Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1», sayfa 18

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Anmerkungen

[27]

BT-Dr 12/2605 (neu) S. 22.

[28]

Erstmals verlangt von der CDU/CSU (BTD 13/285) im Anschluss an BVerfGE 88, 270 ff. Nach Knierim, Das Tatbestandsmerkmal „Verlangen“ im Strafrecht, 2018, 162 fehlt für die Auslegung des Merkmals eine dogmatische Begründung.

[29]

Hiergegen Schroeder FS Migazawa 1995, 533, 543.

[30]

Zust. Gropp FS Schreiber 03, 115; a.A. La/Kühl § 218a 21a.

4. Versuch

50

Der Versuch ist strafbar (§ 218 Abs. 4 S. 1). Anfang der siebziger Jahre erfolgte mehr als ein Drittel der Verurteilungen wegen Fremdabtreibung wegen Versuchs (BTD VI/3434 S. 15). Die Fassung des § 22 StGB wurde u.a. zu dem Zweck gewählt, die weite Rechtsprechung zum alten § 43 auf dem Gebiet der Abtreibung einzuschränken (SA-Berat. V/1746 f.). Bei einer Untersuchung zwecks unmittelbar anschließendem Schwangerschaftsabbruch (OLG Hamm DRZ 50, 236) liegt jedoch auch nach geltendem Recht ein Versuch vor (vgl. BGH 22, 80). Versuch ist insbesondere auch bei Unbeweisbarkeit der Ursächlichkeit der Abbruchhandlung (vgl. BTD VI/3434 S. 15), bei untauglichen Mitteln und bei irrtümlich angenommener Schwangerschaft gegeben; nur bei „grobem Unverstand“ des Täters kann das Gericht von Strafe absehen (§ 23 Abs. 3).

51

Der Versuch durch die Schwangere ist ausdrücklich für straflos erklärt (§ 218 Abs. 4 S. 2). Dies hätte sich wegen § 23 Abs. 1 bereits dann ergeben, wenn die Strafbarkeit des Versuchs des Abbruchs fremder Schwangerschaft (Abs. 4 S. 1) im Anschluss an Abs. 1 und 2 bestimmt worden wäre. Die Regelung des § 218 Abs. 4 stellt klar, dass Dritte wegen Beteiligung am Abbruchsversuch der Schwangeren strafbar bleiben (BTD VI/3434 S. 15). Im bisherigen Recht wollte der Ausdruck „Frau“ sicherstellen, dass die Straflosigkeit auch bei einer nur irrtümlich angenommenen Schwangerschaft gilt[31]. Der BT-Ausschuss hat dies offensichtlich übersehen[32], doch wird man diesen seltenen Fall auch nach dem geltenden Recht als straflos ansehen können.

Anmerkungen

[31]

BTD 7/1981 [neu] S. 14.

[32]

BTD 12/2605 [neu] S. 21.

5. Strafe

52

a) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe. Innerhalb dieses weiten Strafrahmens werden vor allem die Beweggründe des Täters eine Rolle spielen, insbesondere seine Absicht, der Schwangeren aus einer Bedrängnis (vgl. § 218a Abs. 4 S. 2) zu helfen; jedoch ist hierbei zu beachten, dass bei Ärzten die gesteigerte Pflicht zum Schutz – auch des werdenden – Lebens kompensierend wirkt (vgl. § 46 Abs. 2). Ferner wird die Dauer der abgebrochenen Schwangerschaft wichtig sein (vgl. § 218a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3). Maßgeblich ist auch wegen § 218 Abs. 2 Nr. 2 die Art der Ausführung.

53

Abs. 2 sieht einen erhöhten Strafrahmen für besonders schwere Fälle vor. Regelbeispiele sind das Handeln gegen den Willen der Schwangeren (aber nicht schon: ohne Einwilligung)[33] und die leichtfertige, d.h. leicht erkennbare, Verursachung der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren (d.i. über § 226 hinaus jede längere, erhebliche Beeinträchtigung im Gebrauch der Sinne oder des Körpers oder in der Arbeitsfähigkeit oder eine lebensbedrohende, qualvolle oder ernste und langwierige Krankheit)[34]. Zur Natur der Regelbeispiele grundsätzlich u. § 33 Rn. 65 ff. Die Gewerbsmäßigkeit wurde nur deshalb nicht aufgenommen, damit nicht die Vornahme indizierter Schwangerschaftsabbrüche einbezogen werden könne[35].

Zur Konkurrenz mit Angriffen gegen Leben und Gesundheit der Mutter s.o. Rn. 14, gegen ein lebend abgegangenes Kind o. Rn. 28.

54

b) § 218 Abs. 3 nimmt mit der Formulierung „begeht die Schwangere die Tat“ auf Abs. 1 Bezug. Damit wird das bisher umstrittene Verhältnis zwischen der Fremd- und der Selbstabtreibung dahingehend geklärt, dass der Selbstabbruch einen privilegierenden Spezialtatbestand des Fremdabbruchs darstellt.

Allerdings ist die Formulierung insofern missverständlich, als sie fälschlich eine Alleintäterschaft der Schwangeren zu verlangen scheint. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Schon durch die zur Ermöglichung des Abbruchs durch einen anderen erforderlichen Handlungen ist die Schwangere fast immer aktive Mittäterin nach § 25 Abs. 2[36]. In Betracht kommt auch eine mittelbare Täterschaft, z.B. durch Täuschung des Arztes (Kröger LK § 218 Rn. 30). Es handelt sich um ein „besonderes persönliches Merkmal“ nach § 28 Abs. 2, sodass die Strafmilderung nur der Schwangeren selbst zugute kommt. Auch dieser Tatbestand ist durch Unterlassen begehbar; die Schwangere ist insbesondere zur Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe und zur Einwilligung verpflichtet und kann nur nach § 218a gerechtfertigt oder nach § 35 entschuldigt werden[37].

55

Ein persönlicher Strafausschließungsgrund, der ebenfalls nur der Schwangeren zugute kommt, ist die Vornahme durch einen Arzt innerhalb von 22 Wochen seit der Empfängnis nach einer Beratung durch eine Beratungsstelle (§ 218a Abs. 4 S. 1).

Mit dieser Regelung sollten nach dem bisherigen Recht abbruchwillige Frauen ohne Indikation wenigstens zur Annahme der Beratung und zur Hinzuziehung von Ärzten veranlasst werden. Bei der neuen Regelung mit ihrer Straffreiheit schon bei Abbruch durch einen Arzt innerhalb von zwölf Wochen nach Beratung erscheint die Privilegierung lediglich als erhebliche Verlängerung der Frist für den Abbruch, die kaum noch gerechtfertigt erscheint. Der Arzt selbst bleibt strafbar nach § 218 Abs. 1, womit der Gesetzgeber ein gefährliches Erpressungsinstrument geschaffen hat, gegen welches § 154c StPO nur eine unvollkommene Abhilfe bietet. Die Ausgestaltung als persönlicher Strafausschließungsgrund hat aber auch für die Schwangere den Nachteil, dass ihr ein Irrtum über die komplizierten Voraussetzungen nicht zugute kommt. Die Schwangere tut also gut daran, sich selber über die Eigenschaft des Unterbrechers als Arzt, den Zeitpunkt der Schwangerschaft und die Erfüllung der Erfordernisse der Beratung genau zu vergewissern.

Die Straffreiheit gilt nur für § 218, nicht etwa für eine eventuelle Nötigung des Arztes (SA-Berat. 7/2451).

56

Liegen die großzügig gefassten Voraussetzungen des § 218a Abs. 4 S. 1 nicht vor, so kann das Gericht gleichwohl von Strafe (und demgemäß nach § 153b StPO die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts schon von der Anklageerhebung) absehen, wenn sich die Schwangere zur Zeit des Eingriffs in „besonderer Bedrängnis“ befunden hat (§ 218a Abs. 4 S. 2).

Dieses Merkmal muss vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Priorität der Beratung nach S. 1 gesehen werden; andererseits ist im Gegensatz zu S. 1 auf die subjektive Lage abzustellen. Bei fehlender Beratung und später als 22 Wochen nach der Empfängnis kann daher nur ausnahmsweise von Strafe abgesehen werden. Im Wesentlichen wird die Vorschrift auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen die Schwangere nach Beratung keinen Arzt gefunden hat (BTD 7/4696 S. 6). Zusätzlich müssen freilich über den bei unerwünschter Schwangerschaft immer vorhandenen Motivationsdruck hinausgehende Gründe wie jugendliches oder vorgerücktes Alter, fehlende Unterstützung durch die Angehörigen und den Erzeuger, besonders ungünstige Eheverhältnisse u.ä. vorliegen (BTD VI/3434 S. 14). § 218a Abs. 4 S. 2 will weniger neben § 153 StPO (Einstellung wegen geringer Schuld) eine weitere Möglichkeit der Einstellung schaffen als die unterschiedliche Auslegung des dort erforderlichen Merkmals des fehlenden öffentlichen Interesses ausschalten (BTD VI/3434 S. 14). Damit ist für eine Anwendung des § 153 StPO im Rahmen des § 218a Abs. 4 StGB kaum noch Raum.

Anmerkungen

[33]

Die Abnötigung der Einwilligung reicht nicht aus (a.A. Fi § 218 Rn. 17; Kröger LK § 218 Rn. 64; Gropp MK § 218 Rn. 63), doch kann hier ein sonstiger besonders schwerer Fall nach § 218 Abs. 2 vorliegen. S.a. § 240 Abs. 4 Nr. 1.

[34]

BTD VI/3434 S. 13. Eingehend zu diesem inzwischen auch in zahlreichen anderen Tatbeständen verwendeten Merkmal Windhorst, Der Rechtsbegriff der „schweren Gesundheitsschädigung“, 2001.

[35]

BTD 7/4696 S. 6 f.

[36]

Außergewöhnliche Fallgestaltungen bei Hansen MDR 74, 797.

[37]

A.A. Kröger LK 21.

V. Gefährdungstatbestände

1. Indikationsabbruch ohne ärztliche „Feststellung“ (§ 218b Abs. 1 S. 1)

57

a) Der Schwangerschaftsabbruch aufgrund medizinischer oder kriminogener Indikation (§ 218a Abs. 2, 3; s.o. Rn. 34 ff.) ist nur zulässig, wenn sich zuvor ein anderer Arzt über die Voraussetzungen dieser Indikationen schriftlich geäußert hat. Allerdings ist eine positive Feststellung nicht nötig; es genügt eine Äußerung dazu, ob die Indikationen vorliegen! Der Ausdruck „Feststellung“ ist insofern eine grobe Verschleierung (vgl. Laufhütte/Wilkitzki JZ 76, 336). Eine negative „Feststellung“ wird allerdings den abbrechenden Arzt zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Voraussetzungen der Indikationen zwingen und einen Tatbestandsirrtum kaum noch infrage kommen lassen. Andererseits entbindet die fremde Feststellung den abbrechenden Arzt nicht von der eigenen Prüfung; das Erfordernis der zusätzlichen Feststellung birgt die Gefahr einer Abschiebung der Verantwortung. Die Vorschrift hat vor allem wegen der weitgefassten medizinisch-sozialen Indikation eine gewisse Sicherungsfunktion.

58

b) Auch der andere Arzt muss in der Bundesrepublik approbiert sein (BTD 7/4696 S. 11). Das ergibt sich aus Abs. 2, der ein eigenartiges verwaltungsrechtliches Verbot gegen den anderen Arzt vorsieht, der gar nicht Täter dieses Straftatbestandes ist!

59

c) Eine Rechtfertigung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der mit der Einholung der „Feststellung“ verbundene Aufschub Gefahren für Leib oder Leben schafft (BTD VI/3434 S. 4).

2. Unrichtige ärztliche „Feststellung“ (§ 218b Abs. 1 S. 2)

60

Der Zweck und damit das Rechtsgut des § 218b Abs. 1 S. 2 sind dubios. Ausgangspunkt war eine kleine Lücke der §§ 278, 279 StGB (s. Tlbd. 2, § 66 III); doch sollte die Vorschrift auch der von BVerfGE 39, 1 geforderten besseren Einbindung des Arztes in die Rechtsordnung dienen[38]. Im Rahmen der Indikationen ist diese Funktion jedoch überflüssig geworden, da, wenn es aufgrund der unrichtigen Feststellung zu einem Schwangerschaftsabbruch oder auch nur zu einem Versuch kommt, der feststellende Arzt wegen Teilnahme, Mittäterschaft oder mittelbarer Täterschaft nach § 218 strafbar ist. Für § 218b Abs. 1 S. 2 bleiben also nur die Fälle des untauglichen Versuchs übrig.

Da allerdings die Beschränkung des § 218b Abs. 1 S. 2 auf Wissentlichkeit verhindern soll, dass angesichts der Komplexität der Prüfung Ärzte durch den Vorwurf bedingt wissentlichen Handelns mit Strafverfahren überhäuft werden (BTD 7/4696 S. 12), wird diese Einschränkung des subjektiven Tatbestandes auch für eine Beteiligung an § 218 durch unrichtige Feststellung zu gelten haben.

Anmerkungen

[38]

SA-Berat. 7/2432 f. und Laufhütte/Wilkitzki JZ 76, 336.

3. Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft (§ 219a)

61

1. Die Vorschrift modernisiert die durch das G vom 26.5.33 als §§ 219, 220 eingeführten Vorschriften; sie „will verhindern, dass der Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit als etwas Normales hingestellt und kommerzialisiert wird“[39]. Erfasst wird u.a. die Anbietung von Dienstleistungen (Abs. 1 Nr. 1) und von Mitteln, Gegenständen und Verfahren (Abs. 1 Nr. 2) für den Schwangerschaftsabbruch. Es handelt sich materiell gesehen um das Sich-bereit-Erklären und das Angebot der Beihilfe zu Taten nach § 218, dessen Strafbarkeit jedoch über § 30 StGB weit hinausgeht und zu einem abstrakten Gefährdungsdelikt verselbstständigt ist. Mit Täterschaft und Teilnahme nach § 218 besteht daher Realkonkurrenz.

62

2. Hauptproblem des Tatbestandes, das durch die Einführung der Fristenlösung noch vergrößert wurde (Schroeder ZRP 92, 410), ist die Gewährleistung der Unterrichtung der Öffentlichkeit über zulässige Schwangerschaftsabbrüche. Dazu dienen die Beschränkung auf das Handeln wegen Vermögensvorteils oder in grob anstößiger Weise[40], die Paragrafenüberschrift „Werbung“ und die Straffreiheit nach Abs. 2–4. Das Angebot unter Hinweis auf die gesetzlichen Voraussetzungen des Abbruchs ist nicht strafbar. Angesichts der Weigerung vieler Ärzte zum Schwangerschaftsabbruch und des drohenden Ablaufs der Dreimonatsfrist nach § 218a sind entsprechende Angebote sogar erforderlich. Die Rechtsprechung bejahte bis 2019 eine Strafbarkeit (NStZ 18, 419).

63

Hierbei wird nicht ein an sich gefährliches Verhalten durch überwiegende Interessen gerechtfertigt, sondern das Verhalten ist von vornherein ungefährlich. Es handelt sich daher um einen Ausschluss der Tatbestandsmäßigkeit[41]; ein Irrtum (z.B. Annahme, es handle sich um ein ärztliches Fachblatt) schließt den Vorsatz aus.

Anmerkungen

[39]

BTD 7/1981 [neu] S. 17.

[40]

Bei Werbung für illegalen Abbruch regelmäßig gegeben, vgl. Laufhütte/Wilkitzki JZ 76, 337.

[41]

La/Kühl 6; Kröger LK 8; Rogall SK 14; Eser/Weißer S/S 9.

4. Inverkehrbringen von Mitteln zum Abbruch der Schwangerschaft (§ 219b)

64

1. § 219b erweitert die von 1926–1974 in § 218 Abs. 4 enthaltene Vorschrift. Er untersagt das Inverkehrbringen von zum Schwangerschaftsabbruch geeigneten Mitteln und Gegenständen (vgl. § 219a Abs. 1 Nr. 2), beschränkt sich dabei aber im Gegensatz zu § 219a auf die Absicht der Förderung rechtswidriger Taten. Die Rechtswidrigerklärung von Abbrüchen innerhalb von zwölf Wochen durch BVerfGE 88, 203 kann auch hier nicht gelten. Das Absichtserfordernis ermöglicht die Abgabe von Mitteln mit einer bloßen entsprechenden Verwendungsfähigkeit.

65

2. Inverkehrbringen ist nicht nur das Außer-Kontrolle-Lassen, sondern – wie sich aus Abs. 2 ergibt – auch die Weitergabe an einzelne Personen.

§ 7 Schutz des extrauterinen vorgeburtlichen Lebens

Schrifttum:

Beitz, Zur Reformbedürftigkeit des Embryonenschutzgesetzes, 2009; Duttge, Die Präimplantationsdiagnostik zwischen Skylla und Charybdis, GA 02, 241; Eser, Neuartige Bedrohungen ungeborenen Lebens, 1990; Eser/Koch, Rechtsprobleme biomedizinischer Fortschritte in vergleichender Perspektive, in: GS für Rolf Keller, 2003, 15; Günther/Keller, Fortpflanzungsmedizin und Humangenetik – Strafrechtliche Schranken?, 1987; Günther/Taupitz/Kaiser, Embryonenschutzgesetz, 2. Aufl. 2014; Hufen, Präimplantationsdiagnostik aus verfassungsrechtlicher Sicht, MedR 01, 440; Jungfleisch, Fortpflanzungsmedizin als Gegenstand des Strafrechts?, 2005; Kubiciel, Grund und Grenzen des Verbots der Präimplantationsdiagnostik, NStZ 13, 382; Liegsalz, Strafrechtl. Grenzen der „künstlichen“ Fortpflanzung, Roxin/Schroth, 339; Merkel, Forschungsobjekt Embryo, 2002; Renzikowski, Die strafrechtliche Beurteilung der Präimplantationsdiagnostik, NJW 01, 2753; Schächinger, Menschenwürde und Menschheitswürde. Zweck, Konsistenz und Berechtigung strafrechtlichen Embryonenschutzes, 2014; Schroeder, Die Rechtsgüter des Embryonenschutzgesetzes, FS Miyazawa 1995, 533; Schroeder, Neuartige Absichtsdelikte, FS Lenckner 1998, 333.

1

Die Vorschriften über den Schwangerschaftsabbruch schützen die befruchtete Eizelle und damit das werdende Leben erst von dem Augenblick ab, in dem sie sich in der Gebärmutter festgesetzt hat (Nidation; § 218 Abs. 1 S. 2; s.o. § 6 Rn. 21). Die Verhinderung der Nidation, insbesondere durch nidationsverhindernde Antikonzeptionsmittel („morning-after-pill“, Intrauterinpessar = „Schlinge“), ist straflos.

2

Jedoch hat das Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz) vom 13.12.1990 einen Schutz von Embryonen auch ohne Einnistung in die Gebärmutter eingeführt. Als „Embryo“ im Sinne des ESchG gilt die befruchtete, entwicklungsfähige Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag (§ 8 Abs. 1 ESchG).

3

Der Titel des Gesetzes ist allerdings irreführend. Eigentliche Vorschriften zum Schutz menschlicher Embryonen finden sich in dem Gesetz nur wenige. Hierzu gehört § 1 Abs. 1 Nr. 6: Entnahme eines Embryos von einer Frau vor Abschluss seiner Einnistung in die Gebärmutter. Auch hierbei kommt nur die zweite Alternative: um ihn für einen nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck zu verwenden, in Betracht, während die erste Alternative: um ihn auf eine andere Frau zu übertragen, bereits einen ganz anderen Zweck, nämlich die Verhinderung gespaltener Mutterschaften verfolgt[1]. Ferner gehört hierher § 2 Abs. 1: Die Veräußerung oder die Abgabe, der Erwerb oder die Verwendung eines extrakorporal erzeugten oder einer Frau vor Abschluss seiner Einnistung in die Gebärmutter entnommenen menschlichen Embryos zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck. Allerdings scheut das Gesetz hierbei das direkte Verbot einer Vernichtung des Embryos. Dieses wäre auch sinnlos, da die Übernahme des Embryos durch eine fremde Frau (BTD 11/5460 S. 8) nur selten möglich sein wird und damit nichts anderes als das „Sterben“-Lassen übrig bleibt[2]. Eine Vorstufe des Embryonenschutzes bildet das Verbot der Präimplantationsdiagnostik (§ 3a; s.u. Rn. 5).

4

Die übrigen Tatbestände des sog. Embryonenschutzgesetzes verbieten gerade umgekehrt die künstliche Herstellung von Embryonen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 4, 5, Abs. 2), die künstliche Befruchtung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7, § 3, § 4 Abs. 1 Nr. 1, 3) und die Implantation von Embryos (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 4 Abs. 1 Nr. 2) oder unbefruchteten Eizellen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1). Diese Vorschriften richten sich gegen die Schaffung gespaltener Mutterschaften, gegen die Geschlechtswahl, die Selbstbestimmung über die Schwangerschaft und gegen die Erzeugung und Weiterentwicklung für die Fortpflanzung nicht benötigter Embryonen; Letztere sind eine eigenartige Vorform des Embryonenschutzes.

Weitere Vorschriften verbieten die künstliche Veränderung menschlicher Keimbahnzellen (§ 5), das Klonen (§ 6) und die Chimären- und Hybridbildung (§ 7). Diese Vorschriften werden vom Gesetzgeber mit dem Schutz des seelischen und körperlichen Wohls des daraus entstehenden Menschen, des menschlichen Lebens und der Menschenwürde begründet (BT-Dr 11/5460 S. 7 ff.). Soweit diese Vorschriften überhaupt einer kritischen Rechtsgüteranalyse standhalten, schützen sie im Wesentlichen die Eingriffsfreiheit der Bildung menschlicher Individualität und die Reinhaltung der Gattung Mensch[3]. Besonders problematisch sind die §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 2 Nr. 1a, die die Implantation geklonter oder chimärer oder hybrider Embryos verbieten und damit insoweit Tötungsdelikte enthalten[4].

Die eigenartige Fassung des Embryonenschutzgesetzes mit seinen zahlreichen unübersichtlichen Verbotsvorschriften beruht darauf, dass der Bund bei seinem Erlass noch nicht über die Gesetzgebungskompetenz bei der Reproduktionsmedizin verfügte (seit 1994 Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG).

5

Mit den Verfahren der Präimplantationsdiagnostik (PID, engl. PGD) können vor der Übertragung des Embryos auf die Mutter genetische Defekte festgestellt werden. Die Zelle, die dem Embryo zu diesem Zweck entnommen und molekulargenetisch untersucht wird, stirbt dabei ab. Totipotente Zellen (bis zum 4-8-Zell-Stadium) stehen nach § 8 Abs. 1 ESchG einem Embryo gleich. Ihre Entnahme verstößt daher gegen das Verbot des Klonens (§ 6 Abs. 1 ESchG), ihre Untersuchung gegen § 2 Abs. 1 ESchG ((BGH 55, 213). Umstritten war die Strafbarkeit der PID an pluripotenten Zellen. Da sie die Weiterentwicklung des Embryos nicht beeinträchtigt, stellt sie keine im Sinne von § 2 Abs. 1 ESchG verbotene Verwendung des Gesamtembryos, sondern eine neutrale Handlung dar[5]. Das Absterben-Lassen des geschädigten Embryos ist kein Verwenden; die Übertragung in die Patientin gegen ihren Willen rechtswidrig (§ 4 Abs. 1 Nr. 2)[6]. Diskutiert wurde, ob bereits die künstliche Befruchtung zur anschließenden PID nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG strafbar war. Das setzt ein Handeln voraus, das einem anderen Zweck dient, als eine Schwangerschaft herbeizuführen (Alternativabsichtsdelikt[7]). Es ist wegen der Dominanz der Absicht, eine Schwangerschaft herbeizuführen, nicht gegeben (BGH 55, 206, 210). Seit 2011 verbietet § 3a die Präimplantationsdiagnostik, erlaubt sie aber bei dem Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit oder hohen Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt[8].

6

Die künstliche Befruchtung zum Zweck der Gewinnung embryonaler Stammzellen verstößt gegen § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG, der „Embryoverbrauch“ gegen § 2 ESchG. Bei totipotenten Zellen greift zusätzlich § 6 Abs. 1 ESchG ein. Die Forschung an embryonalen Stammzellen fällt dagegen nur bei totipotenten Zellen unter § 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 ESchG (näher Taupitz NJW 01, 3433, 3434; Lilie/Albrecht NJW 01, 2774). Die dadurch entstehende Lücke begrenzt das Stammzellgesetz vom 28.6.2002, das Einfuhr und Verwendung pluripotenter embryonaler Stammzellen ohne Genehmigung unter Strafe stellt (§ 13 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 2 StZG). Eine Genehmigung für diese „Stammzellhehlerei“ durfte zunächst nur für vor dem 1.1.2002 gewonnene Stammzellen erteilt werden; nach lebhaften Diskussionen wurde der Termin auf den 1.5.2007 verlängert (§ 4 Abs. 2 Nr. 1a StZG).

Rechtsvergleichung bei Eser/Koch aaO; Jungfleisch aaO; Taupitz, Rechtl. Regelung der Embryonenforschung im internat. Vergleich, 2003; Pannke, Der Schutz des extrakorporalen Embryos, 2006; Seith, Status und Schutz des extrakorporalen Embryos, 2007; Latsiou, Präimplantationsdiagnostik, 2008.

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