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Kitabı oku: «Briefe an Ludwig Tieck 3», sayfa 28

Various
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Schmidt, Heinrich

„Erinnerungen eines weimarischen Veteranen,“ heißt das Buch, welches Herr Heinrich Schmidt – ebenfalls ein Theaterdirektor, wie der vorhergehende F. L. – als sehr bejahrter Mann und von Geschäften zurückgezogen in Wien lebend – erscheinen ließ. Aus diesem Buche erfahren wir, daß er bei Goethe, Herder, Schiller u. s. w. aus- und einging; daß diese Männer ihm Berather waren, da er „zum Theater laufen wollte;“ daß er längere Zeit hindurch die Fürstl. Esterhazysche Bühne in Eisenstadt geleitet; daß er nach mannigfachen Versuchen und Hindernissen zuletzt die Theaterdirektion in Mährens Hauptstadt übernommen.

Worüber in jenem Buche nichts geschrieben steht, wovon man jedoch in der Theaterwelt unterrichtet war, ist der günstige Erfolg, den auch dieser Schmidt errungen, was seine Kasse betrifft. Der Brünner wie der Hamburger Schmidt wurden wohlhabende Unternehmer; mithin beachtenswerthe Ausnahmen von der Regel; und jedenfalls auch achtenswerthe. Denn wer bei’m Theater reich wird, muß seine Sache verstehen; mag er’s nun so, oder so angreifen; er muß nothwendigerweise rechtlich handeln. Ob höheren künstlerischen Interessen folgend?.. das steht auf einem anderen Blatte.

Heinrich Schmidt, in ökonomischer Verwaltung seiner „Entreprise“ die trockene Prosa, liebte und pflegte als Mensch die Poesie, und erholte sich gern vom Rechnen durch Dichten. Er hat viele Dramen geschrieben, deren jedoch nur wenige den Weg auf die Bretter fanden. Fast alle trugen das Gebrechen, welches er an den ihm eingesendeten Arbeiten Anderer unerbittlich rügte: sie waren zu poetisch und nicht bühnengerecht.

Brünn, 27ten Aug. 1830.
Ew. Wohlgebohren

Kaum darf ich hoffen, daß Ew. Wohlgeb. sich meiner noch erinnern werden, wiewohl es kaum 18 Monate sind, daß ich Ihrer Güte das Glück verdanke, an zwey der interessantesten Abenden meiner damaligen Reise Ihren Vorlesungen in Dresden beywohnen zu können. Doch Sie breiten mit wahrhaft dichterischer Munifizenz diese schöne Gottesgabe über so viele Reisende aus, daß sich der Einzelne kaum schmeicheln darf mit der Hoffnung, in Ihrem Andenken eine kleine Spur zurückzulassen. Und doch wag’ ich es, dem Ueberbringer diese Zeilen mitzugeben? – Eben dieß Wohlwollen nicht allein, das ich aus eigener Erfahrung kennen gelernt, sondern auch die Ueberzeugung, die ich gewonnen habe, daß Ueberbringer, Herr von Wekherlin, Sohn des verstorbenen Finanz-Ministers in Stuttgard, ein gebildeter Mann, der im Auftrag des Staats eine wissenschaftliche Reise unternimmt, ein eben so großer und inniger Verehrer von Ihnen ist, wie ich selbst, haben mich dazu ermuthigt. – Herr von Wekherlin hat keinen weitern und innigern Wunsch für seinen Aufenthalt in Dresden, als des Glückes Ihrer Bekanntschaft theilhaftig zu werden. – Sollte Sie dieß nicht diesem Wunsch geneigt machen? – O gewiß! Der Dichter des Oktavians, des Fortunats, der Genofeva – deren Lektüre ich jetzt eben wieder einen so herrlichen Genuß verdanke – einen Genuß, den ich dem Dichter selbst als beßten Lohn für diese reiche Spenden seiner Muse gönnte – ist nicht bloß in seinen Werken so überschwenglich theilhaftig für seine Mitwelt! – Diese Werke liegen eben um mich her. – Besonders merkwürdig ist mir Genofeva. An sie knüpfen sich die lebendigsten und tiefsten Erinnerungen aus meiner Jugend, als ich noch in Jena studirte. – Wie wir da, einige 20 Bursche, unter Vorsitz eines gewissen Burkhardt, der bey Professor Mereau wohnte – dieses treffliche Gedicht – das wohl damals gerade erschienen war – in den Mitternachtsstunden zusammen andächtig lasen, welche Freuden, welcher Jubel! – An die Rolle des Golo mit seinen wiederkehrenden Erinnerungen an das stille – dann ernste – Thal schloß ich mich innig an; ich betrachtete sie als die schönste Aufgabe für den jugendlichen Schauspieler. – Wie viel Ehrfurcht hegten wir für die nicht unempfindliche und doch heilige Genofeva! – Und wie trat alles dieß mahnend auf mich zu, als ich auf jener Reise in Weimar das Skandal erlebte, die Raupachische aufführen zu sehn – eine preußisch protestantisch leichtfertige – der zu Liebe und zum Triumpf des Unsinns doch auch Wunder über Wunder geschehn, die selbst Golo – wiewohl er gleich in voller Leidenschaft auftritt – von der Begleitung Siegfrieds abhalten &c. Doch ich fürchte ins Schwatzen zu kommen, worein der Glückliche so gern fällt und der Genuß, den mir Ihre Dichtungen jetzt wieder verschafft haben, hat mich ganz glücklich gemacht. – Empfangen Sie demnach zugleich meinen innigsten Dank dafür. – Es ist der reinste für die schönsten Freuden dieses sublunarischen curiosen Lebens.

Mit tiefster innigster Verehrung

Ew. Wohlgeboren
Ergebenster Diener
Heinrich Schmidt, Direktor,
in Brünn No. 64 in eigenem Hause.

Schmidt, Friedr. Wilh. Valentin

Geb. zu Berlin am 16. Sept. 1787, gestorb. daselbst am 15. Oktober 1831.

Seit 1813 Professor am Cölnischen Gymnasium, 1821 außerordentlicher Professor der Litteratur an der Universität, von 1829 Custos an der königl. Bibliothek, fand er bei letzterer keinen sichern Halt, trotz seiner Verdienste als gelehrter Forscher, die sich vorzüglich in dem Werke: Beiträge zur Geschichte der romantischen Poesie (1818) documentiren. Was er in seinen Schriften über Bojardo, Calderon &c. geleistet, ist bekannt und anerkannt. Das völlige sich Versenken und Aufgehn in des Letzteren ächt-spanischen Katholizismus, hatte auch den unbedingten Verehrer dieses großen Poeten katholisch gemacht. Doch weil in jener Epoche solche Richtung von Oben höchst übel vermerkt wurde, hatte ihm sein Minister kund gethan, daß er als Convertit den Platz an der Bibliothek verscherzen würde. Schmidt war ein sanfter, ängstlicher, bald verzagender Mensch. Energische Opposition lag ihm fern. Er fügte sich schüchtern der Drohung (die doch schwerlich in Erfüllung gegangen wäre), und stellte sich zufrieden mit innerem Uebertritt. Der damalige katholische Pfarrer Fischer, ein ehrwürdiger, milder, verständiger Priester (in Frankenstein i. Schles. als Stadtpfarrer gestorben, und heute noch lebend im treuen Andenken aller Konfessionen) tröstete ihn, und versprach ihm: er solle dennoch in geweiheter Erde ruhen. An dieser Zuversicht labte sich des treuen Valentin’s gläubige Seele. Da brach die Cholera aus; er fiel, eines der ersten, gewaltsamsten Opfer. Und im wilden Drange jener unruhigen Tage konnte das ihm gegebene Versprechen nicht erfüllt werden. Er liegt auf dem allgemeinen Cholera-Friedhofe und ist als Protestant begraben worden.

Seine Freunde haben wohl darüber gelächelt, doch mit Thränen im Auge.

I

Berlin, 20. Julius 18.

Da die Hoffnung Sie, Hochverehrter Gönner und Freund, in Berlin zu sehen bis jetzt leider nicht erfüllt ist, so ergreife ich diese Gelegenheit, Ihnen durch meinen Collegen, den Prof. Giesebrecht, ein Exemplar der Beiträge zu übersenden. Mögen sie Ihrer Beachtung nicht ganz unwürdig erscheinen!

Könnte ich nicht durch Ihre gütige Vermittlung ein Exemplar der Nächte des Stroparola erhalten von einer Ausgabe vor 1604? Die französische Uebersetzung hat mir Brentano gegeben.

Indem ich mich aufs neue Ihrer Gewogenheit und Ihrem Andenken empfehle, verbleibe ich

Ihr gehorsamster
F. W. V. Schmidt
Professor24.

II

Berlin, 19. Nov. 18.

Hiebei erhalten Sie, hochgeehrter Gönner und Freund, ein Exemplar des Fortunatus. Mögen Sie es mit Geneigtheit empfangen, und mit Nachsicht beurtheilen! Wie ganz anders sollte einzelnes ausgefallen sein, wenn ich so glücklich wäre bei schwierigen, mir dunkeln oder verdorbenen Stellen einen Kenner, wie Sie, in der Nähe zu haben, mit dem ich mich hätte besprechen, von dem ich Rath und Hülfe hätte erhalten können. So weit man sein eigenes Werk beurtheilen kann, so glaube ich den Geist, welcher hinter den Zeilen lebt, verstanden und vielleicht wieder gegeben zu haben. Und das scheint mir das erste Erforderniß einer Uebersetzung, welche nicht für die gelehrten Kenner des Originals, sondern für deutsche Leser bestimmt ist. Aber freilich ist es bei weitem nicht das einzige; namentlich sind die kurzen gewichtigen Worte des englischen von Decker so wunderbar zusammen gepreßt, daß gar manches in den ernsthaften Theilen hat ausfallen müssen, weil unsere schleppenden Endungen auf e leider im Verse immer mit zählen. Das ist bei dem überreichen Ausdruck des jungen englischen Dichters vielleicht für uns Deutsche kein Nachtheil, aber freilich giebt die Uebersetzung dann immer kein ganz getreues Abbild des Originals. Bei den Wortspielen muß man sich so helfen, wie man kann, und leichte Ungezwungenheit, welche allein komische Wirkung machen kann, scheint mir hier die Hauptsache. —

Was meine Arbeit über Calderon betrifft, so haben Sie mir davon ein so hohes Ideal in Ihrem Brief aufgestellt, daß ich davor erschrocken bin, indem ich meine Kräfte gegen die Aufgabe maß. Wenn ich Ihnen den Titel des Buches schreibe, glaube ich ungefähr anzugeben, was ich glaube mit Gründlichkeit und Sicherheit leisten zu können. „Geist aus 200 (oder wie viel ich auftreiben kann) Schauspielen des Calderon d. L. B. mit Untersuchungen über Zeitfolge, Quellen, Nachahmungen, das Geschichtliche, Lesearten, Anspielungen u. d.“ In drei bis vier Bändchen möchte ich nun zuerst die Deutschen mit dem ganzen Reichthum des Spaniers, (der durch seine rührende Anhänglichkeit an das Haus Oestreich und die Deutschen sich so gern selbst uns anschließt) bekannt machen. Und dies Werk soll so wenig eine Uebersetzung des ganzen überflüssig machen, daß vielmehr dadurch das Bedürfniß derselben hoffentlich recht fühlbar wird. Denn ich gestehe Ihnen offen, daß mir scheint, wir werden die besten Stücke Calderons, aus seinem Mannesalter, wo Form und Stoff sich innig durchdrungen haben, nimmermehr so vollendet als es möglich in unserer Sprache lesen, wenn wir von den bogenlangen Assonanzen und steilen Reimen bei der Uebersetzung nicht abstehen. Der Deutsche hat nun einmal immer nur Einen Reim, wo der Spanier zehn hat. Das kann kein Gott ändern. Die ewig wieder kehrenden Endungen auf eben, oben, und ieben verglichen mit der Fülle, Glätte und Anspruchslosigkeit des spanischen bilden in der That einen größern Abstand, als wenn jemand diese unnatürliche Fessel abwerfend, nunmehr die Mittel hat sich genau in allen wesentlichen Stücken dem Original anzuschließen, oder lieber dies aus sich heraus zu gebären. Mir scheinen die bewundernswürdigen Stücke von Schlegel und Gries vielmehr Kunststücke als Kunstwerke. Eine Freundin von mir (von welcher Ostern der Bojardo in hundert Bildern bearbeitet erscheint) wird einige der besten Dramen zugleich mit meiner Schrift, so wieder gegeben, drucken lassen, doch dies beiläufig. Mein erster Band soll die eigentlichen Intriguen-Stücke enthalten, der zweite die sogenannten heroischen, worunter die geschichtlichen, der dritte die mythologischen Festspiele, der vierte und stärkste die geistlichen, nebst den wichtigsten Autos. Und das nach der Zeitfolge, so weit ich sie herausbringen kann. Für 36 Stücke hat die Ausgabe des Vera-Tassis (Apontes hat eine wunderliche Verwirrung angerichtet, und sich wahrscheinlich nur nach dem augenblicklichen Bedürfniß des Buchhändlers bestimmt) das Datum der ersten Erscheinung. Für etwa eben so viel der andern sind geschichtliche Andeutungen, oder Anspielungen auf frühere Stücke (was Cald. sehr liebt) vorhanden, welche durch eine gesunde combinatorische Kritik ungezwungen die Folge angeben. Dann tragen die Dramen des späteren Alters unverkennbare Spuren von Mattigkeit, Unlust an dergl. Arbeiten und Manier, wobei als Brennpunkt Fieras afemina amor angenommen werden muß, in welchem Tag und Jahr der Abfassung selbst angegeben ist. – Zuerst wird bei jedem Drama der Inhalt angegeben, oder, wenn Sie mir den Ausdruck erlauben, die Lebenspunkte. Und das in einem Styl, welcher dem jedesmaligen Ton des Drama angemessen ist. Dies ist theils für die nothwendig und erfreulich, welche das so seltene Original nicht haben, theils aber wird es auch für andere nicht unangenehm sein, einen Faden zu haben, sich durch die labyrinthischen Gänge durchzufinden. Außerdem sieht und weist vielleicht auch der, welcher sich ex professo lange mit dem Dichter beschäftigt hat, auf manches hin, was der gewöhnliche Leser übersieht, oder gering achtet, und sich dadurch Kenntniß und Genuß verkümmert. Ohne das würde auch schwerlich ein Buchhändler in Europa sich zu dem Verlag unter irgend einer Bedingung verstehen, selbst wenn ich auch lateinisch oder französisch es abfassen wollte. Dann folgen hinter jedem Stück die Bemerkungen. In einem Anhang das Leben des Calderon nach Vera Tassis, in einem zweiten die Vergleichung der Ausgaben, in einem dritten Conjecturen und Lesearten, und Druckfehler (die letzteren im Apontes verbessert aus Vera-Tassis) in der einfachen Form wie die Castigationes zu griechischen und römischen Schriftstellern sonst gemacht und gedruckt wurden (namentlich die von Falkenburg zum Homerus).

Die drei Bände, welche Sie mir übersandt haben, sind mir äußerst willkommen gewesen, und ich kann Ihnen mit keinen Worten ausdrücken, wie verpflichtet ich mich Ihnen hierfür, für das Verzeichniß, und für Ihr gütiges Anerbieten fühle. Den Katalog habe ich sogleich durch den hiesigen Bibliothekar und wunderlichen Spanier Liaño nach Spanien befördert, und gebeten die Stücke welche dort etwa einzeln zum Verkauf zu haben wären mir zu übersenden. Wenn Sie aber nach Wien oder München schreiben, würden Sie die Verpflichtungen, welche ich Ihnen habe, noch vermehren, wenn Sie wegen dieser Dramen nachfragten. Durch eine der hiesigen Buchhandlungen läßt sich der Transport vielleicht besorgen. Denn ich traue Liaños Commissionarien in Spanien nicht Neigung und Kenntniß genug zu, um sich lebhaft dort für die Sache zu bekümmern. (Wir glauben eine nun folgende, lange Stelle dieses Briefes, die ein Verzeichniß von wichtigen Büchertiteln enthält, und nur dem Gelehrten vom Fache Interesse gewähren könnte, unterdrücken zu sollen.)

Wie lieb wäre es mir, wenn ich öfter Ihrer belehrenden und ermunternden Unterhaltung genießen könnte. Erhalten Sie mir Ihre Gewogenheit und Liebe.

Der Ihrige
F. W. V. Schmidt
Fischerstraße 22.

Auf die Anzeige in der Literatur-Zeitung habe ich mir sogleich angeschafft: De poeseos dramaticae genere hispanico, praesertim de Petro Calderone de la Barca. Scr. Heiberg. Hafniae 1817. Es hat mir Leid gethan, daß der so viele Liebe für den span. Dichter zeigt, ein ganz unbrauchbares Buch darüber geschrieben hat. Denn für den Kenner ist es ganz überflüssig, er lernt auch nicht Ein Wort daraus. Für den Nicht-Kenner unverständlich.

III

Berlin, 22. Febr. 19.

Abermals, mein hochgeehrter Gönner und Freund, muß ich mit Beschämung an Sie schreiben, denn noch immer bleibe ich tief in Ihrer Schuld. Schieben Sie dies aber ja nicht auf die einigen Gelehrten eigene Fahrläßigkeit bei Benutzung von fremden Büchern; ich habe in der That in den letzten zwei Monaten so viel unerwartete Geschäfte bekommen, daß ich kaum weiß, wenn ich darauf zurück sehe, wie ich bei meinen drückenden Amtsgeschäften habe durchkommen können. Ich habe nämlich auf höhere Aufmunterung gestützt mich bei der hiesigen Universität als Docent für die neuere Literatur, Geschichte der Poesie und dergl. gemeldet, und neben unzähligen Gängen und Weitläuftigkeiten (welche mir indeß durch Solgers, Wilkens und Böckhs gütiges Benehmen erleichtert sind) zwei lange Abhandlungen anfertigen, und Reden halten müssen, die Eine lateinisch de Petri Alfonsi libro inedito, qui inscriptus est Disciplina Clericalis, die andere deutsch, über Calderon, worin ich mir erlaubt habe Ihrer zu erwähnen. Diese letztere wird jetzt gedruckt, und ich werde sie Ihnen in wenig Wochen zugleich mit Ihren 3 Theilen Calderon übersenden, mit einem längeren Brief. Möge Ihnen dies als Grund der Verzögerung genügen. Es liegt mir doch so am Herzen, die Stücke durchzuarbeiten, und Sie erhalten sie auf jeden Fall vor Ostern wieder.

Hiebei erhalten Sie mit Dank Ihren Indice general zurück. Ich habe einen Auszug der zweifelhaften Stücke des Calderon gemacht, und lege Ihnen hier eine Abschrift davon bei. Wenn Sie nun sich deshalb nach Wien meinetwegen und des Calderon wegen wenden wollten, so würde vielleicht kein Zeitpunkt günstiger sein, als der jetzige. Denn es wird jetzt in Wien durch die Gnade des Ministers Altenstein eine Abschrift des griechischen Codex der sieben weisen Meister auf der dortigen Bibliothek für mich gemacht (Aus Paris habe ich schon den Anfang der griechischen 7 Meister und der Disciplina clericalis vom Ministerium erhalten); es würden also die dortigen Bibliothekare so weniger Bedenken tragen einem Mann dergleichen anzuvertrauen, der Ihr Vorwort und das Zutrauen des Ministeriums besitzt. Vielleicht ließe sich der Transport dann auch auf gesandtschaftlichem Wege (denn so werden mir die Abschriften übermacht) besorgen.

Aber auch den Dunlop kann ich Ihnen leider in diesem Augenblick nicht schicken. Ich will nämlich (N. B. wenn ich Zuhörer gewinnen kann) Ostern Geschichte der neueren Litteratur auf der Universität lesen, nach eignen Diktaten. Ich muß die Collegia dazu vorher ziemlich ausarbeiten, da ich Anfänger im Collegium-Lesen bin, und da ist der Dunlop ein unentbehrliches Noth- und Hülfsbuch. Indeß hoffe ich doch recht bald Ihnen damit dienen zu können, denn ich habe auf der hiesigen Königl. Bibliothek um dessen Anschaffung dringend gebeten, und hoffe mit Erfolg. Sobald er nun hier angelangt ist, erhalten Sie mein Exemplar zum Gebrauch, denn alsdann bin ich zu dem Exemplar der Bibliothek der nächste.

Vielleicht kennen Sie die neue Uebersetzung der 1001 Nacht von Scott noch nicht, deren 6ter Theil von Galland, Cardonne und dem letzten Franzosen (der Name fällt mir nicht ein) nicht gekannte Stücke enthält. In dieser Voraussetzung übersende ich Ihnen diesen, um doch nicht ganz leer zu erscheinen. Bald meine Vorlesung über Calderon und Ihre 3 Bände zurück. Werden Sie nächstens ganz gesund, und erhalten mir Ihre Zuneigung und Freundschaft, die mir so werth ist.

In großer Eil.

Ihr
F. W. V. Schmidt,
Fischerstraße 22.

Viele Empfehlungen an Ihre werthen Angehörigen.

Schnaase, Karl

Geb. am 7. Dec. 1798 zu Danzig.

Dieser bedeutende Kunsthistoriker – sein Hauptwerk: Geschichte der bildenden Künste war 1861 noch nicht vollendet – lebte längere Zeit in Düsseldorf, wo er zum schönen Vereine gehörte, den Immermann, Schadow, Uechtritz und Andere bildeten. Dies Zusammenleben ist Allen förderlich gewesen, hat zu gegenseitiger Belebung und Erhebung gewirkt, und schöne Wissenschaften wie Kunst haben dadurch gewonnen. Solche Bündnisse sind hienieden selten und leider in der Regel auch nicht dauernd; Tod wie Leben lockern und lösen was so fest schien.

Herr Obertribunalrath Schnaase lebt jetzt in Berlin.

Düsseldorf, d. 1. December 1840.
Theurer, verehrter Herr Hofrath!

Sie waren bei meiner Abreise von Dresden so freundlich, mich aufzufordern, Ihnen von Berlin aus zu schreiben. So gern ich Ihnen den Dank für die überaus gütige Aufnahme, die Sie mir gewährt, wiederholt und den tiefen und wohlthätigen Eindruck, den ich davon trug, geschildert hätte, so hielt mich eine Scheu davon ab, Ihnen gleich wieder mit meiner unbedeutenden Person vor die Augen zu treten. Vielleicht mit Unrecht, aber es liegt einmal so in meinem Wesen. Gestern theilte mir unsre Freundin Immermann Ihren Brief mit, dessen Inhalt uns höchst erfreute und wieder so innig und freundlich war, daß ich nun nicht länger zögern kann. Es ist überaus schön und gütig, daß Sie Hand daran legen wollen, den Grundriß des unausgebaut gebliebenen Theiles in dem Gedicht unsres Freundes auszuzeichnen. Ihrer Meisterschaft wird es vortrefflich gelingen, das Unfertige mit leichten, kräftigen Zügen so zu malen, daß es wie in perspektivischer Verkürzung und Entfernung an das Vollendete und Nahe sich anschließt und der Phantasie ein Ganzes wird. Niemand versteht es ja so gut wie Sie, was der innere Einheits- und Lebenspunkt eines Gedichtes ist. – Frau Immermann bittet, damit ich diesen Punkt sogleich ganz bespreche, daß Sie das Manuscript, welches sie Ihnen geschickt, da behalten mögen. Es ist eine Abschrift von der hier zurückbehaltenen, nach welcher auch der Druck bereits begonnen hat. Bei dem reichen Stoff zu eigenen Arbeiten, der Ihnen gewiß auch jetzt wieder vorliegt, darf man Ihre Güte nicht mißbrauchen, darum mache ich nur im Vorbeigehn darauf aufmerksam, daß wie gesagt, der Druck schon angefangen hat. Daß Sie bei dieser Gelegenheit auch ein Wort über Immermanns dichterische Gestalt überhaupt sprechen wollen, ist unschätzbar; ich hatte es im Stillen gehofft. Das würde dann füglich dem Bande, welcher den Tristan enthält, auch beigegeben werden. Meinen Nekrolog beabsichtigen wir (etwas erweitert) in einem spätern Bande, wo nachgelassene und gesammelte Schriften erscheinen können, beizugeben. Des Nachgelassenen ist eigentlich nicht viel da, hauptsächlich nur ein Tagebuch, aus dem man noch dazu die besten Stellen (zum Theil) wegen persönlicher Beziehungen fortlassen muß, aus der Theaterperiode. Dagegen kann manches Vereinzelte (Gismonde, der Aufsatz über Grabbe, die in der Pandora abgedruckten Düsseldorfer Anfänge) gesammelt, vielleicht auch Vergriffenes wieder abgedruckt werden.

Ihre Vittoria habe ich mit der größten Freude und Bewunderung, mit dem ausdauerndsten Interesse gelesen. Es ist ein historischer Roman, im besten Sinne des Worts, mehr als irgend einer. Ich kann den Eindruck, den er mir macht, am Meisten mit dem der Hauptwerke einer älteren Periode vergleichen, aus denen mir der Geist, das Leben jener Zeit so concentrirt, thatkräftig, mehr die Wurzel der Entwickelung, als die Breite der Zustände entgegentritt. Dies warme, innige Gefühl eines frühern Zeitgeistes, einer andern Gestaltung des Menschengeistes in einem Momente, wie in lebendigem Athem mitgetheilt zu erhalten, ist mir ein großer Genuß, und ebenso empfinde ich ungefähr bei Ihrer Vittoria. Jenes Geschichtsgefühl (wenn ich es so abstract und barbarisch nennen darf) fesselt mich auch oft bei Kunstwerken einer Zeit, welche an sich für diese Kunstgattung nicht geeignet war, und die daher in ästhetischer Würdigung nicht sehr hoch zu stehn kämen, und das macht dann wieder den Vergleich hinkend, weil in Ihrem Gedicht dieser Kontrast nicht vorhanden ist. Aber dennoch bleibt etwas Aehnliches, weil Zeit und Volk, die Sie für die empfängliche Phantasie so überaus treu und wahr schildern, in der moralischen Würdigung der Zeiten auch nicht die erste Stufe einnehmen. Auch darin ist der Eindruck ein historischer, weil man fühlt, wie nicht blos der große Haufe, dem die Selbstständigkeit fehlt, und die Heroen und Leiter der öffentlichen Dinge, die sich damit identificiren, sondern auch die ausgezeichnetesten, edelsten Gestalten der mittlern Region, des weiblichen und häuslichen Lebens, ganz von dem geschichtlichen Leben ihrer Zeit durchdrungen, mit demselben verwachsen sind. Dieser Eindruck ist, wie billig, ein tragischer, – herbe, weil so seltene, edelste Gestalten, wie Vittoria, wie Bracciano, dem Schicksale erliegen, nicht bloß kämpfend, sondern eben weil sie von der verderblichen Richtung selbst durchdrungen sind – erhebend, weil auch in entarteter, verfallender Zeit die Verderbniß selbst ein Stoff wird, in dem sich die großen Naturen bilden und entwickeln. Vortrefflich tritt es in Ihrem Werke ans Licht, wie in der Auflösung einer edlen, mildernden Sittlichkeit alles das Maaß überschreitet, im sinnlich Reichen und Weichlichen, wie im Herkulisch oder athletisch Angespannten. – Mit Einzelnem will ich Sie nicht behelligen, und es ist vielleicht schon sehr keck, daß ich Ihnen meine Auffassung des Ganzen vortrage. Denn soviel vermuthe ich selbst, daß dieser Gedanke es nicht war, von dem Sie ausgingen, daß Sie vielmehr die Ahndung einer Gestalt, wie Sie sie nachher in der Vittoria wirklich gezeichnet haben, begeisterte und Sie die Schönheit derselben (die freilich jene historischen Umgebungen hervorrief) als eine ganz reine, an und für sich werthvolle empfanden. Aber diese Differenz ist vielleicht nur eine nothwendige, und wenn auch nicht, so werden Sie mir meine Auffassung gönnen und verzeihen, da es bekannt ist, daß der Dichter sich gefallen lassen muß, in verschiedenen Lesern Verschiedenes hervorzurufen. Uebrigens habe ich bei diesem Gedichte wieder die Erfahrung gemacht, wie jedes Werk mit seinem Meister zusammenhängt. Ich glaube Ihre Dichtungen noch besser zu verstehn, seit ich Sie persönlich kennen gelernt habe. Das Zeitalter der Rhapsoden war darin glücklich, wo das ganze Volk das Gedicht von den Lippen des Sängers selbst empfing. Ich glaube Ihre Stimme, Ihren Vortrag durchzuhören, und der Sinn, die geistige Harmonie eröffnet sich mir dadurch mehr.

Von Berlin erzähle ich Ihnen nichts. Sie sind dort besser bekannt, wie ich, wenn auch nicht mehr unmittelbar, so durch Ihre Freunde. Eine große Stadt hat etwas Ruhiges, Instinktartiges, was vortheilhaft und nachtheilig wirkt, und dies Mal wohl that. Unsres Königs schöne Gestalt war dabei ein würdiger Augenpunkt. Leider verlautet noch nichts, was seine Huld für Immermann’s Wittwe thun wird. —

Meine Frau empfiehlt sich in dankbarster Erinnerung der schönen Tage, die wir bei Ihnen verlebten, wir beide bitten uns der Frau Gräfin und Ihren lieben Fräulein Töchtern bestens zu empfehlen. Mit inniger Verehrung

Ihr ergebenster
Schnaase.
24.Wunderlicher Weise hat Tieck auf die Rückseite dieses Briefblattes folgende Worte (kaum leserlich) geschrieben: „Theuerster Freund, ich bin sehr böse über Dein ewiges Hofmeistern und sinne schon längst auf eine Strafe für Dich. Mehr Respekt, weniger Dreistigkeit!“ – Wem mag das gelten?

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
01 kasım 2017
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