Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1», sayfa 19
Anmerkungen
[1]
Zu ihrer Fragwürdigkeit Taupitz bei Günther u.a. S. 181 ff.
[2]
Schroeder FS Lenckner 337; im Ergebnis auch Günther/Taupitz/Kaiser aaO § 2 Rn 37.
[3]
Schroeder FS Miyazawa aaO. Zust. Liegsalz aaO.
[4]
Günther/Taupitz/Kaiser aaO § 6 Rn. 22.
[5]
Schneider MedR 00, 361, 364; Schreiber DÄBl. 97 00 A-1136; Schächinger 161ff. A.A. Renzikowski aaO 2756 f.; Günther/Taupitz/Kaiser aaO § 2 Rn. 56.
[6]
BGH 55, 220, dort eigenartigerweise als „unzumutbar“ bezeichnet.
[7]
Schroeder FS Lenckner 1998, S. 333, 338, 341. § 2 Abs. 1 ESchG in der Alternative des Verwendens ist nur Scheinabsichtsdelikt, Schroeder aaO S. 336 ff.
[8]
Kritisch Frister/Lehmann JZ 12, 659; Frommel JZ 13, 488; Kubiciel NStZ 13, 382; Duttge medstr 15, 1.
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3. Kapitel Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit
§ 8 Allgemeines
I. Geschichtliche Entwicklung – Rechtsgut und Angriffsobjekt
Schrifttum:
L. Günther, Über die Hauptstadien der Entwickelung des Verbrechens der Körperverletzung und seiner Bestrafung, Diss. Erlangen 1884; Schroeder, Begriff und Rechtsgut der Körperverletzung, FS Hirsch 1999, 725; Tag, Der Körperverletzungstatbestand im Spannungsfeld zwischen Patientenautonomie und Lex artis, 2000.
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1. Der 17. Abschnitt des StGB trug bis zum 6. StrRG 1998 die Überschrift „Körperverletzung“; seit 1998 lautet sie – diesem Lehrbuch folgend – „Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit“. Beide Bezeichnungen sind jedoch unvollständig: sie umfassen nicht Schädigungen der Gesundheit, Beeinträchtigungen von Körperfunktionen und die bloße Schmerzzufügung (Schroeder aaO 733 f.). Aber auch sonst ist die Überschrift nicht erschöpfend. Denn § 225, bei der physiologischen Betrachtung ein Fremdkörper, stellt unter bestimmten Voraussetzungen auch Eingriffe in die seelische Konstitution des Opfers unter Strafe. Zudem fehlt bei sämtlichen Tatbeständen der Körperverletzung auch eine klare Abgrenzung gegenüber den äußerlich gleichliegenden, aber auf Verletzung des sozialen Geltungsanspruchs gerichteten Handlungen: handgreifliche Beleidigungen (Realinjurien) und Körperverletzungen gehen ineinander über (§ 185 2. Alt.!). All das zeigt eine nur trügerische Sicherheit im Aufbau der Körperverletzungsdelikte. Wie kaum ein anderes Gebiet der Straftatbestände steht die Körperverletzung im Schnittpunkt zweier miteinander ringender Gedankenreihen: einerseits der römischrechtlichen, verallgemeinernden und subjektivierenden Betrachtungsweise, andererseits der deutschrechtlichen, objektivierenden und kasuistischen Auffassung. Eine Synthese beider ist zwar in bestimmten Grenzen erstrebenswert und auch angebahnt; sie ist aber noch nicht so weit gediehen, um eine umfassende Systematik des Gesamtabschnittes zu ermöglichen.
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Das römische Recht kannte weder einen umfassenden noch einen abgeschlossenen Tatbestand der Körperverletzung. Grundsätzlich geht die vorsätzliche körperlich-seelische Misshandlung im vorwiegend zivilrechtlichen Begriff der injuria auf, dem Generaldelikt, das gegen die Person eines anderen gerichtet ist und aus der Missachtung des Opfers seinen Unrechtsgehalt empfängt. Eine Abgrenzung von der Realinjurie ist demnach schon begrifflich ausgeschlossen. In einzelnen Fällen wird die Körperverletzung als injuria atrox zu den crimina vis gerechnet; auf anderen Gedankengängen beruht das Domitianische Kastrationsverbot. Während das italienische Strafrecht dieser Auffassung folgte, hatte sich im deutschen Rechtskreis frühzeitig eine bis in die Einzelheiten gehende objektiv-körperliche Betrachtung der Verletzungsdelikte durchgesetzt. Als Grundformen werden herkömmlich unterschieden („trockene“ oder „dürre“) Schläge, Wunden („Blutrunst“) und Lähmde (insbesondere Verstümmelung); psychische Schäden bleiben ebenso außer Betracht wie nicht messbare körperliche Schäden. Es war kein Wunder, dass die Synthese dieser Auffassungen in der Rezeption nur unvollkommen gelang. Die PGO folgt der römischen Betrachtungsweise und behandelt die Körperverletzung nicht selbstständig, sondern nur am Rande anderer Gebiete, so die Vergiftung mit Leibesschädigung (Art. 130), die Unfruchtbarmachung (Art. 133) unter dem Gesichtspunkt der Vernichtung kommenden Lebens. Die deutschrechtlichen Gedanken hatten sich dagegen in der Doktrin behauptet (crimen violationis corporis) und gewinnen im Lauf des 19. Jhdts. die Oberhand. Während das Preuß. ALR II, 20, §§ 628 ff., § 796 noch eine völlige Vermischung von Körperverletzung und Realinjurie zulässt, trennt das bayr. StGB 1813 die Injurie von der „körperlichen Misshandlung“ und der „Gesundheitsbeschädigung“ ab und ordnet die Letzteren in Art. 178–185 selbstständig (Schroeder aaO 726 f.). Ihm folgt im Wesentlichen die Gesetzgebung des 19. Jhdts. Als geschütztes Rechtsgut gilt jetzt nur noch die körperliche Integrität; Abgrenzungen gegenüber der inzwischen ebenfalls tatbestandlich gefestigten Beleidigung werden auf subjektivem Gebiet vorgenommen; die Verletzung des seelischen Gleichgewichts wird, sofern nicht der subjektive Geltungsanspruch und damit die Ehre berührt wird, strafrechtlich irrelevant. In diese einheitliche materialistische Konstruktion der Körperverletzung schlug aber die Reform vom 26.5.33 mit dem neuen § 223b (seit 1998 § 225) eine Bresche. Durch Einbeziehung der seelischen Misshandlung wird das alte Problem der injuria freilich nicht wiederentdeckt (denn das Missachtungselement ist inzwischen ebenso Wesensmerkmal der Beleidigungstatbestände geworden, wie es für die Körperverletzung unerheblich bleibt); wohl aber steht die Wissenschaft vor den Problemen, die sich aus der Erweiterung der Angriffsrichtung ergeben[1].
Allgemein drängt die Entwicklung heute zu einem psychosomatischen Krankheitsbegriff. Die Weltgesundheitsorganisation hat die Gesundheit in der Präambel ihrer Satzung sogar definiert als „Zustand vollständigen physischen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen“. Diese Ausweitung hat sich teilweise in der medizinischen Indikation beim Schwangerschaftsabbruch niedergeschlagen (s.o. § 6 Rn. 34 f.).
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2. Es ist hiernach zwangsläufig, dass sich die Systematik des 17. Abschnittes und insbesondere die Frage nach dem geschützten Rechtsgut in einem Übergangsstadium befinden. Die h.M. beharrt konservativ auf dem materialistischen Standpunkt des 19. Jhdts. Sie betrachtet die Körperverletzung, Körper und Seele (grundsätzlich, wenn auch nicht immer praktisch) trennend, als Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, wobei diese subjektiv (Wohlbefinden) und objektiv gesehen wird[2]. Im Übrigen wird auf diesen Oberbegriff weniger Gewicht gelegt als auf seine (im Grundtatbestand des § 223 allein genannten) Unterarten, das „körperliche Misshandeln“ und die „Schädigung der Gesundheit“ (vgl. u. § 9 Rn. 1 ff.); folgerichtig wird § 225, der die seelische Misshandlung einbezieht, als Außenseiterfigur gewertet und weitgehend aus der Systematik der Körperverletzungsdelikte ausgegliedert (vgl. u. § 10). Ein Versuch, die Einbeziehung des § 225 in die eigentlichen Verletzungsdelikte dadurch zu erreichen, dass man deren Rechtsgut um eine Stufe höher hob und damit verallgemeinerte, ist bisher unterlassen worden, weil dann nur die menschliche Integrität als solche in Betracht gekommen wäre; hier schreckten aber – mit Recht – die Spuren der mühsam überwundenen injuria.
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Ein Versuch der Gesamtsystematisierung des Abschnittes unter gleichberechtigter Einbeziehung des § 225 (damals 223b) ist von Nagler[3] und im Anschluss an diesen von Sauer 278 unternommen worden: Rechtsgut ist die Leiblichkeit eines Menschen, die substantielle Erscheinungsform der Persönlichkeit in ihrer körperlich-geistigen Existenz, die auch die Grundlage für die psychische Leistungsfähigkeit des Menschen abgibt. Aber auch wenn das Gesamtgebiet der Körperverletzungen in die von Nagler und Sauer geforderte Höhenschicht verlagert wird, bleibt – jetzt im Rahmen der Körperverletzung – die Sonderdeliktsnatur des § 225 bestehen; damit aber verliert das Experiment an praktischer Bedeutung. Es handelt sich auch hier um einen Fall, in dem ein konstruktiver Schönheitsfehler des Gesetzes in Kauf genommen werden muss.
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Mit der h.L. ist von der körperlich-physiologischen Betrachtung der Körperverletzungsdelikte auszugehen. Rechtsgut ist der Körper in dem dadurch umrissenen Sinne[4]; auch dort, wo (mit der „Misshandlung“) die Pönalisierung – scheinbar – an die Beeinträchtigung des subjektiven Wohlbefindens anknüpft, ist eine objektiv-erkennbare Grundlage dieses Vorganges zu fordern. Der weitergehende § 225 gehört als Delictum sui generis mit gleicher Angriffsrichtung nur insoweit in den Zusammenhang, als sich die Rechtsgüter decken; im Übrigen steht er auch systematisch außerhalb der Gruppe.
Zur Integration der Einwilligung (u. III A) in den Tatbestand der Körperverletzung wollen manche in das Rechtsgut auch die Dispositionsbefugnis einbeziehen[5]. Heute handelt es sich jedoch um ein Problem aller individuellen Rechtsgüter. Andere wollen dies zur Einbeziehung der eigenmächtigen Heilbehandlung in die Körperverletzung (s.u. Rn. 24)[6]. Untragbar ist die Ausweitung des Rechtsguts der Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit auf den „Kernbestand des Freiheitspotenzials einer Person“[7]. Bedenkliche Ausweitungen finden sich auch in der zivilrechtlichen Literatur und Judikatur (Schroeder aaO 737).
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3. Angriffsobjekt der Körperverletzung ist „eine andere Person“ (bis 1994: „ein anderer Mensch“![8]). Für die zeitlichen Grenzen der Körperverletzung gilt daher das für die Tötungsdelikte oben § 1 Rn. 8 ff. Gesagte. Insbesondere ist der Nasciturus vor dem Einsetzen der Eröffnungswehen noch nicht taugliches Objekt (RG GA Bd. 54, 288), wohl aber von diesem Zeitpunkt ab (praktisch von Bedeutung bei fahrlässigen Verletzungen des Kindes im Geburtsstadium durch unsachgemäßes Verhalten des Geburtshelfers – RG 26, 178). Auch die spätere Auswirkung der Beschädigung einer Leibesfrucht an einem Menschen kann nicht als Verletzung „eines anderen“ angesehen werden (eingehend und speziell zum „Contergan-Fall“ o. § 5 Rn. 28).
Zum „Körper“ gehören auch zu Operationszwecken oder infolge von Unglücksfällen oder Verbrechen vorübergehend abgetrennte Körperteile[9], nicht aber Sperma oder gar Prothesen[10].
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Selbstverletzung ist nicht als Körperverletzung strafbar. Soweit die Selbstverstümmelung eines Wehrpflichtigen unter Strafe gestellt ist (nach § 109 für Nichtsoldaten, nach § 17 WStG für Soldaten), erfolgt die Pönalisierung unter dem Gesichtspunkt eines Angriffs gegen die Landesverteidigung (Tlbd. 2, § 87 II). Hinsichtlich einer Strafvereitelung (vorsätzliche Herbeiführung von Haftunfähigkeit) tritt nach den Grundsätzen der Selbstbegünstigung Straflosigkeit ein. Selbstverletzung einer Frau zum Zwecke der Schwangerschaftsunterbrechung ist nur nach § 218 Abs. 3 zu beurteilen. Mitwirkung an fremder Selbstverletzung ist nur unter den Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft strafbar[11].
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4. In der jüngsten Zeit sind – ebenso wie die Straftaten gegen das Leben (s.o. § 2 Rn. 4) – auch die Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit in den Blickpunkt der Kriminalpolitik gerückt. Umfangreiches rechtsvergleichendes Material bieten Simson-Geerds, Straftaten gegen die Person und Sittlichkeitsdelikte in rechtsvergleichender Sicht, 1969. Nachdem der Bundesjustizminister Ende 1969 eine Reform der Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit als besonders dringlich bezeichnet hatte (SA-Berat. VI/3), wurde der einschlägige Teil des Alternativ-Entwurfs vorgelegt (Bes. Teil. Straftaten gegen die Person, 1. Halbbd, 1970) und befasste sich die Strafrechtslehrertagung in Regensburg 1970 mit diesem Komplex (Referate von Hirsch und Lampe ZStW 83, 140 ff.). Der Referentenentwurf für das 5. StrRG sah eine Regelung der ärztlichen Heilbehandlung und der freiwilligen Sterilisation vor; beide Komplexe wurden jedoch zurückgestellt.
Das VerbrechensbekämpfungsG 1994 hat die Strafdrohungen verschärft und die Abgrenzung zwischen den §§ 224, 225 verschoben (krit. Dahs NJW 95, 554). Das 6. StrRG 1998 hat die Versuchsstrafbarkeit für die einfache Körperverletzung eingeführt, die Giftbeibringung (§ 229 a.F.) zu einer Form der gefährlichen Körperverletzung gemacht (§ 224 Abs. 1 Nr. 1) und neben weiteren kleineren Änderungen die §§ neu durchnummeriert[12]. Das Gewaltschutzgesetz 2001 hat strafbewehrte Anordnungen zur Abwendung weiterer Körperverletzungen eingeführt (s.u. Rn. 8, u. § 11 Rn. 17). Durch das 2013 in Kraft getretene 47. StrÄndG wurde mit § 226a ein weiterer Qualifikationstatbestand eingeführt, der das zuvor nur als einfache oder gefährliche Körperverletzung erfassbare Unrecht einer Verstümmelung weiblicher Genitalien zum Verbrechen aufwertet.
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5. Das StGB sieht in zahlreichen Fällen eine schwere körperliche Misshandlung (z.B. §§ 176a Abs. 5, 177 Abs. 8, 250 Abs. 2), die Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung (z.B. §§ 221 Abs. 2, 239 Abs. 3, 306b Abs. 1), der Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen (z.B. §§ 306b Abs. 1, 308 Abs. 2, 315 Abs. 3) oder von deren Gefahr (z.B. §§ 176a Abs. 2, 177 Abs. 7, 330 Abs. 2, 330a) als Qualifikationsgrund oder als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles (z.B. §§ 113 Abs. 2, 125a, 218 Abs. 2) an.
Zahlreiche Tatbestände enthalten das Merkmal der Leibesgefährdung und damit auch der -verletzung nur zum Zweck der Beschränkung von Angriffen auf die allgemeine Sicherheit auf gravierende Fälle (s.bes. §§ 307–315c). Allerdings tendieren diese Tatbestände infolge des zunehmenden Vorrangs der individuellen vor den gemeinschaftsbezogenen Rechtsgütern zu Tatbeständen gegen den Einzelnen (vgl. Tlbd. 2, § 50 I). Der AE hatte eine Reihe der einschlägigen Tatbestände daher als „Personengefährdungen“ in die „Straftaten gegen die Person“ eingeordnet.
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6. Vorschriften zum Gesundheitsschutz enthalten auch die §§ 314, 326 StGB, 74 ff. InfektionsschutzG, 6 f. GeschlechtskrankheitenG, 58 f. Lebensmittel- und FuttermittelG und 28 f. FleischhygieneG. Dabei handelt es sich nicht um Vorschriften zum Schutz der Gesundheit eines anderen, sondern um solche zum Schutz der allgemeinen Gesundheit (eingehend Tlbd. 2 § 56).
Anmerkungen
[1]
Zur Entwicklung 1870–1933 Korn, Körperverletzungsdelikte – §§ 223 ff., 340 StGB, 2003, seit 1933 Gröning, dto., 2004.
[2]
Gegen einen strafrechtlichen Schutz der psychischen Integrität wegen der fragmentarischen Natur des Strafrechts und der Entdifferenzierung der Rechtsgüter Bloy FS Eser, 2005, S. 233 ff., 236, 248.
[3]
LK 6./7. Aufl. Vorbem. II 1 § 223.
[4]
Schroeder aaO 736; Amelung/Lorenz FS Otto 07, 527, 531. Vgl. auch Grünewald LK Vor § 223 1: Körper in seiner Unversehrtheit. Die h.L. spricht – unvollständig (s.o. Rn. 1) – von der körperlichen Unversehrtheit.
[5]
Roxin AT 1 § 13 12 ff. Dagegen Amelung/Lorenz FS Otto 07, 527.
[6]
Tag aaO 94; Hillenkamp FS Küper 07, 123, 147.
[7]
Freund/Heubel MedR 95, 197. S. auch Tag aaO 63 ff., 441.
[8]
Hier ist offensichtlich die Gleichstellungstendenz über das Ziel hinausgeschossen.
[9]
Schroeder aaO 736; Tag aaO 105. A.A. Otto Jura 96, 219, 220.
[10]
A.A. Freund/Heubel MedR 95, 197 mithilfe ihrer weiten Ausdehnung des Rechtsguts (s.o. Rn. 5). BGHZ 124, 52 stützt diese Auffassung zum Glück nur auf eine Analogie (allerdings nur „jedenfalls“!). Hiergegen noch Laufs/Reling NJW 94, 775; Taupitz NJW 95, 752.
[11]
Vgl. Schroeder Täter 89 ff.
[12]
Näher Wolters JuS 98, 598; Rengier ZStW 111, 1; Jäger JuS 00, 34; Wallschläger JA 02, 390.
II. Der Aufbau der Tatbestände
11
Grundtatbestand ist die einfache vorsätzliche Körperverletzung (§ 223). Auf sie bauen fünf Qualifikationen auf, und zwar nach der Begehungsweise die gefährliche Körperverletzung (§ 224), nach den Folgen die schwere Körperverletzung (§ 226) die Verstümmelung weiblicher Genitalien (§ 226) und die Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227), nach der Pflichtenstellung die Körperverletzung im Amt (§ 340). Die Qualifikationen nach den Folgen sind Verbrechen. Die fahrlässige Körperverletzung ist – ebenso wie die fahrlässige Tötung (s.o. § 3) – undifferenziert in § 229 erfasst.
§ 225 erfasst zwar auch Körperverletzungen gegenüber Abhängigen, schafft dafür aber einen eigenständigen Tatbestand (u. § 10). Der verbleibende § 231 ist eine Gefährdung der Körperintegrität; dazu ist auch § 309 Abs. 1 zu rechnen (u. § 11).
III. Die Rechtswidrigkeit der Körperverletzung
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Für die Rechtfertigung körperverletzender Handlungen gelten die allgemeinen Rechtfertigungsgründe. Folgende Besonderheiten seien hervorgehoben.
1. Die Einwilligung des Verletzten (§ 228)
Schrifttum:
Becker, Sportverletzung und Strafrecht, DJ 38, 1720; Berz, Die Bedeutung der Sittenwidrigkeit für die rechtfertigende Einwilligung, GA 69, 145; Dölling, Die Behandlung der Körperverletzung im Sport im System der strafrecht. Sozialkontrolle, ZStW 96, 36; Duttge, Abschied des Strafrechts von den guten Sitten?, GS Schlüchter, 2002, 775; Eser, Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Sportlers, JZ 78, 368; Frisch, Zum Unrecht der sittenwidrigen Körperverletzung (§ 228 StGB), FS Hirsch 1999, 485; Geppert, Rechtfertigende „Einwilligung“ des verletzten Mitfahrers bei Fahrlässigkeitsdelikten im Straßenverkehr?, ZStW 83, 947; Hein, Zur Einwilligung des verletzten Mitfahrers in eine alkoholbedingte fahrlässige Körperverletzung, Blutalkohol Bd. 3, 345; Jakobs, Einwilligung in sittenwidrige Körperverletzung, FS Schroeder, 2006, 507; Kohlhaas, Die rechtfertigende Einwilligung bei Körperverletzungstatbeständen, NJW 63, 2348; Kühl, Die sittenwidrige Körperverletzung, FS Schroeder, 2006, 521; Niedermair, Körperverletzung mit Einwilligung und die Guten Sitten, 1999; Roth-Stielow, Die „guten Sitten“ als aktuelles Auslegungsproblem, JR 65, 210; Roxin, Verwerflichkeit und Sittenwidrigkeit als unrechtsbegründende Merkmale im Strafrecht, JuS 64, 373; Schild, Das strafrechtliche Problem der Sportverletzung, Jura 82, 520, 585; Schroeder, Sport und Strafrecht, in Schroeder/Kauffmann, Sport und Recht 1972, 21; Sternberg-Lieben, Die objektiven Schranken der Einwilligung im Strafrecht, 1997; Weber, Objektive Grenzen der strafbefreienden Einwilligung in Lebens- und Gesundheitsgefährdungen, FS Baumann 1992, 43; Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 1970.
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a) Träger des Rechtsguts ist der Einzelne. Die Körperintegrität gehört zu den verzichtbaren, d.h. der Dispositionsbefugnis des Inhabers unterliegenden Rechtsgütern. Die allgemeinen Grundsätze für die Wirksamkeit der Einwilligung (AT § 17 III) gelten auch hier. Darüber hinaus bestimmt § 228, dass die Rechtswidrigkeit der mit Einwilligung begangenen Körperverletzung bestehen bleibt, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.
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§ 228 wurde als § 226a dem StGB durch die Novelle vom 26.5.1933 inkorporiert, entsprach aber langjährigen Reformplänen (§§ 293 E 1913, 239 E 1925, 264 E 1927). Dabei hatte man zunächst Fälle der Abnötigung einer Einwilligung im Auge (E 1927 Begr. S. 134). Der Hauptzweck bei der Einführung 1933 war, freiwillige Sterilisation in engem Rahmen, nämlich bei eugenischer und schwerwiegender sozialer Indikation zu ermöglichen (Schäfer DJZ 33, 792). Infolge der Sonderregelung des Rechts der Unfruchtbarmachung durch das G z. Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14.7.1933 und das diesem Gesetz nachwirkende Gewohnheitsrecht hatte § 226a seine Bedeutung auf dem genannten Gebiet eingebüßt, hat sie aber inzwischen zurückgewonnen (s.u. Rn. 39). Im Übrigen hat die Gute-Sitten-Klausel jedoch durch Spezialregelungen im Bereich medizinischer Eingriffe (KastrationsG, TPG) und durch die moderne Einschränkung der Einwilligungsfähigkeit an Bedeutung verloren (Niedermair 259). § 228 findet Anwendung gegenüber allen Arten der Körperverletzung, insbesondere auch gegenüber fahrlässigen[13]. Nach der Tatbestandsstruktur des § 225 (vgl. u. § 10 I) wird die Tat hier trotz der Einwilligung stets sittenwidrig sein.
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b) Entscheidend für das Bestehenbleiben der Rechtswidrigkeit ist die Sittenwidrigkeit nicht der Einwilligung, sondern der Tat[14]. Die Einwilligung kann sittenwidrig sein, ohne damit auch die Tat zu bemakeln (jemand willigt in einen experimentellen Eingriff ein, um das dafür empfangene Geld für den Erwerb von Kinderpornografie zu verwenden). Das Merkmal der Sittenwidrigkeit ist wegen seiner Unbestimmtheit verfassungskonform[15] und eng auszulegen. Das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, die sozialethischen Wertvorstellungen[16] werden immer dann Anstoß nehmen, wenn eine Körperverletzung gegen die Menschenwürde verstößt (Duttge aaO) oder eine erhebliche Körperverletzung, insbesondere eine Substanzverletzung, ohne einsehbaren Zweck erfolgt[17]. Dies wird bei deliktischen Zwecken regelmäßig[18], bei sadomasochistischen Zwecken (selbstverständlich abgesehen von abgenötigten Einwilligungen) kaum jemals der Fall sein[19]. Die neuere Rechtsprechung folgert aus §§ 216; 231, dass in lebensgefährliche Handlungen nicht wirksam eingewilligt werden könne.[20]
Eine neuere Auffassung lässt aufgrund einer Modifizierung des Begriffs des Rechtsguts bei der Einwilligung in eine Körperverletzung (s.o. Rn. 5) bereits den Tatbestand entfallen und glaubt, dies auch mit dem Wortlaut des § 228 vereinbaren zu können[21].
Der Anwendungsbereich der Einwilligung ist in der Rechtsprechung groß und wird insbesondere als „Risiko-Einwilligung“ auch für die fahrlässige Körperverletzung anerkannt, während die moderne Dogmatik ihr durch die ex-post-Betrachtung ärztlicher Eingriffe und die Prüfung der Einhaltung der verkehrsüblichen Sorgfalt bereits in der Rechtswidrigkeit oder gar im Tatbestand wesentliche Gebiete entzogen hat. Zu beachten ist auch, dass manchmal gar keine Verletzung eines anderen mit Einwilligung, sondern eine eigenverantwortliche Selbstverletzung bzw. -gefährdung vorliegt, an der eine Mitwirkung straflos ist[22]. Dies gilt insbesondere beim Geschlechtsverkehr mit bekannt Aids-Infizierten (s.u. § 9 Rn. 5). Folgende Fallgruppen sind häufig:
aa) Zu ärztlichen Eingriffen s.u. IV.
16
bb) Auch bei Sportverletzungen[23] ist der Anwendungsbereich der Einwilligung nach der Lehre gering, da leichtere Regelverstöße schon keine Fahrlässigkeit darstellen[24], eine Einwilligung in grobe Fahrlässigkeit, insbesondere grobe Regelverstöße, aber nur ausnahmsweise vorliegen wird[25]. Die Einwilligung in Regelverstöße umfasst nicht notwendig auch schwere Folgen[26]. Auch bei der studentischen Schlägermensur rechtfertigt die Einwilligung übliche leichtere Verletzungen[27]. Nach Schild ist der Sport ein rechtsfreier Raum (Jura 82, 585 und Sportstrafrecht, 2002, 114). Zur völlig anders gelagerten Problematik des Doping s.u. Rn. 36.
17
cc) Bei der Mitfahrt im Straßenverkehr wird ebenfalls neuerdings im Anschluss an BGHZ 34, 354 die Einwilligung auf wenige Ausnahmefälle beschränkt[28]. Sicher kann nicht jede Mitfahrt als Einwilligung angesehen werden[29], auch nicht bei Verwandten[30]. Da jedoch der zur Verletzung führende Fahrfehler in aller Regel nicht aus heiterem Himmel kommt, wird jedenfalls die weitere Mitfahrt häufig eine Einwilligung enthalten. Dass sich die Einwilligung auf eine Ordnungswidrigkeit bezieht, macht die Tat nicht sittenwidrig (BayObLG JR 78, 296 m.Anm. Kienapfel).