Kitabı oku: «Catholic Women», sayfa 4
Katholisch, weiblich, autonom?
Erfahrungen einer Benediktinerin
Makrina Finlay OSB (Dinklage, Deutschland / Kalifornien, USA)
„Wie in aller Welt bist du hierher gekommen?“ ist oft eine der ersten Fragen, die mir Menschen stellen. Es ist eine gute Frage. Ich bin Benediktinerin in der Abtei Dinklage in Niedersachsen, wuchs aber freikirchlich in einer kleinen Stadt in Nordkalifornien auf. Meine Familie und ich gehörten zur Church of the Nazarene (dt. „Kirche des Nazareners“) – eine Kirche, die seit ihrer Gründung im Jahr 1908 Frauen ordiniert. Als Kinder besuchten meine Schwester und ich die konservative christliche Schule, an der unsere Eltern unterrichteten. Ich ging auf eine methodistische Universität in der Nähe von Los Angeles und hatte wenig Kontakt mit dem Katholizismus oder anderen liturgisch und sakramental ausgerichteten Kirchen. Erst als ich mit Anfang 20 für ein Auslandssemester nach Oxford ging, lernte ich anglikanische, katholische und orthodoxe Christ*innen kennen und besuchte viele unterschiedliche Kirchen. Später belegte ich einen Patristik-Kurs, der mich schließlich begeisterte.
In dieser Zeit studierte ich unter anderen Athanasius, Johannes Chrysostomus und die Kappadokier. Vor allem die heilige Makrina und ihr jüngerer Bruder, der heilige Gregor von Nyssa, hatten es mir angetan. Mir gefiel es, dass Gregor etwa zur gleichen Zeit, als er am Konzil von Konstantinopel teilnahm und die Lehre von der Dreifaltigkeit ausarbeitete (381), auch das Leben der heiligen Makrina schrieb. Darin stellt er seine Schwester als eine Person dar, die über geschlechtsbezogene Normen hinausging und sich beispielsweise aktiv dafür entschied, genauso wie ihre Dienerinnen zu leben. Er wollte deutlich machen, dass sie die von Paulus in Galater 3,28 beschriebene Vision in die Tat umsetzte: „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ Gregor präsentiert Makrina als eine Person, die eine monastische Gemeinschaft leitete, Bischöfe lehrte, Männer und Frauen segnete, ein priesterliches Gebet sprach, als Braut Christi lebte und auf diese Weise in ihrem eingeschränkten Bereich der Kirche als Ganzer diente. In seinem Bericht über ihre letzten Tage beschreibt er sie und ihr Wirken nicht nur wie das Weihrauchopfer auf dem Altar, sondern als den Weihrauch selbst. Es ist nicht ersichtlich, ob Makrina aus Sicht Gregors „in persona Christi“ handelt, aber in seiner Darstellung ist sie aufs engste mit Christus verbunden und hat nicht nur die Fähigkeit, die Opfergabe zu weihen, sondern selbst die Opfergabe zu sein.
Das war eine Vision von Kirche, zu der ich mich hingezogen fühlte.
Als ich einige Monate später nach Oxford zurückkehrte, um mein Doktorat in moderner Geschichte zu beginnen, war ich schon vom sakramentalen Wesen der Kirche überzeugt. Ich lernte eine Reihe von Benediktinermönchen kennen, die ebenfalls in Oxford studierten, und schloss mich ihnen oft zum Gebet an. Da ich theologisch immer noch auf der Suche war, begann ich einen katechetischen Prozess, sowohl bei der orthodoxen als auch der katholischen Kirche. Nach einigen Monaten entschied ich mich, katholisch zu werden. Das war im Frühjahr 2000. Ich hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen. Gleichzeitig aber kam ich mir vor wie ein Scheidungskind, das sich entscheiden musste, bei welchem Elternteil es leben wollte. Ich traf die Wahl. Ein halbes Dutzend Mönche und mein Freundeskreis, zu dem eine Jüdin, eine Hindu, eine Mormonin und ein Atheist gehörten, nahmen an meiner Firmung teil. Das war für mich die Weite der katholischen Kirche und der Grund, warum ich Ja sagen konnte.
Während meiner Jahre in Oxford war ich Teil einer kleinen Gruppe von Frauen, die von einer anglikanischen Priesterin geleitet wurde. Für mich waren die Mitglieder dieser Gruppe Mitchristinnen und Suchende, die mir viel beibringen konnten, aber als katholische Konvertitin vertrat ich auch ein enges Verständnis der Sakramente. Es gab mir Sicherheit, zu wissen, was erlaubt war und was nicht. Eines Abends waren wir gemeinsam zu einer Eucharistiefeier versammelt, der die Gruppenleiterin vorstand. Sie war sichtlich schwanger. Obwohl ich aus meiner Kindheit in der Nazarenerkirche mit Predigerinnen und Pastorinnen vertraut war, war diese Situation aufgrund des liturgischen und sakramentalen Kontextes anders; die Anglikaner hielten es ja nicht „nur” für ein Symbol. Ich erinnere mich, dass ich mich beim Anblick einer schwangeren Frau, die in persona Christi steht und die Hostie konsekriert, sehr unwohl fühlte; ich war froh, dass das in der katholischen Kirche nicht möglich war.
Etwa zur selben Zeit lernte ich Sr. Maire Hickey kennen. Sie war damals Äbtissin von Dinklage, der Benediktinerinnenabtei in Deutschland, in die ich 2005 eintrat. Ich fand in ihr und den anderen Schwestern eine tiefe spirituelle Kraft, zu der ich mich hingezogen fühlte. Ungefähr ein Jahr nach der oben erwähnten Eucharistiefeier kam Sr. Maire zu einem „Reunion“ nach Oxford. Die Veranstaltung begann mit einer Messe, und sie lud mich ein, daran teilzunehmen. Bei der eucharistischen Wandlung fühlte ich mich allerdings genauso unwohl wie bei der, die ich oben beschrieben habe. Von den ca. 100 Personen, die offiziell an der Veranstaltung teilnahmen, war Sr. Maire die einzige Frau. Ich war spürbar geschockt von dem Eindruck, als 100 Paar Arme um uns herum in der Konzelebration in die Höhe flogen. Wäre ich allein gewesen, hätte ich mir vielleicht nichts dabei gedacht. Doch da war Sr. Maire, die als Äbtissin in vielerlei Hinsicht den Rang eines Bischofs inne hatte. Sie war meine geistliche Begleiterin, durfte mir aber nicht die Absolution erteilen. Sie war eine theologisch gebildete, zölibatär lebende Leiterin einer Ordensgemeinschaft und vertrat als Äbtissin, wie es die Benediktsregel sagt, „im Kloster die Stelle Christi“ (RB 2,2); und doch durfte sie nicht in persona Christi konzelebrieren. Ich konnte das alles noch nicht artikulieren, aber nichts davon schien richtig zu sein.
Jahrelang war ich zwischen diesen beiden Polen hin- und hergerissen: dem Gefühl, dass Männer, weil sie das gleiche Geschlecht wie Jesus Christus haben, irgendwie besser ausgestattet sind, um in persona Christi zu handeln, und dem Gefühl, dass die christliche Sakramentalität und das geistliche Leben das Geschlecht transzendieren. „Es gibt weder weiblich noch männlich…“ Ich habe im Großen und Ganzen gute Erfahrungen mit Priestern gemacht und kann viele Priester und Mönche zu meinen Freunden und Kollegen zählen. Ich habe auch keine Berufung zum Priestertum, und fühlte mich deswegen nie persönlich benachteiligt durch die Tatsache, dass Frauen in der katholischen Kirche von der Priesterweihe ausgeschlossen sind. Wie oben erwähnt, wurde ich katholisch, weil ich es für wichtig hielt, Teil einer Kirche zu sein, die die Sakramente zu ihren Grundlagen zählt. Und am Anfang war ich bereit, die Regeln eins zu eins zu übernehmen.
Als Benediktinerin habe ich insgesamt auch die positiven Seiten des katholischen Glaubens erfahren. Die Regel des heiligen Benedikt, die mein klösterliches Leben leitet, legt Wert darauf, dass wir Christus nicht nur in der Äbtissin sehen und uns auf ihn einlassen, sondern auch in den Besucher*innen, den Armen, den Kranken; kurzum: in jedem Menschen. Die Regel betont auch, dass wir alles im Kloster – alle Güter und Talente, die uns anvertraut sind – wie die heiligen Gefäße des Altars behandeln. Es geht darum, dass wir durch das Sakrament der Taufe miteinander das Heilige in unserem gemeinsamen Leben, das von Gebet, Arbeit und Lectio Divina geprägt ist, kennenlernen. Von dort aus gewinnen wir die Perspektive, durch die wir sehen können: alle und alles ist geheiligt – und geweiht.1
Das mag erhaben klingen; und das ist es auch. Gleichzeitig ist es in unserem täglichen Leben verwurzelt. Mit Hilfe von Demut, Geduld und einem Sinn für Humor lernen wir, unsere eigenen Unzulänglichkeiten und die der anderen zu ertragen, und unsere alltäglichen Erfahrungen zeigen uns, dass die Menschheit – die ganze Menschheit! – durch die Menschwerdung und Auferstehung Christi im Innersten verwandelt worden ist. Wir gestalten unser Leben so, dass wir ständig daran erinnert werden, im Licht und in der Wirklichkeit dieses Wandels zu leben.
Und doch: selbst im Kloster, wo wir Ordensfrauen weitestgehend autonom sind, stoßen wir dabei an Grenzen. Es sind oft die kirchlichen Regeln selbst, die uns daran hindern, unser Leben in diesem Sinne zu gestalten. Seit dem Mittelalter waren die Frauenorden gezwungen, zwischen Klausur und Apostolat zu wählen. Die Entscheidung für ein Leben im Kloster war mit einem höheren Status in der Kirche verbunden. Ein aktives Apostolat war mit strenger Klausur nicht zu vereinbaren, doch es erlaubte den Gemeinschaften, die apostolische Arbeit zu tun, zu der sie sich berufen fühlten. Es war ein Entweder-Oder. Für Benediktinerinnen lag darin eine besondere Herausforderung. Unsere Regel fordert ein Gleichgewicht zwischen internem Ordensleben, Gastfreundschaft und Arbeit, und das passt so gar nicht zu der strikten Zweiteilung in kontemplative und aktive Ordenstätigkeit. Bemerkenswert ist übrigens, dass man den Männern, obwohl sie als Benediktiner nach der gleichen Regel leben, nie diese beiden Alternativen als unvereinbar vorgeschrieben hat.
Die ersten Benediktinerinnen in den USA sind ein Musterbeispiel für die Schwierigkeiten, die dadurch entstanden. Sie kamen im 19. Jahrhundert in die Vereinigten Staaten und wurden bei ihrer Ankunft von den örtlichen Bischöfen gezwungen, zwischen der Arbeit, für die sie gekommen waren, und der Beibehaltung ihres kanonischen Stands zu wählen. Sie wählten ihre Arbeit anstatt des Titels. Sie blühten als Kongregation auf; Tausende von Frauen wurden von ihrer Lebensweise angezogen, aber diese Entscheidung senkte ihren Status, trennte sie von ihren Ursprungsgemeinschaften und verhinderte, dass sie das volle Stundengebet2, dem sie zuvor gefolgt waren, beibehalten durften. Vergleichbares geschah auf der ganzen Welt, und die Benediktinerinnen haben noch heute mit Folgewirkungen zu kämpfen.
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil haben Benediktinerinnen – Schwestern und Nonnen – begonnen, sich gemeinsam zu treffen, um ihre gemeinsamen Wurzeln wiederzufinden. Davor war nicht einmal das erlaubt; wieder: weil die männliche Hierarchie es so wollte. Seit einigen Jahren, und zu Beginn besonders mit der Unterstützung von Männern, die diese Ungerechtigkeiten sehen und beseitigen wollten, finden sich Benediktinerinnen regelmäßig und überall auf der Welt zusammen und entwickeln eine Struktur, in der die Gemeinschaften miteinander verbunden sind. Sie diskutieren Aspekte des benediktinischen Lebens, die uns alle zusammenhalten, und haben allmählich begonnen, die gemeinsame spirituelle Basis, die wir alle teilen, wiederzuentdecken.
All das ist ein gutes Zeichen und man könnte meinen, dass es das Ergebnis einer Veränderung im Herzen der gesamten Kirche war. Im Jahr 2016 wurde es jedoch als Wunschdenken entlarvt. Mit der apostolischen Konstitution Vultum Dei quaerere verkündete der Vatikan, dass alle autonomen kontemplativen Gemeinschaften neue Kongregationen oder Föderationen gründen oder sich bereits bestehenden anschließen müssen.3 Anstatt die betroffenen Gemeinschaften zu konsultieren und anstatt Vertreterinnen dieser Gemeinschaften zu ernennen, um an der Entwicklung dieser neuen Struktur teilzunehmen, hat der gesamte Prozess von oben nach unten stattgefunden. Das hat bei vielen zu Empörung und weitestgehender Missbilligung geführt. Um es klar zu sagen: Die Absicht, dass sich die Ordensgemeinschaften zusammenschließen, ist an sich nicht schlecht. Wie bereits erwähnt, waren die Benediktinerinnen in diesem Prozess bereits sehr weit fortgeschritten und wären viel weiter gewesen, wenn der formale Kontakt zwischen Schwestern und Nonnen nicht von der Hierarchie für Hunderte von Jahren verboten worden wäre. Aber alle Nonnen nur aufgrund der Tatsache, dass sie in Klausur leben, in einen Topf zu werfen, als ob das unser primäres Definitionsmerkmal wäre, und uns dann eine neue Struktur aufzuzwingen, während man sich weigert, Vertreterinnen der Gemeinschaft in den Entscheidungsprozess miteinzubeziehen, ist für Gemeinschaften auf der ganzen Welt schmerzhaft; für die meisten Menschen außerhalb der Kirche ist es ohnehin schwer zu begreifen.
Zugegeben, auch Männer können auf ähnliche Probleme stoßen; es geht nicht nur um die Diskriminierung von Frauen. Ein Unterschied ist jedoch, dass Männer, weil sie ordiniert werden können, auch in diese hierarchischen Strukturen eindringen und Veränderungen durchsetzen können. Frauen sind davon ausgeschlossen, einfach weil sie Frauen sind. Solange wir diese Regeln akzeptieren, bleiben uns die Hände gebunden; wenn es um unser gemeinschaftliches und geistliches Leben geht, bleiben wir dem Wohlwollen ausgeliefert, das Männer gewähren oder verweigern können.
Erfahrungen wie diese machen deutlich, dass Frauen keine Stimme in der Kirche haben. Es sind diese offensichtlichen Ungerechtigkeiten und das Gefühl, von der männlichen Hierarchie nicht ernst genommen zu werden, weshalb immer mehr Ordensfrauen allergisch auf ordinierte Kleriker reagieren. Schon die Tatsache, dass ein Mann hinzugezogen werden muss, um die Messe zu feiern, die Beichte zu hören, die Krankensalbung zu spenden und Segnungen zu erteilen, ist in diesem Zusammenhang schwer zu akzeptieren.
In meiner Gemeinschaft hatten wir bereits vor Corona damit begonnen, die Anzahl der Messen zu reduzieren und sicherzustellen, dass es wenigstens ein paar Tage im Monat gab, an denen wir einen Wortgottesdienst feierten. Als die Covid-19-Beschränkungen in Kraft traten, entschlossen wir uns, nur noch zweimal in der Woche eine Messe zu feiern; donnerstags und sonntags. An den anderen Tagen hören wir die täglichen Messlesungen während der Terz, und die Äbtissin oder eine andere Schwester hält eine Homilie. Obwohl der Verzicht auf die Eucharistie in vielerlei Hinsicht ein Opfer ist, reduziert dies unsere Abhängigkeit von den Priestern und gibt der gewählten geistlichen Leiterin den Raum, um der Gemeinschaft und den Gästen in einem liturgischen Kontext spirituelle Impulse anzubieten. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, denn es wäre deutlich schlechter gewesen, für die tägliche Messfeier einen Priester von außerhalb in unsere Gemeinschaft importieren zu müssen, oder – noch schwieriger – einen Kaplan dauerhaft bei uns wohnen zu lassen.
Was bedeutet das alles für uns – was bedeutet es für mich? Zum einen bleibe ich zurück mit vielen Freunden und Freundinnen, die nicht verstehen, wie ich mich so mit dieser Kirche verbinden und so viel in sie investieren kann. Obwohl ich und andere Ordensleute wahrscheinlich noch um einiges länger innerhalb der Kirche bleiben und mit der Institution ringen werden, finden wir Wege, unsere Berufung, Kirche zu sein, auf eine selbstständigere Weise zu leben. Die meisten anderen Menschen, die ich kenne, ignorieren einfach die Position der Kirche zu Geschlecht und Sexualität, weil sie sie nicht ernst nehmen können. Ihre Ablehnung ist nicht mit Kampf oder Gewalt verbunden. Sie bleiben auch nicht in der Kirche, um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Warum sollten sie auch? Sie haben nicht einmal so viel Interesse, um die Energie aufzubringen, für einen Wandel in der Kirche zu kämpfen.
Literatur
Papst Franziskus, Apostolische Konstitution Vultum Dei quaerere. Über das kontemplative Leben in Frauenorden, hg. von der dt. Bischofskonferenz (Päpstl. Verlautbarungen Nr. 208), Bonn 2016.
Salzburger Äbtekonferenz, Die Regel des Heiligen Benedikt (=RB), Beuron 17. Aufl. 2006.
1Anm. d. Übs.: Im englischen Original heißt es, stilistisch kaum übersetzbar: „everyone and everything is sacred – consecrated“.
2Anm. d. Übs.: Die Regel selbst schreibt das Stundengebet vor.
3Zur Erläuterung: Klöster wie das unsrige sind rechtlich autonom; d.h. die Gemeinschaft regelt ihre Angelegenheiten selber unter der Leitung und Letztverantwortung der Äbtissin. Für bestimmte, klar im Kirchenrecht festgelegte Dinge hat der Bischof eine besondere Aufsichtspflicht. Die apostolische Konstitution Vultum Dei quaerere bestimmt nun, dass bisher autonome Klöster sich in Föderationen oder (monastischen) Kongregationen zusammenzuschließen haben oder sich einer bestehenden anschließen sollen. Es ist hier nicht der Ort, die rechtlichen Unterschiede der genannten Möglichkeiten darzulegen, die auch ihre positiven Seiten haben, aber auf zwei Dinge ist kritisch hinzuweisen: zum einen werden in Vultum Dei quaerere Klöster mit unterschiedlichen Spiritualitäten und Traditionen wie Karmelitinnen, kontemplative Dominikanerinnen, Klarissen und eben auch Benediktinerinnen in einen Topf geworfen, und es werden die unterschiedlichen kulturellen Kontexte in der Welt von heute nicht in Betracht gezogen. Zum anderen ist die Motivation der Neuregelung nicht etwa, die Frauengemeinschaften zu stärken, sondern eher, aussterbende Gemeinschaften beizustehen und die Möglichkeit zu eröffnen, diese an andere Gemeinschaften anzuschließen.
Szenen aus dem Leben einer kenianischen Ordensfrau
Judith Sakwa Omusa OSB (Busia, Kenia)
Omukazi wa father, omukazi wa father („Frau des Priesters, Frau des Priesters“). Es war ein leiser Gesang, den ich hörte, als ich die belebte und überfüllte Straße der kleinen Stadt entlang ging und nach einem Bus Ausschau hielt. Der Gesang wurde immer lauter, als ich mich den beiden betrunkenen jungen Männern näherte, die sich am Busbahnhof aufhielten. „Schwester, wo hast du den Pfarrer gelassen?“, fragte mich einer von ihnen überheblich. In diesem Moment dämmerte es mir, dass ich diejenige war, die sie als „Ehefrau des Priesters“ bezeichneten. Es war mir so peinlich, dass ich mit wünschte, der Boden würde sich öffnen und mich verschlucken, aber das war ja nicht möglich. Ich versuchte sie zu ignorieren, aber einer von ihnen riss mir die Tasche aus den Händen und brachte sie zu einem Bus, der in der Nähe geparkt hatte (das ist typisch für „Fahrkartenvermittler“ in meinem Land). Lo! Der Bus war bereits voll, ich konnte kaum noch einen freien Sitzplatz bekommen. „Der Bus ist schon voll“, sagte ich zu einem von ihnen. Meine Güte, die Männer überschütteten mich mit Beschimpfungen, als würden sie nur auf eine Reaktion von mir warten, damit sie mich attakieren konnten. „Du bist es gewohnt, von Priestern mitgenommen zu werden, und deshalb denkst du, dass dies das Auto eines Priesters ist, in dem du bequem sitzen kannst.“ Mein Herz schlug sehr schnell, alle starrten mich an. Zum Glück war ein Mann so freundlich und bot mir seinen Platz an. An diesem Tag kam mir die Fahrt länger vor als sonst, und als ich an meinem Ziel ankam, rief mir der Mann zu: „Grüß den Pfarrer von mir“, während er mir die Tasche überreichte.
Als ich aufwuchs, waren Schwestern in der Gesellschaft besonders verehrte Menschen. Für viele galten sie als eine Art „Göttinnen“. Ihnen wurde viel Respekt entgegengebracht, und wenn man sie um Hilfe bat, bekam man sie. Die Babikira (Jungfrauen), wie sie von den meisten Einheimischen genannt wurden, waren immer für die Menschen da, und sie trugen immens zu deren Wohlergehen bei. Die Mehrzahl der herausragenden Bildungs- und medizinischen Einrichtungen wurden von Schwestern gegründet. Mittlerweile hat sich aber das Bild der Schwestern in den Augen vieler Menschen, besonders bei den Jugendlichen, verändert. Eine Ordensfrau wird wie jede andere Frau gesehen. Es wird auch uns so wenig Respekt entgegengebracht, dass ich mich manchmal frage, was da falsch gelaufen ist!
Seitdem der sexuelle Missbrauch an Ordensfrauen aufgedeckt wurde, wollen viele junge Mädchen nicht mehr in eine Ordensgemeinschaft eintreten, einige werden sogar von ihren Eltern davon abgehalten. Viele denken, dass das Ordensleben nichts mehr wert ist, sie haben das Gefühl, dass einigen von uns durch Priester Unrecht geschieht, und sie möchten nicht zulassen, dass auch ihre Kinder auf dieselbe Weise leiden. Daneben gibt es Leute, in deren Augen wir Scheinheilige sind, die vorgeben, in den Klöstern ein keusches Leben zu führen, in Wirklichkeit aber mit Priestern verheiratet sind. Es ist schon fast normal, dass „Gäste“ unserer Priester zu uns ins Kloster kommen und diese dann denken, wir würden mit den Priestern zusammenleben. Manchmal ist es sehr schwierig, sie davon zu überzeugen, dass die Priester im Pfarrhaus wohnen und nicht im Kloster. Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem unser Kloster von Räubern überfallen wurde, sie verlangten, dass wir ihnen das Zimmer des Pfarrers zeigten, aber als wir ihnen sagten, dass wir nicht mit Priestern zusammenwohnen, wurden wir geohrfeigt. Wie auch immer, ich kann es ihnen nicht einmal verübeln!
Weil viele Gerüchte über Ordensfrauen und die katholische Kirche als Ganzes im Umlauf sind, haben Kriminelle auch nicht davor zurückgeschreckt, sich wie Schwestern zu verkleiden, um Verbrechen zu verüben. Ich erinnere mich an einen Vorfall, bei dem als Schwestern getarnte Kriminelle die Angestellte eines Devisenbüros unter Drogen setzten und Millionen erbeuteten. Früher glaubten viele Menschen, dass man geweiht sein muss, um einen Habit zu tragen, da er als etwas Besonderes angesehen wurde und von keiner anderen Person getragen werden konnte. Heute hingegen nähen bzw. stehlen Kriminelle Schwesternhabits für ihre Verbrechen. Das hat es für die Menschen, auch für uns Ordensleute, sehr schwierig gemacht, jemandem im Habit zu vertrauen, besonders wenn die Person nachts, auf der Suche nach einer Unterkunft, zu uns ins Kloster kommt. Es gab einen Vorfall in einem der Klöster, bei dem sich eine Frau im Ordenshabit als Schwester ausgab und eine Übernachtungsmöglichkeit suchte, und am Morgen musste man feststellen, dass sie eine Betrügerin war und sich mit etlichen Wertgegenständen aus dem Gästehaus davongemacht hatte.
Früher war die Ausbildung an einer Klosterschule sehr angesehen und vermittelte den Lernenden komplett andere Erfahrungen im Leben. Sie galten vor allem als Orte, an denen Schülerinnen und Schüler in einer strengen Atmosphäre erzogen und gefördert wurden, es war eine Art Sprungbrett zur Selbstdisziplin. In Klosterschulen wurden freilich auch Berufungen zum Ordensleben geweckt – bis heute gehen die meisten Berufungsgeschichten von Priestern und Nonnen auf die Schule zurück, die sie besucht haben. Trotzdem sind heute die meisten jungen Leute nicht bereit, von Schwestern geleitete Schulen zu besuchen, da sie glauben, dass die Schwestern nur streng zu ihnen (den Schüler*innen) sind, selber aber die geforderte Disziplin nicht praktizieren.
Im Austausch mit einigen der Schwestern, die Lehrerinnen sind, habe ich erfahren, dass ihnen der Umgang mit manchen Jugendlichen schwer fällt. Den Schüler*innen wurde so viel über Ordensfrauen erzählt, dass die Schwestern Schwierigkeiten haben, überhaupt noch bei ihnen durchzudringen, wenn es beispielsweise darum geht, ihr Ordensleben zu erklären. Es gibt einen Vorfall, bei dem eine Schwester während des Religionsunterrichts gefragt wurde, warum katholische Priester Father (Vater) genannt werden und trotzdem nicht heiraten. Während die Schwester die Frage beantwortete, wurde sie von einer anderen Schülerin unterbrochen, die absolut nicht einverstanden war mit dem, was die Schwester sagte. Das Mädchen erzählte der Klasse unschuldig, ihre Mutter habe ihr gesagt, dass ihr Papa der Pfarrer Sowieso sei, und der sei doch schließlich Priester. Das schlug bei der Schwester ein wie eine Bombe! Sie wollte den Unterricht beenden, aber für die Kinder war es der Beginn einer Diskussion, da der Rest der Klasse von der Schwester die Aussage ihrer Klassenkameradin bestätigt haben wollte.
Eine weiteres Problem ist, dass Männer dreiste sexuelle Annäherungsversuche machen und behaupten, sie würden sich schließlich nicht von den Priestern unterscheiden, mit denen wir Schwestern Affären hätten. In ihren Augen ist das keine Frage von Missbrauch, sondern eine Lebensweise, für die sich Priester und Ordensfrauen doch entschieden hätten.
Doch durch die Aufdeckung der Skandale um sexuellen Missbrauch ist den meisten Ordensfrauen ein Licht aufgegangen, und sie sind nicht mehr so naiv wie früher. Dadurch haben einige der Nonnen, die dasselbe Schicksal erlitten haben, sich offen zu den Missbrauchstaten geäußert und diese üblen Taten angeprangert anstatt weiter zu schweigen.
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