Kitabı oku: «Besonderes Verwaltungsrecht», sayfa 7
(2) Repressive Aufsicht
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Im Rahmen der repressiven Aufsicht reagieren die Kommunalaufsichtsbehörden auf vorangegangene Entscheidungen der Gemeinden, wozu die Gemeindeordnungen einen Katalog an Instrumenten zur Verfügung stellen, welche von schlichten Informationsrechten bis zu vollstreckbaren Eingriffen in die Selbstverwaltung reichen.
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Abgesehen vom Unterrichtungsrecht verlangen die Aufsichtsmaßnahmen tatbestandlich ein rechtswidriges Verhalten der Gemeinde. Primärer Maßstab sind die Rechtssätze des öffentlichen Rechts sowie des Unionsrechts[282]. Verstöße gegen zivilrechtliche Vorschriften können jedenfalls dann nicht hinreichen, wenn sie nur den Interessen des Privatrechtsverkehrs dienen[283]. Ungeachtet der Frage, worauf das rechtswidrige Gemeindehandeln oder -unterlassen beruht, haben private Dritte keinen Rechtsanspruch auf ein kommunalaufsichtliches Einschreiten, da die einschlägigen Vorschriften der Gemeindeordnungen nicht ihren Interessen zu dienen bestimmt sind[284].
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Auf der Rechtsfolgenseite räumen die Befugnisnormen der Aufsichtsbehörde Ermessen dahin ein, ob und mit welchem Aufsichtsinstrument eingeschritten wird (Opportunitätsprinzip)[285]. Das bedeutet, dass auch bei Vorliegen rechtswidrigen Gemeindehandelns mit Blick auf die Schutzfunktion der Aufsicht einerseits und die Rechtsbewahrungsfunktion andererseits ein Einschreiten unterbleiben kann. Im Übrigen hat sich die Ausübung der Aufsicht am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu orientieren[286]. Maßnahmen der Kommunalaufsicht sind nur soweit zulässig, wie sie zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes erforderlich sind[287].
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Einzelfallregelungen der Kommunalaufsicht gegenüber dem Verwaltungsträger „Gemeinde“ haben Außenwirkung und damit die Qualität eines Verwaltungsakts. Neben dem Kommunalrecht ist hierauf das Landesverwaltungs(verfahrens)recht anwendbar. Prozessual bestehen keine Besonderheiten; es greifen ohne Weiteres die Rechtsbehelfe der VwGO ein. Wenn und soweit Aufsichtsmaßnahmen zu Haftungsfällen führen, wenden sich die Gemeinden mit Amtshaftungsansprüchen gegen die Aufsichtsbehörden[288]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch Gemeinden Dritte im Sinne von § 839 BGB sein können[289].
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In allen Bundesländern stehen der Kommunalaufsicht folgende repressive Instrumente zu:
Als mildestes Mittel gestattet ein Unterrichtungsrecht der zuständigen Behörde, sich jederzeit über die Angelegenheiten der Gemeinde zu unterrichten[290]. Dadurch ist es der Kommunalaufsicht gestattet, an Ort und Stelle zu prüfen, zu besichtigen, an Sitzungen teilzunehmen, mündliche und schriftliche Berichte anzufordern sowie Akten und sonstige Unterlagen einzusehen.
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Die Aufsichtsbehörde kann rechtswidrige Handlungen (Beschlüsse, Anordnungen, sonstige Maßnahmen) beanstanden und verlangen, dass sie innerhalb einer bestimmten Frist aufgehoben oder abgeändert werden[291]. Die Beanstandung zielt damit auf die Korrektur durch die Gemeinde. Die Beanstandung ist ein Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG),[292] der infolge der gesetzlichen Anordnung aufschiebende Wirkung dergestalt entfaltet, dass die beanstandeten Beschlüsse und Maßnahmen nicht ausgeführt werden dürfen[293].
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Das Anordnungs- bzw. Anweisungsrecht ist im Gegensatz zum Beanstandungsrecht einzusetzen, wenn die Gemeinde die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten und Aufgaben nicht erfüllt; es reagiert somit auf gemeindliches Unterlassen. In diesem Fall kann die Kommunalaufsicht anordnen, dass die Gemeinde innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlasst[294].
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Zur Ersatzvornahme kann die Aufsichtsbehörde greifen, wenn die Gemeinde einer Anordnung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommt. Die zuständige Behörde kann die angeordnete Maßnahme dann anstelle und auf Kosten der Gemeinde selbst durchführen oder die Durchführung einem Dritten übertragen[295]. Die Ersatzvornahme hat eine Doppelnatur: Sie umfasst gegenüber der Gemeinde einen Verwaltungsakt, der sie zur „Duldung“ des aufsichtsbehördlichen Einschreitens verpflichtet, und nimmt ferner ersatzweise den unterbliebenen Akt vor[296].
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Länderweise unterschiedlich finden sich darüber hinaus weitere Aufsichtsmittel: Die Bestellung eines Staatsbeauftragten,[297] die Möglichkeit der Auflösung des Gemeinderats,[298] das Selbsteintrittsrecht der höheren Aufsichtsbehörde[299] und die vorzeitige Beendigung der Amtszeit des Bürgermeisters[300].
b) Fachaufsicht
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Die Fachaufsicht – in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen Sonderaufsicht genannt – hat die Aufgabe, die Gemeinden bei der Erfüllung der ihnen übertragenen staatlichen Aufgaben bzw. der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung zu überwachen. Dabei geht der Aufgabendualismus von einem grundsätzlich unbegrenzten Weisungsrecht aus, wohingegen der Aufgabenmonismus ein aufgabenspezifisch statuiertes Weisungsrecht verlangt[301]. Die Fach- oder Sonderaufsicht verfolgt demnach den Zweck, die Gemeinde im übertragenen Aufgabenbereich in die allgemeine Staatsverwaltung einzubinden und die Letztverantwortung für die Aufgabenerfüllung dem Staat zu erhalten[302]. Kraft seiner fortbestehenden Grundzuständigkeit hat der Staat als Auftraggeber das Recht der fachlichen Lenkung[303]. Im Gegensatz zur Kommunalaufsicht steht dem Staat im Rahmen der Fachaufsicht deshalb auch die Zweckmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Erfüllung der staatlichen Aufgaben durch die Kommunen zu[304]. Grundsätzlich bleibt die organisatorische und personelle Gestaltung des Verwaltungsbetriebs der eigenverantwortlichen Entscheidung der Kommune überlassen[305].
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Die Kommunalordnungen enthalten nur rudimentäre und durchweg auf andere Rechtsgrundlagen verweisende Aussagen darüber, wie und von welcher Behörde die Fachaufsicht auszuüben ist[306]. Das hat seinen Grund darin, dass je nach spezieller gesetzlicher Regelung die Fachaufsicht bei unterschiedlichen Behörden liegt[307].
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Das charakteristische Aufsichtsmittel der Fachaufsicht ist die Weisung. Mit dem Instrument der Weisung können sowohl das künftige Verhalten gelenkt als auch bereits erfolgte Maßnahmen korrigiert und aufgehoben werden. Das Weisungsrecht umfasst die Befugnis, den Kommunen im Voraus für die Behandlung von Einzelfällen oder bestimmter Fallgruppen Anordnungen oder Richtlinien zu erteilen[308] und/oder nachträglich die Aufhebung oder Änderung kommunaler Beschlüsse zu verlangen[309]. Um das Recht, Weisungen zu erteilen, rechtstatsächlich zu unterfüttern, hat die Fachaufsichtsbehörde ein umfassendes Informationsrecht, welches in den meisten Gemeindeordnungen ausdrücklich garantiert wird[310]. Außer dem Weisungs- und dem Informationsrecht stehen den Fachaufsichtsbehörden grundsätzlich keine weitergehenden Befugnisse zur Erzwingung ihrer Weisungen zu[311]. Ausnahmsweise wird ihnen ein Selbsteintrittsrecht (vgl. §§ 18 Abs. 1 i.V.m. 16 Abs. 3 LVwG SH) oder das Recht, zur Ersetzung einer rechtswidrigen gemeindlichen Entscheidung verliehen (vgl. § 36 Abs. 2 S. 3 BauGB). Da jedoch auch fachaufsichtliche Weisungen ggf. der zwangsweisen Durchsetzung bedürfen, können – und müssen – sich die Fachaufsichtsbehörden der Amtshilfe der Kommunalaufsichtsbehörden bedienen[312].
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Rechtsschutz der Gemeinden gegen fachaufsichtliche Maßnahmen ist nicht von vornherein ausgeschlossen, weil das Merkmal der „Streitigkeit“ im Sinne der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO grundsätzlich alle streitbefangenen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisse nichtverfassungsrechtlicher Art erfasst. Der Streit einer Gemeinde mit einer Behörde der Fachaufsicht ist nach Maßgabe des öffentlichen Rechts zu beurteilen und auch nichtverfassungsrechtlicher Art ist, weil es sich bei den Gemeinden um Verwaltungsträger handelt[313]. Die in Rede stehende Handlungsform hat keine Bedeutung mehr für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, sondern entscheidet erst und nur über die Art und Weise des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Die statthafte Klageart richtet sich mithin nach der Qualifizierung der Weisung. Spricht man ihr – mangels Außenwirkung[314] – die Natur eines Verwaltungsakts ab[315], scheidet die Anfechtungsklage aus und kann allein die allgemeine Leistungsklage statthaft sein[316]. Eine Außenwirkung und damit die Möglichkeit der Anfechtungsklage nimmt die Rechtsprechung aber ausnahmsweise dann an, wenn eine Maßnahme der Fachaufsicht Auswirkungen auf den durch das Selbstverwaltungsrecht geschützten eigenen Wirkungskreis entfaltet[317].
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Unabhängig von der Klageart setzt die Klagebefugnis die Geltendmachung der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte voraus. In Ländern, die einem monistischen Aufgabenmodell folgen, stellt schon die Statuierung des Weisungsrechts an sich einen – abstrakt gerechtfertigten – Eingriff in den gemeindlichen Wirkungskreis dar, so dass die Gemeinde auf der Basis ihrer Selbstverwaltungsgarantie gerichtlich überprüfen lassen kann, ob sich die konkrete Aufsichtsmaßnahme im Rahmen der Weisungsbefugnisse hält oder gesetzlich nicht gedeckt die Selbstverwaltungsgarantie beeinträchtigt[318]. Demgegenüber scheidet eine landesrechtliche Aufgabenverteilung nach dem dualistischen Aufgabenmodell die Rechtssphären voneinander. Da die Weisung die Fremdaufgaben betrifft, muss die Gemeinde im Einzelfall substantiiert dartun, dass sie dadurch gleichwohl in gemeindeeigenen Rechte verletzt wird, etwa weil die Weisung das organisatorische Gefüge der Gemeindeverwaltung stört[319]. Jenseits dessen wird einer gemeindlichen Klage selbst dann der Erfolg versagt bleiben, wenn die fachaufsichtliche Maßnahme schlicht rechtswidrig oder unzweckmäßig ist[320].
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 64 Kommunalverfassung › C. Die Binnenorganisation der Gemeinden
C. Die Binnenorganisation der Gemeinden
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Das Gemeindeverfassungsrecht enthält Regelungen über Strukturen, Organe, Zuständigkeiten und Verfahren, eben die Binnenorganisation der Gemeinde. Der Begriff „Gemeindeverfassungsrecht“ ist dabei missverständlich, weil sich die Regelungen in den jeweiligen Kommunalgesetzen bzw. Gemeindeordnungen und nicht etwa im Grundgesetz oder den Landesverfassungen finden lassen. In der Sache handelt es sich um Verwaltungsorganisationsrecht, dass die Verfasstheit der Verwaltungsträger „Gemeinde“ regelt.
I. Gemeindeverfassungssysteme
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An Gemeinsamkeiten lässt sich in allen Ländern mit Blick auf Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG die Existenz eines Repräsentativorgans nachweisen. Diese Verfassungsbestimmung schreibt vor, dass das Volk in den Gemeinden eine Vertretung haben muss, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgeht. Diese Vertretung wird in den Ländern unterschiedlich bezeichnet (Rat, Gemeinderat, Gemeindevertretung). Nachfolgend wird zur Vereinfachung der Darstellung einheitlich der Begriff „Gemeinderat“ verwendet[321]. Der Gemeinderat stellt das zentrale Beschlussorgan und eines der zwei Hauptorgane der Gemeinden dar. Daneben findet sich ein Hauptverwaltungsorgan, das in den meisten Ländern monokratisch (Bürgermeister) und in Hessen kollegial (Gemeindevorstand) verfasst ist[322]. Unterschiede zwischen den Ländern resultieren daraus, dass es mangels verfassungsrechtlicher Vorgaben dem Landesgesetzgeber überlassen ist, ob und inwieweit er neben dem Gemeinderat ein weiteres Organ (Bürgermeister) schafft. Neben verschiedenartigen historischen Entwicklungslinien waren der jeweilige Rechtsstatus und das Rechtsverhältnis zwischen den Organen deshalb in der Vergangenheit in den Ländern sehr unterschiedlich geregelt[323]. So ließen sich über Jahrzehnte vier Typen von Gemeindeverfassungen ausmachen: Die Magistratsverfassung, die Bürgermeisterverfassung, die Süddeutsche Ratsverfassung und die Norddeutsche Ratsverfassung[324].
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Die Magistratsverfassung sieht neben dem von den Bürgern gewählten Gemeinderat den Magistrat als verwaltungsleitendes Organ vor, welcher als Kollegialorgan aus dem Bürgermeister als Vorsitzendem und einer bestimmten Zahl von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Beigeordneten besteht, die allesamt vom Gemeinderat gewählt werden.
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Nach der Bürgermeisterverfassung steht dem bürgergewählten Gemeinderat der von ihm gewählte Bürgermeister gegenüber, der zugleich der Gemeindevertretung vorsteht und die Verwaltung leitet.
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Kennzeichen der norddeutschen Ratsverfassung ist, dass es neben dem bürgergewählten Gemeinderat und dem vom Gemeinderat gewählten Bürgermeister als Vorsitzenden des Gemeinderates noch den ebenfalls vom Gemeinderat gewählten Gemeindedirektor gibt, dem die Verwaltungsgeschäfte obliegen. Es entstand so eine „Doppelspitze“.
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Die Süddeutsche Ratsverfassung unterscheidet sich von allen anderen Gemeindeverfassungstypen durch die unmittelbare Volkswahl des Bürgermeisters, welcher nicht nur die Gemeindeverwaltung leitet, sondern zugleich Vorsitzender des Gemeinderates ist. Die vergleichsweise stärkere Stellung bezieht der Bürgermeister hier daraus, dass er ebenso wie der Gemeinderat direkt bürgerschaftlich legitimiert ist.
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In den 90er Jahren des 20. Jahrhundert haben sich die Systemunterschiede zwischen den Ländern weitgehend aufgelöst, weil heute alle Gemeindeordnungen – mit Modifikationen in Hessen[325] – neben dem direkt gewählten Gemeinderat einen ebenso durch direkte Wahl legitimierten Bürgermeister etablieren[326]. Damit hat sich die süddeutsche Ratsverfassung, d.h. die monokratische Leitung der Gemeindeverwaltung durch den volksgewählten Bürgermeister, bundesweit durchgesetzt[327]. Beflügelt wurde diese Entwicklung im Wettbewerb der Gemeindeverfassungssysteme durch das Hinzutreten der neuen Bundesländer und durch Reformen in den alten Ländern, welche das Ziel verfolgten, die Bürgerbeteiligung zu stärken und – als eine Element dieses Politikziels – die demokratische Legitimation des Bürgermeisters zu verbessern[328]. Die fast 200jährige, bis 1990 andauernde kommunalverfassungsrechtliche Vielfalt in Deutschland wurde damit innerhalb weniger Jahre bereinigt[329]. Die Unterschiede zwischen den Gemeindeverfassungssystemen liegen heute daher nicht mehr im gewählten System, sondern in zahlreichen Einzelheiten[330].
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Symptomatisch für verschiedene Ausgestaltungen einer ähnlichen dualistischen Grundstruktur durch die Gemeindeverfassungen ist das Verhältnis des Bürgermeisters zum Gemeinderat: Während die Mehrzahl der Bundesländer die Organe dadurch verklammert, dass der Bürgermeister Mitglied des Gemeinderates ist (Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt) und ggf. von Amts wegen den Vorsitz führt (Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen, Saarland), weisen andere Verfassungen die Tendenz zur Funktionentrennung auf (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein)[331]. Divergenzen zeigen sich darüber hinaus vor allem bei der Amtszeit des Bürgermeisters[332] und bei dessen Abwahl während der Amtsperiode, die außer in Bayern und Baden-Württemberg in allen Bundesländern möglich ist.
II. Organe der Gemeinde
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Während der Gemeinderat das zentrale Beschlussorgan bildet, ist der Bürgermeister das Hauptverwaltungsorgan. Der kollegialen bzw. monokratischen Organstruktur – mit Abweichungen in Hessen – korrespondieren jeweils strukturadäquate Zuständigkeiten, die verfahrensmäßig einander zugeordnet werden müssen. So entsteht ein verzahnter Willensbildungs- und Entscheidungsprozess in der kommunalen Körperschaft, der länderweise unterschiedlich ausgestaltet ist.
1. Gemeinderat
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Der Gemeinderat ist die Vertretung der Bürger und das (politische) Hauptorgan der Gemeinde[333]. Er stellt die von Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG vorgesehene Volksvertretung dar. Die Grundgesetzbestimmung gibt zugleich vor, dass diese aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Das Nähere bestimmt sich nach den Kommunalwahlgesetzen der Länder[334], daneben enthalten teilweise die Gemeindeordnungen selbst wahlrechtliche Bestimmungen. Art. 28 Abs. 1 S. 4 GG besagt, dass in Gemeinden an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten kann. Dazu müssen sich alle wahlberechtigten Bürger der Gemeinde versammeln[335]. Die Gemeindeversammlung hat aber im Zuge der in den Ländern durchgeführten kommunalen Gebietsreformen ihre Bedeutung verloren. Diese wird im einfachen Gesetzesrecht – soweit ersichtlich – nur noch in Schleswig-Holstein zugelassen[336].
a) Status, Rechte und Pflichten der Gemeindevertreter
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Die Mitglieder des Gemeinderates werden direkt von den Bürgern bestimmt. Das Wahlrecht ist typischerweise in separaten Kommunalwahlgesetzen normiert. Die Anzahl der Gemeindevertreter hängt von der Einwohnerzahl der Kommune ab und ist in den Ländern ebenso unterschiedlich geregelt wie die Frage, ob der Bürgermeister der Gemeindevertretung als geborenes Mitglied angehört und darin zudem – oder nur (Saarland) – den Vorsitz innehat.
aa) Rechtsstellung
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Die Gemeindevertreter stehen in einem kommunalrechtlichen Mandatsverhältnis eigener Art[337], welches ehrenamtliche Züge trägt[338], sie aber nicht zu Ehrenbeamten macht[339]. Gleichwohl üben sie ein öffentliches Amtes aus und sind damit Beamte im haftungsrechtlichen Sinne nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG[340]. Aus historischen, systematischen und teleologischen Gründen sind kommunale Mandatsträger in der Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit eigener Art jedoch nicht als Amtsträger im strafrechtlichen Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 b) StGB zu verstehen[341].
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Dieser besondere ehrenamtliche Status entspricht dem Selbstverständnis kommunaler Aufgabenerfüllung, da Bürger aktiviert werden sollen, die ihren Hauptberuf oder eine andere Tätigkeit weiterhin ausüben[342]. Auch wenn mit dem Gemeinde- bzw. Stadtrat ein verfassungsrechtlich verbürgtes Beschlussorgan in Rede steht, trifft die Bezeichnung als sog. „Kommunalparlament“ nicht zu, weil es sich um ein Organ der Selbstverwaltung handelt[343]. Obwohl die Mitglieder demokratisch gewählt werden, sind die Aufgaben des Repräsentativorgans diejenigen des kommunalen Verwaltungsträgers. Das kommunalrechtliche Mandat beinhaltet folglich keine parlamentarische Immunität und Indemnität[344]. Die Gemeindevertreter haben jedoch kein imperatives, sondern ein freies Mandat[345]. Das bedeutet, dass sie in ihrer Tätigkeit nur nach ihrer freien, durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung handeln[346]. Sie sind an Verpflichtungen und Aufträge nicht gebunden[347]. Mit dem freien Mandat ist ein Fraktionszwang unvereinbar[348]. Parteiaustritt, Parteiausschluss und Fraktionswechsel führen nicht zu einem Verlust des Mandats[349].
bb) Rechte
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Das Mandat der Gemeindevertreter berechtigt zu Teilnahme, Rede, Information, Antragstellung und Abstimmung und wird von „Annexrechten“ (Kündigungsschutz, Aufwandsentschädigung) flankiert und abgesichert[350]. Das Antragsrecht umfasst sowohl Sach- als auch Geschäftsordnungsanträge und schließt auch das Recht ein, den Antrag zu erläutern[351]. Das Rede- und Abstimmungsrecht vervollständigen das mit dem Antragsrecht verbundene Begehren, wenngleich diese Rechte sich auch auf nicht selbst eingebrachte Anträge erstrecken. Bei der Abstimmung handelt es sich um den zentralen Akt der Ausübung von Herrschaftsgewalt, zu der der einzelne Gemeindevertreter berufen und durch die Wahl demokratisch legitimiert ist[352]. Der Gemeindevertreter kann sein Mandat nur ordnungsgemäß ausüben, wenn er sich ausreichend über die zur Entscheidung anstehenden Vorhaben informieren kann. Dem kommunalen Mandatsträger stehen deshalb Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte zu[353]. Damit die Mandatsausübung „ungestört“ erfolgen kann, untersagen die Kommunalgesetze Benachteiligungen am Arbeitsplatz – etwa in Form einer Entlassung oder Kündigung – im Zusammenhang mit der Bewerbung, Annahme oder Ausübung des kommunalen Mandats[354]. Darüber hinaus haben die Gemeindevertreter ein Recht auf Verdienstausfall, Auslagenersatz und Aufwandsentschädigung[355].