Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1», sayfa 22
V. Das Verhältnis zwischen Körperverletzungs- und Tötungsdelikten
Schrifttum:
Jakobs, Die Konkurrenz von Tötungsdelikten mit Körperverletzungsdelikten, 1967; Meister, Das Verhältnis der Tötungsdelikte zu den Körperverletzungsdelikten, DStrR 44, 37; Schmitt, Vorsätzliche Tötung und vorsätzliche Körperverletzung, JZ 62, 389; Widmann, Die Bestrafung wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Tötung bei gleichzeitigem Vorliegen eines sog. erfolgsqualifizierten Delikts, MDR 66, 554.
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Dass in jeder Tötung objektiv und subjektiv eine Körperverletzung als Durchgangsstadium enthalten ist, aber als subsidiär zurücktritt, wurde bereits o. § 2 Rn. 21 dargelegt.
Dies gilt allerdings nicht bei einem bloßen Tötungsversuch. Zunächst verbleibt es bei der Strafbarkeit wegen der Körperverletzung, wenn der Täter vom Tötungsversuch strafbefreiend zurücktritt. Aber auch im Übrigen verlangt die Klarstellungsfunktion der Tateinheit, dass neben dem Tötungsversuch eine vollendete Körperverletzung bejaht wird[82]. Eine vorsätzliche schwere Körperverletzung nach § 226 Abs. 2 kann allerdings wegen des Dauerelements der Folgen bei einem Tötungsversuch nur bejaht werden, wenn sie alternativ vom Vorsatz umfasst war (BGH NJW 01, 980).
Fehlt bei einer Tötung Fahrlässigkeit oder ist sie nicht nachweisbar, so kann eine fahrlässige Körperverletzung übrigbleiben[83].
Anmerkungen
[82]
BGH 44, 196 m. Anm. Satzger JR 99, 203. Anders die bis dahin herrschende Rechtsprechung (BGH 16, 122; 21, 265; 22, 248).
[83]
BGH JR 79, 429.
§ 9 Die Tatbestände der Körperverletzung
Schrifttum:
S. bei § 8.
I. Die einfache Körperverletzung als Grundtatbestand (§ 223)
1. Tatbestand
a) Der objektive Tatbestand
1
aa) Allgemeines. Der objektive Tatbestand der Körperverletzung besteht alternativ in einer körperlichen Misshandlung oder in einer Schädigung an der Gesundheit. Beide Tatbestände werden häufig übereinstimmen (z.B. beim schmerzhaften Ausschlagen eines Zahnes); nötig ist dies aber nicht. Es sind Gesundheitsschädigungen denkbar, die das subjektive Wohlbefinden des Angegriffenen nicht beeinträchtigen, ja geradezu erhöhen, also keine „Misshandlungen“ darstellen können (z.B. Verabreichung von Rauschgiften, RG 77, 17), andererseits auch Misshandlungen ohne Gesundheitsschädigung (z.B. eine leichte Ohrfeige). Die beiden Tatbestände stehen also zueinander im Verhältnis zweier sich weitgehend, aber nicht völlig überdeckender Kreise (vgl. auch Hirsch ZStW 83, 142).
2
Angriffsobjekt ist der Körper eines anderen. Infolge dieser „körperlichen“ Objektsbezogenheit besteht die Handlung in der Regel auch in einer körperlichen Einwirkung (mittels Schlagens, Stoßens, groben Anpackens usw.). Doch erschöpft sich die Körperverletzung darin nicht. Auch Einwirkungen ohne körperliche Berührung sind möglich, so durch Herbeiführung eines Herzinfarkts oder Nervenschocks durch Schreckschusspistolen, Verkehrsunfall[1], verkehrswidrige Fahrweise[2] oder telefonische Bedrohung (BGH NJW 96, 1069; OLG Köln NJW 97, 2191), durch hypnotische Einwirkung (RG 64, 119), durch „Gespensterspielen“, durch Erzeugung nächtlichen Arbeitslärms (OLG Koblenz ZMR 65, 223) oder durch die Überbringung einer unwahren Schreckensnachricht (LG Aachen NJW 50, 759).
Tatbestandsmäßig sind in allen diesen Grenzfällen aber nur Einwirkungen auf die Körperlichkeit, die u.U. erst durch Vermittlung des vegetativen Nervensystems zum Tragen kommen. Rein seelische Einwirkungen, Störungen des psychischen Gleichgewichts ohne gleichzeitigen Affekt der physischen Konstitution scheiden für die einfache Körperverletzung aus[3], können aber beim Hinzutritt weiterer Voraussetzungen nach § 225 (u. § 10) strafbar sein.
Auf die Mittel kommt es grundsätzlich nicht an, doch führt die Verwendung bestimmter gefährlicher Mittel zur Strafbarkeit nach § 224 (u. II A). Dass eine Körperverletzung durch Unterlassen (z.B. durch Vorenthaltung von Nahrung) begangen werden kann, ist selbstverständlich und häufig[4].
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bb) Die körperliche Misshandlung gliedert sich nach der Rechtsprechung noch einmal auf, und zwar in die Verletzung der körperlichen Integrität und die nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens. Auch diese Begriffe überdecken sich weitgehend, aber nicht völlig. Unter dem Einfluss der Lehre vom Handlungsunwert ist heute die normative Definition als „üble, unangemessene (sozialwidrige) Behandlung“ verbreitet[5]; sie kann jedoch nur ein zusätzliches Erfordernis sein[6].
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Zur Misshandlung gehören insbesondere die Fälle der Verletzung der körperlichen Integrität. Deren schwerste Gruppen werden von § 226 (u. II B) umfasst; im Übrigen sind sie nach dem Grundtatbestand zu beurteilen. Hierher gehört das Zopfabschneiden, Abrasieren der Haare[7], die Defloration (RG 56, 64), die Zertrümmerung der im Munde festsitzenden Zahnprothese, Entstellungen (Bemalen des Gesichts eines Schlafenden mit Ölfarbe) u.a. Die Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens besteht vor allem in der Zufügung von Schmerzen (Schroeder FS Hirsch 729, 733). Im Übrigen ist sie nur dann „Misshandlung“, wenn zu den physiologischen Grundvoraussetzungen noch eine gewisse Erheblichkeit von Einwirkung und Erfolg hinzutritt (z.B. Durchnässung mit Brennspiritus, BGH NStZ 07, 701). Bloßes körperliches „Unbehagen“ (erst recht also nur eine psychisch bedingte Missstimmung, hervorgerufen z.B. durch das Betrachtenmüssen eines hypermodernen Gemäldes) scheidet daher aus[8]. Sehr weit geht die ältere Rechtsprechung, die z.B. das Ekelgefühl durch Angespucktwerden oder beim Einnehmen eines schlecht schmeckenden, im Übrigen harmlosen Getränkes usw. als Misshandlung deutete[9]. Umstritten ist die Beurteilung kurzer „Schockwirkungen“[10].
Wolters SK 8 will auch unerhebliche Einwirkungen einbeziehen, sofern sie entsprechend der oben erwähnten neueren Definition als eine „üble, unangemessene Behandlung“ erscheinen. Indem er diese mit der bewussten Ehrverletzung gleichsetzt, reißt er jedoch die mühselige Aufspaltung der römisch-rechtlichen iniuria (s.o. § 8 Rn. 2) und die damit gewonnene Grenze gegenüber der Beleidigung wieder ein. Groteske Beurteilung des Fußtritts eines Polizeibeamten als unerhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens bei OLG Düsseldorf NJW 91, 2918. Schmerzerregung ist nicht unbedingt erforderlich: „misshandelt“ werden kann auch ein infolge sinnloser Betrunkenheit, Abstumpfung oder geistiger Erkrankung schmerzunempfindlich Gewordener[11].
5
Als Gesundheitsschädigung gilt jede Herbeiführung eines vom relativen Normalzustand der körperlichen Funktionen des Opfers nachteilig abweichenden Zustandes; hierher gehört jede Herbeiführung oder Vertiefung (BGH NJW 60, 2253; NStZ 88, 25) einer bereits vorhandenen pathologischen Verfassung. Die Wirkungsdauer des nachteiligen Zustands ist unerheblich (Gesundheitsschädigung daher auch die Herbeiführung eines „gesunden“ Rausches ohne nachteilige Folgen, BGH NJW 83, 462), doch bleiben auch hier unerhebliche Wirkungen (leichte Kopfschmerzen als Folge übermäßiger Lärmentwicklung) außerhalb des Tatbestandes. Eintritt geistiger Störungen auf pathologischer Grundlage ist selbstverständlich auch Gesundheitsschädigung (s. aber § 226: Geisteskrankheit als Anlass der Umqualifizierung zum Verbrechen, u. II B). Auf die Mittel der Gesundheitsschädigung kommt es nicht an: auch die Ansteckung eines anderen mit einer Krankheit ist tatbestandsmäßig[12]. Bei bewusstem freiwilligem Kontakt mit dem Infizierten liegt allerdings eine Selbstgefährdung vor, die den anderen Beteiligten straflos lässt[13]. Versuche, die Selbstgefährdung auf jeden Sexualverkehr ohne Vertrauensbeziehung auszudehnen (Kreuzer ZStW 100, 801), sind bei aller Fürsorge für das Sexualleben der Infizierten letztlich sexualfeindlich. Eine Gesundheitsschädigung ist auch die übermäßige Bestrahlung, auch wenn Schäden klinisch noch nicht wahrnehmbar sind (BGH 43, 306, 346; dazu schon o. § 8 Rn. 25).
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Eine Schwangerschaft ist zwar keine Gesundheitsschädigung (Wolters SK 28), wohl aber eine Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens, sodass bei Täuschung der Frau und vor allem bei einer fahrlässigen Verwechslung der Antibabypille mit insoweit unwirksamen Medikamenten durch einen Apotheker eine Körperverletzung in Betracht kommt[14]. Der Schwangerschaftsabbruch als solcher ist keine Körperverletzung an der Mutter (s.o. §§ 1 Rn. 9, 6 Rn. 14).
Anmerkungen
[1]
BGH NStZ 86, 166; OLG Hamm JMBlNRW 63, 274; OLG Koblenz VRS 42, 29.
[2]
OLG Hamm DAR 72, 190; OLG Frankfurt VRS 38, 49.
[3]
BGH NStZ 97, 123; OLG Hamm MDR 58, 939; OLG Düsseldorf NJW 02, 2118 m. Anm. Pollähne StV 03, 563 (nächtl. Telefonanrufe, anders noch OLG Hamburg MDR 54, 630).
[4]
Rechtsprechung bei Grünewald LK 16.
[5]
Würtenberger DRZ 48,291; Eb. Schmidt JZ 59, 519; Kienapfel aaO 25 ff.; Blei II § 12 II; Sternberg-Lieben S/S 3; Grünewald LK 6.
[6]
BGH 14, 269; Schroeder FS Hirsch 730 ff.; Murmann Jura 04, 102.
[7]
Abw. RG 29, 58; wie hier BGH NJW 53, 1440 und MDR/D 66, 892.
[8]
BGH NStZ 97, 123: bloßes Kribbeln in den Beinen bei Eintauchen eines Föhns in die Badewanne; OLG Köln NJW 96, 2191: Durchfall infolge Bedrohung; BGH NStZ 07, 218; 08, 632: nicht einverständlicher Geschlechtsverkehr und gynäkologische Untersuchung ohne Indikation.
[9]
RG GA 49, 274; Sternberg-Lieben S/S 4. Dagegen wie hier Grünewald LK 8; Sauer 281; Lange I 1; OLG Zweibrücken NJW 91, 240.
[10]
Vgl. OLG Stuttgart NJW 59, 831; OLG Hamm MDR 58, 939; BGH NStZ 97, 123.
[11]
RG 19, 136; BGH 25, 278; Schroeder FS Hirsch 730 f.
[12]
Zur Aids-Problematik Eberbach JR 86, 230; Bruns NJW 87, 693, 2281; Herzberg NJW 87, 1461, 2283 und JuS 87, 777; Herzog/Nestler-Tremel StV 87, 360; AG München NJW 87, 2314 m. Anm. Arloth NStZ 87, 407; BGH 36, 1, 262. A.A. AG Kempten NJW 88, 2314; Prittwitz StV 89, 127. Zu den Sondertatbeständen zum Schutz der Volksgesundheit s.o. § 8 Rn. 10.
[13]
Prittwitz NJW 88, 2943; StV 89, 128; BayObLG NStZ 90, 81 m. Anm. Dölling JR 90, 474 und Hugger JuS 90, 972.
[14]
Vgl. zivilrechtlich LG Itzehoe FamRZ 69, 90 mit Anm. Mertens 252 und Heldrich JuS 69, 455. S.a. § 4 Abs. 1 Nr. 1, 2 ESchG (dazu Schroeder FS Miyazawa 95, 533, 543).
b) Der subjektive Tatbestand
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Die Körperverletzung ist ein kongruent aufgebautes Delikt: Vorsatz (einschließlich des bedingten) ist erforderlich und genügend. Motive (auch ein unangebrachter Scherz kann Körperverletzung sein) und Tendenzen sind für den Tatbestandsaufbau unerheblich. Bedenklich erscheint die Ablehnung des Vorsatzes bei affektiver Erregung (BGH NStZ 04, 201 m. Anm. H. Schneider). Ein error in objecto ist bei Gleichwertigkeit der Objekte (eine „andere Person“) unbedeutsam, desgleichen ein Irrtum über den Verletzungsgrad. Tritt die Verletzung an anderer Stelle ein als vom Täter bezweckt, liegen nur Fahrlässigkeit und Versuch vor[15]. Bei Zweifeln über den Vorsatz soll nach BGH 17, 210 die fahrlässige Körperverletzung als „Auffangtatbestand“ eingreifen; hiergegen bestehen die gleichen Bedenken wie gegenüber der Entscheidung BGH 9, 390 (vgl. AT § 10 Rn. 31; LK12 § 15 11).
Anmerkungen
[15]
Vogel LK12 § 16 74 ff.. A.A. OLG Bremen MDR 59, 777.
2. Strafantrag – Strafe – Konkurrenzfragen
8
a) Die einfache Körperverletzung ist nach § 230 ein durch das Fehlen besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung bedingtes Antragsdelikt (nicht zu verwechseln mit den „relativen“ Antragsdelikten, z.B. § 247; u. § 33 Rn. 141 ff.). Das bedeutet: grundsätzlich setzt die Eröffnung eines gerichtlichen Verfahrens einen Strafantrag des Verletzten oder seines Dienstvorgesetzten voraus (§§ 77 ff.). Ist dieser gestellt, so ist der Raum für eine Privatklage (§ 374 Abs. 1 Nr. 4 StPO) oder, bei Bestehen „öffentlichen Interesses“ (§ 376 StPO), auch für eine öffentliche Klage frei. Ist aber ein „besonderes öffentliches Interesse“ zu bejahen (z.B. bei Präjudizialität oder bei einschlägigen Vorstrafen des Täters), so kann der Staatsanwalt die öffentliche Klage ohne Bindung an eine Frist und ohne Rücksicht darauf erheben, ob der Verletzte einen Strafantrag gestellt hat; das Vorliegen eines „besonderen öffentlichen Interesses“ kann die Staatsanwaltschaft formlos in jedem Stadium des Verfahrens, insbesondere auch noch in der Revisionsinstanz, erklären (BGH 6, 282; BGH 16, 225; bestr.); diese Erklärung ersetzt einen fehlenden, unwirksamen oder zurückgewiesenen Strafantrag. Die Erklärung der Staatsanwaltschaft über das Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses ist bis zur Hauptverhandlung ohne Weiteres, nachher nur mit Zustimmung des Gerichts zurücknehmbar[16]; sie unterliegt keiner gerichtlichen Nachprüfung nach §§ 23 ff. EGGVG[17]. Die nachträgliche Verneinung des öffentlichen Interesses bedeutet als solche aber noch keine Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO (OLG Stuttgart NJW 61, 1126; bestr.) und umgekehrt (OLG Düsseldorf DAR 71, 160).
b) Strafe: Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe (Verschärfung und Aufhebung der Strafschärfung für Taten gegen Verwandte aufsteigender Linie nach Abs. 2 durch das VerbrechensbekämpfungsG 1994). Das Gewaltschutzgesetz ermöglicht zur Abwendung weiterer Körperverletzungen den Erlass strafbewehrter Betretungs- und Kontaktverbote durch die Zivil- und Familiengerichte.
9
c) Idealkonkurrenz besteht vielfach mit Gewaltdelikten wie Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Sexualstraftaten. Zum Verhältnis zu den Tötungsdelikten s.o. § 2 Rn. 21, § 8 Rn. 42. Das Verhältnis zwischen Körperverletzung und tätlicher Beleidigung (§ 185 2. Alt.) lässt sich angesichts der weitgehenden äußeren Übereinstimmung der Handlungen überwiegend nur nach dem subjektiven Tatbestand bestimmen: daher nur Beleidigung, wenn der Täter beim Schlage lediglich an Missachtung dachte; Idealkonkurrenz dagegen, wenn die körperliche Misshandlung neben der Missachtung in den Vorsatz aufgenommen war. Unter dieser Voraussetzung kann daher auch eine versuchte Körperverletzung zugleich als vollendete Beleidigung (Real- und Symbolinjurie) strafbar werden. Eine zusätzlich fahrlässig verursachte Körperverletzung kann nicht im Wege der Idealkonkurrenz, sondern nur bei der Strafzumessung berücksichtigt werden[18].
10
d) Die als Nebenfolge vorgesehene Buße (§ 231 a.F.) ist – ebenso wie bei der Beleidigung (§ 188) – im Einklang mit den früheren Entwürfen durch das EGStGB mit Wirkung vom 1.1.75 beseitigt worden. Sie war durch das 1943 eingeführte Adhäsionsverfahren (§§ 403 ff. StPO) überholt und hatte in der Praxis keine Bedeutung. Nach § 233 a.F. konnte bei der Erwiderung von einfachen oder fahrlässigen Körperverletzungen und Beleidigungen mit solchen die Strafe nach § 49 Abs. 2 gemildert oder sogar von Strafe abgesehen werden (sog. Kompensation). Dieses Institut wurde durch das 6. StrRG 1998 abgeschafft, da die §§ 153, 153a StPO und § 59 StGB ausreichten (BT-Dr 13/8587 S. 36).
Anmerkungen
[16]
RG 77, 72; OLG Bremen JZ 56, 633; Oehler aaO 632; Vogel aaO.
[17]
BVerfGE 51, 177; BGH 16, 225; BayObLG NJW 91, 1765. A.A. Thierfelder NJW 62, 116; Kröpil NJW 92, 654; Popp LK 16.
[18]
BGH NStZ 97, 493 (m. unzutr. Annahme zweier Handlungen). A.A. Paul JZ 98, 297.
II. Die qualifizierenden Abwandlungen der Körperverletzung
1. Gefährliche Körperverletzung (§ 224)
Schrifttum:
Eckstein, Das gefährliche Werkzeug als Mittel zum Zweck der Körperverletzung, NStZ 08, 125; Heinrich, Die gefährliche Körperverletzung, 1993; Küper, Konvergenz. Die gemeinschaftliche Körperverletzung im System der Konvergenzdelikte, GA 97, 301; Hilgendorf, Körperteile als „gefährliche Werkzeuge“, ZStW 112, 811; Leißner, Der Begriff des gefährlichen Werkzeugs im StGB, 2002; Triantafyllou, Das Delikt der gefährlichen Körperverletzung (§ 223a StGB) als Gefährdungsdelikt, 1996; Küpper, Lebensgefährdende Behandlung, FS Hirsch 595.
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Der schon durch Novelle vom 26.2.1876 eingefügte § 223a sollte die Lücke zwischen der einfachen und der schweren Körperverletzung schließen. Durch das 6. StrRG 1998 wurde er unter Eingliederung des § 229 a.F. (Vergiftung) zu § 224. Er ist eine unselbstständige Abwandlung des Grunddelikts. Die Qualifikation ist ohne Rücksicht auf den Erfolg durch die Begehungsart gegeben; damit wandelt sich das reine Erfolgsdelikt des § 223 in § 224 zu einem Erfolgsdelikt mit strafschärfendem Gefährdungscharakter. Im Einzelnen umfasst die Vorschrift fünf Tatbestände. Grundgedanken der Qualifikation sind die erhöhte Gefährlichkeit (Abs. 1 Nr. 1, 2, 5) und die verringerte Chance des Opfers, sich zu wehren (Nr. 3, 4)[19]. Der Tatbestand wurde durch das 6. StrRG mehrfach ausgeweitet und bedarf – vor allem angesichts der gleichzeitigen Erhöhung des Strafrahmens – einschränkender Auslegung. Die Einführung minder schwerer Fälle darf nicht zu einer Ausweitung des Tatbestandes führen.
12
Einige Autoren sehen § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur noch als Sonderfall der Nr. 2[20] und als „letztlich überflüssig“ an (Rengier II § 14 Rn. 23). Solange beide jedoch als eigene Nrn. bestehen, sind sie gesondert zu prüfen und ggf. zu bejahen. Die Bejahung mehrerer Alternativen ist für die Strafzumessung bedeutsam (Grünewald LK 42). Die Auslegung sollte sich daher bemühen, die Alternativen voneinander abzugrenzen.
Anmerkungen
[19]
Heinrich aaO sieht als einschränkenden Grundgedanken den bewussten Einsatz eines die Angriffswirkung erhöhenden Faktors. Zust. Paeffgen/Böse NK 2 ff.
[20]
Küpper S. 63; Leißner aaO 56 ff.
a) Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen (Nr. 1)
13
Nr. 1 macht die Begehungsweisen des § 229 a.F. (der nur die Absicht einer Gesundheitsschädigung verlangte und daher ein bloßes Gefährdungs- und Absichtsdelikt war) zu Qualifikationen der Körperverletzung und damit die „Giftbeibringung“ zu einem Erfolgsdelikt.
Gifte sind organische oder anorganische Stoffe, die chemisch oder chemisch-physikalisch wirken (z.B. Arsen, Zyankali, Gas, Pflanzengifte, Säuren). Andere gesundheitsschädliche Stoffe sind Stoffe, die mechanisch, thermisch oder infektiös wirken (zerstoßenes Glas, kochendes Wasser, Bakterien, Viren). Die Stoffe müssen nach ihrer konkreten Verwendung gesundheitsschädlich sein, sodass auch generell (abstrakt) unschädliche Stoffe des täglichen Lebens bei Überdosierung, Anwendungsart oder Alter oder Konstitution des Opfers darunter fallen[21].
Da die Gesundheitsschädigung bereits vom Grundtatbestand des § 223 vorausgesetzt wird, läuft das Wort „gesundheitsschädlich“ leer und beschränkt sich die Qualifikation auf die „Beibringung von Stoffen“. Diese nach dem Wortlaut mögliche Ausweitung (Eingabe eines harmlosen Schlafmittels in das Essen der Kinder als gefährliche Körperverletzung?) muss angesichts der Höhe der Strafdrohung einschränkend ausgelegt werden. In Betracht kommen daher nur Gifte und andere Stoffe, die zur Verursachung erheblicher oder länger dauernder Gesundheitsschäden geeignet sind[22].
14
Das Beibringen wurde bei § 229 a.F. als jedes Inverbindungbringen des Stoffes mit dem Körper ausgelegt, wobei sogar eine Wirkungsweise an der Außenseite des Körpers genügte (BGH 32, 132: Begießen mit Salzsäure). Im Gegensatz zu der Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs (Nr. 2, s.u. 2)[23] muss die Gesundheitsschädigung jedoch von dem Stoff selbst ausgehen und nicht von den mechanischen Kräften bei seiner Anwendung[24].