Kitabı oku: «Die Thüren des Lebens», sayfa 3
Und draussen gieng es und suchte es und frugs auf den Stiegen. Die sieben Frauen sassen und hielten sich an den Händen. Sie wollten reden zu einander und konnten nicht und es kam über sie, dass ihnen die Angst ihre Stimme benahm. Sie fühlten, dass etwas hinter der Thüre stand und hereinwollte zu ihnen. Ihre Herzen schlugen, als sie die Veronika weinen sahn.
Da kamen Schritte durch den Hausflur. Schwere und suchende und heisse Hände tasteten an der Wand, die blind waren vor der Dunkelheit. Jetzt hatten sie den gläsernen Griff gefunden. Und langsam that sich die Thüre auf und Roman Maria trat in das Zimmer.
Es kannte ihn keine von den sieben Frauen und dennoch wussten alle in diesem Augenblicke, dass er es sei. Er hatte wilde Haare und eine Narbe quer über der Stirn. Es sah sich schweigend um, als ob er jemanden suchen würde. Da sah er die Veronika und ihre gerötheten Lider und fragte:
Du weinst?
Ja, sagte sie, ich weine. Aber komm, wir wollen Champagner trinken zusammen. Ich bin Veronika Selig, und muss über die Augen weinen, die mein Kind hatte, als es starb. Willst du dann mit mir schlafen gehen, Roman Maria? –
IV
Und es kam, dass der Student die Veronika mitnahm aus dem alten Hause in sein Leben. Sie war ihm seltsam und voll Räthsel und er liebte sie. Seine Liebe war wild und sonderbar wie sein Wesen. Es waren Stunden, in denen er ihre Augen küsste, in denen er sein eigenes Schicksal las, und es gab Tage, wo er sie schlug. Die Veronika fürchtete sich vor ihm. Ihr war es wunderbar, dass sie wieder heimgekehrt war in das Leben. Sie liebte Roman Maria mit ihrer grossen und verdorbenen Liebe. Und weil sie wusste, dass es die letzte ihres Lebens war, darum warf sie ihr Herz in ihren dunklen Brunnen, ihr Herz, das heiss und verwüstet war und voll Wunden.
Sie musste ihm oft von ihrer Kindheit erzählen und vom Kaspar und seinem Kinde. In der Nacht schrieb er dann ihre Geschichte auf grosse Bogen Papier und sprach von einem Romane zu ihr, von dem Romane ihres Lebens. Seine Geige spielte er niemals mehr. Auch in die Schänken gieng er nicht mehr trinken. Und wenn er nicht schrieb und die Veronika von ihrer früheren Liebe gesprochen hatte, dann erzählte er selbst von seinem Leben. Wirre und wilde Abenteuer, in denen die ungebändigte Schönheit seiner verkommenen Sehnsucht war. Tolle Geschichten, bei denen die Veronika eine Angst ankam und die von der stolzen und kühnen Grandezza seines Herzens sprachen, seines herben, vergeudeten Herzens. Wie er getrunken und geliebt hatte, und die Musik dazu spielte und alte Wunder erzählte. Die leere Musik in den Weinstuben und Singsälen und Schänken am Abend. Die nichts anderes wusste als Gassenhauer und Lieder. Die falsch und misstönig war mitunter und traurig. Die einen aber wieder und immer wieder bethören konnte. Weil die Angst Roman Marias darin war vor seinem Herzen. Die ihn durch die Strassen trieb und die Dunkelheit seiner Stadt, zu ihren Abgründen und Lastern. Die dennoch immer mitkam auf allen Wegen und ihn niemals verlassen wollte. Ueberall war sie. Im Weine und den Gesängen des Brettls, bei den Dirnen und in den Liedern der Spielautomaten. In allen seinen Abenteuern war die Angst. Und Roman Maria fürchtete sich so unsäglich vor seinem Herzen. Er wusste, dass darin viel Geheimes war und Scheues und Seltsames. Viel Schmerzliches und sehr viel Sehnsucht. Und wenn die Veronika in den Augen Roman Marias die Gedanken an sein Herz las, dann setzte sie sich zu ihm und küsste ihn auf den Mund. In ihren Küssen war ihr Leben, so wie es zu ihr gekommen war bis heute. Ihre grosse und verdorbene Liebe war darin und ihr Mitleid und ihre Erinnerung. In solchen Stunden war es, wo sie sich ihm hingab und schenkte, wild und hungrig und trotzig beinahe. Wo ein Fieber in ihrem jungen Leibe war, das ihn verzehrte.
Aber niemals sprachen sie von seinem Herzen miteinander. In ihren Küssen und in ihrer Liebe suchten sie daran zu vergessen. Und auch die Veronika sagte niemals zu Roman Maria, dass sie seine Geige gehört und verstanden habe und dass sie sein Herz kenne.
V
Aus dem Romane
Veronika Selig
des Roman Maria:
Wenn die Veronika in der Nacht aufwachte und hinter den Fensterscheiben die Wellen unter der alten Brücke rauschen hörte, da lag sie immer noch lange mit offenen Augen im Dunklen da und musste an den König Kaspar denken. Und da konnte sie oft mit brennenden Händen stundenlang so liegen und seinen wilden Schicksalen nachsinnen, bis sich die Nacht draussen in den Strassen verlor und der Tag in ihre Stube kam. Da sah sie ihn immer vor sich, wie sie ihn tausendmal mit ihrem heissen Herzen gegrüsst hatte, den Kaspar, wie er in seinem rothen Wams vor den erschauernden Leuten stand, und wie die Wolken hinter der Stadt immer so brandroth wurden am Abend, wenn er zu seiner Königin die bangen Worte vom Sterben sprach. Wie er sein Schwert von der Seite nahm und in den Abend hinaus sah zu den Wolken mit seinen Augen, die so unglücklich waren und heiss und hässlich, dass es der Veronika jedesmal wie eine Erlösung war, wenn er die Königin getödtet hatte. –
So hatte sie ihn oft gesehn, den König Kaspar, wenn die wandernden Komödianten vor der Stadt seine Geschichte auf ihrem Theater spielten, wo die Puppen wie lebende Menschen waren und zu einander sprachen und weinten und einander tödteten. Und wenn der Kaspar in seiner Sammtjacke auf die Bühne kam, da hörten die Kinder auf zu stammeln und die Mütter schwätzten nicht mehr. Der Wind war plötzlich still in der Linde, unter der die Bühne stand und wartete. Und die Veronika hielt ihren Athem an.
Der rothe Kaspar sprach. Seine Stimme war heiser und laut und vielleicht hörte man sie deshalb so klar, weil es rings so still geworden. Von seinem Herzen sprach er und sah dabei in den Abend hinaus. Er hob die Hand und wies damit auf die Leute hin und seine Stimme war anklagend und dunkel und seine Zunge schwer. Von seinem Herzen sprach er, das ihm die Leute gestohlen und auf dem Markte verkauft und vertrunken hatten. Da gieng jedesmal ein Schauer durch das Publikum. Die Kinder, erblassten und griffen mit den Händchen auf die Brust, um zu fühlen, ob ihr Herz noch klopfe. Die Mütter sahen einander an und fragten sich mit den Augen: Hast du das Herz des Kaspar genommen, Nachbarin? – Und alle hatten blasse Lippen und ihr Gewissen war bös.