Kitabı oku: «Grundwissen Stress», sayfa 5
• Orientierung auf eigene Stärken und Erfolge
• Orientierung auf positive Konsequenzen und Entkatastrophisierung
• Relativierung und Distanzierung im Sinne einer realistischen Betrachtung, die nicht bagatellisiert, sondern den größeren Kontext ohne emotionale Verflechtung beleuchtet
Beispiel
Ihr Vorgesetzter schickt Sie nach Hiltrup an die DHPol, um dort vor den Studenten über die Ermittlungserfahrungen mit einer neuen Recherchesoftware zu berichten.
Ihre stressverschärfenden Gedanken:„Das darf doch nicht wahr sein! Immer ich! Ich habe so viel anderes zu tun, was dann alles liegen bleibt und mich zu Überstunden zwingen wird. Außerdem sind die Studenten in Hiltrup ja auch alle erfahrene Ermittler. Da kann ich mich ja nur blamieren!“
Realitätstestung und Konkretisierung: „Werde ich wirklich häufiger herangezogen als meine Kollegen? Wie wichtig und dringend sind die Dinge, die ich dafür liegen lassen muss?“
Blick auf das Positive, auf Chancen und Sinn: „Toll, dass der Chef mir das zutraut!“ oder „Vielleicht schlägt sich das positiv auf meine nächste Beurteilung nieder!“ oder „Vielleicht kann ich interessante Kontakte knüpfen!“
Orientierung auf eigene Stärken und Erfolge: „Als ich die Software hier in der Dienststelle vorgestellt habe, war das ein großer Erfolg.“ oder „Unter Zeitdruck arbeite ich eigentlich immer besonders effektiv – bislang habe ich solche Zusatzaufgaben immer gut in den Griff bekommen.“
Orientieren auf positive Konsequenzen und Entkatastrophisierung: „Ich werde sehr stolz sein, wenn ich das geschafft habe.“ Oder „Selbst wenn es nicht optimal läuft, passiert doch nichts weiter, als dass die Vorbereitung umsonst war. “
Relativierung und Distanzierung: „Meine Freunde würden sagen: Pfeif doch auf die Berichte – so ein Auftritt ist doch eine super Chance!“ oder „In fünf Jahren werde ich nur noch stolz an den Vortrag denken – die Überstunden habe ich schnell vergessen.“
Selbstinstruktion
Selbstinstruktion dient einer reflektierten, systematischen Handlungssteuerung. Aus früheren Erfahrungen automatisiert ablaufende stressverstärkende Kognitionen werden gestoppt und durch Selbstinstruktionen ersetzt, die eine konstruktive Stressbewältigung unterstützen. Storch & Krause37 widmen sich in ihrem Zürcher Ressourcen Modell u. a. dem Stoppen automatisierter Stressreaktionen, indem sie die Relevanz von Vorläufersignalen betonen: Stressreaktionen tauchen nicht aus heiterem Himmel heraus auf. Oft gibt es typische Muster in den Stress auslösenden Situationen, Kognitionen oder körperlichen Spontanreaktionen. Für diese Vorläufersignale muss eine Sensibilität entwickelt werden. Bei ihrem Auftreten sind Stopp-Instruktionen angezeigt. Das kann das Wort „Stopp!“ sein, aber auch andere Selbstinstruktionen oder selbstinduzierte Bilder, die dazu dienen, Automatismen zu unterbrechen, um dann geeignete Ressourcen einzusetzen.
Meichenbaum38 fordert in seinem Stressimpfungstraining zu Selbstinstruktionen mit den Zielen auf (S. 90)
• die Situationsmerkmale zu erkennen und sich auf zukünftige Stressoren vorzubereiten,
• selbstabwertende und Stress erzeugende Gedanken, Bilder und Gefühle zu kontrollieren,
• den Stress bewusst wahrzunehmen und ihn umzubewerten,
• negative Gefühle zu bewältigen,
• sich innerlich auf die Stressbewältigung einzustellen,
• das Resultat der Stressbewältigung zu bewerten und sich für die Bewältigungsanstrengung zu loben.
Entsprechend beziehen sich die Selbstinstruktionen auf folgende Phasen (Meichenbaum S. 92 f):
• Vorbereitung auf den Stressor (z. B. „Was habe ich zu tun?“, „Ich denke erst einmal darüber nach, was ich machen kann.“)
• Konfrontation und Bewältigung des Stressors (z. B. „Ein Schritt nach dem anderen!“, „Unterteile den Stress in übersichtliche Einheiten!“, „Ich verfüge über ein reichhaltiges Bewältigungsrepertoire.“)
• Kritische Momente – Überforderungsgefühle (z. B. „Mein Stress ist ein Signal“, „Atme tief durch!“, „Konzentriere dich auf die Gegenwart: Was habe ich konkret zu tun?“)
• Evaluation (z. B. „Es war nicht so schlecht, wie ich erwartet hatte.“, „Was kann ich daraus lernen?“)
Besonders effektiv scheinen Selbstinstruktionen zu sein, die auf Kompetenz und Kontrolle abzielen sowie solche, die dabei helfen, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren und die Dinge so zu nehmen, wie sie sind.
Beispiele
Dinge nehmen wie sie sind:
„Es ist wie es ist. Was kann ich jetzt daraus machen?“
Kompetenz und Kontrolle:
„Ich bin gut vorbereitet.“ „Ich bin ein erfahrener Polizist.“ „Solange ich ruhig bleibe, behalte ich die Kontrolle.“
Konzentration auf die Gegenwart:
„Ein Schritt nach dem andern: Was ist jetzt als Nächstes zu tun.“
Einstellungsänderung – kognitive Umstrukturierung
Kognitives Stressmanagement setzt darüber hinaus auch an stressverschärfenden „Soll“-Werten und Einstellungen, den sog. persönlichen Stressverstärkern an: Damit gemeint sind grundlegende menschliche Bedürfnisse und Motive nach Zugehörigkeit und Liebe, nach Erfolg und Anerkennung, nach Sicherheit und Kontrolle oder nach Autonomie, die in einseitiger und absolutistischer Weise als Anspruch an sich selbst, an andere oder an die Welt überhaupt formuliert sind (z. B. „Alle Menschen sollen mich lieben.“; „Ich muss immer alles perfekt machen.“; „Ich muss immer alles selbst machen, damit es meinen Ansprüchen genügt.“ etc.). Ellis (199739) spricht von „Mussturbationen“, die als biografisch gewordene, generalisierte, irrationale Einstellungen die Wahrnehmung und Interpretation von konkreten Situationen prägen. Sie stellen gewissermaßen den Hintergrund dar, vor dem konkrete Anforderungssituationen als Bedrohung oder Schädigung zentraler Motive bewertet werden. Zum anderen zählen hierzu auch generalisierte Einstellungen der Hilflosigkeit („Ich bin ausgeliefert – habe keine Alternativen!“), eine geringe generalisierte Selbstwirksamkeitserwartung („Ich kann nicht!“) und eine geringe Frustrationstoleranz („Ich halte das nicht aus!“). Diese prägen die Einschätzung der eigenen Bewältigungskompetenzen und der eigenen Belastbarkeit bzw. Widerstandskraft in konkreten Anforderungssituationen (sekundäre Bewertung sensu Lazarus).
Alle Stressmanagement-Ansätze, die in diesem Beitrag berücksichtigt werden, behandeln die Einstellungsänderung. Die meisten nutzen dabei das auf Ellis basierende Verfahren der Rational-emotiven-Therapie. Dabei gilt es, die persönlichen Einstellungen zu hinterfragen, irrationale (also überzogene, die Zielerreichung und die Befindlichkeit behindernde) Einstellungen zu erkennen und kritisch zu reflektieren.
Im nächsten Schritt geht es darum, diese unangemessenen, absolutistischen Einstellungen zugunsten funktionalerer Haltungen umzubewerten (vgl. z. B. Wagner-Link, S. 182 ff) und neue, angemessenere Einstellungen zu formulieren.
Tabelle 2
Typische Stressverstärker und mögliche „mentale Gegenmittel“ (Auszug aus Kaluza, 201140, S. 114)
irrationale Einstellung | förderliche Gedanken |
„Sei perfekt!“,„Ich darf keine Fehler machen!“ | Oft ist gut gut genug. |
Aus Fehlern werde ich klug. | |
Ich gebe mein Bestes und achte auf mich. | |
„Sei beliebt!“,„Ich muss es allen recht machen.“ | Ich darf „nein“ sagen. |
Nicht alle anderen müssen mich mögen. | |
Kritik gehört dazu. | |
„Sei stark!“,„Es ist schrecklich, auf andere angewiesen zu sein.“ | Ich gebe anderen die Chance, mich zu unterstützen. |
Schwächen sind menschlich. | |
Ich muss nicht alles selbst machen. | |
„Sei vorsichtig!“,„Es ist entsetzlich, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es geplant habe.“ | Ich akzeptiere, was ich nicht ändern kann. |
Ich bleibe auch bei Ungewissheit gelassen. | |
Ich muss nicht alles kontrollieren. | |
„Ich kann nicht!“,„Ich kann den Druck einfach nicht aushalten.“ | Ich habe schon ähnliche Situationen gemeistert. |
Ich vertraue auf mich. | |
Alles geht auch wieder vorüber. |
Die neuen Einstellungen müssen verankert, das heißt sie müssen verinnerlicht werden und die irrationale Einstellung ersetzen. Dazu kommen beispielsweise Imaginationsübungen in Verbindung mit Entspannungstechniken sowie Rollenspiele, Praxisübungen, Wiederholungstechniken oder Merkhilfen zum Einsatz.
Auf gesundheitsrelevante Einstellungen geht auch die Resilienzforschung ein. Unter Resilienzfaktoren versteht man solche persönlichen Einstellungen und Eigenschaften, die dazu beitragen, dass ein Mensch trotz negativ belastenden Bedingungen gesund bleibt. Sie sind also Faktoren innerer Stärke und Widerstandkraft41. Resilienzfaktoren sind42:
• Akzeptanz für die eigene Person und die Realität („Es ist wie es ist!“ im Unterschied zum Hadern mit oder einem Verleugnen der Realität). Dabei meint Akzeptanz nicht ein resignierendes Hinnehmen dessen, was ist. Im Gegenteill: Oft ist das Annehmen einer Situation die Voraussetzug dafür, neue Handlungsoptionen zu entdecken.
• Realistischer Umgang mit Verantwortung: Übernahme der Verantwortung für das eigene Schicksal und die Problemlösung („Ich bin vielleicht nicht dafür verantwortlich, dass ich in diese Situation geraten bin, aber ich bin dafür verantwortlich, das Beste daraus zu machen“).
• Selbstreflektiert handeln: Sich selbst wahrnehmen und Einfluss auf die eigene Stimmung nehmen („Ich gehe achtsam mit mir um und weiß, wie ich meine Stimmung beeinflussen kann“).
• Handlungsorientierung: Die Lösung aktiv angehen („Ich nehme die Lösung in Angriff“).
• Optimismus: Bewusste Wahrnehmung positiver Erfahrungen sowie auch in schwierigen Situationen und Krisen noch eine positive Weltsicht einnehmen und sinnorientiert wahrnehmen („Ich suche auch in schwierigen Situationen nach positiven Aspekten“).
• Soziale Beziehungen pflegen („Ich pflege meine Freundschaften und sozialen Kontakte aktiv“).
• Zukunft gestalten: Lebensträume entwickeln und flexibel an die jeweiligen Gegebenheiten anpassen („Ich habe Visionen – wenn ich merke, dass sie nicht zu verwirklichen sind, passe ich sie der Realität an“).
Resilienzfaktoren sind handlungs- und bewertungssteuernde Einstellungen, die, wie oben dargestellt, verinnerlicht und trainiert werden können.
Zukunftsvision – Ziele klären
Das Stressbewältigungsprogramm „Gelassen und sicher im Stress“ nach Kaluza widmet sich in diesem Zusammenhang in einem Zusatzmodul den persönlichen Zielen. Die Teilnehmer werden zu einer Reflexion und Klärung persönlicher Zielvorstellungen angeregt. Die Beschäftigung mit konkreten gegenwärtigen Belastungen im Alltag wird damit um eine Zukunftsperspektive erweitert. Die Klärung von eigenen Zielen kann helfen, eigene Prioritäten zu finden und im gegenwärtigen Alltag entsprechend zu handeln. Vor dem Hintergrund von definierten Zielen und einem positiven Zukunftskonzept können sich auch stressbezogene Bewertungen von alltäglichen Anforderungen so verändern, dass diese eher als Herausforderungen auf dem Weg zum Ziel wahrgenommen werden können. Mit Zielen vor Augen erhöht sich die eigene Stresstoleranz und die Bereitschaft, sich mit unangenehmen, anstrengenden Situationen zu konfrontieren. Auch Personen, die ihren gegenwärtigen Alltag als wenig sinnvoll erleben, oder solche, die im Zusammenhang mit Verlustereignissen (Tod, Scheidung, Krankheit, Arbeitslosigkeit) Sinnverluste erlebt haben, können durch die Beschäftigung mit Zielen und Zukunft eine neue Sinnorientierung gewinnen. Ziele stellen, indem sie sinn- und identitätsstiftend wirken, selbst eine wichtige Ressource der Stressbewältigung dar.
Zur Herleitung der persönlichen Ziele werden zunächst Zukunftsvisionen – Wunschziele entwickelt. Kaluza (201143) arbeitet in seinem Stressmanagement-Programm mit Vorstellungsübungen: In entspanntem Zustand machen sich die Teilnehmer ein imaginäres Bild Ihrer Zukunft: „Wie sieht mein Leben in (beispielsweise) fünf Jahren aus, wenn alles so gelaufen ist, wie ich es mir vorstelle“. Dabei werden die Lebensbereiche Beruf, Familie, Person und Gemeinschaft betrachtet. Diese Visionen sind erstrebenswerte Zielzustände, wobei offengelassen wird, inwieweit diese durch eigenes Verhalten oder durch äußere Einflüsse oder Zufall erreicht werden können (Kaluza, 2011, S. 167). Aus diesen Visionen werden handlungswirksame Ziele entwickelt.
Handlungswirksame Ziele beziehen sich auf das persönliche Verhalten und Denken, welches erforderlich ist, um das Wunschziel zu erreichen: „Was will ich tun, damit ich dem Wunschziel näherkomme?“ Dabei geht es noch nicht um konkrete Handlungsplanung, sondern eher um ein positives Leitmotiv.
Handlungswirksame Ziele sollten (vgl. Storch & Krause44)
• zu 100 % der eigenen Kontrolle unterliegen (z. B. „Ich gehe offen auf andere zu.“ im Gegensatz zu „Ich habe einen großen Freundeskreis.“)
• als Annäherungsziel formuliert sein (z. B. „Ich vertraue auf meine Fähigkeiten.“ im Gegensatz zu „Die Meinung anderer stört mich nicht mehr. “)
• mit positiven Gefühlen verbunden sein – für den Betroffenen persönlich attraktiv sein
Beispiele
Vision:
Ich bin beruflich erfolgreich. Meine letzte Beurteilung war sehr positiv. Ich gehe souverän mit schwierigen Situationen um. Meine Kollegen bewundern meine Gelassenheit.
Handlungsrelevantes Ziel:
Ruhig und gelassen gehe ich die Herausforderungen an.
Vision:
Sie sind körperlich fit und gesund. Ihre körperliche Attraktivität wird bewundert. Trotz Stresses sind Sie ausgeglichen, da Sie für entsprechenden Ausgleich sorgen.
Handlungsrelevantes Ziel:
„Ich nutze die Energie meines Körpers für Bewegung und genieße meine Ausgeglichenheit.“
In dem Gesundheitsförderungs-Programm GUSI (Olbrich & Storch45) steht die Verstetigung dieser handlungswirksamen Ziele im täglichen Leben im Vordergrund. Das heißt, die handlungswirksamen Ziele sollen bislang dominierende, Stress erzeugende Handlungsziele wie „Sei immer perfekt!“ oder „Sei immer und in jeder Situation stark!“ ersetzen und zum neuen Leitmotiv werden. Sie müssen entsprechend mental verankert und trainiert werden. Olbrich & Storch nutzen dazu
• Erinnerungshilfen wie Bilder, Farben, Motive, Kleidungsstücke, Rituale etc., die mit dem handlungsrelevanten Ziel assoziiert sind.
• Zieladäquate Körperverfassung: Es besteht eine Wechselwirkung zwischen Psyche und Körper. Stress und negative Einstellungen führen zu einer entsprechenden Körperhaltung. Umgekehrt beeinflusst die Körperhaltung die Psyche. So werden Körperhaltungen trainiert, die zu dem handlungsrelevanten Ziel passen (z. B. aufrechte Haltung zur Stärkung des Ziels „Selbstbewusstes Auftreten“).
• Identifikation potenzieller Überlastungssituationen und Vorläufersignale, Nutzung von Stopp-Befehlen, die die Konzentration auf das handlungsrelevante Ziel ermöglichen.
• Soziale Ressourcen: Nutzung von persönlichen Netzwerken zur Unterstützung der Umsetzung der Ziele sowie als „Erinnerer“.
Aufbauend auf dem Handlungsziel können dann konkrete Verhaltensziele formuliert werden, deren Umsetzungswahrscheinlichkeit deutlich höher ist als ohne die Verankerung des persönlich attraktiven handlungsorientierten Ziels. Diese konkreten Verhaltensziele sollten entsprechend der Zielsetzungstheorie von Locke & Latham (z. B. 200246) herausfordernd und präzise formuliert sein. Im Managementbereich wird in diesem Zusammenhang häufig die S.M.A.R.T.-Regel postuliert (basierend auf Drucker 195647).
Danach sollten Verhaltensziele folgenden Kriterien genügen
• Spezifisch
• Messbar
• Attraktiv
• Realistisch
• Terminiert
Beispiele
Zur Umsetzung des handlungsrelevanten Ziels „Ruhig und gelassen gehe ich die Herausforderungen an.“ könnte ein konkreter Handlungsplan lauten:
„Bei der nächsten Verkehrskontrolle werde ich ruhig und konzentriert sein und tief durchatmen, bevor ich den Fahrer anspreche.“
Zur Umsetzung des handlungsrelevanten Ziels „Ich nutze die Energie meines Körpers und genieße meine Ausgeglichenheit.“ könnte ein konkreter Handlungsplan lauten:
„Zum Ausgleich für meinen Stress gehe ich montags, mittwochs und freitags nach der Arbeit 20 Minuten joggen.“
Gefühlsregulation – Emotionsarbeit
In der Polizeiarbeit kommt der Emotionsarbeit eine hohe Relevanz zu (vgl. Zapf et al., 200348, Lichtenthaler & Fischbach, 201049). Dabei geht es darum, dass es für die Arbeit erforderlich ist, eigene Gefühle nicht direkt sichtbar zu machen, sich neutral zu verhalten oder bewusst Gefühle zu zeigen, die in dem Moment zunächst nicht authentisch sind. Diese Diskrepanz wird als emotionale Dissonanz bezeichnet und ist ein wichtiger Stressor, der auf Dauer die Gesundheit beeinträchtigen kann (vgl. Hochschild, 199050).
Beispile
Obwohl Sie einem Zeugen gegenüber im Verlauf eines Verhörs sehr negative, aggressive Emotionen entwickelt haben, dürfen Sie dies gemäß Ihrer gewählten Verhörtaktik im Interesse des Vernehmungserfolgs nicht zeigen.
Beim Umgang mit emotionaler Dissonanz können zwei Wege gegangen werden: Surface Acting (Oberflächenhandeln: Man tut so, als ob man sich positiv oder neutral fühlen würde) oder Deep Acting (Tiefenhandeln: Man versucht, die gewünschte Emotion durch die Nutzung entsprechender kognitiver Strategien tatsächlich zu empfinden, s. o.). Studienergebnisse von Lichtenthaler & Fischbach belegen, dass Surface Acting hierbei die deutlich schlechtere Variante darstellt. Es zeigt sich, dass es bei häufigem Surface Acting vermehrt zu negativem Arbeitserleben, Burnout und psychosomatischen Beschwerden kommt. Surface Acting geht somit mit negativerem Arbeitserleben und geringerem Wohlbefinden bei der Arbeit einher.
Entsprechend sollte im Rahmen des Stressmanagement-Trainings erarbeitet werden, wie es gelingen kann, sich im Sinne des Deep Actings in die geforderte Emotion zu versetzen.
Mögliche Strategien werden mit den Teilnehmern vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen entwickelt. Relevante Strategien sind beispielsweise:
Empathie: Wenn es gelingt, die Beweggründe des Gegenübers zu verstehen, kommt es in der Regel nicht (oder weniger) zu negativen Emotionen wie Wut oder Aggression.
Entemotionalisieren: Durch rationale Betrachtung und Analyse der Situation können Emotionen reguliert werden.
Distanzieren: Durch die bewusste Reflexion „Das Gegenüber meint nicht mich, sondern die Situation an sich oder die Polizei als Institution“ kann es gelingen, Provokationen und Beleidigungen weniger persönlich zu nehmen.
Beispiele für Kognitionen, mit denen man sich in der oben geschilderten Verhörsituation emotional beeinflussen kann:
Beispiele
„Ich habe ihn in die Ecke gedrängt, deshalb versucht er, mich zu provozieren. Das würde ich an seiner Stelle vermutlich genauso machen.“ (Empathie, Versuch, die Beweggründe des Gegenübers zu verstehen)
„Er meint das nicht wirklich persönlich. Das ist genauso eine Taktik, wie ich eine anwende.“ (Entemotionalisieren, Situation rational bewerten)
Diese Strategien werden in Transferübungen (zunächst in Rollenspielen, dann im Arbeitsalltag) geübt.
2.3 Palliativ-regeneratives Stressmanagement
Palliativ-regeneratives Stressmanagement setzt an, wenn Belastungssituationen zu Beanspruchungs- und Stressreaktionen geführt haben. Ihr Ziel ist es, kurzfristig überschießende Aktivierung zu dämpfen und Handlungsfähigkeit sicherzustellen sowie langfristig für Ausgleich und Regeneration zu sorgen. Neben den bereits eingangs beschriebenen Entspannungstechniken geht es hier beispielsweise um regelmäßige Bewegung, um die Pflege des sozialen Netzwerkes sowie um angenehme Erlebnisse und das bewusste Genießen im Alltag.
Akutfallstrategien – „Methoden der kurzfristigen Erleichterung“
Kaluza (201151) schlägt als Strategie für akute Belastungssituationen die Quart-A-(4A-) Strategie vor. Sie ist besonders für solche Personen gedacht, die in ihrem beruflichen und/oder privaten Alltag häufiger in schlecht vorhersehbare Belastungssituationen geraten, die durch proaktive Bewältigungsbemühungen kaum kontrollierbar sind. Entsprechend handelt es sich um Strategien, die im Polizeialltag eine wichtige Rolle spielen können.
Für solche belastenden Situationen soll hier eine Strategie vermittelt werden, die zum Ziel hat, körperliche und seelische Erregung in diesen Situationen zu kontrollieren, Symptomstress zu vermeiden bzw. Stresstoleranz zu entwickeln sowie adäquates Handeln (falls erforderlich, möglich und gewollt) überhaupt zu ermöglichen. Die Quart-A- (4 x A) Strategie besteht aus vier Schritten:
Annehmen bedeutet, die Situation so zu akzeptieren wie sie ist. Das Annehmen der Situation beinhaltet zweierlei: Erstens das möglichst frühzeitige Wahrnehmen von Stresssignalen und zweitens eine klare und bewusste Entscheidung für das Annehmen (und damit gegen das Hadern mit der Realität). Dies entspricht dem Resilienzfaktor des Akzeptierens (s. unter Einstellungsänderung in Abschnitt 2.2).
Abkühlen bedeutet, überschießende körperliche und psychische Erregung in einer akuten Stresssituation zu regulieren. Wichtig ist hier auch wieder die bewusste Entscheidung für das Abkühlen (und damit gegen das Hineinsteigern in die Erregung). Das Abkühlen selbst kann dann durch gezielte, kurze Entspannungs-, Atem- oder Bewegungsübungen erreicht werden.
Analysieren bedeutet, sich einen Moment Zeit zu nehmen, um zu einer bewussten und schnellen Einschätzung der Situation zu kommen.
Ablenkung oder Aktion: Je nach Ausgang der Kurz-Analyse geht es hier entweder um Ablenkung von der Situation (wenn keine aktive Bewältigung möglich oder sinnvoll ist) oder um gezielte Aktionen zur Änderung der Situation.
Beim Abkühlen und Ablenken setzen auch die „Methoden der kurzfristigen Erleichterung“ nach Wagner-Link (201052) an. Diese zielen auf
• das Kappen von Erregungsspitzen,
• das Unterbrechen der Eskalation bei der betroffenen Person und in der Interaktion sowie auf
• ein schnelleres Umschalten auf Erholung.
Als Maßnahmen, die entsprechend für Abkühlung und Ablenkung sorgen können, schlägt sie vor:
1) Wahrnehmungslenkung
2) Positive Selbstgespräche
3) Kontrollierte Abreaktion
4) Systematische Spontanentspannung
Ad 1) Die Wahrnehmung wird auf erregungsreduzierende, neutrale oder positive Gedanken oder Stimuli fokussiert. Beispiele für eine äußere Wahrnehmungslenkung sind die Beschäftigung mit anderen, angenehmeren Arbeiten – Kurzpausen, aus dem Fenster schauen, telefonieren etc. Innere Wahrnehmungslenkung richtet die Aufmerksamkeit weg von der Stress auslösenden Situation hin zu positiven Bildern oder Gedanken. Auf diese Weise soll körperliche und emotionale Erregung herunterreguliert werden, um wieder handlungsfähig zu werden bzw. zu bleiben.
Ad 2) Positive Selbstgespräche wurden unter dem Aspekt der Selbstinstruktion bereits thematisiert (siehe unter 2.2 Kognitives Stressmanagement).
Ad 3) Kontrollierte Abreaktion dient dazu, sich körperlich abzureagieren und somit das zu tun, wozu man physiologisch bei Stress programmiert ist. Es geht dabei nicht um ein Ausleben von Wut und Aggression am Gegenüber, sondern darum, sich gezielt und kontrolliert körperlich zu entlasten – quasi auszutoben. Abreaktion ist nur dann eine sinnvolle Stressbewältigungstechnik, „wenn sie jederzeit willkürlich erzeugt und abgestellt werden kann“ (Wagner-Link, S. 97). Ansonsten besteht die Gefahr negativer Auswirkungen auf Mitmenschen sowie des Verlusts an Selbstkontrolle.
Ad 4) Maßnahmen der Spontanentspannung beziehen sich auf Kurzformen von Entspannungstechniken, wie sie oben beschrieben wurden (siehe unter Abschnitt 1), die bei entsprechender Übung kurzfristig zur spontanen Beruhigung genutzt werden können. Auch das tiefe Durchatmen fällt hierunter. Dabei ist das richtige Atmen wichtig, da übermäßige Brustatmung und Betonung der Einatmung zu vermehrter Aktivierung und Hyperventilation und damit zu Schwindel führen können.
Beruhigende Atemtechniken sind dagegen:
• Tiefe Bauchatmung: Beim Einatmen sollte zunächst in den Bauch und erst dann in die Brust geatmet werden. Beim Ausatmen leert sich zunächst die Brust und dann der Bauch.
• Langsame Atmung
• Langsames Ausatmen: Das Ausatmen sollte etwas länger dauern als das Einatmen, da physiologisch gerade das Ausatmen der entspannende Vorgang ist. Man kann dazu beispielsweise langsam zählen: während des Einatmens „1, 2“, während des Ausatmens „3, 4, 5“.
• Verbunden atmen: zwischen Ein- und Ausatmung sollte keine Pause, kein Luftanhalten erfolgen. Das Einatmen geht direkt in das Ausatmen über.
Soziale Unterstützung – Netzwerkpflege
Positive soziale Beziehungen stellen eine zentrale Ressource des individuellen Stressmanagements dar (s. a. die Ausführungen zum Thema Einstellungsänderung/Resilienz in 2.2 „Kognitives Stressmanagement“).
Personen mit intakten sozialen Beziehungen in Familie, Freundeskreis und bei der Arbeit erkranken deutlich seltener psychisch oder physisch und leben länger als Personen ohne entsprechende soziale Unterstützung (vgl. z. B. Kaluza, 201153, Röhrle, 199454, von Holst & Scherer, 198855). Wagner-Link56 (S. 204) führt aus, dass sozialer Rückhalt, vertrauens- und respektvolle Zusammenarbeit und Umgang mit anderen sowie ein konstruktives angstfreies Arbeitsklima die tieferen Hirnregionen beruhigen. Belohnungsrelevante und angstmindernde Hirnstrukturen und Neurotransmitter wie Dopamin werden aktiviert.
Gerade in Stressphasen werden soziale Kontakte häufig vernachlässigt. Ein solches Verhalten beraubt die Personen einer wichtigen Ressource.
In Stressmanagement-Seminaren wird in der Regel mit Soziagrammen bzw. der grafischen Darstellung des persönlichen sozialen Netzes gearbeitet (siehe z. B. Wagner-Link, 201057, Reschke & Schröder, 200058, Kaluza, 201159). Ausgehend von der eigenen Person wird aufgezeichnet, welche Menschen zum relevanten sozialen Netz gehören. Besonders nahestehende Personen werden dicht an die eigene Person gezeichnet, entfernte Bekannte entsprechend in weiterer Entfernung. Dabei kann zwischen verschiedenen Personengruppen (z. B. Familie/Verwandte, Freunde, Arbeit/Kollegen etc.) unterschieden werden. Durch Linien verschiedener Stärke wird die Zufriedenheit mit der Beziehung symbolisiert (vgl. Abb. 2).
Abbildung 2
Basierend auf dieser Ist-Analyse wird erörtert, welche Kontakte man gerne verstärken möchte (Pfeile in Abb. 2) und wie dies erfolgen kann. Auch die Möglichkeiten, neue Kontakte zu knüpfen, werden im Gruppengespräch thematisiert. Hier kann beispielsweise mit der Methode des Brainstormings gearbeitet werden.
Auch Führungskräfte der Polizei empfehlen den kollegialen Austausch und die Vernetzung als wichtige Stressbewältigungsstrategie. Dabei betonen sie, dass man entsprechende Netzwerke selbst suchen und pflegen sollte, da von außen organisierte Kollegennetze nicht die notwendige Vertraulichkeit sichern können und zudem häufig Konkurrenzbeziehungen untereinander nicht auszuschließen sind. Wenn diese Netze aber der Besprechung von Problemen und Stress dienen sollen, werden direkte berufliche Konkurrenten oft nicht als passende Gesprächspartner empfunden. Auch private Netze sind wichtig, da sie zu Perspektivenwechseln anregen, Distanz und Ablenkung von beruflichen Problemen ermöglichen und Probleme ggf. relativieren.
Zufriedenheitserlebnisse – Genusstraining
Viele Menschen neigen dazu, unter Belastung Freizeitaktivitäten in Form von Hobbys, Sport und Spiel aufzugeben, soziale Kontakte einzuschränken und außerberufliche Interessen verkümmern zu lassen. Solange es sich um eine nur kurzfristige Belastung handelt, kann dies eine durchaus angemessene und erfolgversprechende Strategie darstellen. Bei länger andauernden Belastungen hingegen führt eine solche Selbsteinschränkung in einen fatalen Teufelskreis. Fehlende Erholungs- und Kompensationsmöglichkeiten führen auf die Dauer zu einer Abnahme der Widerstandskraft gegenüber Belastungen.
Ein Ziel von Stressbewältigungstrainings ist es daher auch, einen solchen Circulus Vitiosus dort, wo er besteht, zu unterbrechen und ein individuelles Repertoire palliativer und regenerativer Aktivitäten im Alltag zu verankern. Es geht darum, eine ganz persönliche regenerative „Gegenwelt“ (Eberspächer, 199860) zu entdecken, zu entwickeln und gegenüber den Anforderungen von Beruf und Alltag zu behaupten.
Die im Rahmen dieses Bausteines eingesetzten Methoden zielen neben der Information über grundlegende Erkenntnisse der Erholungsforschung (Allmer, 199661) zunächst in einem ersten Schritt darauf ab, einen neuen Zugang zu positiven Emotionen zu finden, frühere positive Erlebnisse wiederzubeleben und Lust auf neue Erfahrungen zu wecken. Hierzu werden erlebnisaktivierende Methoden eingesetzt.
Im Kleinen beginnt dies mit der Auseinandersetzung mit dem bewussten Genießen – das Wahrnehmen normaler angenehmer Erlebnisse im Alltag. Durch Reflexion dieser kleinen Alltagsfreuden werden Genussregeln entwickelt wie: