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Sozialgesetzgebung im Aktienrecht

Es gab denn auch schon früh Regeln zu Wohlfahrtseinrichtungen im Aktienrecht,[44] was auf den ersten Blick überraschen mag: Zumindest in früheren Jahrzehnten galt die Aktiengesellschaft als die Kapitalgesellschaft schlechthin, deren Seele das Gewinnstreben der Aktionäre war.[45] Und doch verankerte die Revision des Obligationenrechts von 1936 im Aktienrecht eine Norm zur Gründung und Unterstützung von Wohlfahrtseinrichtungen:

«Mit dieser Ordnung will dem Unternehmen der Aktiengesellschaften wenigstens nach einer Richtung in bezug auf die Gewinnverwendung eine soziale Funktion zugunsten der Arbeiter und Angestellten zugewiesen werden.»[46]

Der damals geschaffene Art. 673 aOR sah vor, dass die Statuten einer Aktiengesellschaft Fonds zur Gründung und Unterstützung von Wohlfahrtseinrichtungen für Angestellte und Arbeiter des Unternehmens vorsehen konnten. Dabei waren die Wohlfahrtszuwendungen aus dem Vermögen der Gesellschaft auszuscheiden und in eine Stiftung zu überführen.[47] Schliesslich hatte der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Rückerstattung der eigenen Beiträge (ohne Zins) bei Auflösung des Dienstverhältnisses.[48]

Nach der damaligen Lehre wies diese Regelung einen «ausgesprochen sozial­politischen Charakter» auf, ja sie wurde sogar als Weiterentwicklung (!) des modernen Sozialrechts bezeichnet: Ihre Besonderheit sah man in der Freiwilligkeit der Wohlfahrtszuwendungen, was es erlaubte, die Wohlfahrtseinrichtungen vollständig ins Privatrecht einzuordnen.[49] Die Bestimmungen traten in beschränktem Masse an die Stelle der (im ersten Anlauf gescheiterten) staatlichen Altersversicherung. Das Bundesgericht bezeichnete Art. 673 aOR gar ausdrücklich als «Ausschnitt aus der eidgenössischen Sozialgesetzgebung»:

«Die durch das revidierte Aktienrecht an die Generalversammlung verliehene Befugnis, Beiträge zugunsten von Wohlfahrtseinrichtungen für das Personal zu entrichten, ist ein Ausschnitt aus der eidgenössischen Sozialgesetzgebung mit der Besonderheit, dass der Staat auf Eingriffe verzichtet und es dem einzelnen Unternehmen überlässt, die zweckdienlichen Anordnungen zu treffen. Diesem Vertrauen in den sozialen Sinn der Aktiengesellschaft muss entsprechen, dass sie nicht durch ihre Satzung die erhaltene Kompetenz wegbedingen darf.»[50]

Eine solche Wohlfahrt in privaten Händen und auf private Initiative lebte vom Vertrauen in den sozialen Sinn der Aktiengesellschaft, was das Bundesgericht dadurch förderte, dass es den Zuwendungen an Wohlfahrtseinrichtungen einen Vorrang vor dem Recht auf Dividende einräumte. In diesem (sehr bescheidenen) Umfang gewährte das Aktienrecht der Wohlfahrt die Vorfahrt vor dem Gewinnstreben einzelner Aktionäre; ihr Recht auf Dividende hatte zurückzutreten.[51] Die Wohlfahrtszuwendungen blieben aber dem Mehrheitswillen der Aktionäre überlassen: Über die Zuwendungen beschloss die Generalversammlung; sie waren Ausdruck einer «dringlichen sozialen Pflicht gegenüber dem Personal».[52]

Dies waren für die damalige Zeit bemerkenswerte Wandlungen im Wesen der juristischen Person.[53] Man kann darin ein schwindendes Vertrauen in die unsichtbare Hand des Marktes und einen vorsichtigen Eingriff der sichtbaren Hand des Rechts erblicken.[54] Die Regelung gründete aber letztlich mehr in einer sozialen (moralischen) Pflicht als in einer eigentlichen Rechtspflicht. Die Stärkung des Rechts war denn auch das besondere Anliegen der geplanten Spezialgesetzgebung.

Jäger und Paten des Polizeigeistes

Längst vorbei sind heute die Zeiten, in denen sich das Sozialrecht im Steuerrecht und im Aktienrecht verbarg. Der sichtbare und entfaltete Sozialstaat begnügt sich nicht mit der privaten Wohlfahrt und dem Vertrauen in den sozialen Sinn der (Aktien-)Gesellschaft. Staat tut Not. Hans-Peter Tschudi brachte das regulatorische Dilemma der privaten Wohlfahrt angesichts der gescheiterten Bemühungen um eine Spezialgesetzgebung treffend wie folgt auf den Punkt:[55]

«Warum sind die ursprünglich weitgehenden Pläne des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes auf einen so bescheidenen Revisionsentwurf zusammengeschmolzen? Ich erblicke die Ursache darin, dass zwischen der Freiwilligkeit in der Äufnung von Wohlfahrtsfonds und der gesetzlichen Regelung ein fast unüberbrückbarer Gegensatz besteht. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Stiftung von Mitteln durch die Betriebe zur Unterstützung des Personals sehr zu begrüssen ist. Auch sind gesetzliche Bestimmungen, welche erreichen sollen, dass die Arbeitnehmer wirklich in den Genuss dieser Mittel kommen, erwünscht. Stellt der Gesetzgeber jedoch weitgehende Vorschriften auf, so empfindet der Unternehmer dies als unannehmbaren Eingriff. Wenn er freiwillig Mittel zur Verfügung stellt, will er in deren Verwendung möglichst nicht gebunden sein. Somit haben weitgehende gesetzliche Regelungen die Folge, dass die Unternehmer in der Bewilligung von Mitteln für Wohlfahrtszwecke zurückhaltend werden. Damit wird aber der beabsichtigte Schutz der Arbeitnehmer in sein Gegenteil verkehrt. Diese Problematik, welche der privaten Wohlfahrt innewohnt, hat zur Folge, dass sie die soziale Sicherheit der Arbeitnehmer gegenüber den verschiedenen Risiken des Lebens, wie Alter, Krankheit, Invalidität, allein nicht erreichen kann. Dem Ausbau der staatlichen Sozialversicherung muss somit weiterhin die grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden.»

Wie wir inzwischen wissen, hat auch die staatliche Wohlfahrt ihre Kosten. Gerade die berufliche Vorsorge ist ein gutes Beispiel für die Risken staatlicher Regulierung.[56] Überhaupt kann der Staat vielfach nur ungenügend kompensieren, was die Gesellschaft versäumt. Die Sozialziele brauchen zu ihrer Verwirklichung Staat und Gesellschaft. Das beste Rezept gegen überbordende staatliche Regulierung wäre daher: die Gesellschaft nimmt ihre soziale Verantwortung selbst wahr.[57] Der Staat hätte dann zwar den rechtlichen Rahmen zu setzen, müsste ihn aber nicht selbst ausfüllen. Die berufliche Vorsorge – dieses «Werk der Sozialpartner» – wäre an diesen Gedanken durchaus anschlussfähig (gewesen).[58]

Genau auf diese gesellschaftliche Verantwortung und deren rechtliche Absicherung zielte das einleitend erwähnte Votum von August Egger ab, der denn auch ein engagierter Verfechter eines sozialen Zivilrechts war.[59] Ob aber das für einen solchen Ansatz trotz aller rechtlichen Absicherung unverzichtbare «Vertrauen in den sozialen Sinn der Aktiengesellschaft» belohnt würde, muss wohl bezweifelt werden. Allzu gerne überlässt die (Aktien-)Gesellschaft das Gemeinwohl dem Staat und ruft damit jenen Polizeigeist hervor, den sie später mit Verve bekämpft. Insofern können die Jäger des Polizeigeistes auch seine Paten sein: Sie jagen ein Schreckgespenst, das sie selbst mitverantworten.

In der betrieblichen Personalvorsorge zeichneten sich demnach bereits früh die regulatorischen Probleme des modernen Sozialstaates ab: das ewige Ringen zwischen individuellen und kollektiven Interessen: «Glücklich der Staat und die Zeit, wo diese beiden Grundelemente der Rechtsbildung sich zu einer erträglichen Harmonie verbunden haben!»[60] Dies macht bewusst: Sozialstaatlichkeit ist ein fortwährender Auftrag, wobei die Art und Weise der Problemlösung auch von der Einstellung der jeweiligen Epoche zum Verhältnis von Staat und Gesellschaft abhängt.[61]

Die als «Polizeigeist» beschimpfte staatliche Einmischung und Kontrolle ist mitunter erforderlich, aber wohl häufig nur die zweitbeste Lösung gegenüber gesellschaftlicher (Eigen-)Verantwortung.[62] Wer reguliert, sollte daher an seine Grenzen denken. Und wer Regulierung beklagt, sollte an seine Verantwortung denken. Wo es an einem von beidem fehlt, gerät Regulierung rasch zu einer tragischen Angelegenheit: Ohne den Staat geht es nicht – und mit ihm auch nicht.

So endet mein Beitrag in einer Paradoxie und damit ohne rechten Schluss.[63] Wer einen Ausweg finden will, braucht einen klaren und kühlen Kopf. Womit wir wieder am Anfang wären:

«Verehrtes Publikum, jetzt kein Verdruss:

Wir wissen wohl, das ist kein rechter Schluss (…)

Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen

Den Vorhang zu und alle Fragen offen. (…)

Der einzige Ausweg wär aus diesem Ungemach:

Sie selber dächten auf der Stelle nach (…)»[64]

1 So SR Emil Klöti, in: Protokolle der Bundesversammlung, Ständerat, 2. Sitzung, 8. Juni 1949, S. 33. ↵

2 Hans Gerold Wirz, Die Personal-Wohlfahrtseinrichtungen der Schweizerischen Privatwirtschaft – ihre Stellung im Steuerrecht und ihre Beaufsichtigung, Stäfa 1955, S. 133, 139. ↵

3 Siehe zur Entstehung Wirz (Fn. 2), S. 119 ff. Es gab eine Reihe von Vorentwürfen. Ich beziehe mich nachfolgend – soweit nicht ausdrücklich anders erwähnt – auf den letzten Vorentwurf vom 20. Juli 1951 (nachfolgend: VE 1951), dazu eingehend: Werner Scherrer, Wohlfahrtseinrichtungen der privaten Unternehmungen, ZSR 1951, S. 305a ff.; Roger Voumard, Les fonds de bienfaisance des entreprises privées, ZSR 1951, S. 419a ff.; vgl. auch zu einer früheren Fassung Wolfhart F. Bürgi, Der Wohlfahrtsfonds privatwirtschaftlicher Unternehmungen im schweizerischen Recht, Zürich/St. Gallen 1950. ↵

4 Zum Geltungsbereich: Art. 1 VE 1951. ↵

5 Art. 8 und 12 VE 1951. ↵

6 Art. 13 ff. VE 1951. ↵

7 Art. 5 und Art. 9 VE 1951. Gerade das behördliche Prüfungsrecht rief starke Opposition hervor, vgl. Scherrer (Fn. 3), S. 384a ff.; Voumard (Fn. 3), S. 566a; vgl. auch Bürgi (Fn. 3), S. 85. ↵

8 Art. 17 VE 1951. Das galt bereits zuvor, dazu unten II. ↵

9 Zitat aus Votum von Alfred Matti, Sekretär des schweizerischen Verbandes für Personalfürsorge privatwirtschaftlicher Unternehmungen, in: ZSR 1951, S. 627a; zu Staatszwang und unnötiger Reglementierung: NZZ vom 17. Juni 1952 (Nr. 1328), Blatt 2. ↵

10 Votum August Egger, in: ZSR 1951, S. 628a ff. Das Stiftungsrecht enthielt damals noch keine Sonderbestimmungen zur Personalvorsorge. ↵

11 Früher sprach man teilweise auch von Assekuranzlohn, was sich aber nicht durchsetzen konnte, vgl. Max Wolfensberger, Die Wohlfahrtsfonds industrieller Unternehmungen im schweiz. Recht, Bern 1927, S. 4 f. ↵

12 Egger (Fn. 10), S. 632a. ↵

13 Egger (Fn. 10), S. 633a f. ↵

14 August Egger, Personalfürsorgeeinrichtungen, Werdendes Recht und organisatorische Gestaltung auf Grund des Vorentwurfes vom Juli 1945, Rechtsgutachten vom 30. September 1946 erstattet der Justizabteilung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements (zit. Rechtsgutachten), Fundstelle: Schweizerisches Bundesarchiv, Signatur: E4001C#1000/783#1279*, S. 34.↵

15 Zur weiteren Entwicklung, die zunächst in eine Vorlage zur Ergänzung des Dienstvertrags- und des Stiftungsrechts (BBl 1956 II 825) mündete, vgl. Wirz (Fn. 2), S. 134 ff. ↵

16 Bürgi (Fn. 3), S. 82. ↵

17 Scherrer (Fn. 3), S. 413a. ↵

18 Vgl. die Übersicht bei Wirz (Fn. 2), S. 149 ff. ↵

19 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 10. Januar 1922 über das Postulat beider Räte betreffend die Sicherstellung der von der Kriegsgewinnsteuer befreiten Wohlfahrtszuwendungen, BBl 1922 I 97 ff. (zit. Bericht Wohlfahrtszuwendungen), S. 97 f. ↵

20 So NR Eduard Blumer, in: Protokolle der Bundesversammlung, Nationalrat, 1. Sitzung, 23. April 1923 (zit. NR 1923), S. 11. ↵

21 Bericht Wohlfahrtszuwendungen (Fn. 19), S. 100; NR 1923 (Fn. 20), S. 12; siehe auch Matthieu Leimgruber, Solidarity without the State?, Cambridge 2008, S. 68. ↵

22 Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen vom 10. Oktober 1947 über die Beaufsichtigung von Personalfürsorgestiftungen (zit. KS 1947), BBl 1947 III 284 ff., 284. ↵

23 Bericht Wohlfahrtszuwendungen (Fn. 19), S. 98, mit Hinweis auf die Verfügung des Eidg. Finanzdepartements vom 3. Juli 1918, AS 34 763. ↵

24 So ein Zitat von BR Edmund Schulthess: «Es ist ein etwas heikles Thema, diese privaten Fonds, die in der letzten Zeit des Krieges und in der ersten Nachkriegszeit angelegt worden sind» (AB SR 1931 S. 69); aus der Praxis: Matthieu Leimgruber, Profits de guerre, fiscalité et caisses de pension (1917-1927), Aspects de la sécurité sociale 4/2001, S. 15 ff. ↵

25 Zitat aus: BGE 51 II 465 E. 2 S. 469, wo das Bundesgericht gar von einer rechtmässigen «Schiebung» sprach. Auch konnten Wohlfahrtsfonds mit reinen Ermessensleistungen die Abhängigkeit des Personals vom Arbeitgeber verschärfen, vgl. Wolfensberger (Fn. 11), S. 6 ff., 81 f.: Wer opponiert, wenn er ansonsten Anstellung und Alterssicherung verliert? ↵

26 BGE 51 II 465; zu den Grenzen: BGE 52 I 273. ↵

27 Verfügung des Eidg. Finanzdepartements vom 15. Oktober 1921, AS 37 754; eingehend: K. Böschenstein/H. Held, Bericht über die Durchführung der Eidgenössischen Kriegsgewinnsteuer, Bern 1929, Fundstelle: Schweizerisches Bundesarchiv, Signatur: E6300B#1969/255#7*, S. 44 ff., insb. S. 48; später auch Art. 673 Abs. 3 aOR, dazu unten Fn. 47; zu den Grenzen: BGE 72 I 205. ↵

28 Graziano Lusenti, Les institutions de prévoyance en Suisse, au Royaume-Uni et en Allemagne fédérale, Genf 1989, S. 70 ff., insb. S. 72. ↵

29 Ch. Kopf, Wohlfahrtseinrichtungen in der Privatwirtschaft, NZZ vom 21. April 1936 (Nr. 677), Blatt 5. ↵

30 Votum SR Gottfried Keller, AB SR 1931 S. 66. ↵

31 Art. 84 ZGB; August Egger, Zürcher Kommentar, Einleitung und Personenrecht, 2. A., Zürich 1930, Art. 84 N 2. ↵

32 Egger, Rechtsgutachten (Fn. 14), S. 11. ↵

33 Siehe Wirz (Fn. 2). ↵

34 Wirz (Fn. 2), S. 250, bezogen auf die Einführung von Rechtsansprüchen auf Geldleistungen; weiterführend Thomas Koller, Privatrecht und Steuerrecht, Bern 1993. ↵

35 Art. 6 ZGB. ↵

36 Vgl. dazu aus aufsichtsrechtlicher Sicht BGE 75 I 269. ↵

37 Wilhelm Schönenberger, Abänderung von Stiftungssatzungen nach schweizerischem Zivilrecht, ZSR 1947, S. 41 ff.; Egger (Fn. 10), S. 629a. ↵

38 Schönenberger (Fn. 37), passim. ↵

39 KS 1947 (Fn. 22). ↵

40 Vgl. zum Verhältnis von Sozialrecht und Steuerrecht z.B. Hans Zacher, Das Sozialrecht im Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft, Bayerischer Wohlfahrtsdienst 1/1979, S. 1 ff., 3. ↵

41 Vgl. Christopher Howard, The Hidden Welfare State, Tax Expenditures and Social Policy in the United States, Princeton 1997 (als Gegenbegriff zum «visible welfare state»). ↵

42 Max Huber, Zum Geleit, in: Wirz (Fn. 2), S. VII. ↵

43 Die Rechtsgrundlagen für die Spezialgesetzgebung sah Egger mit Bezug auf Stiftungen in Art. 64 aBV und Art. 84 ZGB, siehe Egger, Rechtsgutachten (Fn. 14), S. 11. ↵

44 Entsprechende Regelungen gab es auch für die Kommanditaktiengesellschaft, die GmbH und die Genossenschaft, nicht aber für Personengesellschaften und Einzelunternehmen, vgl. F. Wolfhart Bürgi, Zürcher Kommentar, Die Aktiengesellschaft, Rechte und Pflichten der Aktionäre (Art. 660-697), Zürich 1957, Art. 673 N 8. Nicht eingegangen wird nachfolgend auf die Regelungen in der damaligen Fabrikgesetzgebung, vgl. Art. 78 ff. des Bundesgesetzes betreffend die Arbeit in den Fabriken vom 18. Juni 1914 (BBl 1914 III 567 ff.). ↵

45 Alfred Siegwart, Zürcher Kommentar, Die Aktiengesellschaft, Allgemeine Bestimmungen, Zürich 1945, Einl. N 220; ferner Walter R. Schluep, Mitbestimmung? Bemerkungen zum Verhältnis von Aktiengesellschaft, Unternehmen und öffentlichem Interesse, in: Max Boemle et al. (Hrsg.), Lebendiges Aktienrecht, FS Wolfhart Friedrich Bürgi, Zürich 1971, S. 311 ff. ↵

46 Eugen Huber, Bericht über die Revision der Titel 24 bis 33 des schweizerischen Obligationenrechts, Dem schweizerischen Justiz- und Polizeidepartement erstattet im März 1920, S. 112.↵

47 Das Gesetz erlaubte, dass das Stiftungsvermögen in einer Forderung an die Gesellschaft bestand (Art. 673 Abs. 3 aOR). ↵

48 Art. 673 Abs. 1-4 aOR in der Fassung vom 18. Dezember 1936 (in Kraft bis 30. Juni 1958); dazu eingehend die Kommentierung von Bürgi (Fn. 44). Die Norm wurde später ins Arbeitsrecht überführt, vgl. Art. 343bis aOR (in der Fassung ab 1. Juli 1958 bis 31. Dezember 1971). ↵

49 Bürgi (Fn. 44), Art. 673 N 7, von dort auch das Zitat im Haupttext (Hervorhebung im Original). ↵

50 BGE 72 II 293 E. 4 S. 303 f. ↵

51 Otto K. Kaufmann, Das Recht auf Dividende, St. Gallen 1947, S. 23 ff.; siehe auch Peter Forstmoser/Arthur Meier-Hayoz/Peter Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, S. 488 f. ↵

52 BGE 72 II 293 E. 4 S. 306. ↵

53 Wolfhart F. Bürgi, Wandlungen im Wesen der juristischen Person, in: Staat und Wirtschaft, FS Hans Nawiasky, Einsiedeln/Zürich/Köln 1950, S. 245 ff. ↵

54 Schluep (Fn. 45), S. 325 f. ↵

55 Votum SR Tschudi, AB SR 1957 S. 235; in der Rechtstheorie ist mitunter gar von einem «regulatorischen Trilemma» die Rede, da mit Politik, Recht und Wirtschaft (mind.) drei Funktionsbereiche aufeinanderprallen, weiterführend Gunther Teubner, Das regulatorische Trilemma, Quaderni fiorentini per la storia del pensiero giuridico moderno 13 (1984), S. 109 ff. ↵

56 Philipp Egli/Martina Filippo, Berufliche Vorsorge: Stösst die Logik an ihre Grenzen?, NZZ vom 11. Juni 2020, S. 7, zu den gesetzlich bedingten Pensionierungsverlusten. ↵

57 Vgl. zum «gesellschaftspolitischen» Subsidiaritätsprinzip Thomas Gächter, Grundstrukturen des schweizerischen Rechts der Sozialen Sicherheit, ZSR 2014 II, S. 5 ff., 60 ff. ↵

58 Das BVG ist «Rahmengesetz», vgl. Art. 6 und 49 BVG; zum «Werk der Sozialpartner» vgl. statt vieler: Jürg Brühwiler, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, Bern 1989, S. 600.↵

59 August Egger, Über die Rechtsethik des schweizerischen Zivilgesetzbuches, 2. A., Zürich 1950. ↵

60 Eugen Huber, System und Geschichte des Schweizerischen Privatrechtes, Bd. 4, Basel 1893, S. 300. ↵

61 Walter Haller/Alfred Kölz/Thomas Gächter, Allgemeines Staatsrecht, 6. A., Zürich/Basel/Genf 2020, Rz. 480; allgemein: Richard Bäumlin, Der schweizerische Rechtsstaatsgedanke, ZBJV 1965, S. 81 ff.; Josef Esser, Juristisches Argumentieren im Wandel des Rechtsfindungskonzepts unseres Jahrhunderts, Heidelberg 1979, S. 5. ↵

62 Haller/Kölz/Gächter (Fn. 61), Rz. 87. ↵

63 Wenig tröstlich wird sein, dass Paradoxien in der modernen Gesellschaft unvermeidlich sind, vgl. Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1997, S. 1144. ↵

64 Ausschnitte aus: Bertolt Brecht, Der gute Mensch von Sezuan, Epilog, zit. nach Bertolt Brecht, Gesammelte Werke, Bd. 4, Frankfurt a.M. 1967, S. 1607; für einen möglichen Ausweg vgl. Gächter (Fn. 57), S. 63, wonach das Versicherungsprinzip (Sozialversicherung!) eine «geradezu modellhafte Verbindung von Solidarität und Subsidiarität» sei. ↵

Angehörigenpflege –
Jetzt muss etwas getan werden!
Martina Filippo
Inhalt

1  Wie alles begann

2  Ausgangslage Überalterung der Gesellschaft Pflegekräftemangel Zwischenfazit

3  Probleme Absicherung der informell pflegenden Person Fehlende Definitionen «Versicherungsdschungel»

4  Neuste Entwicklungen

5  Braucht es eine Pflegeversicherung?

Wie alles begann

Die meisten Studierenden der Rechtswissenschaft zieht es nach Abschluss des Studiums ins Anwaltspraktikum oder sie schreiben eine Doktorarbeit. Ich hatte andere Pläne: Seit meinem fünften Lebensjahr tanzte ich Ballett. Da ich meine Leidenschaft zum Beruf machen und der nächsten Generation diese Leidenschaft für die Bühne weitergeben wollte, absolvierte ich nach dem Studium eine Ausbildung zur Ballett- und Tanzpädagogin an der «Accademia Teatro alla Scala» in Mailand, Italien. Die Ausbildung dauerte zwei Jahre und war eine Mischung aus Präsenzunterricht für die Praxis und Theorie von zu Hause aus. Da sich die Ausbildung an Berufstätige richtete, war ich nicht zu 100% ausgelastet, weshalb ich eine Teilzeitstelle als Juristin suchte. Ich war jung und naiv und glaubte, Teilzeitstellen für Juristen würden auf der Strasse liegen. Aber weit gefehlt! Damals waren Teilzeitstellen generell rar und für Juristinnen und Juristen frisch ab Studium praktisch inexistent. Es hagelte Absage um Absage, z.T. mit dem Hinweis, dass ich für eine Vollzeitstelle zu einem Gespräch eingeladen werden würde, nicht aber für eine Teilzeitstelle. Anfangs scherzte ich, dass ich doktorieren würde, falls ich keine Teilzeitstelle finden sollte. Irgendwann wurde aus Spass Ernst. Eigentlich wollte ich das Anwaltspraktikum absolvieren und die Anwaltsprüfung bestehen, um dann als Anwältin in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten; selbstverständlich in Teilzeit, damit ich auch noch Ballett unterrichten könnte. Aber es kommt nicht immer alles so, wie man es sich vorstellt…

Nach einem Jahre des erfolglosen Bewerbens realisierte ich, dass dies ein hoffnungsloses Unterfangen war. Also informierte ich mich über das Doktorat. Leider war mein Lizenziat II nicht so brillant und ich war ein Fall von §10 Abs. 2 der Promotionsverordnung der Universität Zürich. Ich musste mir ein Fakultätsmitglied suchen, welches sich bereit erklären würde, meine Betreuung zu übernehmen. Strategisches Handeln war also angezeigt. Ich erinnerte mich mit grosser Freude an die Vorlesungen im Sozialversicherungsrecht, welche von Prof. Thomas Gächter gelesen wurden und bei mir auf grosses Interesse stiessen. Sozialversicherungsrecht war damals ein Wahlfach und wir waren dementsprechend wenige Studierende, die diese Vorlesung besuchten. Ich gehörte zu denjenigen Studierenden, die die Prüfungsfächer nach Interesse (und nicht nach möglichst geringem Lernaufwand) aussuchten. Und so hatte ich eine mündliche Prüfung bei Thomas Gächter im Sozialversicherungsrecht. Wir waren damals drei (!) Studierende, die diese Prüfung ablegten und ich war die einzige Frau (!). Ich schnitt ziemlich gut ab, was mir die Hoffnung gab, dass Thomas Gächter sich vielleicht – auch nach zwei Jahren – an mich erinnern könnte und sich bereit erklären würde, mein Doktorvater zu werden. Nervös griff ich zum Telefonhörer, bereit meinen zuvor auswendig gelernten Text vorzutragen und was sagte Thomas Gächter, nachdem ich meinen Namen gesagt habe? «Auf Sie habe ich gewartet.»

Planlos wie ich war, hatte ich nicht einmal ein mögliches Dissertations-Thema. «Irgendwas mit Sozialversicherungsrecht», war mein Wunsch. Thomas Gächter unterbreitete mit daraufhin ein paar Vorschläge und ich wählte das ungeheuer weite Feld «Angehörigenpflege». Seine damalige Assistentin Brigitte Blum-Schneider gab mir Starthilfe und so fing ich an zu diesem Thema zu recherchieren und schreiben. Einige Monate, nachdem ich mit meiner Dissertation begonnen hatte, bot mir Thomas Gächter eine Assistentenstelle bei ihm am Lehrstuhl an. Eine Teilzeitstelle! Mit allen Freiheiten der Welt! Flexible Arbeitszeiten, freie Arbeitsgestaltung, Möglichkeit zum Home-Office. Ich war im Paradies gelandet. Der einzige Nachteil: So eine Stelle und so einen Chef gibt es kein zweites Mal. Gibt es doch, wie ich mittlerweile weiss.[1]

Ich bekam von Thomas Gächter zahlreiche Publikationsmöglichkeiten, die mir bis heute viele Türen geöffnet haben und sicher weiterhin öffnen werden. Gerade mein Dissertationsthema «Angehörigenpflege» ist in den letzten Jahren stark in den Fokus der Politik gerückt.

Da das Thema «Angehörigenpflege» extrem breit ist und niemand genau weiss, wer denn eigentlich diese «Angehörige» sind, habe ich mein Thema darauf eingeschränkt, die sozialversicherungsrechtliche Absicherung unentgeltlich pflegender Personen im Erwerbsalter zu untersuchen.[2] Ich klärte ab, was informell pflegende Personen von den Sozialversicherungen für ihre Arbeit erhalten (nichts[3]), was die gepflegte Person von den Sozialversicherungen zur Finanzierung ihrer informellen Pflege erhält (wenig[4]) und wo der informell pflegenden Person Lücken in ihrer eigenen sozialversicherungsrechtlichen Absicherung entstehen (überall[5]), wenn sie ihr Arbeitspensum wegen der hohen Pflegebelastung reduzieren oder aufgeben muss.

Meine Dissertation erschien im Jahr 2016. In den letzten fünf Jahren scheint das Thema das Interesse der Politik und der Bundesämter geweckt zu haben. Ich erhielt im letzten Jahr und diesem Jahr verschiedene Anfragen, mich zu diesem Thema zu äussern. Tatsächlich wurde auch einiges im Bereich der «Angehörigenpflege» gemacht. Wurde aber genug getan?

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
261 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9783038054283
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