Kitabı oku: «Besonderes Verwaltungsrecht», sayfa 12
4. Anschluss- und Benutzungszwang
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In allen Gemeindeordnungen findet sich die Möglichkeit der Gemeinde, per Satzung für bestimmte öffentliche Einrichtungen einen Benutzungszwang vorzuschreiben und für grundstücksbezogene Einrichtungen den Anschluss der Grundstücke anzuordnen[665]. Einem Anschluss- und Benutzungszwang unterworfen werden können Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Straßenreinigung und ähnliche der Volksgesundheit bzw. dem öffentlichen Wohl dienende öffentliche Einrichtungen, während für Schlachthöfe und Bestattungseinrichtungen nur ein Benutzungszwang statuiert werden kann[666].
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Der Anschlusszwang verpflichtet die Grundstückseigentümer, die technische Verbindung ihrer Grundstücke zu der jeweiligen öffentlichen Einrichtung auf eigene Kosten zu schaffen und zu erhalten. Der Benutzungszwang knüpft an den Anschlusszwang an; er gebietet die Benutzung der gemeindlichen Einrichtung und verbietet gleichzeitig die Benutzung anderer Einrichtungen[667]. Beim Anschluss- und Benutzungszwang handelt es sich um ein klassisches kommunalrechtliches Instrument, das eine gemeindliche Monopolstellung auf örtlicher Ebene begründet, indem Betrieb und Benutzung entsprechender Einrichtungen (privater) Träger verboten werden[668]. Die Satzung kann Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang, insbesondere aus Gründen der Unzumutbarkeit im Einzelfall, zulassen[669].
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Tatbestandsvoraussetzung eines Anschluss- und Benutzungszwangs ist – neben dem Vorhandensein einer öffentlichen Einrichtung – allein das Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses, das in einigen Bundesländern bereits ausdrücklich außer mit der Volksgesundheit auch mit dem Umweltschutz gefüllt werden kann (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 GO SH: „Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens“). Die Frage nach dem Ortsbezug des öffentlichen Bedürfnisses beim Klima- und Ressourcenschutz beantwortet mittlerweile § 16 EEWärmeG[670]. Im Rahmen der gerichtlichen (Inzident-)Kontrolle der Satzung über den Anschluss- und Benutzungszwang stellt sich die Frage nach der gerichtlichen Kontrolldichte[671]. Erkennt man im Begriff des öffentlichen Bedürfnisses einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum, so ist dieser voll gerichtlich überprüfbar[672]. Teils wird in Bezug auf das öffentliche Bedürfnis hingegen eine Einschätzungsprärogative der Gemeinde vertreten, so dass die gerichtliche Kontrolle auf offensichtliche Fehlbeurteilungen bzw. Verfahrensfehler beschränkt ist[673]. Hierfür spricht, dass die in Streit stehende gemeindliche Entscheidung sich nicht im Vollzug eines strikten Legislativprogramms durch eine nachgeordnete Behörde erschöpft, sondern von einer mit Satzungsautonomie und Planungshoheit ausgestatteten Selbstverwaltungskörperschaft getroffen wird und ein umfängliches, eigenverantwortlich zu erstellendes Leistungs- und Versorgungskonzept erfordert[674].
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Durchgesetzt wird ein Anschluss- und Benutzungszwang im Wege des Verwaltungszwangs. Rechtsschutz können die Anschluss- und Benutzungspflichtigen oder Anbieter vergleichbarer Leistungen durch eine prinzipale Normenkontrolle der Satzung suchen, wo dies zulässig ist, oder inzident mittels Anfechtungsklage, wenn hierzu ein Verwaltungsakt ergeht, bzw. über eine allgemeine Feststellungsklage, wenn der Anschluss- und Benutzungszwang durch Realakt erfolgt[675].
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Da der Anschluss- und Benutzungszwang mit Grundrechtseingriffen der Grundstückseigentümer verbunden ist, bedarf er einer speziellen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und kann nicht ausschließlich durch Satzung aufgrund der allgemeinen Satzungshoheit der Kommunen erfolgen[676]. Dieses Erfordernis eines Gesetzes verstößt nicht gegen das den Gemeinden garantierte Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG[677]. Wenn die gesetzliche Voraussetzung des öffentlichen Bedürfnisses erfüllt ist, handelt es sich um eine zulässige Beschränkung der Eigentumsrechte des einzelnen Anschluss- und Benutzungspflichtigen; insoweit wird die Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG ausgestaltet[678]. Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang müssen dann gemacht werden, wenn die Opfer- bzw. Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist[679]. Aufgerufen ist damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Eingriffe in die Berufs- und Eigentumsfreiheit privatwirtschaftlicher Konkurrenten[680].
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 64 Kommunalverfassung › E. Das Recht der Landkreise
E. Das Recht der Landkreise
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In allen Flächenländern existiert oberhalb der Gemeindeebene ein weiterer kommunaler Verwaltungsträger, der in den einschlägigen Landesgesetzen überwiegend als Landkreis[681], teilweise als Kreis[682] bezeichnet wird. Nicht kreisangehörig sind – je nach landesgesetzlicher Gestaltung – die kreisfreien Städte bzw. kreisfreien Gemeinden oder sog. Stadtkreise[683]. Rechtsstellung, Aufgaben und Binnenorganisation dieser Selbstverwaltungskörperschaften entsprechen nicht zufällig grundsätzlich der Verfassung der Gemeinden, denn im kreisangehörigen Raum bilden Gemeinden und Landkreis zusammen die kommunale Selbstverwaltung ab.[684] Dabei kommt den Kreisen mit Blick auf den demographischen Wandel und die Verstädterung bzw. Urbanisierung eine Schlüsselstellung bei der Entwicklung ländlicher Räume zu[685].
I. Rechtsstellung
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Die Kreise werden von den Kreisordnungen der Bundesländer als Gemeindeverbände und Gebietskörperschaften definiert[686]. Die Kreise sind Gebietskörperschaften, deren Mitglieder nicht die kreisangehörigen Gemeinden, sondern die (wahlberechtigten) Kreiseinwohner sind und deren Gebiet sich aus der Gesamtheit der kreisangehörigen Gemeinden zusammensetzt[687]. Gegenüber den sich im Kreisgebiet aufhaltenden Personen übt der Kreis im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben originäre Hoheitsgewalt aus. Darüber hinaus lassen sich die Kreise insofern als Gemeindeverbände verstehen, nämlich als sog. Bundkörperschaften[688], als ihnen im Verhältnis zu den kreisangehörigen Gemeinden verbandstypische Ergänzungs-, Unterstützungs- und Ausgleichsaufgaben obliegen[689]. Die Rechtsfähigkeit folgt aus der Eigenschaft als juristische Person des öffentlichen Rechts in Gestalt einer Körperschaft[690].
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Als Gemeindeverband haben auch die Kreise das Recht der Selbstverwaltung. Dies folgt ausdrücklich aus Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG. Im Vergleich zu den Gemeinden ergeben sich jedoch Unterschiede in der Schutzdichte. In Bezug auf die Rechtssubjektgarantie steht fest, dass es grundsätzlich zur Auflösung einzelner Körperschaften bzw. Gebietsänderung durch den Gesetzgeber kommen kann, soweit die formellen und materiellen Anforderungen erfüllt sind. Fraglich ist indes, ob es vor dem Hintergrund des Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG, der allgemein von Gemeindeverbänden, aber nicht von Kreisen spricht, zu einer vollständigen Beseitigung der Institution Kreis kommen kann. Dies ist wohl in Zusammenschau mit Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG zu verneinen[691].
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Was die Rechtsinstitutionsgarantie anbelangt, können Kreise für das Kreisgebiet nur eine „gesetzlich geformte Zuständigkeit“ in Anspruch nehmen[692]. Im Vergleich zur Gewährleistung für die Gemeinden besteht der Unterschied, dass dem Kreis zwar die Eigenverantwortlichkeitsgarantie samt allen Hoheiten zukommt, hingegen der Schutz des Aufgabenbestands schwächer ausgeprägt ist. Das Grundgesetz sichert den Kreisen nur einen „gesetzlichen Aufgabenbereich“ zu, so dass der Gewährleistungsbereich um das Kernbereichselement der Allzuständigkeit gekürzt ist[693]. Eine Änderung des gesetzlichen Aufgabenbestandes der Kreise hat deshalb grundsätzlich keine verfassungsrechtliche Implikation[694]. Dies hat allerdings nicht zur Folge, dass der Gesetzgeber völlig frei ist in der Zuordnung von Aufgaben an den Kreis; vielmehr muss den Kreisen ein Mindestbestand an kreiskommunalen Aufgaben zugeordnet sein[695]. Eine Selbstverwaltung im Sinne eigener, unmittelbar gewählter politischer Legitimationsbasis muss sich dafür „lohnen“[696]. Allerdings verletzt der Gesetzgeber den Kernbereich des Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG, wenn die Übertragung einer staatlichen Aufgabe die Verwaltungskapazitäten der Landkreise so sehr beansprucht, dass sie nicht mehr ausreichen, um einen angemessenen Mindeststandard an Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen[697]. Zugunsten der Gemeinden greift insoweit auch und gerade gegenüber den Kreisen das gemeindliche Aufgabenverteilungsprinzip durch, so dass Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nur aus spezifischen Gemeinwohlgründen auf die Kreise hochgezont werden dürfen und das Zugriffsrecht für noch unbesetzte Aufgaben bei den Gemeinden liegt[698]. Ohne weitere Einschränkungen gilt für die Landkreise die Garantie der eigenverantwortlichen Wahrnehmung der gesetzlich überantworteten Aufgaben. Ihnen stehen damit die sog. Gemeindehoheiten entsprechend zu, weil ohne Personal, Finanzen, Organisation und Rechtsetzung kreiskommunale Verwaltung der Mitglieder nicht möglich wäre.
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Schließlich ist den Kreisen die Rechtssubjekts- und Rechtsinstitutionsstellung auch subjektiv garantiert, d.h. sie sind wehrfähig.
II. Aufgaben
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Das Verständnis der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kreis hängt größtenteils davon ab, ob das jeweilige Land hinsichtlich der gemeindlichen Zuständigkeit vom monistischen oder dualistischen Aufgabenmodell ausgegangen ist. Demzufolge wird auch auf Kreisebene zwischen Selbstverwaltungsangelegenheiten einerseits und Pflichtaufgaben nach Weisung oder Auftragsangelegenheiten andererseits unterschieden. Problematisch ist insoweit v.a. in Bezug auf den eigenen Wirkungskreis der Gemeindeverbände die Abgrenzung ihrer kreiskommunalen Aufgaben von den örtlichen Angelegenheiten der kreisangehörigen Gemeinden.
1. Selbstverwaltungsaufgaben
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Originäre Aufgaben der Kreise sind kreisgebietsbezogene Aufgaben, die den Bestand und die Funktion der Landkreise erst begründen und gewährleisten. Beispiele dafür sind die Haushalts- und Personalverwaltung, die Vermögensverwaltung oder die Selbstrepräsentation[699]. In der Sache stehen den Landkreisen von Gesetzes wegen grundsätzlich die überörtlichen Angelegenheiten, Ausgleichs- und Ergänzungsaufgaben als Selbstverwaltungsaufgaben offen. Neben diese freiwilligen treten ggf. pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben wie etwa Aufgaben des örtlichen Sozial- und Jugendhilfeträgers, die Straßenbaulast für Kreisstraßen, Trägerschaft weiterführender Schulen, Zuständigkeiten der Abfallentsorgung und der Krankenhausversorgung.
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Ferner hat der Gesetzgeber die Möglichkeit, den Kreisen unter Beachtung der Verfassungsmaßstäbe gemeindliche Aufgaben zuzuweisen. Örtliche Angelegenheiten dürfen vom Kreis erst dann wahrgenommen werden, wenn diese gesetzlich hochgezont, also den Gemeinden zugunsten der Kreise entzogen worden sind. Dies ist nur zulässig, wenn tragende Gründe des Gemeinwohls das Aufgabenverteilungsprinzip des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG überwiegen[700].
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Wenn und soweit es an einer speziellen gesetzlichen Zuordnung fehlt, greift die allgemeine aufgabenbezogene Verteilungsregel der einschlägigen Kreisordnung ein, die eine subsidiäre Verbandskompetenz der Landkreise auch für örtliche Angelegenheiten begründen kann[701]. Damit sind konkrete Abgrenzungsfragen aber noch nicht beantwortet. In einigen Bundesländern ist zur Klärung der Zuständigkeit zwischen Kreis und Gemeinde ein besonderer Entscheidungsmodus in Gestalt des sog. Kompetenz-Kompetenz-Verfahrens verankert[702].
a) Übergemeindliche Aufgaben
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Überörtliche bzw. übergemeindliche Aufgaben entziehen sich schon ihrer Natur nach der Wahrnehmung durch einzelne Gemeinden je für sich (z.B. Krankenhauswesen, Personennahverkehr, Bau und Unterhaltung von Kreisstraßen, Deponierung von Abfällen, Breitbandnetze)[703]. Sie werden deshalb durch die Landkreise eigenverantwortlich erfüllt und sind nicht anderen Verwaltungsträgern zur Entscheidung zugewiesen[704]. Wie auch die örtlichen Selbstverwaltungsangelegenheiten zeichnen sich die kreiskommunalen Aufgaben durch ein räumliches (Kreisgebiet) und ein soziales (Kreiseinwohner) Element aus.[705]
b) Ergänzungsaufgaben
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Der Kreis übernimmt ergänzend Angelegenheiten dann, wenn die Gemeinden diese mangels ausreichender Leistungskraft nicht selbst erfüllen können[706] bzw. im Hinblick auf die Anforderungen an eine sachgerechte Aufgabenerfüllung überfordert sind[707]. Beispiele dafür sind die Unterhaltung von Volkshochschulen oder anderen Weiterbildungsinstitutionen sowie von Jugendeinrichtungen[708]. Bloße Bestrebungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Angleichung der Leistungsniveaus rechtfertigen die Ausübung dieser Kompetenz indes nicht[709]. Da für jede kreisangehörige Gemeinde die Verwaltungskraft gesondert zu beurteilen ist, sind ergänzende Aufgaben nicht zwingend kreisweit gegeben; erst recht fehlt es insoweit an einem einheitlichen Aufgabenbestand aller Kreise eines Landes[710]. Umstritten ist, ob die Wahrnehmung von Ergänzungsaufgaben eine gesetzliche Ermächtigung erfordert. Dafür spricht, dass diesen Aufgaben die Überörtlichkeit nicht „naturgemäß“, sondern wegen mangelnder Finanz- und/oder Verwaltungskraft der Gemeinden erhalten.[711]
c) Ausgleichsaufgaben
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Ausgleichsaufgaben sind dadurch geprägt, dass eine Aufgabenerledigung auf Gemeindeebene durch den Kreis lediglich technisch, logistisch oder beratend unterstützt wird[712]. Im Unterschied zu Ergänzungsaufgaben bleibt die Gemeinde hier nach außen unverändert Aufgabenträger, während der Landkreis sich auf interne Unterstützung beschränkt[713]. Aufgaben dieser Art finden sich vor allem im planerischen Bereich oder bei der Rechtsberatung der Gemeinde[714]. Problematisch ist der Ausgleich unterschiedlicher Verwaltungskraft kreisangehöriger Gemeinden durch finanzielle Hilfen des Kreises, weil ein solcher Ausgleich über die Kreisumlage auch von anderen, nicht begünstigten Gemeinden aufgebracht wird[715].
2. Fremdaufgaben
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Ungeachtet des Aufgabenverständnisses und der dogmatischen Einordnung tragen die Landkreise auch Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung sowie Auftragsangelegenheiten. Ähnlich der gemeindlichen Ebene ist die Organkompetenz unterschiedlich zugewiesen und liegt in einigen Ländern beim Landrat in eigener Zuständigkeit, d.h. ohne Mitwirkungsmöglichkeiten des Kreistages[716].
3. Organleihe
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Wie auf Gemeindeebene bedient sich das Land auch des Kreises nicht nur dergestalt, dass diesem Verwaltungsträger staatliche Aufgaben auferlegt werden[717], sondern dass dessen Organ, der Landrat bzw. das Landratsamt, im Wege der Organleihe in die Erledigung der staatlichen Verwaltungsaufgaben einbezogen werden[718]. Als verlängerter Arm des Landes wird er im Kreisgebiet zur (allgemeinen) unteren staatlichen Verwaltungsbehörde und unterliegt insoweit der Fach- und Dienstaufsicht der übergeordneten Stellen der unmittelbaren Landesverwaltung. Für Amtspflichtverletzungen haftet dann nicht der Kreis, sondern das Land. Betroffen hiervon sind etwa Polizeizuständigkeiten und die Kommunalaufsicht über kreisangehörige Gemeinden.
III. Organe des Landkreises
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Entsprechend der Verfassung der Gemeinden bestimmt der gebietskörperschaftliche Status der Kreise ihre innere Struktur und Zuständigkeitsordnung. Im Unterschied zu den im Wege kommunaler Zusammenarbeit gründbaren Ämtern, Samtgemeinden oder Zweckverbänden sind die Mitglieder der Kreise nicht die ihm angehörenden Gemeinden, sondern deren Einwohner.
1. Kreistag
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Der aus demokratischen Wahlen der wahlberechtigten Kreiseinwohner hervorgehende Kreistag ist auf der Ebene des Landkreises bzw. Kreises das Hauptorgan. Ihm obliegen die wesentlichen Entscheidungen des Landkreises. Mehrheitlich bestimmen die Kreisordnungen einen Vorbehaltskatalog unübertragbarer Angelegenheiten[719]. Der Kreistag legt die Grundsätze der Landkreisverwaltung fest, soweit keine entgegenstehende Zuständigkeit besteht, und überwacht die Verwaltung des Landkreises[720]. Die Zusammensetzung, das Verfahren der Willensbildung sowie der Vorsitz im Kreistag sind in jedem Bundesland unterschiedlich bestimmt,[721] folgen aber den von der Gemeindeebene bekannten Grundregeln. Inkompatibilitäten eines Kreistagsmandats bestehen nicht mit einem Sitz in der Gemeindevertretung, wohl aber für Bürgermeister[722].
2. Landrat
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Bis auf das Land Hessen, das sich für das System der kollegialen Magistratsverfassung auch auf Kreisebene entschieden hat und wo deshalb der Kreisausschuss die Verwaltungsleitung übernimmt, ist in den übrigen Flächenländern der Landrat zuständig für die Leitung der Verwaltung. Weitere Kompetenzen des Landrats betreffen die Ausführung der Kreistagsbeschlüsse, die Außenvertretung des Kreises und die Wahrnehmung der Geschäfte der laufenden Verwaltung. Teils sind dem Landrat ein oder mehrere Beigeordnete bzw. Kreisbeigeordnete zugeordnet, um diesen zu entlasten[723]. Der Landrat ist hauptberuflich tätig und kommunaler Wahlbeamte. Divergierend ist die Wahl geregelt, die in Baden-Württemberg schon immer und in Schleswig-Holstein wieder durch den Kreistag erfolgt, während in den anderen elf Flächenländern eine Volkswahl stattfindet[724].
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In aller Regel bildet das Kreisgebiet zugleich den Zuständigkeitsbereich der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde des Landes[725], deren Organwalter der Landrat ist. Je nachdem in welcher Zuständigkeit der Landrat handelt, werden seinen Maßnahmen dem Landkreis oder dem Land zugerechnet, auch in Bezug auf die Amtshaftung[726].
3. Kreisausschuss
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Überwiegend kommt der Kreisausschuss als Organ auf Landkreisebene hinzu[727]. Nur in Baden-Württemberg, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist dieses dritte Organ nicht vorhanden. Es wird aus der Mitte des Kreistages gewählt. Die Funktionen bzw. Aufgaben des Kreisausschusses variieren je nach Bundesland[728]: Mancherorts ist er ein gleichberechtigtes Organ, das zuständig ist, wenn die Angelegenheit nicht Kreistag oder Landrat vorbehalten ist; mancherorts ist er lediglich ein Ausschuss des Kreistages, der dessen Beschlüsse vorbereitet. Abweichend ist die Rechtslage in Hessen, weil das Land das Modell der kollegialen Magistratsverfassung auch auf Kreisebene verwirklicht hat. Hier hat der Kreisausschuss die gleiche Aufgabe bzw. Stellung wie in den übrigen Ländern der Landrat (vgl. § 41 LKrO Hess), weshalb „die Mitglieder des Kreisausschusses (…) nicht gleichzeitig Kreistagsabgeordnete sein (dürfen)“ (§ 36 Abs. 2 LKrO Hess).
IV. Einwohner des Landkreises
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In den einzelnen Kreisordnungen der Länder gibt gewissermaßen als Pendant zur Eigenschaft des Gemeindeeinwohners auch die Landkreiseinwohnerschaft. Landkreiseinwohner ist, wer in einer Gemeinde oder in einem gemeindefreien Grundstück des Landkreises wohnt[729]. Ein Landkreisbürgerrecht bzw. eine Landkreisbürgerschaft ist nur vereinzelt in den Kreisordnungen vorgesehen[730].
1. Rechte der Landkreiseinwohner
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Genau wie bei den Gemeindebürgern und Gemeindeeinwohnern bestehen auch für die Kreiseinwohner und Kreisbürger gewisse Rechte, aber auch Pflichten. Zu den Rechten gehört das Wahlrecht, sofern dies in der jeweiligen Kreisordnung des Landes vorgesehen ist. Teils wird das Wahlrecht den Kreiseinwohnern[731] und teils den Kreisbürgern zugesprochen[732]. In den jeweiligen Bestimmungen steht das Wahlrecht Deutschen und Unionsbürgern zu. Die ehrenamtlich Tätigen erhalten eine Aufwandsentschädigung für ihre Bemühungen[733].
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Außerdem sind die Kreiseinwohner zur Benutzung der öffentlichen Einrichtungen des Landkreises berechtigt[734] und haben ein Recht auf Unterrichtung durch den Landrat in wichtigen Kreisangelegenheiten[735]. Zudem gibt es in einzelnen Kreisordnungen die Möglichkeiten eines Einwohner- und Bürgerantrags[736] sowie eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids[737]. Schließlich gewähren einige Kreisordnungen weitere Rechte in Form von Bürgerinitiativen, Einwohnerfragestunden, der Gelegenheit zur Äußerung, von Beschwerderechten und Möglichkeit zur Einwohnerbefragung[738].