Kitabı oku: «Das verlorene Seelenheil», sayfa 10
„Ja, ja, die Taufe des kleinen Kronprinzen!“, sagte er laut und überdeutlich. „Zu Ostern! Das wissen wir schon! Aber sag, wo hast´n gesteckt?“
„Isch versteh kein Wort, welsche Kronpri…“ Weiter kam Amanoue nicht, da ihn Brac wieder kräftig an sich drückte und herzte.
„Kein Wort mehr, über Henrys Kind!“, raunte er leise flüsternd in Amanoues Ohr und ließ ihn wieder los. „Ich würd` sagen, wir stoßen erstmal an, hm?“, rief er vergnügt aus und Amanoue sah ihn sehr skeptisch an.
„Na gut, wie du meinst“, erwiderte er und alle stießen kräftig miteinander an.
„Jetzt sag schon, wo hast`n gesteckt?“, hakte Matto wieder nach und Amanoue hob die Schultern.
„Isch wohne jedsd in die Stadt, in eine Gasthaus. Es ist swar nischd gerade die feinste Adresse, aber wenigstens einigermaßen sauber und günstig“, meinte er.
„Und wie bezahlst du`s?“, fragte Matto erstaunt. „Also ewig wird das bisschen, was du hier verdient hast, auch nicht reichen, oder?“
„Ja, aber isch `abe eine recht lukrative Nebenbeschäftigung gefunden und außerdem erledige isch noch eine paar kleine Arbeiten, für die Wirt“, redete Amanoue sich heraus. „Aber nun ersählt ihr erstmal, was läuft denn so, also drüben? Habe isch was verpasst?“, versuchte er von sich abzulenken und Benny setzte sich augenblicklich in Position.
„Es ist schrecklich! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sich dieser Giftzwerg aufführt! Als wäre er sonst wer!“, regte er sich theatralisch auf. „Der denkt echt, er könnte sich alles herausnehmen und seine Majestät unternimmt gar nichts, dagegen! Er lacht nur darüber und nimmt ihn sogar noch in Schutz! Stell dir vor, der hat neulich sogar Bernard aus den königlichen Gemächern geschmissen und seine Majestät hat Bernard noch dafür gerügt! Und dabei hatte der es nur gutgemeint und seine Majestät nach einem Schwächeanfall in dessen Gemach begleitet! Kannst dir ja vorstellen, wie sauer Bernard deswegen war! Immerhin sind wir doch nicht irgendwelche gewöhnlichen Gardisten! Nach alldem, was wir für Henry getan haben!“, sagte er beleidigt und nicht nur Matto nickte beipflichtend.
„So viel, dazu, dass er uns mal seine persönlichen Freunde nannte“, knurrte der höhnisch. „Da hat sich unser lieber Alec wohl doch getäuscht! Wir gehen dem Alten doch allesamt am königlichen Arsch vorbei! Mich hat er auch schon blöd angemacht!“
„Ich hab`s dir doch gesagt, seine Majestät behandelt uns mittlerweile alle, wie Luft!“, warf Benny wieder schnippisch ein.
„Du bist doch nur sauer, weil du seinen Steigbügel nicht mehr halten darfst“, raunte Matto spöttisch herüber.
„Ach halt doch die Klappe!“, zischte Benny ihn an und drehte sich weg.
Amanoues Augenbrauen waren immer weiter nach oben gewandert und er blickte unschlüssig zwischen ihnen hin und her. „Puh! Was soll isch sagen, isch bin escht platt“, meinte er verwundert. „Wo ist Bernard eigentlisch? Und die Rest?“
„Wir haben heute frei und sie wollten in die Stadt! Halt mal raus, aus diesem Irrenhaus, denn mehr ist es mittlerweile echt nicht mehr, seit“, Matto seufzte schwer, „naja, seit du halt weg bist. Der Alte ist echt nicht mehr zu ertragen!“, beschwerte er sich, die Augen verdrehend.
„Und diese Laurin? Ähm, äh, also, was ist er denn eigentlisch, für ihn?“, fragte Amanoue, sich irgendwie unwohl windend.
„Eigentlich ist der Wicht sein neuer Page, aber wenn du mich fragst“, schnaubte Matto wieder voller Hohn.
„Hm?“, machte Amanoue verwirrt und alle, außer Benny, sahen ihn verständnislos an.
Matto nickte auch prompt in dessen Richtung und grunzte spöttisch. „Na lass dir das ruhig von unserem lieben Bennylein erklären! Der kann dir genau sagen, was seine `Pflichten´ als Page seiner Majestät waren. Nicht wahr, Bennylein?“
„Du bist so ein Arsch!“, fuhr der ihn wieder an, während Amanoue mehrmals verlegen zwinkerte.
„Ach so“, murmelte er erkennend und wieder nickten ihm die anderen bestätigend zu.
„Genau, so!“, sagte Matto hämisch grinsend und machte einen großen Schluck.
„Naja, so genau, wissen wir`s natürlich nicht“, meinte Brac, sich am Hinterkopf kratzend. „Henry redet ja nicht mal mehr, mit mir! Ich hab`s `n paarmal probiert, aber der hat mich eiskalt abblitzen lassen“, brummte nun auch er eingeschnappt. „Wir wissen nur, was wir während der Wache mitkriegen oder halt während der Audienzen und da muss ich Benny leider rechtgeben, dieser kleine Pisser führt sich auf, als hätte er hier das sagen und dabei is er nicht mehr, als der königliche Arschabwischer! Ich sag dir was, Kleiner! Wenn der gute alte Sebastian noch da wäre, der würde diesem Wicht sowas von in den Arsch treten!“
„Bis er Galopp läuft?“, meinte Amanoue grinsend und alle lachten auf.
„Oh ja, Kleiner!“, erwiderte Brac und klopfte ihm auf die Schulter. „Aber jetzt noch mal zu dir, was machst`n so den lieben langen Tag und was hast`n noch vor? Willste noch länger hierbleiben, also in der Stadt?“
Amanoue holte tief Luft und hob unschlüssig die linke Schulter. „Isch weiß es ehrlisch gesagt noch nischd. Erstmal muss isch genügend Geld susammenbringen, damit isch fort gehen kann. Isch dachte, isch reise erst einmal an diese große Fluss surück, ihr wisst schon, der, an dem wir lagerten, vor Colonia. Von da aus könnte isch mit eine Boot sum Meer gelangen und dann mit eine Schiff nach Hause fahren“, antwortete er und seufzte im gleichen Moment schwer. „Nach Hause, isch weiß ja nischd einmal mehr, ob es das noch für misch ist…“
„Ach je, Kleiner“, sagte Brac mitfühlend und stieß ihn freundschaftlich an. „Heimat ist da, wo für einen das Herz schlägt und man seine Freunde hat!“
„Eben! Und meine Hers schlägt inswischen hier und eusch su verlassen, fällt mir alles andere als leischd, dass könnt ihr mir glauben“, seufzte Amanoue erneut tief bestürzt.
„Aber hierbleiben, kannst du auch nicht“, warf Matto besorgt ein. „Dem Alten traue ich mittlerweile alles zu! Wenn der dich in seine Finger kriegt, bist du am Arsch, Kleiner!“
Amanoue senkte bitter den Blick. „So schlimm? Meint ihr ehrlisch, dass er misch umbringen würde?“, fragte er leise.
„Wir wissen es nicht, aber“, Brac zuckte die massigen Schultern, „Henry ist echt nicht mehr er selbst! Früher hat er zu den Feiertagen immer Milde walten lassen und oft Begnadigungen erlassen. Vor Weihnachten und vor allem vor Ostern! Aber dieses Mal hat er nicht eine einzige arme Sau vor dem Strick gerettet! Es kümmert ihn überhaupt nicht mehr, wen die Richter zum Tode verurteilen! Das sind oftmals nur einfache Diebe, verstehst du? Die armen Schweine klauen ein Brot, weil sie kurz vor dem Verhungern stehen und sollen dafür aufgehängt werden! Und gerade nach dem harten Winter sind die Kerker voll davon“, brummte er mürrisch.
„Das ist ja furchtbar“, entkam es Amanoue schockiert. „Aber warum macht er sowas? Das sieht ihm gar nischd ähnlisch, isch kann das nischd glauben“, sagte er fassungslos, doch Matto schnaubte nur wieder.
„Alle Begnadigungsersuche landen bei Wilhelm! Der sieht sie durch und entscheidet, welche an seinen Bruder weitergeleitet werden. Tja, blöd nur, dass unser lieber König anscheinend keinen Bock mehr darauf hat und sich lieber anderweitig beschäftigt“, raunte er zynisch.
„Was meinst du?“, fragte Amanoue ihn stutzig.
Matto legte den Kopf schief. „Na was wohl?! Der bumst lieber seinen Pagen oder“, weiter kam er nicht, denn Brac schlug plötzlich direkt vor ihm mit der Faust auf den Tisch.
„Es ist genug! Er ist trotzdem immer noch unser König! Und Gott allein weiß, warum er so geworden ist!“, blaffte er ihn an.
„Na das wissen wir doch“, mischte sich Benny ein. „Manou ist doch allem Anschein nach, der Grund dafür!“, sagte er ganz wie früher und Amanoue sah ihn empört an.
Doch dann senkte er gleich wieder die Augen und nickte zart. „Ja, du hast reschd, wahrscheinlich trage isch die Schuld daran, an allem und deshalb ist es auch besser, wenn isch endgültig von hier fortgehe“, bekannte er geknickt.
„Gequirlte Hühnerkacke!“, rief Matto wütend aus. „Gut, du hast ihn vielleicht beschissen, auch noch mit `nem Weibsbild, aber deshalb führt der sich doch nicht plötzlich so auf!“, sagte er verständnislos.
„Es war ja nischd irgendeine Weibsbild“, nuschelte Amanoue leise.
„Manou! Halt die Klappe!“, fuhr Brac ihn an. „Niemand, muss es weiter erfahren! Kapiert?“, sagte er sehr ernst und Amanoue nickte betroffen.
„Was? Hm? Nun sag schon!“, bohrte Matto sogleich nach und fasste ihn am Arm.
„Matto, bitte, isch kann es eusch nischd sagen! Aber es ist wahr, isch bin an allem Schuld und was isch ihm angetan habe, ist so schlimm, dass isch es nie wieder gut machen könnte. Glaubt mir, jede Tag verfluche isch misch selbst dafür und isch hoffe so inständig, dass er misch eines Tages vergisst und einfach nur wieder glücklisch wird“, antwortete er tieftraurig.
„Das hättest du dir früher überlegen sollen“, brummte Brac und leerte seinen Krug.
Amanoue nickte nur wieder, doch Matto ließ nicht locker. „Und weshalb sollen wir es nicht erfahren, hm?“, schnauzte er über den Tisch. „Wir halten doch dicht, Mann! Haben wir immer getan und ganz gleich, welches Frauenzimmer er auch flachgelegt hat, in Averna haben wir auch geschwiegen! Also was soll diese ganze Heimlichtuerei jetzt? Die Königin wird’s ja wohl nicht gewesen sein“, sagte er spöttisch grinsend, was allerdings sofort zu Eis gefror, als er Amanoues bekümmerte Miene sah. Als dieser auch noch leise schluchzend die Augen schloss, lehnte er sich fassungslos zurück. „Nee, oder?“, stammelte er ungläubig und schlug sich entsetzt eine Hand vor den Mund, als Amanoue weinend das Gesicht hinter den Händen verbarg.
„Du hast die Königin gevögelt?“, piepste Finn schreckensbleich und Brac gab ihm eine Kopfnuss.
„Klappe!“, raunte er beschwörend und alle schluckten erst einmal.
„Heilige Scheiße“, fluchte Matto und brach in ein ungläubiges Gelächter aus.
„Das ist nischd komisch“, schluchzte Amanoue erbarmungswürdig.
„Nee, is es nicht! Aber, nee, das gibt’s einfach nicht! Ich glaub`s nicht, du hast echt Sybilla, also, so richtig?“, stammelte Matto kopfschüttelnd herum und lachte erneut. „Ich fasse es echt nicht! Aber jetzt macht alles einen Sinn! Deshalb schiebt er sie also in ein Kloster ab?! Wahnsinn, echt, Respekt! Vor dem Alten! Also ich hätte euch beiden die Rübe runterhauen lassen“, meinte er fassungslos.
„Matto, es reicht jetzt!“, ermahnte Brac ihn wieder. „Und, kein Wort darüber! Zu niemandem, oder ich mache euch alle einen Kopf kürzer! Klar? Henry ist gebeutelt genug, da brauch er nicht noch Getratsche hinter seinem Rücken“, brummte er durchschnaufend.
Alle am Tisch nickten, auch Matto. „Trotzdem, Kleiner, ich habe ja für vieles Verständnis, aber da hast du dieses Mal echt den Vogel abgeschossen, Glückwunsch!“
Amanoue wischte sich das Gesicht mit seinem Ärmel trocken und sah ihn ernst an. „Denkst du etwa, dass isch es nischd bereue? Jede verdammte Tag, bereue isch es! Und isch würde es am liebsten ungeschehen machen, aber isch kann es nischd“, schluchzte er erneut los.
„Nee, Kleiner, bei aller Freundschaft, aber das geht gar nicht! Irgendwo hört`s auf! Du hättest von mir aus, alle Weiber der Welt haben können, ist mir scheißegal, aber bei einer bestimmten, nee“, meinte Matto nur wieder verständnislos. „Das Kind ist aber schon von ihm, oder?“, fragte er, eigentlich nur zynisch gemeint und wieder viel ihm das Gesicht herab, genau wie bei Finn und Benny, als sie Amanoues verzweifeltes Schluchzen vernahmen.
„Ja!“, donnerte Brac sie an. „Das Kind ist von IHM! Es ist Henrys rechtmäßiger Erbe und jetzt ist endgültig Sense! Schluss, aus, Ende!“
Matto nickte nur erkennend und zog seinen Krug heran. „Naja, jetzt kann ich den Alten wenigstens verstehen und kann es echt nachempfinden, warum er so drauf ist! Und ganz ehrlich? In Zukunft werde ich wesentlich gelassener mit seiner miesen Laune umgehen“, sagte er, bevor er den Humpen auf einen Zug leerte.
„Scheiße, Mann“, entfuhr es Finn, vor Entsetzen so kalkweiß im Gesicht, wie man es sonst nur von Benny gewohnt war.
***
Amanoue lag auf seinem schmalen Bett und starrte schon seit geraumer Zeit an die rußgeschwärzte Zimmerdecke. Wie immer nagte auch jetzt das schlechte Gewissen an ihm und es war seit seinem Besuch im Wachgebäude sogar noch schlimmer als sonst schon. Was hatte er nur getan, was hatte er Henry angetan? Seinem Henry…
Es klopfte an der Tür und so blinzelte er erst einmal verwirrt. „Äh, ja?“, fragte er und die Türe öffnete sich.
Der Wirt streckte den Kopf herein und grinste ihn auf seine habgierige Weise an. „Da ist einer unten, der hat nach dir gefragt!“, bellte er in den Raum. „Kommst du runter oder soll ich ihn gleich raufschicken?“
„Ist es Rafael?“, fragte Amanoue gelangweilt.
„Nein! Ist noch nie hier gewesen! Sieht ganz gut aus, der Kerl! Groß und breitschultrig und scheint aus gutem Hause zu sein, wenn du verstehst“, sagte er und rieb seine Daumen und Fingerspitzen dabei aneinander, um ihm zu zeigen, dass derjenige wohl auch genügend Geld springen lassen würde.
„Ich bin heute su geschafft“, antwortete Amanoue allerdings abweisend und der Wirt kam ins Zimmer.
„Jetzt pass mal auf! Der Kerl hat Geld und das hat er mir bereits deutlich zu verstehen gegeben! Wir beide haben eine Abmachung! Ich schleuse dir die Kunden zu und bekomme dafür meinen Anteil, aber seit du mit diesem Maler zusammen bist, habe ich keinen Heller mehr gesehen! Also, was ist, schaust du dir ihn wenigstens mal an?“, verlangte er mürrisch und Amanoue schnaufte genervt aus.
„Geld, Geld, Geld! Ist das alles, was für disch sählt? Du bekommst doch drodsdem die Miete für die Simmer und jedsd verschwinde! Schick ihn weg, ich will heute nischd, kapiert?!“, fuhr er den Wirt an, was den allerdings nicht zu kümmern schien.
„Ich kann die Miete auch erhöhen, verstanden? Oder dich gleich rauswerfen und das Zimmer wieder an eines der Mädchen vermieten, wenn`s dir nicht passt! Außerdem scheint der dich zu kennen, der hat nämlich ziemlich direkt nach dir gefragt und dich genau beschrieben! Was ist jetzt?“, blaffte der zurück und Amanoue setzte sich endlich auf.
„Er kennt mich?“, fragte er erstaunt nach und der Wirt nickte.
„Offensichtlich! Wie gesagt, der Kerl ist recht groß, blond und echt gutaussehend! Soll ich ihn raufschicken? Entscheide dich endlich, ich hab nicht ewig Zeit“, murrte er.
Amanoue runzelte nur noch mehr die Stirn und nickte schließlich. „Ein Hauptmann der Garde?“, fragte er und der Wirt schüttelte den Kopf.
„Also das Gardemaß hätte der schon, aber er sieht nicht aus, wie einer! Trägt zivile Kleidung“, antwortete er und drehte sich auch gleich noch um. „Ich schick ihn einfach hoch, mir reichts jetzt“, murmelte er und schlurfte hinaus.
Amanoue stand auf und wartete gespannt auf den vermeintlichen Kunden. Im ersten Moment hatte er bei der Beschreibung des Wirtes an Satory gedacht, doch woher sollte der wissen, wo er steckte? Kai! Na klar, der hatte sicher wieder nicht seinen Mund gehalten! Noch während er darüber nachgrübelte, öffnete sich erneut die Tür und Bernard trat rasch herein. „Bernard?“, kam es mehr als überrascht aus Amanoues Mund und der Savoyer baute sich direkt vor ihm auf.
„Kannst du mir mal verraten, was du hier machst?!“, schnauzte der ihn auch sofort an. „Ich wollte es nicht glauben! Pack augenblicklich deine Sachen zusammen!“
Amanoue machte einen Schritt rückwärts und sah zu ihm auf. „Langsam reischds mir! Wieso fragt misch jeder, was isch hier mache! Obwohl isch genau dieselbe Frage stellen könnte! Und woher, weißt du eigendlisch, wo isch bin?“, fuhr er den Gardisten an.
„Von Kai!“, antwortete der schnippisch.
„Natürlisch!“, regte Amanoue sich auf und warf die Hände in die Höhe. „Diese blöde Idiot! Kann der nischd eine Mal, seine Klappe halten!“
„Zum Glück, hat er sie nicht gehalten! Und jetzt mach was ich dir sagte, oder bei Gott, ich bringe dich mit Gewalt von hier fort!“, drohte Bernard ihm ernst.
Amanoue sah ihn baff an und lachte zynisch auf. „Was geht’s disch eigentlisch an, hm? Es ist meine Leben und vor allem, meine Körper!“, blaffte er.
„Und ich bin dein Freund! Denkst du allen Ernstes, dass ich dabei zusehe, wie du dich verkaufst und nichts unternehme? Diesen Fehler habe ich einmal begangen und dir nicht beigestanden, das passiert mir nie wieder! Seit ich dich damals von diesem Schwein Laurentis abgeholt habe, habe ich mir dies geschworen!“, schimpfte Bernard ebenso aufgebracht zurück. Dabei beugte er sich wieder drohend nach vorne und Amanoue stemmte, sich ebenfalls nach vorn gebeugt, die Hände in die Taille.
„Du bist mir nischds schuldig! Gar nischds! Also was soll der Scheiß? Isch bin diese Mal aus freie Stücke hier, kapiert? Und es ist gans allein meine Sache und geht disch nischds an! Also au revoir, da ist die Tür!“
„Ach so läuft das hier! Du schmeißt mich also einfach raus und denkst, du hättest mich los, ja? Falsch gedacht, Schätzchen! Ich werde nicht ohne dich gehen!“, schimpfte Bernard empört zurück, wobei sich beide noch näherkamen. Nasenspitze an Nasenspitze standen sie voreinander und blickten sich wütend in die Augen, bis Amanoue nachgab und zur Seite sah.
„Entweder du gehst, oder du sahlst mir die vergeudete Seit“, sagte er so kalt, dass Bernards Herz gefror.
„Gut, wenn das so ist, bitte“, erwiderte der blonde Savoyer ebenso kalt und zog seinen Geldbeutel hervor. „Was kostet die ganze Nacht? Egal, ich denke, das müsste reichen“, meinte er und warf eine Silbermünze aufs Bett.
„Ist das deine Ernst?“, fragte Amanoue verblüfft und Bernard zuckte die Achseln.
„Was? Ich denke nicht, dass du sonst mehr verdienst, in einer Nacht! Allzu viele Kunden wirst du sicher nicht haben, oder? Wie viele bedienst du denn sonst so? Einen? Zwei? Mehr sind es ganz bestimmt nicht und ich kenne die Preise für eine gewöhnliche Nutte! Und, ich weiß auch, dass Lustknaben in der Regel viel billiger sind! Dein Wirt war so frei und nannte mir deinen Lohn im Voraus! Fünf Kupfermünzen! Von denen er wahrscheinlich noch drei davon abbekommt! Da ist dieser Silberling wohl mehr als genug“, sagte er, marschierte zu dem einzigen Stuhl, drehte den um und setzte sich rittlings darauf.
Amanoue war einfach nur sprachlos und so starrte er ihn auch an. Wobei er sich eingestehen musste, dass Bernard mehr als recht hatte und, was ihn noch mehr ärgerte, der mal wieder verboten gut aussah. Er trug halbhohe, rötlich-braune Stulpenstiefel, dazu eine dunkelbraune Hose aus feinem Leinen und darüber eine überaus edle hellbraune, mit Goldbrokat eingefasste knielange Tunika und wirkte darin wie ein wohlhabender Edelmann. Zwar dezent, aber alles in allem sehr elegant. Das schulterlange blonde Haar hatte er zurückgekämmt, wobei ihm eine einzelne gewellte Strähne lässig nach vorne fiel und seinem attraktiven Gesicht noch zusätzlich schmeichelte. Kurz, er sah geradezu unverschämt gut aus, in seiner arrogant-lässigen Art und dieser Umstand ließ Amanoue beinahe vor Wut überschäumen. „Raus!“
Bernard blickte sich gelangweilt um. „Hast du nichts zu trinken da? Wie wäre es mit einem Becher Wein, der ist doch sicher bei dieser guten Bezahlung dabei? Wenn nicht, spendiere ich dir auch einen“, meinte er hochnäsig.
„Hast du misch nischd verstanden? Mach dass du rauskommst, sofort!“, schrie Amanoue ihn an.
Bernard sprang auf und mit einem Satz zu ihm hin. Ehe Amanoue sich versah, hatte der Gardist ihn gepackt und zerrte ihn mit sich zum Bett. „Und wenn ich dich wirklich durchficke? Wenn du nur einen weiteren Kunden willst, bitte schön, dass kannst du haben“, raunte er jetzt ebenfalls wütend und warf ihn auf die Matratze.
Amanoue rappelte sich sofort wieder hoch und sah ihn von unten herauf bitterböse an. „Versuch`s doch! Isch kradse dir die Augen aus, wenn du misch anfasst“, fauchte er wirklich wie ein angriffslustiger Panther.
Bernard verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte nur den Kopf. „Eigentlich hätte ich eher Lust, dich übers Knie zu legen“, meinte er und wandte sich um. „Warum machst du das?“, fragte er bitter und tief enttäuscht. „Ich bin hier, weil ich dir helfen will, verdammt! Aus Freundschaft, mehr nicht! Was denkst du, werden die anderen Jungs sagen, hm?“, drehte er sich wieder zu ihm um. „Denkst du, die würden auch einfach achselzuckend dabei zusehen, wie du dich hier verkaufst? Nach allem, was wir mit dir erlebt haben? Nicht mal Benny würde hierbei tatenlos zusehen, du Idiot!“
Amanoue sah genervt zur Seite. „Isch brauche eure Hilfe nischd! Und isch mache das hier nur noch solange, bis isch mir eine Überfahrt nach Asconien leisten kann“, murrte er schnippisch.
Bernard schnaubte spöttisch. „Dann wirst du aber noch verdammt lange deine Beine breitmachen müssen, viel Spaß dabei“, erwiderte er und ging.
Vor lauter hilfloser Wut schnappte sich Amanoue die Wasserkanne und schleuderte sie ihm hinterher. Das hölzerne Gefäß landete allerdings nur noch krachend an der bereits wieder zugezogenen Türe und sprang entzwei. „So eine Mist, jedsd kann isch die auch noch besahlen!“, wimmerte er zu sich selbst und ließ sich plumpsend aufs Bett fallen.
Und wenn er doch die Jungs um Hilfe bitten würde? Nein! Er hatte schon einmal einen von ihnen um Hilfe gebeten und der hatte es gnadenlos ausgenutzt! Und dafür eine `besondere´ Entlohnung verlangt! Wenn er schon für Geld anschaffen gehen musste, dann lieber hier, mit Kunden, denen er nichts schuldig blieb und keine Rechenschaft ablegen musste. Außerdem war da ja auch noch Rafael. Der bezahlte ihn zwar auch nicht so gut, wie er versprochen hatte, nur zehn Kupferpfennige pro Stunde und davon musste er auch noch das Zimmer bezahlen. Allein fünfzig Kupferstücke verlangte dieser Halsabschneider von Gastwirt für eine Woche, plus seine Vermittlungsgebühr für jeden Kunden. Blieb also nicht viel übrig.
Gut, er bekam wenigstens kostenlos zu essen, wenn er dem Künstler Modell stand. Sollte er doch dessen Angebot annehmen und zu ihm ziehen? Seufzend ließ er sich nach hinten fallen und dachte angestrengt nach. Verdammt, wie er es auch drehte und wendete, Bernard hatte recht. Er würde wahrscheinlich Monate brauchen, bis er das Geld für die Reise zusammen hatte.
***
Henry wirkte recht gelangweilt, als sein Bruder ihm die Bittschrift vorlas. „Hast du mir eigentlich zugehört?“, fragte Wilhelm mürrisch.
„Hm?“
Wilhelm rollte das Pergament zusammen und warf es auf den Tisch, wobei er kurz versucht war, es lieber seinem Bruder um die Ohren zu hauen. „Das ist jetzt der fünfte Brief! Überall das gleiche! Die Wintersaat ist erfroren! Heinrich! Würdest du mir bitte mal zuhören und aufhören, diesen, ach verdammt, mir reichts langsam!“, knurrte er, mit einem angewiderten Blick auf Laurin, der wie immer zu Henrys Füßen saß und sich von dem mit kleinen Häppchen füttern ließ.
„Die Bauern haben zwar alle im März nachgesät und der Weizen ist auch aufgegangen, aber wenn es nicht bald regnet, sieht es schlecht aus“, sagte Richard, ebenfalls sehr brummig.
„Und? Was soll seine Majestät dagegen unternehmen?“, fragte Laurin zickig und genoss die nächste Leckerei. „Der König kann es auch nicht regnen lassen, also weshalb belangt Ihr ihn mit diesen widrigen Botschaften?“, setzte er mit vollem Mund hinzu und Wilhelm war ernstlich versucht, ihm den Hals umzudrehen.
„Gott sei Dank, haben wir auf Am…, äh, haben wir zusätzliche Kornspeicher angelegt“, entkam es Richard, die Hände wie zum Gebet gefaltet und zur Zimmerdecke hinaufblickend.
„Ja, zum Glück, und zwar für uns alle! Der Rat war in der Tat Gold wert“, murmelte Wilhelm vor sich hin. „Der Junge, ist, oder war, Gold wert…“
„Wer? Ich? Ja, ich weiß“, meinte da Laurin ganz offensichtlich sich damit und lächelte zu Henry hoch. „Na? Ich habe noch Hunger, wo bleibt mein Leckerli?“, flötete er fordernd und Wilhelm sog die Luft ein.
„Ich, ich“, zischte er, beide Hände hochnehmend, als würde er jemanden erwürgen wollen und Richard legte die seine darauf.
„Es war deine Idee, lieber Neffe! Also lebe jetzt damit“, säuselte er genussvoll hämisch.
„Aber doch nicht so!“, brauste sein Neffe auf. „Heinrich! Wenn du diesen Giftzwerg nicht sofort rausschickst, kann ich für nichts mehr garantieren! Merkst du nicht, wie dieses Miststück dich mehr und mehr manipuliert?! Der antwortet ja bereits für dich!“, brüllte Wilhelm plötzlich los und Henry wandte ihm endlich den Blick zu.
„Ist mir ehrlich gesagt egal, was ihr beschließt, ihr macht das schon“, erwiderte der König gelassen und stand auf. Er klopfte sich einmal auf den Schenkel, Laurin erhob sich und folgte ihm wie ein braves Schoßhündchen. Allerdings nicht, ohne ein bissiges Grinsen über seine Schulter zurückzuwerfen und Wilhelm ballte beide Hände zu Fäusten.
„Bleib ruhig“, ermahnte Richard ihn beschwichtigend und wartete, bis beide den Raum verlassen hatten.
„Ich bring ihn um!“, zischte Wilhelm aufstehend und lief ganz nach Henrys Manier durchs Zimmer.
„Ich wüsste eine andere Lösung, für unser Problem“, raunte Richard nachdenklich.
„Ach! Und was? Henry interessiert sich doch nur noch für dieses kleine Biest!“, schrie Wilhelm ihn an.
„Hör auf, mich anzuschreien! Immerhin hast du dieses Biest hierhergeholt!“, brummte sein Onkel missmutig und legte die Fingerspitzen aneinander. „Wir brauchen einfach ein anderes kleines Biest. Eines, das diesem Giftzwerg überlegen ist und zwar in jederlei Hinsicht! Wir müssen Amanoue zurückholen“, sagte er und Wilhelm starrte ihn an.
„Und wie? Weißt du überhaupt, wo er ist?“, fragte er sofort gespannt nach und Richard nickte zumindest halbwegs.
„Ich weiß zwar nicht, wo er sich momentan aufhält, aber ich weiß, wo wir ihn finden können“, antwortete er und Wilhelm schüttelte verwirrt den Kopf.
„Häh?“
„Pass auf! Ich war im Garten und sonderbarerweise, scheine ich nicht der einzige heimliche Besucher dort gewesen zu sein! Es waren Trittspuren im Kies und als ich das vorletzte Mal im Garten war, wuchs in den Blumenbeeten noch wesentlich mehr Unkraut! Irgendwer hat es also ganz offensichtlich ausgezupft und außerdem hat Sirrah wie verrückt geschnüffelt. Sie ist der Spur gefolgt bis zum Pavillon und blieb dort eine Weile winselnd sitzen, bis sie plötzlich weiterlief, Richtung Bach.“
„Und?“, fragte Wilhelm verwirrt.
„Was, und? Wer glaubst du wohl, war der Besucher, hm? Es kann doch nur Amanoue gewesen sein! Und er kam ganz offensichtlich vom Bach her! Über den Hof kann er ja kaum gekommen sein! Allerdings hat jemand den Balken vom Tor entfernt, er war also schon öfter im Garten, auch schon, als er noch bei Brac drüben lebte. Da Amanoue den Balken unmöglich allein entfernt haben kann, dafür wären mindestens zwei kräftige Männer nötig oder auch nur ein besonders starker, hatte er also Hilfe und von wem?“, meinte Richard auffordernd und Wilhelm nickte wissend.
„Brac!“
„Richtig!“, bestätigte ihm sein Onkel. „Ich gehe jede Wette ein, dass zumindest der weiß, wo sich Amanoue inzwischen versteckt hält aber das interessiert im Moment auch nicht. Wir wissen jetzt, dass der Kleine sich regelmäßig im Garten aufhält und genau diese Tatsache werden wir uns zu Nutze machen!“
Wieder schien Wilhelm nicht zu begreifen. „Hm?“
Richard rollte mit den Augen. „Verstehst du nicht? Wir müssen uns nur auf die Lauer legen und abwarten, bis Amanoue wieder in den Garten kommt!“
„Und was dann? Willst du ihn einfach entführen? Ich glaube kaum, dass der freiwillig mit uns mitkommt“, meinte Wilhelm spöttisch.
„Das muss er auch gar nicht! Ich habe da einen Plan! Alles, was wir tun müssen, ist, Henry irgendwie in den Garten zu bekommen und zwar genau dann, wenn auch Amanoue dort ist!“, erwiderte Richard mit zusammengekniffenen Augen und verschwörerisch nickend.
„Du liebe Zeit! Der wird da sicher nicht sehr erbaut darüber sein! Was, wenn er den Jungen gefangen nehmen lässt? Und…“, widersprach sein Neffe zweifelnd.
„Und ihn doch noch hinrichten lässt?“, fragte Richard zynisch und schüttelte gleich wieder den Kopf. „Nein, das denke ich nicht und wenn doch, bist du ja dann wohl schuld daran! Du hast Henry doch ständig deswegen aufgehetzt!“, warf er Wilhelm mürrisch vor. „Naja, vergessen wir das mal“, brummte er weiter, „also, wie gesagt, ich glaube, oder hoffe zumindest, dass Henry Amanoue nichts antun wird! Er liebt ihn noch immer, davon bin ich felsenfest überzeugt und wenn er ihn erst einmal wiedersieht, dann…“
„Ergibt sich alles weitere von allein!“, vervollständigte Wilhelm nickend den Satz. „Denkst du wirklich, das könnte klappen?“
Richard nickte erneut nur halbwegs und noch dazu recht skeptisch. „Ich weiß es nicht, aber einen Versuch wäre es wert. Ich kann nur hoffen, dass es nicht zu Amanoues Lasten geht“, antwortete er seufzend.
„Tja, dieses Risiko müssen wir wohl eingehen“, sagte Wilhelm achselzuckend und schnaufte ebenfalls schwer durch. „Mir ist der Asconier auf alle Fälle lieber, als diese Schmeißfliege Laurin! Amanoue war wenigstens noch händelbar, aber der andere entwickelt sich langsam zu einer echten Katastrophe, für uns! Ich kann dieses Miststück nicht mehr sehen und bevor noch ein Mord geschieht, ist es sicher das Beste, wenn wir ihn einfach wieder gegen Amanoue austauschen könnten. Aber, wie willst du Henry in den Garten bekommen?“
„Dieses Mal, lässt du mich mal machen! Da wird mir schon was einfallen und vorher werde ich mich zur Sicherheit noch mit Brac unterhalten. Es ist immer gut, zwei Eisen im Feuer zu haben“, antwortete Onkel Richard zuversichtlich.
Allerdings erwies sich das zweite Eisen als nutzlos, da Brac ihm nicht weiterhelfen konnte, oder wollte. Er bestritt vehement eine Kenntnis über Amanoues Verbleib zu haben und beteuerte zudem noch, nichts mit dem entfernten Querbalken zu tun zu haben. Richard beschwor ihn geradezu, ihnen zu helfen und der sanfte Riese gab schließlich zu, dass er Amanoue erst kürzlich gesehen hätte.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.