Kitabı oku: «Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book)», sayfa 3

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Klassen führen

Im Nachhinein kann festgestellt werden (und ich habe das als Lehrer an der GIB Bern auch so erlebt): Die Reform von 1996 hat die Lehrpersonen bezüglich ihres Bildungsauftrages kompetenter gemacht. Sie haben eine pädagogisch-didaktische Sprache erworben und sind es nun gewohnt, teamorientiert zu arbeiten. Sie können über ihre Arbeit reden und sich professionell mit den Bildungspartnern austauschen.

Zu schaffen machte uns Lehrpersonen jedoch zunehmend die Heterogenität innerhalb der Klassen sowie die damit verbundene und verordnete Individualisierung. Dazu kamen Disziplinprobleme, auch wenn viele Lehrpersonen das gerne verschwiegen. Die Jugendlichen des 21. Jahrhunderts waren offener geworden, kritischer, konnten sich sehr direkt äussern. Das stellt für viele eine Schwierigkeit dar. Das Buch «Klassenführung» traf im Jahre 2007 deshalb genau den Puls der Zeit und bleibt bis heute topaktuell. Nebst den erwähnten Fakten kamen ab 2010 mit dem Siegeszug der Smartphones und der Digitalisierung zudem neue Herausforderungen auf Lehrpersonen und Schulen zu. Dadurch wurde das Thema Klassenführung noch wichtiger.


«Klassenführung» (3. Auflage 2013).

Im Untertitel orientieren sich die Autoren an drei zentralen Prinzipien, die als Basis oder Grundpfeiler guten Unterrichts bezeichnet werden können: «Freude, Struktur und Gelassenheit». Freude bedeutet angenehmer Umgang mit Menschen, Freude überträgt sich auf die Lernenden, auf die Umwelt. Struktur heisst gut geplanter und durchgeführter Unterricht und Gelassenheit meint, die innere Ruhe zu behalten, in schwierigen Situationen cool zu bleiben, die Fassung zu bewahren.

Der Aufbau des Buches ist genial, fast wie bei Betty Bossy. Jedes der zehn Kapitel von «Einstiegssituationen bewusst gestalten» bis «Wie aus Einzelkämpfern ein Team von Lehrpersonen wird» ist gleich aufgebaut:

– So wird’s gemacht,

– Deshalb gelingt’s,

– Tipps für den Unterricht.


Brücken verbinden – die Motorradreise 2015 führte uns zur berühmten Brücke über den Fluss Neretwa nach Mostar, 1993 im Bosnienkrieg zerstört – dann mit Unterstützung der UNESCO wieder aufgebaut und 2004 eingeweiht.

Fünf Phasen guten Unterrichts

Nach der Rückbesinnung auf das Kerngeschäft, auf das Führen einer Klasse und das Prüfen und Bewerten, folgte 2010 der logische nächste Schritt der Christoph Städeli’schen Pädagogik und Didaktik.


«Kompetenzorientiert unterrichten – Das AVIVA©-Modell» (2. Auflage 2013).

Im Band «Kompetenzorientiert unterrichten» geht es um wirkungsvollen Unterricht, um konsequente Handlungsorientierung, um die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen, um die Fähigkeit, sich ständig auf neue Herausforderungen einzulassen – und auch um autonomes, selbstgesteuertes Lernen.


Die Phasen von kompetenzorientiertem Unterricht nach dem AVIVA©-Modell, schematisch (Städeli, Grassi, Rhiner, & Obrist, 2013, S. 17).

Herzstück ist das AVIVA-Modell, das sich mittlerweile auch international durchgesetzt hat. Letztes Jahr ist deshalb eine Kurzfassung in Englisch erschienen. Ein Weltstar unter den Pädagogen hat in dieser Fassung das Vorwort geschrieben: John Hattie, Laureate Professor an der Melbourne Graduate School of Education und Chair of the Board des Australian Institute for Teaching and School Leadership. Das sagt etwas über die Bedeutung dieses Werks!


«The AVIVA model» (2020).

Erste Schritte als Lehrperson

Eines meiner Lieblingsbücher ist aber ein auf den ersten Blick eher unspektakuläres Werk: «Didaktik für den Unterrichtalltag» von Christoph Städeli und Andreas Grassi, erschienen 2012. Aus meiner Sicht müsste es ein Bestseller sein, gibt es doch Einsteigerinnen und Einsteigern in den Lehrberuf ganz konkrete Tipps: von der Bewältigung des ersten Schultags über die Quartal- und Semesterplanung bis zum Finden eines guten Abschlusses. Konkrete Instrumente erleichtern den angehenden Lehrpersonen zudem den Unterrichtsalltag.


Klassenregeln – ein Beispiel (Städeli & Grassi, 2012, S. 33).

Das Vorwort verfasste der bekannte Unterrichtswissenschaftler Prof. Dr. Hansjörg Neubert von der Freien Universität Berlin, der 2017 im Alter von 75 Jahren gestorben ist. Er bringt es auf den Punkt: «Es ist eine ‹Didaktik› zum Anfassen, die in diesem Buch vorliegt, und diejenigen, die sie als Ratgeber nutzen, werden gut gewappnet, sicherer und wohl auch mutiger in den Unterricht gehen».


Sechs Anforderungen an eine Lehrperson (Städeli & Grassi, 2012, S. 39).

Kerngeschäft Unterricht – der Relaunch

Bis weit in die Siebziger- und Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts herrschte die Meinung, vor allem bewährte Primar- respektive Volksschullehrer (es gab damals praktisch noch keine Berufsschullehrerinnen!) seien am besten dazu geeignet, Allgemeinbildung zu unterrichten. Sie würden das Anspruchsniveau ihrer Zielgruppe aus ihrer Unterrichtserfahrung am besten kennen. So wurde in etwa argumentiert – und deshalb absolvierten während vieler Jahre vor allem Personen mit diesem beruflichen, in der Regel seminaristischen Hintergrund die einjährigen BIGA-Jahreskurse für Geschäftskundelehrer und ab 1972 den vollzeitlichen zweijährigen Studiengang zu Berufsschullehrern allgemeinbildender Richtung mit einem eidgenössischen Diplom am Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (SIBP). Mit der Einführung des neuen Bundesgesetzes im Jahre 2002 endete das Monopol des SIBP. Seither bilden auch andere Institutionen Berufsschullehrpersonen aus, insbesondere die PH Zürich mit Prof. Dr. Christoph Städeli als Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung. Und es waren und sind heute zunehmend Leute mit einem Lizenziat respektive Master-Diplom und einem wissenschaftlichen Hintergrund, die das Studium zur Berufsfachschullehrperson absolvieren. Diese geänderte Zielgruppe gilt es heute auszubilden und dazu braucht es geeignete Fachliteratur. Höchste Zeit also, die bewährten Werke «Kerngeschäft Unterricht» komplett zu überarbeiten und neu aufzulegen. «Leader» Christoph Städeli übernahm diese Aufgabe mit einem neuen Autorenteam. Wie bei der 1. Auflage 2003 sind das Credo und die Devise klar: «Back to the roots.» Das Augenmerk gilt es auf den eigentlichen Zweck der Schule – den real stattfindenden Unterricht – zu richten!

Die Titel und Untertitel der einzelnen Werke geben klare und professionelle Antworten und zeigen auf, worum es geht:


Die neue Reihe «Kerngeschäft Unterricht».

Wie bisher richtet sich die Reihe an angehende Lehrerinnen und Lehrer; die drei Werke sind aber auch Pflichtlektüre für «gestandene» Lehrpersonen, die sich auf der ewigen Suche nach einem «guten Unterricht» und einer «guten Schule» wieder «aufdatieren» wollen – oder aber alte Pfade verlassen und neue Wege gehen möchten.


«Route des Grandes Alpes» – über die Berge bis nach Nizza ans Meer – der Traum jedes Motorradfahrers.

Der Schritt in die Zukunft

Am letzten Schritt der Christoph Städeli’schen Pädagogik und Didaktik hat er nicht mehr selbst aktiv als Autor mitgearbeitet. Als Leiter der Abteilung hat er aber das Werk initiiert:


«Ausbilden nach 4K» (2018).

«Seine» Dozierenden haben das zukunftsweisende Werk «Ausbilden nach 4K» geschrieben, die Professoren und Doktoren Claudio Caduff und Manfred Pfiffner zusammen mit Saskia Sterel.

Das 4K-Modell beinhaltet die folgenden Aspekte:

– Kooperation,

– Kommunikation,

– Kreativität und Innovation und

– kritisches Denken und Problemlösen.

«Das sind genau jene Kompetenzen, die ein Mensch im 21. Jahrhundert braucht, um einerseits in der Gesellschaft bestehen und andererseits diese mitgestalten zu können – in seinen verschiedenen Identitäten und Rollen», schreibt Prof. Dr. Rita Süssmuth, Vorstandpräsidentin von EDUCATION Y und ehemalige Familienministerin und Bundestagspräsidentin, im Vorwort.

Für die PH Zürich ist 4K noch viel mehr, nämlich die Basis eines Studiengangs, in dem Berufskunde- und ABU-Lehrpersonen gemeinsam ausgebildet werden.

Das hep-Team dankt für die langjährige sehr gute Zusammenarbeit mit der PH Zürich und freut sich auf weitere wegweisende Werke, die wir – auch mit der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung – entwickeln und publizieren dürfen. Darauf werden wir auf der nächsten Reise bestimmt anstossen!


Literatur

Bloom, B. S. (Hrsg.) (1976). Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich (5. Auflage). Weinheim und Basel: Beltz

Obrist, W., & Städeli, Ch. (2001). Wer lehrt, prüft. Aktuelle Prüfungsformen konkret. Bern: hep.

Obrist, W., & Städeli, Ch. (2010). Prüfen und Bewerten in Schule und Betrieb. Bern: hep.

Obrist, W., & Städeli, Ch. (2013). Kerngeschäft Unterricht. Ein Leitfaden für die Praxis (4. Auflage). Bern: hep.

Städeli, Ch., & Caduff, C. (2019). Unterrichten. Ein Leitfaden für die Praxis. Kerngeschäft Unterricht 1. Bern: hep.

Städeli, Ch., & Grassi, A. (2012). Didaktik für den Unterrichtsalltag. Ein Praxisbuch für Einsteigerinnen und Einsteiger. Bern: hep.

Städeli, Ch., Grassi, A., Rhiner, K., & Obrist, W. (2013). Kompetenzorientiert unterrichten – Das AVIVA©-Modell. Fünf Phasen guten Unterrichts (2. Auflage). Bern: hep.

Städeli, Ch., Obrist, W., Grassi, A. (2013). Klassenführung. Unterrichten mit Freude, Struktur und Gelassenheit (3. Auflage). Bern: hep.

Städeli, Ch., & Pfiffner, M. (2018). Prüfen. Was es zu beachten gilt. Kerngeschäft Unterricht 3. Bern: hep.

Städeli, Ch., Pfiffner, M., Sterel, S., & Caduff, C. (2019). Klassen Führen. Mit Freude, Struktur und Gelassenheit. Kerngeschäft Unterricht 2. Bern: hep.

Sterel, S., Pfiffner, M., & Caduff, C. (2018). Ausbilden nach 4K. Ein Bildungsschritt in die Zukunft. Bern: hep.

[1] Vgl. Bloom, B. S. (Hrsg.). (1976). Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich (5. Auflage.). Weinheim und Basel: Beltz.

Die Rolle der Berufsfachschulen in der Berufsbildung und Kompetenzorientierung

Josef Widmer
Herausforderungen als Positionierungschance nutzen

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen stellen die Schweizer Berufsbildung und ihre Akteure immer wieder vor neue Herausforderungen. Aktuell sind es hauptsächlich die digitale Transformation, aber auch die Heterogenität der Lernenden und die Umsetzung der Handlungskompetenzorientierung. Als einer von drei Lernorten nehmen die Berufsfachschulen traditionell eine wichtige Position im Berufsbildungssystem ein. Diese Ausgangslage können sie nutzen, um ihre Rolle weiter zu stärken – indem sie die Herausforderungen als Chance sehen und darauf proaktiv mit eigenständigen Profilen und innovativen Bildungskonzepten reagieren. Seitens des Bundes wird – unter anderem mit neuen Dialogforen – gewährleistet, dass ihre Expertise national auf fachlich-operativer Ebene einbezogen wird.

Einleitung

Wie bleibt die Schweizer Berufsbildung zukunftsfähig? Wie muss sie gestaltet werden und welche Voraussetzungen sind nötig, um in einer Welt des konstanten (und immer rascheren) Wandels nicht nur reaktiv Anpassungen vorzunehmen, sondern so weit wie möglich antizipatorisch die richtigen Weichen zu stellen und in Bezug auf Angebot und Struktur flexibel zu bleiben?

Diese Fragen sind für die Berufsbildung natürlich nicht neu. Vielmehr lag und liegt in einer adäquaten Beantwortung seit jeher der Schlüssel zu ihrem Erfolg. Schliesslich bewegt sich die Berufsbildung stets im Spannungsfeld wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen. Und es sind die Lernenden von heute, die den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft von morgen mitgestalten. Entsprechend müssen Antworten immer von zwei Seiten her gefunden werden: mit Blick auf die Arbeitsmarktbefähigung und auf die gesellschaftliche Teilhabe.

Welche Rolle kommt nun den Berufsfachschulen zu, wenn es um eine zukunftsweisende Ausgestaltung der Berufsbildung geht? Einer Berufsbildung, die die Lernenden dazu befähigt, im Arbeitsleben Fuss zu fassen, sich weiterzuentwickeln und ihre Zukunft aktiv zu gestalten – in einer Welt, in der angesichts technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen neben berufsspezifischen Fähigkeiten auch immer mehr übergreifende, transversale Kompetenzen gefragt sind?

Um diese Frage aus der Sicht des Bundes zu beantworten, möchte ich zunächst einen Blick zurück auf die Entwicklung der Berufsbildung und dann nach vorne auf die wichtigsten Herausforderungen werfen, mit denen sich das System als Ganzes, aber besonders die Bildungsinstitutionen konfrontiert sehen. Ich bin überzeugt, dass für die Berufsfachschulen in der Art und Weise, wie sie sich diesen Herausforderungen stellen, die grösste Chance liegt, ihre Position im Berufsbildungssystem zu stärken. Der Bund trägt seinerseits mit geeigneten Massnahmen dazu bei, die Schulen bei Umsetzungsfragen angemessen miteinzubeziehen. Letztlich kann die Frage jedoch nicht losgelöst von einer Gesamtsicht auf das Berufsbildungssystem und die verbundpartnerschaftlichen Aufgaben beantwortet werden. Auch dies soll Teil der Betrachtung sein.

Traditionell wichtige Rolle in der Bildung der Lernenden

Als Lernort nehmen die Berufsfachschulen mehrere wichtige Funktionen ein. Pahl (2009) definiert diese in Abgrenzung zu allgemeinbildenden Schulen und auf der Grundlage gängiger Funktionsmodelle wie folgt:

– berufliche Ausbildungs- und Qualifizierungsfunktion,

– Erziehungs- und Sozialisationsfunktion (Einordnung in die Berufs- und Lebenswelt),

– Selektionsfunktion (Einstufung in das Ausbildungs- und Beschäftigungssystem),

– Allokationsfunktion (Bereitstellung von Fachkräften),

– Integrationsfunktion (unter Berücksichtigung der Bedingungen und Anforderungen der Wirtschaft),

– Kulturüberlieferungsfunktion (unter dem Anspruch der Berufs-, Allgemein- und Menschenbildung),

– Zuordnungsfunktion (an weiterführende Bildungsangebote und die Berufswelt),

– Versorgungsfunktion (für Abgängerinnen und Abgänger allgemeinbildender Schulen) (S. 523).

Die traditionell gewichtige Stellung, welche die Berufsfachschule damit in der Bildung der Lernenden einnimmt, ist allseits anerkannt und wurde auch im Rahmen der bundesgesetzlichen Arbeiten immer wieder unterstrichen. Bereits im ersten (1930 von den eidgenössischen Räten verabschiedeten) Berufsbildungsgesetz wurde der Lehrabschluss zwingend vom Besuch einer Berufsfachschule abhängig gemacht. In den nachfolgenden Revisionen wurde die Bedeutung des schulischen Teils der beruflichen Grundbildung wiederholt untermauert und präzisiert.[1] Neben der Vermittlung beruflichen Wissens und praktischer Lebenshilfen sollten die Berufsfachschulen insbesondere die Voraussetzung für lebenslanges Lernen und Höherqualifizierung schaffen.

1978 folgte der eigenständige Bildungsauftrag, der die Gleichwertigkeit gegenüber anderen Schultypen unterstrich und gemäss Bundesrat zum Ausdruck brachte, dass die Berufsfachschule «auch kein blosses Anhängsel an die praktische Ausbildung im Betrieb darstellt» (BBl 1977 I, S. 708). Mit dem 2004 in Kraft getretenen aktuellen Berufsbildungsgesetz (SR 412.10) wurde dieser Bildungsauftrag nochmals erweitert und geschärft. Gemäss Art. 21 Abs. 2 haben Berufsfachschulen:

– «die Entfaltung der Persönlichkeit und Sozialkompetenz der Lernenden durch die Vermittlung der theoretischen Grundlagen zur Berufsausübung und durch Allgemeinbildung zu fördern;

– die unterschiedlichen Begabungen zu berücksichtigen und mit speziellen Angeboten den Bedürfnissen besonders befähigter Personen und von Personen mit Lernschwierigkeiten Rechnung zu tragen;

– die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann sowie die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen durch entsprechende Bildungsangebote und -formen zu fördern».

Gerade das Berufsbildungsgesetz (BBG) von 2004 löste eine Welle der Modernisierung aus, die von allen Involvierten und nicht zuletzt von den Berufsfachschulen ein hohes Mass an Engagement erforderte: Reformarbeiten zu sämtlichen Ausbildungs- und Prüfungsreglementen, Einführung der zweijährigen beruflichen Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) und damit verbundene Unterstützungsangebote wie die fachkundige individuelle Begleitung sowie nachgelagert neue Erlasse zum Berufsmaturitäts- und allgemeinbildenden Unterricht.

Durch diese Anpassungen sahen sich die Berufsfachschulen mit neuen Anforderungen konfrontiert; in vielerlei Hinsicht war ein Umdenken nötig. Zwei Aspekte möchte ich an dieser Stelle besonders hervorheben, weil sie mit Blick auf die künftigen Herausforderungen aktuell bleiben: Erstens die Handlungskompetenzorientierung; denn wie in der Botschaft des Bundesrates zum Gesetzgebungsprozess festgehalten, sind die Berufsfachschulen dafür verantwortlich, «das situationsbezogene Erfahrungslernen in übergeordnete Zusammenhänge zu stellen, die für eine dauerhafte Orientierung wichtig sind» (BBl 2000, S. 5701). Und zweitens war schon damals klar, dass der künftige Trend in Richtung Flexibilisierung gehen wird und dabei die Berufsfachschulen gefordert sind, aktiv zu werden in Bezug auf «neue Unterrichtsformen und -angebote, modulare Sequenzen und differenzierte Prüfungsverfahren» (ebd., S. 5702).

Bedeutung der Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen

Reformen und veränderte Anforderungen in den Berufsfachschulen umzusetzen haben letztlich insbesondere die Lehrpersonen. Entsprechend wichtig ist eine adäquate Aus- und Weiterbildung, um ihnen die zur Bewältigung der Herausforderungen nötigen Kompetenzen zu vermitteln. Herausforderungen, die zu den Spannungsfeldern hinzukommen, in denen sich die Berufspädagogik ohnehin bewegt (SBFI, 2015, S. 5):

– Theorie – Praxis,

– Pädagogik – Andragogik,

– Arbeiten – Lernen,

– Erwartungen der Wirtschaft – persönliche Entwicklung und

– Kompetenzlernen – Bildungskanon.

Als Kompetenzzentrum des Bundes wurde 2007 auf der Grundlage des BBG das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) gegründet, das neben der Berufsbildungsforschung und -entwicklung insbesondere mit der kohärenten Aus- und Weiterbildung der Berufsfachschullehrpersonen und der anderen Berufsbildungsverantwortlichen betraut wurde.[2] Daneben bieten heute verschiedene kantonale pädagogische Hochschulen Aus- und Weiterbildungsangebote für Berufsfachschullehrpersonen an. Mit Blick auf die künftigen Herausforderungen und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten sind diese Institutionen besonders gefordert, Schulen und Lehrpersonen mit geeigneten Angeboten und Dienstleistungen zu unterstützen.

Klärung von Rollenfragen braucht Gesamtsicht

Bevor die Herausforderungen und die damit verbundenen spezifischen Fragestellungen für die Berufsfachschulen im Detail betrachtet werden, sollen an dieser Stelle einige Überlegungen zur grundsätzlichen Rollenverteilung in der Berufsbildung einfliessen. Als kollektives, also weder rein wirtschaftliches noch rein staatliches System ist die Schweizer Berufsbildung auf ein funktionierendes Miteinander aller Partnerinnen und Partner angewiesen. Die verbundpartnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt hat sich bewährt. Das bedeutet nicht, dass Diskussionen und Prozesse immer spannungsfrei vonstattengehen, aber der Gemeinsinn, das Engagement für die Sache und damit die Bereitschaft, auch bei divergierenden Interessen und Standpunkten an einem Tisch für tragfähige Lösungen zu sorgen, ist bei allen Partnern und Partnerinnen verankert.

Wenn im Rahmen des Strategieprozesses «Berufsbildung 2030» Arbeiten in Gang gesetzt worden sind, um die verbundpartnerschaftlichen Organe auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und Unklarheiten in Bezug auf die Zuständigkeiten zu klären, hat dies weder mit einer grundsätzlichen Systemkritik noch mit einer Infragestellung der Verbundpartnerschaft zu tun. Vielmehr sind Steuerungsprozesse und Gremienstrukturen seit 2004 innerhalb der bewusst offenen Rahmengesetzgebung gewachsen. Mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft ist es nach Abschluss der umfassenden Berufsreformen angezeigt, den Fokus auf eine Optimierung der Governance zu richten.

Zwei vom Bund in Auftrag gegebene Expertenberichte liefern diesbezüglich wichtige Erkenntnisse. In Bezug auf die Berufsfachschulen wird zum einen festgestellt, dass diese die Zusammenarbeit mit den Kantonen und dem Bund als wenig zufriedenstellend betrachten (Renold, Caves & Oswald-Egg, 2019, S. 10). Ein Grund dafür mag der Wunsch nach einem stärkeren Mitwirken sein, was angesichts der Aufgaben einer Berufsfachschule als Lernort nachvollziehbar ist. Der zweite Bericht kritisiert denn auch, dass Bildungsanbieter in fachlich-operativen Fragen nicht immer gebührend berücksichtigt würden (Emmenegger & Seitzl, 2019, S. 40). Gleichzeitig macht er deutlich, dass ein Vertretungsanspruch auf Ebene der strategischen Steuerung nicht legitim wäre: «Neben der nicht vorhandenen gesetzlichen Grundlage und dem Fehlen einer Dachorganisation ist nicht ersichtlich, auf welcher politischen Basis dieser Anspruch erhoben werden könnte» (ebd., S. 37).

Damit wird unterstrichen, dass bei der Frage, welche Akteure in welcher Weise in die Prozess- und Gremienstrukturen einbezogen werden, dem Gesamtsystem Rechnung getragen werden muss.[3] Den Berufsfachschulen kommt in der Verbundpartnerschaft und damit in Steuerungsfragen indirekt durch die Kantone (als ihren Trägern) eine Stimme zu. Auf fachlich-operativer Ebene bestehen bereits heute mit der Table Ronde Berufsbildender Schulen (TR BS) und den Kommissionen für Berufsentwicklung und Qualität (B&Q) Gremien, über die sich die Berufsfachschulen einbringen können.[4] Dabei schreiben Emmenegger und Seitzl (2019) dieser Ebene eine «ausserordentliche Wichtigkeit» zu, «weil hier die strategischen, das Gesamtsystem betreffenden Weichenstellungen umgesetzt und konkretisiert werden» (S. 32).

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