Kitabı oku: «MUSIK-KONZEPTE 192-193: Sándor Veress», sayfa 2
III Budapest 1945 – und einige der Folgen
Ende 1943 wurde Veress als Nachfolger Kodálys auf dessen Kompositionslehrstuhl an der Liszt-Akademie berufen. Kurz danach setzten in Ungarn jene Entwicklungen ein, die Budapest zu einem der entsetzlichsten Schauplätze des letzten Kriegsjahres auf europäischem Boden werden ließen: die Besetzung durch die deutsche Wehrmacht im März 1944, die unter Adolf Eichmanns persönlicher Überwachung und mit Beteiligung ungarischer Gendarmerie erfolgenden Deportationen von gegen einer halben Million jüdischer Menschen in die Vernichtungslager (bis internationaler Druck Anfang Juli bewirkte, dass Horthy die Transporte vorläufig wenigstens für den Großraum Budapest stoppte), das offen-faschistische Terrorregime der Pfeilkreuzler nach Horthys Sturz Mitte Oktober, die 50 Tage dauernde Belagerung und Eroberung der von Hitler zur »Festung« erklärten Hauptstadt durch die Rote Armee, eine der blutigsten Schlachten des Krieges (Dezember 1944 bis Februar 1945). Im Ergebnis war Ungarn am Tag der bedingungslosen Kapitulation Nazi-Deutschlands im militärischen und politischen Einflussbereich von Stalins Sowjetunion angelangt – und Veress in Budapest im Begriff, der Ungarischen Kommunistischen Partei (MKP) beizutreten.42
Wie es im Detail dazu kam, worin insbesondere die Motivationslage des Aspiranten damals und dort bestand, wissen wir nicht, da uns direkte Zeugnisse bislang fehlen.43 Weil die schiere Tatsache des Parteibeitritts aber wenige Jahre später, in den für Veress’ Westemigration entscheidenden Jahren ab 1948/49, zum politisch-bürokratischen Problem wurde, konnte sie letztlich nicht spurlos bleiben, auch wenn die offiziellen Lebensläufe des nachmaligen »ungarisch-schweizerischen« oder gar »Schweizer« Komponisten Veress44 – inklusive der eingangs erwähnten biografischen Berichte der 1980er Jahre – dieses zentrale Stück seiner Nachkriegsbiografie konsequent verschweigen.
Dank der erwähnten Spuren sind wir immerhin in der Lage, die Situation von 1945 aus der Sicht relativ zeitnaher Selbst- und Fremdzeugnisse rekonstruieren zu können.45 Deren Corpus besteht einerseits aus einem zwischen 1952 und 1955 in mehreren Fassungen entstandenen Rechtfertigungstext46, andererseits aus einem diesen begleitenden Briefwechsel mit drei Exponenten der ungarischen Emigration in den Vereinigten Staaten: István Borsody, Géza Soós und István Csicsery-Rónay. Pragmatischer Kontext des Austauschs wie der rechtfertigenden Konfession ist der – letztlich nie verwirklichte, jedoch bis 1955 auch nicht völlig aufgegebene – Plan einer Amerika-Emigration, der sich aus einer erstmals 1948 ausgesprochenen Einladung Veress’ als visiting professor ans Pennsylvania College for Women (heute Chatham University) ergeben hatte. Borsody, seines Zeichens Jurist, Historiker und Ex-Diplomat, inzwischen Professor für russische und osteuropäische Geschichte an ebendieser Institution, war ihr Promotor vor Ort. Um die MKP-Mitgliedschaft seines Freundes wissend, war er von Anfang an bestrebt, diesen darin zu beraten, wie genau man den US-Behörden im sich verschärfenden Klima der Kongressvorladungspraxis des HUAC (House Un-American Activities Committee47) jenen Beitritt von 1945 »verkaufen« könne. Veress selbst wollte zumindest seiner künftigen Universitätsleitung gegenüber so ehrlich wie möglich auftreten. In diesem Sinne muss er Paul Anderson, dem Präsidenten derselben, im Frühjahr 1949 eine Erklärung unterbreitet haben48, die die Karten offen auf den Tisch legte und in Retrospektive auf das Frühjahr 1945 Sympathien zumindest für bestimmte Anliegen der MKP zugab. Borsody, offensichtlich in Kenntnis dieses Textes, versuchte Veress – sinngemäß – vor Augen zu führen, dass, was man Anderson mitteilen konnte, nicht unbedingt identisch mit dem war, was man einer zuständigen Immigrationsbehörde mitteilen sollte.49 Die Inkongruenz zwischen diesen beiden Ebenen durchzieht in der Folge, wie Rachel Beckles Willson in ihrer scharfsinnigen Lektüre des Materials gezeigt hat, die gesamte Entstehungsgeschichte des späteren Rechtfertigungstextes dergestalt, dass Veress damals zwar nach wie vor bestrebt war, die Authentizität seiner Entscheidung von 1945 zu verteidigen, dabei aber zugleich immer stärker einer eigentlichen Wegleitung Borsodys folgte, die gerade diese Authentizität zur rein »nominellen« Formsache herunterzustufen trachtete.50
Dennoch lässt sich aus einem direkten Vergleich der Spezifika von Wegleitung und Konfession recht gut erschließen, worin vermutlich das wichtigste Element eines Überzeugungskerns Veress’ in Bezug auf die MKP der Stunde Null bestand:
»Ich unternahm zahlreiche Volksmusik-Sammelreisen in ungarische und rumänische Dörfer, und diese Reisen und Studien brachten mich sehr nahe an die sozialen Probleme der Bauern, mit der unvermeidlichen Konsequenz, dass ich in engen Kontakt mit jenen demokratischen Jugendbewegungen (allgemein ›Dorfforscher‹ genannt) kam, die für die Rechte der Bauern und für eine demokratische Landreform kämpften.«51
Als erfahrener »Dorfforscher«52 wusste Veress aus konkretester Anschauung um das dringende, seit Ende des Ersten Weltkriegs systematisch verschleppte Desiderat, in den vom drastischen Klassengegensatz zwischen adligem bzw. kirchlichem Großgrundbesitz auf der einen, Kleinbauerntum und Agrarproletariat auf der anderen Seite geprägten Dörfern endlich für mehr Verteilungs- und soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Und es waren in der Tat just die beiden Parteien am linken Rand des Koalitionsspektrums der provisorischen Übergangsregierung, die diese Aufgabe im März 1945 programmatisch-federführend und energisch an die Hand nahmen: die Nationale Bauernpartei NPP und die MKP mit ihrem Landwirtschaftsminister Imre Nagy, dem späteren Ministerpräsidenten des 1956er Aufstands, dem der Komponist noch 1983 ein berührendes Epitaph in Gestalt eines Memento für Bratsche und Kontrabass setzen sollte.53 Ganz im Sinne dieser Faktenlage weist Veress in einem weiteren, erst kürzlich ans Licht gekommenen Rechtfertigungsdokument aus dem ersten Schweizer Jahr – einem Brief an Paul Sacher, damals Präsident des Schweizerischen Tonkünstlervereins (STV) – auf die generelle Beweger-Rolle der MKP hin:
»Die politische Lage war (…) damals in Ungarn eine solche, dass die vier Parteien, die Kleinlandgutbesitzerpartei (= Kleinlandwirtepartei, Anm. CV), die Sozialdemokraten, die Bauernpartei und die Kommunisten, eine vollkommen ausgeglichene Koalition formten, die als eine Einheit für das einzige, grosse Ziel: die Rekonstruktion des Landes und des Lebens, arbeitete. In dieser Koalition war damals die kommunistische Partei eine kleine Minderheit, zugleich spielte sie aber die Rolle eines Motors, und war eigentlich nichts anderes als eine demokratische, progressive Reformpartei.«54
Das »Motor«-Argument ist wichtig, liefert es doch einen Ansatz zur Beantwortung der Frage: Warum ausgerechnet die MKP, wenn sich die vier großen Parteien doch eigentlich in der Identifikation und Bewertung der grundlegenden Desiderate der politischen Stunde vollkommen einig waren? – Interessanterweise fehlt es in der fünf Jahre später niedergeschriebenen Endfassung der Konfession: Dort wird, im Gegenteil, die Nichtunterscheidbarkeit der Parteiprogramme und daher der Zufallscharakter der Entscheidung für die MKP akzentuiert – ganz im Sinne der von Borsody adressatenbezogen insinuierten Tendenz, die Motive des Parteibeitritts möglichst gründlich zu entkernen.
Wie auch immer man die verwickelte Quellenlage zu diesem Komplex behandelt – eines lässt sich mit Bestimmtheit sagen: Veress hat als Komponist weder vorher noch nachher so ausgeprägt politisch komponiert wie zwischen 1945 und 1949.55
IV London 194756
Wann genau die politischen Hoffnungen des Frühjahrs 1945 so brüchig wurden, dass die Emigration zur ernsthaft verfolgten ultima ratio wurde, lässt sich angesichts der bislang dünnen Quellenlage zum Jahr 1946 nicht sagen.57 Klar ist, dass der 1948 so zielstrebig gefasste Plan einer Amerika-Emigration bereits die Folge einer tiefgreifenden politischen Evidenzkrise war, die bei Sándor und Enid Veress schon mehr als ein Jahr zuvor eingetreten sein muss. Der gut acht Monate dauernde England-Aufenthalt des Jahres 1947 belegt dies hinreichend. Ermöglicht durch ein Sechs-Wochen-Besuchsstipendium des British Council, auf das sich Veress schon im Sommer 1946 beworben hatte58, wurde die Reise Mitte Februar – zunächst durch Veress allein – im festen Vorsatz angetreten, die knapp bemessene Zeit, anknüpfend an Vorkriegs-Kontakte, zu einer Stabilisierung in London zu nützen, seine Frau nachzuholen und in jedem Fall, mindestens, deutlich auf Distanz zu Budapest zu gehen.59
Die ersten Wochen zeitigten Ermutigendes: Kontakte zur BBC, insbesondere zu den Dirigenten Adrian Boult und Stanford Robinson, die Konzertprojekte für den Herbst anstießen, aber auch Aufnahmetermine als Interpret eigener Werke – der 20 Klavierstücke (1938) und der Klaviersonatine (1932) –, den Beginn der Freundschaft mit Gwynn Williams, Mitinspirator und künstlerischer Leiter des 1947 erstmals durchgeführten Llangollen International Musical Eistedfodd, an dem Veress von 1948 bis 1984 mit ganz wenigen Ausnahmen jährlich in der zweiten Juliwoche als Juror der Chorwettbewerbe amten sollte. Die seit 1939 in der Schwebe befindliche Verbindung zu Boosey & Hawkes hingegen wurde 1947 formell beendet.60
Trotz dieser Ansätze musste Veress realistischerweise bis Mitte März damit rechnen, innert Monatsfrist wieder zurück in Budapest zu sein (»danach verlasse ich England, es sei denn, inzwischen geschieht etwas – was ich mir in der Tat erhoffe«61). Das erhoffe Ereignis in between, das niemand voraussehen konnte, trat aber tatsächlich zuhause am 14. März mit dem Ausscheiden des der NPP angehörenden Religions- und Unterrichtsministers Dezső Keresztury, seines Zeichens Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und enger Vertrauter Kodálys, aus der Regierung des Ministerpräsidenten Ferenc Nagy ein.62 Sein Nachfolger wurde der Ethnograf Gyula Ortutay, ein Vertreter des linken Flügels der Kleinlandwirtepartei und mit Veress seit spätestens Ende der Dreißigerjahre gut bekannt.63 Dieser sah seinen Kairos gekommen und unterbreitete dem frischgebackenen Minister mit Datum des 28. März den Vorschlag der Schaffung einer Musik-Attaché-Funktion ad personam an der ungarischen Vertretung in London:
»Seit ’38 erkläre ich zuhause, dass nichts so wichtig für das geistige Ungarn ist wie die Nutzbarmachung der Gegebenheiten, die eine internationale Anerkennung und das Gewicht der neuen ungarischen Musik in sich bergen. Nun ist der richtige Moment da, und es wäre – wie oben erwähnt – ein großer Fehler, ihn zu versäumen. Es ist ja nicht sicher, dass eine solche Konstellation noch einmal entsteht. Nun treffen nämlich Nachfrage und Angebot, unsere internationale Position, die auf uns gerichtete Aufmerksamkeit, das gesunde Kunstleben zuhause, viele neue Initiativen, die geeigneten Leute auf den entsprechenden Posten, das hiesige hungrige Interesse sowie resonanzfähige Führungskräfte zusammen. Du bist frisch und flexibel genug, all das zu erkennen. So frage ich Dich also, ob Du mir einen Auftrag für ein, zwei Jahre erteilen kannst, um hier einen Posten aufzubauen und zu halten. Die glückliche Konstellation ist auch bei mir gegeben, weil man bereits vor 12 Jahren von mir gehört hat und meine Kontakte noch bestehen und freundschaftlich geblieben sind. Und sie sind überdies, das ist wichtig, langsam, allmählich und nicht mit propagandistischem Ziel aufgebaut worden. Das heißt auch, sie sind aufrichtig und überzeugend. Ungeschickte ›professionelle‹ Kulturattachés verrichten nirgendwo solche Arbeit. Ich weiß durchaus, dass meine Tätigkeit auch zuhause benötigt wird. Ich selbst sollte daheim auch hunderte Sachen erledigen. Doch habe ich das Gefühl, infolge der skizzierten glücklichen Sternpositionen, dass ich jetzt und hier mehr für Ungarn tun kann als zuhause, wo letztlich meine Stellvertreter die akademische Arbeit genauso gut (wie ich) verrichten, während diese, hier, an meine Person gebunden ist. Denn, man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist.«64
Die Auffindung dieses Dokuments in den Aktenbeständen des Budapester Staatsarchivs leistet einen wesentlichen Beitrag zum genaueren Verständnis von Veress’ England-Aufenthalt des Jahres 1947, macht es doch deutlich, wie sehr der potenzielle Emigrant bestrebt war, trotz aller zuhause auf Sturm stehenden Zeichen nicht sämtliche Brücken zu seiner Heimat abzubrechen, sondern Alternativen, die zu diesem Zeitpunkt immerhin noch denkbar schienen, eine Chance zu geben. – Ortutay dürfte zwischen den Zeilen verstanden haben, dass sich bei seinem fachverwandten Kollegen eine Art Absprung anbahnte, sah sich jedoch außer Stande, dessen Ansinnen in der vorgeschlagenen Form zu entsprechen. Immerhin garantierte er ihm ad hoc zunächst eine Überbrückungsfinanzierung bis Ende April und danach sogar einen bezahlten Urlaub bis Ende Oktober – nicht ohne ihm Anfang Mai durch einen Emissär ausrichten zu lassen, man sei ängstlich bestrebt (»anxious«), ihn schlimmstenfalls mit der Kompromisslösung, ihm jährlich vier bis fünf Monate Auslandsabwesenheit zu bewilligen, zuhause, d. h. an der Liszt-Akademie, zu halten, da man ihn dort wirklich brauche. Wie tief die Entfremdung zwischen Veress, der Partei und dem »System« zu diesem Zeitpunkt schon fortgeschritten sein muss, zeigt freilich der Umstand, dass Veress dieses Werben Budapests im intimen Dialog mit seiner Frau rundweg als »nonsense« abtut.65
Mit der gewährten finanziellen Unterstützung ließ sich der von Anbeginn verfolgte Plan verwirklichen, Enid Veress – wohl spätestens Mitte August66 – nachreisen zu lassen und ihr so ein kurzes Wiedersehen mit London zu ermöglichen. Die Rückkehr beider nach Budapest erfolgte Ende Oktober, pünktlich zum Dienstantritt an der Akademie. Sie war freilich de facto eine weitere abgebrochene englische Emigration – die zweite nach 1939 –, denn Veress unternahm in den verbleibenden Monaten nach dem Scheitern der diplomatischen Option alles, im britischen Kulturkreis zu einer festen Position als Hochschullehrer zu gelangen. Unterstützung dafür erhielt er von Mitarbeitern des Council, die für ihn Fühler in Richtung einer Berufung an eine der Institutionen im engeren Bezirk des Vereinigten Königreichs (London, Edinburgh) und sogar in Übersee ausstreckten. Bereits Mitte Mai tat sich eine neuseeländische (University of Auckland) und Anfang Juni eine australische (University of Adelaide) Perspektive auf.67 Mitte Juli reichte Veress seine Bewerbungsunterlagen ein68, erhielt jedoch nach allem, was wir wissen, von beiden Seiten Absagen – womit auch die zweite, radikalere seiner beiden 1947 ins Auge gefassten Optionen, zu Budapest auf Distanz zu gehen, gescheitert war.
V Rom 1949
Das vorläufige Ende der Geschichte muss hier – weil gut erforscht und kommentiert69 – nicht im Einzelnen berichtet werden. Das Folgende mag deshalb genügen: Am 6. Februar 1949 reist Veress via Prag nach Stockholm, um der dortigen Uraufführung von Térszili Katicza (16.2.) beizuwohnen. Anschließend begibt er sich nach Rom, wo am 19. März die italienische Premiere des Balletts über die Bühne geht. Beide Produktionen knüpfen choreografisch und ausstattungsmäßig an die Zusammenarbeit mit Milloss und Pekáry im Römer Jahr 1942 an. Enid Veress kann ihrem Mann Ende Februar über Zürich, wo sie sich einer längeren medizinischen Behandlung unterziehen muss, nachreisen. Organisatorische, menschliche und finanzielle Unterstützung dazu leisten Paul und Maja Sacher sowie Oskar und Anna Müller-Widmann in Basel, die Veress im Herbst zuvor anlässlich des ersten Kongresses des International Folk Music Council kennengelernt hat. Mitte Juni trifft aus Pittsburgh die schlechte Nachricht Borsodys ein, dass die inzwischen gängige Immigrationspraxis des U. S. Department of Justice einen Stellenantritt am Pennsylvania College for Women im Herbst – und bis auf Weiteres – verunmögliche.70 Der Sommer wird in völliger Ungewissheit an der Via Corsini 12 im Trastevere verbracht, jedoch im festen Vorsatz, diesmal nicht mehr nach Budapest zurückzukehren (»[…] es ist auch klar, […] wenn wir nach Ungarn zurückfahren, können wir nie mehr heraus«71). Anfang September spitzt sich die Lage zu, unter anderem weil die italienischen Behörden Anstalten machen, die Aufenthaltsbewilligung nicht ein weiteres Mal zu erneuern. Da trifft in einem Schreiben mit Datum des 18. September ein völlig unerwarteter Ruf aus Bern ein: Das Musikwissenschaftliche Institut der dortigen Universität, an dem seit dem Tode Ernst Kurths (1946) semesterweise Stellvertretungen amten, offeriert eine Gastdozentur für das Wintersemester, Veress sagt am 23. September zu.72 Als Wohltäter im Hintergrund hat der Musikologe Ottó Gombosi gewirkt, der im Sommersemester in Bern tätig war und dort den entscheidenden Hinweis deponierte. Derweil geht in Budapest der »antititoistische« Schauprozess gegen langjährige führende Exponenten der nunmehr gleichgeschalteten Einheitspartei, darunter Ex-Innen- und Außenminister László Rajk, mit dessen Bruder Gyula Veress befreundet ist, über die Bühne. Veress wird als Radiohörer Zeuge der erschlichenen Geständnisse der Angeklagten, drei werden zum Tod verurteilt, darunter Rajk.73 Anfang Oktober gibt die Berner Fakultät ihr abschließendes Placet74, die Visa-Umtriebe ziehen sich in die Länge, aber unterm 26. November vermerkt Veress’ Taschenkalender für das Jahr 1949: »12.40 Ankunft in Bern / Hotel Post e(t) France«75. In den entscheidungsträchtigen Tagen zwischen dem 22. September und 6. Oktober gibt es nur einen einzigen Eintrag: »Hic (Rh)odus hic salta«.
Abbildung: Sándor Veress, Lied der Hippia (Bild 6: In Rom), aus: Bühnenmusik zu Imre Madáchs Az ember tragédiája. Autografes Partiturblatt (OSZK, Musiksammlung)
1 János Demény, »Életmű-vázlat«, in: Veress Sándor. Tanulmányok, hrsg. von Melinda Berlász et al., Budapest 1982, S. 12–57. – Ferenc Bónis, »Three Days with Sándor Veress the Composer«, in: The New Hungarian Quarterly 28 (1987), H. 108, S. 201–210; 29 (1988), H. 109, S. 217–225; H. 111, S. 208–214. – Andreas Traub, »Lebensweg – Schaffensweg«, in: Sándor Veress. Festschrift zum 80. Geburtstag, hrsg. von Andreas Traub, Berlin 1986, S. 22–97. — 2 Ich danke Balázs Mikusi für seine Unterstützung bei der Sichtung der Neuzugänge zu den Veress-Beständen des OSZK, Erzsébet Nagy für die Übersetzung einer Reihe amtlicher Dokumente aus dieser Sammlung sowie Anton Zwolenszky, der mich bei Recherchen im MNL unterstützt und das zentrale Dokument der Akte Veress-Ortutay übersetzt hat, herzlich. – Bei den neu aufgetauchten Korrespondenzbeständen der Sammlung Sándor Veress der Paul Sacher Stiftung (PSS, SSV) handelt es sich um den Rom-Budapest-Briefwechsel zwischen Sándor Veress (SV) und Enid Blake (EB) bzw. Enid Veress (EV) aus den Jahren 1940–42, in dem allein 39 umfangreiche Briefe von der Hand des Komponisten zum Vorschein gekommen sind. — 3 Das verlagsseitige Angebot, von dem Veress nicht Gebrauch machte, bestand in einem auf den 6.7.1939 unterschriftsreif datierten Generalvertrag, der 17 Partituren aus seiner bisherigen Produktion integriert hätte. Vgl. die Vertragsdokumente in der Sammlung Sándor Veress der Paul Sacher Stiftung Basel (PSS, SSV). – Zu den musikpädagogischen Bezügen des London-Aufenthalts siehe Dagmar Schmidt-Wehinger, »Formale Strategien als Quelle musikalischen Ausdrucks in den Sonatinen für Kinder (1932–35). Sándor Veress als Musikpädagoge«, im vorliegenden Band, S. 81. — 4 Andreas Traub, »Emigration nach Utopia. Briefe von Sándor Veress an Béla Bartók«, in: dissonanz/dissonance 96 (2006), S. 23, sowie »Verlust und Utopie. Bemerkungen zum Lebens- und Schaffensweg von Sándor Veress«, in: Sándor Veress. Komponist – Lehrer – Forscher, hrsg. von Doris Lanz und Anselm Gerhard, Kassel et al. 2008, S. 77–87. — 5 Zur zentralen Bedeutung dieses normativen Konzepts für das in der Kodály-Schule vorherrschende Verständnis von Musikpädagogik und Musikästhetik siehe Anton Zwolenszky, Zoltán Kodály und das Phänomen der ungarischen Musikerziehung, Bern et al. 2013, S. 526–528. — 6 Materiell warf diese Stelle freilich bestenfalls ein Junggesellen-Existenzminimum ab: »It was called an ÁDOB job ([…] National Committee for Jobless Graduates).« (Bónis, »Three Days with Sándor Veress the Composer, Part II« [Anm. 1], H. 109, S. 221). — 7 Andreas Traub, »Ein verlorenes Werk. Die Erste Sinfonie von Sándor Veress«, in: Die Musikforschung 53 (2000), S. 288–294, sowie Peter Laki, »Eine ›japanische‹ Episode in der 1. Sinfonie (1940) von Sándor Veress?«, im vorliegenden Band, S. 99. — 8 Max Uwe Stieren, »Aurél M. Milloss und Sándor Veress«, in: Traub (Hrsg.), Sándor Veress. Festschrift zum 80. Geburtstag (Anm. 1), S. 197 f. — 9 SV an Alfred Schlee, Budapest, 18.10.1940 sowie SV an EB, Rom, 25.11.1940 (PSS, SSV). — 10 SV an EB, Rom, 8.12.1940 (PSS, SSV). — 11 Diese Institution war 1928 auf Initiative des Ministerpräsidenten István Bethlen und seines Unterrichtsministers Kuno v. Klebelsberg im Palazzo Falconieri an der Via Giulia 1 gegründet worden, um die ungarische Jugend in wissenschaftlichen und künstlerischen Belangen zu fördern (Accademia d’Ungheria in Roma [Hrsg.], Palazzo Falconieri. Sede dell’Accademia d’Ungheria in Roma, Rom o. J., S. 3–5). – Kulturpolitische Initiativen dieser Art – italienischerseits gehörten die Scuole Italiane in Ungheria der Società Dante Alighieri dazu, an deren Budapester Filiale der junge Sándor Veress 1927 ein Diploma di primo grado erwarb (OSZK, Slg. SV) – dokumentieren den im Laufe der Zwischenkriegszeit stetig enger werdenden Schulterschluss zwischen Horthys Ungarn und Mussolinis Italien, der am 5.4.1927 mit einem Abkommen über Freundschaft und Zusammenarbeit seinen staatsvertraglichen Anfang nahm (Jörg K. Hoensch, Geschichte Ungarns 1867–1983, Stuttgart et al. 1984, S. 119–127). — 12 Sándor Veress, Az Orsz. Ösztöndijtanács tek. Igazgatóságának, Budapest 2.6.1943 (PSS, SSV). — 13 SV an EB, Rom, 8.12.1940 (PSS, SSV). – Bestätigung des Religions- und Unterrichtsministeriums vom 21.11.1940 (OSZK, Slg. SV). — 14 SV an EB, ebd. Veress schreibt aus Rom entweder auf dem normalen Postweg auf Deutsch, wo er mit Zensuröffnung rechnen muss, oder aber auf Englisch, wenn er den Brief einem offiziellen Kurier des Collegiums oder einem zuverlässigen Bekannten, der zurück nach Budapest reist, mitgeben kann. – Mit der Hunfalvy utca (Nr. 4) ist die familiäre Drei-Generationen-Hausgemeinschaft an der Budaer Adresse dieses Namens gemeint, die in der Korrespondenz regelmäßig als psychologisch kompliziert und insbesondere akustisch störungsintensiv beklagt wird. — 15 Bestätigung des Religions- und Unterrichtsministeriums vom 22.7.1941 (OSZK, Slg. SV). — 16 SV an Enid Veress (EV), Rom, 2.4.1942 (PSS, SSV). – La Biennale di Venezia, Festival Internazionale di Musica Contemporanea. I programmi 1930–1972, S. 30, online unter: http://www-5.unipv.it/girardi/2015_DM1/1930-1972_BiennaleMusica.pdf [letzter Zugriff: 20.1.2021]. — 17 Es handelte sich ursprünglich um ein Sacre-Projekt, das von den ungarischen Behörden aber aus politischen Gründen abgeblockt wurde: SV an EV, Rom, 17.4.1942 (PSS, SSV). — 18 Zum Werk und seiner Aufführungsgeschichte siehe Andreas Traub, »Sándor Veress, Térszili Katicza (1941–1942)«, in: Festschrift für Jürgen Maehder zum 70. Geburtstag, hrsg. von Peter Ross et al., Bern 2021 (in Vorb.). — 19 Umberto Eco, Der ewige Faschismus, München 2020 (Eternal Fascism, New York 1995), S. 22, 25. – Farinacci und Bottai, Faschisten der ersten Stunde, amteten in den späten 1930er Jahren beide in Regierungsfunktionen, Ersterer als Staats-, Letzterer als Erziehungsminister. — 20 Harvey Sachs, Music in Fascist Italy, London 1987, S. 139–147, insb. S. 141 f. — 21 Paradoxerweise war Italien bis ca. 1937 ein Zufluchtsort verfolgter europäischer Juden. Dies nicht etwa aus dem Grund, dass der italienische Faschismus per se nicht rassistisch gewesen wäre: Im Gegenteil nahm er schon während des Libyenkrieges ab 1922, später im Rechtfertigungskontext des Abessinienkrieges ab 1935 eine aggressiv antiarabische bzw. antiafrikanische Prägung an – mit schrecklichen Folgen für die indigenen Bevölkerungen. Antisemitisch wurde er jedoch erst ab den – wesentlich von Farinacci mitinspirierten – leggi razziali vom Herbst 1938: Damit wurden nun ganz explizit jüdische Schüler und Studenten, Angehörige des Lehrkörpers, Journalisten, Intellektuelle, Künstler, Beamte, Freiberufler sowie Unternehmer aus allen Institutionen des faschistischen Staates ausgeschlossen bzw. mit Berufsverboten belegt, allerdings bis zu Mussolinis Sturz im Juli 1943 und Re-Installierung als Staatsoberhaupt der Italienischen Sozialrepublik durch die Deutschen im September 1943 wenigstens nicht systematisch an Leib und Leben bedroht (Wolfgang Schieder, Der italienische Faschismus, München 2010, S. 58–65, 100–106). – In Ungarn gab es rassistische Gesetze – z. B. einen Numerus clausus für Hochschulen – bereits seit 1920. Ab Mitte der 1930er Jahre bahnten sich auf gesetzgeberischer Ebene gesellschaftlich ausgeweitete Analoga an, die 1938/39, vergleichbar mit Italien, parlamentarisch verabschiedet wurden (Hoensch, Geschichte Ungarns 1867–1983 [Anm. 11], S. 136–142). — 22 Im Brief vom 18.5.1942 aus Rom an EV findet sich allerdings im Kontext eines zu beschaffenden Ariernachweises für Enid Veress ein deutlicher Betroffenheitsreflex: »It’s just like they (die rassistischen Inspiratoren rassistischer Gesetze, Anm. CV) are and I’m really sick of these things.« (PSS, SSV). — 23 Schieder, Der italienische Faschismus (Anm. 21), S. 76–83. – Man denke in diesem Zusammenhang auch an Projekte wie das EUR (Esposizione Universale die Roma), an dem bis 1942 gearbeitet wurde. — 24 Näheres dazu bei Traub, »Lebensweg – Schaffensweg« (Anm. 1), S. 63–65. — 25 SV an EV, Rom, 29.6.1942 (PSS, SSV): »I wrote you more than once about my belief and conviction, that in the new, post-war Europe Italy will be the leading nation in all cultural and artistic things. (…) The high standard of music, the(i)r seriousness and aim to give the best, the(i)r interest in modern music and the richness of the programs of concerts and theatres as well as the(i)r healthy internationalism which doesn’t look (at) anything else but the quality of art (…) gives the best hopes to these people(). I must say that I begin to be more and more a citizen of Europe than of one country, which doesn’t mean that I don’t like Hungary, but I certainly dislike Budapest and that awful spirit, which kills there every sound artistic movement. I can think to live my life in Roma or in London just as happily as other (H)ungarians can only think to live in Budapest.« — 26 SV an EV, Rom, 28.4.1942 (PSS, SSV): »(…) an excellent piece (…) which I enjoyed even more than the Bartók (…).« – Gemeint sein könnten die Sei cori di Michelangelo Buonarroti il giovane, seconda serie von 1934/35, vgl. online unter: https://www.flaminioonline.it/Biografie/Dallapiccola-catalogo-diviso.html [letzter Zugriff: 20.1.2021]. — 27 SV an Alfred Schlee, Rom, 7.5.1942 (PSS, SSV). – Mit Schlee stand Veress seit 1940 in regelmäßiger Verbindung. Die UE brachte im Laufe der 1940er Jahre den Ungarischen Werbetanz und die Wunderschalmei heraus, darüber hinaus kam es aber nicht zu einer dauerhaften Kooperation. – Im Brief vom 21.6.1942 aus Rom an seine Frau (PSS, SSV) macht Veress eine Andeutung (»I don’t like […] the Universal for certain reasons«), in die man einen politischen Vorbehalt hineinlesen kann, dessen nähere Ausführung aber – vermutlich aus Vorsicht vor möglicher Zensuröffnung – unterbleibt. — 28 Hartmut Krones/Therese Muxeneder (Hrsg.), Luigi Dallapiccola, die Wiener Schule und Wien, Wien et al. 2013, S. 34–36. — 29 Briefliche Mitteilung an den Vf., 21.8.2020. — 30 Wegweisend für Veress waren in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre, noch in Budapest, Gespräche mit seinem Schüler György Ligeti sowie nach der Emigration, 1951, mit Fritz Büchtger in München. — 31 Zu den politischen Physiognomien Petrassis und Dallapiccolas siehe Jürg Stenzl, Von Giacomo Puccini zu Luigi Nono. Italienische Musik 1922–1952: Faschismus – Resistenza – Republik, Buren 1990, S. 139–162. »(…) ihr Weg durch die beiden faschistischen Jahrzehnte zeigt (…) auffallende Übereinstimmungen. Die fraglos bedeutungsvollste besteht darin, dass beide – wenn auch wiederum auf unterschiedliche Weise – von einem bestimmten Zeitpunkt an einen Bruch mit dem Faschismus auskomponiert haben, dass sie versucht haben, so aufrecht es eben ging, durch das Ende der finsteren Zeit zu gehen.« (S. 139). – Dank an Doris Lanz für diesen Hinweis. — 32 SV an EV, Rom, 5.4.1942 (PSS, SSV). — 33 Sándor Veress, Az Orsz. Ösztöndijtanács tek. Igazgatóságának (Anm. 12), S. 2. — 34 Friedrich Schiller, Über naive und sentimentalische Dichtung, Tübingen 1795. — 35 SV an EV, Rom, 17.4.1942 (PSS, SSV). – Heinz Holliger erinnert sich einer späteren Äußerung Petrassis: »Siamo stati amici!«. Mündliche Mitteilung an den Vf., August 2020. — 36 SV an EV, Rom, 27.6.1942 (PSS, SSV): »I have some good news. It seems I am going to be published here in Milano by a very good publisher who is interested very much in the music of our times and has very nice editions of the modern (I)talian composers like Dallapiccola, Petrassi, Malipiero, etc. He knew my name, but it’s actually Petrassi who drove his attention to the fact that I am not published yet and I saw him here in Rome.« – Konkret dürfte Veress mit Ladislao (László) Sugar und/oder Paolo Giordani von ESZ verhandelt haben. — 37 http://archiviostorico.operaroma.it/edizione_opera/wozzeck-1942-stagione-di-opere-contemporanee/ [letzter Zugriff: 20.1.2021]. — 38 Sachs, Music in Fascist Italy (Anm. 20), S. 147. — 39 Traub, »Lebensweg – Schaffensweg« (Anm. 1), S. 42 f. — 40 Ebd., S. 30. — 41 SV an Alfred Schlee, Budapest, 6.12.1942 (PSS, SSV). — 42 Hoensch, Geschichte Ungarns 1867–1983 (Anm. 11), S. 143–180. – Bei der MKP des Jahres 1945 handelte es sich um eine 17 %-Partei – d. h. eine unter zahlreichen anderen politischen Kräften –, die sich während der ersten beiden ungarischen Nachkriegsjahre, der sog. Koalitionsperiode, an die Spielregeln demokratisch legitimierter Machtteilung in wechselnden Koalitionsregierungen hielt. — 43 Zurzeit ist unklar, was im Budapester Nationalarchiv dazu aufbewahrt wird. – Insbesondere wäre es interessant, Hinweise über mögliche Verbindungen Veress’ zur (nicht im engeren Sinne parteipolitisch definierten, aber klar antinazistisch positionierten) Ungarischen Unabhängigkeitsbewegung (MFM) der Jahre 1941–44 zu finden. Veress macht in der weiter unten beleuchteten Konfession von 1955 Aussagen, die die Hypothese solcher Kontakte zu stützen scheinen. Mindestens mit einer zentralen Figur der seinerzeitigen Bewegung, Géza Soós, stand er ab 1951 tatsächlich in brieflichem Austausch. Zum Ganzen siehe Nóra Szekér, Die Ungarische Unabhängigkeitsbewegung (MFM) in Konfrontation mit Nazismus und Kommunismus, unveröff. Ms. 2020. — 44 Exemplarisch etwa: SUISA-Stiftung für Musik (Hrsg.), Schweizer Komponisten unserer Zeit, Winterthur 1993, S. 414–416. — 45 Zum Folgenden siehe Rachel Beckles Willson, »Letters to America«, in: Centre and Periphery, Roots and Exile. Interpreting the Music of István Anhalt, György Kurtág, and Sándor Veress, hrsg. von Friedemann Sallis, Robin Elliott, Kenneth Delong, Waterloo (Ontario) 2011, S. 129–173, sowie Claudio Veress, »Komponieren im Zeichen skeptischer Parteilichkeit. Der Film ›Talpalatnyi föld‹ im Kontext der letzten ungarischen Jahre von Sándor Veress«, in: Lanz/Gerhard (Hrsg.), Sándor Veress. Komponist – Lehrer – Forscher (Anm. 4), S. 36–76. Der erstgenannte Aufsatz integriert in einem Appendix vollständige Faksimiles der zweiten und dritten Überarbeitungsstufe der im Folgenden beleuchteten Konfession. — 46 Im Folgenden als Exposé USA zitiert (PSS, SSV, Ordner »USA/Antrag zur Immigration«). — 47 https://de.wikipedia.org/wiki/Komitee_für_unamerikanische_Umtriebe [letzter Zugriff: 20.1.2021]. — 48 István Borsody an SV, Pittsburgh, 31.7.1949 (PSS, SSV). — 49 István Borsody an SV, o.O., 3.8.1949 (PSS, SSV). — 50 Beckles Willson, »Letters to America« (Anm. 45), S. 132–135. — 51 »I made numerous collections of Folk Music in Hungarian as well as R(o)manian villages and these journeys and studies brought me very near to the social problems of the peasantry with the inevitable consequences that I got in close contact with those democratic youth movements in Hungary (generally called ›The Village Explorers‹) who fought for the rights of the peasantry and for a democratic land reform.« (Exposé USA [Endfassung], S. 2, PSS, SSV). — 52 Zur ungarischen Dorfforscher-Bewegung der 1930er Jahre siehe Rachel Beckles Willson, »Veress and the Steam Locomotive in 1948«, in: Lanz/Gerhard (Hrsg.), Sándor Veress. Komponist – Lehrer – Forscher (Anm. 4), S. 23 f. – Spezifisch zum modellhaft integralen Forschungsprojekt Dudar des Londoner Institute of Sociology von 1937, zu dem Veress die Phonografien und Transkriptionen von 43 Melodien beisteuerte: Gyula Lencsés, Angolok a Bakonyban. Az Institute of Sociology 1937-es dudari falukutatásának története és dokumentumai, Budapest – Veszprém 2019. — 53 János M. Rainer, Imre Nagy. Vom Parteisoldaten zum Märtyrer des ungarischen Volksaufstands, Paderborn – Zürich 2006, S. 60–63. — 54 SV an Paul Sacher, Bern, 14.5.1950 (PSS, SSV). – Der 14 (!) handschriftliche Seiten umfassende Brief, in mancher Hinsicht ein frühes, authentischeres Modell der offiziellen Konfession von 1952/55 und einlässlicherer Kommentierung unbedingt wert, antwortet auf die seitens Sachers unterm 8.5.1950 direkt gestellte, durch Mitteilungen eines ungenannten Dritten provozierte Frage, wie es sich mit Veress’ MKP-Mitgliedschaft genau verhalten habe. Der Beginn von Sachers Antwort auf Veress’ »erschöpfende Antwort« (Sacher) signalisiert Verständnis: »Es ist heute kaum noch vorstellbar, dass man sich durch den Beitritt zur K. P. je etwas Gutes versprechen konnte. Aber Sie haben recht, 1945 ist nicht 1950.« (Paul Sacher an SV, Pratteln, 18.5.1950 [PSS, SPS]). – Dank an Heidy Zimmermann für die Freilegung dieser wichtigen Spur. — 55 Claudio Veress, »Komponieren im Zeichen skeptischer Parteilichkeit. Der Film ›Talpalatnyi föld‹ im Kontext der letzten ungarischen Jahre von Sándor Veress« (Anm. 45), S. 45–76, sowie Peter Laki, »Ein Dauphin im Exil. Anmerkungen zum Lebenslauf von Sándor Veress«, im vorliegenden Band, S. 53. — 56 Eine Auswahl von 5 Briefen (aus insgesamt 39) Veress’ an seine Frau ist dokumentiert und kommentiert in: Andreas Traub/Claudio Veress, »Sándor Veress 1947 in England. Briefe an seine Frau«, in: Lanz/Gerhard (Hrsg.), Sándor Veress, Komponist – Lehrer – Forscher (Anm. 4), S. 206–222. — 57 Der Nachlass István Borsodys liegt im Institute of Advanced Studies, Kőszeg (iASK). Nach Auskunft von Péter Murányi beginnt der Briefwechsel zwischen Veress und Borsody, aus dem der Pittsburgh-Plan von 1948 hervorging, bereits im Sommer 1946. Die Kenntnis dieser frühen Korrespondenz könnte unser Bild des kritischen Jahres 1946 präzisieren helfen. — 58 Bestätigung des British Council vom 26.8.1946 (MNL Budapest, Akte 95.020/1946 des Religions- und Unterrichtsministeriums). — 59 SV an EV, London, 6.3.1947 u. ö. (PSS, SSV). — 60 SV an EV, London, 6.3., Llangollen, 19.3., London, 22.3., London, 2.5.1947 (PSS, SSV). – Sogar Edizioni Suvini Zerboni war trotz der positiven Perspektiven von 1942 in den Hintergrund getreten, nachdem Veress 1945 im Budapester Verlag Cserépfalvy und dessen spiritus rector Miklós Weisz einen engagierten Partner gefunden hatte, in den er im heimatlichen Kontext (noch) große Hoffnungen setzte. — 61 SV an EV, London, 27.2.1947 (PSS, SSV): »(…) after this (I) leave England, unless something happens in between, which I do hope does«. — 62 Zwolenszky, Zoltán Kodály und das Phänomen der ungarischen Musikerziehung (Anm. 5), S. 182–184, 340–344. – Ferenc Nagy selbst wurde Ende Mai aus seinem Amt gedrängt und faktisch ins Exil gezwungen, nachdem die Kommunisten bereits im Februar eine Serie von Schauprozessen gegen Mitglieder der revisionistischer Umsturzpläne bezichtigten Ungarischen Gemeinschaft (Magyar Közösség) angestrengt und in diesem Zusammenhang auch gegen angeblich in diese Verschwörung verwickelte Exponenten der Kleinlandwirtepartei vorgegangen waren. Die Ereignisse des Frühjahrs 1947 werden deshalb unter Zeithistorikern als erster sichtbarer Schritt der berüchtigten »Salamitaktik« Mátyás Rákosis, des Generalsekretärs der MKP, hin zur stalinistischen Einparteiendiktatur gewertet (Szekér, Die Ungarische Unabhängigkeitsbewegung [MFM] in Konfrontation mit Nazismus und Kommunismus [Anm. 43]). — 63 SV an Béla Bartók, London, 18.6.1939 (Typoskript-Abschrift, PSS, SSV). — 64 SV an Gyula Ortutay, London, 28.3.1947 (dt. Übersetzung: Anton Zwolenszky): »38 óta magyarázom otthon, hogy semmi sem olyan fontos a szellemi Magyarország számára, mint azoknak a lehetőségeknek kiaknázása, amit az új magyar zene nemzetközi súlya, visszhangja magában rejt. A kellő pillanat ma eme itt van és nagy hiba volna elszalasztani, mert nem biztos, hogy még egyszer adódik egy ilyen szerencsés konstelláció, amikor kereslet és kínálat, nemzetközi helyzetünk, a felénk forduló figyelem, az otthoni egészséges művészeti élet, sok új kezdeményezés, megfelelő emberek megfelelő posztokon és az itteni éhes érdeklődés és rezonálóképes vezetőemberek igy találkoznak. Te elég friss és flexibilis vagy ennek átlátására. Kérdem tehát, akarsz-e nekem egy-két évi megbízatást adni, hogy ezt a posztot itt kiépítsem és tartsam. A szerencsés konstelláció nálam is adva van, mert immár 12 éve, hogy előszőr hallottak rólam itt, kapcsolataim régiek és barátiak és ami fontos, lassan épültek ki és nem propaganda által, tehát őszinték és meggyőzők. Ügyetlen, ›hivatásos‹ kultúrattasék pedig ezt a munkát sehol nem végzik el. Tudom, hogy otthon is szükség van a munkámra. Magamnak is százféle elvégezni valóm van odahaza. De mégis az az érzésem, a fentebb vázolt szerencsés csillagkép folytán most itt többet tehetnék Magyarországnak, mint otthon, ahol végeredményben az akadémiai munkát épp oly jól elvégzik helyetteseim, míg viszont ez itt személyemhez kötött. A vasat pedig most kellene ütni, amíg meleg.« (MNL Budapest, Akten 59.163/1947.IV.10 und 59.165/1947.IV.11. des Ungarischen Religions- und Unterrichtsministeriums). — 65 SV an EV, London, 6.5.1947 (PSS, SSV). — 66 Die Korrespondenz bricht nach dem 27.7.1947 ab. — 67 SV an EV, London, 15.5. und London, 11.6.1947 (PSS, SSV). — 68 SV an EV, London, 15.7.1947 (PSS, SSV). — 69 Thomas Gerlich, »Neuanfang in der ›Wahlheimat‹? Zu Sándor Veress’ Hommage à Paul Klee«, in: ›Entre Denges et Denezy …‹, Dokumente zur Schweizer Musikgeschichte 1900–2000, hrsg. von Ulrich Mosch in Zusammenarbeit mit Matthias Kassel, Mainz et al. 2000, S. 399–406. Ferner: Thomas Schacher, 75 Jahre Institut für Musikwissenschaft der Universität Bern 1921–1996, Bern 1996, S. 30–37. — 70 István Borsody an SV, Pittsburgh, 15.6.1949 (PSS, SSV). — 71 SV an Anna Müller-Widmann, Rom, 1.8.1949 (PSS, Fonds Annie Müller-Widmann). — 72 SV an einen ungenannten Adressaten der Universität Bern (Entwurf, Typoskript), (Rom,) 23.9.1949 (PPS, SSV). — 73 Ferenc Bónis, »Three Days with Sándor Veress the Composer, Part III« (Anm. 1), H. 111, S. 209. – Zum Rajk-Prozess: https://de.wikipedia.org/wiki/László_Rajk [letzter Zugriff: 20.1.2021]. — 74 SV an einen ungenannten Adressaten der Universität Bern (hs. Entwurf), Rom, 4.10.1949 (PSS, SSV). — 75 »érkezés Bernbe / Hotel Post e(t) France« (Archiv Claudio Veress).