Kitabı oku: «Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen», sayfa 2
Verschiedene Methoden sind in den 20er Jahren (bis in die 40er Jahre) des 20. Jahrhunderts als »praktische Antworten« auf die vorangehende Diskussion entwickelt worden: darunter die vermittelnde Methode (England), die Lesemethode (England) und BASIC English (British/ American/Scientific/International/Commercial), ein Versuch, das Sprachenlernen zu vereinfachen und zu rationalisieren. Mit diesen Methoden beginnen die ersten Ansätze, das Unterrichtsgeschehen, die sprachliche Basis, das Testen von Fertigkeiten und das Lern- und Lehrverhalten mittels verschiedener Pilotstudien systematisch zu untersuchen (unter anderem die Modern Foreign Language Study der American and Canadian Committees on Modern Languages 1924–1928, siehe Bagster-Collins, Werner & Woody 1930). Dieser Trend wurde in den 40er und 50er Jahren mit der Profilierung der Linguistik noch intensiviert. Hierzu gehören Schlüsselereignisse wie die Veröffentlichung von Psycholinguistics: A Survey of Theory and Research Problems, herausgegeben von Osgood, Sebeok, Gardner, Carroll, Newmark, Ervin, Saporta, Greenberg, Walker, Jenkins, Wilson & Lounsbury (1954), Verbal Behavior von Skinner (1957) und Lados erste systematische Erfassung der kontrastiven Linguistik Linguistics across Cultures: Applied Linguistics for Language Teachers (1957). The American Army Method, deren Errungenschaften später heiß umstritten waren, versuchte nachzuweisen, dass Sprachunterricht auch ohne die traditionellen schulartigen Methoden und mit wesentlich größeren Gruppen und in kürzerer Zeit effizient durchgeführt werden kann. Als Folge der behavioristischen Ideologie wurden besonders in den USA die audiolingualen und in Frankreich die audiovisuellen Lehrverfahren entwickelt, die lange Zeit den Sprachunterricht dominierten und unter anderem auch dem Vormarsch der Sprachlabortechnologie Vorschub leisteten und – trotz gegenteiliger empirischer Evidenz – bis heute dem konditionierenden Einsatz elektronischer Medien zugrunde liegen (zum Beispiel in Programmen wie Rosetta Stone oder Tell me more).
Die stetige Zunahme von linguistischen Studien und die Begründung der Psycholinguistik als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet leisteten später einen wesentlichen Beitrag zur Identifizierung der aus den Methoden der behavioristischen Verhaltensformung entstehenden Probleme des Spracherwerbs (zum Beispiel Rivers einflussreiches Buch The Psychologist and the Foreign Language Teacher 1964). Als Folge der zunehmenden Kritik an den intuitiven Methoden gewann schließlich das kognitive Lernen – bis heute weitgehend als das regelgeleitete, systematische Lernen missverstanden – in der Diskussion um angemessene Ansätze an Gewicht. Chomskys nativistische Theorie auf der einen Seite und soziolinguistische und pragmalinguistische Strömungen auf der anderen haben im Anschluss daran vor allem die Erwerbsforschung und die Entwicklung neuer methodischer Verfahren geprägt. Chomskys Ausgangshypothese zufolge haben Kinder eine angeborene Fähigkeit der Sprachbildung (in der Muttersprache, L1). Wenn Kinder zum ersten Mal die Sprache hören, setzten allgemeine Prinzipien der Spracherkennung und Sprachproduktion ein, die zusammen das ergäben, was Chomsky den Language Acquisition Device (LAD) nennt. Der LAD steuere die Wahrnehmung der gehörten Sprache und stelle sicher, dass das Kind die entsprechenden Regeln ableite, die die Grammatik der gehörten Sprache bildeten. Dabei bestimmten Verallgemeinerungen, wie die Sätze in der entsprechenden Sprache zu bilden seien. Im Zweitsprachenerwerb werde die Reichweite des LAD einfach auf die neue Sprache ausgedehnt. Nativistische Theorien des Spracherwerbs haben jedoch wenig Einfluss auf die Entwicklung von Erwerbs- und Unterrichtskonzepten für Fremdsprachen gehabt. Den stärksten Einfluss haben sie in der Erforschung und Formulierung von Erwerbssequenzen ausgeübt. In deutlichem Kontrast dazu haben sich seit den 1970er Jahren parallel verschiedene Forschungsrichtungen ausgebildet, die sich an die Valenzgrammatik, die Pragmalinguistik (Sprechakttheorie, Diskursanalyse), die funktionale Linguistik, die Textlinguistik und die Psycholinguistik und andere Kognitionswissenschaften anlehnen. Mit wenigen Ausnahmen ist es aber auch dieser Forschung nicht gelungen, nachhaltig auf die Lehr- und Lernpraxis einzuwirken. Unter den Versuchen einer systematischen Nutzung wissenschaftlicher Ergebnisse für die Entwicklung von Lehrmaterial und Lehrverfahren sind die folgenden zu nennen:
ein kurzlebiger Versuch, die Valenzgrammatik als Grundlage einer didaktischen Grammatik einzuführen (zum Beispiel das DaF-Lehrwerk Deutsch Aktiv)
die eklektische Nutzung von Elementen der pragmatischen Erwerbsforschung in der Lehrwerksproduktion (siehe die DaF-Lehrwerke Tangram, Schritte international)
die Berücksichtigung von Aspekten der Interkomprehensionsdidaktik in Lehransätzen (EUROCOMM)
die Gestaltung des Sprachunterrichts nach handlungstheoretischen und konstruktivistischen Prinzipien (Szenariendidaktik, fallbasiertes Lernen, Fachsprachenunterricht).
Fremdsprachenunterricht wird verbreitet noch als Domäne des Einzelerwerbs betrachtet. Die systematische Nutzung von Kenntnissen der Vorsprachen beim Erwerb weiterer Sprachen wird bisher nur ansatzweise bedacht und bearbeitet. In Begriffen wie Mehrsprachigkeitsdidaktik, Deutsch nach Englisch oder Interkomprehensionsdidaktik zeigen sich die Vorboten einer neuen Generation der Fremdsprachendidaktik, deren Grundlagen jedoch noch zu erarbeiten sind, wenn sie nicht bei kontrastiven Vergleichen verharren will.
Zur kognitiven Ausrichtung
Um zu verstehen, wie die Sprache überhaupt in den Köpfen der Lerner entsteht und sich weiter verändert – und darum geht es in dieser Buchreihe – sind Erkenntnisse aus verschiedenen Nachbardisziplinen der Sprachlehrforschung erforderlich. Die Neurolinguistik kann zum Beispiel darüber Aufschluss geben, welche Gehirnareale während der Sprachverarbeitung aktiviert werden und inwiefern sich die Gehirnaktivität von L1-Sprechern und L2-Sprechern voneinander unterscheidet. Durch die Nutzung bildgebender Verfahren lässt sich die sprachrelevante neuronale Aktivität sichtbar und damit auch greifbarer machen. Was können wir aber daraus für die Praxis lernen? Sollen Lehrer ab jetzt die Gehirnaktivität der Lerner im Klassenraum regelmäßig überprüfen und auf dieser Basis die Unterrichtsinteraktion und die Lernprogression optimieren? Dabei wird schnell klar, dass eine ganze Sprachdidaktik sich nicht allein auf der Basis solcher Erkenntnisse formulieren lässt. Dennoch können die Daten über die neuronale Aktivität bei sprachrelevanten Prozessen unter anderem die Modelle der Sprachverarbeitung und des mehrsprachigen mentalen Lexikons besser begründen, die sonst nur auf der Basis von behavioralen Daten überprüft werden. Ähnlich wie die Neurolinguistik stellt die kognitive Linguistik eine Referenzdisziplin dar, deren Erkenntnisse zwar für die Unterrichtspraxis sehr relevant und wertvoll sind, sich aber unter anderem aufgrund des introspektiven Charakters ihrer Methoden nicht direkt übertragen lassen. Die kognitive Linguistik erklärt nämlich die Sprache und den Spracherwerb so, dass sie mit den Erkenntnissen aus anderen kognitiv ausgerichteten Disziplinen vereinbar sind. So dienen kognitive Prinzipien wie die Metaphorisierung oder die Prototypeneffekte der Beschreibung bestimmter Sprachphänomene. Der Spracherwerb wird seinerseits durch allgemeine Lernmechanismen wie die Analogiebildung oder die Schematisierung erklärt.
Die kognitive Linguistik, die Psycholinguistik, die Neurolinguistik, die kognitiv ausgerichteten Kulturwissenschaften sind also Bezugsdisziplinen, die als Grundlage einer kognitiv ausgerichteten Sprachdidaktik fungieren. Sie sollen in den Bänden dieser Reihe soweit zum Tragen kommen, wie das nur möglich ist. Bei jedem Band stehen daher die Prozesse in den Köpfen der Lerner im Mittelpunkt der Betrachtung.
1 Grundlagen der Forschung an Fachsprachen
Die Fachsprachenforschung ist einer der Kernbereiche angewandter Linguistik mit Beziehungen zu den Arbeitsfeldern Sprachenlehren und -lernen, Sprachdidaktik, aber auch der Analyse von Wirtschafts-, Verwaltungs- und technischer Kommunikation. Ihr Ziel ist es, die fachliche Kommunikation zu definieren und ihre Ausprägungen zu verstehen. Des Weiteren gewinnt die Vermittlung von Fachsprachen im Zuge von Internationalisierung der Studienbedingungen an Relevanz. Immer mehr Menschen studieren und lehren im Ausland oder bereiten sich beruflich auf einen Auslandsaufenthalt vor. Dies erfordert Sprachkenntnisse, die über alltagssprachliche Kompetenzen hinausgehen, und rückt die Vermittlung von Fachsprachen in den Fokus. Aber was sind Fachsprachen, und was unterscheidet sie von dem, was normalerweise im fremdsprachlichen Unterricht behandelt wird? Welche Kompetenzen benötigen Lerner, wenn sie Fachsprachen lernen, und wovon sind diese Kompetenzen abhängig? Diese Fragen lassen sich nicht ohne einen Bezug zu dem beantworten, was das Fach ausmacht – die Gegenstände, die im Fach behandelt werden, die Mittel und Werkzeuge, mit denen diese Gegenstände bearbeitet werden und schließlich die Personen, die die fachlichen Gegenstände bearbeiten: Fachleute sowie Experten und Expertinnen.
Die Betrachtung von Fachsprachen erfolgt im Fortgang dieses Modules daher aus unterschiedlichen Perspektiven. Zunächst werden die grundlegenden Begriffe geklärt. Anschließend werden die sprachlichen Mittel, die für Fachsprachen typisch sind, bezogen auf ihre pragmatische Funktion beschrieben. Bei der Klassifikation von Fachsprachen spielen die Gegenstände und Akteure der fachsprachlichen Kommunikation eine entscheidende Rolle. Im weiteren Verlauf wird Fachsprache auf dieser Basis in Subsprachen differenziert und als Varietät, Register und Genre dargestellt. Dabei wird jeweils einbezogen, welche Konsequenzen sich aus dem Besprochenen für die Konzeption fach- und berufssprachlichen Unterrichts ergeben.
In jüngerer Zeit macht sich besonders die Ausrichtung auf gebrauchsorientierten Unterricht für berufliche Zwecke im deutschen Schulsystem stark bemerkbar. Hier gibt es verschiedene groß angelegte Initiativen, deren Ergebnisse aber in sehr unterschiedlichem Maße in den Schulsystemen der Länder umgesetzt werden. Zu nennen sind hier unter anderem das Projekt FörMig (Ohm, Kuhn & Funk 2007), die Arbeiten zu mehrsprachigen Curricula (Hufeisen 2011; siehe auch das Projekt PlurCur! Allgäuer-Hackl, Brogan, Henning, Hufeisen & Schlabach 2015) und das Bayerische Modell (Roche & Terrasi-Haufe im Druck), dessen heutige Tragweite in vielen Schulsystemen in Deutschland im Kontext der Beschulung und Ausbildung von Flüchtlingen auf die grundlegenden Arbeiten an einem nicht-segregativen, handlungsorientierten berufssprachlichen Unterricht fußt. Das Prinzip der vollständigen Handlung (Riedl & Schelten 2013) ist dabei gut vereinbar mit den entsprechenden Prinzipien der Berufsschulpädagogik und wird umgesetzt im Unterrichtsprinzip Berufssprache Deutsch (siehe Lerneinheit 8.1).
1.1 Pragmatik der fachsprachlichen Kommunikation
Sandra Drumm
Sprache ist mehr als nur die neutrale Übermittlung von Inhalten. Dieses Phänomen kennen wir aus der Alltagssprache, wenn beispielsweise zwischen den Zeilen gehörte Inhalte für Missverständnisse sorgen, aber auch aus interkulturellen Zusammenhängen: Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen verstehen Worte unter Umständen anders als wir, da sie andere Konzepte damit verbinden. Denken Sie beispielsweise an eine Fahrt mit dem Bus. Sie verbinden damit ganz bestimmte Vorstellungen, vielleicht haben Sie sofort das Design der Fahrzeuge Ihres örtlichen Verkehrsverbundes im Sinn. Denken Sie nun an eine Busfahrt in Indien. Verändert sich die Vorstellung? Wahrscheinlich ergibt sich nun ein ganz anderes Bild von den Konzepten, die mit Bus und Fahrt ausgedrückt werden. Sprache ist also nicht neutral. Doch gilt das auch für die Fachsprachen? Und wenn nein, was für Konzepte sind dann mit Fachsprachen verbunden? Welche Kennzeichen besitzen Fachsprachen und wie sind diese mit den Zwecken von fachlicher Kommunikation verbunden? Diesen Fragen wollen wir im Folgenden nachgehen.
Lernziele
In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie
Fachsprache als sprachliche Handlung unter Fachleuten kennen und einschätzen können;
sprachliche Spezifika fachsprachlicher Kommunikation kennen und verstehen können;
fachsprachlichen Unterricht in der Fremdsprache begründen können;
Ableitungen von Fachsprache als sprachliches Handlungssystem auf die Gestaltung von Unterricht treffen und begründen können.
Experiment
Nun wollen wir uns zunächst ansehen, welche Spezifika fachliche Kommunikation aufweist, ehe wir diese auf deren Funktion beziehen. Der folgende Text ist sofort als fachsprachlich zu erkennen, selbst wenn wir nur Teile davon verstehen. Unterstreichen Sie, was Sie an diesem Textausschnitt als typisch fachsprachlich empfinden und überlegen Sie, welchem Fach der Textausschnitt wohl zugeordnet werden kann. Begründen Sie Ihre Überlegungen.
Zwei miteinander kämmende Zahnflanken haben im Berührungspunkt A die gemeinsame Tangente TT und die gemeinsame Normale NN. Man nennt den Punkt C der auf der Verbindungslinie der beiden Radmittelpunkte O1 und O2 und auf der Normalen NN im Berührungspunkt der Zahnflanken liegt, den Wälzpunkt. Gleichförmiges Übersetzungsverhältnis ist nur dann gewährleistet …
(Beispiel aus Buhlmann & Fearns 2000: 39)
1.1.1 Spezifika der fachsprachlichen Kommunikation
An diesem kurzen Textabschnitt lassen sich bereits mehrere, für Fachsprachen typische Elemente identifizieren. Begriffe wie Zahnflanken und Wälzpunkt sind auf den ersten Blick als Fachbegriffe identifizierbar – besonders wenn der Leser oder die Leserin keine Vorstellung damit verbinden kann. O1 und O2 sowie NN stellen Abkürzungen dar, die Bilder von mathematischen Gleichungen und Formeln entstehen lassen, was den Text in die Nähe naturwissenschaftlich-technischer Fachsprachen rückt. Auch dass alltagssprachliche Wörter wie kämmende hier in fachspezifischer Bedeutung auftreten, wird schnell deutlich. Damit sind die auffälligsten Phänomene der Fachsprache bereits aufgezählt: Ein spezifisch fachlicher Wortschatz, Abkürzungen, Formelsprache und alltägliche Begriffe in fachspezifischer Verwendung.
Faktoren in der fachbezogenen Kommunikation
Eine erste Definition von Fachsprache auf der Basis dieser Überlegungen könnte also folgendermaßen aussehen: Fachsprache besteht aus bestimmten sprachlichen Mitteln, die es nur in diesem Fach gibt, aber auch aus sprachlichen Mitteln, die sie mit der Allgemeinsprache gemeinsam hat. Fachsprache verwendet Abkürzungen und Formeln und drückt damit fachspezifische Sachverhalte aus. Fachsprache in diesem Sinne ist die „Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die in einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden, um die Verständigung zwischen den in diesem Bereich tätigen Menschen zu gewährleisten“ (Hoffmann 1985: 53). Dabei lässt sich Fachsprache unterschiedlich betrachten. Die Zusammenstellung der sprachlichen Mittel basiert auf strukturalistischen Vorstellungen. Aus pragmatischer Perspektive steht der Kommunikationszweck von Fachsprachen im Vordergrund. Hier wird bereits ersichtlich, dass zur Klärung dessen, was Fachsprache ist und was sie ausmacht, mehr nötig ist, als eine Zusammenstellung lexikalischer Listen und syntaktischer Bauformen. Vielmehr müssen Gegenstände, Fachleute sowie die Situation und Ziele der fachlichen Kommunikation einbezogen werden.
Obgleich wir für den Textausschnitt in der Aufgabe sofort eine grobe Zuordnung zu einem Fach treffen können und die Differenzierung in unterschiedliche Fächer auch im Alltag eine Rolle spielt – man denke an den Fächerkanon der Schule, Fachleute in Diskussionsrunden und so weiter –, ist Fach längst nicht ausreichend definiert (vergleiche Kalverkämper 1998: 1). Warum können wir einen solchen Text so schnell als fachsprachlich identifizieren und einem fachlichen Bereich zuordnen, obgleich ein Fach als solches sich nicht klar umreißen lässt? Dieses Phänomen betrifft auch die Definition von Fachsprache, die ohne eine genaue Beschreibung des Begriffs zunächst etwas konturlos bleibt. Daher ist es sinnvoll, zuerst den Anwendungsbereich von Fachsprache zu umreißen, ehe man sich der sprachlichen und kommunikativen Ausgestaltung zuwendet.
Ein Fach ist ein „mehr oder weniger spezialisierter menschlicher Tätigkeitsbereich“ (Roelcke 2010: 15), was sowohl die dort behandelten Gegenstände als auch die handelnden Akteure und deren Gebrauch sprachlicher und nichtsprachlicher Zeichen einschließt. Bindeglied für die Akteure ist deren Fachwissen, das im Laufe von jahrelangen Lernprozessen aufgebaut, verengt und spezifiziert wurde und das als Handlungswissen einer fachlichen Ausbildung zum beruflichen Wissen wurde. Diese Verengung basiert auf der Struktur arbeitsteiliger Gesellschaften, in denen Wissen unterschiedlich verteilt ist. Gruppen von Menschen teilen sich Aufgaben und erfüllen diese als Fachleute für die ganze Gesellschaft (vergleiche Kalverkämper 1999: 14). Ein Fach ist also zu verstehen als etwas, in dem eine Gruppe von Fachleuten (Akteure) in Bezug auf eine fachbezogene Auswahl von Gegenständen spezifische Perspektiven einnimmt sowie sprachliche und nichtsprachliche Handlungen ausführt. Die sprachlichen Handlungen finden in der Fachsprache statt, die eng an das fachliche Feld gebunden ist. Gleichzeitig stellt Fachsprache aber auch immer eine Auswahl aus den Mitteln der Allgemeinsprache dar (mehr dazu in der Lerneinheit 1.2):
Abbildung 1.1:
Fachsprache als Teil des Faches und der Allgemeinsprache
Die Fachleute müssen dabei nicht notwendigerweise mit hochkomplexen und abstrakten Gegenständen hantieren. Auch Lerner und Lehrkräfte im Fachunterricht an Schulen befassen sich mit abgegrenzten Gegenständen in spezifischer Weise und sind in diesem Sinne Fachleute. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Fächern, dass sie Handlungen beinhalten, die von speziell ausgebildeten Personen auf spezielle Gegenstände gerichtet sind. Die Handlungen, die im Rahmen einer fachlichen Tätigkeit ausgeführt werden, können in sprachliche und nichtsprachliche Handlungen unterteilt werden. Nichtsprachliche Handlungen sind konkrete Tätigkeiten, zum Beispiel wenn ein Techniker oder eine Technikerin eine Maschine repariert. Die Fachsprache bildet sich auf der Basis dieser Tätigkeiten, indem der Techniker oder die Technikerin über die Maschine kommuniziert. Die Fachsprache umfasst auch die sprachlichen Handlungen bezogen auf die fachlichen Gegenstände. Sprachliche Handlungensprachliche Handlungen sind Äußerungen, die nicht nur Sachverhalte beschreiben und Behauptungen aufstellen, sondern gleichzeitig selbst Handlungen vollziehen. Damit ist gemeint, dass befehlen, taufen, versprechen, warnen und so weiter Tätigkeiten sind, die Auswirkungen auf die Realität haben und die nur auf sprachlichem Wege erreicht werden können. Dies ist für Fachsprache bedeutsam, da viele fachliche Texte spezifische sprachliche Handlungen durchführen.
Eine Gebrauchsanweisung beispielsweise verfolgt – ebenso wie ein Lexikoneintrag – das Ziel, die Lesenden zu informieren. Die sprachliche Handlung, die damit verbunden ist, kann aber eher als appellativ begriffen werden. Damit ist gemeint, dass eine Gebrauchsanweisung Aufforderungscharakter hat. Sie soll eine konkrete Tätigkeit (zum Beispiel die Programmierung eines Geräts) instruieren und jemanden zu dieser anleiten. Ein Gesetzestext hingegen hat ganz klar normativen Charakter, da er das Verhalten und die Handlungen von Menschen in einer bestimmten gesellschaftlichen Situation regeln soll. Die Sprachhandlung, die damit verwirklicht wird, ist die rechtliche Regelung eines Sachverhalts. Sprachliche Handlungen können also höchst unterschiedlich sein, je nach Fach und Zweck der Kommunikation. Für Fachsprachen besonders zentral sind zum Beispiel die Sprachhandlungen definieren, erklären und begründen (mehr dazu in Lerneinheit 1.3).
Sprachliches Handeln in der Fachsprache wird häufig durch schriftlich fixierte Fachtexte realisiert. Diese Texte stellen auch die am weitesten untersuchte Form fachlicher Kommunikation dar. Der Fachtext ist zu verstehen als
Instrument und Resultat der im Zusammenhang mit einer spezialisierten gesellschaftlich-produktiven Tätigkeit ausgeübten sprachlich-kommunikativen Tätigkeit [und] er besteht aus einer endlichen, geordneten Menge logisch, semantisch und syntaktisch kohärenter Sätze (Texteme) oder satzwertiger Einheiten, die als komplexe sprachliche Zeichen komplexen Propositionen im Bewusstsein des Menschen und komplexen Sachverhalten in der objektiven Realität entsprechen. (Hoffman 1985: 233f)
Diese etwas sperrige Definition greift darauf zurück, dass Sachverhalte, die sprachlich Verhandelt werden, entweder tatsächlich vorhandene Gegenstände (wie zum Beispiel Bilder, Personen, Dinge) oder Vorstellungen sind. Diese werden als Proposition ausgedrückt. PropositionenPropositionen sind das, was im Rahmen einer Äußerung, im gegebenen Kontext, über bestimmte Gegenstände oder Sachverhalte der Welt ausgesagt wird.
Abbildung 1.2:
Fachtexte als Ausdruck fachlicher Gegenstände
Aus Kognitionssicht betrachtet, bedeutet das: Fachsprachen – oder bestimmte Varietäten davon – sind das geeignete sprachliche Instrument, um unterschiedliche Wissensbestände der Sprecher oder Sprecherinnen und Hörer oder Hörerinnen beziehungsweise Leser oder Leserinnen auszugleichen. Der Sachtext, als sprachlicher Ausdruck von Gegenständen, erfüllt die jeweilige kommunikative Funktion, die Sprechende oder Schreibende damit verbinden, und verwendet hierfür spezifische sprachliche Mittel. Im Rahmen von Fachsprachen liegt der Fokus auf der Behandlung der fachlichen Gegenstände, der Fachdiskurs ist jedoch meist nicht ausschließlich von Fachthemen bestimmt. Auch Aspekte der Arbeitssituation, der Fachpolitik, der Planung oder der logistischen Abstimmung bei Projekten sind darin wichtige Elemente. So entstehen „aus der Vielschichtigkeit des Fachdiskurses […] unterschiedliche Mischformen von Allgemein- und Fachsprache“ (Roche 2008a: 164). Die Kriterien und Textmerkmale der jeweiligen Form ergeben sich aus dem Zweck eines Textes sowie seiner Zielgruppe. In den Zusammenhängen eines bestimmten Faches existieren also unterschiedliche Textsorten, die unterschiedliche sprachliche Handlungen realisieren, parallel und nebeneinander. So weist ein Fach wie die praktische Physik sowohl Texte auf, die der wissenschaftlichen Auseinandersetzung dienen, als auch Gebrauchsanweisungen für bestimmte technische Hilfsmittel, Gesetzestexte, die unterschiedliche Bereiche regeln, Briefe an Geldgeber oder Geldgeberinnen und so weiter. Alle diese Textsorten verwenden die sprachlichen Mittel, die für diese Fachrichtung typisch sind, und hängen daher zusammen. Sie unterscheiden sich aber auch aufgrund ihrer Ziele und Adressaten und Adressatinnen. Aus diesen Zusammenhängen resultieren unter anderem der Grad der Fachlichkeit, Formalität, Komplexität, Anschaulichkeit und Verbindlichkeit der jeweiligen Textsorte (vergleiche Roche 2008a: 162; mehr dazu in Lerneinheit 1.2).