Kitabı oku: «Briefe an Ludwig Tieck 3», sayfa 27
XVIII
Wien, 16ten März 1829.
Ich war einige Zeit unwohl, besonders an den Augen leidend, dies ist die Ursache warum ich Ihr liebes Blatt durch die Nichte Buttlar noch nicht beantworten konnte. Theurer werther Freund, wie sehr hat Ihr freundliches gefühlvolles Schreiben mich erfreut, mir in der Seele wohlgethan! Ich weiß nicht, wie man sagen kann, daß die theilnehmenden Worte eines Freundes im Schmerze nicht trösten können? ich habe das Gegentheil erfahren, und erst recht gelernt, wie wichtig und heilig das Wort des Menschen ist. – Nehmen Sie meinen innigsten Dank, und auch dafür, daß Sie sich einer schönen frühern Zeit erinnerten, und sie auch mir ins Gedächtniß zurückriefen. Wenn auch ganze Stücke von Zeit, durch das verworrne Leben, uns wie untergehen, so bleiben doch einzelne Punkte lebendig blühend in der Seele schwebend zurück, und überleben alle Zeiten, bleiben in Ewigkeit lebend. – Alles was über die Herausgabe der Schriften des seeligen, und den Druck der Vorlesungen Ihnen mitzutheilen ist, hat unser vortrefflicher Freund Buchholz zu thun übernommen. Ein Wort von Ihnen zur Einleitung derselben, wäre höchst wichtig und tausendmal willkommen! Die einzige Schwierigkeit ist nur wegen des Manuscripts, welches wir wohl gern zuerst hier haben möchten. Verschiedne Verhältnisse machen es wohl wünschenswerth, dieses Manuscript baldmöglichst, auf eine kleine Zeit hier zu haben, und da ohnehin Friedrichs Handschrift, besonders in solchen ersten Entwürfen schwierig zu lesen zu seyn pflegt, und ich schon eine ziemliche Uebung darin habe, weil ich jedesmal seine Arbeiten copirt habe, so will ich mit großem Vergnügen zu Ihrem Gebrauch eine solche Abschrift machen, und sie Ihnen mit der fahrenden Post zurücksenden; auf eben diese Weise würden Sie gütigst das Manuscript unter der Adresse des Herrn von Bucholz herzuschicken die Güte haben. Sollten Sie aber dennoch es vorziehen, das Manuscript sogleich selbst durchzulesen, so würde dies freilich in kurzer Zeit geschehen müssen, und darüber wird Freund Bucholz Ihnen das nähere bestimmen; derselbe wird hoffentlich Ihnen auch ein Exemplar seines schönen Aufsatzes aus dem Archiv für Geschichte, Staatenkunde &c. zuschicken, den er zur Erinnerung an unsern theuern Verstorbenen darin hat drucken lassen. – Glauben Sie nicht auch, lieber Tieck, daß eine genaue ausführliche Biographie nicht passen würde für Friedrichs Leben, dessen verschiedene Zeiten und Stufen mehr in einem innern Gang, in einer inneren Entwicklung, als aus äußerlichen Thaten und Schicksalen bestanden? sind alle seine Werke nur Bruchstücke zu nennen, wie vielmehr sein ganzes Leben, in welchem es ihm fast nie vergönnt war, ein vollständiges Gelingen seiner Bestrebungen zu erreichen, und so war auch seine ganze Wirksamkeit immer mehr eine unsichtbare, innerlich fortlebende zu nennen, als daß nach außen hin viel davon gesagt werden könnte, dünkt mich. So wie Sie Novalis Leben in kurzen Umrissen darstellten, das scheint mir das Einzig schickliche; und nur Sie vermögen es mit solcher Zartheit und Leichtigkeit auszuführen; nur besorge ich, daß dies nicht leicht seyn möchte, da noch so gar manche fremde Persönlichkeit dabey verschont bleiben muß; ist es nicht überhaupt jetzt noch zu früh damit? Ihre Ansicht, daß manches in seinen spätesten Meynungen besser gar nicht erörtert werde, theile ich ganz vollkommen, aber nicht so wohl um der Gegner willen – denn diese darf man ja wohl nicht scheuen, wenn von der Wahrheit die Rede ist; – sondern weil eben noch so viel schwankendes, man möchte sagen, unfertiges unklares, in diesen seinen ersten Wahrnehmungen herrscht, so daß man sie in das Reich der Wahrheit noch nicht vollkommen aufgenommen denken muß. Es sind mehr Ahndungen und Träume zu nennen, und diese mögen verschleyert ruhen, da ihm selbst nicht vergönnt ward, und wohl niemand in diesem Erden-Leben, – das Räthsel vollkommen zu lösen. – Was ich von Novalis Schriften gefunden habe, wird Bucholz Ihnen zusenden, eben so einige Ihrer Briefe, die sich vorgefunden haben. – Die Nichte Buttlar sagt mir, daß es Ihnen angenehm wäre die Büste von A. W. Schlegel, von Ihrem Bruder verfertigt, zu besitzen; es macht mir ein besonderes Vergnügen Ihnen die Unsrige überlassen zu dürfen, da ich ohnehin wohl Wien in Kurzem verlassen werde. Wenn es Ihnen also recht ist, so will ich diese Büste von einem Sachverständigen einpacken lassen und Ihnen dieselbe durch Fracht-Gelegenheit zusenden. Nun erbitte ich mir aber ein Gegengeschenk von Ihnen, theurer Freund! nämlich ich höre, daß man das Gesicht nach dem Tode abgeformt habe, und die Nichte sagte, es wäre sehr ähnlich ausgefallen. Würden Sie es wohl übernehmen, den Künstler zu bewegen, daß er einen Gyps-Abguß von dieser Form macht, und mir dieselbe dann mit fahrender Post zusenden, oder durch irgend einen gefälligen Reisenden? Wenn etwas dafür zu zahlen wäre, so will ich es sehr gern wieder erstatten. Ich wünsche sein Bildniß vor den Vorlesungen in Kupfer stechen zu lassen, und da könnte dieser Gypsabguß wohl mit dazu benutzt werden.
Sollten Sie mich noch einmal durch einen Brief erfreuen, so schreiben Sie doch auch, welche Plane Sie für den künftigen Sommer haben? ich muß nothwendig recht bald etwas zur Befestigung meiner jetzt sehr wankenden Gesundheit unternehmen, und da wäre es ja vielleicht thunlich, daß ich Ihnen in irgend einem Sommer-Aufenthalt oder Badeort begegnete, was ich sehnlichst wünschen würde; ja, sehr, sehr gern möchte ich Sie noch wiedersehen!
Leben Sie wohl, und bleiben Sie mein Freund.
Die IhrigeDorothea Schlegel.
Den Catalog der Büchersammlung werde ich drucken lassen und Ihnen dann gleich einen senden.
Amalien recht herzliche Grüße und meine ganze Theilnahme an dem Verlust ihres Bruders. Welch eine Zeit der zerreißenden Trauer ist uns mit diesem Jahre! Ihren Töchtern alles Liebe.
Schleiermacher, Friedr. Ernst Daniel
Geboren zu Breslau am 21. Nov. 1768, gestorben in Berlin am 12. Febr. 1834.
Reden über die Religion (1799.) – Monologe (1800.) – Predigten, sieben Sammlungen (1801 bis 1833.) – Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre (1803.) – Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche, 2 Bde. (1821–22.) —
Die drei kurzen Briefchen geben in ihrer lakonischen Gedrungenheit, welche eben nur ausspricht, was sie sagen will, dieses dann bestimmt und klar, ein Bild des außerordentlichen Mannes, wie er sich im geselligen Umgange zeigte. Daß diese seine Kürze nicht immer ohne Schärfe blieb, und daß er mit wenig Worten zu treffen pflege, verhehlten auch die wärmsten Freunde nicht, wenngleich sie andrerseits die Milde seines Gemüthes nicht innig genug rühmen konnten. Er war fast eben so gefürchtet als geliebt. Wie denn wohl auch in seinen sublimen Kanzelreden philosophirende Dialektik bisweilen von sanft-herrnhuterischer Mystik durchweht wurde. Und gerade dieser Dualismus machte ihn zum Lieblingsprediger wahrhaft gebildeter, denkender und fühlender Hörer.
Daß aber auch Er, dem es an Skepsis – namentlich Tieck gegenüber! – durchaus nicht mangelte, sieben volle Jahre brauchte, um den frommen Glauben an Vollendung der „Cevennen“ aufzugeben, ist fast rührend.
I
Von der Insel Rügen, 2/9. 24.
Lieber Freund! in der Ungewißheit über den Postenlauf von dieser entlegenen Gegend aus und auch über die Modificationen, die Schedens22 Plan mag erlitten haben, wende ich mich wegen der Einlage an Sie mit der Bitte um gütige Abgabe, wenn Schedens noch in Dresden sind, oder noch dahin zurückkehren. Im entgegengesetzten Fall übernehmen Sie wol die Mühe, Berlin darauf zu setzen und den Brief dorthin zu senden.
Gute Gesundheit und viel Freude. Vor allen Dingen aber machen Sie die Cevennen fertig.
Schleiermacher.
II
Berlin, 14ten Jul. 30.
Ich kann dem Ueberbringer dieses, meinem Sohn Ehrenfried v. Willich nichts angenehmeres wünschen als daß er Sie noch in Dresden finde, und Sie werden es der väterlichen Liebe verzeihen, wenn ich ihn Ihnen zusende. Meinen Dank bin ich Ihnen noch schuldig für die Bekanntschaft Ihres medicinischen Freundes. Leider war nur während der kurzen Zeit seines Hierseins ein solcher baulicher Unfug in unserer Wohnung, daß wir gar keine Fremde bei uns sehn konnten.
Ueber unsere Freunde und besonders den Verstorbenen23 spräch ich gern mit Ihnen. Aus andern Aeußerungen war es mir so erschienen, als habe er sich in der letzten Zeit vom Katholizismus wieder mehr abgewendet und zu der indischen Weisheit hin, die er in seinem Buche so wenig günstig behandelt hatte. Es gehört zum consequenten Philosophiren auch eine gewisse Stärke des Charakters und diese mag ihm wohl am meisten gefehlt haben. Wenn ich in diesem Jahr noch eine Reise machen kann, so denke ich auf ein Paar Wochen nach Paris zu gehen, und das führt mich leider nicht zu Ihnen.
Meine besten Grüße an die Ihrigen und an unsere Freundin Alberti, wenn sie noch bei Ihnen ist.
Schleiermacher.
III
Berlin, d. 9ten Mai 1831.
Diesmal lieber Freund ist es ein Amerikaner, den ich Ihnen zusende Mr. Walter-Haven; aber ich weiß wirklich nicht mehr aus welchem Staat. Er hat sich hier schon sehr degourdirt, und Sie werden gewiß auch Ihren Beitrag dazu geben, dies gute Werk an ihm zu fördern. Wenn nur Jeder, den ich Ihnen schicke, zugleich ein Executor wäre für die Cevennen! aber leider habe ich nun alle Hoffnung aufgegeben.
Mir ist die Reise, auf der wir uns zuletzt sahen, nicht sonderlich bekommen. Ich fand noch in Basel die Brechruhr, und habe mich mit der lezten Hälfte davon den ganzen Winter gequält. Jetzt endlich bin ich ganz frei von allen Nachwehn. Mögen Sie besseres rühmen können. Empfehlen Sie mich allen Ihrigen auf das beste.
Schleiermacher.
Schlosser, Johann Heinr. Friedrich
Geb. 1780 in Frankfurt a./M., gestorben daselbst am 22. Jan. 1851.
Er war der Neffe von Johann Georg (Goethe’s Schwager), studirte Jurisprudenz, wurde Advocat, späterhin Stadtgerichtsrath in seiner Vaterstadt, und lebte, nachdem er sein Amt niedergelegt hatte, theils auf seinem Landgute im Neckarthale, theils in Frankfurt.
Die morgenländische orthodoxe Kirche (1845.) – die Kirche in ihren Liedern (1851.) &c. —
I
Frankfurt, 21. Jul. 1822.
Wenn ich seit den schönen Tagen, die ich in Dresden verlebte, und deren Genuß durch Ihre Güte, Hochverehrtester Herr und Freund, und durch die Güte der theuren Ihrigen, mir und meiner Frau so ungemein erhöht worden ist, Ihnen kein Wort dankbarer Erinnerung und kein Lebenszeichen zugesendet habe, so bitte ich Sie, dies nicht einem Mangel an herzlichem Vorsatze, sondern so manchen Abhaltungen und Hindernissen, wie der Tag sie auf den Tag fortzupflanzen pflegt, zuschreiben zu wollen. Wir waren, nachdem wir Sie verlassen, und nach heiterm Verweilen bei Freunden in andern Gegenden Sachsens, kaum nach der Heimath zurückgekehrt, als uns die Nachricht, daß mein Bruder seine treffliche und uns Allen theure und geliebte Frau, nach einer unglücklichen ersten Entbindung, verloren habe, ungeahndet, wie ein Blitz aus heiterm Himmel, zu Boden schreckte, und die von einer genußreichen Reise mitgebrachten heitern Bilder und Erinnerungen gewaltsam in den Hintergrund drängte. Nachdem die erste Bewegung heftigen Schmerzes über diesen manche schöne Pläne für’s Leben auch für mich und meine Frau zerstörenden Verlust vorüber war, und die freundlichen von Ihnen mitgebrachten Erinnerungen wieder ihr Recht zu behaupten anfiengen, war es oft mein Vorhaben, Ihnen ein Wort der Verehrung und des Dankes zuzusenden, aber es fiel mir, ohne bestimmtern äußern Anlaß schwer, den Faden aufzufassen, und so verstrichen über anderthalb Jahre, ohne daß mein Vorsatz zur Ausführung gedieh. Um so rascher ergreife ich die Einladung eines gütigen Freundes, des Herrn Grafen von Beust, ihm etwas nach Dresden, wohin er, auf einer weitern Reise gelangen werde, mitzugeben, um Ihnen endlich zu sagen, wie dankbar wir Ihrer und Ihres theuern Kreises, und der vielen Güte gedenken, die wir von Ihnen erfahren haben. Mögen wir hoffen dürfen, daß diese Zeilen Sie und die theuren Ihrigen bei erwünschtem Wohlseyn treffen. Ich, mit meiner Frau, befinde mich Gottlob im Ganzen wohl, und vor wenigen Wochen ist mir auch die Freude zu Theil geworden, meinen Bruder, den ich seit dem Winter 1819 und seit jenem seinem schmerzlichen Verluste, nicht gesehen hatte, und der diese ganze Zeit hindurch in Frankreich geblieben war, wieder hier bei uns zu sehen, und mich wenigstens von seinem Wohlbefinden, das lange für uns ein Gegenstand schwerer Sorge gewesen war, zu überzeugen. Ich hoffe ihn, der jetzt sich auf kurze Zeit von uns entfernt hat, vor seiner Rückkehr nach Frankreich, wo er wenigstens ein Jahr noch zu verweilen gedenkt, noch einmal hier zu sehen, und dann bis in die Gegend von Strasburg zu begleiten, um den spätern Sommer dann mit meiner Frau in dem paradisischen Baden zu verleben.
Noch muß ich meinen und meiner Frau, die sich Ihnen und den theuern Ihrigen mit mir herzlich empfiehlt, wärmsten Dank für die schönen Worte ausdrücken, die Sie in das von der Gräfin Eglofstein für uns bestimmte Buch eingezeichnet haben. Diese liebenswürdige Freundin hier zu sehen, hegen wir seit kurzem einige, obwohl bis jetzt nur sehr schwache Hoffnung. Sollte sie sich erfüllen, so wird dies unser Verlangen nach Dresden, wo wir zuerst ihre Bekanntschaft machten, erhöhen, und auch den von uns herzlich gehegten Wunsch, Sie, theuerster Freund und die theuern Ihrigen, am Rheine oder an der Elbe, einmal wieder zu sehen, noch in uns mehren. Erhalten Sie sämmtl. uns indessen Ihr gütiges Wohlwollen. Sollte Ihr Herr Schwager Möller und dessen Gemahlin bei Ihnen seyn, so bitte ich auch diesen uns herzlich zu empfehlen.
Mit verehrungsvollster Ergebenheit
Ganz der IhrigeF. Schlosser.
II
Frankfurt, 7. April 1830.
Verehrtester Freund!
Mit Freude benutze ich den Anlaß, den mir anliegender vor wenigen Wochen vollendeter Abdruck meiner Uebersetzung des Manzoni’schen Adalgis giebt, mich, nach längerm Schweigen, in Ihr freundschaftliches Andenken zurückzurufen. Mögen Sie meinem Versuche, wie in den mir unvergeßlichen Tagen, in welchen wir Ihres lieben Besuches am schönen Neckarufer uns erfreuten, so auch jetzt, gütigen und nachsichtigen Antheil schenken, auf welchen, wenn auch nicht der Werth der Arbeit, doch der gute Wille, mit welchem sie unternommen und ausgeführt worden, einigen Anspruch verleiht, und für welchen Ihre freundschaftliche Gesinnung mir bürgt.
Noch steht das Bild der schönen Tage des 1820r Sommers, die Sie uns verschönten, in unserer eben so lebhaften als dankbaren Erinnerung. Seit jenen schönen Tagen hat sich Manches bei uns verändert, und mancher schmerzliche Verlust hat tief in unser Leben eingegriffen. Hoffentlich haben Sie, und die lieben Ihrigen den traurigen Sommer und Herbst des verflossnen Jahres, und diesen harten Winter, gesund und ohne dauernd nachtheilige Einwirkung auf Ihr Befinden, überstanden, wie ich dies Gottlob von uns sagen kann; der Frühling, welcher bereits kräftig sich einzustellen beginnt, wird hoffentlich bald alle noch vorhandene Spuren winterlicher Beschwerden tilgen, und gebe Gott, daß uns in diesem Jahre ein besserer Sommer zu Theil werden möge. In etwa vierzehn Tagen gedenken wir, wenn keine ungeahndete Hemmung dazwischentritt, unsern ländlichen Wohnsitz wieder zu beziehen.
Ungemein würde es mich erfreuen von Ihnen und den lieben Ihrigen glückliche und beruhigende Nachrichten zu erhalten, vorzüglich erfreulich aber würde uns seyn, wenn freundliche Sommerplane Sie einmal wieder aus den reizenden Elbegegenden an den Rhein und Neckar führen, und uns den Genuß des Wiedersehens bereiten würden.
Meine Frau empfiehlt sich auf’s herzlichste, und wir beide bitten Sie uns dem freundlichen Andenken der lieben Ihrigen auf’s wärmste empfehlen zu wollen.
Mit herzlichster Verehrung und Ergebenheit
Ganz der IhrigeF. Schlosser.
III
Frankfurt a/M., 6. Jun. 1842.
Hochverehrtester Freund!
Hierher zurückkehrend von einer vierwöchentlichen kleinen Rheinreise, fand ich vor wenigen Tagen die mir durch Ihre Güte zu Theil gewordene Anzeige der Verlobung Ihrer Fräulein Tochter vor. Mit innigem Antheil vernahmen wir, ich und meine Frau, diese Nachricht, und herzlich vereinigen wir uns in dem Wunsche, daß die Verbindung, deren Kunde wir Ihrer Güte und Freundschaft verdanken, für die Verbundenen und für Sie, in jedem Sinne recht glücklich und erfreulich seyn, und sich reicher ungetrübter Segen daran knüpfen möge. Haben Sie die Güte Ihrer theuern Fräul. Tochter und dem Verlobten derselben diesen unsern herzlichen Antheil und unsre herzlichsten Glücks- und Segenswünsche auszusprechen, und mögen Sie selbst uns immer Ihre uns unschätzbare Freundschaft erhalten.
Wir sind im Begriff, nächstens, so Gott will, nicht später als gewöhnlich, uns ins liebliche Neckarthal zu übersiedeln. Sollten freundliche Sterne Sie dort in unsre Mitte führen, so würde es für uns ungemein erfreulich seyn. Meine Frau, die sich Ihnen herzlichst empfiehlt, bittet mit mir, uns auch dem gütigen Andenken der Frau Gräfin v. Finkenstein empfehlen zu wollen.
Mit inniger Verehrung und Ergebenheit
Ganz der IhrigeF. Schlosser.
Schmidt, Friedr. Ludwig
Geboren zu Hannover 1772, gestorben in Hamburg 1840.
Er begann seine Schauspielerlaufbahn in Braunschweig, kam dann zu Döbelin, wurde Regisseur der Magdeburger Bühne, ging von da nach Hamburg, und übernahm 1806 aus Schröders Händen die Direktion des dortigen Stadttheaters, die er erst mit Herzfeldt, dann mit Lebrün u. A. vierunddreißig Jahre hindurch geführt. So lange das Schrödersche Haus „am Gänsemarkte“ der Schauplatz blieb, blieben auch die wohlthätigen Grenzen gesteckt, welche äußerlichen Tand und Prunk ausschließend, dem inneren künstlerischen Zusammenwirken eine Schutzmauer gegen andringende Neuerungen waren. Mit dem Bau des großen Hauses löseten sich diese schönen Verhältnisse; steigende Ansprüche des Publikums nach „Ausstattung“ steigerten den Etat; das Ensemble zerfiel im weiten Raume; Gastspiele jagten und hetzten sich; aus dem ernsten Schüler Schröders wurde nach und nach ein moderner Unternehmer; man speculirte in Decorationen, Pomp und Ballet; man durfte auch in Hamburg sprechen: c’est chez nous comme partout! Gleichwohl hielt Schmidt noch immer fest an ihm heiligen Traditionen; er blieb mitten im Geräusch und Tumult der Gegenwart immer noch der eifrige Repräsentant theatralischer Zucht und Ordnung; der gewissenhafte Vertreter des Zunftwesens aus einer Zeit, wo es Lehrlinge, Gesellen und Meister gegeben; der „alte deutsche Komödiant“ im üblen – dagegen auch im edelsten Sinne des Wortes. Er bewahrte bis in den Tod, (welcher im ersten Jahre nach seinem goldenen Schauspieler-Jubiläum erfolgte) feurige Begeisterung für die Sache, der er mit allen Kräften gedient. Er konnte wüthen, wenn jüngere Leute neben ihm all zu leicht nahmen, was ihm so wichtig war. Dann lachte er höhnisch: „Herrliche Fortschritte! Meister wohin man spuckt; aber brauchbare Lehrlinge sind mit der Laterne zu suchen!“
Wir hatten Gelegenheit, ihn in Tiecks Abendkreise (in Dresden) zu beobachten, als bei vierundzwanzig Grad Réaumür, und bei fest geschlossenen Fenstern, einer schier verschmachtenden Gesellschaft „Romeo und Julia,“ ohne Weglassung einer Silbe, vorgelesen wurde. Wir Alle standen förmlich ab, wie Fische in warmem Wasser. Der alte Schmidt hielt sich munter. Er lauschte Tiecks beredeten Lippen eben so andächtig die Schlußworte des Fürsten ab, wie er andächtig in der ersten Scene gelauscht. Der Kunstenthusiasmus des Greises überbot den manches Jünglings.
Was er als Bühnenschriftsteller geleistet, gewann sich überall Geltung: Der leichtsinnige Lügner. – Die ungleichen Brüder. – Berg und Thal. – Die Theilung der Erde. – Gleiche Schuld, gleiche Strafe. – Mehrfache Bearbeitungen &c.
Seine dramaturgischen Schriften zeichnen sich durch praktische Nutzbarkeit vor vielen theoretischen Salbadereien vortheilhaft aus. Vorzüglich die dramaturgischen Aphorismen (1820.)
Er faßte gern, was die Zeit eben bewegte, in Epigramme, die er jedoch nur näheren Bekannten vertraulich mittheilte, wobei er zu äußern pflegte: „da sind mir wieder einige politische Würmer abgegangen!“
In seinem Hause gastfrei, unterhaltend, belehrend; in öffentlichen Verhältnissen hochgeehrt; als Schauspieler (wenn auch nicht frei von Manier) sehr bedeutend;… so geleitete ihn die allgemeine Achtung seiner Mitbürger zu Grabe.
Hamburg, d. 24ten April 1824.
Wohlgeborner
Hochgeehrtester Herr Doctor!
Es war schon lange mein innigster Wunsch, mich dem Manne einmal brieflich zu nähern, dessen geistreichen Schriften ich so viel verdanke. Ich wähle dazu einen Augenblick, wo ein Bändchen meiner Lustspiele erschienen ist und würde mich geehrt fühlen, wenn Sie dasselbe einer critischen Beleuchtung werth achteten.
Ich weiß nicht, ob meine Kürzungen des zerbrochenen Krugs Ihre Billigung erhalten werden; doch ich darf sagen, daß ich um jede Strophe einen Kampf gekämpft habe, ehe ich mich daran vergriff; aber meine Vorliebe für den herrlichen Dichter mußte ich verläugnen, wenn es mir einigermassen gelingen sollte, die Dichtung bühnengerecht zu machen. Traurig genug, daß man so herrliches Gut gleichsam einschmuggeln muß! Es gehört dies zu der Tirannei, der man sich, wie Sie kürzlich so treffend bemerkten, leider zu fügen hat.
Verleiht Ihnen jedoch der Himmel noch recht lange Lust und Humor für die Critik der Bühne: so dürfte doch über kurz oder lang eine bessere Aera anbrechen. Wie erfreut mich Ihre öftere Erinnerung an Schröder! Ich war so glücklich in den letzten 15 Jahren seines Lebens sein täglicher Hausgenoß zu seyn und darf mich seines wahren Vertrauens rühmen. Einen Schatz von Bemerkungen hab’ ich aus jenen Zeiten aufbewahrt, aber eingezwängt in das Directoratsjoch, bleibt mir nur zu wenig Zeit, mich in dem Rosengarten der Erinnerung zu ergehen.
Herzlichen Dank für den 1ten Band Ihrer Shakespeareschen Vorschule! Wer durch Sie diesen poetischen Löwen nicht kennen lernt, gebe die Hoffnung auf, ihn je kennen zu lernen.
Leben Sie wohl, mein Hochverehrter! Möchte es Ihnen gefallen, noch einmal einen kleinen Ausflug zu unserm Elbgestade zu machen. Wir Hamburger würden uns bemühen Ihren Aufenthalt in so viel Festtage zu verwandeln. Bis dahin lassen Sie sich einiger Zeilen Antwort nicht gereuen, womit Sie gar hoch erfreuen würden
Ihren höchsten VerehrerF. L. Schmidt.
P. S. Die Einlage, bitt’ ich gütigst, abreichen zu lassen.