Kitabı oku: «Ricarda Huch: Deutsche Geschichte – Mittelalter – I. Römisches Reich Deutscher Nation –», sayfa 3
Die Deutschen und das Christentum
Die Deutschen und das Christentum
Man möchte gern wissen, was von Staat und Kirche geschah, um die Sachsen zu bekehren, wie die Bekehrung wirkte, was für ein Christentum es war, das gelehrt und das aufgenommen wurde.
Rabanus Maurus (links), Alkuin (Mitte), St. Martin zu Tours (rechts)
Alkuin war ein bedeutender Vermittler der in England und Irland durch die Zeit der Völkerwanderung hindurch geretteten lateinischen Bildung ins Frankenreich, die er als Lehrer zahlreichen Schülern.
Ein schöner Brief des Angelsachsen Alkuin an Kaiser Karl gibt zu verstehen, dass die Bekehrer hauptsächlich fordernd auftraten, indem sie den Zehnten zur Erhaltung der Kirche auferlegten, der, wie es scheint, mit Härte eingetrieben wurde. Es sei besser, meinte Alkuin, den Zehnten als den Glauben zu verlieren, es sei auch nicht erwiesen, ob die Apostel gewollt hätten, dass der Zehnte gegeben werde. Wären die Neugetauften später reif im Glauben geworden, möge man ihnen ein so schweres Gebot zumuten, zunächst solle man sie die Heilswahrheiten lehren und ihnen mit Werken der Barmherzigkeit näherzukommen suchen. Ohne Zweifel hatte Alkuin gehört, wie die Sachsen sich beklagten, dass die Religion des Gottes der Liebe für sie nur Bedrückung bedeute; wusste er, dass für die Predigt nicht genügend gesorgt war. An den Erzbischof Arn von Salzburg schrieb er, der Kaiser habe den besten Willen, aber er habe nicht genug Leute, die von der Liebe zur Gerechtigkeit beseelt wären, es gäbe eben mehr Diebe als Prediger, und mehr Menschen suchten das Ihre als das Göttliche.
Überall und zu allen Zeiten sind von den Menschen, die ein Gesetz ausführen sollen, viele, ja die meisten voller Mängel und Schwächen, so dass der Wille des Gesetzgebers selten rein zur Geltung kommt. Dasselbe ungünstige Verhältnis von Guten, Minderguten und Schlechten besteht natürlich in allen Schichten des Volkes und bestand bei den zu Bekehrenden wie bei den Siegern. Der Art der Bekehrung entsprach die Gesinnung, mit welcher die Taufe empfangen wurde, wie die folgende Anekdote erzählt. Als einmal um Ostern fünfzig Heiden zugleich sich zur Taufe meldeten, waren am Hof des Kaisers nicht so viele leinene Gewänder vorrätig, mit denen man die Täuflinge zu beschenken pflegte, und die fehlenden wurden schnell aus grobem Stoff zusammengenäht. Entrüstet sagte der eine der Heiden, als man ihm einen solchen Kittel reichte: „Zwanzigmal schon habe ich mich hier gebadet und immer habe ich gutes neues Gewand bekommen; dieser Sack passt höchstens für einen Sauhirten, nicht für einen Krieger. Wenn ich mich nicht meiner Nacktheit schämte, könntet ihr das Kleid mitsamt dem Chrisam behalten.“
Seit ihren Anfängen hatte die Kirche eine wesentliche Veränderung erfahren: als der Glaube des herrschenden Volkes gehörte sie nicht mehr in erster Linie den Armen und Sklaven, sondern den Großen. Bei allen germanischen Stämmen wurden die Könige und Herzöge zuerst Christen, und ihnen schloss sich der Adel an; was sie zum Übertritt bewog, war die Hoffnung, dass der Christengott ihnen Sieg verleihen werde. In den ersten Jahrhunderten hatte man die Armen beschenkt, wenn man die Kirche beschenkte; was der Kirche gehörte, gehörte den Armen, die Tätigkeit der christlichen Kirchenvorsteher bestand hauptsächlich in der Armenpflege. Allmählich, wie der Aufgabenkreis der Kirche sich erweiterte, wurde es üblich, dass die Bischöfe ihr Vermögen in vier Teile teilten und davon einen Teil für sich, einen für die Kanoniker, einen für die Instandhaltung und Verschönerung ihrer Kirche und einen für die Armen verwendeten. Almosen wurden noch immer reichlich verteilt, und Almosengeben von der Kirche dringend empfohlen; aber die Armen wurden doch als untergeordnete Leute und gewiss oft mit Geringschätzung behandelt. Es wurde erzählt, Widukind habe als Gefangener Karls, während sie, ein jeder an einem besonderen Tisch, speisten, gegen Karl bemerkt: „Euer Christus sagt, in den Armen werde er selbst aufgenommen. Mit welcher Stirn redet denn ihr uns zu, dass wir unsere Nacken beugen sollen vor dem, welchen ihr so verächtlich behandelt und dem ihr nicht die geringste Ehrerbietung beweist?“ Der Kaiser, so heißt es weiter, erschrak und errötete; denn die Armen saßen demütig am Boden.
Das Missverhältnis zwischen Ideal und Wirklichkeit, das immer besteht, drängte sich sicher gerade den Heiden auf, die der neuen Lehre zweifelnd gegenüberstanden. Indessen die Armen und Sklaven waren nur ein Teil des Volkes, und die Beziehung zur Armut ist nur ein Teil des Christentums. Erschüttert durch das ungeheure Erlebnis des mehr als dreißigjährigen Kampfes beugten sich die Besiegten, wie Widukind getan hatte, dem fremden Gott, der seine Übermacht an ihnen bewiesen hatte. Von ihm erwarteten sie nun Sieg im Kampf, Gedeihen der Äcker, Glück und Gelingen in allen Angelegenheiten, bereit, ihm dafür mit grenzenloser Ergebenheit zu dienen. Der alte Götterglaube, ob er nun dem nordischen ähnlich war, wie er sich in der Edda darstellt, oder ob er bei den deutschen Stämmen sich anders entwickelt hatte, sicherlich hatte er nicht mehr die quellende Frische eines neuen oder erneuerten Glaubens.
Edda ist der Name zweier Werke des 13. Jahrhunderts aus Island. In diesen beiden Werken werden skandinavische Sagen über die nordische Mytholokie und der Asen erzählt. Dabei ist die Snorra-Edda in Prosa geschrieben, während in der Lieder-Edda alte Lieder niedergeschrieben wurden. Obwohl beide Werke denselben Namen tragen und ähnliche Geschichten liefern, hängen sie nicht direkt miteinander zusammen. Die Lieder-Edda ist eine Sammlung altisländischer Lieder, die sich im Laufe der Jahrhunderte im Volksmund gesammelt hatten. Die Snorra-Edda hingegen stellt einen Überblick des damaligen nordischen Glaubens dar, der wirklich erst im 13. Jahrhundert durch Snorri Sturluson entstanden ist. Snorri Sturluson bedient sich mehrerer, heute unbekannter Quellen und beinhaltet teilweise auch Lieder, die in der Lieder-Edda niedergeschrieben sind.
Man weiß aus den Klagen des Bonifatius, dass sich die Religiosität der heidnischen Deutschen hauptsächlich in abergläubischen Bräuchen und Beschwörungen äußerte, im Wählen glückbringender Tage, im Los werfen, im Zwingen des Wetters oder menschlichen Willens; in solchen Formeln war der einst sinnvolle, lebendige Glaube erstarrt. An dem christlich abgewandelten Aberglauben festzuhalten, genügte dem religiösen Bedürfnis vieler. Weise Päpste ordneten an, dass soviel wie möglich der christliche Kult an heidnische Feste, Gebräuche, Gewohnheiten angeknüpft werde; so traten denn Heilige an die Stelle der Götter, und die das Leben Christi und der Heiligen bezeichnenden Feste an die Stelle der heidnischen, die den Sonnenlauf, das Erwachen und Hinsterben der Natur begleiten. Unter den Sachsen und Friesen, den zuletzt bekehrten Stämmen, waren wohl viele Bauern, die, wenn sie sich auch an die neuen Namen gewöhnten, doch der Kirche und den Priestern im Herzen feindlich blieben auf eine verbissene, schweigsame, gefährliche Art. Aber auch bei diesen schwand die Erinnerung an den alten Glauben, selbst wenn sich die alten Zaubersprüche im Gedächtnis erhielten. Die, welche die Pfaffen hassten, fühlten sich trotzdem als gute Christen.
(Die meisten Menschen in deutschen Landen wurden nicht missionisiert, sondern nur christianisiert.)
Ein ganzes Volk kann sich nicht plötzlich wesentlich verändern. Für die große Menge änderten sich zunächst nur die Namen und die Formeln. Einzelne religiös Begabte erfuhren durch die Berührung mit dem Christentum ein erschütterndes Erlebnis und eine Wandlung, und von solchen ging allmählich umbildender Einfluss auf das Volk aus. Es war nicht so, dass das Christentum seine Bekenner sofort auf eine hohe moralische Stufe gehoben hätte; aber das unergründliche Bibelwort riss Schluchten in ihrer Seele auf, aus denen heraus sie glühender lebten. Altheilige Vorstellungen verschmolzen mit dem neuen Gottesbild. Jehova (Jahwe – יהוה) war dem alten nordischen Himmelsgott verwandt; wie dieser durchstürmte er die Nacht auf weißem Blitz, Dichterworte, Zauberworte auf den überschwenglichen Lippen. Sie begriffen ihn als den Herrn, die furchtbare Majestät, unnahbar in ewige Glut gehüllt, als den Urton, der die Welt durchsummt. Sein Weg war unerreichbar hoch, sein Wille unerforschlich, unwiderstehlich. Und dieser Allmächtige wurde des Menschen Freund, schloss einen Bund mit ihm, und aus eines menschlichen Mädchens Schoß zeugte er wunderbar sein Ebenbild, den Frühlings- und Liebesgott, dessen Tod Dunkel und unendliche Trauer über die Erde ausbreitet. Den Mittelpunkt des Kultes und des Glaubens bildete das Sakrament des Abendmahls. Man feierte darin ein heiliges Geheimnis, die Vermählung von Gott und Natur, die Entzündung des elementaren Stoffes durch die Flamme Gott. Das Zauberwort des Magiers am Altar presste die durch das Weltall ergossene in einen elektrischen Punkt zusammen und leitete sie zu Segen oder Fluch auf die Lippe des sterblichen Menschen. Die wenigsten hatten das Bedürfnis, das Wunder zu verstehen, da sie es erlebten. Die Hostie war neben den Reliquien der Mittelpunkt der Wundersucht, das schauerlichste Mittel der Zauberei. Die Verehrung der irdischen Überreste von Heiligen, ein edler Brauch, vermischte sich bald mit teils heidnischen, teils weltlichen Vorstellungen, die von wenigen Hochstehenden benutzt, von den meisten geteilt wurden. Jahrhunderte hindurch waren Reliquien ein Zaubermittel, das von den Besitzenden gesammelt, erjagt, wenn es nicht anders ging, gestohlen wurde.
Gerhard vom Berge (* im 14. Jahrhundert; † 15. November 1398) stammte aus dem Hause der Herren vom Berge, die bei Minden ihren Sitz hatten und bis 1397 die Vogteirechte des Bistums Minden wahrnahm, er war Domkantor, dann Domdechant im Minden später das Bischof von Verden und Bischof von Hildesheim.
Als im 14. Jahrhundert Bischof Gerhard von Hildesheim gegen mehrere mächtige Fürsten in die Schlacht ging, versprach er erst der Mutter Gottes ein goldenes Dach auf ihre Kirche für den Fall seines Sieges, während sie sonst mit einem Strohdach sich begnügen müsse, außerdem steckte er Reliquien in seinen Ärmel. „Leve Kerel, truret nich, hie hebbe ek dusend Mann in miner Mauen“, rief er seinen Leuten zu, um sie gegen die Überzahl beherzt zu machen, und errang einen gewaltigen Sieg. Wenn sich viel Abgeschmacktes und Rohheit in die Auffassung des Göttlichen mischte: was wäre eine Religion, die nicht auch Magie wäre? Teilhaben an der Gotteskraft, das ist es doch, was alle Gläubigen wollen, die einen um der rohesten, andere um der sublimsten Zwecke willen. Bei aller derben Sinnlichkeit versenkten sich die Deutschen mit Leidenschaft in das Übersinnliche. Die erhabene Gewaltsamkeit, mit der das Christentum den eigentlichen Schauplatz der Menschengeschichte von der Erde hinweg in ein jenseitiges Geisterreich verlegt, gerade diese Umwälzung, die der Epoche, die man Mittelalter nennt, die grandiose Spannung, die geheimnisvolle Tiefe verlieh, das Leben in ein Himmel und Erde überbrückendes Drama verwandelt, entsprach einer Geisteskraft, die dem Deutschen besonders eigen ist, der Phantasie. Der Sinn für das Unsichtbare, der vielleicht mit der Begabung des deutschen Menschen für Musik zusammenhängt, öffnet sein Ohr den Stimmen von drüben.
Unterdessen ging die Ausgestaltung des künftigen Bistums Münster weiter:
Liudger (* 742 in Zweesen, heute ein Stadtteil von Utrecht in den Niederlanden † 26. März 809 in Billerbeck) wurde am 30. März 805 vom Kölner Erzbischof Hildebold (787–818) zum ersten Bischof von Münster geweiht.
Liudger, der erste Bischof von Münster, der, weil er selbst Friese war, leichter Zugang zu seinem Volk fand als die früheren Missionare, bekam einen wertvollen Gehilfen in dem sangeskundigen Bernlaf. Ihn hatte die Schönheit der Psalmen für das Christentum gewonnen, und da er überall beliebt war, weil er von den Taten der Vorfahren singen und sagen konnte, wehrte man ihm auch nicht, als er für seinen Glauben warb. Diese Gesänge überzeugten unmittelbar, auf Zauberart. Nicht nur der friesische Sänger, nicht nur Mönche, sondern auch Könige wussten viele Psalmen auswendig und führten eine Psalmensammlung auf Reisen mit sich. Karl der Große liebte die Musik und pflegte in der Kirche mit gedämpfter Stimme die Psalmen mitzusingen. Keine Kunst ist so wie die Musik Verkünderin des Übersinnlichen, doppelt so, wenn sie sich mit der Wirkung der Architektur verbindet. Die Feierlichkeit des Gottesdienstes in den Chören der karolingischen und ottonischen Kirchen mögen mehr als die Predigt die Herzen dem dreieinigen Gott zugeführt haben.
Indessen, wenn auch die neue Religion hauptsächlich als Himmelszauber auf die Seele wirkte, so herrschte sie doch auch als sittliche Macht. „Du sollst heilig sein, denn ich bin heilig.“ Von allen Göttern, zu denen die Völker beten, hatte noch nie einer so zu seinem Volk gesprochen. Der Sinn des deutschen Menschen für Gerechtigkeit verband ihn mit dem Gott, der der Gerechte hieß, das Kämpferische seiner Gesinnung machte, dass er sich willig in die Geisterschlacht zwischen Gut und Böse hineinreißen ließ. Die Weltüberwindung durch Askese, die der Mönch im Kloster führte, war zugleich ein ritterlicher Gedanke und den Germanen nicht durchaus fremd. Allerdings waren sie im Allgemeinen zügellos im Trinken und in der Frauenliebe; sie bedurften des Rausches. Den erwählten Frauen gaben sie sich mit einer fast kindlichen Gewaltsamkeit hin, und es kam zu erbitterten Kämpfen mit der Kirche, wenn sie ein Liebesverhältnis wegen zu naher Verwandtschaft zu lösen unternahm. Andererseits wurde in der germanischen Mythologie Jungfräulichkeit als Quell übermenschlicher Kraft begriffen, und im Verhalten zum Tod, den zu fürchten für den Freigeborenen als Schande galt, lag Selbstüberwindung. Karl der Große verabscheute Trunkenheit. Dass bloßes Sichgehenlassen nichts Großes erzeugt, wusste auch der heidnische Deutsche, und gerade weil der Freie keinen Zwang duldet, musste er sich selbst zwingen. Ohne diesen Selbstzwang gibt es keine Ehre. Um an dem Kampf des schaffenden Gottes gegen den zerstörenden Teufel teilzunehmen, strömten Männer und Frauen den Klöstern zu.
Im Süden Deutschlands hatten schon vor Bonifatius Klostergründungen stattgefunden, sowohl in Franken wie in Schwaben und Bayern. In Schwaben gründeten iroschottische Mönche Reichenau und Sankt Gallen, im frommen Bayern beteiligten sich die Bischöfe, die einheimischen Herzöge und adligen Privatpersonen. So etwa wie die ersten europäischen Ansiedler in den wilden Westen Amerikas eindrangen, so zogen glaubensstarke, abenteuerlustige Leute in kleineren und größeren Gruppen dem Süden und Osten zu, drangen in die alten römischen Provinzen ein, wo längs der großen Straßen noch Romanen, abseits in den Flusstälern Slawen wohnten. Auch einzelne freie Bauern siedelten und rodeten, der Name manches kühnen Mannes ist in den Namen alter Ortschaften erhalten; aber die Klöster hatten größere Mittel zur Verfügung und erzielten dementsprechend größere Ergebnisse. Gewöhnlich wurde den Mönchen ein Stück Kulturland und ein Stück Ödland verliehen, damit sie von den Erträgnissen des einen lebten, während sie das andere urbar machten. Verlassene Ruinen aus der Römerzeit lieferten oft das Material für die klösterlichen Bauten; die Trümmer des alten Iuvavum ermöglichten, dass gleich das erste Salzburger Kloster aus Stein hergestellt werden konnte. Kam eine auswandernde Gesellschaft an der Stätte an, die zur Errichtung eines Klosters oder der Filiale eines Klosters geeignet schien, so wurde zum Zeichen der Besitznahme ein Kreuz aufgestellt und dann eine Zelle gebaut, wovon das häufige Vorkommen des Wortes Zell im Ortsnamen Kunde gibt. Sie wurde unter den Schutz der heiligen Margarete oder des heiligen Georg, des Drachenüberwinders, gestellt, wenn man in benachbarten Wäldern die wilden Tiere fürchtete; freundliche Auen weihte man der Jungfrau Maria. Die strenge Regel des Bonifatius, wonach die Mönche alle Arbeit selbst tun sollten, wurde in Bayern nie durchgeführt; die schwere Arbeit der Kolonisation wurde von hörigen Knechten geleistet.
Passau, St. Florian, Kremsmünster, Chiemsee, Staffelsee, Wessobrunn, Tegernsee, Benediktbeuren, die beiden letzteren von zwei adligen Brüderpaaren gestiftet, wurden in Bayern zu bedeutenden Kulturmittelpunkten, in Franken Lorsch und Prüm, im Elsass Weißenburg, in Sachsen Korvey und die berühmten Nonnenklöster Gandersheim, Quedlinburg und Nordhausen. Die Schenkungen, mit denen die Klöster überhäuft wurden, machten sie schnell außerordentlich reich.
In den Vorratshäusern und Ställen des Klosters Staffelsee befanden sich im Jahre 812: 1 Pferd, 26 Ochsen, 20 Kühe, 1 Stier, 51 Stück Kleinvieh, 5 Kälber, 87 Hammel, 14 Lämmer, 17 Böcke, 58 Ziegen, 12 Böckchen, 40 Schweine, 50 Frischlinge, 63 Gänse, 50 junge Hühner, 17 Bienenstöcke, 20 Speckschwarten, 40 Käse, 127 Fett- und Schmalztöpfe. Dazu kamen noch Honig, Butter, Salz und Malz. In den Mägdekammern spannen und webten 24 Mägde und verfertigten aus Wolle und Leinen Wäsche und Kleidungsstücke. Das Land wurde teils verpachtet, teils vom Kloster selbst durch Hörige bewirtschaftet, die teils mit dem Land zusammen geschenkt waren, teils sich mit oder ohne Land dem Kloster freiwillig ergaben. Trotz des damaligen Überflusses an Land und Leuten bedarf der Wetteifer des Schenkens, der im 9. und 10. Jahrhundert das deutsche Volk ergriff, der Erklärung, und er erklärt sich hauptsächlich durch die Gewalt des Glaubens. Mochte immerhin noch mancher sächsische Bauer in einsamen Höfen sich an seinen alten Runen und Sprüchen genügen lassen, der Adel und die begüterten Freien waren gläubige Christen, überzeugt, das Heil ihrer Seele nur durch die Vermittlung des Papstes in Rom empfangen zu können.
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Das Kloster
Das Kloster
Waren auch viele Wälder gelichtet und viele Moore entwässert, noch immer gab es tagereisenweit Wildnis in deutschen Landen. Tagelang ging der junge Bayer Sturm, als er einen Platz für das Kloster suchte, das Bonifatius gründen wollte, durch Wälder und flocht bei Nacht einen Zaun um seinen Esel, um ihn notdürftig vor wilden Tieren zu schützen, und wenn es in den Zweigen raschelte und knackte, horchte er gespannt, ob ein Mensch oder ein Wolf oder Luchs sich heranschliche. An den Mündungen des Rheins, der Weser und Elbe überschwemmte das Gewässer oft weithin das Land, Sturmfluten brandeten über die noch nicht eingedeichten Ansiedelungen und rissen sie in die Tiefe. Im Herbst, im Winter und im Frühling, wenn die Wolken tief herabhingen, der kalte Wind heulte und Schnee und Regen die Wege zu Morast aufweichten, mochte dem Wanderer, der zu Fuß oder zu Pferd ein entferntes Ziel zu erreichen suchte, oft die Hand erstarren und das Herz erbeben. Nicht nur wilde Tiere, auch die wilden Menschen musste er fürchten, Wegelagerer, Krieger, die zum Kampf auszogen oder vom Kampf zurückkehrten und ihren Übermut an jedem Beliebigen austobten, Feinde vielleicht, die die Gelegenheit wahrnahmen, einen alten Span auszutragen. Weit und breit kein Haus; die Dörfer, durch die man etwa kam, bestanden aus dürftigen, strohgedeckten Hütten aus Lehm und Holz.
Zuweilen kam man wohl an festen, breiten Häusern freier Bauern oder an Gutshöfen vorüber, die Eschen und Eichen beschirmten, an denen ein Quell vorüberrieselte, und die wohlbestellte Äcker umgaben.
Städte gab es noch wenige außer den alten Römerstädten am Rhein, Straßburg, Basel, Mainz, Köln, außer Augsburg am Lech und Regensburg an der Donau, und auch dort öffneten sich dem Wanderer zu Schutz und Herberge nur die Klöster, die es dort etwa gab.
Inmitten des wolkenverhangenen, wälderrauschenden, waffenklirrenden Landes gab es Bezirke, die der Friede Gottes erfüllte. Mochte draußen Krieg rasen, unter der täglichen Fron der Landarbeiter seufzen, Gewalt und Unrecht triumphieren, im Kloster glühte die Flamme ewiger Anbetung, beugten sich immer Knie vor dem Herrn, riefen immer inbrünstige Lippen den höchsten Namen an, legten Gottgeweihte das Geschick ihrer weltlichen Brüder an das Vaterherz im Gebet. Nach siebenstündigem Schlaf, eh noch der Tag zu dämmern begann, erhoben sich die Mönche vom Lager und betraten die Kirche, um das Lob des Allmächtigen zu beginnen. In festen Rhythmen begleitete die Musik den Psalm der Stunde des Tages, alle Gefühle des Herzens ergießend: die Klage über das Vergebliche der Lust der Welt, den düsteren Schmerz der Unzulänglichkeit und Schuld, das Rühmen und Danken, den Jubel des Glaubens, die Angst des Zweifels, das unstillbare Heimweh. Über die Wände der Kirche breitete sich in feierlichen Bildern die Geschichte vom Bunde Gottes mit der Menschheit aus.
Man sah lieblich und herrlich zugleich die jungfräuliche Mutter mit dem Kind, das, so klein es war, doch das Göttliche in sich fasste, man sah den Herrn am Kreuze und sah ihn in seiner Majestät unerbittlich am Jüngsten Tage die Bösen von den Guten sondern. Wer den geweihten Raum betrat, spürte die Gegenwart überirdischer Mächte. Die Knaben vornehmer Abkunft, die hier von den Eltern Gott dargebracht wurden, wussten, dass sie bestimmt waren, Krieger des höchsten Kriegsherrn zu werden, wenn sie auch keine Rüstung trugen. Stolz, spröde, keck beugten sie sich doch der Zucht ihrer Lehrer und des Abtes, die nach der Regel streng und milde, brüderlich und königlich sie regierten. Der Sehnsucht des germanischen Jünglings, einem Führer Gefolgschaft zu leisten, der im Kampf voranging, konnten sie auch im Kloster Genüge tun.
Je nach ihrer Begabung war ihnen das Kloster Universität, Kunstschule, Handwerkerschule, landwirtschaftliche Schule. Denn es war eine Welt im Kleinen, alles, was gebraucht wurde, wurde im Kloster angefertigt, das über den Gebrauch hinaus Erzeugte ging zum Verkauf hinaus.
Im Klostergarten wurden Rosen, Verbenen, Nelken und andere Blumen des schönen Anblicks und des Duftes wegen gezogen, daneben Gemüse, Küchenkräuter und Pflanzen, denen Heilkraft zugeschrieben wurde: Lattich, Lauch, Erbsen, Petersilie, Minze, Lavendel und Thymian. Die reichen Klöster hatten auswärtige Besitzungen, oft von weither wurden dem Mutterkloster Erträge zugeführt. Das Kloster Reichenau bezog aus eigenen Gütern in Italien Wein und Öl. Hohe Gäste pflegten Schenkungen an Wild oder Fisch oder Wein zu machen, und der für die Gabe festgesetzte Tag wurde zum Festtag. Ekkehard IV. hat den Besuch geschildert, den der liebenswürdige König Konrad I. im Jahr 911 in Sankt Gallen machte.
(Konrad I.,* um 881; † 23. Dezember 918 in Weilburg; beerdigt in Fulda) war ab 906 Herzog von Franken und von 911 bis 918 König des Ostfrankenreichs.
Während er in Konstanz die Weihnacht feierte, erzählte ihm der Bischof Salomon, der in Sankt Gallen erzogen war, von der Prozession, die an einem der folgenden Tage dort stattfinde, worauf der König ausrief: „Wären wir dort! Und warum, mein Herz, gehen wir nicht morgen früh hin?“ Fröhlich fuhren sie zu Schiff den Rhein hinauf und wurden in Sankt Gallen mit Hymnen empfangen. Von den drei Freudentagen, die der König dort zubrachte, blieb der Tag der Unschuldigen Kindlein, der ein Tag besonderer Freiheit für die Klosterschüler war, allen die liebste Erinnerung. Der König, offenbar ein Kinderfreund, ließ den kleinen Burschen Obst hinschütten und staunte, als nicht einer sich rührte, um danach zu greifen, dann wieder nahm er sie auf den Schoß und legte ihnen Goldmünzen in den Mund und lobte lachend den einen, der das Gold voll Abscheu ausspie. Er speiste mit den Mönchen, bereicherte das bescheidene Mahl durch außergewöhnliche Zutaten, verbreitete fröhlich plaudernd gemütliche Stimmung und sagte später zum Bischof von Konstanz, das wenigstens war die Überlieferung des Klosters, er sei noch nie bei einem Gastmahl so heiter gewesen. Auch in die Gebetsverbrüderung ließ er sich aufnehmen, eine Einrichtung, zufolge welcher Laien nach erfolgter Zustimmung der Mönche eine gewisse Zugehörigkeit zum Kloster sich erwerben konnten, so dass die Mönche sie in ihr Gebet einschlossen, und sie das Recht hatten, vorübergehend im Kloster zu verweilen, wovon Fürsten und Adlige wohl am Ende ihres Lebens Gebrauch machten, um in geheiligten Räumen zu sterben.
Indessen, nicht dadurch allein sollte das Kloster einen Gegensatz zur Welt bilden, dass es eine Stätte des Friedens sei, während draußen Blut und Tränen vergossen wurden: Leiden und Entbehrung sollte der Grundton des mönchischen Lebens sein. Es sollte ein freiwillig übernommenes Leiden sein zum Zeichen der Nachfolge Christi; mit dem dreifachen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams verzichtete deshalb der Mönch auf alles, woraus der Mensch die Genüsse zu schöpfen pflegt, auf Besitz, auf Liebe und Familie, auf den eigenen Willen. Im Kloster sollte ein Grundgedanke des Christentums verwirklicht werden: die Ausschaltung des Privateigentums. Auch nicht ein Buch, nicht einen Griffel sollte der Mönch zu eigen besitzen, allen sollte alles gemeinsam sein. Die meisten Kirchenväter stimmten darin überein, dass der Gemeinbesitz gut, von der Natur und von Gott gewollt sei, dass die Habsucht der Menschen das Sondereigentum eingeführt habe. Damit hing das Gebot der Ehelosigkeit zusammen, denn in der Familie bildet sich die Neigung aus, Vermögen zu erwerben und den Kindern zu vererben, wodurch es der Gemeinde entzogen wird. Dem germanischen Bauer, besonders dem sächsischen, der gern allein auf seinem Hof saß, war die kirchliche Lehre von der Gütergemeinschaft durchaus entgegengesetzt. Auch wurde das strenge Gebot im Kloster oft durchbrochen, da es immer solche gab, die etwas Eigenes zu verheimlichen wussten, worüber es dann zu hässlichen Zankereien kam. Allein wenn auch Heuchelei und Schwäche das Vorleben des christlichen Gedankens trüben und die Unmöglichkeit, ihn rein zu verwirklichen, beweisen mochten, er leuchtete doch von dieser Stätte in die von Habgier zerrissene Welt, einen Hafen allen denen öffnend, die ihm dienen wollten. Hier in diesem geheiligten Bezirk sollte das Gold nur dem Schmuck des Altars dienen, die weißen Hände des Mönchs sollten sich nie um eine erraffte Münze schließen, nur sich öffnen, um sie dem Bedürftigen auszuteilen. Das zur Erhaltung des Lebens Notwendige war da, gab es etwas darüber hinaus, wurde es mit Dank genossen, aber im allgemeinen sollte die Lehre der Kirchenväter gelten: wer etwas Überflüssiges hat, entzieht es dem Armen. Die Begabung sollte innerhalb der Gemeinschaft zwar anerkannt und gepflegt werden und sich entfalten, aber keinen Vorzug der Ehre oder der Einkünfte zur Folge haben. Alle standen unter gleichem Gesetz, wohnten gleich, nährten und kleideten sich gleich, einzig die Persönlichkeit, deren Wurzel sich menschlichem Eingriff entzieht, göttliche Prägung, die kein irdischer Despot verwischen kann, machte sich durch größeres Lieben und Geliebtwerden geltend, trotz aller Bestimmungen, die auch die Freundesliebe gegenüber der Nächstenliebe beschränken sollten. Soweit es menschliche Leidenschaft und menschliche Schwäche zulassen, wurde hier christliche Brüderlichkeit verwirklicht.
Nicht immer ertrugen die jungen Männer die Vergewaltigung, die ihrer Natur durch das Mönchtum angetan wurde, gutwillig. Oft waren es solche, die schon als Kinder durch Kränklichkeit, Zartheit, Neigung zum beschaulichen Leben, geistige Begabung für die klösterliche Laufbahn vorbestimmt schienen; war das nicht der Fall, so mussten die adligen Knaben, deren Väter und Brüder das Schwert führten, sich im Krieg auszeichneten, Abenteuer erlebten, hart mit sich ringen, bis sie inneren Frieden fanden oder wenigstens sich zu fügen lernten. Zwischen den Klostermauern versiegte manche Träne des Zorns, verhallte mancher Fluch der Verzweiflung. Nur zufällig ist uns das Schicksal des jungen Grafensohnes Wolo überliefert, der, um von ferne die blauen Berge zu sehen, dem Verbot trotzend einen Turm bestieg, stürzte und das Genick brach, im Sterben wohl das Geschick segnend, das ihn befreite. Unseliger endete der sächsische Grafensohn Gottschalk, der auf einem Konzil in Mainz Entlassung aus dem Kloster verlangte, weil er des mönchischen Lebens überdrüssig geworden war. Das Konzil, dem er selbst seine Sache vortrug, war weitherzig genug, seinem Gesuch entsprechen zu wollen, nicht so der Abt des Klosters Fulda, dem er angehörte, Hrabanus Maurus. Der Mann, den die Mit- und Nachwelt wegen seiner Kenntnisse und seiner Frömmigkeit bewunderte, zeigte sich Gottschalk gegenüber bis zur Grausamkeit starr. Er focht das Urteil des Konzils an, indem er sich darauf berief, dass die Gelübde der Eltern, die Kinder dem Kloster darbrächten, nicht gelöst werden könnten. Um Gottschalks Klage über Freiheitsberaubung zurückzuweisen, sagte er, man verliere seine Freiheit nicht, wenn man sich dem Dienste Christi weihe, was Gottschalk doch gar nicht getan hatte.
Ludwig der Fromme
Ludwig der Fromme gab, wie zu erwarten war, dem Abt nach, doch wurde Gottschalk gestattet, in ein anderes Kloster zu gehen, und er wählte Orbais in der Diözese Soissons. Mit der Heftigkeit eines aufgestauten Tatendranges vertiefte er sich in die Schriften des heiligen Augustinus und entdeckte die Lehre von der Gnadenwahl, die er kampflustig und trotzig zu verbreiten suchte als eine Wahrheit, die die Kirche der Christenheit vorenthalten habe. Er überzeugte manche, gewann namhafte Anhänger; aber da sich zwei mächtige Feinde gegen ihn verbündeten, sein alter Gegner, Hrabanus Maurus, der inzwischen Erzbischof von Mainz geworden war, und der gewalttätige Hinkmar, Erzbischof von Reims, beide starke Persönlichkeiten, gelehrt und herrschsüchtig, unterlag er. Durch Geißelhiebe zum Schweigen gebracht, verfiel er schließlich in Wahnsinn. Dass die Lehre von der Gnadenwahl als ketzerisch verurteilt wurde, entsprach dem klugen und milden Geist der katholischen Dogmatik, die den Laien vor dem Gift allzu tief bohrender Gedanken bewahren wollte; den persönlichen Hass, der sich in der Art, wie man ihn behandelte, erweist, mag zu einem Teil das stolze und rechthaberische Wesen des Unglücklichen, der um seine Lehre als um seine Rache kämpfte, verschuldet haben.