Kitabı oku: «Grundwissen Stress», sayfa 4
Rangreihe von belastenden Ereignissen im Polizeidienst (nach Klemisch, Kepplinger & Muthny, 2005) (Auszug).
Ereignis | Prozentwert der befragten Polizisten, die dieses Ereignis als stark oder sehr stark belastend eingeschätzt haben |
Suizid eines Kollegen | 88 |
Verletzung eines Kollegen | 86 |
Gefährdung eigenen Lebens | 78 |
Schusswaffeneinsatz | 79 |
Verletzung eines Kindes | 72 |
Vorbereitung auf misshandeltes Kind | 69 |
Überbringen Todesnachricht | 65 |
Gefühl von Hilflosigkeit | 64 |
körperlich angegriffen werden | 68 |
körperliche Gewalt gegen Personen | 58 |
widersprüchliches Verhalten Vorgesetzter | 48 |
eigene körperliche Verletzung | 47 |
Konflikte mit Vorgesetzten | 47 |
Konflikte mit Kollegen | 44 |
anonym bedroht werden | 48 |
Umgang mit HIV-Infizierten | 46 |
fehlende Anerkennung | 42 |
Umgang mit aggressiven Personen | 40 |
Umgang mit Leichen | 39 |
Widerstand bei Festnahme | 38 |
unklare Lage bei Einsatz | 33 |
schlechte Ausrüstung | 33 |
Verfolgungsfahrt Sondersignal | 34 |
Umgang mit Verbrechensopfern | 28 |
Arbeitsüberlastung | 31 |
Unfall mit Dienstfahrzeug | 27 |
Konfrontation mit Opfern | 27 |
Schichtdienst | 31 |
Entscheidungen unter Zeitdruck | 19 |
Einsatz bei Familienstreitigkeiten | 20 |
beschimpft werden | 17 |
als Zeuge vor Gericht | 16 |
Überstunden machen müssen | 11 |
Langeweile im Dienst | 10 |
Personenkontrollen | 4 |
Literatur
Bartholdt, L. & Schütz, A. (2010). Stress im Arbeitskontext. Ursachen, Bewältigung und Prävention. Weinheim: Beltz.
Draksal, M. (2005). Mit mentaler Wettkampfvorbereitung zum Erfolg (2., überarb. und erw. Neuaufl.). Leipzig: Draksal.
Holmes, T. H. & Rahe, R. H. (1967). The Social Readjustment Scale. Journal of Psychosomatic Research, 11 (2), 213-218.
Klemisch, D., Kepplinger, J. & Muthny, F. A. (2005). Stressfaktoren und Positiva im Polizeiberuf – Selbsteinschätzungen durch Polizeibeamte. Polizei & Wissenschaft, 2/2005, S. 10-20.
Kaluza, G. (2011). Stressbewältigung: Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung (2. Aufl.). Berlin: Springer.
Litzcke, S. M. & Schuh, H. (2010). Stress, Mobbing und Burn-out am Arbeitsplatz. Heidelberg: Springer.
Suinn, R. M. (2005). Behavioral Intervention for Stress Management in Sports. International Journal of Stress Management, 12 (4), S. 343-362.
Ungerer, D. (2003). Der militärische Einsatz. Bedrohung-Führung-Ausbildung. Postdam: Miles-Verlag.
Ungerer, D. & Morgenroth, U. (2001). Analysen des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen. Empfehlungen für die Ausbildung. In Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für Zivilschutz (Hrsg.): Zivilschutz-Forschung, Band 43. Bonn: Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für Zivilschutz.
Ungerer, D. & Ungerer, J. (2008). Lebensgefährliche Situationen als polizeiliche Herausforderungen. Entstehung – Bewältigung – Ausbildung. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft.
2 Ausführlichere und weiter gehende Beschreibungen der Stressreaktion als die hier nachfolgenden finden sich bei Kaluza (2011), Litzcke & Schuh (2010) sowie Barthold & Schütz (2010).
3 Vgl. Kaluza (2011), Litzcke & Schuh (2010) sowie Barthold & Schütz (2010).
4 Vgl. Kaluza (2011), Litzcke & Schuh (2010) sowie Barthold & Schütz (2010).
5 Vgl. Kaluza (2011), Litzcke & Schuh (2010) sowie Barthold & Schütz (2010).
6 siehe Abbildung 1
Stressmanagement
Dagmar Siebecke1, Gert Kaluza2
1 Dr., Technische Universität Dortmund
2 Prof. Dr., GKM-Institut für Gesundheitspsychologie, Marburg
Psychosozialer Stress stellt einen bedeutsamen (mit-) verursachenden, auslösenden oder verstärkenden Faktor bei weit verbreiteten chronisch-degenerativen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten, bei psychosomatischen und psychischen Erkrankungen sowie bei einer Vielzahl weiterer Krankheitsbilder und Beschwerden dar (vgl. Beiträge von Arndt & Beerlage, Kastner und Polndorfer in diesem Buch sowie Kaluza & Renneberg, 20091). Daher kommt der Förderung individueller Kompetenzen zur Bewältigung alltäglicher Belastungen im Rahmen der Gesundheitsförderung eine zentrale Bedeutung zu. In ihrem Leitfaden Prävention schlagen die Spitzenverbände der Krankenkassen2 hierfür zwei Maßnahmenkomplexe vor:
• Maßnahmen zur Entspannung
• Maßnahmen zur multimodalen Stressbewältigung
Handlungsfelder und Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur Umsetzung von §§ 20 und 20a SGB V vom 21. Juni 2000 in der Fassung vom 27. August 2010. Berlin: GKV.
1. Maßnahmen der Entspannung
Entspannungstechniken zielen physiologisch auf die Beeinflussung des vegetativen Nervensystems. Zum Ausgleich von Anspannungszuständen und Stressreaktionen, bei denen der aktivierende Part des Nervensystems, der Sympathikus (verantwortlich für körperliche Aktivierungs- und Erregungsmuster), wirksam ist, soll durch den Einsatz der Entspannungstechniken der für Entspannung zuständige Parasympathikus angeregt werden. Dadurch können körperliche Erregungszustände abgebaut werden (z. B. Senkung von Puls und Blutdruck, Förderung der Verdauungstätigkeit, Muskelentspannung, Beruhigung der Atmung). Über die körperliche Entspannung hinaus bewirken Entspannungstechniken auch einen Abbau psychischer Anspannung und fördern Erlebnisse innerer Ruhe und Gelassenheit.
Wagner-Link (20103) unterscheidet Entspannungstechniken auf muskulärer, vegetativer, emotionaler und kognitiver Ebene. Hinzu kommen Verfahren, die mit Bewegung verbunden sind sowie unsystematische Entspannungs-Ansätze (vgl. Tabelle 1).
Tabelle 1
Formen von Entspannungstechniken (vgl. hierzu auch Wagner-Link, 20104)
Muskuläre Ebene | Konzentrative Muskelentspannung | Durch Konzentration auf einzelne Muskelgruppen werden diese entspannt. |
Progressive Muskelentspannung | Zur Bewusstmachung von Spannungszuständen und zur gezielten Entspannung werden einzelne Muskelgruppen im Wechsel an- und dann wieder entspannt. Es folgt die bewusste, genießende Wahrnehmung der Entspannung. | |
Vegetative Ebene | Autogenes Training | Autosuggestives Verfahren, bei dem durch intensive Vorstellungen von Entspannungsphänomenen (z. B. Wärme) das vegetative Nervensystem beeinflusst wird. |
Atemtechniken | Bewusste, ruhige Atmung mit Betonung der Ausatmungsphase, ggf. gekoppelt mit Wortwiederholungen oder Zählen. | |
Emotionale Ebene | Fantasiereisen | Lenkung der Wahrnehmung auf innere Bilder mit positiver, entspannender Konnotation. |
Suggestive Musik | Lenkung der Wahrnehmung auf ruhige, entspannende Musik. | |
Kognitive Ebene | Meditation | Methode der inneren Versenkung, mit dem Ziel der Konzentration auf den Augenblick und die Schulung der Achtsamkeit. |
Verfahren in Bewegung | Tai-Chi/Qigong | Meditative Konzentrations-, Bewegungs- und Kampfkunstübungen zur Lenkung der Qi-Energie. |
Yoga | Geistige und körperliche Übungen mit Elementen wie geistige Konzentration und Atemübungen, mit dem Ziel, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen. | |
Unsystematische Verfahren | Aktivitäten, die individuell zur Entspannung genutzt werden wie Schwimmen, Spazieren gehen, Massagen, Lesen, Hobbys etc. |
Die Wirksamkeit von systematischen Entspannungstechniken zum Ausgleich von Stress ist empirisch hinreichend belegt (vgl. Vaitl & Petermann, 19935). Die gesetzlichen Krankenkassen erkennen insbesondere die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, das Autogene Training nach Schultz, Hatha Yoga, Tai-Chi und Qigong als förderungswürdige Entspannungsmethoden an (d. h. sie bezuschussen die Teilnahme an entsprechenden Maßnahmen finanziell). Allerdings ist Voraussetzung für die Wirksamkeit, dass die Techniken regelmäßig angewandt und trainiert werden (vgl. Meichenbaum, 20036) und dies möglichst präventiv (also nicht erst in Phasen akuter negativer Beanspruchung, da es oft schwer fällt, ungeübt aus einer extremen Anspannung einen Entspannungszustand zu realisieren). Das beinhaltet auch eine selbstgesteuerte Anwendung: Da ein zentrales Ziel von Entspannungstechniken ist, sich selbst in oder nach Belastungssituationen zu beruhigen, sollte möglichst keine Abhängigkeit von speziellen Trainern oder Audioformaten bestehen. Zum Erlernen von Entspannungstechniken ist es zunächst sinnvoll, entsprechende Workshops zu besuchen oder Lehrmedien wie Audioformate7, Filme8 oder Apps9 zu nutzen. Für die flexible Nutzung ist es aber wichtig, Entspannung mehr und mehr selbständig zu trainieren.
Bei entsprechendem Training ist es möglich, die erforderlichen Zeiten für die Entspannung immer weiter zu reduzieren und Kurzformen zu nutzen. So kann man beispielsweise bei der progressiven Muskelrelaxation die Muskeln, die an- und entspannt werden, immer weiter zu Gruppen zusammenfassen, sodass schließlich eine einzelne Anspannung mit anschließender Entspannung genügen kann. Zudem ist es möglich, Ruheworte oder -gesten mit der Entspannung zu koppeln: Indem man während des Trainings im entspannten Zustand immer wieder ein bestimmtes Wort denkt oder ein bestimmtes Bild vor Augen hat oder eine Handhaltung einnimmt, kann die Entspannung auf diesen Reiz (Wort, Bild, Haltung) konditioniert werden. Das heißt, man lernt die enge Verknüpfung zwischen Wort, Haltung oder Bild und dem entspannten Zustand, sodass es durch die enge Kopplung beider schließlich genügt, beispielsweise nur noch das Wort zu denken, um in den entspannten Zustand zu gelangen. Die eigentlichen Entspannungsformeln und -techniken sind nicht mehr erforderlich. Insbesondere wenn man diese Wege der Spontanentspannung beherrscht, können Entspannungstechniken auch direkt in akuten Stresssituationen genutzt werden. Dies ist gerade im polizeilichen Alltag eine wichtige Voraussetzung für den praktischen Nutzen von Entspannungstechniken, da man in der Regel nicht einfach die belastende Situation verlassen kann. Ist man durch entsprechendes Training in der Lage, sich durch kurze Instruktionen, Worte oder Gesten zu beruhigen, so hilft dies auch in außergewöhnlichen, belastenden Situationen handlungsfähig zu bleiben.
Unsystematische Verfahren wie sportliche Aktivitäten, Lesen, Sauna, Briefmarken sammeln sind sehr individuell. Entsprechend ist es kaum möglich, empirische Daten über ihre Wirksamkeit zu erstellen bzw. auf den individuellen Einzelfall zu übertragen. Sonnentag (200110) hat untersucht, wie sich verschiedene Freizeitaktivitäten auf das Wohlbefinden auswirken. Dabei ist Wohlbefinden nicht mit Entspannung gleichzusetzen. Entspannung ist definiert als ein „Zustand reduzierter metabolischer, zentralnervöser unbewusster Aktivität“11. Dies führt in der Regel zu Wohlbefinden. Aber auch aktivierende Verhaltensweisen können das Wohlbefinden fördern. So konnte Sonnentag nachweisen, dass arbeitsbezogene Freizeitaktivitäten zu einer Verschlechterung des Befindens führen, soziale Aktivitäten sowie Tätigkeiten ohne Anstrengung bewirken eine teilweise Verbesserung und körperliche, sportliche Beschäftigung eine deutliche Verbesserung des Befindens. Ob eine Aktivität im individuellen Fall zu dem gewünschten Entspannungs- und Ausgleichseffekt führt, hängt auch von der Art der zuvor erlebten Belastung ab. So können nach einem körperlich anstrengenden Arbeitstag insbesondere geistig anregende Tätigkeiten ohne körperliche Anstrengung oder soziale Aktivitäten den richtigen Ausgleich darstellen. Nach einem Arbeitstag dagegen, der mit vielfältigen sozialen Kontakten gefüllt ist, sind eher Beschäftigungen ohne Kommunikationsbedarf sinnvoll.
Insgesamt dienen gut trainierte Entspannungstechniken dazu, Erregungsspitzen in akuten Stresssituationen zu dämpfen und negative Folgen körperlicher Stressreaktionen für die Gesundheit (z. B. Schlafstörungen, Kopfschmerzen …) zu begrenzen.
Bei regelmäßiger Praxis fördern sie eine Haltung innerer Ruhe und Gelassenheit, die dazu beitragen kann, dass Stressreaktionen weniger häufig und weniger intensiv erlebt werden. Sie sind aber nicht dazu geeignet, die Stress auslösenden Faktoren selbst zu beeinflussen. Hier setzen die Maßnahmen zur multimodalen Stressbewältigung an.
2. Multimodale Stressbewältigung
Das generelle Ziel von Programmen zur multimodalen Stressbewältigung besteht in der Förderung der körperlichen Gesundheit und des seelischen Wohlbefindens der Teilnehmer durch eine Reduktion der Häufigkeit und Intensität alltäglicher Belastungsempfindungen. Dieses Ziel wird durch eine Verbesserung der individuellen Bewältigungskompetenzen angestrebt.
Die meisten publizierten Stressmanagement-Ansätze bauen auf dem transaktionalen Stressansatz von Lazarus (1966,12 Lazarus & Launier, 198113) auf. Lazarus geht davon aus, dass ein Stressor nicht direkt eine Stressreaktion bei einer Person auslöst. Vielmehr liegen zwischen Auslöser und Reaktion individuelle Bewertungsprozesse.
Primäre Bewertungen
Bei der primären Bewertung schätzt das Individuum ein, inwiefern die Situation eine Bedrohung („threat“) oder Herausforderung („challenge“) darstellt oder ob durch sie bereits ein aktueller Schaden oder Verlust („harm-loss“) eingetreten ist.
Beispiel
Sie werden wegen des Verdachts häuslicher Gewalt in ein Mehrfamilienhaus gerufen.
„Wenn ich das jetzt vermassele, kann ich die gute Beurteilung und damit meine Karrierepläne vergessen!“ (Bedrohung) „Na typisch – jetzt fehlt mir die Zeit, meinen ausstehenden Bericht in Ruhe fertigzustellen, und den rechtzeitigen Feierabend kann ich auch vergessen!“ (Schaden-Verlust)
„Jetzt kann ich endlich zeigen, was ich im Deeskalationstraining gelernt habe.“ (Herausforderung)
„Das ist Routine.“ (stressneutral)
Sekundäre Bewertungen
Hier geht es um die Einschätzung eigener Bewältigungsfähigkeiten und -möglichkeiten. Eine stressbezogene sekundäre Bewertung liegt dann vor, wenn die Person ihre Möglichkeiten als nicht ausreichend für eine Bewältigung der jeweiligen Anforderung einschätzt.
Beispielhafte Bewertungen können auf das obige Beispiel bezogen sein:
Beispiel
„Das schaffe ich mit links. Ich habe viel Erfahrung – sowohl bei der Deeskalation als auch im Umgang mit Opfern.“
„Wenn Kollege Müller dabei ist, bin ich immer so verunsichert und kriege das bestimmt nicht souverän hin.“
„Den Stress halte ich nicht aus!“
Erst das Ergebnis dieser Bewertungsprozesse entscheidet darüber, ob beim Individuum eine Stressreaktion ausgelöst wird oder nicht (Abb. 1).
Abbildung 1
Entsprechend des transaktionalen Stressmodells setzten die multimodalen Stressbewältigungsansätze an bei den Stressaspekten
• Situation (Stressor),
• Bewertung und
• Stressreaktion.
Viele Autoren15 sprechen hier analog auch von S-O-R: Dabei steht S für Stressor, O für Organismus und R für Reaktion. Korrespondierend zu diesen Stressaspekten lassen sich pragmatisch drei Hauptwege (Modalitäten) des individuellen Stressmanagements unterscheiden (vgl. Kaluza, 200616):
• Instrumentelles Stressmanagement setzt an den Stressoren an mit dem Ziel, diese zu reduzieren oder ganz auszuschalten, z. B. durch Umorganisation des Arbeitsplatzes, durch Veränderung von Arbeitsabläufen, durch die Organisation von Hilfen etc. Instrumentelles Stressmanagement kann reaktiv auf konkrete, aktuelle Belastungssituationen hin erfolgen und auch präventiv auf die Verringerung oder Ausschaltung zukünftiger Belastungen ausgerichtet sein. Instrumentelles Stressmanagement erfordert über die für die Erfüllung der jeweiligen Anforderungen nötige Sachkompetenz hinaus sozial-kommunikative Kompetenzen und Selbstmanagementkompetenz als Fähigkeit zu einem eigengesteuerten und zielgerichteten Handeln.
• Kognitives Stressmanagement zielt auf eine Änderung eigener Merkmale in Form von persönlichen Motiven, Einstellungen und Bewertungen. Auch hier können sich die Bewältigungsbemühungen auf aktuelle Bewertungen in konkreten Belastungssituationen oder auf situationsübergreifende, habituelle Bewertungsmuster beziehen. Diese bewusst zu machen, kritisch zu reflektieren und in stressvermindernde Bewertungen zu transformieren, ist das Ziel kognitiver Interventionsansätze der Stressbewältigung (Meichenbaum, 200317, Schelp, Gravemeier & Maluck, 199718).
• Beim palliativ-regenerativen Stressmanagement steht die Regulierung und Kontrolle der physiologischen und psychischen Stressreaktion im Vordergrund. Es beinhaltet alle Versuche, unlustbetonte Stressemotionen wie Angst, Ärger, Schuld, Neid, Kränkung und den mit diesen einhergehenden quälenden physiologischen Spannungszustand positiv zu beeinflussen. Auch hier kann unterschieden werden zwischen solchen Bewältigungsversuchen, die zur kurzfristigen Erleichterung und Entspannung auf die Dämpfung einer akuten Stressreaktion abzielen (Palliation), sowie eher längerfristigen Bemühungen, die der regelmäßigen Erholung und Entspannung dienen (Regeneration).
Das heißt, in potenziell Stress auslösenden Situationen können verschiedene Coping-(Bewältigungs-) Strategien eingesetzt werden, um entweder die stressauslösende Situation zu entschärfen, die Situation umzubewerten oder für Ausgleich und Regeneration zu sorgen.
Beispiel
Sie erfahren, dass Ihre Beurteilung nicht so positiv ausgefallen ist, wie Sie erwartet haben.
Beispiele für instrumentelles Stressmanagement:
Sie schalten den Personalrat ein und reden mit Ihrem Vorgesetzten, um die Beurteilung besser nachvollziehen zu können, versuchen eine Korrektur zu bewirken und klären mit Ihrem Vorgesetzten, wie sie bei der nächsten Beurteilung eine Verbesserung erreichen können.
Beispiele für kognitives Stressmanagement:
Sie sagen sich: „Das hat nichts mit mir persönlich zu tun. Die Beurteilungen hängen anscheinend mehr von der Karriereplanung als von der Leistung ab. Ich weiß, dass ich gut bin. Wenn ich an der Reihe bin für eine Beförderung, wird meine Beurteilung auch passend ausfallen.“ oder „Ich will ohnehin keine Karriere machen. Ich fühle mich in meinem aktuellen Job sehr wohl.“
Beispiele für palliativ-regeneratives Stressmanagement:
Sie reagieren sich durch einen Waldlauf ab und suchen Ablenkung durch einen Besuch bei Freunden, bei denen Sie „Dampf ablassen“ können.
Inzwischen wurden zahlreiche Stressmanagement-Trainings entwickelt und in ihrer Wirksamkeit überprüft, die dem dargestellten transaktionalen Stressmanagement-Ansatz folgen.
Beispiele sind:
• „Gelassen und sicher im Stress“ nach Kaluza (Kaluza, 2007, 201119)
• Verhaltenstraining zur Stressbewältigung nach Wagner-Link (201020, Weiterentwicklung des Stressbewältigungstrainings für die Polizei nach Brengelmann, 198821, vgl. auch Krauthan, 200422)
• Rational-Emotive Therapie gegen Stress (Schelp et al., 199723)
• Stressimpfungstraining nach Meichenbaum (Meichenbaum, 200324)
• „Gelassen bei der Arbeit“ (Wiegard et al., 200025)
• „Optimistisch den Stress meistern“ (Reschke & Schröder, 201026)
• Gesundheitsförderung und Selbstregulation durch individuelle Zielanalysen – GUSI (Storch & Olbrich, 201127; Programm zur Gesundheits förderung aufbauend auf dem Zürcher Ressourcen Modell, Storch & Krause, 201028)
In den Trainings wird in der Regel stressrelevantes Hintergrundwissen (Was ist Stress? Welche physiologischen Prozesse laufen bei Stress ab? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Stress und Gesundheit?) vermittelt und eine Stressanalyse oder -diagnostik durchgeführt: Durch klinische Interviews, Erfahrungsaustausch, Selbstbeobachtung, vorstellungsgestütztes Erinnern oder psychologische Testverfahren werden kritische Situationen sowie das eigene Denken, Verhalten und Erleben in stressauslösenden Situationen reflektiert und analysiert. Auf der Basis dieser Analysen werden dann individuelle Ansätze des Stressmanagements auf den drei Ebenen (instrumentelles, kognitives und palliativ-regenertives Stressmanagement) entwickelt und trainiert.
Im Folgenden werden zentrale Bausteine multimodaler Stressmanagementprogramme näher erläutert.
2.1 Instrumentelles Stressmanagement
Ziel des instrumentellen Stressmanagements ist es, eine potenziell stressauslösende Situation so zu beeinflussen, dass sie keine – oder zumindest weniger – negative Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten hat. Dies kann kurzfristig in der Situation selbst stattfinden oder langfristig durch präventive Maßnahmen.
Problemlösen
Probleme lösen Stress aus, wenn der Betroffene keine geeigneten Lösungsmöglichkeiten sieht – wenn also die sekundäre Bewertung im Sinne des transaktionalen Stressmodells von Lazarus & Launier29 (s. o.) negativ ausfällt. Stressmanagement-Trainings dienen daher auch dazu, die Teilnehmer bei der Suche nach und der Umsetzung von Strategien zum Umgang mit alltäglichen und beruflichen Problemen zu unterstützen und ihnen dadurch mehr Sicherheit zu geben. Die Fähigkeit der Teilnehmer zu einer lösungsorientierten, konstruktiven Auseinandersetzung mit Problemen soll verbessert werden. Problemlösungsdefizite, die auf den verschiedenen Stufen des Problemlösungsprozesses angesiedelt sein können, sollen ausgeglichen und die Teilnehmer zu einem systematischen Problemlösungsverhalten angeleitet werden.
Das Problemlösetraining dient implizit dem Erwerb einer allgemeinen, problemlösenden Grundhaltung, die (nach Goldfried & Goldfried 197630) aus folgenden Faktoren besteht:
• der Einsicht, dass Problemsituationen zum normalen Leben gehören,
• der Annahme, dass man solche Situationen aktiv meistern kann,
• der Bereitschaft, Problemsituationen im Augenblick ihres Auftretens wahr- und anzunehmen sowie
• der Entschlossenheit, der Versuchung zu impulsivem Handeln zu widerstehen.
In den verschiedenen Stressmanagement-Ansätzen (z. B. von Kaluza, Wagner-Link, Meichenbaum) werden unterschiedliche Konzeptionalisierungen des Problemlöseansatzes genutzt, die vor allem hinsichtlich der Anzahl der verwandten Problemlöseschritte variieren. Kaluza (201131) schlägt beispielsweise in Anlehnung an Grawe et al. (198032) sowie Kämmerer (198333) eine Gliederung in sechs Schritte vor:
Schritt 1: „Dem Stress auf die Spur kommen“: Die Teilnehmer werden zu einer systematischen Selbstbeobachtung von Belastungssituationen und -reaktionen angeleitet. Sie lernen, anhand eines vereinfachten verhaltensanalytischen Schemas ihre zunächst allgemein formulierten Stresserfahrungen als „Verhalten-in-Situationen“ zu konkretisieren.
Schritt 2: „Ideen zur Bewältigung sammeln“: Hier erfolgt, unter Beteiligung der gesamten Kursgruppe bzw. im Sinne einer kollegialen Beratung, eine bewertungsfreie Suche nach Möglichkeiten der Bewältigung der belastenden Situation in Form eines Brainstorming.
Schritt 3: „Den eigenen Weg finden“: Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Konsequenzen trifft der Teilnehmer eine Positiv-Auswahl unter den vorgeschlagenen Bewältigungsmöglichkeiten und entscheidet sich für einen der (ggf. auch eine Kombination mehrerer) Vorschläge.
Schritt 4: „Konkrete Schritte planen“: Hier geht es darum, das konkrete Vorgehen bei der Realisierung des ausgewählten Vorschlages möglichst genau zu planen. Rollenspiele und Vorstellungsübungen werden eingesetzt, um den Teilnehmer gut auf die Durchführung der Schritte im Alltag vorzubereiten.
Schritt 5: „Im Alltag handeln“: Dieser zentrale Schritt des Problemlöseprozesses, auf den alle vorhergehenden Schritte hinführen, findet außerhalb der Kursstunden statt.
Schritt 6: „Bilanz ziehen“: In diesem letzten Schritt der Problemlösesequenz geht es darum, die Ergebnisse der Durchführung (Schritt 5) zu bewerten und nach Gründen für das Gelingen oder Misslingen der Problemlösung zu suchen.
Die aufgeführten Schritte sind einem Gruppentraining entnommen. Sie gelten analog auch für das individuelle Problemlösen.
Selbstbehauptung und Kritik
Bei dem Thema der Selbstbehauptung und Kritik geht es um die Stärkung der sozialen Kompetenz, die erforderlich ist, um Grenzen zu ziehen, negative Emotionen wie Ärger zu bewältigen und „nein“ zu sagen. Es geht also um die Frage, wie eigene Interessen und Bedürfnisse formuliert werden können, ohne dabei Restriktionen oder Sanktionen befürchten zu müssen. Wiegard et al. (200034) arbeiten hier mit Vorstellungsübungen zur negativen Kritik, Erfahrungsaustausch und praktischen Übungen. Daraus werden mit den Teilnehmern Regeln zur Selbstbehauptung und zur Formulierung von Kritik entwickelt, wie beispielsweise
• deutliche, klare, laute Stimme verwenden
• häufiger Blickkontakt
• Ich-Botschaften verwenden (Gebrauch von „ich“ statt „man“ oder „wir“)
• keine unnötigen Entschuldigungen oder Rechtfertigungen
• klare, kurze Formulierungen
• beim Kritisieren konkret benennen, was stört (keine Verallgemeinerungen)
Für die Rolle des Kritisierten wird eingeübt:
• Zuhören (keine voreilige Rechtfertigung)
• Schwächen eingestehen
• berechtigte Kritik annehmen
• unberechtigte Kritik zurückweisen
• sich ggf. entschuldigen
• Blickkontakt halten
Im Rahmen des instrumentellen Stressmanagements geht es hier insbesondere um die Entwicklung und Erprobung von Verhaltensweisen. Wie Kritik gedanklich bewertet und verarbeitet wird, ist Thema des kognitiven Stressmanagements (s. u.). Dort geht es auch darum, wie ich mit meinen eigenen Ansprüchen umgehe, die letztendlich darüber entscheiden, ob es mir gelingt mich abzugrenzen und „Nein“ zu sagen. Instrumentelles und kognitives Stressmanagement greifen also stark ineinander.
Zeitmanagement
Zeitdruck ist ein nahezu allgegenwärtiger Hintergrundstressor für sehr viele Menschen. Ständiger Zeitdruck, das chronische Gefühl des Zeitmangels und Hetze sind nicht nur ein häufiger Auslöser für Belastungsreaktionen, sondern stellen auch ein großes Hindernis für eine palliative und regenerative Stressbewältigung dar. Ziel ist es, den persönlichen Umgang mit der Zeit zu reflektieren, eigene Verhaltensweisen und Einstellungen als mitverursachend für Zeitprobleme zu erkennen und Anregungen zu einer gesundheitsförderlichen Zeiteinteilung zu geben. Es geht darum, ein möglichst hohes Maß an Zeitsouveränität zu gewinnen und den Gebrauch der Zeit an den eigenen beruflichen, familiären und persönlichen Zielen auszurichten. Das Ziel ist nicht ein gefülltes, sondern ein er-fülltes Leben, in dem eine ausgewogene Balance zwischen Zeit für Arbeit und „freier“ Zeit, zwischen Zeit für sich und Zeit für andere herrscht.
Fazit
Zeitmanagement dient also nicht dazu, in dem Polizeialltag noch mehr unterzubringen und mehr zu leisten – die Arbeit zu verdichten. Zeitmanagement dient vielmehr dazu, Raum zu schaffen für ein Leben in Balance, bei dem Familie, Freunde, soziales Engagement, Gesundheit und persönliche Werte ebenso ihren Raum finden wie die Arbeit.
Wichtige Aspekte des Zeitmanagements sind beispielsweise im Programm „Gelassen und sicher im Stress“ (Kaluza, 201135)
• Die Unterscheidung zwischen Wichtigkeit und Dringlichkeit bei der Prioritätensetzung und Arbeitsplanung (nicht alles, was dringend ist, ist auch wichtig).
• Die Berücksichtigung persönlicher Leistungskurven bei der individuellen Arbeitsplanung (Leistungshochs sollten nicht mit Routinetätigkeiten „verschwendet“ werden, in Tiefpunkten der Leistungsfähigkeit fällt geistig anspruchsvolle Tätigkeit schwerer und dauert länger).
• Die Einplanung regelmäßiger Pausen. Seiwert (200536) weist mit seinem Bestsellertitel „Wenn Du es eilig hast, gehe langsam“ darauf hin, dass Ruhepausen ein wichtiges Instrument sinnvoller und effektiver Arbeitsgestaltung sind.
• Die realistische Einschätzung des Zeitbedarfs. Dies schließt die Einplanung von realistischen Pufferzeiten, Zeiten für soziale Interaktionen und Lernen ein.
• Nachkontrollen: Zeitmanagement sollte ein fortlaufendes, „lernendes System“ sein.
2.2 Kognitives Stressmanagement
Kognitives Stressmanagement setzt an den gedanklichen Möglichkeiten des Stressabbaus und der -bewältigung an. Ansatzpunkte sind die reflektierte Situationsbewertung, Selbstinstruktionen, Einstellungsänderungen, die Entwicklung bzw. Konkretisierung von Zielen sowie die Gefühlsregulation. Damit beziehen sich die Ansätze des kognitiven Stressmanagements auf die Bewertungsprozesse, die für die Entstehung von Stressempfindungen nach dem transaktionalen Stressmodell Lazarus (s. o.) Voraussetzung sind.
Reflektierte Situationsbewertung
Wie im transaktionalen Stressmodell dargestellt, führt erst die Situationsbewertung zu dem Empfinden von Stress. Folglich kann eine positive Gedankensteuerung dazu beitragen, belastende Situationen weniger negativ, neutral oder gar positiv zu erleben. Entsprechend kommt dem Bewertungsaspekt beim Stressmanagement eine zentrale Bedeutung zu. Die meisten Ansätze zur Stressbewältigung arbeiten daher an den Bewertungsprozessen, die in Stresssituationen ablaufen.
Hierzu ist es erforderlich, in einem ersten Schritt zu erkennen, wann und wie das Erleben und Verhalten durch eigene Bewertungen negativ beeinflusst wird. Dann gilt es, die stressverschärfenden Bewertungen zu hinterfragen und ggf. zu modifizieren.
Mentale Strategien des kognitiven Stress-managements in konkreten Situationen sind beispielsweise:
• Realitätstestung und Konkretisierung
• Blick auf das Positive, auf Chancen und Sinn