Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1», sayfa 23
Anmerkungen
[21]
BGH 51, 22: Eine Mutter hatte ihre vierjährige Tochter gezwungen, einen von dieser irrtümlich versalzenen Pudding zu essen, woran sie verstarb. Der BGH verneinte immerhin den Vorsatz. Dazu Bosch JA 06, 744.
[22]
Küpper § 2 Rn. 7b; Rengier II § 14 Rn. 16; Wessels/Hettinger/Engländer 287; Krey/Hellmann/Heinrich I 248 ff.; La/Kühl 1a.
[23]
Im letzten Staatsexamen qualifizierte ein Bearbeiter den Schlag mit einem Maßkrug als „Beibringung eines gesundheitsschädlichen Stoffes“.
[24]
Ein Teil der Literatur will um der Eigenständigkeit des § 224 Abs. 1 Nr. 1 willen das „Beibringen“ auf die Verursachung einer Wirkung „von innen“ beschränken (Schuhmacher BochErl 5; Jäger JuS 00, 35; Wallschläger JA 02, 392; Eckstein NStZ 08, 126).
b) Verwendung einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs (Nr. 2)
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Die Formulierung „Waffe oder anderes gefährliches Werkzeug“ findet sich inzwischen auch in zahlreichen anderen Tatbeständen (§§ 133 Abs. 2, 127, 177 Abs. 7 und 8, 244, 250 Abs. 1 und 2) und gehört damit zum „Allgemeinen Teil des Besonderen Teils“ (Einl. Rn. 4)[25]. Während sie dort infolge der weiteren Formulierungen „Verwendung bei“ oder gar „Beisichführen“ erhebliche Probleme aufwirft (s.u. §§ 18 Rn. 23, 33 Rn. 116, 35 Rn. 26), sind die Probleme hier durch das Erfordernis „mittels“ geringer.
Die Waffe ist zwar nur ein Unterfall des gefährlichen Werkzeugs und muss daher ihrerseits gefährlich sein (BGH 44, 103); sie bedarf aber angesichts ihrer Voranstellung und der Beschränkung auf sie in den §§ 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 1; 125a S. 2 Nr. 1 einer gesonderten Definition. Waffen im strafrechtstechnischen Sinn sind Geräte, die ihrer Natur nach dazu bestimmt sind, Verletzungen erheblicherer Art herbeizuführen (BGH 4, 127; 45, 92). Das Waffengesetz von 2003 kann mit seinen durch einen anderen Zweck bedingten unübersichtlichen Ausweitungen und Gleichstellungen nur eine Orientierung geben (BGH 48, 203). Waffen sind danach Schusswaffen (bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden), aber auch Gas- (BGH 45, 92) und Schreckschusspistolen (BGH 48, 197), Hieb-, Stoß- und Wurfwaffen sowie Spring-, Fall-, Faust- und Butterflymesser (s.a. Fischer NStZ 03, 569). Auch bei Körperverletzungen mittels Jagd- und Sportwaffen wird man kaum sagen können, dass sie nicht „mittels einer Waffe“ begangen sind.
Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung im konkreten Fall als Angriffs- oder Verteidigungsmittel geeignet ist, erhebliche körperliche Verletzungen hervorzurufen (BGH NStZ 87, 174)[26].
Darunter fällt auch der für sich harmlose Gegenstand, z.B. ein Zahnstocher bei Benutzung als Stichinstrument. Ferner können hierunter fallen: ein Weinschlauch (BGH 3, 105), ein gehetzter Hund (BGH 14, 152), ein Kraftfahrzeug (BGH VRS 156, 189), eine brennende Zigarette (BGH NStZ 02, 30, 86). Die Verwendung von Schuhen bei Fußtritten hängt ab von der betroffenen Körperregion[27]. Nach der Einführung der Nr. 1 (s.o. 1) besteht jedoch kein Anlass, die frühere, an der Grenze des Wortlauts und damit des Grundsatzes „nulla poena sine lege“ befindliche Einbeziehung von Flüssigkeiten (BGH 1, 1; MDR/D 56, 526; NStZ 87, 174) einschließlich Viren- und Bakterienträgern (8. Aufl.) weiter aufrechtzuerhalten. Operationswerkzeuge sind zwar nicht in der Hand des Arztes (s.o. § 8 Rn. 24), wohl aber in der des Laien gefährlich[28].
Ein Körperteil ist kein gefährliches Werkzeug[29], selbst wenn er – wie beim Karate – seinem natürlichen Gebrauch völlig entfremdet wird. Dagegen ist die Armprothese ein gefährliches Werkzeug (RG Recht 1907, 264).
Die Qualifizierung greift auch ein, wenn nicht das Werkzeug gegen den Körper, sondern dieser gegen das Werkzeug hin bewegt wird (A setzt den B auf eine glühende Herdplatte oder stößt ihn gegen ein Eisengitter)[30]. Fußboden und Wände sind allerdings keine „Werkzeuge“[31], das Gegen-sie-Stoßen aber u.U. eine das Leben gefährdende Behandlung (u. 5). Gegenstände, mit deren Hilfe das Opfer gegen den Fußboden oder eine Wand geschleudert wird (Katapult, Kfz), sind jedoch ihrerseits gefährliche Werkzeuge[32]. Nicht mehr „mittels“ eines gefährlichen Werkzeugs erfolgt die Verursachung eines Unfalls durch den Schuss auf die Reifen eines Kfz (BGH NStZ 06, 572).
Anmerkungen
[25]
Hierzu J. Becker, Waffe und Werkzeug als Tatmittel im Strafrecht (Diss. Heidelberg), 2003.
[26]
Die Auffassung, wegen der Verschärfung der Strafdrohung durch das 6. StrRG müssten „gravierende“ Verletzungen drohen, wurde von BGH NStZ 02, 86 zurückgewiesen. Großzügig BGH StV 02, 482 = NStZ 02, 594: keine Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs (und auch keine das Leben gefährdende Behandlung, s.u. Rn. 18), weil es dem Täter nur gelang, die Plastiktüte bis zur Nase über den Kopf zu ziehen.
[27]
BGH 30, 375; NStZ 84, 328; 99, 616. Zum Wandel des Turnschuhbegriffs OLG Düsseldorf NJW 89, 920.
[28]
BGH NStZ 87, 174. Dazu Wolski GA 87, 527.
[29]
BGH GA 84, 124. A.A. Hilgendorf ZStW 112, 811.
[30]
RG 24, 372; Grünewald LK 23.
[31]
BGH 22, 235 m. abl. Anm. Schmitt JZ 69, 304; BGH NStZ 88, 361. A.A. Lilie LK11 27. Zu eng BGH MDR/H 79, 987; Krey/Hellmann/Heinrich 259: Ausschluss aller unbeweglichen Gegenstände.
[32]
Eckstein NStZ 08, 128. A.A. BGH NStZ 07, 405 m. zust. Anm. Krüger NZV 07, 482: fehlende Unmittelbarkeit. Zu weit KG NZV 06, 111: „mit Hilfe“ genügt.
c) Mittels eines hinterlistigen Überfalls (Nr. 3)
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Ein hinterlistiger Überfall ist ein planmäßiges Vorgehen unter Verdeckung der wahren Absicht, um gerade hierdurch dem Angegriffenen die Abwehr des nichterwarteten Angriffs zu erschweren[33]. Ein Angriff „von hinten“ und die bloße Ausnutzung des Überraschungsmoments reichen nicht aus (BGH GA 68, 370; NStZ 07, 702), anders allerdings nach Verstecken und Auflauern (BGH GA 69, 61; NStZ 05, 40). „Hinterlist“ verlangt also mehr als die Heimtücke beim Mord (s.o. § 2 Rn. 43 ff.). Die Rechtsprechung wertet auch die heimliche Beibringung von Betäubungsmitteln als „hinterlistigen Überfall“[34], doch wird hierbei der Begriff des „Überfalls“ in unzulässiger Weise überschritten.
Anmerkungen
[33]
RG 65, 65; BGH MDR/D 56, 526. Bedenklich BGH NStZ 04, 93: Freundlichkeit eine halbe Stunde vor dem Überfall.
[34]
BGH NStZ 92, 490; NStZ-RR 96, 101.
d) Mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4)
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Diese Regelung ist in sich widersprüchlich (Schroeder JuS 02, 140). „Gemeinschaftlich“ bedeutet nach § 25 Abs. 2 StGB Mittäterschaft, „Beteiligte“ sind nach § 28 Abs. 2 StGB Täter und Teilnehmer, also auch Anstifter und Gehilfen. Man wird diese beiden gegensätzlichen Aussagen des Gesetzes dahingehend vereinen müssen, dass eine Anwesenheit der Beteiligten am Tatort erforderlich ist und damit eine besonders bedrohliche Situation für das Opfer besteht[35]. Eine Kenntnis des Opfers von der Beteiligung eines anderen ist nicht erforderlich (BGH NStZ 06, 572: Ankündigung der Ankunft des Opfers mit Handy).
Anmerkungen
[35]
So jedenfalls für die Beihilfe jetzt auch BGH 47, 383 mit der bei so kleinflächigen Problemen üblichen Anmerkungsflut (Heinrich JR 03, 213; Küper GA 03, 363; Schroth JZ 03, 215; Stree NStZ 03, 203; Paeffgen StV 04, 77). Der Anstifter ist jedoch mindestens ebenso gefährlich wie der Gehilfe.
e) Lebensgefährdende Behandlung (Nr. 5)
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Die Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB stellt nicht auf die Lebensgefährlichkeit der verursachten Verletzung, sondern auf die lebensgefährdende Behandlung ab. Auch diese Handlung braucht jedoch das Leben des Opfers nicht konkret zu gefährden. Ausreichend ist vielmehr eine objektive Eignung der Handlung zur Lebensgefährdung, wobei die konkreten Umstände zu berücksichtigen sind[36]. Typische Fälle sind: das Stoßen des Kopfes gegen Wände oder auf das Straßenpflaster (BGH 22, 235), Würgegriffe (BGH GA 61, 241), das Anfahren eines Fußgängers mit einem Kraftwagen (BGH VRS 14, 286), schwere Schläge oder Tritte an den Kopf (BGH NJW 90, 3156). Eine lebensgefährdende Behandlung ist auch der ungeschützte Geschlechtsverkehr eines Aids-Infizierten (BGH 36, 9, 265; s.o. § 2 Rn. 9). Nicht ausreichend ist die mittelbare Gefährdung durch Stoßen auf die Autobahn (BGH NStZ 07, 34). Die Qualifikation kann auch durch Unterlassen verwirklicht werden (BGH JR 56, 347 m. Anm. Maurach). Für den subjektiven Tatbestand begnügt sich die Rechtsprechung unzulässig mit der Kenntnis der die Lebensgefährdung begründenden Umstände[37].
Anmerkungen
[36]
So BT-Dr 13/8587 S. 83 unter Berufung auf die Rechtsprechung zum bisherigen Recht (BGH 36, 9).
[37]
BGH 19, 352; 28, 17; 36, 15. Dagegen mit Recht La/Kühl 9; Wessels/Hettinger/Engländer 307 ff.
2. Schwere Körperverletzung (§ 226)
Schrifttum:
v. Els, Verlust des Sehvermögens und anderer in § 224 StGB genannter Fähigkeiten, NJW 74, 1074; Remmele, Die dauernde erhebliche Entstellung i.S.d. § 224 StGB, NJW 63, 22; Stree, Zur Auslegung der §§ 224, 226 StGB, GA 60, 289; Wegner, Zum Tatbestandsmerkmal der „dauernden Entstellung“ (§ 224 StGB), NJW 66, 1849; Wegner, Die „dauernde Entstellung“ nach § 224 StGB – Gesetzeskonkurrenz mit § 223a StGB, NJW 67, 671.
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a) Im Gegensatz zu § 224 stellt § 226 nicht auf die Begehungsart, sondern allein auf den Erfolg ab. Auf die Mittel, mit denen der qualifizierende Erfolg erreicht wurde, kommt es nicht an; daher baut § 226 unter Umgehung des § 224 unmittelbar auf dem Grunddelikt auf. Die Tat wird zum Verbrechen i.S. des § 12 umqualifiziert, wenn die Körperverletzung bestimmte schwere Folgen gehabt hat.
§ 226 kann auch angewendet werden, wenn die schwere Folge unmittelbar, d.h. ohne zeitlich vorausgegangene einfache Körperverletzung, eintritt. Denn in dem schweren Erfolg ist der Erfolg des Grunddelikts notwendig enthalten. Der insoweit erforderliche Vorsatz ist hier entweder ebenfalls in dem Allgemeinvorsatz enthalten oder er ergibt sich aus den Grundsätzen über die unwesentliche Abweichung des Kausalverlaufs (näher Schroeder LK12 § 18 16).
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Bis zum 3. StÄG vom 4.8.53 genügte für § 226 wie für die anderen erfolgsqualifizierten Delikte die bloße Verursachung der schweren Folge. Diese Regelung war geschichtlich durch Nachwirken des Talionsgedankens (Anknüpfung der Strafe an den objektiv verursachten Erfolg), kriminalpolitisch durch eine bis zur Sinnlosigkeit verzerrte Übersteigerung des Abschreckungszweckes bedingt. Die Qualifizierung wurde auf der Grundlage auch der leichtesten vorsätzlichen Körperverletzung (Ohrfeige, leichter Stoß) ausschließlich vom äußeren Erfolg abhängig gemacht. Zu offensichtlichen Ungerechtigkeiten mussten die erfolgsqualifizierten Delikte in den Fällen eines abnormen, weder für den Täter noch für den unvoreingenommenen ex-ante-Beobachter voraussehbaren, Kausalverlaufes führen. Beispiel: A gibt dem B aus Mutwillen eine leichte Ohrfeige, er konnte nicht wissen, dass B an einer Ohrenkrankheit litt; Ergebnis des Schlages: Taubheit des Geohrfeigten; Ergebnis für A: Bestrafung mit Zuchthaus, denn die Taubheit des B war „Folge“ der Tat, und die absolute Unvoraussehbarkeit spielte keine Rolle. Um diese unbilligen Folgen abzuwenden, sind von Wissenschaft und Praxis die verschiedensten Wege beschritten worden (eingehend 1. Aufl. 72). Seit dem 3. StÄG ist bei § 226 wie bei allen erfolgsqualifizierten Delikten hinsichtlich der schweren Folge mindestens Fahrlässigkeit erforderlich (jetzt § 18).
Die Kausalität ist mithin grundsätzlich auf dem Boden der Äquivalenztheorie festzustellen. Die Zahl der Glieder in der Ursachenkette spielt dabei als solche keine Rolle. Daher wird die Kausalität weder durch eigenes Verschulden des Verletzten (Vernachlässigung einer leichten Wunde) noch durch das Dazwischentreten eines Dritten unterbrochen. Die Rechtsprechung verlangt jedoch einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Körperverletzung und dem Erfolg: in dem Erfolg muss sich gerade die typische Gefahr der Körperverletzung verwirklicht haben (s.u. Rn. 32).
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b) Die qualifizierenden Folgen des § 226 sind im Gesetz abschließend aufgezählt.
aa) Das Seh-, Hör- oder Sprechvermögen ist verloren, wenn es auf einen für das praktische, insbesondere berufliche Leben nicht mehr verwertbaren Rest reduziert ist (OLG Hamm GA 76, 304); im Gegensatz zum Hörvermögen genügt der Verlust des Sehvermögens auf einem Auge. Die Fortpflanzungsfähigkeit umfasst nicht die Beiwohnungsfähigkeit (h.L.; a.A. Hardtung MK 25); selbstverständlich sind beide Geschlechter taugliches Objekt dieser Qualifikation (BGH 10, 315; 21, 194).
bb) Die Wichtigkeit eines vom Verletzten eingebüßten Körpergliedes bestimmt sich zwar nicht nach den individuellen sozialen Verhältnissen des Verletzten, etwa seinem Beruf (Verlust eines Gliedes des Ringfingers eines Pianisten), wohl aber nach seiner individuellen körperlichen Beschaffenheit; dabei sind auch Abweichungen vom Normalen zu berücksichtigen (Finger der linken Hand als wichtiges Glied eines Linkshänders)[38]. Während die Rechtsprechung als Glied früher jeden Körperteil mit abgeschlossener Existenz und Funktion im Gesamtorganismus (RG 3, 392; 64, 202) und daher auch eine Niere als „Glied“ ansah (OLG Neustadt NJW 61, 2076), hat BGH 28, 100 diese Rechtsprechung zurückgewiesen. Da § 226 die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit bestimmter Organe des Körpers gesondert erfasst (Augen, Ohren, Geschlechtsorgane), ist im Umkehrschluss anzunehmen, dass mit dem Begriff des Gliedes nur Körperteile gemeint sind, die mit dem übrigen Körper durch ein Gelenk verbunden sind. Dem Verlust eines wichtigen Gliedes steht (seit dem 6. StrRG 1998) seine dauernde Unbrauchbarkeit gleich; darunter soll nach den Gesetzesmotiven schon die Versteifung eines Gelenkes fallen (BT-Dr 13/9064 S. 38)[39].
cc) Eine „dauernde Entstellung in erheblicher Weise“ besteht in der nicht unerheblichen Verunstaltung der Gesamterscheinung des Verletzten (Fischer 9); daher sind auch von Hause aus unansehnliche Personen taugliche Verletzungsobjekte (BGH MDR/D 68, 16). Entstellt werden können auch Körperteile, die üblicherweise durch die Kleidung verdeckt werden, z.B. bei Tänzerinnen oder Badenden (BGH 17, 163). Bei Narben ist die Rechtsprechung sehr engherzig[40]. Aus dem treffenden Ausdruck „Siechtum“ (statt Krankheit) folgt das Erfordernis eines den Gesamtorganismus dauerhaft angreifenden (chronischen), die Leistungsfähigkeit in hohem Maße beeinträchtigenden Zustandes[41]. Für die Lähmung ist angesichts der Einführung der Gebrauchsunfähigkeit von Körpergliedern (Nr. 1) die bedenkliche Ausweitung auf einzelne Körperglieder (BGH NJW 88, 2622 m. Anm. Kratzsch JR 89, 295) nicht mehr erforderlich (so auch Grünewald LK 24). Eine geistige Krankheit kann auch vorliegen, wenn die Voraussetzungen einer der in § 20 genannten Beeinträchtigungen noch nicht erfüllt sind. Für eine Behinderung bedarf es nicht nur einer Störung der Gehirntätigkeit, sondern diese muss zudem zu körperlichen Funktionsstörungen führen.
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Die Begriffe „Verlust“, „dauernde Entstellung“ und „Verfallen“ bedeuten: in absehbarer Zeit nicht behebbar. Daher sind alle dem Verletzten zumutbaren Möglichkeiten der ärztlichen Kunst zugunsten des Täters zu berücksichtigen; die tatsächliche Nichtvornahme einer Operation muss außer Betracht bleiben[42]; das vieldiskutierte Problem der finanziellen Möglichkeit ist schon angesichts von Versicherungs- und Schadensersatzansprüchen selten relevant und wird für kosmetische Operationen mit der fortschreitenden Anerkennung des psychosomatischen Krankheitsbegriffs (s.o. Rn. 2, § 8 Rn. 2) seine Bedeutung weiter verlieren. Dies kann allerdings nicht bedeuten, auch bei jeder „gut aussehenden“ Prothese (Glasauge, Zahnersatz) eine „erhebliche Entstellung“ abzulehnen[43]. Denn hierfür kommt es nicht nur auf die Auffassung unbeteiligter Dritter, sondern auch auf die nahestehender Personen, insbesondere in der Intimsphäre, an. BayObLG NStZ-RR 04, 264 will sogar die Benutzung von Brillen ausschließen.
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c) Der Vorsatz des Täters muss sich nur auf das den qualifizierten Erfolg auslösende Grunddelikt (§ 223) beziehen, während die Qualifikation dem Täter schon dann zur Last gelegt werden kann, wenn ihn insoweit der Vorwurf der Fahrlässigkeit trifft (§ 18): der konkrete Täter muss in der konkreten Situation in der Lage gewesen sein, zu erkennen, dass sein vorsätzliches Grunddelikt eine der von § 226 aufgezählten Folgen auslösen konnte. Soweit für die Fahrlässigkeit eine Sorgfaltspflichtverletzung verlangt wird (hiergegen Schroeder JZ 89, 776), ist sie durch die Begehung des Grunddelikts automatisch gegeben (BGH 24, 213 m. Anm. Meisenberg NJW 72, 694). Hat der Täter hinsichtlich der schweren Folge absichtlich oder wissentlich gehandelt, so greift § 226 Abs. 2 ein.
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d) Beim Versuch sind drei Möglichkeiten zu unterscheiden.
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aa) Das Grunddelikt (die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223) war vollendet, doch blieb die beabsichtigte oder in Kauf genommene schwere Folge des § 226 aus („versuchte Erfolgsqualifizierung“). Hier ist in Tateinheit mit der vollendeten Körperverletzung ein wegen § 23 strafbarer Versuch des § 226 gegeben[44].
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bb) Schon das Grunddelikt war missglückt (die ätzende Flüssigkeit, die das Gesicht des Opfers treffen sollte, wobei der Täter Entstellung in Kauf nahm, verfehlte ihr Ziel). Hier tritt die versuchte Körperverletzung hinter den zugleich gegebenen Versuch des § 226 zurück.
cc) Schon bei dem Versuch des Grunddelikts trat – vorhersehbar, aber vom Täter nicht vorhergesehen – die schwere Folge ein („erfolgsqualifizierter Versuch“). Hier liegt mangels Vorsatzes bezüglich der schweren Folge kein Versuch des § 226 vor. Ein vollendeter § 226 scheidet ebenfalls aus, da der Wortlaut des § 226 unmissverständlich eine vollendete Körperverletzung voraussetzt[45]. Also ist in Tateinheit neben der versuchten lediglich noch eine fahrlässige Körperverletzung hinsichtlich der schweren Folge gegeben.
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e) Strafe: Freiheitsstrafe von 1–10, bei Abs. 2 3–15 Jahren; in minder schweren Fällen 6 Monate–5 Jahre bzw. 1–10 Jahre (Abs. 2). Die Tat ist also Verbrechen i.S. des § 12.
28
§ 226 konsumiert den bloßen Gefährdungstatbestand des § 224 (BGH NJW 67, 298). Dies gilt jedoch nicht für den Versuch des § 226 (o. Rn. 25), da dann die Vollendung des § 224 im Schuldspruch nicht zum Ausdruck käme (BGH 21, 195).
29
Die Fragen des Zusammentreffens des § 226 mit Tötungsverbrechen sind auch hier unter Zugrundelegung der sog. Durchgangstheorie (vgl. o. §§ 2 Rn. 21, 8 Rn. 42) zu entscheiden. Wenn der Täter dem Opfer absichtlich eine schwere Körperverletzung zufügen will, es aber bei dieser Handlung fahrlässig tötet, ist Idealkonkurrenz zwischen §§ 226, 22 und § 227 gegeben. Wenn dagegen der Täter sein Opfer in Verstümmelungsabsicht verletzt und hierbei den tatsächlich nicht eingetretenen Tod des Verletzten in Kauf genommen hat, stehen § 226 und §§ 212, 22 in Idealkonkurrenz[46]. § 226 Abs. 2 kann – als Durchgangsverletzung – auch bei direktem Tötungsvorsatz gegeben sein, sodass er bei Rücktritt vom Tötungsversuch wieder auflebt (BGH NJW 01, 980 m. abl. Anm. Joerden JZ 02, 414).
Anmerkungen
[38]
BGH NStZ 07, 470 m. Anm. Hardtung 702 u. Bosch JA 07, 818. A.A. wegen der Höhe der Strafdrohung Paeffgen/Böse NK 26 ff.; Wessels/Hettinger/Engländer 315; Jesse NStZ 08, 605.
[39]
Unvergesslich der Kommentar von Dreher/Maassen (1952) zum alten Recht: „Ein steifes Glied ist nicht verloren“.
[40]
BGH NStZ 08, 32: nicht ausreichend 12 cm lange, 4 mm breite leicht wulstförmige Narbe vom Ohrläppchen bis zum Unterkiefer.
[41]
RG 44, 60; 72, 322; Grünewald LK 23.
[42]
Ebenso, z.T. mit Einschränkungen, Blei § 13 IV 1 f.; Wegner NJW 66, 1849; Sternberg-Lieben S/S 5 und Schröder JR 67, 146; Grünewald LK 21 ff.; v. Els NJW 74, 1074. A.A. BGH 17, 161, 165; NJW 67, 297; GA 68, 120.
[43]
BGH 17, 161, 165; Grünewald LK 18. A.A. BGH 24, 315 m. zust.Anm. Ulsenheimer JZ 73, 64; abl. Anm. Hanack JR 72, 472.
[44]
Wie hier BGH 21, 194; 48, 36 (zugleich mit wesentl. Abweichung des Kausalverlaufs!) m. Anm. Kühl JZ 03, 639 n. Hardtung NStZ 03, 261; Fischer 18; Ulsenheimer aaO 276. A.M. Schröder JZ 67, 368.
[45]
A.A. die h.M.; eingehend Schroeder LK11 § 18 37.
[46]
Schmitt JZ 62, 392; Eser/Sternberg-Lieben S/S § 212 23.