Kitabı oku: «Deutsche Geschichte», sayfa 19

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Im­mer wei­ter un­ter­wühlt der ti­ta­ni­sche Strom die fes­te Erde. Ein Au­gen­blick kann kom­men, wo er nicht nur stär­ker, son­dern auch rei­ner sein wird als das herr­schen­de Ge­setz. War der Tanz um das Gol­de­ne Kalb bei den Recht­gläu­bi­gen oder bei den Ket­zern? Wenn die Re­gie­ren­den an­fan­gen, Feu­er und Schwert an­zu­wen­den, um die Ein­heit des Glau­bens und Den­kens zu er­hal­ten, hat Gott sie meis­tens schon ver­las­sen.

Die heilige Elisabeth und der Deutsche Orden

Un­ter den deut­schen Fa­mi­li­en, die wie Stern­bil­der aus dem Ge­wim­mel der Ster­ne her­vorglän­zen, ist die der Gra­fen von An­dechs be­son­ders in­ter­essant. Aus den Gau­gra­fen von An­dechs wur­den in der zwei­ten Hälf­te des 12. Jahr­hun­derts Mark­gra­fen von Istri­en und Her­zö­ge von Meran, das heißt Dal­ma­ti­en. Bert­hold II., ein Fürst von her­vor­ra­gen­den Ga­ben, hat­te zwei Töch­ter, Ger­trud und Hed­wig, von de­nen die ers­te­re den Kö­nig von Un­garn, An­dre­as II., die an­de­re einen Her­zog von Po­len und Schle­si­en hei­ra­te­te. Hed­wig nahm sich mit un­end­li­cher Güte der Ar­men ih­res ver­wil­der­ten Lan­des an und wur­de nach ih­rem Tode hei­lig­ge­spro­chen. Ihr Sohn, Her­zog Hein­rich, warf sich im Jah­re 1241 den ein­drin­gen­den Ta­ta­ren ent­ge­gen und fiel in der furcht­ba­ren Schlacht bei Lieg­nitz. Ger­truds Toch­ter war die hei­li­ge Eli­sa­beth. Bert­holds zwei­ter Sohn, Otto II., dem die Stadt Inns­bruck ihre Blü­te ver­dankt, er­hielt in der Ge­schich­te sei­nes Lan­des den Bein­amen der Gro­ße; mit sei­nem Soh­ne Otto starb die Fa­mi­lie aus, die ih­ren Ur­sprung auf Karl den Gro­ßen zu­rück­führ­te. Wie es oft der Fall ist, ver­klär­te das Ge­schlecht sich selbst in sei­nen letz­ten Spros­sen. Das Schwa­nen­lied der Gra­fen von An­dechs war Op­fer­ge­sang: sie neig­ten sich zu den Tie­fen des Vol­kes zu­rück, über das sie sich hoch er­ho­ben hat­ten. Wir wis­sen nicht, ob Eli­sa­beth sich aus Mit­leid für die Ar­men und Kran­ken dem Dienst der Un­glück­li­chen wid­me­te, oder ob aus Lie­be zu Gott und um sei­nen hei­li­gen Wil­len zu er­fül­len; wahr­schein­lich ging bei­des in­ein­an­der über. Sie war von Na­tur hei­ter, lach­te und tanz­te gern, sie lieb­te ih­ren Mann und ihre Kin­der, viel­leicht war der Drang, sich des Le­bens zu er­freu­en, be­son­ders stark in ihr; aber zu­gleich la­gen ihr die Wer­ke der Barm­her­zig­keit im Sinn, die Gott for­dert: die Hun­gern­den zu spei­sen, die Dürs­ten­den zu trän­ken, die Ge­fan­ge­nen zu trös­ten, die Nack­ten zu klei­den. Die Kun­de von dem, was der hei­li­ge Fran­zis­kus in Ita­li­en tat und pre­dig­te, ver­stärk­te die ihr an­ge­bo­re­ne Nei­gung, sich ih­res Glückes wie ei­nes Rau­bes zu schä­men. Das größ­te ihr be­schie­de­ne Glück war, einen Mann zu ha­ben, der sie lieb­te und kann­te. Sie wa­ren zu­sam­men auf­ge­wach­sen, und es war et­was von der zar­ten Süße ge­schwis­ter­li­cher Selbst­ver­ständ­lich­keit in ih­rer Lie­be. Er be­hü­te­te sie, und sie ruh­te ver­trau­ens­voll in sei­ner Güte. Wenn an­de­re ihn be­sorgt ma­chen woll­ten, weil sie mit vol­len Hän­den aus­teil­te, be­schwich­tig­te er lä­chelnd: wenn ihm nur die Wart­burg und die Neu­en­burg blie­ben. Auf der Wart­burg wohn­te das jun­ge Paar, und wenn sie die Ar­men be­such­te, so stieg sie wirk­lich hin­un­ter in das Schat­ten­tal. Zu­wei­len be­dräng­te das Glück ihr Ge­wis­sen: war nicht der Ruf an sie er­gan­gen, sich ganz Gott hin­zu­ge­ben? Wenn sie von der Hun­gers­not hör­te, die im Tü­rin­ger Lan­de war, wenn sie die vie­len Bett­ler sah, aus de­ren Zü­gen die Not sprach, dach­te sie, dass der Herr sa­gen wür­de: ich war bei euch, und ihr habt mich nicht ge­speist, ich klopf­te an eure Tür, und ihr habt mir nicht auf­ge­tan. Wie wenn der Him­mel ih­rer Ge­wis­sens­qual zu Hil­fe kom­men woll­te, nahm er ihr das Glück: Lud­wig, der mensch­li­che und klu­ge Fürst, starb in Ita­li­en, wo­hin er ge­gan­gen war, um an Kai­ser Fried­richs Kreuz­zu­ge teil­zu­neh­men. Seit­dem war sie hei­mat­los auf Er­den, sie woll­te nichts mehr, als ihr Le­ben ver­strö­men. Der ihr an­ge­bo­re­ne Op­fer­drang misch­te sich mit der Sehn­sucht nach dem Drü­ben, wo­hin ihr Bru­der und Gat­te vor­an­ge­gan­gen war. Sie ver­ließ die Wart­burg und be­gab sich, nach­dem sie der Be­stat­tung des Ver­stor­be­nen in Rein­hardtsbrunn bei­ge­wohnt hat­te, nach Mar­burg, wo ihr Wit­wen­sitz war. Dass sie ver­trie­ben wor­den sei, wird für le­gen­da­ri­sche Er­fin­dung ge­hal­ten; ge­wiss ist, dass So­phie von Bay­ern, die zwei­te Frau des Land­gra­fen Her­mann, eine from­me Frau war, die Ver­ständ­nis für die Re­li­gio­si­tät der jun­gen Gat­tin ih­res Stief­sohns hat­te. Zu Leb­zei­ten ih­res Man­nes grün­de­te Eli­sa­beth am Fuße der Wart­burg ein klei­nes Spi­tal, in dem zwan­zig Kran­ke ver­pflegt wer­den konn­ten, die sie täg­lich be­such­te. Nun ließ sie in Mar­burg gleich­falls ein Spi­tal bau­en und wid­me­te sich ganz der Kran­ken­pfle­ge. Der Do­mi­ni­ka­ner Kon­rad von Mar­burg, der schon frü­her ihr Beicht­va­ter ge­we­sen war, und dem sie geist­li­chen Ge­hor­sam ge­lobt hat­te, über­nahm ihre Lei­tung und soll die Maß­lo­sig­keit ih­res Op­fer­wil­lens eher ge­dämpft als ge­stei­gert ha­ben. Wäh­rend sie, was sie an Geld be­saß, so­fort ver­schwen­den woll­te, er­in­ner­te er sie dar­an, dass das Geld sie in­stand set­ze, Gu­tes zu tun; an­de­rer­seits emp­fahl er ihr, von ih­rem Schwa­ger nur an­zu­neh­men, was recht­mä­ßig er­wor­ben sei. In­des­sen ist doch an­zu­neh­men, dass das Ge­walt­sa­me sei­nes Geis­tes sie be­herrsch­te und an­trieb. Die Zeit­ge­nos­sen ver­däch­tig­ten sie ei­nes Lie­bes­ver­hält­nis­ses mit Kon­rad; der Ge­dan­ke lag nah in ei­ner Zeit, wo die sinn­li­chen Lei­den­schaf­ten sich zü­gel­los aus­tob­ten, und wo man den auf ihre Hei­lig­keit po­chen­den Geist­li­chen dop­pelt gern heim­li­che Aus­schwei­fun­gen zu­trau­te, be­darf aber kaum der Wi­der­le­gung. Nach­dem sie sich ih­rer Kin­der be­raubt und auch die jun­gen Mäd­chen, die ihr seit der Kind­heit Die­ne­rin­nen und Freun­din­nen ge­we­sen wa­ren, ver­ab­schie­det hat­te, um al­les, was ihr Glück aus­ge­macht hat­te, zu op­fern und nichts zu tun als was der mensch­li­chen Na­tur wi­der­strebt, frem­den, oft wi­der­lich ent­stell­ten, oft ver­bit­ter­ten und bös­ar­ti­gen Kran­ken zu die­nen, blieb ihr nur noch üb­rig zu ster­ben. Sie war 24 Jah­re alt, als sie im Jah­re 1231 starb, wie die Le­gen­de er­zählt, ein süß tö­nen­des Lied auf den Lip­pen. Schon nach ei­ni­gen Jah­ren wur­de sie hei­lig­ge­spro­chen, und Kai­ser Fried­rich II. ging nach Mar­burg, wo ihre Ge­bei­ne in einen gol­de­nen Re­li­qui­en­schrein ge­legt wur­den. Un­ter ei­nem un­ge­heu­ren Zu­lauf von Men­schen setz­te er mit ei­ge­ner Hand die Über­win­der­kro­ne auf das ent­seel­te Haupt. Die Sage hat den skep­ti­schen Kai­ser und die Hei­li­ge auch da­durch zu­sam­men­ge­bracht, dass sie ihn nach dem Tode des Land­gra­fen um ihre Hand bit­ten ließ, die sie aus­ge­schla­gen habe. Die zur Her­rin im Him­mel er­ko­ren war, ver­schmäh­te es, Her­rin der Welt zu sein.

Den Ruhm der jun­gen Hei­li­gen ver­brei­te­ten be­son­ders die Brü­der vom Deut­schen Hau­se, de­ren Deutschmeis­ter bald nach ih­rem Tode ihr Schwa­ger Kon­rad wur­de. Als im Jah­re 1190 Ak­kon be­la­gert wur­de, ver­ei­nig­ten sich Kauf­leu­te der Städ­te Bre­men und Lü­beck mit deut­schen Rit­tern, um ein Ho­spi­tal zur Pfle­ge der Kran­ken zu grün­den. Daraus ent­stand eine rit­ter­lich-mön­chi­sche Bru­der­schaft, die sich Rit­ter des Ho­spi­tals Sankt Ma­ri­en der Deut­schen in Je­ru­sa­lem nann­te; es war näm­lich ein äl­te­res Spi­tal in Je­ru­sa­lem mit dem von Ak­kon ver­ei­nigt wor­den. Die Tracht der Or­dens­rit­ter war ein wei­ßer Man­tel mit schwar­zem Kreuz. Es lässt sich nichts den­ken, was so sehr den Idea­len der Zeit ent­spro­chen hät­te, als die Ve­rei­ni­gung des Rit­ter­li­chen mit dem Mön­chi­schen in ei­nem Or­den. Die Wehr­lo­sig­keit der Klos­ter­leu­te hat­te zu man­cher­lei Schwie­rig­kei­ten und Stö­run­gen ge­führt. Um­ga­ben sich die Äbte mit krie­ge­ri­schen Dienst­leu­ten, so wur­den sie durch die Pf­licht zur Hee­res­fol­ge, durch die Über­grif­fe und das wüs­te Trei­ben ih­res Ge­fol­ges in welt­li­che Hän­del ver­strickt; die Vög­te, die sie be­schir­men soll­ten, gin­gen meis­tens bald dazu über, sie zu be­drücken und zu be­rau­ben. Der Rit­ter­or­den tat die Wer­ke der Barm­her­zig­keit und be­schirm­te sich selbst. Nun konn­te der jun­ge Ad­li­ge, das Kreuz in der einen, das Schwert in der an­de­ren Hand, den An­sprü­chen, die Kir­che und Sit­te und die ei­ge­ne Über­zeu­gung stell­ten, ge­nug­tun, ohne auf die Freu­den und Ehren des Rit­ter­tums zu ver­zich­ten.

Als der Or­den nach dem Fall von Ak­kon in­fol­ge der reich­lich flie­ßen­den Schen­kun­gen sich bald durch das gan­ze Reich ver­brei­te­te, wur­de er in Bal­lei­en ge­teilt, de­ren jede ein Kom­tur lei­te­te. Von den zwölf deut­schen Bal­lei­en stan­den acht un­ter dem Deutschmeis­ter, sämt­li­che un­ter dem Hoch­meis­ter. Er re­gier­te den Or­den, un­ter­stützt von sei­nen höchs­ten Be­am­ten, den Ge­bie­ti­gern, und dem Ge­samt­ka­pi­tel. Auch in den ein­zel­nen Bal­lei­en tag­ten jähr­li­che Kon­ven­te. Zur Auf­nah­me zu­ge­las­sen wur­den nur Deut­sche von ehe­li­cher Ge­burt, die rit­ter­mä­ßig und von vier Ah­nen her Wap­pen­ge­nos­sen, rein in ih­rem Wan­del, un­be­fleckt in ih­rer Ehre, un­be­rüch­tigt an ih­rem Na­men wa­ren. Sie soll­ten ge­sund und lie­ber jung als alt sein, um den Krieg ge­gen die Hei­den, eine der haupt­säch­li­chen Auf­ga­ben des Or­dens, mit vol­ler Kraft füh­ren zu kön­nen. Bei der Auf­nah­me tat der jun­ge Rit­ter die­sen Schwur: »Ich ver­hei­ße und ge­lo­be Keusch­heit mei­nes Lei­bes und ohne Ei­gen­tum zu sein und Ge­hor­sam Gott und Sankt Ma­ri­en und Euch, dem Meis­ter des Or­dens des Deut­schen Hau­ses und Eu­ren Nach­kom­men nach der Re­gel und Ge­wohn­heit des Or­dens, dass ich Euch ge­hor­sam sein will bis an mei­nen Tod.« Durch dies Ge­lüb­de war der Rit­ter für im­mer ge­bun­den. Be­vor­zugt wur­den sol­che Rit­ter, die bei Kö­ni­gen und großen Her­ren gut an­ge­se­hen wa­ren, da­mit der Or­den die Gunst der­sel­ben ge­wän­ne. Auf welt­li­che Vor­zü­ge die­ser Art wur­de mehr Wert ge­legt als auf Bil­dung; doch wünsch­te man, dass die Rit­ter ei­ni­ge Kennt­nis von der Be­schaf­fen­heit der Län­der, ih­rer Rech­te und Ge­wohn­hei­ten be­sä­ßen, also die­je­ni­ge Bil­dung, die den gu­ten Re­gen­ten und Ver­wal­ter macht. Au­ßer dem die­nen­den Ge­sin­de gab es ne­ben den Rit­tern Pries­ter­brü­der, die Äm­ter über­neh­men konn­ten und mit den Rit­tern ge­mein­sam aßen und schlie­fen; sie brauch­ten nicht ad­lig zu sein. Ob­wohl die Bil­dung hier bis zu ei­nem ge­wis­sen Gra­de den Adel er­setz­te, wur­de doch von den Pries­tern nicht viel mehr ver­langt, als dass sie mit den got­tes­dienst­li­chen Ge­bräu­chen Be­scheid wuss­ten. Die kämp­fen­den Rit­ter und die zu ver­pfle­gen­den Kran­ken soll­ten sie in Ver­bin­dung set­zen mit dem Strom der gött­li­chen Gna­de, da­mit sie in Lei­den und Ta­ten freu­dig tod­be­reit wä­ren. Sie soll­ten, heißt es in ei­ner Vor­schrift, in der Zeit des Frie­dens wie Glänz­ster­ne ne­ben ih­nen um­lau­fen und in Kriegs­zei­ten sie stär­ken zum Streit und sie dar­an mah­nen, dass Gott auch den Tod durch sie litt am Kreuz.

Ger­ma­ni­sche und christ­li­che An­schau­ung ver­ei­nig­ten sich in den Or­den, um ein mensch­li­ches Vor­bild von edels­ter Schön­heit zu schaf­fen: den Rit­ter, der, von Frau­en­lie­be un­be­rührt, ge­hor­sam sei­nem himm­li­schen und sei­nem ir­di­schen Herrn, mit blan­kem Schild und blan­kem Schwert, furcht­los in Kampf und Tod geht.

Wie sehr die Ge­sin­nung des Vol­kes mit den durch die Deut­schrit­ter ver­tre­te­nen Ge­dan­ken über­ein­stimm­te, zeig­te sich in dem Ent­ge­gen­kom­men, das sie über­all fan­den. Am ers­ten und freu­digs­ten in Thü­rin­gen, wo­her auch Her­mann von Salza, vier­ter Hoch­meis­ter des Or­dens, stamm­te. Dass die Be­güns­ti­gung des Or­dens in der land­gräf­li­chen Fa­mi­lie her­kömm­lich war, ver­an­lass­te wohl Eli­sa­beth, vor ih­rem Tode zu be­stim­men, dass ihr Ho­spi­tal den Brü­dern vom Deut­schen Hau­se an­ver­traut wer­de. Das Ver­mächt­nis wur­de zu­nächst von den Schwä­gern der Ver­stor­be­nen, Hein­rich und Kon­rad, so­wie vom Erz­bi­schof von Mainz an­ge­foch­ten; da trat plötz­lich ein Um­schwung ein, in­dem Kon­rad, den man nur als einen un­bän­di­gen, ge­gen die Kir­che re­spekt­lo­sen Kriegs­mann ge­kannt hat­te, in den Or­den ein­trat und bald nach­ein­an­der Kom­tur und Hoch­meis­ter wur­de. Man weiß nicht, wie er zu sei­ner Schwä­ge­rin, so­lan­ge sie leb­te, ge­stan­den hat; das Bild der hol­den To­ten scheint ihn tief und dau­ernd er­grif­fen zu ha­ben. Er war es haupt­säch­lich, der ihre Hei­lig­spre­chung so­wie den Bau der schlan­ken go­ti­schen Kir­che be­trieb, die ihr Grab auf­neh­men soll­te. Als das Werk so­weit vor­ge­schrit­ten war, dass dies ge­sche­hen konn­te, wur­de das Ho­spi­tal, in des­sen Ka­pel­le sie be­stat­tet war, ab­ge­ris­sen. Ne­ben der Kir­che er­stan­den die Ge­bäu­lich­kei­ten des Or­dens, die mit dem neu­en Ho­spi­tal, von Mau­ern um­schlos­sen, zu ei­nem klei­nen Staats­we­sen zu­sam­men­wuch­sen.

Die Schwach­heit der mensch­li­chen Na­tur brach­te es mit sich, dass die Rit­ter in­ner­halb Deutsch­lands all­mäh­lich eben­so und noch är­ger ver­sumpf­ten, als die Mön­che, da sie ja nicht ein­mal die Wis­sen­schaft hat­ten, um sich auf an­stän­di­ge Wei­se die Zeit zu ver­kür­zen. Was sie sich als ei­gent­li­che Auf­ga­be ge­setzt hat­ten, die Be­kämp­fung der Hei­den, dazu war, nach­dem sie aus dem Hei­li­gen Lan­de ver­trie­ben wa­ren, zu­nächst kei­ne Ge­le­gen­heit mehr, bis ih­nen Kö­nig An­dre­as II. von Un­garn, der Va­ter der hei­li­gen Eli­sa­beth, an­bot, das Bur­zen­land in Sie­ben­bür­gen zu ko­lo­ni­sie­ren und ge­gen die heid­nischen Völ­ker in der Moldau und Walachei zu ver­tei­di­gen. Hier zeig­te der Or­den die dem Mit­tel­al­ter ei­gen­tüm­li­che Nei­gung und Kraft, selbst­stän­di­ge, ab­ge­schlos­se­ne staat­li­che Ge­bie­te zu bil­den, zu­gleich aber auch die Ab­nei­gung, sie ei­nem hö­he­ren Mit­tel­punkt un­ter­zu­ord­nen. Die Or­dens­rit­ter schal­te­ten in dem ih­nen über­las­se­nen Lan­de als Her­ren, bau­ten Bur­gen und grün­de­ten Städ­te, ohne den Kö­nig zu fra­gen, und um ihre Un­ab­hän­gig­keit ihm ge­gen­über zu si­chern, nah­men sie es vom Papst, der gern dar­auf ein­ging, zu Le­hen. Des­halb vom Kö­nig von Un­garn ver­trie­ben, war der Or­den wie­der hei­mat­los und ziel­los ge­wor­den; da bot sich ihm noch ein­mal eine Ge­le­gen­heit zu ge­eig­ne­ter Wirk­sam­keit: Her­zog Kon­rad von Ma­so­vi­en, ei­ner der Teil­her­ren des pol­ni­schen Lan­des, for­der­te ihn auf, die heid­nischen Be­woh­ner Preu­ßens, die er ver­geb­lich be­kriegt hat­te, zu un­ter­wer­fen. Als Ent­gelt ver­sprach er ihm das Land Kulm zu dau­ern­dem Be­sitz und auch die Erobe­run­gen, die sie von dort aus im preu­ßi­schen Lan­de ma­chen wür­den. Hoch­meis­ter war da­mals Her­mann von Salza, der treue Freund Kai­ser Fried­richs. Nach dem un­glück­li­chen Er­leb­nis im Bur­zen­lan­de leg­te er Wert dar­auf, für die neue Schen­kung, die so sehr ge­fähr­det, ganz am Ran­de des Rei­ches lag, den kai­ser­li­chen Schutz zu ge­win­nen; aber sein Stre­ben nach Au­to­no­mie war doch so we­nig ge­min­dert, viel­leicht auch sei­ne Ab­nei­gung, Reichs­las­ten zu über­neh­men, so groß, dass er das zu er­wer­ben­de Ge­biet nicht mit dem Reich in Zu­sam­men­hang brin­gen woll­te. Nach dem Pri­vi­leg, das Fried­rich II. im Jah­re 1226 Her­mann von Salza er­teil­te, soll­te der Or­den das Kul­mer­land und das zu er­obern­de Land der Preu­ßen in vol­ler Frei­heit und Im­mu­ni­tät, mit vol­ler Ge­richts­ho­heit, im Ge­nuss al­ler Re­ga­li­en be­sit­zen, so un­ab­hän­gig also wie die üb­ri­gen Reichs­fürs­ten ihr Ge­biet. Aber wäh­rend die Reichs­fürs­ten im­mer­hin mit ih­rem Ge­biet in Le­hens­ab­hän­gig­keit vom Kai­ser stan­den, wenn sie auch erb­lich ge­wor­den wa­ren, so emp­fin­gen Her­mann von Salza und sei­ne Nach­fol­ger nur per­sön­lich ohne Ge­gen­leis­tung das Kul­mer­land und das zu er­obern­de Preu­ßen als Schen­kung, über die sie nie­man­dem Re­chen­schaft schul­dig sein soll­ten. Ge­gen das Ver­spre­chen des Schut­zes von sei­ten des Kai­sers über­nahm der Or­den die ein­zi­ge Ver­pflich­tung, die heid­nischen Preu­ßen zu be­keh­ren. Nach fort­wäh­ren­den Ver­hand­lun­gen mit Kon­rad von Ma­so­vi­en und mit dem deut­schen Bi­schof Chris­ti­an, der seit dem Jah­re 1215 der Mis­si­on un­ter den Preu­ßen, vom Paps­te be­auf­tragt, vor­stand, über­schritt end­lich im Früh­jahr 1231 der ers­te Land­meis­ter von Preu­ßen, Her­mann von Balk, mit ei­ni­gen Rit­ter­brü­dern und Kreuz­fah­rern die Weich­sel und grün­de­te auf ei­nem Hü­gel über ei­ner großen Ei­che die Burg Torn. Zwei Jah­re spä­ter ent­stand wei­ter ab­wärts die Burg Ma­ri­en­wer­der. Dass in die­ser Zeit der Bi­schof Chris­ti­an von den heid­nischen Preu­ßen ge­fan­gen wur­de, er­mög­lich­te es dem Or­den, in un­mit­tel­ba­ren Ver­kehr mit Rom zu tre­ten und sich mit­samt al­len künf­ti­gen Erobe­run­gen un­ter den Schutz des Paps­tes zu stel­len; die geist­li­che Au­to­ri­tät, die sich vor dem Er­schei­nen des Or­dens in Preu­ßen ge­bil­det hat­te und sei­ne Au­to­no­mie be­schrän­ken konn­te, war da­mit aus­ge­schal­tet. Wie viel Wert der Or­den aber auch auf Un­ab­hän­gig­keit leg­te, tat­säch­lich war er im ho­hen Maße ab­hän­gig vom deut­schen Volk und Reich; denn aus ei­ge­ner Kraft konn­ten die Or­dens­rit­ter an die Erobe­rung ei­nes großen, von ei­nem tap­fe­ren Vol­ke be­wohn­ten Ge­bie­tes nicht den­ken. Erst als Fürs­ten und Rit­ter aus al­len Tei­len Deutsch­lands her­bei­ström­ten, wur­den im Lau­fe von Jahr­zehn­ten Po­me­sa­mi­en und die nörd­li­chen Tei­le von War­nei­en und Na­tan­gen ge­won­nen. Der Frie­de von Christ­burg im Jah­re 1249 ver­bürg­te den Preu­ßen die­ses Ge­bie­tes nach An­nah­me des Chris­ten­tums per­sön­li­che Frei­heit und so­gar Gleich­be­rech­ti­gung mit den Deut­schen nach ih­rem Ge­burts­stan­de; doch hat­ten sie dem Or­den Kriegs­dienst zu leis­ten. Ob die­se wohl­tä­ti­gen Be­din­gun­gen von Sei­ten des Or­dens in­ne­ge­hal­ten wur­den, lässt sich nicht fest­stel­len; nach­dem sie von Sei­ten der Preu­ßen durch Auf­stän­de auf­ge­ho­ben wa­ren, wur­den sie es nicht mehr. Es ist na­tür­lich, dass haupt­säch­lich der Nord­wes­ten und der Os­ten des Rei­ches, Mei­ßen, Bran­den­burg, Böh­men, Schle­si­en, Lü­beck, Mag­de­burg, Braun­schweig, sich an der Erobe­rung und Be­sied­lung des neu­en Ge­bie­tes be­tei­lig­ten. Im Jah­re 1252 wur­de die Me­mel­burg be­grün­det und in ih­rem Schut­ze ei­ni­ge Jah­re spä­ter die Stadt, wo­bei Lü­beck be­son­ders mit­tä­tig war. Zur Erin­ne­rung an die be­waff­ne­te Hil­fe, die Kö­nig Ot­to­kar von Böh­men dem Or­den leis­te­te, ent­stand im Jah­re 1255 am Ufer des Pre­gel die Burg Kö­nigs­berg. Die Erobe­rung des Sam­lan­des war wich­tig, weil an sei­ner west­li­chen Küs­te ein Ju­wel, gelb wie Gold, leicht wie Flaum, ge­fun­den wur­de, das schon im Al­ter­tum Han­dels­leu­te in die­se Wild­nis lock­te, der Bern­stein, den das Meer ans Ufer spül­te, der aber auch durch Ab­bau ge­won­nen wur­de. Zum Schut­ze die­ses Be­trie­bes er­rich­te­te der Or­den am Fri­schen Haff die Burg Lochs­tedt, von der sich zwei Flü­gel er­hal­ten ha­ben. Die Ver­las­sen­heit der Rui­ne ist nicht so schau­rig, wie die Wüs­ten­ein­sam­keit die­ser Stät­te ge­we­sen sein muss, als die Or­dens­rit­ter hier zu­erst ein höl­zer­nes Haus bau­ten. Nicht weit da­von ist nach der Über­lie­fe­rung der Ort, wo einst, am Ende des zehn­ten Jahr­hun­derts, der hei­li­ge Adal­bert, als er den Hei­den das Wort Got­tes pre­di­gen woll­te, er­schla­gen wur­de; man bau­te dort zu sei­nem Ge­dächt­nis eine höl­zer­ne Kir­che. Jetzt war die Feind­se­lig­keit der Ein­woh­ner, durch Rach­sucht ge­sta­chelt, viel­leicht noch un­ver­söhn­li­cher; nir­gends war ein Ort und nie kam eine Stun­de, wo man nicht des Über­falls ge­wär­tig sein muss­te. Und war der mensch­li­che Geg­ner zu­rück­ge­drängt, so blieb das maß­lo­se, grau­en­vol­le feind­li­che Land. Rings kei­ne Spur trau­li­chen Da­seins, kein Punkt ge­sel­li­ger An­knüp­fung, nichts als das ein­tö­ni­ge Don­nern der Bran­dung, das Krei­schen der Mö­wen, das Knar­ren und Sau­sen der Kie­fern. Es be­durf­te der stren­gen Or­dens­re­gel, der Ge­wöh­nung an Ge­hor­sam und Ent­beh­rung, des An­se­hens ver­eh­rungs­wür­di­ger Füh­rer, da­mit die Brü­der nicht nur zu Ta­ten, son­dern auch zu grau­em Lei­den und Ent­beh­ren be­reit wa­ren. In­des­sen ist es so, dass Op­fer stets gern ge­bracht wer­den, so­lan­ge sie im Na­men ei­nes ho­hen Ideals und zur Er­rei­chung ei­ner großen Auf­ga­be ge­for­dert wer­den; zur Erobe­rung fehl­te es den Men­schen nie an Kraft, erst im Be­sitz be­ginnt sie zu er­lah­men. Be­wun­de­rungs­wür­dig schnell be­gann der lee­re Raum sich zu fül­len, er­wuch­sen durch die zu­strö­men­den Bür­ger und Bau­ern Städ­te und Dör­fer. Im Lau­fe von zwei Jahr­hun­der­ten sind bei­nah hun­dert Städ­te und über tau­send Dör­fer im Ge­biet des Deut­schen Or­dens ent­stan­den. Der Wohl­stand, der sich hier un­ter gu­ten Be­din­gun­gen ent­wi­ckel­te, konn­te nur eins nicht er­set­zen: das ge­heim­nis­vol­le Wur­zel­ge­flecht der Ge­schich­te. Dies war nicht Hei­mat­land, son­dern Fremd­lings­land, Aben­teu­er­land, Ame­ri­ka des Reichs; noch so man­ches un­vor­her­zu­se­hen­de Aben­teu­er konn­te ihm be­vor­ste­hen. Zu­nächst aber wuchs es fort und brei­te­te sich aus. Mit Po­len blie­ben dank des ge­mein­sa­men Ge­gen­sat­zes ge­gen die Preu­ßen die Be­zie­hun­gen freund­schaft­lich. Trotz der An­häng­lich­keit an Kö­nig Ot­to­kar von Böh­men, den der Or­den ge­gen Ru­dolf von Habs­burg un­ter­stütz­te, brach­ten es die Hoch­meis­ter als gute Di­plo­ma­ten fer­tig, nach dem Stur­ze Ot­to­kars die Ver­bin­dung mit dem Kai­ser zu er­hal­ten. Ru­dolf er­neu­er­te im Jah­re 1277 das Pri­vi­leg, das Fried­rich II. dem Or­den er­teilt hat­te.

In ei­nem Ge­wöl­be der stei­ner­nen Burg Lochs­tedt be­fin­den sich noch Über­res­te eins­ti­ger Be­ma­lung, dar­un­ter in einen Spitz­bo­gen ein­ge­glie­dert ein Bild des hei­li­gen Mi­cha­el: mäd­chen­schlank, mäd­chenz­art, mit schma­ler as­ke­ti­scher Wan­ge, lä­chelnd, sei­nes Sie­ges ge­wiss, wie eine bieg­sa­me Klin­ge flammt er zwi­schen den Dra­chen­häup­tern, die ihn um­zün­geln, Licht ge­gen Fins­ter­nis. So sa­hen die Or­dens­meis­ter nicht aus, von de­nen es Ab­bil­dun­gen gibt: das wa­ren fes­te, ge­drun­ge­ne Ge­stal­ten mit lan­gen Bär­ten, das Ge­sicht von Sor­gen und Mü­hen ge­furcht, und auch die jun­gen Rit­ter wer­den meis­tens sehr viel der­ber und plum­per aus­ge­se­hen ha­ben und ge­we­sen sein. Den­noch mö­gen sie sich in ih­ren höchs­ten Au­gen­bli­cken, wenn sie sich dem Kampf und dem Tode weih­ten, so ge­fühlt ha­ben: mit so viel Feu­er woll­ten sie so viel Rein­heit ver­ei­ni­gen.

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Yaş sınırı:
0+
Hacim:
1861 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9783962817725
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