Kitabı oku: «Die Idee des lebendigen Gottes», sayfa 3
1.2.4.3 Gründer des homiletisch-katechetischen Seminars
Die enorme Leistungsfähigkeit und Vielseitigkeit Dieringers zeigt sich an den zahlreichen gleich zu Beginn seiner Professur in Bonn angestoßenen Unternehmungen, zu denen auch die Anregung gegenüber Geissel gehört, in Bonn einen eigenen feiertäglichen Gottesdienst als Universitätsgottesdienst zu etablieren. Zunächst richtet Dieringer als „Provisorischer Konviktsinspektor“ zum Allerheiligenfest 1843 eine Messfeier für die Seminaristen und Theologiestudenten im Bonner Münster ein, bei dem er selbst die Predigt hält und der als bald so gut auch von anderen Akademikern besucht wird,88 dass Dieringer und Martin im Januar 1845 durch die Preußische Regierung zu Universitätspredigern bestellt werden.89 Im selben Zeitraum hatte Dieringer ebenfalls bei der Regierung erwirkt, dass an der katholisch-theologischen Fakultät ein homiletisch-katechetisches Seminar errichtet wird, dessen Direktor er bis zu seinem Fortgang aus Bonn 1871 bleibt.90 Maßgeblich für den positiven Entscheid des Ministeriums scheint dabei nicht die Unterstützung Geissels gewesen zu sein, sondern vielmehr Dieringers Offenheit für die durch das Ministerium gewünschten neuen didaktischen Ansätze, die den Studenten über die bloße Vorlesung hinaus im Seminar Möglichkeit geben, in die wissenschaftliche Diskussion und in praktische Übungen einzusteigen.91 Diese kann Dieringer als übliche Struktur seiner Predigt-Seminare vorweisen. Viele der Predigten und Kanzelvorträge der ersten Jahre sowie die Vorlesungen aus den Homiletik-Seminaren hat Dieringer zunächst 1844 in einem zweibändigen Werk mit dem Titel „Kanzelvorträge für gebildete Katholiken auf alle Sonn- und Festtage des Kirchenjahres“92 herausgeben. Der homiletische Ansatz Dieringers wird im Vorwort kurz umschrieben und dabei deutlich als ein der Systematik und Dogmatik unter bzw. zugeordnetes Fach verstanden. Predigtlehre ist nicht zuerst moralisch-sittliche Erziehung, wie dies insbesondere die Volksaufklärung unter Wessenberg verstand. Dieringer richtet seine Kanzelvorträge streng am Kirchenjahr und der jeweiligen Perikope aus, versucht deren christologische „Grundlegung“ zu verdeutlichen und will dies in einer der Hörerschaft angemessenen Weise tun.93 „Die Haltung ist durchaus eine dogmatische auch bei Besprechung ethischer Gedanken. Die sogenannten reinen Sittenpredigten sind mir von Herzen zuwider; das Aufzählen und Einbläuen von sittlichen Imperativen, das Abkanzlen einzelner Stände und ihrer Fehler u.s.w. eckelt mich an“.94 Ausgangspunkt auch für Homilie und Predigt ist stets das positive Dogma und die Offenbarung. „Jeder dogmatische Gedanke sey der Träger und Verkünder seiner ethischen Momente; jeder sittliche Grundsatz erscheine in seiner dogmatischen Bedeutung“.95
1.2.4.4 Theologischer Autor und Berater Geissels
Genau in diesem Sinne der positiven Theologie, die stets rückgebunden ist an das kirchliche Dogma und die geoffenbarte Wahrheit, ist auch Dieringers zweites großes theologisch-systematische Werk das „Lehrbuch der katholischen Dogmatik“ gehalten, das 1847 von ihm veröffentlicht wird. Das mehr als 665 Seiten umfassende Werk erfreut sich so großer Resonanz, dass es insgesamt bis 1865 fünf Auflagen erfährt.96 Das Buch versteht Dieringer als Grundlage für „academische Vorträge“ und geeignet für das „übersichtliche Studium der Dogmatik“ und richtet sich damit ganz eindeutig an eine Fachleserschaft, vornehmlich an Studenten der Theologie.97 Es soll ganz in der Methode der positiven Theologie „Construction des kirchlichen Lehrbegriffs sein, wie derselbe von der Kirche selbst festgestellt oder doch aus den Quellen der Kirchenlehre mit Sicherheit zu ermitteln ist“98 Dieringer will sich dabei weder in Dogmengeschichte, noch in Apologetik, noch in spekulativer Philosophie ergehen, sondern zunächst die Lehre der Kirche (positiv) darstellen und die jeweiligen anderen systematischen Disziplinen nur insofern hinzuziehen, als sie einer „wissenschaftlichen Darstellung des kirchlichen Lehrbegriffs“ dienlich sind.99 Im Jahr nach Erscheinen der Dogmatik wird ihm von der Universität Prag die Ehrendoktorwürde für seine Dogmatik verliehen.100
In die zweite Hälfte der 1840er Jahre fällt infolge der revolutionären Ereignisse in Deutschland auch das weitere gesellschaftspolitische Engagement Dieringer. Im Jahr 1846 wird zum Bonner Stadtverordneten gewählt, im Jahr 1848 nimmt er auf Wunsch Geissels das Mandat für den Wahlkreis Neuss im Frankfurter Parlament wahr.101 Dort betätigte er sich in der konservativen Casino-Partei und vertrat dort erneut strengkirchliche Positionen, die sich gegen jede Form der Staatskirchlichkeit richtete.102 Nachhaltiger als dieser Ausflug Dieringers in die Politik bleibt sein Einsatz im Sozialen. Dieringer kann sich in Bonn in die seit 1842 anhaltenden Überlegungen und Auseinandersetzungen um die Einrichtung eines Hospitals, das von Ordensschwestern betreut werden soll, einbringen. Er erreicht, dass auf Vorschlag des Kölner Erzbischofs in Bonn ein Krankenhaus in freier kirchlicher Trägerschaft errichtet werden kann und schafft damit einen Präzedenzfall in Preußen. Das neue „Johannes-Hospital“ kann 1849 seine Tätigkeit aufnehmen und wird von „Barmherzigen Schwestern“ geführt; es ist damals das einzige Krankenhaus in Bonn und wird erst im Jahr 2005 im Zuge von Kooperationsvereinbarungen mit anderen kirchlichen Krankenhäusern geschlossen.103 Dieringers Einsatz und Unterstützung des klösterlichen Lebens wird von Geissel anerkannt und unterstützt mit der Ernennung zum erzbischöflichen Kommissar für die Frauenklöster im im Bonner Umland.104
1849 richtet sich Dieringer in einem „Offenen Sendschreiben über die kirchlichen Zustände der Gegenwart an Professor Hirscher“105, seinen ehemaligen Lehrer in Tübingen. In der relativ kurz gehaltenen Schrift wendet sich Dieringer gegen die Überlegungen Hirschers zur Beibehaltung eines engen Staatskirchverhältnisses in Baden und die Durchführung einer demokratisch-repräsentativ zusammengesetzten Diözesansynode unter Beteiligung von Laien im Erzbistum Freiburg.106 Aus eigener Erfahrung kann Dieringer hier Position zum Staatskirchenverhältnis in Baden beziehen, hatten ihm doch staatliche Stellen das Verbleiben in Freiburg vereitelt. Zudem hatte er sich bereits in seiner Dogmatik und auch in der Borromäus-Biographie zur Zusammensetzung und zu den Aufgaben von Diözesan-Synoden geäußert.107
Nur wenige Jahre später, 1852, verfasst Dieringer erneut eine kurze Schrift die „Dogmatischen Erörterungen mit einem Güntherianer“.108 Dies unterscheidet sich jedoch in mehrfacher Hinsicht vom erwähnten Sendschreiben. Die dogmatischen Erörterungen sind selbst eine Replik auf die „Katholische Dogmatik“ von X. Schmid109, in der Dieringer sich selbst und seine Dogmatik angegriffen fühlt.110 Dieringer greift gleichsam den Federhandschuh auf, den ihm die Güntherianer in Schmidts Werk hingeworfen haben.111 So ist denn auch der Ton nicht von derselben Wertschätzung und Achtung wie bei der Auseinandersetzung mit Hirscher, dem Lehrer Dieringers, geprägt. Es geht aber auch um grundsätzlichere Fragen der Theologie als Offenbarungsreligion und damit um Dieringers theologische Werk überhaupt und nicht nur um die Frage der rechten Gestaltung einer Diözesansynode. Es mag daher sein, dass Dieringer hier aus grundsätzlichen Erwägungen deutliche Worte findet, aber auch weil er in den Theorien Günthers die alten Ideen Hermes’ wiedererkennt.112 Dieringer selbst schreibt, dass er seine Erörterung formuliert habe, „theils um meiner Ehre, noch mehr um der katholischen Wahrheit willen.“113 Auch in dieser theologischen Frage kann er sich der Unterstützung seines Erzbischofs sicher sein, der wenige Jahre später (1857) gemeinsam mit dem Kurienkardinal Reisach erwirkt, dass Günthers Lehre durch Papst Pius IX. verurteilt wird.114 Dieringer steht während der gesamten Amtszeit Geissels als Erzbischof von Köln als theologischer Berater in höchstem Ansehen.115 1853 ernennt er ihn zum (nicht-residierenden) Domkapitular des Kölner Metropolitankapitels und verleiht ihm zugleich als erstem Geistlichen in der Erzdiözese den „Titel eines Geistlichen Rathes“.116 Es wundert daher nicht, dass Dieringer als ein Mann, der solche Förderung erfährt und beste intellektuelle Fähigkeiten besitzt, der zudem durch seine Publikationen auch überregional bekannt ist und die Gabe besaß, Menschen durch seinen Vortrag zu fesseln, auch als Bischofskandidat gehandelt wird. So wird Dieringer im Jahr 1855117 durch das Domkapitel in Paderborn auf die Kandidatenliste für das Bischofsamt gesetzt, durch die Preußische Regierung aber als persona minus grata abgelehnt. Einmal mehr in seinem Leben erweisen sich seine kirchlicherseits sehr geschätzten persönlichen Fähigkeiten und ultramontanen Positionen als hinderlich für eine Position, die der staatlichen Zustimmung bedarf.118 Statt seiner wird der Bonner Kollege Martin gewählt, der sich in der Folgezeit allerdings nicht als weicher Kompromisskandidat herausstellt, sondern vielmehr im Kulturkampf eine sehr deutliche Gegenposition zur Landesregierung einnimmt, inhaftiert wird und schließlich im belgischen Exil stirbt.119
Als Geissels erster theologischer Ratgeber und Domkapitular fällt es Dieringer gleichsam selbstverständlich zu, als „Prosynodalexaminator“120 das Kölner Provinzialkonzil von 1860 dogmatisch-theologisch zu beeinflussen, was auch in den stark von dogmatischen Fragestellungen beeinflussten Themenkatalog zum Tragen kommt.121 In der Folgezeit wird es um Dieringer in den frühen 1860er Jahren etwas ruhiger. 1862 gibt er sein Amt als Universitätsprediger ab, um nur ein Jahr später gleichsam die Ergebnisse dieser langjährigen homiletischen Arbeit zu veröffentlichen. „Das Epistelbuch der katholischen Kirche. Theologisch erklärt“122 ist ein dreibändiges Werk, in dem er seine homiletischen Vorlesungen zusammenstellt und damit „die Frucht einer mehr denn zwölfjährigen Lieblingsbeschäftigung“ einer breiteren Öffentlichkeit vorstellt.123 Das Konzept des Werkes ist dabei, wie schon bei den Kanzelvorträgen, ausgerichtet zum einen an den kirchlichen Fest- und Feiertagen und denen für diese Tage von der Kirche vorgesehenen Lesungstexte, es verwendet zudem als Textgrundlage die Vulgata und versucht ferner eine theologische Erklärung, wie im Titel gesagt wird, was für Dieringer bedeutet, wissenschaftliche und praktische Aspekte zusammenzuführen.124 Das Werk will also eine Synthese von Exegese und Homiletik erreichen. Dazu geht Dieringer stets vom Literalsinn des Werkes aus, um den eigentlichen Lehrgehalt der jeweiligen Bibelstelle zu erheben.125
Schon im Folgejahr wird Dieringer erneut als Kandidat für ein Bischofsamt gehandelt. Diesmal setzt ihn 1864 das Trierer Domkapitel auf die Kandidatenliste für die Nachfolge des verstorbenen Bischofs Arnoldi. Wiederum scheitert Dieringers Kandidatur am Veto der preußischen Regierung, die ihn als persona minus grata einstuft.126 1864 aber ist auch das Todesjahr von Erzbischof Johannes Kardinal Geissel von Köln, was Dieringer weit mehr getroffen haben wird als die erneute Ablehnung durch die Regierung.127 Mit Geissel verliert Dieringer nicht nur einen väterlichen Freund und Förderer, sondern auch eine wesentliche Stütze in den Auseinandersetzungen in der Fakultät.128 Die 1860er Jahre bringen einige Neuberufung an die Katholisch-Theologische Fakultät129, unter denen Reusch Dieringers Führungsposition übernimmt und Floß das bessere Verhältnis zum neuen Kölner Erzbischof Melchers unterhält.130
Im Jahr 1865 erscheint mit dem „Laienkatechismus über Religion, Offenbarung und Kirche“131 in Mainz Dieringers letztes größeres theologisches Werk, das von Zeitzeugen als Buch beschrieben wird, in dem Dieringers „geistige Regsamkeit und Frische“ noch einmal aufleuchtete.132 Es findet eine so gute Aufnahme, dass es im Jahr 1868 eine zweite Auflage erfährt. Der Laienkatechismus bietet aufgrund seines literarischen Genres (Frage-Antwort-Struktur) die wahrscheinlich beste Möglichkeit, Dieringers positive Theologie zu vermitteln, die nicht weitschweifig erörtern, sondern die Lehre der Kirche klar und entschieden darstellen will. Dieringer versteht seinen Laienkatechismus als eine Aktualisierung und Kontextualisierung des römischen Katechismus, da aus diesem trotz seines bleiben Wertes „weder der Priester, noch der gebildete Laien über alle die heutige christliche Welt interessierenden religionswissenschaftlichen und kirchlichen Fragen aus demselben hinreichende Auskunft schöpfen kann.“133 Die Universität zu Wien verleiht ihm die Ehrendoktorwürde für dieses Werk.134 Ebenfalls 1865 wird Dieringer auch für die Nachfolge Geissels als Kandidat des Domkapitels benannt. Infolge der Streitigkeiten im Domkapitel und den intensiven staatlichen Einflussnahmen auf die Bischofswahl wird Bischof Melchers von Osnabrück durch den Papst nach Köln transferiert.135
1.2.4.5 Das Theologische Literaturblatt und die Streitigkeiten um das I. Vatikanische Konzil
Dieringers wissenschaftliche Veröffentlichungen beschränken sich nun auf die Mitarbeit an der dogmatischen Rubrik des Theologischen Literaturblatts, das von Reusch initiiert und redigiert wurde. Dieringer betreute die Rubrik „Dogmatik“ und rezensierte in der Zeit von 1866 bis 1870 zahlreiche dogmatisch-theologische Neuerscheinungen. Im Jahr 1869 nimmt das Blatt eine neue Rubrik mit dem Titel „Das bevorstehende Conzil“ auf, die ebenfalls Erscheinungen zum Konzil und zur Frage der Unfehlbarkeit vorstellt. Dieringer besorgt bis auf die Rezensionen der ersten Ausgabe dieser Rubrik alle Buchbesprechungen. Im Jahr 1868 bespricht er im Bonner Theologischen Literaturblatt136 das von J. Kleutgen geschriebene Buch „Theologie der Vorzeit“137. Diese Aufsätze werden 1868 als eignen kleine Schrift mit einem Vorwort versehen herausgebracht.138 Dieringer will hier in sehr grundsätzlicher Weise den Ansatz der Neu-Scholastik, deren prominenter Vertreter und Begründer der Jesuit Kleutgen ist, behandeln. Diese grundsätzliche Kritik zeigt sich daran, dass Dieringer es für vollkommen ausreichend erachtet, nur den ersten Band in seiner zweiten Auflage, nicht aber die anderen vier Bände zu besprechen.139 Dieringer selbst nennt seine Schrift einen „Beitrag zur Verständigung“ in der Auseinandersetzung zwischen den Vertretern der Neu-Scholastik und den sogenannten deutschen Theologen. Dieringer selbst sieht sich als „Mittelsperson“ zwischen den beiden Extremen.140 Tatsächlich lehnte Dieringer die rationalistische Deutung des Christentums als auch den Anspruch der Neu-Scholastik als allein gültiger Theologie ab, war aber auch kein Anhänger der deutschen Theologen um Döllinger.141 Die positive Theologie ist in seinem Verständnis jenseits aller theologischen Schulen zuhause, das sie auf Tradition und Schrift rekurrierend die Lehre der Kirche darstellt und durchdringt.
Im selben Jahr wird Dieringer angetragen als Theologe die Vorbereitung des Konzils in Rom im Winter 1868/1869 zu begleiten, was er aus gesundheitlichen Gründen ablehnt.142 Dieringers Verhalten im Zusammenhang des I. Vatikanischen Konzils und der Verabschiedung des Dogmas von der Unfehlbarkeit ist nicht unumstritten. Dieringer äußert sich in den bereist erwähnten Rezensionen mehrfach kritisch zur persönlichen Unfehlbarkeit des Papstes, viele seine kritischen Rezension sind aber auch eine Kritik an der schlechten theologischen Argumentation der Befürworter der Unfehlbarkeit.143 So nimmt Dieringer nach der Verkündigung des Dogmas am 18. Juli 1870 an einer Versammlung am 14. August 1870 in Königswinter teil und beteiligt sich engagiert an der Formulierung eines Protestschreibens, das dem Konzil die Ökumenizität abspricht und dem Dogma den Widerspruch zur Tradition der Kirche attestiert.144 Den Protest selbst unterschreibt er aber nicht, da es sich um eine Laienveranstaltung handelt, an der er nur als Berater beteiligt ist. Das Pendant zu diesem Laienprotest, die von Döllinger vorangetriebene Nürnberger Erklärung zahlreicher deutscher Theologieprofessoren, hingegen wird von ihm nachträglich unterschrieben, da er an der Versammlung in Nürnberg selbst nicht teilnimmt. Aber schon im September 1870 widerruft er seine Unterschrift, als ihn Erzbischof Melchers, der zwischenzeitlich Dieringers Passagen zur Unfehlbarkeit des Papstes in dessen Laienkatechismus zur Grundlage für die Unterweisung des neuen Dogmas allen Geistlichen empfohlen hat, um eine Begründung seiner Verweigerung der Unterwerfung unter das Dogma bietet. In dieser Begründung erläutert Dieringer, dass man ihn zur Unterwerfung nicht zwingen könne, solange die Minoritätsbischöfe sich noch nicht alle in der Sache eindeutig geäußert hätten. Dieringer argumentiert somit seinen eigenen Lehren folgend, dass eine unfehlbare Lehre dann zustande kommt, wenn der Gesamtepiskopat der Lehre des Papstes hinzutritt.145 Folgerichtig unterwirft sich Dieringer am 3. Januar 1871 der päpstlichen Konstitution über Primat und Unfehlbarkeit des Kirchenoberhauptes ohne Vorbehalt.146 Erzbischof Melchers hat Dieringer dabei deutlich mehr umworben als seine Kollegen; Drohungen hat er keine gegen ihn ausgesprochen.147 In der Folge wird Dieringer in Bonn von seinen Kollegen isoliert und ignoriert, in der Öffentlichkeit stark angegriffen.148 Im April 1871 beantragt Dieringer seine Entlassung, die ihm durch das Ministerium noch im selben Monat genehmigt wird.149 Am 8. Mai 1871 schließlich verlässt Dieringer ohne jegliche Verabschiedung durch Stadt oder Universität nach 28 Jahren Bonn, um nach Veringendorf in seiner Heimat Hohenzollern überzusiedeln, wo er Pfarrer wird. Zugleich legt er auch sein Amt als Domkapitular sowie alle weiteren Ämter, die er noch inne hatte, nieder.150 Überlegungen eines Rückzugs aus Bonn und von der Lehrtätigkeit hatte Dieringer wohl schon länger.151
1.2.5 Pfarrer in Veringendorf
Nachweislich bemüht sich Dieringer schon im Oktober 1870 um die Präsentation auf die begehrte und gut dotierte Pfarrstelle beim Fürsten von Hohenzollern, der ihm diese umgehend ausfertigt.152 Seine Unterwerfung geschieht somit völlig freiwillig und aus innerer Überzeugung, da er die Suspendierung vom Lehramt nicht befürchten musste. Dieringer möchte aber den Bruch mit seiner Kirche vermeiden, um so Pfarrer werden zu können. In Veringendorf wird er am 6. Juni 1871 in sein Pfarramt eingeführt und durch die Gemeinde auf das Herzlichste willkommen geheißen, die ihn alsbald insbesondere aufgrund seiner Predigten hoch schätzt.153 Seine Berichte in der von ihm eingeführten Pfarrchronik von Veringendorf zeigen, dass Dieringer in keinerlei Zwist mit seiner Kirche stand oder Groll hegte, sondern vielmehr fest in seiner strengkirchlichen Grundhaltung beheimatet blieb.154 Im Jahr 1874 schließlich ist Dieringer nun zum vierten Mal ein Kandidat des Domkapitels für einen Bischofsstuhl. Er wird vorgeschlagen für sein Heimatbistum Freiburg.155 Doch auch diesmal wird er seitens der badischen Regierung abgelehnt, da er sich – wie auch alle weiteren Kandidaten – weigert einen vorbehaltlosen Eid auf die badischen Gesetze zu leisten. Am 8. September 1876 verstirbt Franz Xaver Dieringer in Veringendorf im Alter von 65 Jahren nach zweijähriger schwerer Krankheit.156
Sein Tod wird in Veringendorf betrauert, an seinen alten Wirkungsstätten jedoch kaum mehr wahrgenommen.157 Seitens seiner direkten Kollegen wird er gleichsam mit einer damnatio memoriae belegt und erst die akademische Folgegeneration, die Dieringer noch als Lehrer erfahren hatte, findet wieder Anerkennung für ihn.158 „Dieringer lebt fort als einer der verdientesten deutschen Katholiken, groß als Gelehrter zwar nicht durch tiefe und erschöpfende Studien, aber wohl durch geniale Klarheit und großartige Begeisterung für die Kirche“, so schreibt sein Schüler Franz Philipp Kaulen.159 Wissenschaftlich haben Dieringers Werke eher indirekt nachgewirkt, indem sie wesentlich mit dazu beigetragen haben, die Lehren Günthers und Hermes’ zu verdrängen. Eine eigene Schule aber seiner positiven Theologie hat sich nicht gebildet,160 was angesichts der Verhältnisse in der Bonner Fakultät infolge der Gründung der altkatholischen Kirche auch kaum erwartet werden kann und wohl auch nicht durch Dieringer angestrebt wurde. Seine Lehrbücher bleiben zwar noch viele Jahre über seinen Tod hinaus in Gebrauch und haben während seiner fast 30-jährigen Lehrtätigkeit den Nachwuchs des Kölner Diözesanklerus geprägt. Dennoch: „Die Wirkungsgeschichte Dieringers muss als gering eingeschätzt werden.“161