Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1», sayfa 28
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Besondere Bedeutung hat die Prüfung der Verwerflichkeit bei Nötigung im Straßenverkehr[72]. Eine Verhinderung des Überholens durch wiederholtes Ausscheren nach links kann bei „erschwerenden Umständen“ verwerflich im Sinne von § 240 Abs. 2 sein (BGH 18, 389). Solche Umstände sind die Gefährdung von Verkehrsteilnehmern (BGH 18, 389; OLG Stuttgart VRS 17, 25), die keine konkrete zu sein braucht[73], das mehrfache Handeln (BGH 18, 393; BayObLG JZ 86, 407) oder ein über die Behinderung hinausgehender verwerflicher Zweck (OLG Celle NJW 59, 1597; OLG Hamm VRS 57, 347: Schikane). Eine Gewaltanwendung zur Erzwingung eines Überholvorgangs ist verwerflich, wenn der Vorausfahrende lediglich zum Zwecke des eigenen schnelleren Vorwärtskommens gefährdet wird[74], nachhaltiger Druck ausgeübt wird und Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen oder der Genötigte sich korrekt verhält[75]. Verwerflich sein kann auch der Missbrauch eines Kfz zu mutwilligen Behinderungen[76] oder zum Zwecke der Selbstjustiz[77]. Dies gilt auch für das Blockieren eines falsch geparkten Pkw (OLG Koblenz VRS 20, 436), während die Androhung, bei hartnäckigem falschen Parken die Luft aus den Reifen abzulassen, nicht verwerflich sein soll[78]. Rechtsprechungsübersicht bei Voß-Broemme NZV 88, 2; Maatz NZV 06, 337. Das Beiseitedrängen eines den Parkplatz besetzt haltenden oder sonst im Wege stehenden Fußgängers ist in der Regel nicht verwerflich, wenn ein Anrecht am Parkplatz besteht und zwar durch früheres Eintreffen mit dem Kfz[79] oder durch Einweisung (OLG Hamburg NJW 68, 662). Dies ist keine Frage der Notwehr[80]. Die Verwerflichkeit kann aber dennoch zu bejahen sein, wenn der Fußgänger erheblich gefährdet wird, ihm keine ausreichende Ausweichmöglichkeit bleibt[81], nicht jedoch, wenn er nur weggeschoben wird[82] oder eine besondere unvernünftige Hartnäckigkeit an den Tag legt (OLG Stuttgart VRS 30, 106).
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Problematisch ist die Verwerflichkeit der Gewaltanwendung auch bei Demonstrationen und anderen kollektiven Meinungsäußerungen. Die umfangreiche Diskussion ist zwar teilweise durch BVerfGE 92, 1 überholt, bleibt aber angesichts der unklaren Situation nach wie vor beachtlich. Die Grundrechte der Demonstranten aus Art. 5 und 8 GG erlauben jedenfalls keine absichtliche gewaltsame Verkehrsbehinderung[83]. Auch der „zivile Ungehorsam“ macht die dabei vorgenommenen „Regelverletzungen“ nicht rechtmäßig[84]. Nach der Rechtsprechung vor allem des BVerfG[85] sind bei der Verwerflichkeitsprüfung regelmäßig zu berücksichtigen: der zum Blockadetermin zu erwartende Dienstbetrieb, Dauer und Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten über andere Zufahrten, der Sachbezug der betroffenen Personen zum Protestgegenstand, die Zahl der Demonstranten, die Dringlichkeit der blockierten Transporte und sonstigen Dienstfahrten, die Beherrschbarkeit der Aktion durch anwesende, überlegene Polizeikräfte, die Ernsthaftigkeit des Handlungsmotivs. Besonders wichtig ist dabei die Dauer; bei geringfügigen Blockaden fehlt die Verwerflichkeit[86]. Bedenklich LG Frankfurt NStZ 83, 26: keine Verwerflichkeit von Gewalt gegen den Informationsstand einer rechtsradikalen Vereinigung (allerdings war hier die Gewalt zweifelhaft)[87].
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Die von Roxin aaO dem hier zugrunde gelegten Missverhältnis nach Maß und Heterogenität zur Seite gestellten „Prinzipien“ der Verwerflichkeit enthalten z.T. Rechtfertigungsgründe (s.u. Rn. 43), z.T. sind sie in dem hier zugrunde gelegten Maßstab enthalten, z.T. bleiben sie dahinter zurück (z.B. Ausschluss der Verwerflichkeit bei Geringfügigkeit schon der Gewaltanwendung). Fragwürdig insbesondere die generelle Nichtverwerflichkeit der Drohung mit der Unterlassung nichtobligatorischer Handlungen (s.o. Rn. 28). Beachtliche Modifikationen bei Horn/Wolters SK 39 ff. Wenig ergiebig die im Wesentlichen auf das Maß des Nötigungsmittels und der genommenen Freiheit hinauslaufenden Kriterien bei Hansen S. 157 ff.
Den für die Drohung mit Unterlassungen hier zugrunde gelegten Gesichtspunkt der angedrohten Verschlechterung der Lage des Bedrohten (s.o. Rn. 28) verlagert Herdegen auf die Rechtswidrigkeit (LK11 § 253 Rn. 4). Unklar BGH 44, 79: Keine Verwerflichkeit bei Androhung einer Unterlassung bei Nichterfüllung von anderen gestellter Bedingung[88].
Anmerkungen
[12]
Daher nicht juristische Personen Wallau JR 00, 312. A.A. Jakobs AT 12/14 ff.
[13]
Eingehend Knodel aaO 17ff.
[14]
So neuerdings wieder Köhler NJW 83, 10 und FS Leferenz 511; Hruschka aaO; Sinn aaO 83 ff.; Kargl aaO. Dagegen Herzberg GA 97, 257.
[15]
BGH 31, 76 m.Anm. Lenckner JR 83, 160. Unzutr. OLG Karlsruhe Justiz 82, 26: Aus-der-Hand-Schlagen.
[16]
RG 20, 354; 56, 87; 58, 97.
[17]
RG 7, 269; 9, 58; 19, 299.
[18]
RG 13, 49; 27, 405; 73, 343.
[19]
RG 45, 153; DJZ 23, 371.
[20]
RG GA 39, 216; vgl. auch RG GA 49, 281.
[21]
Anders für die einverständliche Betäubung BGH NJW 59, 1092; BGH 14, 82; OLG Celle NJW 61, 1079. Eingehend G. Schumann, Die täuschungsbedingte Einnahme von Betäubungs- oder Rauschmitteln als Gewalt, Diss. Kiel 2000.
[22]
Mit Anm. Schroeder JuS 82, 491. Ebenso KG JR 79, 162; OLG Koblenz MDR 87, 162. Hier lag gar keine Nötigung zu einer Unterlassung, sondern nur eine Sinnlosmachung der Handlung vor (Schroeder FS Gössel. 418).
[23]
A.A. OLG Neustadt MDR 57, 309; BayObLG NJW 59, 495.
[24]
Dagegen näher Schroeder NJW 96, 2628.
[25]
Eisele S/S Vor § 234 6 ff.; Wolters SK § 240 9 ff.; Altvater LK § 240 9 ff.; hier ab der 4. Aufl. Zust. BGH wistra 87, 212.
[26]
BKA aaO I Rn. 136 ff., 171.
[27]
Geilen aaO 463; Haffke aaO 62; v. Heintschel aaO 129.
[28]
Calliess aaO 32; v. Heintschel aaO 236; Wolter aaO 248; Keller aaO 220 ff. und JuS 84, 109. Dagegen auch Timpe aaO 52 ff., 64; Herzberg GA 97, 264.
[29]
So Haffke aaO 58 ff., 66.
[30]
Lautmann/Thoss KrimJ 76, 120; Brink/Keller KJ 83, 124.
[31]
AG Frankfurt StV 83, 374; 85, 61; AG Nürnberg StV 84, 29; AG Reutlingen NStZ 84, 508; weit. Nachw. bei Frankenberg KJ 85, 301.
[32]
Zu dem Beschluss sind über 20 Anmerkungen erschienen. Auswahl: Altvater NStZ 95, 275; Arnold JuS 97, 289; Amelung NJW 95, 2584; Herzberg GA 96, 577 und 98, 211; Gusy JZ 95, 782; Krey JR 95, 265; Priester FS Bemmann 362; Schroeder JuS 95, 875 und NJW 96, 2627; Tröndle BGH-Fgb. 527.
[33]
Zust. Krey/Jaeger NStZ 95, 542; Schmidt JuS 95, 1135; Fischer 17; Eisele S/S Vor § 234 10; Wessels/Hettinger/Engländer 446. Abl. Amelung NStZ 96, 230; Herzberg GA 96, 562; Hoyer JuS 96, 200 (fehlender Schutzzweck des Nötigungsverbots); Hruschka NJW 96, 160; Kniesel NJW 96, 2610. Eingehende Literaturübersicht bei OLG Koblenz NStZ-RR 98, 46.
[34]
Eingehend zur Nötigung im Straßenverkehr Loderbauer, Nötigungsfälle im fließenden Straßenverkehr, Diss. Regensburg 2001.
[35]
BGH 44, 39 m. Anm. Dietmeier JR 98, 470; Otto NStZ 98, 513; Martin JuS 98, 957.
[36]
Ebenso KG NStZ-RR 98, 12.
[37]
BVerfGE 104, 92 = NJW 02, 1031; abl. Sinn NJW 02, 1024; zust. Mittelsdorf JuS 02, 1062).
[38]
OLG Düsseldorf NJW 99, 2912. Dagegen mit Recht Erb NStZ 00, 200.
[39]
Vgl. auch Krey JR 95, 270; Fischer 19; Rengier II § 23 Rn. 23; BGH 41, 185. Dagegen erscheint die Definition Herzbergs als Schaffung von Tatsachen, die hemmenden oder antreibenden Zwang bewirken (GA 97, 273, 277), zu sehr auf die Schaffung von Hindernissen zugeschnitten. Zöller GA 04, 161 will rein psychische Zwangswirkungen ausreichen lassen. Neueste Darstellung der unterschiedlichen Definitionen bei Huhn aaO 52 ff.
[40]
Vgl. auch Jakobs GS H.-Kaufmann 804: Angriff auf „garantierte Rechte“ (ausgebaut von Timpe aaO 72 ff.).
[41]
Knodel aaO 92 ff. A.A. Huhn aaO. S.a. S/S Eisele Vor §§ 234 ff. 7, 13, 17a, 18.
[42]
Geilen FS H.-Mayer 462.
[43]
RG 13, 50; BGH 48, 370; h.L. A.A. Sinn MK 67.
[44]
Schroeder NJW 85, 2392; OLG Düsseldorf JR 88, 77. A.A. Jakobs GS H.-Kaufmann 800, Timpe aaO 65; OLG Stuttgart NJW 89, 1621; BayObLG NStZ 90, 281.
[45]
BGH 23, 49; 37, 354. Enger BayObLG NStZ 90, 281; Wohlers NJW 92, 1432; Eschenbach Jura 95, 16; Otto § 27 IV 2 und Küpper/Bode Jura 93, 113: Grundsätze der mittelbaren Täterschaft. Grundsätzlich kritisch Dierlamm NStZ 92, 573.
[46]
Abl. Schön NJW 82, 2650.
[47]
Eingehend m. Nachw. Schroeder GS Meurer 2002, 237; s.u. Rn. 26.
[48]
Geilen FS H.-Meyer 467; Schroeder NJW 96, 2629 und GS Meurer 2002, 241. Zust. Hoyer GA 97, 451; Herzberg GA 98, 213; Rengier II § 23 Rn. 40.
[49]
A.A. Jakobs FS Peters 84; Puppe JZ 89, 597; Küper GA 06, 466. Krasser Fall BGH NStZ-RR 01, 171: Ankündigung der Hinfälligkeit einer erlogenen günstigen Absprache mit dem Staatsanwalt im Fall der Nichtabgabe einer falschen Erklärung zugunsten des Verteidigers.
[50]
RG 17, 83; BGH JZ 85, 1059 m. krit. Anm. Zaczyk.
[51]
Eisele S/S 9 und BGH NStZ 82, 287.
[52]
Lange IV 2; Blei II § 18 III 2b.
[53]
BGH 31, 201; NStZ 92, 278. S.a. BGH 32, 174 zu § 105 m. Anm. Arzt JZ 84, 428 u. Willms JR 84, 120. Abl. Roxin JR 83, 334.
[54]
A.A. Horn NStZ 83, 497 und aufgrund seiner Auffassung der Nötigung als Freiheitsverschiebungsdelikt, s.o. Rn. 6, Jakobs FS Peters 75 ff. Ihm zust. Amelung GA 99, 192. Diese Auffassung missachtet jedoch die gesetzliche Erweiterung 1943 (s.o. Rn. 3, 25).
[55]
So Wolters SK 18; Amelung GA 99, 192, 201; BGH GA 60, 278; OLG Hamburg NJW 80, 2592 m.zust.Anm. Ostendorf aaO und Schubarth JuS 81, 727. Unproblematisch daher BGH NStZ 97, 494: Versagung der Promotion bei Verweigerung sexueller Handlungen.
[56]
BGH 31, 195 m. zust. Anm. Roxin JR 83, 333; Altvater LK 59; Eisele S/S 10; Volk JR 81, 274; Stoffers JR 88, 492; kompliziertere Lösung bei Arzt FS Lackner 1987, 640.
[57]
Zust. Rengier II § 23 Rn. 52.
[58]
Schroeder JZ 83, 284. Zust. Wessels/Hettinger/Engländer Rn. 457; Lampe aaO 456; Herdegen LK11 § 253 Rn. 4; Zopfs JA 98, 819. S. auch Schubarth, NStZ 83, 312; Pelke aaO 123 ff.; Klein aaO 138 ff.: Beschränkung auf die Voraussetzungen des Wuchers nach § 291. Einschränkend auch BGH 44, 75 m. Anm. Lagodny/Hesse JZ 99, 315 und Sinn NStZ 00, 195 (Hilfe bei Ausreise aus DDR nur gegen Grundstücksübertragung). Eingehend Liebernickel, Erpressung ausreisewilliger DDR-Bürger, 2000. Grundsätzlich abl. aufgrund seiner Beschränkung auf Drohung mit rechtswidrigem Handeln (s.o. Rn. 27) Gutmann, Freiwilligkeit als Rechtsbegriff, 2001, S. 319 ff., der jedoch bei seiner Polemik übersieht, dass der soziale Sinn des Verhaltens hier primär zur Abgrenzung zwischen Drohung und Angebot herangezogen wird.
[59]
Wolters SK 6; Altvater LK 67.
[60]
Vgl. auch Bockelmann ZStW 69, 272.
[61]
Für eine generelle Straflosigkeit der Drohung mit einem unverbotenen Verhalten jedoch Jakobs FS Peters 79 ff.; Wolters SK 51 ff.
[62]
Eisele S/S 21; Roxin JuS 64, 376. A.A. Jakobs FS Peters 80; Horn SK 45.
[63]
BGH 34, 77 m.Anm. Jakobs JZ 86, 1063; BVerfGE 73, 206; 104, 92, 103. Einschränkend BGH 23, 54 und überhaupt die ältere Lehre.
[64]
Für obligatorische Berücksichtigung der Fernziele OLG Zweibrücken NJW 88, 716; OLG Oldenburg StV 87, 489; OLG Stuttgart StV 87, 538.
[65]
BGH 5, 246 (Verhinderung der Aufführung eines angeblich sittenwidrigen Films mit Stinkbomben); Arzt aaO; Baumann NJW 87, 36; Jakobs JZ 86, 1063; OLG Koblenz NJW 88, 720; OLG Stuttgart NStZ 88, 129; BGH 35, 270 m.Anm. Arzt JZ 88, 775; Jahn JuS 88, 946; Ostendorf StV 88, 488; Roggemann JZ 88, 1108; Bertuleit ZRP 92, 46; BayObLG NJW 93, 212.
[66]
Lackner/Kühl/Heger 18a; Rengier II § 23 Rn. 68; Hirsch FS Tröndle 24. Für Berücksichtigung der „Ernsthaftigkeit des Handlungsmotivs“, „echter Gewissensnot“ OLG Stuttgart NJW 92, 2716. Differenzierend Reichert-Hammer, Politische Fernziele und Unrecht, 1991.
[67]
OGH SJZ 49, 359; OLG Hamburg HESt 2, 293.
[68]
BGH 17, 328 m.abl.Anm. Isenbeck NJW 63, 116; BayObLG NJW 61, 2074.
[69]
S.a. Kuhlen FS Lüderssen 2002, 649. Weitergehend de lege ferenda Fezer JR 76, 97 ff.
[70]
Zur Rechtswidrigkeit bei der aktienrechtlichen Anfechtungsklage Lüderssen FS Heinsius 1991, 457 ff.
[71]
Zust. Roxin NStZ 93, 335.
[72]
Eingehend Loderbauer, Nötigungsfälle im fließenden Straßenverkehr, Diss. Regensburg 2001, S. 128 ff.
[73]
KG JR 69, 389 mit zust. Anm. Möhl; OLG Köln VRS 57, 196. A.A. OLG Hamm VRS 22, 50.
[74]
BGH 19, 263; OLG Stuttgart DAR 64, 275; OLG Karlsruhe VRS 43, 105; OLG Hamm VRS 27, 276; 46, 360. Konkrete Gefährdung verlangt nur OLG Köln NJW 63, 2383 mit abl. Anm. Schweichel und NJW 68, 1892.
[75]
OLG Stuttgart DAR 64, 275; OLG Karlsruhe Justiz 64, 124; OLG Hamm VRS 27, 276; OLG Köln VRS 57, 196: riskantes Kolonnenspringen bei Gegenverkehr, um die Stärke des Motors zu zeigen.
[76]
KG VRS 36, 105; OLG Hamm VRS 26, 296; sehr weitgehend BayObLG NJW 93, 211.
[77]
OLG Saarbrücken VRS 17, 25; BayObLG NJW 70, 1803; OLG Köln NJW 68, 1892; KG VRS 36, 105; OLG Hamm VRS 26, 296.
[78]
BayObLG NJW 71, 768; kritisch dazu Blei JA 71, 379.
[79]
BayObLG NJW 61, 2074; 63, 824; OLG Hamm DAR 69, 274; NJW 70, 2074; Blei JA 71, 27; vgl. dazu Bockelmann NJW 66, 745; Rasehorn NJW 68, 1246; Möhl JR 66, 228; Busse aaO 124 ff., 135, 191.
[80]
OLG Stuttgart VRS 30, 106. A.A. BayObLG NJW 63, 824; OLG Schleswig SchlHA 68, 265; Jakobs GS H. Kaufmann 798.
[81]
BayObLG NJW 61, 2074; OLG Hamm NJW 70, 2074; KG VRS 45, 35.
[82]
OLG Hamburg NJW 68, 662, Anm. Berz JuS 69, 367; OLG Stuttgart VRS 35, 438.
[83]
BVerfGE 73, 206; BGH 23, 46. Kritisch dazu Eilsberger JuS 79, 164; Ott NJW 69, 2023; OLG Celle NJW 70, 206; OLG Stuttgart NJW 84, 1909; KG NJW 85, 209 sowie mehrere Untergerichte, Nachw. bei Frankenberg KJ 85, 310.
[84]
BVerfGE 73, 206: hierzu Glotz – Hrsg. –, Ziviler Ungehorsam im Rechtsstaat, 1983; Hassemer FS Wassermann 1985, 325; Laker, Ziviler Ungehorsam, 1986; weit. Nachw. bei BVerfGE 73, 206.
[85]
BVerfG NJW 91, 971; 92, 2688; OLG Stuttgart NJW 92, 2715.
[86]
OLG Koblenz NJW 85, 2482; OLG Köln NJW 86, 2443; Graul JR 94, 51; BayObLG NJW 92, 521; Neumann ZStW 109, 16.
[87]
Weitere Literatur: Brohm JZ 85, 501; Bergmann Jura 85, 457; Preuß FS R.-Schmid 1985, 419; Krey, Bick BKA aaO III 35, 49. Rechtsvergleichend Weingärtner, Demonstration und Strafrecht, 1986, und Dearing StV 86, 125. Zur Verwerflichkeit eines Fluglotsenstreiks Krey JuS 74, 418. Zur Beurteilung von Streikposten Zechlin Arbeit u. Recht 86, 289; Müller-Roden ZRP 88, 409; Neumann ZStW 109, 1. Zum Boykott Bergerhoff, Nötigung durch Boykott, 1998.
[88]
S.a. Lagodny/Hess JZ 99, 315. Gegen die einseitige Berücksichtigung des Handlungszwecks Sinn NStZ 00, 197.
2. Der subjektive Tatbestand
41
Hinsichtlich der Nötigungsmittel genügt Vorsatz einschließlich des bedingten Vorsatzes. Das gleiche gilt für die Tatsachen, deren Verkoppelung zum Gesamturteil der „Verwerflichkeit“ führt[89]. In Bezug auf das abgenötigte Verhalten ist dagegen (nötigen „zu“, angestrebter „Zweck“) Absicht erforderlich, d.h. es muss dem Täter auf das Verhalten des Opfers ankommen[90]. Die Praxis schließt nicht nur die objektive Verwerflichkeit, sondern sogar den Irrtum hierüber in die objektive Rechtswidrigkeit ein[91].
42
Nicht zu erstrecken braucht sich der Vorsatz dagegen auf die „Verwerflichkeit“ des Tuns als solche. Ein diesbezüglicher Irrtum ist ein Subsumtionsirrtum und damit ein Verbotsirrtum (vgl. Schroeder LK11 § 16 41 ff.). Hält der Täter irrtümlich sein Tun für erlaubt, weil er dessen durch die Koppelung von Mittel und Zweck begründete Verwerflichkeit nicht erkennt, handelt er in einem Verbotsirrtum[92], der bei Vermeidbarkeit die Möglichkeit der Milderung der Strafe, bei Unvermeidbarkeit zwingend Schuldausschluss nach sich zieht (BGH 2, 194 – diese berühmte Entscheidung ist durch einen Nötigungsfall ausgelöst worden; AT § 38 I).
Anmerkungen
[89]
Bockelmann ZStW 69, 275; Herdegen 25 Jahre Bundesgerichtshof, 1975, 201; BGH LM § 240 Nr. 3; BayObLG NJW 92, 951.
[90]
Eisele S/S 34; Knodel aaO 84; Wolters SK 7; Bergmann aaO 54 ff.; Herzberg GA 97, 272; Sinn aaO 303 ff. BayObLG NJW 63, 1262; vgl. auch Jakobs FS Peters 78. A.A. Geilen FS H. Mayer 461; Busse aaO 108; Haffke aaO 51, 53; BGH 5, 246 mit unhaltbarem Widerspruch, s.o. Rn. 35.
[91]
AG Köln MDR 72, 164; OLG Düsseldorf AnwBl. 73, 316.
[92]
Zum Umfang der Informationspflicht vgl. BayObLG NJW 65, 163.
III. Rechtfertigung – Strafe – Konkurrenzen
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1. Die Ermittlung besonderer Rechtfertigungsgründe ist nach der hier vertretenen Auffassung von der zum Tatbestand gehörigen und nur tatbestandsinterne Zwecke umfassenden (vgl. o. Rn. 31 ff.; Arzt aaO) Prüfung der allgemeinen Verwerflichkeit zu unterscheiden; auch bei einer Einbeziehung der gesamten Verwerflichkeit in die Rechtswidrigkeit gehen die gesetzlich umschriebenen Rechtfertigungsgründe jedenfalls insofern vor, als bei ihrem Vorliegen die Verwerflichkeit nicht mehr bejaht werden darf[93].
44
Unzulässig ist es daher, über die Verwerflichkeit die Notwehr nicht nur bei einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen verteidigtem und angegriffenem Gut, sondern schon bei einer „missbräuchlichen“ Ausübung auszuschließen[94]. Umgekehrt für Ausschluss der Verwerflichkeit bei „Rechtfertigungsnähe“ Günther aaO; Reichert-Hammer aaO 256 ff.; OLG NStZ 91, 333 m.Anm. Otto.
45
Die irrtümliche Annahme eines Rechtfertigungsgrundes ist nach der strengen Schuldtheorie als Verbots-, nach der eingeschränkten Schuldtheorie als Tatbestandsirrtum zu behandeln. Die Praxis zählt nicht nur den Irrtum über die Verwerflichkeit (s.o. Rn. 41), sondern sogar den Irrtum über einen Rechtfertigungsgrund zur Rechtswidrigkeit[95].
46
2. Der Versuch der Nötigung ist strafbar. Er ist insbesondere dann gegeben, wenn der Einsatz des Mittels nicht oder einen anderen als den erstrebten Zweck herbeiführte (RG 34, 15), wenn es an der Kausalität zwischen Handlung und Erfolg fehlte und wenn das Opfer nur einen unwesentlichen Teil des ihm angesonnenen Verhaltens vornahm[96].
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3. Strafe: Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe, in „besonders schweren Fällen“ Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren (Abs. 4). Regelbeispiele für besonders schwere Fälle sind 1. die Nötigung zum Schwangerschaftsabbruch aufgrund Forderung durch BVerfGE 88, 298 (s.o. § 6 Rn. 7), 2. der Missbrauch einer Amtsstellung (Ersatz für den 1943 – s.o. Rn. 3 – abgeschafften § 339 StGB).
48
4. Im Verhältnis zu den anderen Freiheitsdelikten des 18. Abschnittes ist § 240 das allgemeinere, infolge Spezialität durch andere Tatbestände zurückgedrängte Delikt; lediglich gegenüber der Bedrohung des § 241 ist Nötigung die umfassendere und daher vorgehende Tat; über ihr Verhältnis zur Freiheitsberaubung s.u. § 14 Rn. 15. Ferner wird die Nötigung von solchen Tatbeständen anderer Abschnitte verdrängt, die das für § 240 konstituierende „Gattungsmerkmal“ des Zwanges als charakterisierend in sich aufgenommen haben: die Gesetzeskonkurrenz mit Vorrang dieser letzteren Delikte beruht teils auf Spezialität, teils auf der umfassenderen Natur der letzteren als komplex gebildeter Tatbestände. Daher gehen Straftaten wie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113), Vergewaltigung (§ 177), Raub (§ 249) und Erpressung (§ 253) der Nötigung als dem allgemeineren und weniger komplexen Delikt vor, sofern nicht ein weitergehendes Ziel verfolgt wird (BGH NStZ-RR 96, 227) und keine Beendigung vorliegt (BGH NStZ 05, 387). Bei der Nötigung von Verfassungsorganen entfaltet § 105 auch dann eine Sperrwirkung, wenn er nicht eingreift (BGH 32, 176 m.Anm. Arzt JZ 84, 428). Idealkonkurrenz besteht dagegen im Verhältnis zu den Tötungs- und Körperverletzungstatbeständen (RG 33, 339) und zum Hausfriedensbruch (§ 123).