Kitabı oku: «Die besten Ideen für mehr Humor», sayfa 4
Die wichtigsten Ingredienzien des holländischen Humors
1. Humor ist manschen statt aufspießen
Erinnern Sie sich an die gemanschten Kartoffeln in Fleischsoße? Muss ich mir die Kartoffel weiterhin auf die Gabel spießen, oder kann ich auch einfach herummanschen? Selbst wenn Perfektionismus und Detailverliebtheit deutsche Stärken sind, sie sind nicht immer zielführend. In den Niederlanden gibt es einen wunderbaren Ausdruck dafür, wenn man sich übermäßig mit Details aufhält: »Mierenneuken«, was so viel heißt wie »Sex mit Ameisen machen«. Fragen Sie sich deshalb ab und an: Muss das jetzt genau so sein, wie ich es möchte? Oder ist ungefähr nicht hin und wieder besser als genau? Kann ich über meine Fehler oder die der anderen auch einmal hinwegsehen und herzlich lachen?
2. Humor ist klein statt groß
Probieren Sie es doch mal aus und machen Sie die Dinge, die Sie negativ beeinflussen, in Gedanken einmal klein. Hängen Sie auf holländische Art an alles die Endung »-chen«, und Sie werden sehen, wie vieles, was Ihnen zuvor wichtig erschien – frei nach Reinhard Mey –, plötzlich »nichtig und klein« wird. »Wenn wir hier jetzt noch ein Stündchen weiterverhandeln wegen nichts, dann packe ich meine Sächlein und komme erst wieder zurück, wenn das Sönnchen hier wieder scheint.«
3. Humor ist, über sich selbst zu lachen
Dies ist eine Einladung zur Entwicklung einer leichten Persönlichkeitsstörung: Stellen Sie sich einmal neben sich und schauen Sie sich selbst von der Seite an. Fragen Sie sich: »Waar zijn we nu weer in hemelsnaam me bezig?« Frei übersetzt: »Was mache ich hier in Gottes Namen schon wieder?« Wäre es jetzt nicht viel souveräner, über mich selbst zu lachen, als wutentbrannt mit der Tür zu knallen? Wichtig ist, was uns alle verbindet, nicht das, was uns trennt.
4. Humor ist, vom Positiven auszugehen
»Das wird schon nicht so schlimm werden.« Wenn Sie, wie die Holländer, immer vom besten Fall ausgehen, ist Ihnen auch in schwierigen Situationen noch nach Scherzen zumute. Nutzen Sie die Kraft des Humors, um zu relativieren. Dinge passieren nicht immer zum Besten, wir können aber das Beste aus ihnen machen.
»Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?« (aus: David Copperfield von Charles Dickens) Oder aber, gibt es eine bessere Art, mit Unterschieden umzugehen, als mit liebevollem Humor? In diesem Sinne: Was bekommt der Holländer, wenn er drei Mal durch die Führerscheinprüfung gefallen ist? Ein gelbes Nummernschild.
Bleiben Sie humorvoll en blijf lachen!
Maike van den Boom
ist Expertin für Glücks- und Erfolgsmaximierung, halbe Holländerin, Kunsttherapeutin, Managerin und Certified Speaker. Mit ihrem facettenreichen Hintergrund im Vertriebs-, Marketing- und Kommunikationsmanagement in den Niederlanden, Mexiko und Deutschland hat sie ein fundiertes Praxiswissen aufgebaut. Mit diesem Erfahrungsschatz zeigt sie anschaulich, dass wir unsere Ziele besser erreichen, wenn wir glücklich sind und das Leben mit Humor nehmen.
* Korrekt: die Niederlande, die Niederländer. Holland umfasst nur zwei westliche Provinzen um Amsterdam, Utrecht und Rotterdam. Ich verwende der Lesbarkeit wegen den gängigen Begriff der Holländer.
** Das Wort »lekker« wird im Holländischen im weitesten Sinne für alles verwendet, was angenehm ist und Spaß macht. So kann man lekker schlafen, essen, singen. Die Sonne kann aber auch lekker scheinen und ein Auto lekker fahren. Oder man nimmt lekker einfach den Zug.
* »Gezellig« heißt gemütlich und wird wie »lekker« im weiten Kontext verwendet. Gezellig kann man alles machen und kann alles sein: Ein gezellig Theaterbesuch, gezellig Tässchen Kaffee trinken, gezellig schlafen gehen, gezellig auf eine Party gehen oder einfach gezellig nichts tun.
* auch Sehrinde genannt.
** Schmitz, T. W., De Rosa, E., & Anderson, A. K. (2009). »Opposing influences of affective state valence on visual cortical encoding«, in: Journal of Neuroscience, 29, 7199 – 7207.
RENÉ BORBONUS
Wie Sie mit Humor zum besseren Redner werden
Als Redner sprechen wir vor Publikum, weil wir eine persönliche Botschaft für unsere Zuhörer haben. Die kommt in aller Regel jedoch mit vielen Fakten und Argumenten daher: sperrige Inhalte, die für sich genommen noch niemanden begeistern. Eine effektive Möglichkeit, Begeisterung zu erzeugen, ist die Komik. Sie kann mehr als bloß unterhalten: Sie verschafft uns Sympathie. Sie lässt uns Meinungen beeinflussen, Argumente entkräften, neue Vorstellungsräume eröffnen. Doch wie stellen wir das an? Dieser Beitrag zeigt, wie die Komik in die Reden kommt.
Vom »Haha« zum »Aha!«: Lachen heißt verstehen
Um herauszufinden, wie Komik in Reden angewendet wird, müssen wir uns zuerst fragen, warum sie überhaupt funktioniert. Und beim Warum wird es ernst, bevor es lustig wird: Das Ziel des Redens vor Publikum ist eine »gemeinsame Sinnkonstitution« (Geißner, S. 153 ff.). Was so wissenschaftlich daherkommt, können Sie an jedem guten Witz nachvollziehen: Ein gemeinsamer Sinn ist im Raum, wenn das Publikum Ihren Humor versteht.
Den gemeinsamen Sinn über Komik zu transportieren hat jedoch noch einen zusätzlichen Nutzen: Nichts dankt das Publikum einem Redner mehr als einen humorvollen Vortrag. Immerhin wissen die Leute vor einer Rede nie, worauf sie sich eingelassen haben: eine Stunde Langeweile oder eine Stunde Feuerwerk. Schaffen Sie es, das Publikum zum Lachen zu bringen, haben Sie nebenbei noch etwas anderes erreicht: Die Zuhörer sind jetzt neugierig, was als Nächstes passieren wird. Ein Redner, der eine Pointe aufbieten kann, hat in der Regel schließlich noch mehr davon auf Lager.
Lachen ist ein guter Anfang: Komik als dramaturgisches Mittel
Die Aufmerksamkeit, die eine Pointe erzeugt, nutzt also auch Ihren Redeinhalten. Der Einsatz von Humor empfiehlt sich deshalb schon beim Einstieg in eine Rede: Wenn Sie witzig anfangen, schauen Sie plötzlich in hellwache, erwartungsvolle Gesichter. Das macht die Arbeit nicht zuletzt auch für Sie deutlich angenehmer – oder reden Sie gern gegen das Schnarchen aus den hinteren Reihen an? Komik zum Einstieg schafft eine positive Grundstimmung, und Ihre Botschaft fällt auf fruchtbaren Boden.
Der britische Bildungsexperte Sir Ken Robinson ist ein Meister der humorvollen Rede. Er beginnt grundsätzlich mit einer Pointe. Ein Beispiel aus seiner Rede über die Notwendigkeit einer Bildungsreform auf der TED-Convention 2006 zeigt, dass er genau weiß, warum er das tut:
»Ich möchte heute über Bildung sprechen. Und über Kreativität. Meine Behauptung ist: Alle Kinder haben gewaltige Talente, und wir vergeuden sie rücksichtslos. […] Ich sage: Kreativität ist in der Bildung genauso wichtig wie Literatur. Und entsprechend sollten wir sie auch behandeln! [Publikum applaudiert] So, das war’s. Vielen Dank! [Publikum lacht] Noch 15 Minuten übrig … Gut, ich wurde geboren … [Publikum lacht] Ich habe neulich eine großartige Geschichte gehört: Es geht um ein Mädchen in einer Kunststunde. Sie ist sechs Jahre, kann sich im Unterricht schlecht konzentrieren – außer in dieser Kunststunde. Der Lehrer bemerkt das und fragt: »Was malst du da?« Das Mädchen sagt: »Ich male ein Bild von Gott!« Und der Lehrer sagt: »Aber niemand weiß doch, wie Gott aussieht.« Und das Mädchen sagt: »In einer Minute schon!«
Was macht diesen Einstieg so reizvoll? Ken Robinson trägt zunächst seine These, die er im Verlauf des Vortrags noch zu begründen hat, klar formuliert vor – wie jeder gute Redner es tun würde. Dass er sie danach mit einer lustigen Geschichte abrundet, verschafft ihm drei Vorteile:
1. Die Gegner der These sehen sich nun in einem Konflikt, sofern sie gelacht haben. Sie werden seinen Worten deswegen weiterhin aufmerksam folgen und nicht einfach abschalten können. Mit anderen Worten: Er hat sie nicht verloren. Die Komik erzeugt also eine Verbindung zwischen Redner und Publikum.
2. Die Zuhörer, die noch keine Meinung zu Robinsons These haben, werden – ob sie wollen oder nicht – ihre persönliche Emotion dem Redner gegenüber in die Bewertung seiner These mit einfließen lassen. Jemand, der andere zum Lachen bringt, wird als sympathisch empfunden. Die Komik hilft also, Menschen zu überzeugen.
3. Robinson spricht über Kreativität – indem er sie selbst in seiner Rede einsetzt, erhöht er seine Glaubwürdigkeit. Die Komik unterstützt also die Wirkung des Redners.
Noch während der unterhaltsamsten Rede stellt sich irgendwann ein Ermüdungseffekt ein. Deshalb nutze ich Komik in meinen Reden gern als Muntermacher. Bin ich zum Beispiel mit zwei Dritteln meines Vortrags fertig und stelle eine leichte Erschöpfung meiner Zuhörer fest, schreie ich nicht: »Achtung, Achtung, alle bitte noch mal konzentrieren!« Vor einer Gruppe von Drittklässlern könnte ich damit vielleicht kurzfristig Aufmerksamkeit erregen, aber ein Businesspublikum würde mir eins husten. Also sage ich eher etwas wie: »Einigen von Ihnen dürfte die nächste Folie bekannt vorkommen. Sie ist vom Anfang.« Damit ist mein Ziel, Aufmerksamkeit zu wecken, erreicht, noch bevor das Publikum bemerkt, dass ich es implizit zur Ordnung rufe – es lacht und ist wieder konzentriert.
Es stimmt tatsächlich: Lachen ist gesund. Immerhin zeigt es mir als Redner an, dass mein Auditorium noch lebt.
Humor hat jedoch nicht nur am Beginn und am Ende, sondern in allen Teilen einer Rede ihren Platz. Setzen Sie Komik als dramaturgisches Mittel ein. Platzieren Sie eine Pointe immer vor den Aussagen, die Ihnen besonders wichtig sind. Denn nachdem das Publikum gelacht hat, hat es Freude daran, Ihnen weiter zuzuhören; der Aufmerksamkeitspegel ist dann besonders hoch. Nutzen Sie Komik überall dort, wo sie Ihrem Publikum den Zugang zu Ihrem Anliegen und dessen Akzeptanz erleichtert. Stellen Sie sie in einen Zusammenhang mit Ihrer fachlichen Kompetenz.
Bei allem rhetorischen Wert der Komik sollte sie jedoch nicht zum Selbstzweck werden. Geben Sie nicht den Clown, sondern den Experten, der Humor hat. Denn nicht der Redner soll komisch wirken – sondern das, was er sagt!
Der kalkulierte Kollaps: Wie Sie Ihre Zuhörer charmant überrumpeln
Doch was macht eine Aussage witzig? Wie können wir voraussehen, was unsere Zuhörer zum Lachen bringen wird? In der Humortheorie geht man davon aus, dass Komik durch Änderungen des Bezugsrahmens entsteht. Der Sprachwissenschaftler Peter Wenzel hat die Mehrdeutigkeit als strukturelles Merkmal von Witzen identifiziert. Diese Mehrdeutigkeit führt zu »explosionsartigen Beziehungen auf zwei verschiedenen Ebenen« (vgl. Wenzel). Klartext gefällig? Das Überraschungsmoment verbirgt sich im Spannungsfeld zwischen Irritation und Auflösung. Es setzt die zunächst unpassend anmutende Behauptung in einen unerwarteten Kontext und verleiht ihr so einen neuen Sinn. Was da in unserer Wahrnehmung geschieht, ist der sogenannte »Kollaps des Erwartungsschemas« (Kotthoff, S. 50).
Leichter gesagt als getan, höre ich Sie einwerfen. Wie kann ich diesen Kollaps herbeiführen? Wie erschaffe ich eine Pointe? Lassen Sie es mich an einem Beispiel des Kabarettisten Eckhard von Hirschhausen erläutern, der mir mit folgender Anleitung zur Selbsthilfe schon mehr als einmal die Laune gerettet hat:
»Wenn Sie sich mal nicht wohlfühlen, gibt es fünf Fragen, die Sie sich stellen können, um Ihr Befinden zu verbessern: Erstens: Habe ich genug gegessen? Zweitens: Habe ich mich genug bewegt? Drittens: Habe ich genug geschlafen? Viertens: Mit wem? Und fünftens: Warum?«
Wie funktioniert diese Pointe? Erkennen Sie das Muster, die Struktur? Hirschhausen kündigt fünf Fragen an, die sich auf seinen Ausgangspunkt beziehen sollen. Tatsächlich beziehen sich aber nur drei darauf. Die letzten beiden dagegen nehmen auf seine dritte Frage Bezug: »Habe ich genug geschlafen?« Damit brechen sie das erwartete Muster.
Solche Überraschungsmomente sind planbar. Erstellen Sie bei der Ausarbeitung Ihres Vortrags ein Schema, das eine Erwartung bei Ihren Zuhörern hervorruft. Diese Erwartung ist die Vorbereitung für den Bruch – für die »lustige Wendung« (LaCroix, S. 95 ff.).
Und falls Sie sich über die Angemessenheit von Komik in Ihrer Rede Sorgen machen: Diese Vorgehensweise funktioniert sogar besonders gut bei bierernsten Themen, denn hier rechnet Ihr Publikum am wenigsten damit, von einer Pointe überrollt zu werden – und wird sie umso dankbarer annehmen. Zumal wir, wie Sie am Beispiel Hirschhausens erkennen, sogar Witze über Sex machen können, ohne uns auf das Niveau des Tortenschlacht-Humors verirren zu müssen.
Die Bezugsrahmendurchbrechung: Warum Sie Ihre Zuhörer irritieren sollten
Die Humortheorie beschreibt zwei Möglichkeiten, den Bezugsrahmen zu ändern: die Bezugsrahmendurchbrechung und die Bezugsrahmenherstellung.
Die Bezugsrahmendurchbrechung funktioniert so: Besteht ein aktueller Kontext, also ein Bezugsrahmen, so ersetzt die Pointe durch eine Umwertung einzelner semantischer Einheiten, Formulierungen oder Begriffe den aktuellen Bezugsrahmen durch einen unerwarteten, einen weniger nahe liegenden Kontext. Der Sprechende spielt also mit den Erwartungen seiner Zuhörer, indem er sie gezielt durchbricht.
Nehmen wir an, Sie werden im Restaurant gefragt: »Möchten Sie als Aperitif einen Sekt, einen Martini, einen Campari, ein Bier oder einen Sherry?« Und Sie antworten: »Ja, bitte. In dieser Reihenfolge.«
Was ist hier passiert? Von Ihnen wurde eine Entscheidung für ein Getränk erwartet, denn so sieht es die Konvention (also der in diesem Beispiel gültige Bezugsrahmen) vor. Dieser Rahmen wurde jedoch durch Ihre Antwort durchbrochen – Lachen ist die Folge (Wenzel, S. 32 ff.).
Auch folgendes Beispiel aus der zuvor zitierten Rede von Ken Robinson demonstriert, wie wir gezielt mit den Erwartungen des Publikums spielen können, indem wir den Bezugsrahmen sprengen:
»Wir sind von Stratford nach Los Angeles umgezogen. Aber mein Sohn wollte nicht mit nach Los Angeles, denn er hatte eine Freundin in England. Sie war die Liebe seines Lebens. Sarah. […] Auf dem Flug war er sehr aufgebracht. Er sagte: ›Ich werde niemals wieder ein Mädchen wie Sarah finden.‹ Von dieser Vorstellung waren meine Frau und ich überaus angetan. Genaugenommen war Sarah der Grund, weshalb wir das Land verließen.«
Die Geschichte über Robinsons Sohn und seine Freundin könnte auch ohne Pointe stehen bleiben – dann hätte sie jedoch eine vollkommen andere Aussage. Erst durch das Durchbrechen des Bezugsrahmens (in diesem Fall die Beziehung seines Sohnes) wird alles zuvor Gesagte in einen vollkommen neuen Zusammenhang gesetzt – plötzlich geht es gar nicht mehr um den Sohn und seine Freundin, sondern um die Frage, weshalb die Familie das Land verlassen hat. Kurz: Dem Publikum wird der gerade zuvor hergestellte Bezugsrahmen überraschend entrissen und mit einer völlig anderen Information konterkariert.
Die Bezugsrahmenherstellung: Warum zusammenpasst, was nicht zusammengehört
Das Gegenstück zur Bezugsrahmendurchbrechung ist die Bezugsrahmenherstellung. Hier resultiert der komische Effekt nicht aus einem Durchbrechen der Erwartungen, sondern in der Anspielung auf ein Klischee, also ein dem Hörer bekanntes Bezugsfeld.
Ich sage Ihnen beispielsweise:
»Ich bin so froh, dass Hartmut Mehdorn der neue Chef von Air Berlin ist. Denn egal, wie viele Stunden Verspätung mein Zug jetzt hat, meine Maschine steht noch am Boden!«
Hier liegt die Komik in der Umwertung dessen, was man Hartmut Mehdorn als Vorstand der Deutschen Bahn regelmäßig vorwarf, nämlich für die permanenten Verspätungen verantwortlich zu sein. Erst dadurch stelle ich überhaupt einen Bezug zu meiner Freude über diese Personalentscheidung her. Das ist die Pointe. Hier kommt zusammen, was nicht zusammengehört, aber plötzlich zusammenpasst – und zwar durch die Herstellung des Bezugsrahmens.
Die Bezugsrahmenherstellung funktioniert deshalb, weil wir uns auf eine gewisse Schnittmenge unseres Wissens als Redner mit dem Wissen unserer Zuhörer verlassen können. Manche Pointen, die auf einer Bezugsrahmenherstellung aufbauen, funktionieren vor jedem Publikum. Sie können sich jedoch auch gezielt auf Spezialwissen berufen, von dem Sie erwarten können, dass Ihre Zielgruppe darüber verfügt – und die Tatsache honorieren wird, dass Sie Kenntnis davon haben. Je besser Sie Ihr Publikum kennen, desto besser können Sie also die Komik in Ihrer Rede planen.
Ein weiteres Beispiel aus Ken Robinsons TED-Vortrag von 2006 zeigt, wie sich kollektives Wissen für eine Pointe nutzen lässt. Robinson verließ sich dabei auf die Grundkenntnis des Publikums von Shakespeares Texten. Die kann bei den meisten Zuhörern vorausgesetzt werden, trifft bei einem an Bildung interessierten Publikum jedoch mit Sicherheit einen intellektuellen Nerv:
»Haben Sie sich jemals Shakespeare als Kind vorgestellt? Shakespeare als Siebenjährigen? Ich meine, er muss doch in irgendjemandes Englischunterricht gesessen haben? Wie ärgerlich muss das für den Lehrer gewesen sein! Oder wenn er von seinem Vater ins Bett gebracht wurde […]: ›Geh jetzt schlafen. Und leg den Stift weg. Und hör auf so zu reden – es verwirrt alle.‹«
Robinson bezieht sich auf die persönlichen Erfahrungen seines Publikums mit Shakespeares Texten. Jeder weiß, dass es sich dabei um bedeutende Literatur handelt. Darauf aufbauend stellt er einen neuen Bezugsrahmen her, indem er das Publikum dazu verleitet, sich ein siebenjähriges Kind vorzustellen, das endlose Texte in normabweichender Weise produziert. Oder eben: in nervtötender Weise, je nach Standpunkt; hohe Literatur hin oder her. Das Publikum erschließt sich den neuen Rahmen aus der eigenen Verzweiflung an Shakespeares Sonetten im Englischunterricht heraus – und lacht.
Passende Pointen: Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Wenn Sie inzwischen den Entschluss gefasst haben, Ihrer Rede mit handverlesener Komik den letzten Schliff zu verleihen, stellt sich noch eine Frage: Wo finde ich die passende Pointe? Oder reicht es aus, sich auf eine spontane Idee zu verlassen? Letztere Frage möchte ich zuerst beantworten: Nein, bitte tun Sie das nicht! Komik sollte genauso konkret vorbereitet werden wie Ihre Thesen, Argumente und Fakten. Dass sie bei Profis spontan klingt, heißt nicht, dass sie ihnen spontan über die Lippen kommt – die Leichtigkeit im Ton entspringt präziser Vorbereitung.
Nehmen Sie sich also Zeit, nach den passenden Pointen und Auflockerungen für Ihre Rede zu suchen. Sie werden überrascht sein: Wenn Sie einmal begonnen haben, Ihre Umwelt nach amüsanten Anekdoten und Zusammenhängen zu durchforsten, wird sich schnell ein Fundus bilden, aus dem Sie schöpfen können. Der Kabarettist Karl Valentin hat es einmal so formuliert: »Jedes Ding hat drei Seiten: Eine positive. Eine negative. Und eine komische.«
Einige Anhaltspunkte, wo Sie nach Komik suchen können, möchte ich Ihnen mitgeben:
Übertreibung: Im Zusammenhang mit jedem Thema lassen sich passende Stellen für maßlose Übertreibungen finden. Die Vorgehensweise ist simpel: Fügen Sie in einen bestehenden Kontext absurde Überhöhungen ein. Übertreibungen eignen sich dazu, entweder den eigenen Standpunkt zu stärken oder Argumente zu schwächen, die man zu widerlegen gedenkt.
Steigerung: Die Steigerung funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die Übertreibung. Jedoch wird bei ihr keine absurde Komponente hinzugefügt, sondern die immanente Logik einer gesellschaftlich akzeptierten Norm so lange gesteigert, bis eben diese Logik versagt. Dadurch verliert sie ihre Gültigkeit und darf zu Recht bezweifelt werden.
Deplatzierungen: Finden Sie einen Aspekt, den jeder Ihrer Zuhörer kennt, und setzten Sie ihn in einen anderen Kontext. Wir haben es einer Deplatzierung zu verdanken, dass ein Ekel von Chef à la Stromberg in der Comedy-Sendung Switch als Hitler-Parodie auftritt …
Analogie: Nutzen Sie unkonventionelle Bilder, um beispielsweise Kritik an einer Meinung oder einem Vorgang zu äußern.
Bewertung eigener Fehler oder Unzulänglichkeiten: Selbstironie schadet nie. Sie sollen sich nicht lächerlich machen; sollten Sie aber zum Beispiel einen Fehler gemacht oder sich falsch ausgedrückt haben, dann lachen Sie eben darüber – und lassen Ihr Publikum mitlachen. Bei Ken Robinson klingt das so: »Als mein Sohn in England vier Jahre alt war … Zugegeben, er war zu der Zeit überall vier. Egal, wo er war …«
Unkonventionelle Zugänge zu Themen: Schöpfen Sie beispielsweise einmal aus der Lebenswelt Ihres siebenjährigen Sohnes und gleichen Sie dessen Bildungsalltag mit Ihrem Arbeitsalltag ab. Wie stellt sich der Zusammenhang zwischen Bildung und Arbeitsleben jetzt dar? Sie werden zu verblüffenden Erkenntnissen kommen, über die Ihr Publikum lachen kann.