Kitabı oku: «Kurtisanengespräche», sayfa 4

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Antonia: Donnerwetter, da kriegt man Lust, Nonne zu werden!

Nanna: Jetzt kommt 'ne andere Geschichte: Sechs Tage vor mir war in das Kloster, worin ich mich befand, von ihren Brüdern eine gebracht worden, das war eine ... ich will nicht sagen Schneppe ... ich sage bloß: eine Gott-weiß-was-sie-war; und aus Eifersucht auf ihren Liebsten, der einer von den Vornehmsten im ganzen Lande war, wie ich mir sagen ließ, hielt die Äbtissin sie einsam in einer Zelle eingesperrt und schloß sie nachts mit dem Schlüssel ein, den sie dann bei sich behielt. Der junge Liebhaber hatte bemerkt, daß ein mit Eisenstangen verwahrtes Fenster der Zelle auf den Garten ging; wie ein Specht kletterte er, mit seinen Nägeln sich ankrallend, an der Mauer zu diesem Fenster hinauf und gab dem Gänslein Atzung, soviel er nur hatte. Gerade in der Nacht, von der ich erzähle, kam er zu ihr, preßte sich ans Fenstergitter heran und tränkte sein Hündlein aus der Tasse, die sie ihm hinausstreckte, wobei sie sich mit den Armen an den schnöden Eisenstäben festhielt. Aber gerade als der Honig auf den Fladen troff, wurde ihm die Süßigkeit bitterer als die bitterste Arznei.

Antonia: Wie kam denn das?

Nanna: Der Ärmste kam in solche Verzückung bei dem ›Laß kommen, mir kommt's!‹, daß er die Hände losließ und von der Fensterbrüstung auf ein Dach, vom Dach auf einen Hühnerstall, und vom Hühnerstall auf die Erde stürzte und sich ein Bein brach.

Antonia: Oh, hätte doch die Hexe von einer Äbtissin, die verlangte, daß eine in einem Bordell keusch sei, alle beide gebrochen!

Nanna: Sie tat es ja nur aus Angst vor den Brüdern, die geschworen hatten, sie würden das ganze Kloster, mit allem, was drin sei, niederbrennen, wenn sie nur vom geringsten Skandälchen hörten. Aber um wieder zu unserer Geschichte zu kommen: Der Jüngling, der für seine Liebe den Hundelohn bekommen hatte, brachte mit seinem Lärm alles auf die Beine; eine jede eilte ans Fenster, hob die Läden hoch und sah im Mondenschein den armen Liebhaber zerschmettert daliegen. Zwei Weltpriester mußten aus den Betten ihrer Beischläferinnen aufstehen und wurden in den Garten geschickt; sie nahmen ihn auf ihre Arme und trugen ihn hinaus. Wie man im ganzen Land über diese Geschichte klatschte, brauch ich dir nicht zu sagen. Nach diesem Skandal gingen wir zu unserer Zelle zurück, denn wir bekamen Angst, bei diesem Belauschen fremder Heldentaten möchte uns der Tag überraschen; unterwegs jedoch hörten wir die Stimme eines Klosterbruders, das war ein rechter Schmierfink, aber ein prächtiger Kerl, und er erzählte einer großen Menge von Nonnen, Mönchen und Weltpriestern lustige Geschichten. Sie hatten die ganze Nacht bei Würfel- und Kartenspiel verbracht, und als sie nun des Zechens müde waren, fingen sie an zu schwatzen und baten den Mönch himmelhoch, er möchte ihnen doch was erzählen. Und er sprach: »Ich will euch 'ne Geschichte erzählen, die beginnt sehr lustig und endet sehr traurig, und sie handelt von einem großen Köter.« Alles schwieg nun mäuschenstill, und er begann: »Vor zwei Tagen ging ich über die Piazza und blieb stehen, um einer läufigen Hündin nachzusehen, die mit dem Geruch ihrer Brunft zwei Dutzend kleine Wauwaus angelockt hatte. Ihr Dingelchen war ganz geschwollen und so rot wie glühende Korallen, und fortwährend schnoberte bald mal der eine, bald mal der andere daran. Dies Spiel hatte ein ganzes Rudel Straßenjungen zusammengebracht, die sich darüber amüsierten, wie jetzt einer hinaufhüpfte, zwei Stößchen gab, und gleich darauf ein anderer hinaufhüpfte und ebenfalls seine zwei Stößchen gab. Ich sah der Geschichte mit einem recht salbungsvollen Mönchsgesicht zu, da, pardauz! erscheint ein riesiger Köter, der aussah, als wäre er Statthalter über alle Metzgereien der ganzen Welt; der packte einen von den kleinen und schmiß ihn wütend auf die Erde; dann ließ er ihn los und griff sich 'nen andern, der ebenfalls nicht mit heiler Haut davonkam, worauf sie alle nach allen Seiten auseinanderstoben. Und der große Hund, dem der Schaum vorm Maul stand, machte einen krummen Buckel, sträubte die Haare wie ein Schwein seine Borsten, verdrehte die Augen, knirschte mit den Zähnen, knurrte und sah die unglückselige kleine Töle an. Dann, nachdem er eine Weile ihr Mäuschen beschnüffelt hatte, gab er ihr zwei Stöße, daß sie aufheulte wie die größte Hündin; dann aber glitt sie ihm zwischen den Beinen durch und machte schleunigst, daß sie fortkam. Die kleinen Wauwaus, die an allen Ecken auf der Lauer gestanden, ihr nach, und der Große in voller Wut hinterher. Die Kleine sieht eine Spalte unter einer verschlossenen Tür. Wupp! ist sie drin, und die anderen Hündchen schlupfen auch hinein. Der Hundelümmel aber bleibt draußen, denn er ist so groß, daß er sich in das Schlupfloch der anderen nicht hineinzwängen kann. Da stand er nun, schnappte nach der Tür, scharrte die Erde, heulte und benahm sich wie ein Löwe, der 's Fieber hat. So wartet er 'ne ganze Weile, da hüpft so ein armes Hündchen raus. Schwapp! hat ihn der böse Köter beim Wickel, und ritsch! reißt er ihm ein Ohr ab. Dem zweiten ging's noch schlimmer, und so kam, einer nach dem andern, ein jeder an die Reihe. Die Wauwaus räumten die Gegend mit einer Geschwindigkeit wie die Bauern, wenn Soldaten kommen. Zum Schluß kam das Bräutchen heraus; die packte er an der Kehle, schlug ihr die Fangzähne in die Gurgel und erwürgte sie. Dann jagte er die Gassenbuben und die anderen Leute, die sich dies Hundetheater ansehen wollten, auseinander und heulte den Himmel an.«

Mein Bakkalaureus und ich mochten jetzt nichts mehr sehen noch hören; wir gingen in unsere Zelle, und nachdem wir im Bette noch 'ne Meile geritten waren, schliefen wir ein.

Antonia: Der Mann, der den Dekamerone gemacht hat, soll mir's nicht übelnehmen, aber gegen dich ist er ein Waisenknabe!

Nanna: Das will ich nicht sagen; aber soviel könnte er mir wohl zugeben, daß meine Geschichten lebendig, seine aber nur Gemälde sind. Aber habe ich dir denn nicht mehr zu erzählen?

Antonia: Was denn noch?

Nanna: Zur None stand ich auf. Mein Haushahn hatte mich, ohne daß ich's gemerkt hatte, schon bei guter Zeit verlassen. Ich ging zum Frühstück und mußte unwillkürlich kichern, sooft ich wieder eine sah, die bei der Nacht einen Ausflug nach Kapernaum gemacht hatte. In ein paar Tagen war ich mit allen vertraut, und da erfuhr ich denn, daß ich nicht nur sie belauscht hatte, sondern sie ebensogut mich, nämlich meine Scherze mit dem Bakkalaureus. Nach dem Essen bestieg ein lutheranischer Mönch die Kanzel, der hatte 'ne Stimme wie ein Nachtwächter, so durchdringend und schmetternd, daß man sie vom Kapitol bis zum Testaccio gehört hätte. Der hielt den Nonnen eine Predigt, womit er Dianas Stern hätte bekehren können.

Antonia: Was sagte er denn?

Nanna: Er sagte, nichts sei Mutter Natur verhaßter, als wenn sie sähe, wenn Leute ihre Zeit verlören, denn sie habe sie den Menschen gegeben, um an ihrem Treiben ihr Ergötzen zu haben, und sie habe nun mal ihre Freude dran, wenn ihre Geschöpfe fruchtbar wären und sich mehrten. Vor allem freue es sie, eine Frau zu sehen, die in ihrem Alter sagen könne: »Welt, lebe wohl!« Und vor allen anderen schätze Mutter Natur als köstliche Juwelen die Nönnchen, die dem Gott Cupido Zuckerchen machen. Daher seien die Freuden, die sie uns beschere, tausendmal süßer als die, die sie den Töchtern der Welt gewähre. Und mit dem Brustton der Überzeugung versicherte der Mönch, Kinderchen von Klosterbruder und Klosterschwester stammten vom Dixit und vom Verbum caro. Dann kam er auf die Liebe zu sprechen und begann mit den Fliegen und Ameisen und behauptete mit großer Hitze, alles, was er sagte, wäre so gut, wie wenn es aus dem Munde der Wahrheit selber stammte. Kein Maulaffenpublikum hört so andächtig einem Bänkelsänger zu wie die guten Weiblein dem Prahlhans. Nachdem er zum Schluß mit einem drei Spannen langen Glasding – du verstehst mich schon, he? – den Segen erteilt hatte, stieg er von der Kanzel herab. Zur Stärkung schüttet er sich dann Wein hinunter, wie ein Roß Wasser säuft, und stopfte sich dazu mit Kuchen voll, mit einer Gefräßigkeit wie ein Esel, der dürre Reiser kaut. Geschenke bekam er mehr als ein Priesterchen, das die erste Messe gelesen hat, von der Verwandtschaft erhält, oder eine Tochter von ihrer Mutter zur Hochzeit. Dann empfahl er sich, und die Gesellschaft amüsierte sich mit allen möglichen Possen. Ich selber ging in meine Zelle und war noch nicht lange da, da klopft es, und herein kommt der Chorknabe meines Bakkalaureus, macht mir 'ne höfische Verbeugung und überreicht mir was fein säuberlich Verpacktes, und dazu einen Brief, der war gefaltet wie ein dreikantiger Pfeil oder vielmehr wie das dreispitzige Eisen eines Pfeils. Die Aufschrift lautete – ich weiß nicht, ob ich mich noch darauf besinne ... wart mal –, ja, ja, sie lautete so:

›Was ich in wenigen Worten schlicht gesagt,

Mit Seufzen rief, mit heißen Tränen schrieb –

Nach Eden schick ich's und leg's in meiner Sonne Hand!‹

Antonia: Famos!

Nanna: Drin stand nun eine ellenlange Litanei! Er fing an mit meinen Haaren, die mir in der Kirche abgeschoren waren. Er sagte, er habe sie gesammelt und sich eine Halskette daraus machen lassen. Meine Stirn sei heiterer als der Himmel, meine Augenbrauen glichen jenem schwarzen Holz, woraus man Kämme schneidet, um die Farben meiner Wangen müßten Milch und Karmesin mich beneiden. Meine Zähne verglich er mit Perlenschnüren und meine Lippen mit Granatblüten. Einen großen Lobgesang stimmte er auf meine Hände an; an denen pries er alle Einzelheiten bis zu den Nägeln. Meine Stimme gliche dem Gesang des Gloria excelsis. Dann kam er zu meinem Busen; von dem wußte er Wunder zu melden; zwei Äpfel seien dran, fest wie Schneebälle. Zum Schluß stieg er hinab zum Gnadenquell, von dem er ohne sein Verdienst und Würdigkeit getrunken habe; Manuschristi tröffe daraus, und die Härchen drumherum seien von Seide. Von der Kehrseite der Medaille wolle er schweigen, denn ein Burchiello müßte auferstehen, um auch das geringste Teilchen ihrer Schönheiten würdig zu besingen. Schließlich dankte er mir per infinita saecula für die köstliche Gabe, die ich ihm mit meinem Schatz dargebracht, und schwor, er werde mich bald besuchen, und mit einem ›Leb wohl, mein Herzchen!‹ unterschrieb er sich ungefähr folgendermaßen:

›Der im Gefängnis Eures schönen Busens schmachtend

Die Ketten Eurer Liebe trägt – er schreibt Euch dies!‹

Antonia: Wer hätte da nicht sofort die Röcke hochgehoben, wenn eine ein so prachtvolles Gedicht bekommt?

Nanna: Nachdem ich den Brief gelesen, faltete ich ihn wieder zusammen und barg ihn an meinem Busen, doch erst, nachdem ich ihn zuvor geküßt hatte. Dann öffnete ich die Hülle des Pakets und fand darin ein ganz reizendes Meßbuch, das mein Freund mir sandte, das heißt, ich glaubte, das Geschenk, das er mir schickte, sei ein Meßbuch! Der Einband war von grünem Samt – diese Farbe bedeutet Liebe –, und die Bänder daran waren von Seide: Lächelnd nahm ich's, sah es zärtlich an, küßte es immer wieder und lobte es als das schönste, das ich je gesehen hatte. Dann entließ ich den Boten, und sagte ihm, er möchte seinem Herrn in meinem Namen einen Kuß geben. Als ich allein war, schlug ich das Buch auf, um das Magnifikat zu lesen. Und als ich's geöffnet hatte, sah ich, daß darin lauter Bilder waren, auf denen man sehen konnte, wie die ausgelernten Nonnen sich die Zeit vertreiben. Eine war drin, die hatte ihr Geschirr in einen Korb ohne Boden getan, schaukelte sich an einem Seil und zielte mit dem Ding nach der Eichel einer riesengroßen Stange. Darüber mußte ich so fürchterlich lachen, daß eine Schwesternonne, mit der ich mich ganz besonders angefreundet hatte, herbeilief und mich fragte: »Worüber lachst du denn so sehr?« Ohne mich erst mit dem Strick prügeln zu lassen, sagte ich ihr alles und zeigte ihr das Buch, das wir zusammen besahen, bis wir solche Lust bekamen, die abgebildeten Stellungen mal auszuprobieren, daß wir notgedrungen zum Glasstengel greifen mußten. Meine kleine Freundin klemmte sich ihn so geschickt zwischen die Schenkel, daß er stand wie ein Mannsding, das sich vor der Versuchung bäumt. Dann legte ich mich wie eine von den Frauen auf der Marienbrücke auf den Rücken, schob meine Beine über ihre Schultern, und sie steckte ihn mir bald ins gute, bald ins schlimme Loch, so daß ich gar bald mein Geschäft besorgt hatte. Dann legte sie sich hin, wie ich zuvor lag, und ich vergalt ihr's tausendfach, was sie mir getan.

Antonia: Weißt du, Nanna, was mir passiert, wenn ich dich so erzählen höre?

Nanna: Nein.

Antonia: Na, es kommt ja vor, daß einer an einer Medizin bloß schnuppert und daß sie ihm zwei- bis dreimal durch den Leib geht, ohne daß er sie genommen hätte.

Nanna: Hahaha!

Antonia: Jawohl, ich sehe deine Bilder so handgreiflich vor mir, daß ich naß geworden bin; und ich habe doch weder Trüffeln noch Artischocken gegessen.

Nanna: Siehst du? Vorhin mäkeltest du an den Vergleichen, die ich gebrauche, und jetzt sprichst du selbst in Gleichnissen, wie 'ne alte Muhme, die dem Kleinen Geschichten erzählt und sagt: »Ich hab ein Ding, das ist mein eigen; weiß ist's wie eine Gans und ist doch keine Gans; nun sagt mir, was ist das?«

Antonia: Ich spreche so bloß, um dir Vergnügen zu machen; nur deshalb gebrauche ich verhüllte Worte.

Nanna: Schönen Dank dafür. Aber weiter im Text! Nachdem wir diese Scherzchen miteinander getrieben, bekamen wir Lust, uns nach dem Eingang des Klosters und ans Gitter des Besuchszimmers zu begeben. Wir fanden aber keinen Platz, denn alle Nonnen waren dahin gelaufen wie die Eidechsen in den Sonnenschein. Die Klosterkirche war voll wie Sankt Peter und Paul am Ablaßtag, sogar Mönche und Soldaten drängten sich herzu, und du kannst mir's glauben, denn's ist wahr: Ich sah da den Hebräer Jakob, der in aller Gemütlichkeit mit der Frau Äbtissin plauderte.

Antonia: Ja, die Welt ist gar sehr verderbt!

Nanna: Na, darüber denk ich anders: Wem's nicht paßt, der kann ja gehen. Ich sah da auch einen von den armen gefangenen Türken, die in Ungarn ins Netz gegangen waren.

Antonia: Der hätte sich aber doch sollen taufen lassen!

Nanna: Ja, ob er als Christ getauft war, das konnte ich ihm nicht ansehen; aber gesehen hab ich ihn. Aber ich war ein dummes Luder, daß ich dir versprach, dir in einem einzigen Tage das Leben der Nonnen zu beschreiben, denn sie machen in einer Stunde so viele Sachen, daß ein Jahr nicht ausreicht, sie zu erzählen. Die Sonne will schon untergehen, deshalb will ich's kurz machen wie ein Reiter, der's eilig hat. Er hat zwar großen Appetit, aber kaum nimmt er sich die Zeit, vier Happen zu essen, einen Schluck zu trinken, dann heißt es: Hopp! trapp! ade!

Antonia: Halt mal! Ich möchte dir was sagen. Zu Anfang sagtest du mir, die Welt sei nicht mehr wie zu deiner Zeit; ich verstand das so, daß du mir von den damaligen Nonnengeschichten erzählen wolltest, wie man sie in den Büchern der Kirchenväter liest.

Nanna: Wenn ich dir so was sagte, so habe ich mich geirrt. Ich wollte vielleicht sagen, sie seien nicht mehr so wie in der guten alten Zeit.

Antonia: Dann hat also deine Zunge sich geirrt, nicht dein Herz.

Nanna: Es mag sein, wie du sagst; ich erinnere mich meiner Worte nicht mehr. Aber wir haben ja Wichtigeres vor! Höre nur weiter: Der Teufel versuchte mich, und ich ließ mich von einem jungen Mönch reiten, der ganz frisch von der Universität kam. Indessen nahm ich mich wohl in acht, daß mein Bakkalaureus nichts merkte. Sooft die Gelegenheit günstig war, nahm er mich aus dem Kloster mit zum Essen in die Stadt; übrigens hatte er keine Ahnung, daß ich mit dem Bakkalaureus verheiratet war. So kam er denn auch eines Abends nach dem Ave-Maria ganz unverhofft noch zu mir und sagte; »Mein liebes Puttchen, tu mir doch den Gefallen und komm gleich mit mir; ich bringe dich in ein Haus, wo du dich großartig amüsieren wirst, denn du kriegst nicht nur eine wahre Engelsmusik zu hören, sondern auch eine lustige Komödie zu sehen.«

Ich hatte den Kopf immer voller Flausen und besann mich nicht lange, sondern zog mich um; er half mir meine heiligen Röcke ablegen und kleidete mich in köstlich parfümierte Knabenkleider, die mein erster Liebhaber mir hatte machen lassen; ich setzte mir mein Barettchen aus grüner Seide mit roter Feder und goldener Agraffe auf den Kopf, warf mir den Mantel um die Schultern, und wir gingen miteinander fort. Etwa eines Steinwurfs Weite vom Kloster entfernt trat er in ein langes, aber nur einen halben Schritt breites Gäßchen ein, das keinen Ausgang hatte. Er pfeift ganz sachte, sachte, und sofort hören wir jemanden die Treppe herunterkommen; dann öffnet sich eine Tür, und kaum haben wir die Schwelle überschritten, so empfängt uns ein Page mit einer brennenden weißen Wachsfackel. Bei ihrem Schein stiegen wir die Treppe hinauf und kamen sodann in einen reichgeschmückten Saal; mein Student führte mich an der Hand, und der Page mit der Fackel hob den Türvorhang zu einem Nebenzimmer auf und sagte: »Belieben die Herrschaften einzutreten!« Wir traten ein. Und kaum war ich drinnen, da hättest du sehen sollen, wie alle aufstanden, das Barett in der Hand, wie die Gemeinde in der Kirche, wenn der Prediger den Segen spricht. Wir waren im Gesellschaftshaus aller Lebemänner, die da eine Art Spielklub hatten, und man traf da alle möglichen Mönche und Nonnen, wie man im ›Nußbaum‹ zu Benevent alle Arten von jungen und alten Hexen und Hexenmeistern trifft. Nachdem sich nun alle wieder hingesetzt hatten, hörte ich an allen Ecken und Enden nur von meinem Lärvchen wispern, und – ich sollte mich vielleicht nicht damit berühmen, Toni, aber ich muß es dir doch sagen – ein schönes Lärvchen war's!

Antonia: Das läßt sich denken! Du bist ja noch eine sehr hübsche Alte, und so wirst du gewiß eine sehr hübsche Junge gewesen sein!

Nanna: Wie wir so beim besten Kokettieren waren, ließ sich auf einmal eine Musik vernehmen, die war so köstlich, daß sie mir in Herz und Seele drang. Vier sangen aus einem Notenbuch, und einer spielte dazu eine Laute, deren Silberklang auf ihre Stimmen abgepaßt war, und sie sangen:

Ihr göttlich klaren Augen ...

Hierauf trat eine Ferraresin auf und tanzte so anmutig, daß ein jeder sich darob verwunderte. Sprünge machte sie – ein Böcklein hätte es nicht besser können, und mit einer Geschicklichkeit, o Gott! und mit einer Grazie, Toni!, daß du dich daran gar nicht hättest satt sehen können. Geradezu ein Wunder war's, wie sie das linke Bein heranbog – du weißt? wie's die Kraniche machen –, so daß sie bloß auf dem rechten Fuß stand, und nun fing sie an, sich zu drehen wie ein Kreisel, so daß ihre Röcke, vom Luftzug sich aufblähend, einen schönen Kreis bildeten wie die Flügel einer kleinen Windmühle auf dem Dach eines Gartenhäuschens oder, noch besser, wie jene Papiermühlchen, die die Kinder mit einer Nadel an der Spitze eines Stockes befestigen und womit sie durch die Straßen laufen, jauchzend, wenn sie sich so schnell drehen, daß man sie kaum noch sieht.

Antonia: Gott segne das gute Mädchen dafür!

Nanna: Hahaha! Ich muß lachen: Einer war dabei, den nannten sie – wenn ich mich recht erinnere – ›den lütjen Ciampolo‹, das war 'n Venezianer, der stellte sich hinter 'ne Tür und machte alle möglichen Stimmen nach. Einen Packträger mimte er, gegen den hätte kein Bergamaske was sagen können. Der Kerl redete eine Alte als Madonna an, und der Venezianer antwortete mit der Stimme der Alten: »Was willst du denn von der Madonna?« – »Ach!« sagte er zu ihr, »ich möchte mit ihr sprechen!« Und fing ganz kläglich an zu jammern: »Madonna, o Madonna! Ich sterbe! ich fühle, wie die Lunge mir im Leibe kocht, wie ein Topf voll Kutteln!« Und so ging es fort im Lastträgerstil, daß man sich auf der ganzen Welt nichts Lustigeres denken kann. Dann fing er an, sie zu kitzeln, und lachte dabei und brauchte Schnacke, daß es kein Wunder gewesen wäre, hätte sie darüber die Leidenszeit vergessen und 's Fasten gebrochen. Wie sie so lachen und schäkern, auf einmal kommt ihr Mann dazu, ein alter Jubelgreis, der schon wieder kindisch geworden war. Wie der den Packträger sieht, macht er einen fürchterlichen Spektakel, wie ein Bauer, der Diebe in seinem Kirschbaum sieht, und der andere Kerl schrie bloß immer: »Herr Meister, oh, Herr Meister! hahaha!« und lachte fortwährend und schnitt Gesichter und verrenkte die Glieder wie ein Hanswurst. »Geh mit Gott!« sagte der Alte. »Geh mit Gott, du besoffener Esel!« Dann kam die Magd herein und zog dem Alten die Hosen aus, wobei er seiner Frau alle möglichen Räubergeschichten vom Sophi und vom Türken erzählte. Und die ganze Zuhörerschaft hätte beinahe vor Lachen was in die Hosen gemacht, als er sich die Nesteln aufmachte und dabei einen großen Schwur tat, er wollte nie wieder was essen, was ihm so fürchterliche Blähungen machte. Schließlich ließ er sich zu Bett bringen und schlief ein; dann kam der Packträger wieder und winselte zur Madonna und lachte so viel mit ihr, daß sie sich zuletzt richtig von ihm die Motten aus dem Pelz klopfen ließ.

Antonia: Hahaha!

Nanna: Wie hättest du erst gelacht, wenn du all die Debatten gehört hättest, die sie dabei hielten, dazu die Schelmenspäße des Packträgers, denen übrigens die Zoten von Madonna Machmirsmal durchaus nichts nachgaben. Als nun die musikalische Abendunterhaltung zu Ende war, gingen wir wieder in den Saal, wo ein Gerüst aufgeschlagen war für die Schauspieler, die die Komödie spielen sollten. Gerade sollte der Vorhang aufgehen, als auf einmal jemand heftig an die Tür pochte; er mußte aber so stark klopfen, weil die Gesellschaft mit Lachen und Sprechen einen Lärm machte, daß man ein leises Pochen gar nicht gehört haben würde. Man zog also den Vorhang noch nicht auf, sondern ging an die Tür, um dem Bakkalaureus zu öffnen. Denn der Bakkalaureus war der, der den großen Spektakel machte. Übrigens hatte er keine Ahnung davon, daß ich im Hause und ihm untreu war. Er kommt herein und sieht mich mit meinem Studenten liebäugeln. Das gibt ihm diesen vermaledeiten Klaps, der die Männer blind macht, und mit einer Wut wie der große Köter, der die kleine Hündin totbiß – du erinnerst dich der Geschichte, die der lustige Mönch erzählte! –, fährt er auf mich los, packt mich an den Haaren und schleift mich durch den Saal und die Treppe hinunter. Vergebens waren die Bitten, die alle für mich einlegten (nur mein Student nicht, denn der war sofort verduftet wie 'ne Rakete beim Feuerwerk). Mit unzähligen Puffen und Fußtritten schleppte er mich ins Kloster und verabfolgte mir da in Gegenwart sämtlicher Nonnen eine so gesalzene Tracht Prügel, wie die Mönche sie einem unter ihnen stehenden Klosterbruder zukommen lassen, der das Verbrechen begangen hat, in die Kirche zu spucken. Er verwichste mich mit den Riemen eines Notenpults, und zwar dermaßen, daß von meinem Gesäß ein spannendickes Stück Fleisch abgeschunden war, und was mich noch am meisten fuchste, das war, daß die Äbtissin dem Bakkalaureus recht gab. Acht Tage lag ich krank, salbte mich häufig und wusch mich mit Rosenwasser. Dann ließ ich meiner Mutter sagen, wenn sie mich noch mal lebend sehen wollte, so möchte sie schnell kommen. Und als sie mich so verändert fand, wie wenn ich gar nicht mehr ich selber wäre, da glaubte sie, ich sei vom Fasten und Frühaufstehen krank geworden, und verlangte mit aller Gewalt, ich sollte sofort nach Hause gebracht werden. Mönche und Nonnen konnten reden, soviel sie wollten, sie erklärte, sie ließe mich keinen Tag länger im Kloster. Als ich in unserem Hause ankam, da wollte mein Vater, der vor meiner Mutter mehr Angst hatte als ich vorm Gottseibeiuns, sofort zum Doktor laufen; aber man ließ ihn nicht, und das hatte seine guten Gründe. Ich konnte den Schaden, den mein Unterteil genommen hatte, nicht ewig verbergen, denn da hatte der Riemen getanzt, wie am Abend der heiligen Woche nach dem Gottesdienst die Straßenjungen auf den Altarstufen und vor den Kirchentüren ihre Stöcke klappern lassen. Ich sagte deshalb, ich hätte mich, um mein Fleisch abzutöten, auf eine Wergkratze gesetzt, und dabei wäre mir das passiert. Zu dieser mageren Ausrede zwinkerte meine Mutter mit dem Auge. Sie meinte, die Zähne der Kratze wären mir ja bis ans Herz eingedrungen und nicht bloß in den Popo – (möge der deinige gesund bleiben!) –, aber das beste war, den Mund zu halten, und das tat sie denn auch.

Antonia: Ich fange allmählich an zu glauben, daß du recht hattest, wenn du bedenklich warst, deine Pippa Nonne werden zu lassen ... Und jetzt erinnere ich mich, meine gebenedeite, selige Mutter pflegte immer zu erzählen, in einem Kloster wäre 'ne Nonne, die täte alle drei Tage, als hätte sie alle möglichen Krankheiten von der Welt, so daß alle Ärzte kommen und ihr den Pinkerlich unter die Röcke schieben mußten.

Nanna: Ich weiß ganz gut, wer das war, und habe dir bloß nicht von ihr erzählt, weil meine Geschichte sonst zu lang geworden wäre. – Da ich dich nun heute den ganzen Tag mit meinem Geschwätz hingehalten habe, so möchte ich, daß du auch den Abend zu mir kämest.

Antonia: Ganz wie du wünschest!

Nanna: Du kannst mir ein paar Kleinigkeiten zu machen helfen; morgen nach dem Frühstück gehen wir dann wieder in meinen Weinberg, setzen uns unter diesen selbigen Feigenbaum und machen uns an das Leben der Ehefrauen.

Antonia: Ich stehe ganz zu Diensten.

Nach diesem Gespräch ließen sie alle ihre Sachen im Weinberg liegen und machten sich auf den Weg nach Nannas Haus, ›Zur Sau‹ benannt. Sie kamen dort an, als eben die Nacht hereinbrach, und die kleine Pippa empfing Antonia mit vielen Liebkosungen. Und zur Essenszeit setzten sie sich zu Tische und aßen; dann saßen sie noch ein Weilchen zusammen, und endlich gingen sie zu Bett und schliefen.

Ende des ersten Tages

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Hacim:
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ISBN:
9783750203426
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