddreißig Meilen zurückgelegt hatten. Vor des Per Hansens schwer befrachteten Wagen hatten sie öfter die Pferde gewechselt, um schneller vorwärts zu kommen.

Sie fanden eine Furt im Fluß, fuhren durch und schlugen ihr Lager am Ostufer auf. Als sie einst den Sioux River überquert hatten — es schien ihnen unendlich lange her zu sein —, da hatten sie so lange Rast gemacht, bis sie sich drei große Hechte gefangen hatten. Auch heute hängte der Per Hansen einen Kessel übers Feuer und kochte zum Abend frische Fische; die Kartoffeln grub er neben den Kessel in die Asche. Und bald saßen sie am Ufer beim köstlichsten Herrenschmaus. Neben ihnen floß mit leisem Plätschern das Wasser und rief so manche Erinnerung wach. — Die Unterhaltung verstummte, als sie satt waren. Sie warfen Holz aufs Feuer, zogen die Pfeifen hervor und hörten jetzt deutlicher, wovon das Wasser murmelte und sang. — — Ein großer Stern am Westhimmel sah ihnen ins Gesicht.

Als die Pfeifen zum zweitenmal ausgeraucht waren, standen sie auf, besorgten die Pferde für die Nacht, lagerten sich unter die Wagen und schliefen, bis der Tag die blaue Wand im Osten zu vergolden begann.

Kaffee wurde gebrüht, Kartoffeln gekocht, von gestern abend war noch genügend kalter Fisch übrig.

Bald saß wieder jeder auf dem humpelnden Wagen und entfernte sich noch weiter von einer Stelle — einer Stelle — nun — einer Stelle weit weg unterm Westhimmel, wo ein paar Erdhütten lagen! Da draußen war doch irgendwo einmal solch eine Stelle gewesen? — Der Per Hansen riß sich zusammen, dachte eindringlich an die Beret und den Großen-Hans, und die Gamme lebte wieder für ihn auf.

Die arme, liebe Beret! Wenn ihr nur nicht die Zeit lang wurde, während er weg war! —

Unerwartetes gab es auch heute genug. Erdgammen mickerten sich durch, wo eigentlich keine hätten sein sollen, soweit der Solumbub und der Hans Olsen sich entsannen. Du große Welt, wo waren die alle auf einmal hergekommen ? Die mußten rein wie die Ameisen im Sommer aus der Erde hervorgewimmelt sein! — — Nun, allzu viele waren es nicht; aber es hätten hier eben überhaupt keine sein sollen. —

Im Laufe des Vormittags kamen sie an solch eine kleine Neusiedlung. — Trübselig lag sie da — nur zwei winzige Gammen —, gerade an der Wegrichtung. Sie mußten hineinschauen und nachhören, was das für Menschen seien. — Unweit der Gamme waren welche beim Aufbrechen von Neuland. Die Grasnarbe schien auch hier zähe zu sein. Der Blick blieb zuerst am Vorspann des Pfluges hängen: da schritt ein Ochse mit blanken Messingkugeln an den Spitzen eines gewaltigen Hörnerpaares Seite an Seite mit einer hornlosen, mageren Kuh. — Ein Weib ging nebenher und trieb an; ein Mann mit einem Patriarchenbart lenkte den Pflug und schob aus Leibeskräften nach.

Die Leute waren Hallinger. Aus der schwedischen Landschaft Halland am Kattegatt. Und das freute den Per Hansen und den Hans Olsen ungemein. Mit einem Halling ließ sich plaudern! — Das reine Märchen! Der Halling hatte seine gesamte Habe den ganzen Weg von Jowa bis her — wohl über vierhundert Meilen — und mit diesem Gespann befördert, »ein mühselig langer Weg,« erklärte der Halling.

Und wie lange hatte das gedauert? fragte der Per Hansen.

Oh, nicht gar so lange. — Übrigens genau sieben Wochen und zwei Tage. Sie hätten sich um der Kuh willen nicht mehr sputen können, denn die schaffte ja das meiste der Nahrung herbei, da konnten sie nicht zu hart mit ihr umgehen.

»Kannst du mir sagen,« fragte der Per Hansen verblüfft, »ob sie denn Milch gibt, deine Kuh?«

»Freilich gibt sie Milch, — wenn wir sie nicht gar zu arg plagen.«

»Das ist eine Prachtkuh! — — Kannst du mir sagen, ob du wohl Kartoffeln zur Milch brauchst ? Ich hab eine ganze Fuhre mit, die ich zusehen will zu verkaufen.«

Der Halling glotzte, öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen; es kam aber nichts; unter dem Bart bewegte es sich, als schmunzele der Mann; als aber der Hansen genauer hinsah, da hatte der die Augen voll Wasser.

Der Mann wischte sich die Tränen und starrte den Per Hansen an. Die Frau stand daneben; ihr Gesicht war so schmal und abgehärmt, — sie weinte.

»Habt ihr im Haus was zu essen?« fragte der Per.

»— O ja, — — so lange die Kuh Milch gab.« Die Frau kam mit dieser Auskunft.

Da mußte der Per Hansen lachen. »Nein, jetzt hol schnell einen Kübel, du Mutter, dann werden euch eure Gäste ein anständiges Mahl auftischen!«

Und weiß Gott: die Frau war bald mit dem Kübel zurück. Er nahm ihn ihr ab, füllte ihn mit Kartoffeln, sah sie an und sah sie noch einmal an — schüttete den Kübel auf den Boden aus, füllte ihn noch einmal.

»Schau, einen Kübel voll für jeden von euch; übereßt euch aber jetzt nicht daran!«

Der Halling räusperte sich stark und meinte: »Das ist solch ein glücklicher Zufall! Gib uns halt noch vier Kübel dazu; dann sollst du einen ganzen Dollar dafür haben, wenn ich ihn einmal bekomme. — Und stirbst du vorher, hast du für die Kartoffeln auch nicht Verwendung.«

»Nein, aber es könnte sein, ich brauchte den Dollar!« lachte der Per Hansen. »Dank für das Angebot! — Aber was meinst du zu acht Kübel und zwei Dollar, wenn du sie einstens hast?«

Da lachte der Halling, daß der Patriarchenbart wackelte.

»Nein, weißt du was, Mann: da ist es noch besser, es bei sechzehn Kübeln und vier Dollar zu belassen! Wie? — Das Geld bekommst du schon noch einmal; — wir haben halt nicht allzuviel Essen im Haus.«

Die Frau hatte den Kübel hineingebracht, war wieder herausgekommen und sammelte jetzt auf den Knien die Kartoffeln vom Boden gierig mit beiden Händen in ihre Schürze; sie warf dem Per Hansen scheue Blicke zu.

Der Per Hansen lachte den Halling an. »Dann will ich dir akkurat sagen, wie wir es einrichten wollen: du hast jetzt vorläufig genug; wenn ich wieder heimkomme, will ich dir eine ganze Fuhre anfahren. Du mußt doch zu essen haben, Mann! — Auf das Geld will ich warten.«

Und sie wurden handelseinig. — Ehe die Stadtfahrer aber wieder aufbrachen, hatte der Per Hansen noch einen von den übriggebliebenen Fischen dazu geschenkt, einen halben Kübel aus dem Möhrensack geholt und eine der leckersten Wassermelonen dazugelegt. »Eßt euch jetzt aber nicht krank!« war das letzte, was er den Hallingen riet.

Dann karrte er auf der Fuhre wieder in den blaugoldenen Himmel hinein und entsann sich nicht, daß er schon je so einen artigen Tag wie heute erlebt hatte.

V

Um die Mittagszeit hielten die drei Wagen ihren Einzug in Worthington. Der Ort hatte damals noch nichts Städtisches an sich; ein paar Dutzend Häuser standen, von denen die meisten Schuppen waren, die anderen Erdhütten, und alles trug durchaus das Gepräge des Vorläufigen. Der Ort machte den Eindruck eines Lagers, das heute hier aufgeschlagen war, morgen aber vielleicht darauf verfiel, Dutzende von Meilen weiter weg zu sein. — Aber ein paar Läden waren immerhin vorhanden, und das wichtigste von allem: die Eisenbahn, die Schlagader im Leben des Westens, hatte sich bereits herangewunden.

Der Per Hansen fuhr von Haus zu Haus, grinste freundlich und bot auf breitestem Nordländisch seine Kartoffeln an. — Das Glück erwartete ihn hier, schien‘s, nicht an der Schwelle, es ging träge mit dem Verkauf. Erst als er am anderen Ende der Stadt war, schloß er einen nennenswerten Handel ab.

Hier traf er nämlich auf eine Witwe mit zwei halberwachsenen Buben. Die Witwe war Dänin und betrieb einen kleinen Hühnerhof. — Gewiß, sie brauche allemal Kartoffeln, sowohl für sich, wie für die Jungen und die Hühner! Geld gebe es im Hause zwar nicht; aber Hühner, die habe sie. Wolle er vielleicht Kartoffeln gegen Hühner austauschen?

Das wollte der Per Hansen gern. Und er erwarb sich drei Junghühner für neun Kübel Kartoffeln.

Dieser Tausch ist höchst vorteilhaft, dachte er; die Hallinge sind braves Volk, aber die Dänen beinah noch besser. »Nimmst noch drei Kübel dazu, mein Schatz, für eine vierte Henne, gelt?« Die Witwe ging darauf ein, und der Per Hansen war von seinem trefflichen Handel überzeugt. — Auch die Witwe schien ausnehmend zufrieden.

Der Per Hansen wandte sich zum Gehen. Aber davon wollte die Witwe nichts wissen. Er müsse bleiben! Sie habe auf dem Herde einen alten Hahn, der schon seit heute früh koche und vielleicht bald mürbe sei. Wo genug sei für drei, finde sich Rat auch für den vierten!

Und in Per Hansens Mund gab es kein Nein.

Als der Per Hansen eintrat, war er fast noch überraschter über die Gamme als vorher über die Witwe. Das gemütlichste Heim, daß er je gesehen! Bloß eine Erdhütte, kleiner als seine eigene — aber aus jedem Winkel strahlte Behagen. Hier waren die Wände nicht schwarz wie bei ihm daheim; nein, weiß waren die, so leuchtend weiß, daß ein Gelb darin spiegelte. — Die reinste Märchenhütte!

Der Per Hansen vergaß ganz, sich zu setzen. »Nein, Mutter, guck jetzt nicht nach dem Essen! Erzähl lieber, wie du das so unvergleichlich schön hergerichtet hast! — Kannst du mir sagen: ist das Anstrich? Der ist dann wohl entsetzlich teuer?«

Das Gesicht da sah sie schräg mit so deutlichem Wohlgefallen und unverfälschter Bewunderung an, daß sie froh und herzlich darüber lachte und es seit Jahren zu kennen meinte.

Bewahre! Das sei ganz gewöhnlicher Kalk mit Wasser.

Die Witwe bereitete das Essen und erklärte ihm gleichzeitig, wie er‘s anfangen müsse. Und hier sei ein Norweger, der mit Holz- und Baumaterialien handle. Vielleicht, daß der Kalk gegen Kartoffeln eintausche? — Ja, und so und so müsse er den Kalk anrühren.

»Nein, glaubst du wirklich, Mutter, daß er Kartoffeln eintauscht?« rief der Per Hansen; er hätte die Witwe am liebsten ans Herz gedrückt. »Und das schwöre ich dir, Mutter, wär‘ ich dir rechtzeitig begegnet, da hätt‘ ich sicherlich um dich gefreit!«

Zwei Büblein mit roten Backen und blanken Augen, die genau aussahen wie die Mutter, kamen jetzt herein. Auch an denen konnte der Per Hansen sich gar nicht satt sehen; und jetzt fielen ihm die Melonen ein, und er holte die schönste und legte sie auf die Erde. — Und darauf verspeiste er den alten Hahn gemeinschaftlich mit ihr und den Buben und kam sich vor wie im Märchenland. Es war ja doch sonnenklar, daß das Glück noch immer neben ihm saß! — —

Ja, das Glück hielt an diesem Tage wirklich zum Per Hansen, daran war nicht zu zweifeln. Von der Witwe fuhr er stracks zu dem Mann, der mit Baumaterial handelte, und fragte, ob es anginge, etwas Waren für Kartoffeln und viele andere Leckerbissen einzutauschen. Der Mann trat herzu und besah sich die Fuhre. Oh, ausgeschlossen sei es gerade nicht, meinte er. Was wolle er denn dafür haben?

Da lachte der Per Hansen: »Eigentlich alles, was hier steht; aber ich will mich mit ein paar Säcken Kalk und ein paar Bretterenden begnügen. —Du hast doch wohl Kalk?«

Er bekam so viel Kalk, als er wollte, und mehr Bretter, als er erwartet, und obendrein als Zugabe Nägel. Die Bretter waren gehobelt; der Per Hansen ging mit ihnen um, als wären sie die Seiten eines kostbaren Buchs.

»Ja, meiner Treu! Das gibt ein schmuckes Boot für‘s Knäblein, — jetzt mag es kommen!« Und zum Mann gewendet, sagte er: »Zum Herbst kauf ich dir dein ganzes Lager ab; ich kann es brauchen und noch mehr dazu, sollst du wissen.«

Er mußte durchaus mit dem Mann noch eins schwätzen. War doch zu lustig, hier einen Norweger anzutreffen. — Der Per Hansen blieb noch lange bei dem Landsmann sitzen.

Mittlerweile hatten die Reisegenossen schon seit geraumer Zeit ihre Einkäufe abgeschlossen und Mittag gehalten und waren dabei, ihre Waren zu verstauen, als er endlich angefahren kam. — Da ging‘s mit allen dreien wieder in den Laden zurück. Da lag soviel und vielerlei. Und alles duftete ergötzlich, und nun gar der kräftige Whiskygeruch, der alles durchdrang. — Der Per Hansen trat von einem Fuß auf den andern und schnupperte und konnte gar nicht stille stehen.

»Nein, sapperment! Wer jetzt ein paar Heller übrig hätte! Aber es schadet nichts, zu wissen, wo die Dinge zu finden sind, wenn einmal die Münzen kommen, — was meint ihr, Kerle?«

Vor allen Dingen mußte er zuvörderst das mit der Egge und dem Pflug, die auf ihn gebucht standen, ins reine bringen. Der Solumbub machte den Dolmetscher.

Nach langem Feilschen wurde es schließlich, wie sich‘s der Per Hansen gewünscht: er zahlte 15 Dollar und der Rest blieb bis zum Herbst gegen 15% Verzinsung stehen.

Und jetzt hatte der Per Hansen freie Bahn für seine Einkäufe. Das erste, was er wollte, war Netzgarn! — Da wollten sich der Solumbub und auch der Hans Olsen schütteln vor Lachen; wolle er etwa in der Prärie Netze stricken? — Jawohl, Garn brauche er, vor allen anderen Dingen Garn. Als er schließlich eine Sorte fand, die ihm einigermaßen zusagte, kaufte er gleich mehrere Knäule. — Und ferner brauche er Schnüre, Schnüre zum Aufreihen des Netzes — selbstredend!

Den Kameraden schien es, als verjuxe er seine Heller. Bis zum Sioux River sei es weit und nur die notwendigsten Fahrten dorthin ausführbar.

»Verlange du nur die Schnur, du Henry!« gab der Per Hansen zur Antwort.

Darauf kamen die eigentlichen Einkäufe, die, um derentwillen er den langen Weg gefahren war. Zunächst aber noch ein paar Kleinigkeiten, über die er sich ganz leise und so verschämt zum Henry ausließ, daß der immer noch einmal fragen mußte. Also ein wenig Kaliko mit großen bunten Rosen darauf, etwas Band und feinen Zwirn und ein wenig feines weißes Baumwollzeug. Und dann durchaus Hoffmannstropfen und etwas Feinöl in einem Fläschlein! — War doch gar zu leidig, den Solumbuben bei solchen Dingen als Dolmetscher gebrauchen zu müssen, den Junggesellen, der noch rein gar nichts erlebt hatt‘! — Und nun waren die Wirtschaftseinkäufe dran; als wichtigstes Mehl; sodann Stoff und Tabak, Streichhölzer und Petroleum; Kaffee und Sirup. Und Salz. Beim Salz kam den Kameraden wieder das schiere Staunen; denn der Per Hansen verlangte davon weit mehr, als die anderen alle zusammen, und grübelte noch, ob es nicht doch zu wenig sei.

Und jetzt war er fertig; denn das Geld war zu Ende. »Sollten wir uns wirklich auf dieser Fahrt nicht ein einziges Schlücklein gönnen?« meinte der Hans Olsen nachdenklich.

»Da sagtest du was Gescheites!« stimmte der Per Hansen schnell bei. »Und da hätt‘ ich auch beinah die drei Flaschen für den Syvert vergessen. Aber — die Kjersti darf davon beileibe nichts wissen; denkt mir daran, Kerle, wenn wir heimkommen; — soll wohl Schmieröl abgeben für seinen Kutter.«

Der Handelsmann gab, ehe er die Flaschen füllte, eine Runde. Der Henry nahm zwei Flaschen für sich und eine für den Bruder, der Hans Olsen hatte seine Riesenflasche mit, meinte aber, das sei doch sehr knapp, ließ sich noch eine kleinere geben und steckte die zu sich in die Tasche. Der Per Hansen nahm zwei für sich und drei für Tönset‘n. — Nach dem Flaschenfüllen fand nun aber der Krämer, er habe mit diesen Männern einen so ansehnlichen Handel abgeschlossen, daß er getrost noch eine Runde spendieren könne, — schien braves Volk zu sein. Und ehe sie aufbrachen, mußten sie nach gutem altem Brauch noch ein ganz klein wenig gegenseitig beieinander kosten. Herr Gott, man kam doch auch nicht jeden Tag in die Stadt! — — Der Hans Olsen gebrauchte die Füße ungemein vorsichtig als er hinterher auf den Wagen kletterte und setzte sich überaus nachdrücklich auf den Kutschsitz; aber dafür saß er dann auch verläßlich.

Es war schon später Nachmittag, als sie sich endlich aufmachten. Neunzig lange Meilen dehnten sich vor ihnen; aber keiner schenkte dem einen Gedanken. Essen hatten sie reichlich mit, Obdach unterm Himmel, wo immer sie rasteten, und das Wetter war gut. Der Per Hansen fuhr an der Spitze und schnalzte unaufhörlich die Pferde an. Er blickte immer wieder zum Westhimmel auf, der bereits in kräftigem Abendrot aufstrahlte: Herre Gott, wie war hier draußen doch alles so herrlich! — — Ob es wohl anginge, die Nacht durchzufahren?

Als sie sich schließlich doch zum Lageraufschlagen entschlossen hatten, der Hans Olsen das Feuer zum Brennen gebracht und den Muskessel darübergehängt hatte, schnitzte der Per Hansen im Feuerschein Netznadeln Langer, flacher Holzstock mit gabelförmigen Enden zum Netzestricken. und dann ein rundes Strickholz.

Die Kameraden lachten ihn aus, erst schmeiße er sein Geld für Garn hinaus und dann vertändele er die Zeit mit solchem Kram!

»O ja,« lachte der Per Hansen dazu, »ein jeder schwätzt halt, wie er Verstand dazu hat!« und arbeitete, bis er fertig war. —