Kitabı oku: «Der undankbare Kontinent?», sayfa 3

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Vous voulez la paix sur le continent africain? Vous voulez la sécurité collective? Vous voulez le règlement pacifique des conflits? Vous voulez mettre fin au cycle infernal de la vengeance et de la haine? C’est à vous, mes amis africains, de le décider. Et si vous le décidez, la France sera à vos côtés, comme une amie indéfectible, mais la France ne peut pas vouloir à la place de la jeunesse d’Afrique.

Vous voulez l’unité africaine? La France le [sic] souhaite aussi.

Parce que la France souhaite l’unité de l’Afrique, car l’unité de l’Afrique rendra l’Afrique aux Africains.

Ce que veut faire la France avec l’Afrique, c’est regarder en face les réalités. C’est faire la politique des réalités et non plus la politique des mythes.

Ce que la France veut faire avec l’Afrique, c’est le co-développement, c’est-à-dire le développement partagé.

La France veut avec l’Afrique des projets communs, des pôles de compétitivité communs, des universités communes, des laboratoires communs.

Ce que la France veut faire avec l’Afrique, c’est élaborer une stratégie commune dans la mondialisation.

Ce que la France veut faire avec l’Afrique, c’est une politique d’immigration négociée ensemble, décidée ensemble pour que la jeunesse africaine puisse être accueillie en France et dans toute l’Europe avec dignité et avec respect.

Ce que la France veut faire avec l’Afrique, c’est une alliance de la jeunesse française et de la jeunesse africaine pour que le monde de demain soit un monde meilleur.

Ce que veut faire la France avec l’Afrique, c’est préparer l’avènement de l’Eurafrique, ce grand destin commun qui ­attend l’Europe et l’Afrique.

A ceux qui, en Afrique, regardent avec méfiance ce grand projet de l’Union Méditerranéenne que la France a proposé à tous les pays riverains de la Méditerranée, je veux dire que, dans l’esprit de la France, il ne s’agit nullement de mettre à l’écart l’Afrique qui s’étend au sud du Sahara mais, qu’au contraire, il s’agit de faire de cette Union le pivot de l’Eurafrique, la première étape du plus grand rêve de paix et de prospérité qu’Européens et Africains sont capables de concevoir ensemble.

Alors, mes chers Amis, alors seulement, l’enfant noir de Camara Laye, à genoux dans le silence de la nuit africaine, saura et comprendra qu’il peut lever la tête et regarder avec confiance l’avenir. Et cet enfant noir de Camara Laye, il sentira réconciliées en lui les deux parts de lui-même. Et il se sentira enfin un homme comme tous les autres hommes de l’humanité.

Je vous remercie.

Quelle: http://www.elysee.fr/elysee/elysee.fr/francais/interventions/2007/ juillet/allocution_a_l_universite_de_dakar.79184.html

Rede des französischen Staatspräsidenten
Nicolas Sarkozy
Universität Dakar – Senegal
Donnerstag, 26. Juli 2007

Sehr geehrte Damen und Herren!

Gestatten Sie mir zunächst, der Regierung Senegals und dem senegalesischen Volk für den außerordentlich herzlichen Empfang zu danken. Danken möchte ich auch der Universität Dakar, die es mir erstmals ermöglicht, als französischer Staatspräsident das Wort an die Elite der afrikanischen Jugend zu richten.

Ich bin gekommen, um zu Ihnen so offen und ehrlich zu sprechen, wie man mit Freunden spricht, die man liebt und respektiert. Ich liebe Afrika, ich respektiere und liebe die Afrikaner.

Zwischen dem Senegal und Frankreich hat die Geschichte Bande einer Freundschaft geknüpft, die niemand zu lösen vermag. Es ist dies eine starke und aufrichtige Freundschaft. Deshalb will ich heute von Dakar aus einen brüderlichen Gruß Frankreichs an ganz Afrika richten.

Ich möchte mich heute Abend an alle Afrikaner wenden. Sie unterscheiden sich alle grundlegend voneinander. Sie sprechen nicht dieselbe Sprache, sie haben nicht dieselbe Religion, nicht dieselben Bräuche, nicht dieselbe Kultur, nicht dieselbe Geschichte; und dennoch erkennen und anerkennen sie einander als Afrikaner. Hierin liegt schon ein erstes Geheimnis Afrikas.

Jawohl, heute Abend möchte ich mich an alle Bewohner dieses geschundenen Kontinents wenden, vor allem an seine Jugend, an euch, die ihr einander bekämpft und oft so sehr gehasst habt, die ihr einander manchmal immer noch bekämpft und hasst, aber doch zugleich als Brüder erkennt und anerkennt, Brüder im Leiden, Brüder in der Erniedrigung, Brüder in der Revolte, Brüder in der Hoffnung, Brüder, weil ihr fühlt, eine gemeinsame Bestimmung zu haben, Brüder in jenem geheimnisvollen Glauben, durch den ihr mit der afrikanischen Erde verbunden seid, der von Generation zu Generation weitergegeben wird und auch im Exil nicht erlischt.

Ich bin nicht gekommen, ihr jungen Menschen von Afrika, um gemeinsam mit euch Tränen über das Elend Afrikas zu vergießen, denn Afrika ist nicht auf meine Tränen angewiesen.

Ich bin nicht gekommen, ihr jungen Menschen von Afrika, um euer Schicksal zu beklagen, denn euer Schicksal ist vor allem in eure eigenen Hände gelegt. Stolze Jugend Afrikas, wozu sollte euch mein Mitleid nützen?

Ich bin nicht gekommen, die Vergangenheit auszulöschen, denn die Vergangenheit lässt sich nicht auslöschen.

Ich bin nicht gekommen, Fehler und Verbrechen zu leugnen, denn Fehler und Verbrechen hat es sehr wohl gegeben.

Es gab den Sklavenhandel, es gab die Sklaverei: Männer, Frauen, Kinder – gekauft und verkauft wie Waren. Und das war nicht nur ein Verbrechen an den Afrikanern. Das war ein Verbrechen am Menschen, an der ganzen Menschheit.

Der Afrikaner – schwarzer Mensch, der in einem fort »aus dem Schiffsladeraum die angeketteten Verwünschungen hört, den gestoßenen Atem der Sterbenden, das Aufklatschen, wenn man einen von ihnen ins Meer geworfen hat«; schwarzer Mensch, der sich in endloser Wiederholung erinnert: »Und dieses Land verkündete jahrhundertelang, wir seien wilde Tiere«. Dieser schwarze Mensch, das möchte ich hier in Dakar aussprechen, hat das Antlitz aller Menschen dieser Erde.

Dieses Leiden des schwarzen Menschen – und ich spreche da nicht vom Mann, ich spreche vom menschlichen Wesen und somit ganz allgemein von Frau und Mann16 – dieses Leiden des schwarzen Menschen ist das Leiden aller Menschen. Diese offene Wunde in der Seele des schwarzen Menschen ist eine offene Wunde in der Seele aller Menschen.

Aber niemand kann von heutigen Generationen verlangen, für dieses Verbrechen zu büßen, das frühere Generationen begangen haben. Niemand kann von den Söhnen verlangen, die Sünden ­ihrer Väter zu bereuen.

Ihr jungen Afrikaner, ich bin nicht gekommen, um zu euch von Reue zu sprechen. Ich bin gekommen, euch zu sagen, dass ich den Menschenhandel und die Sklaverei als Verbrechen gegenüber der Menschheit empfinde. Ich bin gekommen, euch zu sagen, dass eure Zerrissenheit und euer Leiden auch unsere und daher auch meine Zerrissenheit und mein Leiden sind.

Ich bin gekommen, euch vorzuschlagen, dass wir – Afrikaner und Franzosen – gemeinsam einen Blick jenseits dieser Zerrissenheit und dieses Leidens werfen.

Ich bin gekommen, um euch vorzuschlagen, ihr jungen Afrikaner, diese Zerrissenheit und dieses Leiden nicht etwa zu vergessen – sie können nicht vergessen werden –, sondern sie zu überwinden.

Ich bin gekommen, um euch vorzuschlagen, ihr jungen Afrikaner, nicht etwa gemeinsam die Vergangenheit wiederzukäuen, sondern gemeinsam Lehren aus ihr zu ziehen, um so gemeinsam die Zukunft anvisieren zu können.

Ihr jungen Afrikaner, ich bin gekommen, um mit euch unserer gemeinsamen Geschichte ins Auge zu sehen.

Afrika hat sein Unglück mitzuverantworten. In Afrika haben die Menschen einander mindestens im selben Ausmaß getötet wie in Europa. Es stimmt indes, dass die Europäer als Eroberer nach Afrika kamen. Sie eigneten sich das Land eurer Vorfahren an. Sie verbannten die Götter eurer Väter, ächteten deren Sprachen, deren Glauben und deren Bräuche. Sie schrieben euren Vätern vor, was sie zu denken, zu glauben, zu tun hatten. Sie durchschnitten bei euren Vätern das Band zur Geschichte, sie raubten ihnen die Seele, ihre Wurzeln. Sie haben Afrika profaniert.

Das war unrecht, ihr Unrecht.

Sie nahmen die Tiefe und den Reichtum der afrikanischen Seele nicht wahr. Sie glaubten sich überlegen, höher entwickelt, hielten sich für den Inbegriff des Fortschritts und der Zivilisation.

Das war unrecht, ihr Unrecht.

Sie wollten den afrikanischen Menschen bekehren, wollten ihr Ebenbild aus ihm machen, sie maßten sich alle Rechte an, glaubten sich allmächtig, mächtiger als die Götter Afrikas, mächtiger als die afrikanische Seele, mächtiger als die heiligen Bande, die die Menschen über viele Jahrtausende geduldig mit dem Himmel und der Erde des afrikanischen Kontinents geknüpft hatten, mächtiger als die Geheimnisse aus dem Urgrund der Zeit.

Das war unrecht, ihr Unrecht.

Sie zerstörten das Kunstwerk einer Lebensgestaltung. Sie zerstörten eine wunderbare Vorstellungswelt. Sie zerstörten die Weisheit der Väter.

Das war unrecht, ihr Unrecht.

Sie erzeugten Angst und Lebensverzagtheit. Sie schürten Hass. Sie erschwerten die Öffnung gegenüber dem Anderen, den Austausch, das Teilen; denn um sich zu öffnen, um etwas auszutauschen, um zu teilen, muss man sich seiner Identität, seiner Werte, seiner Überzeugungen sicher sein. Im Kontakt mit dem Kolonisator hatte der kolonialisierte Mensch sein Selbstvertrauen verloren, hatte vergessen, wer er war, hatte sich von der Angst vor dem Anderen und vor der Zukunft übermannen lassen.

Der Kolonisator kam und nahm, er füllte seine Taschen, er machte sich alle und alles zu Nutzen, er plünderte Ressourcen und Schätze, die ihm nicht gehörten. Er raubte dem kolonialisierten Menschen seine Persönlichkeit, seine Freiheit, sein Land, die Frucht seiner Arbeit.

Er hat genommen, aber bei allem gebotenen Respekt möchte ich sagen dürfen, dass er auch gegeben hat. Er baute Brücken, Straßen, Spitäler, Ambulanzen, Schulen. Er machte Brachland fruchtbar, er investierte Mühe, Arbeit und Wissen. Ich möchte hier sagen dürfen: Nicht alle Kolonisatoren waren Diebe und Ausbeuter.

Es gab unter ihnen schlechte Menschen, aber es gab auch Menschen guten Willens, Menschen, die glaubten, einen zivilisatorischen Auftrag zu erfüllen, Menschen, die glaubten, Gutes zu tun. Dabei irrten sie gewiss, aber einige von ihnen meinten es ehrlich. Sie glaubten, die Freiheit weiterzugeben, und schufen Entfremdung. Sie glaubten, die Ketten der Fortschrittsfeindlichkeit, des Aberglaubens, der Knechtschaft zu sprengen, und schmiedeten weit schwerere Ketten. Sie brachten eine weit schwerwiegendere Knechtschaft mit, eine, die das Denken und die Seelen unterjochte. Sie glaubten, Liebe zu schenken, und merkten nicht, dass sie Hass und Revolte säten.

Der Kolonialismus ist nicht für alle Schwierigkeiten im heutigen Afrika verantwortlich zu machen. Er ist nicht verantwortlich für blutige Kriege, die sich die Afrikaner untereinander liefern. Er ist nicht für Völkermorde verantwortlich. Er ist nicht für Diktatoren verantwortlich. Er ist nicht für Fanatismus und nicht für Korruption und Amtsmissbrauch verantwortlich. Er ist nicht verantwortlich für Verschwendung und Umweltverschmutzung.

Doch der Kolonialismus war ein großer Fehler, für den jene mit Verbitterung und Leid bezahlen sollten, die geglaubt hatten, alles zu geben, und nicht verstanden, warum man ihnen so feindselig begegnete.

Der Kolonialismus war ein großer Fehler, der im kolonialisierten Menschen die Selbstachtung zerstörte und in seinem Herzen jenen Selbsthass entstehen ließ, der unweigerlich zum Hass gegenüber anderen Menschen führt.

Der Kolonialismus war ein großer Fehler, aber dieser große Fehler wurde zum Embryo eines gemeinsamen Schicksals. Dies ist nun ein Gedanke, der mir besonders am Herzen liegt.

Der Kolonialismus war ein Fehler, der den Geschicken Europas und den Geschicken Afrikas eine neue Richtung gab und sie durchmischte. Und dieses gemeinsame Schicksal wurde mit dem Blut jener Afrikaner besiegelt, die in den europäischen Kriegen umkamen.

Und Frankreich vergisst nicht, dass afrikanisches Blut für Frankreichs Freiheit vergossen wurde.

Niemand kann vor dem Geschehenen die Augen verschließen.

Niemand kann diesen Fehler ungeschehen machen.

Niemand kann diesen Teil der Geschichte ungeschehen machen.

Zum Guten wie zum Schlechten, der Kolonialismus verwandelte beide, den afrikanischen und den europäischen Menschen.

Ihr jungen Afrikaner, ihr seid die Erben der uralten Traditionen Afrikas und ihr seid die Erben all dessen, was der Westen Afrika in Herz und Seele gelegt hat.

Ihr jungen Afrikaner, die europäische Gesellschaft war im Unrecht, wenn sie sich der Kultur eurer Vorfahren überlegen glaubte, aber heute und in Zukunft gehört die europäische Kultur auch euch.

Ihr jungen Afrikaner, lasst euch nicht verführen von der Idee der Reinheit, denn sie ist eine Krankheit, eine Krankheit des Verstandes, die zu den größten Gefahren in der Welt zählt.

Ihr jungen Afrikaner, trennt euch nicht gewaltsam von dem, was euch reicher macht, amputiert nicht einen Teil eurer selbst! Reinheit ist ein Gefängnis, Reinheit ist Intoleranz. Reinheit ist eine Wahnvorstellung, die zu Fanatismus führt.

Ihr jungen Afrikaner, ich möchte euch sagen, dass das Drama Afrikas nicht in seiner angeblichen Unterlegenheit in Kunst, Philosophie und Kultur besteht. Denn gerade in den Bereichen der Kunst, der Philosophie und der Kultur ging das Abendland bei Afrika in die Schule.

Die moderne Kunst verdankt Afrika fast alles. Afrikas Einfluss war im 20. Jahrhundert ein Beitrag zur Veränderung nicht nur der Vorstellungen von Schönheit, nicht nur des Verständnisses von Rhythmus, Musik und Tanz, sondern auch – wie Senghor sagt – der Art zu gehen oder zu lachen.

Mit anderen Worten, ich möchte der Jugend Afrikas sagen, dass das Drama Afrikas keineswegs daher rührt, dass die afrikanische Seele nicht aufnahmefähig wäre für Logik und Vernunft, denn der afrikanische Mensch ist genauso logisch und vernünftig wie der europäische Mensch.

Wenn ihr euch in die afrikanische Vorstellungswelt, die ihr von ­euren Vorfahren geerbt habt, vertieft, in die Sagen, Sprichwörter, Mythologien, Rituale, in all jene Formen, welche seit der Morgenröte der menschlichen Zeit von den Generationen Afrikas ausgestaltet und einander weitergegeben werden, dann findet ihr auch die Einfallskraft, um euch eine eigene Zukunft zu erschließen, eine spezifische Zukunft, die keiner anderen gleicht, wo ihr euch endlich frei fühlen werdet – ja, ihr jungen Afrikaner, frei dazu, ihr selbst zu sein und selbst zu entscheiden.

Ich bin gekommen, euch zu sagen, dass ihr euch der Werte der afrikanischen Kultur nicht zu schämen braucht, dass diese Werte euch nicht nach unten, sondern nach oben ziehen, dass sie ein Gegengift sind gegen Materialismus und Individualismus, die beide den modernen Menschen unterjochen, dass diese Werte das wertvollste Erbe sind, eine Antwort auf die Deshumanisierung und Verflachung der Welt.

Ich bin gekommen, euch zu sagen, dass der moderne Mensch, der sich mit der Natur wieder versöhnen will, sehr viel vom afrikanischen Menschen lernen kann, weil dieser seit Tausenden von Jahren in Symbiose mit der Natur lebt.

Ich bin gekommen euch zu sagen, dass dieser Riss zwischen den beiden Teilen eurer selbst zugleich eure größte Stärke und euer größter Schwachpunkt ist, je nachdem, ob ihr euch um die notwendige Synthese bemüht oder sie vernachlässigt.

Doch ich bin auch gekommen, euch zu sagen, dass in euch, ihr jungen Afrikaner, zwei Erbteile angelegt sind, zwei Weisheits­stränge, zwei Traditionen, die einander lange Zeit bekämpft haben: die afrikanische und die europäische.

Ich bin gekommen, euch zu sagen, dass dieser afrikanische und dieser europäische Teil eurer selbst eben eure zerrissene Identität bilden.

Ihr jungen Afrikaner, ich bin nicht gekommen, euch eine Lektion zu erteilen.

Ich bin nicht gekommen, euch zu maßregeln.

Ich bin indes gekommen, euch zu sagen, dass der Anteil Europas, der in euch wohnt, zwar die Frucht eines großen westlichen Sündenfalls im Zeichen des Hochmuts ist, dass jedoch dieser Anteil keinesfalls unwürdig ist.

Denn er ist der Ruf nach Freiheit, nach Emanzipation und Gerechtigkeit, nach Gleichheit von Frau und Mann.

Denn er ist der Ruf nach universeller Vernunft und universellem Bewusstsein.

Das Drama Afrikas besteht darin, dass der afrikanische Mensch nicht ausreichend in die Geschichte eingetreten ist. Der afrikanische Bauer, der seit Jahrtausenden im Gleichklang mit den Jahreszeiten und für ein Lebensideal – nämlich die harmonische Beziehung zur Natur – lebt, dieser afrikanische Bauer kennt nichts anderes als die ewige Wiederkehr der Zeit, die ihren Rhythmus durch die unendliche Wiederholung der ewig gleichen Gesten und ewig gleichen Worte erfährt.

In dieser Vorstellungswelt, wo alles immer wieder von neuem beginnt, ist kein Platz für das Abenteuer Mensch, für die Fortschritts­idee.

In diesem geistigen Kosmos, wo von der Natur alles vorgegeben wird, ist der Mensch zwar von der Angst gegenüber der Geschichte, von dieser Pein des modernen Menschen verschont, aber der Mensch bleibt unbeweglich: verhaftet in einer unverrückbaren Ordnung, wo alles von Anbeginn festgelegt scheint.

Niemals schwingt sich da der Mensch auf zur Zukunft. Niemals kommt es ihm in den Sinn, aus der Sphäre der Wiederholung herauszutreten, um sich eine eigene Bestimmung zu erschließen.

Dies ist – gestatten Sie einem Freund Afrikas, das auszusprechen – das Problem Afrikas. Die Herausforderung besteht für Afrika darin, mehr in die Geschichte einzutreten. In sich selbst die Energie, die Kraft, den Wunsch und den Willen zu finden, die notwendig sind, um seiner eigenen Geschichte zuzuhören und sie sich anzueignen.

Das Problem Afrikas besteht darin, dass dieser Kontinent die unablässige Wiederholung, das unablässige Wiederkäuen des Selben aufgeben muss, sich vom Mythos der ewigen Wiederkehr befreien, sich verdeutlichen muss, dass das goldene Zeitalter, dem er unentwegt nachtrauert, nicht mehr wiederkehrt, ganz einfach weil es nie existiert hat.

Das Problem Afrikas besteht darin, dass dieser Kontinent, während er die Gegenwart erlebt, zu sehr in der Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies der Kindheit verfangen ist.

Das Problem Afrikas besteht darin, dass dieser Kontinent die Gegenwart allzu oft an einer nicht realen, sondern bloß vorgestellten Reinheit des Ursprungs misst, die wieder auferstehen zu lassen in niemandes Macht steht.

Das Problem Afrikas besteht darin, dass dieser Kontinent nicht eine mehr oder weniger mythische Vergangenheit zur besseren Verkraftung der Gegenwart, sondern mit seinen ureigenen Mitteln eine Zukunft erdenken soll.

Das Problem Afrikas besteht darin, dass dieser Kontinent sich nicht auf die Rückkehr des Unheils einstellen soll, so als ob sich dieses durch alle Zeiten hindurch immer wiederholte, sondern dass er wünschen und sich selbst befähigen soll, das Unheil abzuwenden, denn Afrika hat wie alle anderen Kontinente ein Recht auf das Glück.

Das Problem Afrikas besteht darin, dass dieser Kontinent sich selbst treu bleiben und zugleich nicht erstarren soll.

Die Herausforderung besteht für Afrika darin, dass es lernen muss, seinen Zugang zum Universellen nicht als Selbstverleugnung, sondern als Vollendung zu sehen.

Die Herausforderung besteht für Afrika darin, dass es lernen muss, sich selbst als den Erben des Universellen, das in allen menschlichen Kulturen enthalten ist, zu fühlen.

Es muss sich Menschenrechte, Demokratie, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit als gemeinsames Erbe aller Kulturen und aller Menschen aneignen.

Es muss sich die moderne Wissenschaft und Technik als Errungenschaft des gesamten menschlichen Geistes aneignen.

An Afrika stellt sich dieselbe Herausforderung wie an alle Gesellschaften und Kulturen, wie an alle Völker, die ihre Identität zwar bewahren, aber sich nicht abkapseln wollen, weil sie wissen, dass Abkapselung tödlich ist.

Kulturen sind dann groß, wenn sie an der weltweiten Vermischung des menschlichen Geistes teilhaben.

Sich an dieser weltweiten kulturellen Vermischung während langer Zeit nicht beteiligt zu haben schwächte Afrika, auf dessen Boden ja so viele prachtvolle Kulturen entstanden waren. Der Preis für diesen Rückzug aus den Weltentwicklungen sollte ein hoher werden: Afrikas Verletzbarkeit und Prekarität. Aber aus dem Unheil schöpfte Afrika neue Kräfte, indem es sich nun seinerseits vermischte. Und diese Vermischung – unter welchen peinvollen Umständen sie auch immer zustande gekommen sein mag – ist die wahre Stärke und die wahre Chance Afrikas jetzt, wo die erste planetarische Gesellschaft entsteht.

Jenseits aller Verbrechen und aller Fehler, die in ihrem Namen begangen wurden und die unentschuldbar sind, haben die islamische Kultur, das Christentum und die Kolonisation doch die Herzen und den Geist der Afrikaner für das Universelle und für die Geschichte geöffnet.

Ihr jungen Afrikaner, lasst euch eure Zukunft nicht entwenden von jenen, die auf Intoleranz nur mit Intoleranz und auf Rassismus nur mit Rassismus antworten!

Ihr jungen Afrikaner, lasst euch eure Zukunft nicht entwenden von jenen, welche euch einer Geschichte berauben wollen, die auch euch gehört, weil sie die peinvolle Geschichte eurer Eltern, eurer Großeltern und eurer Vorfahren war!

Ihr jungen Afrikaner, hört nicht auf jene, welche unter Berufung auf die Tradition den Austritt Afrikas aus der Geschichte betreiben, denn ein Afrika, in dem sich nichts mehr ändern darf, wäre erneut zur Knechtschaft verdammt!

Ihr jungen Afrikaner, hört nicht auf jene, welche euch hindern wollen, am Abenteuer der Menschen so teilzuhaben, wie es euch zusteht, denn ohne euch, ihr jungen Afrikaner, die ihr die Jugend der ganzen Welt seid, ohne euch wäre das Abenteuer der Menschen nicht so schön!

Ihr jungen Afrikaner, hört nicht auf jene, welche euch entwurzeln, euch eurer Identität berauben wollen, welche alles Afrikanische, die ganze Mystik, die Religiosität, die spezifisch afrikanischen Fühl- und Denkweisen endgültig ausradieren wollen, denn wer den Austausch anstrebt, muss auch etwas geben können, denn wer mit den anderen sprechen will, muss ihnen auch etwas sagen können!

Ihr jungen Afrikaner, hört vielmehr auf die große Stimme des Präsidenten Senghor, der sein ganzes Leben lang bemüht war, die Erbteile und Kulturen, in deren Mitte die Zufälle und Tragödien der Geschichte den afrikanischen Kontinent gestellt hatten, mitein­ander zu versöhnen!

Dies sagte er, der Sohn aus Joal, der mit den Gesängen der Griots aufgewachsen war, ja, dies sagte er: »Wir sind kulturelle Mischlinge; wir fühlen zwar als Schwarze17, aber wir teilen uns auf Französisch mit, weil das Französische eine Sprache universeller Bestimmung ist und unsere Botschaft sich auch an die Franzosen und an alle Menschen richtet«.

Und er sagte auch: »Das Französische schenkte uns durch seinen Wortschatz die in unseren Muttersprachen so seltenen Abstrakta. Bei uns haben die Wörter einen natürlichen Nimbus aus Erdsaft und Blut; die Wörter des Französischen hingegen strahlen diamantengleich und tausendfach wie ein Feuerwerk, das unsere Nacht erhellt«.

So sprach Léopold Senghor, der all dem, was die Menschheit an Intelligenz in sich birgt, zur Ehre gereicht. Dieser große Dichter und große Afrikaner wollte, dass Afrika, ein neues Zeichen setzend, mit der ganzen Menschheit spricht, und so schrieb er auf Französisch Dichtungen für alle Menschen.

Diese Dichtungen brachten für alle Menschen die Kunde von Fabelwesen, die Quellen bewachen, in Flüssen singen, sich in den Bäumen verbergen.

Es waren Dichtungen, durch die die Menschen wieder die Stimmen der Verstorbenen einer Dorfgemeinschaft, die Stimmen der Ahnen vernehmen konnten.

Dichtungen, die durch einen Wald von Symbolen zurück zu den Ursprüngen des von Generation zu Generation überlieferten Gedächtnisses führten, jenes Gedächtnisses, das jedes Volk tief in seinem Bewusstsein bewahrt, so wie der erwachsene Mensch in sich das Glück der Kindheit bewahrt.

Denn jedes Volk hat einmal die Zeit des ewigen »Jetzt« erlebt, die von dem Wunsch bestimmt war, das Universum nicht zu beherrschen, sondern in Übereinstimmung mit ihm zu leben. Zeit der Empfindung, des Instinkts, der Intuition. Zeit des Geheimnisses und der Initiation. Mystische Zeit, wo das Heilige allgegenwärtig war in einer Welt der Zeichen und gegenseitigen Entsprechungen. Es ist dies die Zeit der Magier, der Zauberer, der Schamanen. Die Zeit des hohen Worts, das von den Menschen geachtet, von den Generationen weitergegeben wird und das über Jahrhunderte heilige Erzählungen überliefert, die so alt sind wie die Götter selbst.

Afrika hat die Völker der Erde an ihre gemeinsame Kindheit erinnert. Es hat ihnen die einfachen Freuden und kurzlebigen Glücksmomente dieser Kindheit, aber auch ein fundamentales Bedürfnis wieder bewusst gemacht, ein Bedürfnis, an das ich selbst so sehr glaube: das Bedürfnis, zu glauben statt zu verstehen, das Bedürfnis, zu erfühlen statt mit dem Verstand zu erfassen, das Bedürfnis, Harmonie zu leben statt Welt zu erobern.

Wenn jemand die afrikanische Kultur als rückständig und die Afrikaner als große Kinder ansieht, dann vergisst er, dass das antike Griechenland, dem wir so viel Wissen über den Einsatz der Vernunft und des Verstandes verdanken, selbst seine Zauberer, seine Wahrsager, seine Geheimniskulte, seine Geheimgesellschaften, seine heiligen Wälder hatte und nicht zuletzt seine Mythologie, eine Mythologie aus dem Urgrund der Zeit, aus der wir heute noch ­einen unermesslichen Schatz an menschlicher Weisheit schöpfen.

Wenn Afrika, das ja selbst große dramatische Dichtungen und tragische Erzählungen hervorgebracht hat, Sophokles lauschte, so vernahm es gewiss eine ungeahnt vertraute Stimme, und der Westen erkannte in der afrikanischen Kunst ästhetische Formen, die einst seine eigenen gewesen waren und die er nun wiedererstehen lassen wollte.

So hört denn, ihr jungen Afrikaner, wie sehr Rimbaud Afrikaner ist, wenn er die Vokale mit Farben versieht, so wie deine [sic]18 Ahnen ihre Masken mit Farben bemalten, »schwarze Maske, rote Maske, weiß-schwarze Maske«.

Öffnet die Augen, ihr jungen Afrikaner, und betrachtet die Welt­zivilisation nicht mehr – so wie nur allzu oft eure Vorfahren es getan haben – als Bedrohung eurer Identität, sondern als ein Gut, das auch euch gehört.

Sobald ihr in der universellen Weisheit einen Teil jener Weisheit erkennt, den euch eure Väter überliefert haben, und sobald ihr wirklich willens seid, sie zu nützen, wird das beginnen, was ich die »afrikanische Renaissance« nennen möchte und für uns alle ersehne.

Sobald ihr für alle vernehmbar beschließt, dass der afrikanische Mensch gerade nicht einem unausweichlich tragischen Schicksal ausgeliefert ist, sondern dass in ganz Afrika nur die Erreichung des Glücks erstrebenswert scheint, sobald ihr das tut, wird die afrikanische Renaissance beginnen.

Sobald ihr jungen Afrikaner erklärt, dass afrikanische Politik nur das Ziel der Einheit Afrikas und der Einheit des Menschengeschlechts haben kann, sobald ihr das tut, wird die afrikanische Renaissance beginnen.

Sobald ihr der Realität Afrikas direkt ins Antlitz seht und sie kräftig anpackt, sobald ihr das tut, wird die afrikanische Renaissance beginnen. Denn das Problem Afrikas ist, dass es ein Mythos geworden ist, den sich jeder nach Bedarf zurechtzimmert.

Und dieser Mythos verstellt den direkten Blick auf die Realität des afrikanischen Kontinents.

Die Realität Afrikas – ein zu starkes Bevölkerungswachstum bei zu geringem Wirtschaftswachstum. Und zu viel Hunger, zu viel Elend.

Die Realität Afrikas – Mangel, der Gewalt gebiert.

Die Realität Afrikas – eine zu langsame Entwicklung, eine nicht ausreichend ertragreiche Landwirtschaft, nicht genug Straßen, nicht genug Schulen, nicht genug Spitäler.

Die Realität Afrikas – ein großer Verschleiß an Energie, an Engagement, an Talenten, an Intelligenz.

Die Realität Afrikas – die Realität eines großen Kontinents, der alles hätte, um erfolgreich zu sein, der aber nicht erfolgreich ist, weil er sich von seinen Mythen nicht befreien kann.

Ihr jungen Afrikaner, die Renaissance, die Afrika braucht, könnt nur ihr verwirklichen, denn nur ihr werdet dazu die Kraft haben.

Diese Renaissance bin ich gekommen euch vorzuschlagen. Ich bin gekommen, sie euch vorzuschlagen, damit wir sie gemeinsam verwirklichen, denn von Afrikas Renaissance hängt zu einem entscheidenden Teil die Renaissance Europas und der ganzen Welt ab.

Ich weiß, wie viele von euch in der Konfrontation mit Afrikas Schwierigkeiten den Wunsch hegen, Afrika zu verlassen.

Ich weiß um die Lockungen des Exils, denen so viele junge Afrikaner folgen, weil sie fern der Heimat suchen, was sie in dieser nicht finden, um ihre Familie zu erhalten.

Ich weiß, wie viel Willensstärke, wie viel Mut es braucht, um dieses Abenteuer zu wagen, um seine Heimat, das Land, wo man geboren und aufgewachsen ist, zu verlassen, um die vertrauten Orte, wo man glücklich war, um die Liebe von Mutter, Vater, Geschwistern, um jene Solidarität, jene menschliche Wärme, jene Gemeinschaftsgesinnung, die in Afrika so ausgeprägt ist, hinter sich zu lassen.

Ich weiß, wie viel Seelenstärke es braucht, um die Entwurzelung, das Leben fern der Heimat, die Einsamkeit auf sich zu nehmen.

Ich weiß, welchen Belastungen, welchen Schwierigkeiten, welchen Risiken diese Menschen ausgesetzt sind.

Ich weiß, dass sie manchmal sogar ihr Leben aufs Spiel setzen, um an das Ziel dessen zu gelangen, was sie für ihren Traum halten.

Aber ich weiß auch, dass sie durch nichts zurückzuhalten sind.

Denn nichts kann junge Menschen zurückhalten, wenn sie sich von ihren Träumen getragen glauben.

Ich glaube nicht, dass die jungen Menschen Afrikas nur wegziehen, um der Not zu entkommen.

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