Kitabı oku: «Der Staat Israel gegen Adolf Eichmann. Das Urteil», sayfa 8

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Diese Worte sind im gegenständlichen Verfahren angesichts der Beilegung der Meinungsverschiedenheit zwischen Argentinien und Israel von wesentlicher Bedeutung. Was auch immer unsere Auffassung in dieser Rechtsfrage im allgemeinen sein möge, nach Veröffentlichung der gemeinsamen Erklärung der Regierungen Argentiniens und Israels vom 3. 8. 1960, daß die beiden Regierungen beschlossen hätten, den Zwischenfall, durch den das Hoheitsrecht Argentiniens verletzt wurde, als beigelegt zu betrachten, hat der Angeklagte keinesfalls mehr ein Recht, sich auf die »verletzte Souveränität« des Staates Argentinien zu stützen. Die Anklageschrift im vorliegenden Verfahren wurde eingereicht, als Argentinien eine Hoheitsverletzung nicht mehr als vorhanden ansah, und damit bestand keine Verletzung des Völkerrechts mehr; unter diesen Umständen kann der Angeklagte nicht vorgeben, im Namen Argentiniens zu sprechen und Rechte geltend zu machen, auf die dieser souveräne Staat Verzicht geleistet hat. Wie Travers im Résumée seines Aufsatzes ausführt (646):

»Les Etats étant seuls juges des exigences de leur droit de souveraineté, le vice, existant en ce cas, ne peut être invoqué que par le gouvernement lésé. Il ne saurait appartenir à un malfaiteur quelconque de parler au nom de la souveraineté violée.«

45. Der erste Präzedenzfall, der eine (mögliche) Hoheitsverletzung eines anderen Staates behandelt und einen ausdrücklichen Rechtsgrundsatz in dieser Frage festlegt, ist das amerikanische Urteil State v. Brewster (1835) 7 Vt. 118, welches vom Obersten Gerichtshof des Staates Vermont gefällt wurde. Der Antragsgegner, ein Ausländer, der wegen Diebstahls von einem der Staatsgerichte verurteilt wurde, wendete vor dem Obersten Gerichtshof des Staates ein, daß er unter Anwendung von Gewalt und gegen seinen Willen aus Kanada, seinem Wohnlande, von Bürgern des Staates Vermont entführt worden und in diesen Staat zwecks Aburteilung gebracht worden und daß das Gericht unter diesen Umständen nicht zuständig gewesen wäre, ihn abzuurteilen. Der Oberste Gerichtshof wies diesen Einwand mit folgender Begründung zurück:

»The respondent, although a foreigner, is, if guilty, equally subject to our jurisdiction with our own citizens. His escape into Canada did not purge the offence, nor oust our jurisdiction. Being retaken and brought in fact within our jurisdiction, it is not for us to inquire by what means, or in what precise manner, he may have been brought within the reach of justice. It becomes then immaterial, whether the prisoner was brought out of Canada with the assent of the authorities of that country or not. If there were anything improper in the transaction, it was not that the prisoner was entitled to protection on his own account. The illegality, if any, consists in a violation of the sovereignty of an independent nation. If that nation complain, it is a matter which concerns the political relations of the two countries, and in that aspect, is a subject not within the constitutional powers of this court. Whether the authorities of Canada would have surrendered the prisoner, upon due application, is a question of national comity, resting in discretion. The power to do so will not be questioned. If they have the power to surrender him, they may permit him to be taken. If they waive the invasion of their sovereignty, it is not for the respondent to object, inasmuch as for this offence, he is, by the law of nations, amenable to our laws.«

Hier wurde erstmalig das Prinzip festgelegt, welches der Rechtsprechung der Vereinigten Staaten als Wegweiser dienen sollte, nämlich, daß die Rechte des Angeklagten und die Rechte des Staates, aus dem der Angeklagte entgegen seinem Willen entführt oder geholt wurde, ganz besonders zu behandeln sind. Die Unrechtmäßigkeit (sofern sie überhaupt besteht) ist in der Verletzung der Hoheitsrechte der unabhängigen Nation zu finden. Diese ist berechtigt »Beschwerde« zu erheben oder »sich mit der Verletzung abzufinden«. Falls sie Beschwerde erhebt, ist das die Sache zweier unabhängiger Staaten untereinander, die sich dem Zuständigkeitsbereich des Gerichtes entzieht. Falls sie keine Beschwerde erhebt, so ist anzunehmen, daß sie sich mit der Hoheitsverletzung abgefunden hat. Allerdings, die Ausführungen über die Frage, daß die kanadische Regierung sich möglicherweise mit der Hoheitsverletzung abgefunden habe, beziehen sich, im Zusammenhang, in dem sie gesagt sind, auf die Zeit der Handlung (»waive the invasion of their sovereignty«), das heißt, auf die eventuelle Zustimmung seitens der Kanadischen Regierung zur Festnahme des Antragsgegners. Dieser Grundsatz findet aber auch Anwendung auf jede Form, in der der Staat sich mit der Hoheitsverletzung abfindet, sei es, indem er keine Beschwerde erhebt, sei es, indem er sie zurücknimmt, sei es durch friedliche Beilegung des Konfliktes. Der Angeklagte jedenfalls ist keinesfalls berechtigt, sich der Gerichtsbarkeit zu widersetzen, da er ja nach dem »Völkerrecht« den Staatsgesetzen unterworfen ist, die von ihm verletzt wurden. In diesem kurzen Urteil aus dem Jahre 1935 sind all die Elemente zu finden, die zur Lösung der im gegenständlichen Verfahren zur Verhandlung stehenden Frage notwendig sind.

46. Am 6. 12. 1986 wurden vom Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten 2 »Zwillings«-Urteile gefällt: United States v. Rauscher (1886) 119 U.S. 407 (30 L. Ed. 425) Ker v. Illinois (1886), 119 U.S. 436 (30 L. Ed. 421), welche Rechtsprechungsgrundsätze in Sachen von Justizflüchtigen (fugitive offenders) Straftätern hier niederlegen. Es ist klar, daß in der hier behandelten Frage kein Unterschied zwischen dem Auslandsdelinquenten und dem Falle des justizflüchtigen Straftäters besteht. Siehe Chandler v. U.S. (1949), 171 F2d 921 Gillars v. U.S. (1950), 182 F 2d 962.

U.S. v. Rauscher behandelt den Fall eines justizflüchtigen Straftäters, der von Großbritannien aufgrund des Auslieferungsabkommens zwischen den beiden Staaten aus dem Jahre 1942 nach den Vereinigten Staaten zur Auslieferung gelangte. Dieses Urteil legt den Grundsatz fest, daß (432):

»The weight of authority and of sound principle are in favor of the proposition that a person who has been brought within the jurisdiction of the court by virtue of proceedings under an extradition treaty can only be tried for one of the offenses described in that treaty, and for the offence with which he is charged in the proceedings for his extradition, until a reasonable time and opportunity have been given him, after his release or trial upon such charge, to return to the country from whose asylum he had been forcibly taken under those proceedings.«

Dieser in den Auslieferungsvorschriften der meisten Staaten als das Spezialprinzip bekannte Grundsatz (vergl. Paragraph 19 des englischen Auslieferungsgesetzes aus dem Jahre 1870, Paragraph 24 des Auslieferungsgesetzes 1954), beschränkt die Zuständigkeit des Gerichts auf diejenige Straftat oder diejenigen Straftaten, wegen derer in einem bestimmten Falle die Auslieferung erfolgte, und dadurch wird dem Angeklagten persönliche Immunität gegen Aburteilung (oder Auslieferung an einen dritten Staat) wegen irgendeiner anderen vor seiner Auslieferung begangenen strafbaren Handlung verliehen. Dieser Grundsatz wurde in U.S. v. Rauscher in folgenden Worten erläutert (S. 432)

»As this right of transfer, the right to demand it, the obligation to grant it, the proceedings under which it takes place, all show that it is for a limited and defined purpose that the transfer is made, it is impossible to conceive of the exercise of jurisdiction in such a case for any other purpose than that mentioned in the treaty, and ascertained by the proceedings under which the party is extradited, without an implication of fraud upon the rights of the party extradited and of bad faith to the country which permitted his extradition. No such view of solemn public treaties between the great nations of the earth can be sustained by a tribunal called upon to give judicial construction to them.«

Demgegenüber bestimmt Ker v. Illinois, daß das Immunitätsprinzip auf den Fall eines flüchtigen Straftäters (fugitive offender oder Auslandsdelinquenten, siehe supra.), der nicht ausgeliefert wurde, sondern auf irgendwelchem anderen Weg den Hoheitsbereich des Staates – und sei es sogar auf unrechtmäßigem Wege, wie z. B. durch Entführung aus einem anderen Staat – gelangte, keine Anwendung findet. Der Antragsteller in Ker v. Illinois wendet ein, daß er durch Agenten der Vereinigten Staaten aus einem souveränen Staat (Peru) entführt worden und, gegen seinen Willen, in den Staat Illinois gebracht, dort wegen Diebstahls vor Gericht gestellt und der Unterschlagung schuldig befunden worden sei. – Der Oberste Gerichtshof des Staates Illinois lehnte die Einwendungen gegen die Zuständigkeit des Gerichts, das ihn schuldig befunden hatte, ab. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten weigerte sich, in diese Entscheidung einzugreifen, und führte aus: (S. 424)

»The question of how far his forcible seizure in another country, and transfer by violence, force or fraud to this country, could be made available to resist trial in the state court for the offense now charged upon him is one which we do not feel called upon to decide, for in that transaction we do not see that the Constitution, or laws, or treaties, of the United States guarantee him any protection. There are authorities of the highest respectability which hold that such forcible abduction is no sufficient reason why the party should not answer when brought within the jurisdiction of the court which has the right to try him for such an offense, and presents no valid objection to his trial in such court. Among the authorities which Support the proposition are the following:

Ex parte Scott, 9 Barn C. 446 (1829);

State v. Brewster, 7 Vt. 118 (1835) …«

Der Vertreter des Antragstellers versuchte sich indirekt auf das zwischen den Vereinigten Staaten und Peru bestehende Auslieferungsabkommen zu stützen (das in diesem Falle nicht zur Anwendung gebracht wurde, mit der Behauptung, daß jedes Auslieferungsabkommen zwischen zwei Staaten die Zuständigkeit der beiden Staaten in bezug auf einen flüchtigen Straftäter, der in einem der beiden Staaten Zuflucht gefunden hatte, dadurch einschränkte, daß es dem Straftäter ein positives Recht, beiden Staaten gegenüber einräume, im Zufluchtslande sich aufzuhalten, es sei denn, daß er rechtmäßig aufgrund des bestehenden Abkommens dem auslieferungsbegehrenden Staate ausgeliefert werde. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten wies diesen Einwand mit folgender Begründung zurück: (S. 424)

»There is no language in this treaty, or in any other treaty made by this country on the subject of extradition, of which we are aware, which says in terms that a party fleeing from the United States to escape punishment for crime becomes thereby entitled to an asylum in the country to which he has fled; indeed, the absurdity of such a proposition would at once prevent the making of a treaty of that kind. It will not be for a moment contended that the Government of Peru could not have ordered Ker out of the country on his arrival, or at any period of his residence there.

The right of the Government of Peru voluntarily to give a party in Ker’s condition an asylum in that country is quite a different thing from the right in him to demand and insist upon security in such an asylum.

In the case of United States v. Bauscher, just decided, and considered with this, the effect of extradition proceedings under a treaty was very fully considered; and it was there held that, when a party was duly surrendered, by proper proceedings, under the Treaty of 1842 with Great Britain, he came to this country clothed with the protection which the nature of such proceedings and the true construction of the treaty gave him. One of the rights with which he was thus clothed, both in regard to himself and in good faith to the country which had sent him here, was that he should be tried for no other offense than the one for which he was delivered under the extradition proceedings… But it is quite a different case when the plaintiff in error comes to this country in the manner in which he was brought here, clothed with no rights which a proceeding under the treaty could have given him, and no duty which this country owes to Peru or to him under the treaty.«

Diese Grundsätze wurden de facto von den Gerichten der Vereinigten Staaten in einer fortlaufenden und konsequenten Rechtsprechung bis zum heutigen Tage aufrechterhalten. Siehe, inter alia:

Mahon v. Justice 127 U.S. 700, (32 L.E. 283)

Lascelles v. Georgia (1892), 148 U.S. 537 (37 L.E. 148)

Pettibone v. Nichols (1906), 203 U.S. 192 (51 L.E. 148)

Frisbie v. Collins (1952) 342 U.S. 519 (96 L.E. 591)

United States v. Sobell (1957), 244 F. 2d 520 (524).

47. Eine Analyse dieser Rechtsprechung zeigt, daß der Rechtsgrundsatz nicht auf Verletzung der staatlichen Gesetze – im Gegensatz zum Völkerrecht – beschränkt ist. Es ist das vielmehr ein generelles und allumfassendes Prinzip, wie es von Moore (ibid.) zusammengefaßt und in Strafberufung 14/42 (supra) adoptiert wurde, oder wie es im 35 Corpus Juris Secundum Paragraph 47 (S. 374) zusammengefaßt ist:

»Even though a person has been brought into the country by force or stratagem, and without reference to an extradition treaty, he is within the jurisdiction of domestic courts so as to be liable to trial on a regular indictment and imprisonment under a valid judgment and sentence.«

Siehe auch Hackworth, Digest of International Law (Department of State Publication), (1942), IV Paragraph 345, S. 224–228

Hyde, International Law (1947), II 1032:

»Whatever be the right of the State from which he has been withdrawn, the prisoner is not entitled to his release from custody merely by reason of the irregular process by which he was brought into the State of prosecution.«

Im Falle United States v. Unverzagt (1924) 299 Fed. 1015, (1017) behauptete der Angeklagte, daß er von Beamten der Vereinigten Staaten aus British Columbia entführt worden sei. Das Bezirksgericht lehnte seinen habeas corpus Antrag ab, mit der Begründung (S. 1017):

»The defendant states he is a citizen of the United States. He is now before the courts of the United States. Canada is not making any application to this court in his behalf or its behalf, because of any unlawful acts charged, and if Canada or British Columbia desire to protest, the question undoubtedly is a political matter, which must be conducted through diplomatic channels. The defendant cannot before the court invoke the right of asylum in British Columbia.«

In Ex parte Lope (1934) 6 F. Supp. 342 wurde ein habeas corpus einer Person behandelt, die aus Mexiko nach den Vereinigten Staaten entführt und dort wegen einer strafbaren Handlung aufgrund der Gesetze der Vereinigten Staaten angeklagt wurde. Die Mexikanische Regierung griff in das Verfahren ein und behauptete, daß ihre Souveränität durch die Entführung verletzt wurde, und beantragte die Aushändigung des Angeklagten, damit er in Mexiko bis zur Verhandlung über einen Auslieferungsantrag (insofern ein solcher gestellt werden sollte) aufgrund des zwischen den beiden Staaten bestehenden Auslieferungsabkommens in Haft gehalten würde. Das Bezirksgericht wies, unter Bezugnahme auf Ker v. Illinois und die späteren Präzedenzurteile, wie auch unter Bezugnahme auf State v. Brewster (supra) auch die Intervention des Staates Mexiko mit folgender Begründung zurück:

»The intervention of the government of Mexico raises serious questions, involving the claimed violation of its sovereignty, which may well be presented to the Executive Department of the United States, but of which this court has no jurisdiction.« State v. Brewster 7. VT. 121.

Siehe auch United States v. Insull (1934) 8. Federal Suppl. 310 (313).

48. Der anglosächsische Rechtsprechungsgrundsatz wurde auch von den Juristen des Europäischen Kontinents akzeptiert. Wir haben bereits die Ausführungen Travers (supra) erwähnt. Siehe auch Dahm, Völkerrecht (1958), der unter Bezugnahme auf ex parte Lope U.S. v. Insull und Affuneh gegen den Generalstaatsanwalt (Strafberufung 14/42) sagt, daß selbst unter der Voraussetzung, daß der Angeklagte unrechtmäßigerweise in das Hoheitsgebiet gelangt sei, z. B. durch Entführung oder Irrtum, nur der verletzte Staat, nicht aber der Angeklagte berechtigt sei, Unrechtmäßigkeiten dieser Art zu rügen, und in seinem Verfahren sei das unerheblich (S. 280, Anmerkung 26).

In der ganzen Rechtsprechung, soweit es uns möglich war, sie zu prüfen, fanden wir nur ein gegenteiliges Urteil, nämlich In re Jolis (Annual Digest 1933–34, Case No. 77), das Urteil eines französischen Strafgerichts erster Instanz (tribunal correctionnel) aus dem Jahre 1933. Der Angeklagte, ein belgischer Staatsangehöriger, besuchte ein Kaffeehaus in einem französischen Dorf. Nach seinem Besuch fehlte Geld in der Kasse. Der Eigentümer des Kaffeehauses verdächtigte den Angeklagten. Er rief zwei Ortspolizisten (gardes-champetres) und, zusammen mit ihnen verfolgte er den Angeklagten, bis sie ihn jenseits der Grenze erreichten. Die Polizisten verhafteten den Angeklagten in einer belgischen Stadt und brachten ihn nach Frankreich. Dort wurde gegen den Angeklagten ein Haftbefehl erlassen, und es wurde beschlossen, ihn wegen Diebstahls vor Gericht zu stellen. Die belgische Regierung reichte bei der französischen Regierung offizielle Demarche wegen der in Belgien von französischen Polizisten vorgenommenen Inhaftnahme ein und forderte die Rückführung des Angeklagten. Das Gericht in Avesnes beschloß, den Angeklagten zu befreien, mit folgender Begründung:

»The arrest, effected by French officers on foreign territory, could have no legal effect whatsoever, and was completely null and void. This nullity being of a public nature, the judge must take judicial notice thereof. The information leading to the proceedings of arrest … and all that followed thereon must therefore be annulled.«

49. Kritik an der englischen und amerikanischen Rechtsprechung vom Standpunkt des Völkerrechts übten:

Dickinson »Jurisdiction Following Seizure or Arrest in Violation of International Law«, 28 American Journal of International Law (1934), 231

Morgenstern, »Jurisdiction in Seizures Effected in Violation of International Law«, 29 British Yearbook of International Law (1952) 265. Siehe auch Lauterpacht in 64 Law Quarterly Review (1948) S. 100 Anmerkung (14). Es steht uns nicht zu, auf diese Meinungsverschiedenheit zwischen den Gelehrten des Völkerrechts einzugehen. Wir beabsichtigen jedoch, zwei wichtige Faktoren für das gegenständliche Verfahren hervorzuheben: a) die Kritiker geben zu, daß die Rechtsprechung so ist, wie sie in den vorhergehenden Ausführungen zusammengefaßt wurde; b) im vorliegenden Falle ist diese Meinungsverschiedenheit unwesentlich.

In seinem obigen grundsätzlichen Aufsatz schlägt Professor Dickinson vor, den Rechtsgrundsatz des Falles Ker v. Illinois aufzuheben, und den Rechtsgrundsatz des Falles U.S. v. Rauscher auch auf Fälle von völkerrechtswidrigen Entführungen in Anwendung zu bringen. Er bringt seine Meinung zum Ausdruck, daß (S. 239),

»In principle, in the international cases, there should be no jurisdiction to prosecute one who has been arrested abroad in violation of treaty or international law.«

Gemäß dieser Auffassung schlägt der Verfasser in einer Harvardforschungsarbeit, für die er verantwortlich ist, als Teil der »Draft Convention on Jurisdiction with Respect to Crime« die nachstehende Vorschrift vor (S. 623):

»Article 16. Apprehension in Violation of International Law.

»In exercising jurisdiction under this Convention, no State shall prosecute or punish any person who has been brought within its territory or a place subject to its authority by resource to measures in violation of international law or international convention without first obtaining the consent of the State or States whose rights have been violated by such measures.«

In seinen Bemerkungen zu diesem Artikel sagt der Verfasser (S. 624):

»… It is frankly conceded that the present article is in part of the nature of legislation«,

und fügt hinzu (S. 628):

»In Great Britain, the United States, and perhaps elsewhere, the national law is not in accord with this article in cases in which a person has been brought within the State or a place subject to its authority by resource to measures in violation of customary’ international law.«

Er schlägt diesen Artikel de lege ferenda vor, um

»an additional and highly desirable sanction for international law« (624)

zu gewährleisten.

Aus den Ausführungen des Verfassers geht hervor, daß die vorgeschlagene »Sanktion« der Einschränkung der judiziellen Zuständigkeit des Staates nicht einen Teil des bestehenden gewohnheitsmäßigen Völkerrechts darstellt. Fernerhin ist es bemerkenswert, daß selbst aufgrund des vorgeschlagenen Artikels 16 die Zuständigkeit nicht aufgrund des Rechts des Angeklagten oder zu seinen Gunsten beschränkt sein soll, sondern aufgrund des Rechtes des verletzten Staates und lediglich zu seinen Gunsten; denn nach Erhalt der Zustimmung des Staates, dessen »Rechte durch die obigen Maßnahmen präjudiziert wurden«, soll der Staat, in dessen Hoheitsbereich der Angeklagte sich befindet, auch aufgrund dieses Vorschlags berechtigt sein, den Angeklagten abzuurteilen. Zweck der »Sanktion« ist also, unmittelbare Verhandlungen zwischen den beiden betroffenen Staaten, wie es auf der internationalen Ebene ziemlich ist, herbeizuführen zwecks Beseitigung der Hoheitsverletzung des einen Staates und Regelung der Gerichtsbarkeit des anderen Staates im Wege eines gegenseitigen Übereinkommens – aber der Angeklagte ist an das Ergebnis der Verhandlungen zwischen den Staaten gebunden. In der Begründung wird auch gesagt (S. 624):

»And if, peradventure, the custody of a fugitive has been obtained by unlawfull methods, the present article indicates an appropriate procedure for correcting what has been done and removing the bar to prosecution and punishment.«

Dieser Vorschlag in der Harvard-Forschung zeigt, unseres Erachtens, daß auch derjenige, der Kritik an der bestehenden Rechtsnorm übt und Änderungen in der Rechtsprechung oder in der Gesetzgebung vorschlägt, die Grundauffassung nicht bestreitet, daß nach der Natur der Dinge, eine Hoheitsverletzung eines Staates durch einen anderen der Auseinandersetzung zwischen den beiden Staaten überlassen ist, ohne daß dem Angeklagten hieraus eigene Rechte erwachsen.

50. Es gibt daher keine andere Schlußfolgerung, als daß die Frage der Völkerrechtsverletzung durch die Überführung des Angeklagten in den Machtbereich des Staates dem internationalen Gebiet angehört, d. h. dem Gebiete der Beziehungen zwischen den beiden betroffenen Staaten, und daß sie auch auf diesem Gebiete ihre Lösung finden muß. Eine derartige Völkerrechtsverletzung ist ein völkerrechtliches Delikt (international tort), auf welches die gewöhnlichen Regeln des gewohnheitsmäßigen Völkerrechts Anwendung finden. Die beiden hier wesentlichen Regeln (siehe Schwarzenberger, Handbuch des Völkerrechts – Manual of International Law, 1960 I 162) sind

(a) »The Commission of an international tort involves the duty to make reparations;«

(b) »By consent or acquiescence, an international claim in tort may be waived and, in this way, the breach of any international Obligation be healed.«

Durch den gemeinsamen Beschluß der Regierungen Argentiniens und Israels vom 3. August 1960, »den durch die Handlungen israelischer Staatsbürger hervorgerufenen Zwischenfall, bei dem die Hoheitsrechte des Staates Argentinien verletzt wurden, als erledigt anzusehen«, leistete der Staat, dessen Hoheitsrechte verletzt wurden, auf seine Ansprüche, einschließlich des Anspruchs auf Rückstellung des Angeklagten, Verzicht, und, im Einvernehmen der beiden Staaten, wurde jede völkerrechtliche Verletzung, die diesem Zwischenfall hätte innewohnen können, »geheilt«. Gemäß den Grundsätzen des Völkerrechts kann daher die Zuständigkeit des Staates Israel, den Angeklagten vor Gericht zu stellen, nach dem 3. 8. 1960 nicht angezweifelt werden. Nach diesem Datum besteht die »causa der Völkerrechtsverletzung nicht mehr, die dem Angeklagten als Grundlage für irgendeinen Einwand gegen seine Aburteilung in Israel hätte dienen können.

Wir haben bereits ausgeführt, daß unseres Erachtens die Meinungsverschiedenheit zwischen den Völkerrechtsgelehrten für das gegenständliche Verfahren unwesentlich ist. Wir können nur noch hinzufügen, daß auch der leichte Zweifel über die Tragweite der britischen Rechtsprechung, der von O’Higgins aufgeworfen wurde, dieses Verfahren, de facto, nicht betrifft. Der Prozeß gegen den Angeklagten wurde eingeleitet, nachdem die Völkerrechtsverletzung, auf die der Verteidiger sich stützt, zwischen den beiden betroffenen Staaten behandelt und im gemeinsamen Einverständnis beigelegt wurde. Daher hatte der Verteidiger eigentlich keine völkerrechtliche Grundlage für seinen Einwand, selbst gesetzt den Fall, daß die Annahme, daß der Angeklagte von Agenten des Staates Israel entführt worden ist, richtig ist. Insofern die Hoheit Argentiniens verletzt worden war, ist der Zwischenfall beigelegt, und damit ist das Kapitel der Entführung des Angeklagten von der Ebene des Völkerrechts auf die Ebene des staatlichen Rechts übergegangen (im Sinne der Unterscheidungen von Morgenstern, Dickinson und O’Higgins). Angesichts der Beilegung des Zwischenfalls zwischen den beiden Staaten noch vor Erhebung der Anklage, kann das Urteil ohne jedes Bedenken auf die lange Reihe der englischen, mandatspalästinensischen und der ständigen amerikanischen Rechtsprechung von Ex parte Scott bis Frisbie v. Collins u.s.w. gestützt werden. Wenn die Hoheitsverletzung des Staates Argentinien nicht in Rechnung zu ziehen ist, ist die Entführung des Angeklagten nicht verschieden von irgendeiner gewöhnlichen unrechtmäßigen Entführung, auch falls sie eine strafbare Handlung aufgrund des argentinischen oder des israelischen Rechts oder aufgrund beider Rechte darstellte. Nachdem das »Bundesentführungsgesetz der Vereinigten Staaten« erlassen wurde, entschied der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, einstimmig, in Frisbie c. Collins (1952) 342 U.S. 512 (96 L.Ed. 541), auf Seite 545:

»This Court has never departed from the rule announced in Ker v. Illinois, 119 US 436, 444, that the power of a court to try a person for crime is not impaired by the fact that he had been brought within the court’s jurisdiction by reason of a ›forcible abduction‹. No persuasive reasons are now presented to justify overruling this line of cases. They rest on the sound basis that due process of law is satisfied when one present in court is convicted of crime after having been fairly apprized of the charges against him and after a fair trial in accordance with constitutional procedural safeguards. There is nothing in the Constitution that requires a court to permit a guilty person rightfully convicted to escape justice because he was brought to trial against his will.

Despite our prior decisions, the Court of Appeals, relying on the Federal Kidnaping Act, held that respondent was entitled to the writ if he could prove the facts he alleged. The Court thought that to hold otherwise after the passage of the Kidnaping Act ›would in practical effect lend encouragement to the commission of criminal acts by those sworn to enforce the law‹. In considering whether the law of our prior cases has been changed by the Federal Kidnaping Act, we assume, without intimating that it is so, that the Michigan officers would have violated it if the facts are as alleged.

This Act prescribes in some detail the severe sanctions Congress wanted it to have. Persons who have violated it can be imprisoned for a term of years or for life; under some circumstances violators can be given the death sentence. We think the Act cannot fairly be construed so as to add to the list of sanctions detailed a sanction barring a state from prosecuting persons wrongfully brought to it by its officers. It may be that Congress could add such a sanction. We cannot.«

Auf der festen Grundlage des staatlichen Rechts hat also der Angeklagte keinen Einwand gegen die Zuständigkeit des Gerichts. Andererseits kann sein mit der Völkerrechtsverletzung begründeter Einwand nicht anerkannt werden, weil solch eine causa, mindestens als er formell angeklagt wurde, nicht bestand.

51. Daß der Angeklagte, nachdem im Einverständnis mit Argentinien der Zwischenfall als beigelegt angesehen wurde, keine Immunität genießt, ist auch aus dem Fall United States ex rel. Donnelly v. Mulligan (1935) 76 F (2d) 511, zu entnehmen. Der Berufungskläger wurde von Frankreich an die Vereinigten Staaten ausgeliefert und vor Ablauf der Immunitätsfrist von 30 Tagen, die im Auslieferungsabkommen zwischen den beiden Staaten festgelegt war, wurde erneut zwecks Auslieferung nach Kanada verhaftet. In seinem ersten Beschluß (74 F [2d) 220) beschloß das Berufungsgericht, den Angeklagten aufgrund des Rechtssatzes in U.S. v. Rauscher auf freien Fuß zu setzen. Nach diesem Beschluß erließ der Präsident der französischen Republik einen Beschluß, der die Vereinigten Staaten ermächtigte, Rauscher an Kanada auszuliefern. Als die Sache wieder verhandelt wurde, entschied der Berufungsgerichtshof, daß der neue Beschluß Frankreichs dem Berufungskläger, die ihm aufgrund des Auslieferungsabkommens zustehende Immunität entzog. In der Begründung des Urteils wird, inter alia, ausgeführt:

»The appellant cannot complain if France acted under the treaty, nor can he complain if it acted independent of the treaty as an act of international comity. The French decree consents to his re-extradition; moreover, it may be regarded as a consent given independently of the treaty and as an act of international comity. If under the treaty, it is conclusive upon the appellant. France had the right to give or withhold the asylum accorded him as it saw fit. And it has withheld asylum for the purpose of re-extradition to Canada. The appellant cannot question this action on the part of France.« (S. 512)

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