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Kitabı oku: «Briefe an Ludwig Tieck 4», sayfa 16

Various
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VII

Montags.
Mein liebster Tieck!

Wo bleibt mein Brief, den ich nun wohl bald erwarten dürfte? Wenn zu allen Deinen Fähigkeiten hinzukäme, Ordnung und Pünktlichkeit zu beobachten, so würdest Du ein ganz vollkommnes Wesen seyn, – vielleicht zu vollkommen für diese Welt. Ich freue mich nur über mich selbst, daß ich jene Schreibeträgheit und Nachläßigkeit im Korrespondiren bey mir nicht bemerke; doch ich habe freilich fast lauter angenehme Briefwechsel.

Lebst Du denn vergnügt, gesund? Bernhardi hatte inniglich gewünscht, Dich in den Hundstagsferien zu besuchen, denn er sehnt sich nach Deinem Umgange sehr und wünschte sich mit Dir recht aufzuheitern; aber einfältige Hindernisse sind ihm in die Queer gekommen. Wie schön wär’s nicht gewesen, wenn er zu Dir gekommen wäre; hätt’ ich ihn dann begleiten können! Tieck! hätt’ ich Dich in Halle sehen können! —

Meine Abhaltungen sind durch neue Abhaltungen ersetzt. Der Vater meines Herrn Vetters mit seinem Bruder aus Stockholm, sind itzt auf ein Paar Tage hier; ich sehe mit ihnen dies und das, und gehe hier und dort hin: bald werden sie abreisen, um eine Reise, die zum Theil Geschäfte zum Theil Vergnügen zum Zwecke hat, durch Deutschland vorzunehmen. Von hier reisen sie nach Wien, durch Sachsen. Himmel! was sagst Du, wenn ich sie begleiten könnte, und Dich vielleicht auf einen Augenblick wenigstens im Vorüberreisen, umarmen!

Mein Hauptlehrer, der Assessor Köhler, ist verreist, auch nach Wien; einige andre meiner Lehrer setzen ebenfalls ihre Stunden itzt aus. Ich habe nur 2 Vormittage in der Woche besetzt. Was werde ich in diesen unerwarteten Ferien anfangen? Womit werde ich die Nebenstunden der Erholung ausfüllen, wenn ich nicht einen Freund, einen einzigen, unaussprechlich-geliebten Freund bey mir hätte, oder eine Ferienreise nach Halle unternehmen, mit ihm auf die Felsen klettern, und die Krümmungen der Saale in den wohlgebauten Fluren des Sachsenlandes beschauen dürfte?

Ich habe noch heute an Wißmann geschrieben. Da Bernhardi, Du, keiner seiner Bekannten ihm schreibt, will ich nicht der letzte Hartherzige seyn. Seine Mutter, die ich zuweilen besuche, ist eine geistreiche, gefühlvolle, edle, gütige Frau. Ich bin ihr sehr gut. Sie wünscht mich nach Frankfurth zu ihrem Sohne. Ach! ich wünsche mich am ersten zu Dir! zu Dir, Du Freund meiner heiteren entzückend frohen Stunden, und meiner trüben launenvollen Aprilltage! Wann werd’ ich Dich wiedersehen?? – Soll ich Dir einen kleinen Schreck einjagen? Ich kann Dich nicht länger täuschen und mit Vorbereitungen hintergehn. Kehr’ um und lies die Antwort:

Künftigen Montag! —

Höre die Auflösung des Räthsels. Ich bin vor Entzückung ausser mir; ich taumle in der seligsten Hoffnung!

Der Vater meines Herrn Vetters hat mit meinem Vater verabredet, daß ich ihn über – (Höre wie glücklich ich bin,) – über Wörliz, Dessau, Halle! Leipzig, Meissen, bis Dresden begleiten soll. So kurz, so schleunig ward dieser Entschluß gefaßt, daß ich meiner eigenen Ueberzeugung von der Gewißheit nicht traue. Ich sehe Dich – diesen Montag – in Halle! Wer hätte gedacht, daß ich geboren wäre, um so glücklich zu seyn!

Aber ich eile Dir einige langweilige Betrachtungen vorzupredigen, die ein Paar Tropfen Wassers in das Feuer meiner Entzückung tröpfeln. Es wird nicht angehn, daß wir länger als Einen Tag in Halle bleiben; denn unsre Zeit ist beschränkt. Ferner muß ich dort in Halle einen Besuch für meinen Vater machen. Doch so viel als das gütige Fatum mir Zeit übrig läßt, oder so viel ich Stunden, Minuten und Sekunden von meinen Reisegefährten erbetteln kann, – so lange leb’ ich ganz für Dich. Doch versteht sich nicht das von selbst? – Aber ferner, was Dich zwar nicht betrifft, aber wohl mich und meine Laune: meine Reisegesellschafter sind, in dem engen Raume eines offnen Extrapost-Wagens: – mein Herr Vetter, die beyden Herren von – , und ihr Hofmeister. Dies ist etwas, was vielleicht meine reine, hochgestimmte, volle Freude und Empfindung des Wohlseyns zuweilen etwas dämpfen möchte. Aber fort mit den Ideen! Meine Reise ist vortrefflich; ich bin so froh, Dich zu sehen, daß ich keinen angemessenern Ausdruck für meine Freudigkeit finden kann.

Donnerstag Mittag reisen wir: am Abend sind wir in Potzdam: den folgenden Tag wird die Reise nach Wörliz vollendet; am Sonnabend genieße ich die schöne Natur und Kunst, an einem Orte, den Du betreten hast und mit dem Du (das thut mir leid, daß darin unsre Hoffnung fehlschlägt,) mich zuerst bekannt machen wolltest. Den Sonntag werden wir wohl nach Dessau gehn, vielleicht uns dort etwas umsehen und dann – nach Halle, zu meinem Tieck! fahren. Doch ist es auch keine absolute Unmöglichkeit, daß wir erst Montag früh hinführen. Im ersten Fall würden wir den Montag, im andern Montag Nachmittag und Dienstag Vormittag in Halle bleiben. So viel kann ich im Voraus sagen. Daß, sobald ich ankomme und es angeht, es sey Morgen, Mittag, Abend oder Nacht, ich nach der Klausstraße und nach dem Chirurg. Kern frage, ist so gewiß, als ich wünsche, Dich gesund und froh in der Stimmung zu finden, Deinen Freund zu umarmen. Der Montag wird einer meiner goldenen Tage seyn. —

Noch eins! ich bringe Dir ein Paar stumme Freunde mit: 2 Briefe von Deiner Schwester und von Bernhardi.

Aber noch eins! Wenn ich wüßte, daß Du nicht auf Michaelis nach Berlin kommen würdest oder könntest oder wolltest, was doch der Haupttrost Deiner Aeltern u. s. w. ist, so würde ich mich auf ein ganzes Packet Bewegungsgründe gefaßt machen, die aus dem Munde eines Freundes doch wohl einige Autorität haben müßten.

Wen ich außer Dir in Halle sehen möchte? Keinen als Reichardts! Diese Familie liebe und schätze ich innig. – O ich sehe es schon im Geist, wie wir in ihrem romantischen Garten wandeln, und vom Giebichensteiner Felsen herab die Landschaft unter uns liegen sehen! Dann meinen Arm um den Deinen und meinen Mund auf Deine Lippen, – so kenn’ ich nichts höheres! An dem Tage wollen wir die Zeit mit unserm süßen Geschwätz so ausfüllen, daß kein Moment ungenutzt bleibt, – so wie in einem wohlgefüllten Raum von Menschen kein Apfel zur Erde kommen kann.

So lebe denn wohl, mein Theuerster! Ich brenne vor heißer Sehnsucht, Dir an den Busen zu fliegen! – Nur! – erwarte mich nicht zu ängstlich zu einer gewissen Stunde, – freue Dich nicht zu sehr auf einen vergänglichen Tag, – hörst Du? – Doch sey, wenn Du von meiner Hand berührt wirst, eben der gütige Freund, der Du in einer Entfernung von 20 Meilen geblieben bist.

Mit entzückungsvoller Hoffnung des Wiedersehns —

Dein
Freund
W. H. Wackenroder.

VIII

Dresden, Montag Abends,
nach 10 Uhr.
Mein liebster, mein bester Tieck!

O Wehe! da bin ich wieder von Dir gerissen, und muß mich in Gesellschaften herumtreiben, die gegen die Deine so sehr abstechen, wie – die schöne Venus, die ich heute im Antikensaale gesehen habe, gegen den Kerl im Leipziger Garten, der mit dem Schlag 15 sich den Dolch in die Schulter stieß!!

Dresden ist eine köstliche Stadt, aber doch muß ich in dieser Gesellschaft mich hüten, mich nicht zuweilen von unbehaglichen Empfindungen betreffen zu lassen, die das Fremde, Unvertrauliche eines noch ungewohnten Ortes, wo man nicht zu Hause ist, einflößt. Dich am Arm, – so wär’ ich selbst in Kalifornien nicht fremd.

Ich werde nicht die heiligen 7 Tage vergessen, die ich mit Dir verlebt habe! Empfange meinen feurigsten Dank für Deine Freundschaft, mein zärtlich geliebter Tieck!

Sonnabend, als wir Abschied nahmen, war mir natürlich sehr fatal. Wir aßen Mittag in Hubertsburg, wo ein altes und ein neueres Schloß sich gut präsentiren; und Abends in Meißen (10 Meilen von Leipzig). Gestern früh besahen wir hier auf dem Berge den Dom und bestiegen seinen Thurm, der von oben eine göttliche Aussicht hat. Der ganze Berg liegt äußerst malerisch. Der Weg von Meißen bis Dresden (3 Meilen) verdient das Lob, das ihm jeder giebt. Er zieht sich beständig längs den gelben Fluthen der Elbe hinunter und wird immer von grünen Weinbergen begleitet, aus denen tausend kleine weiße Häuser, Thürmchen u. s. w. hervorglänzen. Ich genoß diese Schönheiten in stummer Stille, und hegte allerhand poetische Empfindungen dabey.

Die Aussicht von der Dresdner Brücke ist fast dieselbe, und daher mitten in der Stadt von unschätzbarem Werth. Gestern Abend haben wir die ziemlich schlechte Secondasche Truppe gesehen, wie sie Liebhaber und Nebenbuhler in Einer Person, aufführte. Herr Kordemann (vermuthlich der Berliner) spielte den verkleideten Ritter. Heut früh haben wir die Antikensammlung, die nächst der Kapitolinischen, Vatikanischen und Florentinischen die erste in der Welt ist, und heut Nachmittag die Bildergallerie besehen, doch so, daß ich bey beyden kaum Zeit hatte, einige wenige der vorzüglichsten Stücke nur flüchtig anzusehn. Gehts irgend an, seh’ ich beydes noch einmal.

Sonntag oder Montag früh reisen wir weg. Dienstag oder Mittwoch sind wir in Berlin. O dann komm doch so bald als möglich!! Bin ich in Berlin, so schreib’ ich Dir gleich. Schreib Du, je ehr je lieber!

Bleib gesund: grüße Burgsdorf, Reichardts, und – die Giebichensteiner Felsen. Lebe wohl Du Theurer: Dein Bild steht mir ewig vor der Seele; und die 7 Tage, besonders den in Wörlitz, vergesse ich nie.

Es wird mir schwer, mich von Dir zu trennen, aber die Zeit will’s! Leb wohl.

Ewig
Dein Dich liebender
W. H. Wackenroder.

In Berlin erzählen wir uns noch viel. Da hörst Du noch alles von Dresden.

IX

Novb. 92, Sonnabend Vormittag.
Mein geliebter Tieck

Daß Du mir nicht sobald schreiben würdest, habe ich wohl gedacht, ich freue mich nur, daß ich nun höre, daß Du gesund und auf Deiner Reise vergnügt gewesen und jetzt mit Göttingen so zufrieden bist. Ich kannte aber in der That kaum mehr Deine Hand auf dem Kouvert, als ich den Brief bekam; so lange hab’ ich nichts von Dir gesehn. Indeß vermied ich, mit Aengstlichkeit an Dich zu denken; und ich bin nun nur vergnügt, daß ich mir Dich in Göttingen gesund und wohl vorstellen kann. Ich bin gesund gewesen, und habe mancherley Zerstreuungen gehabt. Bernhardi und Rambach, (beiden hab’ ich zu ihrer Freude Deinen Gruß bestellt,) grüßen wieder und hoffen auf Briefe. Bernhardi hab’ ich wenig sehn können bis itzt; aber Mittwochs sind wir mehrmals zusammen in ein Konzert gegangen, wo ich mich abbonnirt habe, haben uns zusammen in einen Winkel gestellt oder gesetzt, und Gutes und Schlechtes nicht nur angehört, sondern auch, wie Du denken kannst, vom Grund des Herzens bewundert, bekritisirt, bedisputirt, belacht und bespottet. Ich glaube, hätten wir unsern Willen, so würde Er gleich ein Baumeister, aus Liebe zur Kunst, ich ein Musiker, – wenigstens auf einige Monathe lang. Rambach hat mir neulich Etwas aus seinen Syrakusern vorgelesen. Bernhardi und ich finden, daß er hierin seinem Styl eine Vollendung und seinen Gedanken und Empfindungen eine Würde und Wahrheit gegeben hat, die er bey seinen vorigen Fabrikwaaren, aus leidigem Zwange, verläugnen mußte. Er selbst gesteht, daß er dies mit ungleich mehr Besonnenheit und Ueberlegung geschrieben. Ich habe gesehen, wie viel er vermag.

Es hat mich gefreut, daß Du in Leipzig wieder an mich gedacht hast, aber leid gethan, daß diese Erinnerungen Dich einen Tag trübe gemacht haben. Die Truppe „wobey Herr Kordemann Hauptrollen spielt“ habe ich in Dresden gesehen. (Herr Kordemann machte den Ritter in Liebh. und Nebenb. in Einer Person.) Es ist wahr, daß die Komödianten alle an einer unglücklichen Mittelmäßigkeit oder gar Schlechtheit laboriren. Der Herr Geiling ist im Komischen noch erträglich, aber doch Karrikatur und hat, wie Du an allen wirst bemerkt haben, ein abscheulich häßliches und widriges Gesicht. – N. B. Vorige Woche sind: „Die heimlichen Vermählten,“ die wir in Leipzig mit so vielem Vergnügen sahen, hier aufgeführt – aber – wie Du vielleicht schon zur Ehre und großem Ruhm aller Ohren des Berliner Publikums ahnden wirst, mit großer Gleichgültigkeit aufgenommen. Doch mag das dazu beytragen, daß man hier die Musik nicht mit dem Feuer und der Lebhaftigkeit spielt wie da, (so habe ich gehört, ich habs hier noch nicht sehen können,) vornehmlich aber, daß – Du wirst erschrecken – die Stelle des jungen Menschen, über dessen unnachahmliche Leichtigkeit und Natur und Anmuth in Geberden und Gesang wir uns so freuten, hier von dem steifen, hölzernen Herrn Franz ersetzt wird, der blos – gut singt. Lippert mag jenem Italiäner in affektirten Armschleuderungen nichts nachgeben. Das artige junge Mädchen wird von der M. Müllern gespielt. Die Wittwe ist die Baranius; die andre die Unzelmann. Er, Unzelmann, der den komischen Alten spielt, soll, wie leicht zu erachten, das Stück hier allein noch heben. Heut ist wieder ein neues kleines Lustspiel von Babo, „die Mahler.“

Deine Gasthofs-Arbeit ist freilich im Ganzen nichts Außerordentliches. Aber ich bin dabey auf die Gedanken gekommen, daß ein Mensch, der poetische Natur durch Uebung und Kritik gereinigt und geläutert und gebildet hat, einer, der eine Anna Boleyn schreiben kann, (wenigstens anfangen kann – verstehst Du?) auch in der kleinsten Armseligkeit, die er hinwirft, nicht durchaus, nicht gänzlich sich so herablassen kann, daß kein Funken von seinem Talent erkennbar seyn sollte. Ich habe immer geglaubt, daß der größte Kopf auch einmal, aus hunderterley möglichen Veranlassungen, das fadeste Zeug schreiben kann; allein ich halte dafür, daß auch in diesem elenden Zeuge, immer etwas ist, wär’s auch nur ein Einziges Wort, das im kleinen ein Miniaturbild seines Genies ist, und daß ihm vielleicht so zu sagen wider Wissen und Willen entschlüpft ist. – Die letzte Strophe Deines Gedichts ist recht schön. In den andern ist Manches, was mir nicht gefällt. Schiefes und Queres und Reimzwang. Aber erkläre doch, die (ganz bekannt seyn mögende, mir aber immer etwas räthselhaft gewesene und gebliebene) Phrase: nach Thränen, Seufzern und dergleichen die Stunden zählen! – Uebrigens muß ich Dir in allem Ernst sagen, daß jedes kleine Geschöpf Deiner Muse, es mag so roh seyn als es will, mich doch immer leichter in den poetischen Humor stimmt, als sonst etwas. Aber überhaupt habe ich gemerkt, wenn ich von Dir nichts höre und sehe, – so feiert meine Muse, ich vergesse sie. Ist’s doch, als wäre Dein Geist ein Theil von ihr, als zöge sie aus ihm nur Nahrung, als wäre sie nichts ohne ihn. Es ist mir gar auffallend, daß, sobald ich was von Dir lese oder, noch besser, mit Dir mündlich in das Feld der Poesie hineinschweife, mein Blut sich erwärmt, und ich meine lebhaftern Empfindungen in Rhythmen daher ströhmen zu lassen versucht werde. Jetzt habe ich wenig Zeit; allein sollte ich etwas dichten, so schick’ ichs Dir. Doch zweifle ich, bald.

Viva vox docet, ist ein Sprüchwort, was mir bey sehr vielen Wissenschaften, bey historischen z. B., wenig Kraft zu haben scheint. Aber daß die viva vox eines Freundes nöthig ist, um dem Freunde Geist und Frohsinn in die Adern zu gießen, das fühl’ ich. Täglicher Umgang, wie ich ihn habe, erschlafft und verdirbt. Doch es wird anders werden.

Grüße Burgsdorf von Herzen. Was macht sein Carneval, und Karl und Montmorin?

Bernhardi lachte sehr, als ich ihm Dein Urtheil von Heynens Kollegium sagte: er glaubts gern. Ich? auch! Aber kurios ists um die Fama, dieses großsprecherische Geschöpf mit aufgeblasenen Backen. – Solltest Du in Göttingen einmal den Professor Forkel, der eine Geschichte der Musik, eine musikal. kritische Bibliothek u. s. w. geschrieben, und ein vortrefflicher musikalischer Kritiker ist, kennen lernen, so schreib mir von ihm. Schreib mir doch ja, ob er Kollegia über die Musik itzt liest? Er ist mir ein interessanter Mann.

Ich habe nicht mehr Zeit. Bald mehr. Sey nur hübsch ordentlich im Schreiben. Ja? Schreib recht bald. An mir soll’s nicht fehlen. Leb’ wohl und vergiß mich nicht.

Wackenroder.

X

Berlin, den 27ten November,
Dienstag, Abends. 1792.
Mein innigstgeliebter Tieck!

Es sieht zuweilen wohl so aus, als wenn ich ohne Dich eine Zeitlang so nothdürftig vergnügt leben könnte; aber im Grunde ists doch nicht wahr, und ich betrüge mich selbst, wenn ich mir so viel zutraue. Du kannst versichert seyn, daß ich in dieser Stunde aus wahrem Bedürfniß an Dich schreibe: es ist mir, um diesen Abend noch mit Ehren und guter Manier zu erleben, so nothwendig, als Dir, etwas Theatralisches zu dichten. Wo sind die schönen Zeiten, da ich keinen Nachmittag oder Vormittag ruhig seyn konnte, wenn ich Dich nicht gesehn hatte; da ich an jedem Tage mit Dir 1 oder 2 Stunden zusammen genoß und unsre Seelen sich einander umarmten? Wie oft strichen wir gegen Mittag, wie oft zur Zeit der untergehenden Sonne im Thiergarten herum, den ich nun wohl über einen Monat nicht gesehn habe! Und wenn wir Abschied nahmen, thaten wir es nie, ohne voraus zu bestimmen, wann wir uns wiedersehen würden. Einst, da ich Dich an einem Sonntag Nachmittag aufsuchen wollte, lief ich die Stadt herum, suchte vorm Komödienhause und 2 mal vor Deiner Thür, kehrte zurück und gieng in meiner Stube eine halbe Stunde auf und nieder und weinte. O wenn Du wüßtest, ja fühlen könntest, wie diese Thränen für Dich voll Wonne waren! – Aber was hilft mir die freundschaftliche Unfreundlichkeit, Dich an diese Vergangenheiten zu erinnern! Ich war gerade in einer so weichen Stimmung.

Und ich merke, daß ich sie nicht sogleich verliere, weil sie mir so süß ist.

An Rambach und Bernhardi hab’ ich Deinen Gruß bestellt: sie freuten sich sehr darüber. Letzterer hat auch Deinen Brief mit großem Vergnügen gelesen: Er, der einzige, dem ich mich jetzt vertraulich mittheilen, und aus dessen Geist ich Nahrung schöpfen kann (denn bey meiner täglichen Gesellschaft muß er gewöhnlich die Fasten observieren). Er ist auch so gebunden als ich und seine Zeit ist eingeschränkt. Arbeiten fürs Seminarium haben ihn gehindert, daß ich ihn seit einiger Zeit in 8 Tagen etwa nur einmal gesehen habe. —

Aber ich will nicht klagen. Was sind das alles auch für Kleinigkeiten gegen die Zukunft, die mich so unendlich belohnen soll?

Was mit dieser Zukunft zusammenhängt, will ich Dir doch zuerst melden. Der Prediger Schuderoff hat neulich an meinen Vater und mich geschrieben, und auf meine Anfrage mir mit heitrer Miene und freundschaftlichem Händedruck geantwortet, daß er uns beyde mit offenen Armen auf Ostern aufnehmen wolle. Oder vielmehr nach Ostern, denn in den Festtagen selbst ist er mit Predigten u. s. w. so überhäuft, daß er blos für sein Amt leben kann. Mit inniger Freude hat er uns zugleich bekannt gemacht, und mit der wärmsten Theilnehmung haben wir es angehört, daß er im Januar ein herzlich gutes Mädchen aus der Nachbarschaft heirathen wird. Er hat mir mit der lebhaftesten Freude geschrieben, wie er uns mit seiner Künftigen, und mit den herrlichen Gegenden worin er so glücklich lebt, und mit den benachbarten Städten u. s. w. bekannt machen, und uns wohl gar auf den Weg nach Erlangen bringen wolle. Und es ist ihm sehr lieb, Dich zu sehn und zu sprechen, da ich ihm schon mehrmals von Dir erzählt habe, wie das denn natürlich ist. Er kann auch schon recht artig Deinen Namen schreiben. Seiner Braut hat er auch schon gesagt, daß wir kommen würden. Kurz sein Brief ist so voll Zärtlichkeiten, daß ich meiner Hoffnung nicht ein besseres Fest zu geben weiß, als sie auf künftige Ostern hinzuweisen. Ich denke, wir werden dann sehr glückliche Tage haben. —

Sieh einmal, wie ich immer in die Extreme falle! Mit dem Vergangenen fieng ich an! – Ein Sprung, ein paar Zeilen kostet er und ich in der Zukunft. Soll ich einmal wider meine Natur (contra naturam meam et indolem) mich auf die goldene (vielmehr nur vergoldete) Mittelstraße begeben und von der Gegenwart sprechen? – (Von der ich, im Vorbeygehen sey es gesagt, noch diesen Sommer ein merkwürdiges Gegen-Argument aufgefunden, indem ich in dem Dorfe Falkenberg, 1 Meile von Berlin, im herrschaftlichen Garten, eine hölzerne Brücke mit eigenen Augen gesehen, wo die goldene Mittelstraße sicher ins Wasser führte, und man sich nur den Extremen der Seitenpfosten überlassen mußte, um sein Leben zu fristen. Wer weiß, ob bey der berühmten und berufenen Bittermannischen Hünerstall-Brücke die Excellenz nicht blos darum das Malheur gehabt, weil sie jener elenden Schulregel gefolgt ist? Sie sieht mir indolent genug dazu aus, mit allen Phlegmatikern ein Anhänger dieses gemeinen aber nichts weniger als allgemeinen Gemeinplatzes zu seyn. Und, quae cum ita sint, um, Kürze halber, von dem zweifelhaften: Wer weiß, sogleich zur Gewißheit überzuspringen; weil dem also ist, sag’ ich, so ist handgreiflich, daß die verdammte Mittelstraße auch im Drama den größten Schaden anrichtet. Denn wenn die Excellenz nur ein wenig mehr Genie gehabt hätte, so hätte sie sich an die Extremitäten des Seitengeländers gehalten, hätte sich in ihrem Leben nicht so blamirt, den Rock vor dem honorablen Publiko auswässern zu müssen, und, worauf ich hier besonders ziele, hätte nicht die Sünden der Autoren vermehrt durch Hinzufügung des 1000sten schlechten Tragödienplans zu den bereits vorhandenen 999.) Ich will es einmal thun. (Besuche die vorige Seite, wenn Du wissen willst, worauf dies geht.)

Ich weiß aber nicht, wie ich in diesen Ton falle. Es läßt, als sollte dies eine Probe von meinen künftigen witzigen Schriften seyn, zu denen doch, bild’ ich mir ein, in meiner Seele nie ein Embryo lag. Ich thue Dir vielleicht in dem Augenblicke, da Du dies liest, einen sehr schlechten Gefallen damit. Doch Du mißverstehst mich doch nie, und erkennst, als ein rechtschaffner Botaniker, den Grund und Boden auch aus den seltenen Gewächsen (N.B. neulich fand ich in einem alten Musikalienkatalog: „Koncert-Gewächse!!!“), die sich darauf befinden.

Ich wollte von der Gegenwart reden. Dahin gehört, daß ich neulich 2 mal in der Komödie gewesen bin. Zuerst hab’ ich die Räuber gesehen. Fleck strengte sich diesmal sehr an und zeigte sich als ein Genie: vornehmlich in dem ächten Ausdruck der Wuth und in der Natur abgestoßner leidenschaftlicher Interjektionen. Czechtizky, bey dem ein verzerrter Mund, wolfsartig gewiesene Zähne und ein aus dem Hinterhalt hervorglotzendes Auge Universalzeichen für alle Leidenschaften sind, wie er es mit denen, die ihn applaudiren, verabredet zu haben scheint, daß sie es seyn sollen, – verläugnete als Franz, wie man denken kann, sein Charakteristisches weniger als je. Einige Stellen gelangen ihm vielleicht. Aber ich kann nur oberflächlich darüber urtheilen, weil mein Platz mir nicht zuließ, strenge Acht zu geben. Die Herdt als Amalie ist ein Muster zu allem, was zu einem elenden Spiele gehört. Die Räuberscenen werden immer abscheulich, besonders durch Kaselitz, wenn er im Hemde erscheint. Garly spielte den Kosinsky mit sehr gewählten und schön in einander fließenden Gebehrden, die nur noch etwas zu sehr, wie mich dünkt, den gebildeten Hoff-Acquis verriethen. Franz sah als Grimm wie der niederträchtigste und ruppigste Schuhflicker aus; und Berger verdarb eine andre Räuberrolle.

Das zweytemal das ich in der Komödie war, hab’ ich die erste Wiederholung eines hervorgesuchten alten Stückes: Athelstan, nach dem Engl., Trauerspiel in 5 Akten, gesehn. In langer Zeit ist mir kein so plump anfängermäßiges und seichtes, schwaches Stück vorgekommen, wo jedes Wort, jeder Gedanke von der Heerstraße genommen ist (nach Deinem artigen Ausdruck); Du wirst es wohl kennen. Aber was mich entschädigte, war Flecks unendlich schönes Spiel. Sein Athelstan brachte mir seinen König Lear sehr lebhaft ins Gedächtniß. Er griff sich sehr an und traf wieder mit den glücklichsten Gebehrden, mit dem wahrsten Accente des Tons, das Heftige, das Ueberströhmende der Leidenschaft. Es ist mir so erfreulich als überraschend gewesen, ihn 2 mal hintereinander in solchen großen Rollen so glänzen zu sehn. Für’s erstemal kann ich Bernhardi als meinen Zeugen anführen. Berger ist mir übrigens nie unausstehlicher gewesen, wie er mir als König Harold gewesen ist. Keiner als Du kann ihm den verdammt singenden und abgleitenden und ruckweise von pianissimo zum fortissime übergehenden Ton seiner Rede so gut nachahmen. Alles Affektvolle wird durch das Manierirte seiner Sprache verwischt. – Beym Athelstan gebrauchte man zum Füllstein das Milchmädchen oder die beyden Jäger. Ich sah dies kleine Ding, was sich (mit Vorbehalt meiner allemaligen Grundsätze über die Operetten, sey es gesagt) recht artig und nett ausnimmt, zum erstenmale; sah zum erstenmale den Herrn Greibe erstarren, hörte zum erstenmale (mirabile auditu) sein Herz im Leibe knarren. Greibe spielt wirklich sein Komisches mit einer recht edlen Simplicität. Lippert ist oft gemein. Die Baranius hat einige Arien, die mir sehr wohl gefallen haben; wie ich denn überhaupt von der angenehmen, paßlichen und einfachen Musik viel Vergnügen gehabt habe.

Vielleicht hab’ ichs Dir auch noch nicht einmal geschrieben, daß ich auch vor einiger Zeit den Barbier von Sevilla gesehn habe. In der Musik ist viel schönes; Kaselitz und Unzelmann spielen allerliebst; u.s.w. u.s.w. Du bist doch wohl nachgerade so weit gekommen, meine (unmaaßgeblichen) Urtheile suppliren zu können?

So viel von Theaternachrichten. —

Es wird Dich wohl nicht befremden, wenn ich von Schmohls Briefen weiß. Gütiger Himmel, es ist eine traurige Erfahrung, daß sich Menschen so fürchterlich ändern und so räthselhaft werden! Ich mag kein Wort weiter drüber verlieren. Aber das wünschte ich, dazu beytragen zu können, daß Du Dich beruhigest. Du kannst es Dir ja wohl vorstellen, daß Deine liebe gute Schwester Deine Aeltern und sich selbst mit den natürlichsten Gründen gegen jene mir unbegreiflichen Niederträchtigkeiten besänftiget hat. Gottlob daß Du fort aus Halle bist. Schreiben wirst Du ihm doch gewiß wohl nicht. Ich wünsche von ganzer Seele und bitte Dich inniglich, ihn und seine schlechten Streiche so bald als möglich zu vergessen. Ich mag nichts mehr davon sagen, über diesen unerhörten Vorfall. Ich bitte Dich nur, Dich zu beruhigen, lieber Tieck!

Donnerstag, Abends.

Gestern war ich mit Bernhardi in dem Koncert, wie gewöhnlich des Mittwochs. Weil ich da gewöhnlich sehr aufmerksam bin, so ist es mir besonders auffallend, wie müde die Musik mich immer macht: ich fühle es wirklich sehr, wie die Töne, wenn man sie mit ganzer Seele aufnimmt, die Nerven ausdehnen, spannen und erschlaffen.

Bernhardi grüßt Dich herzlich, wird Dir bald antworten und macht sich zu einer recht fleißigen Korrespondenz mit Dir im Winter Hoffnung. Du hast auch an Rambach geschrieben? und an Deine Schwester? Wir wundern uns alle, aber nicht ohne herzliche Freude, über Deine Sorgfalt und Aemsigkeit im Schreiben. Ich höre Du bist so fleißig in G., und lebst vergnügt. Bleib gesund und arbeite nicht zu viel, damit ich Dich auf Ostern wohlauf sehe.

Du glaubst nicht, wie lebhaft ich gestern Abend, am Ende des Konzerts, als ich im Winkel saß, an unsre herrlichen Tage auf der Reise, besonders an den in Wörlitz dachte. Gott was war das für ein Vormittag! Idealischer hab’ ich nie einen erlebt. Erinnerst Du Dich des halben Stündchens, da wir in dem Felsengemache auf den Steinen saßen, und durch die Oeffnung auf den ruhigen Kanal heruntersahn? Wie lachte alles um uns her, wie milde leuchtete die Sonne, und in welch liebliches Blau hatte sich der Himmel gekleidet! Bey allem dem aber bin ich fast überzeugt, daß ich mir diesen Morgen jetzt noch schöner vorstelle, als er in der That war; und ich glaube, daß es mir mit allen meinen vergangenen angenehmen Schicksalen so geht. In der Erinnerung sondert die Phantasie alles Heterogene von selber ab, scheidet alles stillschweigend aus, was nicht in den Hauptcharakter des Bildes gehört und giebt uns für das immer noch mangelhafte individuelle Bild ein Ideal. Noch eigentlicher ist dies das Geschäft der Hoffnung. Ueberhaupt glaub’ ich, daß in der Welt nichts so schön sey, daß man sichs nicht noch schöner vorstellen könnte, und daß also der so gemeine Ausruf bey einer schönen Gegend: man kann sie sich nicht schöner vorstellen, grundfalsch ist. Einen Strauch hingesetzt, wo ein dürrer Fleck, eine Lücke in der Landschaft war; eine hervorstehende Felsmasse, die eine reizende Aussicht verdeckt, weggenommen; und das Ganze gewinnt unter unsrer schöpferischen Hand unendlich. Doch das ist wohl leicht einzusehn.

Neulich hat der Vater von meinem Herrn Vetter geschrieben. Ich kann es ihm nicht verdenken, daß er es etwas übel genommen hat, wenn ich mich von seiner Gesellschaft so entfernt hielt auf der Reise. Doch, einerley. Sein Sohn wird in Erlangen, vermuthlich mit seinem Vetter, der schon da ist, zusammenziehn. An diesen werde ich schreiben, um mir Quartiere für uns, in Einem Hause zu bestellen. Mich dünkt, Du hast mir auch sonst gesagt, lieber in andern Häusern als in Professorhäusern. – Ich wünsche von ganzer Seele, daß Du mich nicht allzu fade wiederfinden mögest. Ich bin sonst jetzt in der schönsten Schule, es zu werden. Aber noch ein Wort über den Umgang mit meiner täglichen Gesellschaft. Ich kann mich noch immer nicht überzeugen, und werde es auch schwerlich, daß man bey dergleichen Leuten seinen Charakter so ganz offen zeigen, und bey jeder Gelegenheit, wenn auch nicht seine ungewöhnlichern Meynungen mit Indiscretion aufdringen, doch sie ganz rund heraussagen müsse, wenn man dazu veranlaßt würde. Meine Meynung ist: sag’ ich so einem Menschen Einen Satz aus meinem System, äußere ich ihm Eine Behauptung aus meinem eigenthümlichen Vorrath von Grundsätzen, so weiß er das ganze System, sieht gleich, daß ich in die Klasse der Sonderlinge gehöre, und ich komme immer in Kollision mit ihm. Sage ich ihm z. B. der oder jener scheint mir fade, so kommt den Augenblick eine Gelegenheit, wo er mit diesem einerley Meynung ist, mit ihm gleich dumm gesprochen hat. Oder man sieht mich immer als einen Menschen an, der alles besser wissen will (wenn ich auch mit aller Bescheidenheit Paradoxa vortrüge, – und ein Paradoxon ists ja selbst, daß – die Hagestolzen schöner sind als Don Juan); man nimmt wohl zuweilen zu meinem Richter-Ausspruch als zu einem Orakel, seine Zuflucht, aber man hält sich auch hinter dem Rücken über mich auf. Ueberdies traue ich mir nicht zu, diese Rolle beständig und ununterbrochen zu spielen: und eine Rolle ist wirklich mein eigener Charakter bey Leuten wie jene; – ich bin zuweilen auch menschliche, sinnlicher, lustiger, gewöhnlicher; was kann mehr auffallen als diese Ungleichheit? Man wird sich ruhig zurückziehn und kalt gegen mich seyn, auch wenn ich mich recht herzlich über das schöne Wetter freue, oder über eine lustige Anekdote vertraulich mitlachen will. Mich dünkt (wenn meine Worte meine Gedanken jetzt im Augenblick auch nicht passend und glücklich genug ausgedrückt haben), Du kannst mir in dieser Sache den traurigen Ruhm mehrerer Erfahrung wohl zugestehn! – Wenn ich Dir nur noch Beyspiele geben könnte. – Aber mir wollen keine beyfallen. Genug, ich kann meinen wahren Charakter nicht ganz zur Schau stellen; ich würde ihn selbst dadurch vielleicht verderben und ihm eine falsche Richtung geben. Ich überdecke also seine vielleicht anstößigen Stellen. Nun aber glaube ja nicht, ums Himmelswillen nicht, daß ich mich so erniedrige, meine Hauptgrundsätze zu verläugnen. Nichts in der Welt ist mir gehässiger und würde mich selbst mehr mit Schaamröthe beziehn, als wenn ich’s auf ähnliche Weise wie ein Musiker in Berlin machte, der, um nicht anzustoßen, in jeder Gesellschaft, wenn man ihn nach Alessandri’s Musik fragte, vortrefflich, vortrefflich antwortete, ohne ihn je innerlich leiden zu können. Meine Universalmedicin, mein Arkanum, was ich schon so unendlich oft in so unendlich mannigfaltigen Fällen mit Vortheil angewandt habe, ist – das Schweigen, oder auch, was fast eben so viel ist, eine ganz allgemeine, ganz unbestimmte, ganz unbefriedigende Erklärung, die eigentlich die Antwort mehr von sich ablehnt, als wirklich antwortet. Auch hinter spitzfindige Zweydeutigkeiten versteck’ ich mich nicht gern. Folgt’ ich nicht diesen meinen Regeln, so würde ich (Du kannst wirklich das nicht so ganz einsehen als ich) jeden Moment anstoßen. Langeweile, schlechte Gesellschaft, Geschmacklosigkeit, und wer zählt alle die Gegenstände die bey solchen Herren im Gespräch anzüglich seyn können? Du sagst sehr richtig, daß ich mich vor ihnen nicht zu zwingen und zu geniren brauche. Aber was hilfts mir, Streit und mißvergnügte Stunden zu haben? Ich sehe kein ander Mittel, als mich ihnen (hoffentlich weißt Du nun in welcher Hinsicht) etwas zu nähern. – Freilich kann ich nicht läugnen, daß ich mich zuweilen wohl etwas zu weit erniedrige, nur um durch einen Einfall sie zu amusiren und mich vor der Langeweile zu bewahren; allein welche Uebereilung, welche Schwachheit wäre in einer mühseligen Prüfungszeit von 365 Tagen und noch halb 365 Tagen, nicht verzeihlich? Und versichern kann ich auch, daß ich wohl öfter noch, auf der andern Seite, etwas zu sehr in die mir natürliche Hitze komme, wenn ich sehe, daß man gar zu albern spricht und urtheilt. Doch schweig’ ich bald, so gern, so sehr gern ich auch oft meine Leidenschaft ausließe (Du kennst mich). Beide Extreme mußt Dir aber nicht zu übertrieben vorstellen. (Doch, abermals: Du kennst mich; – ich habe ganz aufrichtig geschrieben, wenn auch nicht immer mit den passendsten Worten.) Was meynst Du nun?

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
01 kasım 2017
Hacim:
370 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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