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Kitabı oku: «Briefe an Ludwig Tieck 4», sayfa 11

Various
Yazı tipi:

Varnhagen von Ense, Karl August

Geb. am 21. Febr. 1785 zu Düsseldorf, gest. 1859 in Berlin.

Biographische Denkmale, 5 Bde (1824–30.) – Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften, 8 Bde. (1843–59.) – Leben des Generals Seydlitz (1835.) – Leben des Generals Winterfeld (1836.) – Leben des Feldmarschalls Grafen Schwerin (1841.) – Leben des Feldmarschalls Keith (1844.) – Leben des Grafen Bülow von Dennewitz (1853) u. A. m.

und
Rahel von Varnhagen,
dessen Gemahlin

I

Berlin, den 16. Juli 1833.

Empfangen Sie, Hochverehrter, mit meinen besten Grüßen dies hiebeifolgende Buch. Sein Entstehen, sein Sinn, sein Inhalt bedürfen bei Ihnen keiner Rechtfertigung; ich kann Ihnen aber auch noch sagen, daß die Beschäftigung, welche ich in dieser Herausgabe fand, mir während der letzten vier Monate das Leben erhalten half, das man ja gewohnt ist, unter allen Bedingungen als einen Gewinn zu rechnen! Ich empfehle mich angelegentlichst Ihrem ganzen Hause, und verharre mit innigster Hochachtung und Ergebenheit

Ihr
gehorsamster
K. A. Varnhagen von Ense.

II

Berlin, den 1. Juli 1836.

Durch Ihre freundliche Zuschrift, und durch die Art, wie Sie darin von Rahel sprechen, haben Sie, Hochverehrter, mir die Seele wunderbar angeregt! Denn ich bin wohl unempfindlich und hart genug gegen Mißkennung und Tadel, aber darum nicht minder gerührt und erfreut durch jede Gunst und Zustimmung, welche meinem Andenken an die geliebte Freundin sich vereinbaren. Die Freundschaft und Achtung, welche Sie für Rahel bekennen, ist mir wohlthuend; auf bedingte Einzelheiten der Ansicht und des Urtheils kommt es hier nicht an. Lassen Sie mich auch sogleich ausdrücken, daß Sie mich nicht umsonst als „verständigen Freund“ sollen angeredet haben; ich darf Ihnen versichern, daß Antrieb und Zweck wie Stimmung und Sinn Ihres Briefes mir ganz erklärlich sind, und dieser bei mir eine gute Stätte findet. Möge davon das Nachstehende, was ich, im Gedränge zwischen Unwohlsein und Abreise, nur eben rasch zusammenfasse, Ihnen vorläufiges Zeugniß sein!

Zuvörderst eine Entschuldigung. Ich sandte Ihnen die erste Sammlung der Rahel’schen Briefe, weil sie nicht im Buchhandel war, und ich sie in Ihren Händen zu wissen wünschte. Die zweite Ausgabe, so gut wie mein neustes Buch, bei denen zwar jener Umstand wegfiel, hätte ich Ihnen nicht minder zugesandt; allein Frau von Arnim sagte mir damals bei ihrer Rückkunft von Dresden, Sie hätten sich mißliebig und feindlich über Rahel geäußert, und so fand ich es nicht gehörig, mit solchen Zusendungen fortzufahren, die Ihnen unangenehm sein konnten. Mißverstehen Sie, Hochverehrter, ich bitte Sie, dieses nicht! Ich mache nicht den Anspruch, irgend ein Urtheil in seiner Freiheit zu beschränken, ich kann jede Art und Ansicht und Meinung, die sich mir nicht aufdrängt, vertragen, und wenn mich etwas in Aeußerungen verletzt, so ist es eher das Allgemeine, als das nur Persönliche. Ich gebe meine eignen Bücher nicht anders der Oeffentlichkeit hin, als wie man die Geburts-, Heiraths- und Todesanzeigen in die Zeitungen wirft; Tausende müssen diese Meldungen gelesen oder ungelesen hinnehmen, die vielleicht nur sechs oder sieben Personen angehen, für diese aber sind sie. Mancher findet vielleicht bei einer Todesanzeige nur Scherz und Lachen. Immerhin! Jeder muß nach seinem Antheil und Sinne sich benehmen. Ich habe Ihnen deshalb, weil ich Sie feindlich gegen Rahel glaubte, keineswegs gegrollt, nur bisweilen mir die Bewandtniß zu erklären gesucht. Mit inniger Freude erfahre ich nun von Ihnen, daß ich einen Irrthum aufgenommen hatte, und bedaure nur, dadurch Ihnen abgewendeter, als ich es wirklich war, erschienen zu sein.

Was nun Genelli betrifft, so habe ich ihn nie gesehen; nur von ihm gehört durch Rahel’s, Marwitzens und Bernhardi’s von einander unabhängige Erzählungen. Aber alles, was Sie von ihm sagen, ist mir mit der Erscheinung, die er sich für jene zu geben gewußt, gar wohl vereinbar. Hat er geschmäht und gelästert, wo er früher angebetet, – es sei ihm verziehen! Wie ich es auch Gutzkow’n verzeihe, daß er das mir theuerste Andenken auf brutale Weise berührt hat. Es thut mir nur leid um ihn. Ich bin für Rahel, wie auch für mich selbst, in diesem Betracht fest und sicher, und was die Leute sagen, kann ich sehr leicht beruhen lassen. Lebte Rahel, so hätte ich allerdings die leiseste Empfindlichkeit für sie, und ich würde manches nicht aussagen, andres ernstlicher aufnehmen; aber so…! Die Lebenden will ich überhaupt geschont wissen, und ich glaube, daß ich es meinerseits nur allzu sehr gethan habe; in welchem Maße, könnte nur der beurtheilen, der einsähe, was alles in meinen unendlichen Papieren ich zum Schweigen gebracht habe! – Freilich läßt sich im Druck nicht alles sagen, noch jedem Mißverstand ausweichen; aber das läßt sich nirgends thun, und ist auch kaum nöthig, wie die Welt nun grade einmal gemischt ist, wo alles durcheinander keimt und blüht, und sich die Frucht oft da ansetzt, wo man sie am wenigsten erwartete.

Die Möglichkeit, welche Sie mir zeigen, daß Sie mir noch einige Briefe von Rahel hervorsuchen könnten, ist mir ein lieblicher Sonnenstrahl aus Ihren Zeilen! Mir kann keine werthere Gabe zukommen. Ich beklage sehr, daß von den Briefen Rahel’s an Burgsdorf und an Finkenstein keine mehr zu finden sind; ich gäbe viel darum, grade diese zu haben, oder auch nur zu lesen! Bleiben Sie, hinsichtlich der von Ihnen noch aufzufindenden erstern, wenigstens meines eifrigsten Wunsches gütigst eingedenk! Auch die Gelegenheit, welche Sie als möglich andeuten, zu Rahel’s Briefen einmal mannigfache Erläuterungen und Berichtigungen zu geben, würde ich gern herbeirufen, und das gewiß gewinnreiche Ergebniß mit Freuden aufnehmen, wiewohl ich doch anmerken muß, das vieles auch in meinen Papieren noch ganz andre Gestalt hat, als jetzt im Gedruckten, und daß ich selber manches berichtigen, andres aber auch umständlich belegen und erhärten kann, was Rücksichten nur obenhin oder eingehüllt mitzutheilen geboten. Führt mich ein guter Stern einmal in Ihre Nähe, so werde ich Sie hoffentlich überzeugen, daß mein Vertrauen in diesen Dingen zu Ihnen ganz rückhaltlos sein kann, und ich würde mich wahrhaft freuen, Ihre Prüfung zu bestehen und Ihren Rath zu empfangen!

Verzeihen Sie dies eilige Blatt! Ich reise in acht Tagen nach Holland, um Seebäder zu gebrauchen, und bin gestört und verwirrt durch die Vorbereitungen, und durch die Uebel selbst, die ich bekämpfen soll! Ich danke Ihnen wiederholt für Ihr werthvolles Schreiben, und wünsche und erbitte eifrigst die Fortdauer Ihrer Wohlmeinung. Verleihe der Himmel Ihnen die beste Sommerstärkung und jede Fülle des Guten. Mit aufrichtigster Hochachtung und Ergebenheit verharr’ ich treulichst

Ihr
gehorsamster
Varnhagen von Ense.

III

Berlin, den 12. April 1844.
Hochverehrtester Herr Geheimrath!

Beifolgende Einlage für Sie, von Herrn Lewes in London, empfing ich soeben in einem Bücherpaket von Herrn Asher, und säume keinen Augenblick, Ihnen dieselbe ergebenst zu überreichen; ich erhielt sie aufgeschnitten, ebenso wie mein Brief es war, und das ganze Paket. – Herr Lewes, mir durch Thomas Carlyle empfohlen, ist ein junger Litterator von schönen Kenntnissen und gutem Willen, der eine Sammlung von Dichtern herauszugeben beabsichtigt, und zu diesem Zwecke kurze Biographieen und kritische Würdigungen wünscht. Ich selbst bin zwar nicht im Stande, irgend einen Beitrag zu liefern, würde mich aber freuen, dem Werke sonst förderlich sein zu können. —

Mit den eifrigsten Wünschen für Ihre uns Allen theures Wohlsein und mit dem innigsten Ausdruck der Verehrung und Ergebenheit

Ihr
gehorsamster
Varnhagen von Ense.

IV

Berlin, den 19. März 1847.
Hochverehrtester Herr Geheimrath!

Das Buch, von welchem Carlyle’s Brief allzu günstige Worte sprach, wurde dadurch der Gegenstand Ihrer freundlichen Nachfrage, und ich darf wohl entschuldigt sein, wenn ich nicht dem Zufall überlassen will, dasselbe vor Ihre Augen zu bringen! Gönnen Sie dem beifolgenden neusten Band einen gütigen Blick, und wenn darin Einiges Ihrer Theilnahme würdig erscheinen mag, so wird mir dies die größte Befriedigung sein! —

Mit Verehrung und Ergebenheit

Ihr
gehorsamster
Varnhagen von Ense.

V

Berlin, d. 30ten Juni 1847.
Hochverehrtester Herr Geheimrath!

Den von Ihnen gewünschten Brief Carlyle’s bin ich so frei hiebei ergebenst zu überreichen; meine Nichte hat die Abschrift angefertigt, ungemein erfreut, daß ihre Dankbarkeit Gelegenheit fände, sich mit etwas zu beschäftigen, das Ihnen bestimmt wäre. Sollten Sie jedoch wünschen, Carlyle´s eigne Handschrift daneben einzusehen, so steht auch diese gern zu Diensten. Ueber Carlyle schrieb mir dieser Tage eine Freundin aus England: „Of the Carlyles I have seen more, and like them the better after every visit; he ist the only original talker I know now in England, – he is more like thinking aloud than discoursing for the benefit of others, and the apparently unconscious manner in which he rambles from one subject to another without the least troubling his head about the fitness of it, – is very curious to listen to.“ Dies stimmt mit allem, was ich sonst von ihm gehört, bestens überein. —

Ich bin neulich sehr ungern von Ihnen weggegangen, – ich mußte leider, – aber mit bewegter Seele und dankerfülltem Herzen! Ich hatte Sie so lange nicht lesen hören, und mich dünkte ganz Neues und Ungehörtes zu vernehmen. Das artige Lustspiel Goethe’s ist mir in Ihrem Vortrag erst recht lebendig und klar geworden, und der Eindruck wird mir davon nie wieder vergehen. Dieses sanfte Feuer, diese Stärke ohne Heftigkeit, diese Macht des Maßes, wirken auf das Gemüth so wohlthuend wie die edle reine Stimme lieblich auf das Ohr! —

Möge der Sommer Ihnen alle Annehmlichkeiten des Gartenlebens und jedes frische Gedeihen gewähren! —

Mit größter Verehrung und dankbarster Ergebenheit

Ihr
gehorsamster
Varnhagen von Ense.

Wegen der Handschriften von Rahel – wenn sie künftig erledigt werden, – eines Blattes von Frau von Knorring, und sonstiger gelegentlichen Gaben – „ohne der Wohlthätigkeit Schranken zu setzen“ ist in Berlin ein gebräuchlicher Ausdruck – will ich mich bestens zu Gnaden empfohlen haben!

Rahel Antonie Friderike Varnhagen

VI

Berlin, Sonntag den 6ten Apr. 1823.

Grüß Sie Gott lieber Freund! Und schike Ihnen die beßte Gesundheit; für das Andere müssen wir selbst sorgen; und je älter je mehr; oder vielmehr, je besser sehen wir dies ein. Wie ich zu dieser art von Gruß komme? Den ganzen Winter war ich krank, kränklich, und unwohl, und mein ganzes Haus mit mir; und am Ende hört ich noch Sie seyen auch krank gewesen. Mit dem Frühlingswinde mit dem ich Ihnen gerne noch besseres als den herrlich nicht zu erfindenden Frühling schiken möchte, bin ich doch so glüklich Ihnen die persönliche Bekandschaft der Fräulein Pfeiffer12 machen zu können. Ich kann ihr die Freüde, die sie uns hat empfinden lassen, wohl nicht glänzender lohnen! Sehen Sie sie mit den kritischsten Augen an; es kann ihr und dem Urtheil über sie nur gedeilich gerathen: und an der allgemeinen Freüde Deutschlands würd’ ich auch mit Stolz meinen Theil haben, wenn Sie, um ihr eine Rolle zu schreiben, uns ein Stück zu schenken verleittet würden. So etwas hoffe ich. Ich will Ihnen mit meiner Beurtheilung dieser großartigen Aktrice nicht vorgreiffen. Nur so viel: ich erinre mich keines Großen ihrer Art, keines Fleck, Talma, Esslair, keiner Raucour, George, Bethman, Schröder, mit denen sie nicht momentane Aehnlichkeit hätte: und wie alles Wahrhafte wieder an alles Wahrhafte erinerte; an Wetter, Musik und Situationen, in denen man nie war &c. Folgen Sie ja womöglich die ganze Reihe ihrer Vorstellungen; sprechen Sie mit ihr hin und her, lassen Sie sich von ihr lesen, untersuchen Sie sie ganz. Machen Sie’s Einmal wie die Richter in Egmond: verhöhren Sie etwas hinein wenn Sie nichts heraus verhöhren können. Nämlich, schiken Sie von Ihrem nach der Tiefe ihrer Seele, und Sie kommen mit Beute zurük. Ich sah sie in Kawansky zuerst und besuchte sie dann: ich freue mich, daß meine alte Tage sich noch aufführen wie meine jungen: und daß ich den Muth zur Trägheitsbesiegung noch in mir – unter manchen sehr ungünstigen Umständen – zusammenfand. Lassen Sie sich von mir ansteken! Verführen! Wie wohl Leute ein Glas Wein zusammen trinken, je älter je besser: so wollen wir diesen Genuß unserer Kindheit, mit altem Geschmak, – auch je älter je besser – wieder und noch haben. Geht es Ihnen auch so? ich möchte die alte Zeit immer zur Rede stellen, vor die Schranken fordern; es ist als hätte sie mir nicht recht stille gehalten: ich hatte damals zu viel Anderes vor, man ließ uns nicht Zeit, nicht Muße; ich möchte ihr zeigen, ich war’s wohl, bin’s noch werth was sie mir both; ich empfinde es ja noch: und Alles was jetzt ist. Wie? ist das Wahr? Ist’s nicht mit Ihnen auch so?

Gehen Sie in allen Fällen hübsch in die Komedie lieber Freünd! Und schenken Sie uns Ihre Kritiken. Deutschland braucht’s. Goethe hatte vor ganz Kurzem noch nichts in Ihrer Verlobung gelesen, und mit vieler Liebe von Ihnen gesprochen: da nannte man ihm die Novelle. So etwas muß mich doch freüen. Mich. Sie wissen wie ich Göthe vergöttre. Und welchen Triumpf ich bey dem Kronentausch erlebe! nicht harter Lorbeer; Nachruhms-Laub: Rosen, frische Liebesrosen reichen sich die Lebendigen! Und wir, die mit Anerkennung auch begabten, Klatschen in die Hände! Wißt ihr Dichter und Authoren, es sind, heil uns! mehr als ihr denkt. Und deshalb schreib’ ich, eine der Geringen, Ihnen so!

Noch weiß ich nicht was wir diesen Sommer machen, es ist nur ganz gut, wenn es uns mit Ihnen zusammen bringt.

Ihre treüe
Fr. Varnhagen.

Tausend herzliche Grüße der Madame Tiek, der lieben Gräfin und den lieben Mäderln!

Varnhagen hustet noch und ist leidend, er wünscht alles Gute mit mir.

VII

Berlin, Mittwoch den 13t. Aug. 1823,
angenehmes warmes, nicht ganz
beinahe helles Gewitter-Wetter.
11 Uhr Morgens.

Was ist das? daß Sie einen ganz neuen Tiek uns in alten Koffern Jahrelang vorenthalten! Mit dem größten Preis und Lob, mit dem innigsten geflügelsten Dank, mit allen Ausdrüken der höchsten Bewunderung wollte ich anfangen: Vorgestern kamen Ihre Gedichte heraus; Abends las uns Varnhagen welche; und Brillanttränen der höchsten Erschütterung – wie der Soufleur im Meister – weinte ich, über dem Gelungenen, Sie: anstatt dessen, stürzt mir ein Vorwurff heraus! Beßter Freünd welch Präsent! Wie schmeichlen Sie meinem Stolz! Stolz, gradzu stolz. Mit dem ich stolz auf Sie seyn kann. Nicht weil ich Sie kenne, nicht weil Sie mein Freünd sind. Nein, weil Sie da sind; und ich doch in einer Sprache mit Ihnen lebe. Mir ist’s immer als müßte ich die honneurs machen von dem was ich liebe und vergöttre: und sehen Sie in den ganzen Abgrund meiner Seele! dies ist, weil ich dann von Niemand glaube, daß er es so durchdringt, auffaßt, von jeder Seite, liebt, vergöttert, und tausendmal von vorne an, und von neüem, wie ich. So kann es der, der es wirklich gemacht hat nicht lieben, und bewundern, und deüten, und schätzen. Ich weiß ja, daß wenn ich etwas gemacht habe, daß es mir anders, aber nicht so werth ist. O! Es ist, giebt nur Eines was Gaben in richtige Bewegung setzen kann, sie zu Talenten macht; und diese in Brennpunkt des Genies treibt. Wahrhaftigkeit. Jedes Ihrer römischen Lieder führt diesen Beweiß auf’s lebendigste. Alles ist nur wahr, haben wir Gaben genung, mit diesen Kräften gelangen wir bis zu Gott. Darum facht jedes Wort in Ihren Gedichten unsre reinste Liebe an. Dies sollten Sie geschwind wissen; drum sage ich’s Ihnen gleich; und für Viele. Wir haben auch Verstand und Sinn genug, und gelebt; um mit zu merken, und zu bemerken, Ernst, Verdruß, Freüde, Scherz, Ungemach, Leiden und Ungeduld, seelige Stille, und heitern Frieden, und größte Bewunderung, und fliegende Gedanken mit zu fühlen und mit zu machen. Herrlicher Freünd, der Herzvoll des „Großen Freünds“ gedenkt und Schakespeare anruft, zur wahren rechten Zeit! Das nenn’ ich dankbar. So sind nur die Edelsten, die voll Fülle! Wissen Sie noch? wie Sie in Prag in einer langen Unterredung, die wir hatten, endlich sagten: ein gewisses Nichtverstehen, eine Sorte Dummheit, sey unsittlich. Das war für mich ein Wort für einen alten gestaltlosen Gedanken; und unendliche reihen sich seit der Zeit besser verstanden an ihn an: und er auch hilft mir behaupten, Ihre Gedichte sind so liebenswerth, nur so schön weil sie rein wahr sind. Schönen Dank! Beßter Freünd Tieck! für mich ist es nun gar eine Wonne, ich fühle so gar Ihre Krankheit mit; habe solch regen Sinn durch sie für Ungemach; bin so entzückt, daß Sie Italien so individuel nehmen: ich sehe ja alles, rieche es: Jede Stille breitet sich in mir aus; jeder Lärm plagt mich: ich sehe, ich kenne die Italiener. Lassen Sie sie reden, so ist Ihr Deutsch Italienisch; sie ennuyiren mich mit; bringen mich auf’s Aeüßerste; machen mich lachen: ich sehe Wände, fresco’s, Markt, Alles. Ich glaubte an so etwas nach Goethens Elegien nicht: das bestärkt mich in meiner Frommheit! Im ganzen Hoffen, wo ich nichts begreiffe. Goethe wird sich freüen. Neulich bewunderte ich eine Ouverture von Spontini – gegen den ich bin – und dachte bey jeder schönen Stelle, o! wie würde dies erst Righini gefallen! Aber was soll ich zu Ihrem Spanier sagen, der Schildwach steht! Schöneres ist in der Art noch nie gemacht worden! Alter Meister Tieck! Mit der festen Hand! Darüber waren alle Höhrer, Roberts, Mdm. Krikeberg, Jettchen Solmar die Sängerin, außer sich! Der Soufleur, ich, weinte, große Brillanten; die zwingt eine Meisterschaft, vollkommen Gelungenes ab. Ich sage Ihnen, und nehme es allen Ihren Kritikern vor weg: ich höhrte complet die drey Sprachen distinct in diesem Gedicht; Spanisch, Italienisch und Deutsch. So arbeitet man mit einer, wenn man die Welt und die Sprachen auffaßt und dies von sich geben kann. Maëstro! Wie recht haben die Italiener mit diesem Wort, es ihren Dichtern und Musikern zu sagen: wie verstand ich die Marchetti und die Sänger, wenn sie zu Righini, entzückt und ehrerbietig und in größter Schmeichlung „caro maëstro!“ sagten, und sonst nichts. Solche Nichtsdingige Sachen – Fütilitäten – die wir alle sehen und bemerken, so mitspielen zu lassen, als des Spanier’s Schnallen und Anzug! Seinen gravitätischen Zorn, sein zorniges Heimweh so auszudrücken, bringt unser Deutsch zu neuen Ehren. Warum ließen Sie dies alles (precipitando) so lange liegen? Manchmal ist mir, als wüßt’ ich’s, Sie könntens gar nicht machen; wenn Sie’s nicht auch so lange vernachläßigen könnten. Seit heute strich ich mir an, worüber ich mit Ihnen sprechen wollte: aber es werden alle Gedichte aus Italien, die andern hab’ ich noch nicht angesehen. „Weinachten,“ die Künstler die alle Töne keck aufbiethen um zu heuchlen und zu grimassiren! „Karnewal,“ des Mißbehagens und Zürnens, der Boßheit, des Grolles tausendfältig verschlossene Ursachen! „Campo vacino“, der Saülen Lockenhaupt-Geflüster. „Stiergefecht,“ wie schön: und meine Ochsenfurcht: „der Ueberlästige,“ göttlich beschrieben: „ohne Ursach lachend.“ Zur Raserey! „Die Marionetten.“ Wie der Wegweiser spricht, das ausgemachteste Italienisch! „Schmerz in der Lust.“ Vortrefflich! Das Gedicht heilt uns selbst! meine Leiden! „Heimweh.“ Göttlich beschrieben: einzige Worte. „Ein Schwindel ergriff mich; mein Leben zerrann.“ Kein Wort geht verlohren, glauben Sie’s, theurer Landsmann! Sie haben nicht nur die Freude des Dichtens gehabt; Sie machen die größte. „Die Tiroler“ sind schon fertig componirt! Was soll ich aber zu Botzen, zu Trident sagen!!! Ich, die nichts weiß; roch, athmete, daß es Italiens Gränze ist; und es war wahr! Trident! wie fühlte das die Kranke! Alles wird Ihnen zum Gedicht. Wie Goethe sagt. Als wäre ein Thal ein Ort, voll saftiger Farben, und Sie nähmen von denen gradzu und mahlten: so erscheint’s mir. Luft lassen Sie mich athmen. Stille empfinden: Laub im Sonnenthal vermissen; versöhnen mich wieder. Aber was spreche ich! Wären Sie nicht Tieck, läsen wir Ihnen die Gedichte mit Gewalt vor! Wir thun das Einer dem Andern. Seyn Sie überzeügt; es giebt noch unaffektirte Menschen in Deutschland, und die alle genießen das herrliche Geschenk und freuen sich, und wissen vor Dank nicht was sie anstellen und sagen sollen. Die Hohen in unserm Volke, die krönen und belohnen sollten, sind noch nicht so weit. Dafür kann ich nicht: und es muß eine große Ursache haben, daß ich keine Prinzes bin; denn unrecht ist’s. Wenn hier Friederike von Baiern – z. B. – anstatt Varnhagen drunter stünde?! Und das vor Ihrer Thür was ich Ihnen schikte? Wagens! Mit denen Sie in meine Nähe auf Ihre Villa reisten! Nun werd’ ich ganz traurig; nun höhre ich auf, und lese in Ihren ungebundenen nicht einmal gehefteten Blättern weiter. Bey Gott! ich attrapire mich, daß ich schon lächle. Schönen Dank! Heil Dir im Siegerkranze. Sie sehen, ich bin närrisch vor Jubel. Gott stärke Sie noch lange und plötzlich: für uns alle! Kramen Sie doch noch ein Bischen mehr in Ihren alten Koffern! Ich bin erst seit Sonnabend 8 Tage ein Mensch: so leidend war ich Juny und July. Schon im 3ten Jahr so in den Monathen. Viele schöne Grüße der Gemalin, den Kindern, und Gr. Finkenstein. Kennen die schon lange diese Gedichte? Ich gönne es ihnen. Varnhagen jubelt! und ist Ihr größter Verehrer. Es ist göttlich, daß wir in der Jugend nicht vertraut waren! Schade! für alle die verlohrne Saaten! aber echt war’s von Beiden. Still wurmte es in uns. Kennen Sie den Berlinisism noch? Robert wird Ihnen wohl schreiben. Der lächelte nur immer, wie über ein Gotteswunder: wie über einen Ausbund von Blume: ich aber brach aus; nach den schweigenden Thränen. Varnhagen triumphirte: der hatte es gebracht, und las. Den hallischen Wolff hab’ ich die Kunst gehabt auf einer Fahrt gestern, ganz lüstern nach den Gedichten zu machen. Alles Griechische und Latein half nicht dagegen! adieu Theurer maestro! bald schreib’ ich noch mehr.

Ihre arme
Friedricke Varnhagen.

Wenn sich der junge Krikeberg – Sohn der gewesenen Schauspielerin Mme. Koch, die ich noch häufig sehe – bey Ihnen präsentirt seyn Sie gütig gegen ihn. Er ist bescheiden, wohlerzogen, voller Sinn und will Sänger werden. Wenn er Sie hat lesen höhren, so hat er St. Peter gesehen. Seyn Sie gütig gegen ihn. Die Mutter wird Ihnen schreiben. Sie ist noch bey unserm Theater, und nicht gewesene Mimin, sondern gewesene Koch; Köchin. adio!

12.Charlotte Birch-Pfeiffer.

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Litres'teki yayın tarihi:
01 kasım 2017
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