Kitabı oku: «Der Herkules: 300 Jahre in Kassel», sayfa 5

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In keinem Zeitalter der Welt wurde so viel gereist, als in dem unsrigen. Der Kasseler Herkules in Reiseberichten des 18. und 19. Jahrhunderts
Helmut Bernert

„In keinem Zeitalter der Welt wurde so viel gereist, als in dem unsrigen“, klagt Johann Wilhelm von Archenholz im Jahre 1784. Und weiter heißt es: „Nie bereiseten Kaufleute aller Nationen so sehr fremde Staaten als jetzt; ja selbst der unbemittelte Gelehrte entfernt sich von seinem Pult, und macht zwar nicht lange Reisen, doch wenigstens Excursionen, oft in der Absicht seine zusammengerafften Bemerkungen der Welt mitzutheilen, und sich dadurch für die aufgewandten Kosten schadlos zu halten.“ Dies ist auch kein Wunder, da nach Schätzungen von Hans Wolf Jäger „zwischen 1700 und 1810 etwa 10 000 faktologische und fiktive Reisebeschreibungen entstanden.“1

Der Herkules – fast 50 Jahre unbekannt

So sollte man eigentlich annehmen, dass nach der Fertigstellung der Herkulesfigur auf dem Oktogon im Jahr 1717 eine Vielzahl von Reiseberichten zu finden seien. Spätestens mit der deutschen Ausgabe des Kupferstichwerkes „Delineatio montis“ von 1727 gab es eine Abbildung des Oktogons mit der Herkulesstatue.2 Doch innerhalb der folgenden 50 Jahre, also bis 1767, als die erste Stadtgeschichte der Stadt Kassel von Friedrich Christoph Schminke3 erscheint, gibt es nur zwei Berichte, in denen ausdrücklich der Herkules genannt wird. Alle anderen zeitgenössischen Erwähnungen schreiben von einer Grotte auf dem Weissenstein.4 Von allen üblicherweise für diesen Zeitraum zitierten Berichten: von Friedrich Armand von Uffenbach (Besuch 1728, veröffentlicht 1928), Heinrich Zernecke (Besuch 1733, veröffentlich 1900), Carl Bentzmann (Besuch 1757, veröffentlicht 1925), James Boswell (Besuch 1764, veröffentlicht 1955), Carl Friedrich Gralath (Besuch 1766, veröffentlicht 1925) konnten die damals Lebenden keine Kenntnis nehmen.5

Die erste Veröffentlichung in der Zeit vor Schminke6 (1767), in der der Herkules explizit genannt wird, stammt aus dem Jahr 1755. Der englische Reiseschriftsteller und spätere anglikanische Bischof Richard Pococke (1704–1765) berichtet in seiner dreibändigen „Beschreibung des Morgenlandes“, über seinen Aufenthalt in Kassel. Über seinen Besuch des Winterkastens7 berichtet er: Oben auf einem Berge stehet auf Bogen ein ungemein grosses offenes Gebäude von bäuerischer Bauart, und oben darauf eine Spitzsäule, auf deren Spitze eine riesenförmige metallene dreißig Fuß hohe Säule vom Hercules stehet, dessen Kopf und Rumpf etwa aus fünf Stücken bestehet, deren iedes besonders gegossen ist. Man sagt, die Säule wäge hundert und achtzig Centner, ieden auf hundert und acht Pfund gerechnet. Sie ward von einem gemeinen Kupferarbeiter, der dahmals am Leben war, verfertiget. Im weiteren beschreibt er Einzelheiten der Wasserkünste und dass man von dessen „Boden zu der Bildsäule hinauf acht hundert und vier und vierzig Stufen gehen“ müsse. Der andere Bericht ist von Anton Friedrich Büsching8: Ganz oben [nach 800 Stuffen] ist eine große Pyramide von über und durcheinander gesetzten gewaltigen Steinen, und auf derselben steht ein kupferner Herkules, welcher an 30 Schuhe hoch ist, und aus welchem man eine weite Aussicht hat.

Der Herkules in der Stadtgeschichtsschreibung

Bei den Berichten von Uffenbach, Zernecke, Bentzmann, Boswell, Gralath und Pococke handelt es sich immer um Tagebuchaufzeichnungen, die mit Ausnahme des Berichts von Pococke ursprünglich nicht zur Veröffentlichung gedacht waren. Ganz anders ist das Werk über die Stadt Kassel von Schminke. Im XXVII. Hauptstück berichtet er „von den ohnweit der Stadt gelegenen Fürstlichen Lustschlössern und Gärten“ neben „Freyenhagen“ und dem „Lustschloß Weissenstein“ den „Carlsberg“ mit den Anlagen sowie „Wilhelmsthal“.9 Zum Herkules heißt es da: Auf derselben [‚Platteforme‘] stehet nach der Caskade zu eine 96 Fus hohe Pyramide von Quaderstücken mit fünf übereinander befindlichen Kreutzgewölbern, zu deren vier Umgängen auf einer Windeltreppe[!], so um eine hohle Spindel gehet, zu gelangen stehet. Von da steiget man auf einer Leiter in das eilfschuhige kupferne Piedestal und sodann ferner auf einer andern Leiter in die Keule der aus Kupfer getriebenen Statue des Herkules, welche inwendig hohl und 31 Fus hoch ist. Diese Keule, worauf sich derselbe lehnet, ist so groß, dass neuen Personen darin Raum haben. In dieser erstaunlichen Höhe genießet man eine der weitesten und schönsten Aussichten in die umherliegenden Städte, Schlösser, Dörfer, Berge und Flüsse, wozu die in dem Habichtswalde ausgehauene Schneussen vieles beytragen.

Reiseberichte in Briefform an fiktive Empfänger

In den folgenden Jahren wurde es üblich, Reiseberichte in Form eines Briefes abzufassen. Diese „Briefe“, teilweise mit Tagesdatum, werden entweder zu umfangreichen Reisebeschreibungen über einen größeren Zeitraum monographisch zusammengefasst oder in einer der damaligen literarischen Zeitschriften veröffentlicht.

Auf dem höchsten Gipfel des Berges ist ein Gothischer Tempel, und auf dem Gipfel des Tempels eine Spitzsäule erbauet, die mit einer Colossal-Statüe des Herkules bekrönt ist, der sich in der Stellung des Farnesischen Herkules an seine Keule lehnt, so beschreibt John Moore in einem Brief seine Eindrücke. Er bedauert, dass er Kassel im Winter besucht hat und deshalb den „herrlichen Anblick“ der Kaskaden und der Fontäne nicht wahrnehmen konnte.10

1781 erschienen anonym die „Briefe eines Reisenden über den gegenwärtigen Zustand von Cassel.“11 Der Verfasser hat 1780 Kassel besucht12 und sieht sich selbst in der Nachfolge von Schminke und Engelhard, da seit der Erscheinung dieser Werke sich Kassel wesentlich verändert habe und diese somit nicht mehr zeitgemäß wären. Der dritte Brief beschäftigt sich mit dem „Weissenstein“ und dem „Carlsberg“. Er bewundert die kaum mit Worten zu beschreibende Aussicht von der „ofnen Gallerie“ oben über den Gewölben des Oktogons: Durch die Piramide […] führt eine […] merkwürdige Stiege hinauf; ehe man aber in die Statüe selbst kommt, muß man durch ein nicht sehr geräumiges Loch eine gerade Leiter […] hinaufkriechen; alsdenn aber kann man […] von der Fußsohle bis in den Scheidel auf- und absteigen.13 Im Weiteren weist er darauf hin, dass dieses kühne Unternehmen, gemeint ist die ganze Anlage, gar keinen Nutzen hat und lediglich zum Ansehen und Bewundern aufgerichtet sei, und deshalb an Verschwendung grenzt. Dabei stellt er auch die Frage, wie lange die Nachwelt noch das Werk bewundern könne oder daß man schon nach wenigen Jahrhunderten aus den grossen Ueberbleibseln wird schliessen müssen – was es eigentlich gewesen.

Nicht alle Besucher sind vom Herkules begeistert

Nicht alle Besucher Kassels bzw. des Karlsberges konnten sich mit dem Bauwerk darauf anfreunden. Die schärfste Ablehnung wegen der verwendeten Mittel ist wohl die angebliche Äußerung des späteren Königs von Schweden, Friedrich I., des Sohnes von Landgraf Carl, der auf die Frage, wie ihm der Bau gefalle, geantwortet haben soll: „es fehle nur eines daran, nehmlich zu alleroberst ein Galgen, um den Angeber daran zu hengen.“14 Und die Schriftstellerin Friedrike Sophie Christiane Brun schrieb in ihrem Bericht über ihren Besuch in Kassel 1782, dass sie bei aller Pracht an die weinenden Witwen denken müsse, „daß das Geld, das aus dem Verkauf ihres Mannes, ihren Bräutigams gelöst ward, mit zu diesen prächtigen Steinmassen beytrug“, und ihr dadurch der ganze Aufenthalt in Kassel verbittert worden sei.15 Die berühmteste Stimme, die das Bauwerk aus ästhetischen Gründen ablehnte, war die häufig zitierte von Johann Wolfgang von Goethe, der in seinem Tagebuch in Italien am 27. Oktober 1786 notierte: Nun fühle ich erst, wie mir mit Recht alle Willkürlichkeiten verhaßt waren, wie z. B. der Winterkasten auf dem Weißenstein, ein Nichts um Nichts, ein ungeheurer Konfektaufsatz, und so mit tausend andern Dingen. Das steht nun alles totgeboren da, dann was nicht eine wahre innere Existenz hat, hat kein Leben und kann nicht groß sein und nicht groß werden.16

In der mehrbändigen Reihe „Neue Reisebemerkungen in und über Deutschland“17 berichtet ein anonymer Verfasser von seinem Besuch in Kassel im Jahr 1782 über sein Vergnügen, dass er dabei empfand, als er auf der Galerie des Oktogons die Aussicht genoss. Auch einen Besuch im Herkules gönnte er sich, meint aber, dass „der Platz in selbigen [… für] Schornsteinfeger gemächlicher als andern scheinen“18 möge. Drei perpendikulär gestellte Leitern führen zum Herkules hinauf, und aus einer angebrachten Klappe in seinen Waden hatte ich eine ganz kleine Welt vor meinen Augen, auf die der Halbgott […] mit Ehrwürdigkeit herabschaut. Der Autor fügt hinzu: Die Damen sollen sonderlich an selbiger die vordere Seite [des Herkules] bewundern, die eine gewisse herkulische Schönheit liefert, die nur Halbgöttern seiner Art zu Theil wird.

1785 besuchte Joachim Heinrich Campe Kassel. Nach einer ausführlichen Beschreibung des Parks auf dem Weissenstein mit den von Landgraf Friedrich II. vielfältig aufgestellten Figuren und ausgeschmückten Grotten19 stieg er die „nicht weniger als achthundert und zwei und neunzig Stufen“ mühsam hinauf. Campe, der seine Berichte als Pädagoge verfasste, schrieb, damit meine jungen Leser sich ohngefähr einen Begriff [von der Größe] machen können, […,] daß in der Keule desselben welche nicht dicker als sein Schenkel ist, vier bis fünf stehenden Menschen Platz haben. Er bemängelt dann allerdings, dass dieser Koloß, von der Spitze des Berges gesehn, in gewöhnlicher Menschengröße, und am Fuß des Berges nicht viel größer, als eine Marionettenpuppe sei.

… besonders zeichnet sich die [Aussicht] nach dem Carlsberge aus, auf dessen Spizze Herkules stolzirt. Ein kühner Gedanke! Lebten wir in den Zeiten, wo man jede ausserordentliche Anlage zum Wunderwerke machte, so dürfte der Carlsberg leicht in die erste Classe gezählt werden, schreibt der Lehrer Seidel begeistert über seinen Besuch im Jahre 1785 in Kassel.20 Auch Seidel fragt sich, ob die unsägliche Summe Geldes nicht besser für andere Aktivitäten hätte verwendet werden können. Dem stellt er gegenüber, dass andere Fürsten ebenfalls unsägliche Summen an Parforce-Jagd, Operisten, Mätressen u. d. g. ausgeben würden und bemerkt dann, dass diese Anlage ein Denkmal der Prachtliebe des Fürsten [sei] und wie viele Hände hat nicht schon diese Anlage beschäftigt und wird sie noch ferner beschäftigen, und in die Zukunft blickend: Einzig ist und bleibt diese Anlage wohl in Europa und spätere Enkel werden sie vielleicht mehr bewundern und anstaunen, als jetzt die Zeitgenossen.

Reisende sollen ihre Vorurteile zu Hause lassen

Im „Journal von und für Deutschland“ wird 1789 anonym „Topographie der Hessischen Haupt- und Residenzstadt Cassel“ veröffentlicht.21 Eine gleiche für „Weisenstein“ angekündigte ist leider nicht mehr erschienen. Die Topographie beschreibt vor allem, welche Veränderungen nach dem Tode Landgraf Friedrichs II. durch seinen Sohn Landgraf Wilhelm IX. auf dem Karlsberg vorgenommen worden sind. Er ist davon überzeugt, dass der Lehrer eines bessern Deutschen Gartengeschmacks, Hirschfeld, die Gärten in Freyenhagen, Wilhelmsthal, Hof-Geismar, Wabern und auf dem Carlsberge nicht umschaffen würde. Als einer unsrer größten Schöpfergeister, ein Dichter [gemeint ist Friedrich Gottlieb Klopstock], mit mir [dem Autor] oben auf den Platte des Achtecks vom Carlsberg stand, und auf den Weisenstein, und Cassels ganze weite Gegend herab sah, rief er erstaunt aus: Welchen schönen Fleck hat hier Landgraf Carl in unsers lieben Herrgotts Schöpfung hinein geworfen, um dann die schiefe[n] und kleinliche[n] Urtheile über Carls Wasserfälle zurückzuweisen.

1797 besuchte Ludwig Lindenmeyer Kassel.22 Nach einer ausführlichen Beschreibung der Plutogrotte stieg er mit Freunden zum Gipfel des Berges. Sie stiegen auf die offene Galerie. Ich konnte des Anblicks dieses majestätischen Gebäudes nicht satt werden und war so in Bewunderung verloren, daß ich Hunger und Durst und Müdigkeit vergaß. Er stieg auch in die Pyramide über eine schmale dunkle Windeltreppe, die nur gering beleuchtet wurde, und an der Spitze der Pyramide durch eine noch engere Oeffnung zwei Leitern vollends bis in die Keule des Herkules, worin acht Personen Platz haben. Trotz Schwindel, der ihn zuerst am Weiterklettern hinderte, stieg er dann doch über die zweite Leiter in die Keule. Durch die Öffnung am Keulenfuß sah er dann die herrliche Gegend bis zum Brocken. (Abb. 1)

Der Reiseführer im Taschenbuchformat

Die bisherigen Beschreibungen waren entweder von Fremden, die auf ihrer Reise Kassel besuchten und ihre Eindrücke schriftlich fixierten, oder von Ortsansässigen (Schminke, Engelhard oder der Anonymus im vorhergehenden Kapitel). Als Reiseführer im eigentlichen Sinne waren die Veröffentlichungen kaum geeignet. Dies änderte sich mit der Veröffentlichung: „Cassel und die umliegende Gegend. Eine Skizze für Reisende“ im Jahr 1792.23 Das Büchlein, im Taschenbuchformat, konnte bei der Stadtbesichtigung leicht mitgenommen und die Beschreibungen vor Ort mit den Objekten verglichen werden. Der fünfte Abschnitt beschäftigt sich mit den Lustschlössern und den dazu gehörigen Gärten, ebenso mit dem Herkules.24 Apell selbst kommentierte diese Ausgabe, dass sie, ebenso wie die in schneller Folge erscheinenden weiteren Auflagen25, für eine „vollständige und detaillierte Beschreibung Cassels“, zu wenig Informationen enthalte. Sie sei „einzig und allein für Reisende geschrieben, welche die Stadt Cassel besuchen, um ihre Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen.“26

1794 erschien vom gleichen Verfasser eine „Kurze Beschreibung vom Weissenstein bey Cassel“. 1798, nachdem die Ausmöblierung des Mittelteiles des Schlosses begann, wurde der Name des Schlosses in „Wilhelmshöhe“ geändert.27 Außerdem erhielt der Landgraf Wilhelm IX. 1803 den Titel eines Kurfürsten und nannte sich jetzt Kurfürst Wilhelm I.28 Dem passte Apell seine Veröffentlichung über das Schloss an und 1805 erschien die „Geschichte und Beschreibung des kurfürstlich-hessischen Lustschlosses Wilhelmshöhe und seiner Anlagen von erster Erwähnung an bis auf gegenwärtige Zeiten.“ Weitere Auflagen erschienen 1808 (diese in französischer Sprache und „Napoleonshöhe“), sowie 1821 und 1824.

Mit der „Beschreibung des Kurfürstlichen Landsitzes Wilhelmshöhe bey Cassel“, erschien 1804 ein weiterer Reiseführer des Kasseler Autors Döring.29 Er beschreibt ausführlich das Oktogon, die darauf stehende Pyramide und die „sehr gut befestigten Leitern [, mit deren Hilfe man] bis in die Keule der Statue des farnesischen Herkules“ gelangen kann. Das Innere der Keule, auf die er sich stützt, bietet Raum für 12 [!] Personen; auch kann, durch Oeffnung einer kleinen Seitenthüre, das nöthige Licht hinein gebracht werden. Die Aussicht aus dieser furchtbaren Höhe ist von unbeschreiblicher Wirkung.

In den Reisebeschreibungen werden neben dem Herkules der Park und die Wasserkünste beschrieben. Wollte man die Wasserkünste sehen, so konnte man dies meist gegen einen bestimmten Obolus beim Oberhofmarschall erreichen. Gottlieb Friedrich Krebel erwähnt, dass man die „Wasserkünste öffentlich am ersten Pfingsttage, und an den Sonntagen in der Messe“ „springen“ sehen konnte.30 Mit dem festen Vorsatz, bloß zu genießen und jede Erinnerung zu verbannen, die mich im Genuß stören könnte, fuhr ich morgens um sechs Uhr nach Weißenstein. ‚Ehre Kunst und Geschmack, wo du beide findest, und vergiß, daß diese Steine vom gequälten Volke mit Blut und Tränen zusammengetragen und ihm mit Blute und Tränen wieder bezahlt worden sind‘ So hieß mein Wahlspruch an diesem Tage.31 Georg Friedrich Rebmann, der sich mit diesem Vorsatz dem Herkules nähert, schwärmt von dem Park, bemerkt aber den „unangenehmen Eindruck, daß man überall auf Inschriften … [und] auf Warntafeln“ stößt, „worauf Karrenstrafen und dergl. abgebildet sind.“ Er wandert bis zum Oktogon. Es war gerade Sonntag in der Messe, als ich die Pyramide bestieg. Alle Wasser sprangen, und der ganze Weißenstein war mit Menschen wie besäet, welche wandelnden Marionetten von oben aus glichen […] wahrlich! In dem Augenblicke konnte ich nicht, wie Baggesen[32], daran denken, daß die Tränen der Untertanen auch einen ziemlichen Wasserfall geben möchten.33


1 Klappe im Sockel des Herkules, Kasseler Post 22.09.1951

Wie sehr sich der Geschmack und die Ansichten über die Gartenkunst zu Beginn des 19. Jahrhunderts geändert hat, dafür ein Beispiel aus der Reisebeschreibung von Carl Gottlieb Küttner über seinen Aufenthalt in Kassel.34 Glücklicherweise ist dieser aus Wasserkünsten, Gebäuden, Französischen Terrassen […] bestehende Plan nicht zur Hälfte ausgeführt worden, denn eine abscheulichere Entehrung einer sehr schönen Natur kann ich mir nicht denken. Und weiter: Landgraf Carl ließ zu Anfange dieses Jahrhunderts diese geschmacklose Steinmasse nebst der ungeheuern Statue errichten. Es ist ein achteckiges Gebäude […] dessen dunkelgraue Farbe einen traurigen Anblick gibt, und das eben so sehr ohne allen Zweck, als ohne architektonische Schönheit ist. Nicht einmal der schönen Aussicht kann der Autor etwas abgewinnen, der ewige Wind macht ihm den Aufenthalt unangenehm.

In der Modezeitschrift „Journal des Luxus und der Moden“ erschien von „Julius“ ein Bericht über das jährliche Pfingstvergnügen in Kassel, hier im Jahre 1805. Jeweils am zweiten Pfingsttag sprangen die Wasser in Wilhelmshöhe und von nah und fern strömte das Volk in den Bergpark. Nachdem „Julius“ feststellt, dass Wörlitz und Schwetzingen hinter Kassel zurückstehen müsse, besteigt er den Karlsberg und den Winterkasten. Ein halbes Dutzend von uns armen Sterblichen hatte in der Keule des Heroen Platz, der da oben fast das ganze Land überschaut und aus dessen Ueberbleibseln vielleicht nach Jahrtausenden ein Chinesischer oder Amerikanischer Antiquar beweisen wird, daß die Teutschen des neunzehnten Jahrhunderts den Herkules angebetet und ihm zu Ehren jedes Frühjahr Feste gefeiert haben.35 „Julius“ hat einen Wunschtraum: Hier sollten die Teutschen ihre olympischen Spiele feiern; hier sollten sich die getrennten und sich immer mehr trennenden Teutschen Volksstämme wieder verbrüdern und zu e i n e r N a t i o n konstituiren. – Die Ausführung dieser Idee wäre des großen unternehmenden und reichen Regenten der Hessen würdig! –

In der in Prag erscheinenden Zeitschrift Hesperus berichtet ein Anonymus über einen kurzen Besuch in Kassel im Sommer 1819. Es ist einer der ersten Berichte nach der Herrschaft des Königs von Westphalen und der Rückkehr des Kurfürsten Wilhelms I. Nach einer Beschreibung des Schlosses, der Anlagen im Park, der Löwenburg weist er auf die Wasserkunst, welche von jedem Reisenden von Geschmack für seltene Kunstwerke, gesehen zu werden verdient. 36 Er erwähnt dann weiter, dass der Kurfürst sich im Oktogon einen mit Möbeln versehenen Saal [hat] aufbauen lassen, welcher mit drei großen Glasthüren verschlossen ist. Danach folgt die Beschreibung des Herkules. Außerdem bewundert er die die technische Leistung, die Statue auf die Pyramide zu stellen. Er endet mit der Feststellung, dass die Wilhelmshöhe mit ihren Schätzen der Natur und Kunst … Cassel wirklich zu einem der sehenswerthesten Orte Teutschlands [macht]; wer es verläßt, ohne jene gesehen zu haben, dem dürfte es leicht gehen, wie jenem Reisenden in Italiens Gefilden, der nach seiner Rückkunft nur von den Düngerhaufen zu erzählen wußte.

Veränderung in Kassel und Wilhelmshöhe

Dass der Besuch in Kassel wegen der Wasserkünste auch in einer Enttäuschung enden konnte, berichtet ein Anonymus im Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode.37 Der Besucher war schon einmal in Kassel ohne dabei die Wasser springen zu sehen. Er mit einer Menge anderer Personen wartete geduldig auf das Wasser, aber es kam nicht. Der Wassermeister durfte das Wasser erst laufen lassen, wenn der Kurfürst, der in Wilhelmshöhe speiste, die Tafel aufgehoben hatte. Dieser ließ sein Volk warten und der Besucher musste sich entscheiden, entweder Wasser oder die Oper Jessonda von Spohr im Theater. Er entschied sich für letzteres und erfuhr später, dass abends während der Theateraufführung das Wasser gelaufen ist.

1821 trat Kurfürst Wilhelm II. nach dem Tode seines Vaters die Regierung in Kurhessen an. Die konservative rückwärtsgewandte Politik einerseits, die Trennung des jetzigen Kurfürsten von seiner Frau Auguste andererseits, führte zu erheblichen Spannungen zwischen dem Kurfürsten und seinem Volk. Als der Kurfürst 1823 in Nenndorf weilte, erreichte ihn ein anonymer Brief, in dem ihm mit dem Tode gedroht wurde. Die Folge waren erhebliche Einschränkungen für Fremde in Kassel. Die Bremer Zeitung berichtet im November 1823, dass „jeder Fremde, welcher Wilhelmshöhe besucht, mit einer Legitimation versehen ist“, um sich entsprechend ausweisen zu können. Der Reisepass eines jeden Fremden muss der Polizei vorgelegt werden.38 Eine ähnliche Information finden wir im Österreichischen Beobachter.39 Die Neckar-Zeitung berichtete, dass sich die anonymen Briefe häufen würden. „Die deshalb genommenen polizeilichen Maßregeln fangen nachgerade an, den Aufenthalt in der Residenz lästig zu machen, und halten die meisten Reisenden ab, ihren Weg über Cassel zu nehmen.“40

Im Jahr 1828 erschien das erste gedruckte Adressbuch der Stadt Kassel. Diesem sind als Einleitung eine Beschreibung der Stadt Kassel sowie zusätzlich eine solche von Wilhelmshöhe vorausgeschickt.41 Zum Herkules heißt es: Da stand es nun das Staunen erregende Riesenwerk, die schönen Kaskaden, über ihnen das Riesenschloß, auf demselben die große Pyramide und auf deren Spitze der Herkules mit der Keule, ein ewiges Monument eines großen Erbauers, das seinen Namen neben seinen übrigen Großthaten unvergeßlich macht. Der Berg, worauf jenes große Kunstwerk steht, hieß von nun an der Carlsberg.

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22 aralık 2023
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9783933617682
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