Kitabı oku: «Die Krieger des alten Japan», sayfa 5
Die Loyalität des Kusunoki Masashige
Ein Baum im Süden
Im Japan des anbrechenden 14. Jahrhunderts standen sich zwei unversöhnliche Mächte gegenüber, die des Shôguns Hôjô Takatoki, der in Kamakura ein ausschweifendes, luxuriöses Leben führte, und die des Kaisers Go-Daigo. Hôjô Takatoki entstammte der Familie der Gemahlin des Minamoto-no-Yoritomo. Ihm mangelte es vollkommen an jener Integrität, die dem Klan der Minamoto stets zu eigen gewesen war. Auf seiner Seite stand die Realität der Macht, doch diese Macht war nicht mehr unerschütterlich. Die Kriegerkaste war immer weniger gewillt, die wuchernde und allgegenwärtige Korruption und den absoluten Autoritätsanspruch des Shôgunats hinzunehmen. Dies galt um so mehr, als der letzte Sieg über die Mongolen, die am Ende des 13. Jahrhunderts versucht hatten, das Land zu erobern, sich für sie nicht in Form von Ländereien oder Reichtum ausgezahlt hatte.
Die Autorität des Kaisers war durch die mächtige Kriegerkaste (buke) zur Bedeutungslosigkeit degradiert worden. Natürlich wurden dem Tennô nach wie vor alle Zeichen der äußerlichen Ehrerbietung dargebracht, aber alle waren sich über die tatsächlichen Machtverhältnisse im Klaren. Seit den Zeiten der Fujiwara waren die Kaiser durch die Kriegerkaste nach Gutdünken eingesetzt, gestürzt und manipuliert worden. Die Aristokraten des Hofes fühlten sich zunehmend an den Rand gedrängt, was ihr Ehrgefühl in hohem Maße verletzte. Doch da sie über keine eigenen Militärkräfte verfügten, mußten sie sich ihrem Geschick ergeben. Mit dem Tode des Kaisers Go-Saga im Jahre 1272 hatten sich die Verhältnisse noch verschlimmert. Die Nachkommen seiner beiden Söhne übten nun im Wechsel die formale kaiserliche Macht aus, die auf diese Weise gegenüber der faktischen Macht, die in den Händen der Familie der Hôjô konzentriert war, noch mehr an Bedeutung verlor. Somit konnte der Kaiserhof nicht das geringste ausrichten angesichts der himmelschreienden Ausschweifungen der Shôgune von Kamakura.
In dieser Situation erfolgte im Jahre 1318 die Thronbesteigung durch Kaiser Go-Daigo. Dieser war eine starke, hochgebildete Persönlichkeit. Er war Künstler und Poet, zeichnete sich jedoch auch durch Eitelkeit und Arroganz aus. Er schöpfte Hoffnung aus dem sittlichen Verfall der Hôjô-Regenten und glaubte, daß die Gelegenheit gekommen war, die kaiserliche Autorität wiederherstellen zu können. Er begann darüber nachzusinnen, wie die Vorherrschaft der Shôgune, die seit 200 Jahren in Kamakura herrschten, zu brechen sei. Er faßte einen sehr einfachen Plan. Er wollte ihm ergebene Gefolgsleute ausfindig machen, die bereit sein würden, sich im Kampf für seine Rückkehr an die reale Macht aufzuopfern.
Go-Daigo war Anhänger des Sung-Konfuzianismus, der eine enge Beziehung zwischen Herrn und Untertan lehrte und unbedingten Gehorsams von Seiten des letzteren forderte. In jener Zeit erlebte die Religion gerade eine Erneuerung. Vor allem der Zenbuddhismus pries eine strenge körperliche und geistige Disziplin und das Losgelöstsein von den Realitäten dieser Welt. Dies war eine Philosophie, die hervorragend zur Mentalität der Samurai paßte, Krieger, die auf der Suche nach einem Lebensideal waren und nach einem Sinn des Todes, jenseits der Erscheinungen der materiellen Welt. Im Zusammenspiel mit anderen Gedankenströmungen, wie dem Shintô43 oder den Lehren, wie sie die Sekten der Nichiren-Shôshû oder Jôdô verbreiteten, stellte dies eine Philosophie des aufrichtigen und engagierten Handelns dar, wie auch der Entsagung. Diese Philosophie war natürlich auch offizielles Glaubensbekenntnis jener, die an der Spitze der sozialen Pyramide standen. Da auf diese Weise der geistige Nährboden hierfür bereitet war, fand Go-Daigo, der 96. Kaiser Japans, mit seinen Ideen bei vielen Samurai Anklang.
Im Jahre 1331 war Go-Daigo gezwungen, aus Kyôto zu fliehen, nachdem seine ersten Versuche, Verschwörungen gegen das Bakufu zu organisieren, gescheitert waren. Er fand Unterschlupf in einem Kloster am westlich von Nara gelegenen Berg Kasagi. Das Kloster war eine natürliche Festung, die von Kriegermönchen, Yamabushi, gehalten wurde, welche ihm treu ergeben waren. Hier hatte er eines Nachts einen hellseherischen Traum, der im Taiheiki überliefert worden ist, einer anonymen Chronik aus dem 14. Jahrhundert. In diesem Traum sah sich Go-Daigo umgeben von einem Kreis aus Kurtisanen, die in seinem Garten in Kyôto saßen. Ein Platz aber war leer geblieben. Dieser Platz befand sich unter einem riesigen Baum, südlich von dessen Stamm. Das Blattwerk war über dieser Stelle besonders dicht. Alle schienen auf etwas zu warten. Plötzlich erschienen zwei Kinder, in denen er die Bodhisattvas44 Nikkô und Gakkô erkannte. Die Kinder knieten vor ihm nieder, um ihm zu offenbaren, daß der leere Platz für ihn selbst bestimmt war, und daß dies der einzige sichere Platz für ihn sei. Als er erwachte, versuchte er, einen Sinn in dieser Traumbotschaft zu finden. Er erkannte, daß, wenn man die Zeichen für »Baum« und »Süden« kombinierte, man den Begriff »Kampferbaum« (kusunoki) lesen konnte. Er fragte Jojubo, einen Priester des Tempels, ob er von einem Krieger gehört habe, der diesen Namen trug. Tatsächlich stellte sich heraus, daß es in der Provinz Kawachi, westlich vom Berg Kongô, einen Samurai gab, der so hieß. Man schickte einen Boten nach ihm. Kusunoki Masashige, der sich der Ehre, die ihm zuteil wurde, bewußt war, begab sich unverzüglich zum Kaiser und schwor ihm den Treueid.
Die Belagerung von Akasaka-jô
Kusunoki45 wurde 1294 geboren. Er war der Sohn des Lehnsherren Masato, eines kleinen Landadeligen aus der zwischen Ôsaka und Nara gelegenen Provinz Kawachi. Die Überlieferung besagt, daß seine Mutter, die lange Zeit kinderlos geblieben war, sich einst für hundert Tage in den auf dem Berg Shigi stehenden Tempel des Gottes Bishamon, auch Tamon-ten genannt, zurückgezogen hatte. Dort soll ihr die bevorstehende Geburt ihres Sohnes in einem Traum offenbart worden sein. Aus Dankbarkeit für die erhörten Gebete gab sie ihm den Namen Tamonmaru, Kind des Tamon. Des weiteren sagt die Überlieferung, daß der Junge seine Kindheit im Tempel von Kanshinji verbracht habe. In den Tempelarchiven sollen Aufzeichnungen zu finden sein, die davon berichten, daß er sich durch einen beispielhaften Charakter und vielseitige Begabungen auszeichnete, vor allem auf kämpferischem Gebiet. Im Alter von 15 Jahren verlieh man ihm bei der gempuku-Zeremonie den Namen Masashige. Aus ihm entwickelte sich ein gebildeter, kultivierter Mann, der zugleich ein erprobter, unabhängiger Kriegsherr war.46 In seinen jungen Jahren hatte er zweifelsohne Gelegenheit gehabt, auf Handelsreisen die Hauptstadt zu besuchen, denn seine Provinz war in Japan der Hauptproduzent für Quecksilbererz, aus dem man Zinnober extrahierte, eine Substanz, die als Kosmetikum sehr geschätzt war. Aber alles in allem gab es in seinem Leben nichts Bemerkenswertes bis zu dem Tag, an dem er Go-Daigo die Treue schwor.
Die Truppen des Shôguns machten Jagd auf Go-Daigo. Sie belagerten den Berg Kasagi. Doch sein neuer Gefolgsmann Kusunoki Masashige und dessen Leute leisteten ihnen über Monate Widerstand. Gemeinsam mit einem der jungen Söhne des Kaisers, Prinz Morinaga, machte er ihnen das Leben im Gebirge schwer, indem er einen Guerillakrieg gegen sie führte. Schließlich gelang es ihnen aber doch, den Kaiser gefangenzunehmen.
Um jeden neuerlichen Widerstand im Keim zu ersticken, wollten sie auch Kusunoki ergreifen und ihn töten. Dieser war jedoch in die Akasaka-Festung geflohen, ein rechteckiges Gelände, das von Holzpalisaden, verstärkt durch einige Türme, umgeben war. Im Frühjahr 1333 standen die Truppen aus Kamakura, nicht weniger als 100 000 Mann unter Führung des jungen und ehrgeizigen Heerführers Ashikaga Takauji, schließlich vor Akasaka-jô. Sie waren zunächst etwas enttäuscht darüber, eine Festung mit solch kläglichem Schutz vorzufinden. Sollten sie tatsächlich so leichtes Spiel mit dem Mann haben, der ihnen in den Bergen monatelang widerstanden hatte? Es gab nicht einmal einen Festungsgraben. Alles deutete darauf hin, daß die Angelegenheit noch vor Anbruch der Dunkelheit erledigt sein würde.
Es wurde Signal zum Angriff gegeben, und die Truppen stürmten auf die Palisaden zu, in einem unbeschreiblichen Gedränge. Jeder hoffte, sich den leicht zu erringenden Ruhm holen zu können, als erster in die Festung einzudringen. Doch hatten sie nicht mit dem Einfallsreichtum des Belagerten gerechnet. Hinter den Palisaden standen 200 Bogenschützen bereit. Die Angriffswellen der Truppen des Shôguns wurden förmlich niedergemäht. Als Ashikaga schließlich Befehl zum Rückzug erteilte, mußte er 1 000 tote Kämpfer vor den Palisaden der Festung zurücklassen.
Vom Kampf erschöpft, schlugen die Truppen ihr Lager auf. Sie legten ihre Rüstungen ab, pferchten die Pferde ein und begaben sich in ihre Zelte, um in der Nacht Kraft für einen neuen Angriff am nächsten Tage zu schöpfen. Sie ahnten nicht, daß der Bruder Kusunokis, Shichirô, und sein Verbündeter, Wada Gorô Masato, sich bereits den ganzen Tag mit 300 Reitern auf einem bewaldeten Hügel, entfernt vom Schlachtfeld, verborgen gehalten hatten. In zwei Gruppen kamen die Reiter aus dem Wald und stürmten das Lager der Samurai des Shôguns aus zwei Richtungen. Im Handumdrehen war es verwüstet. Plötzlich öffneten sich drei Tore in den Palisaden von Akasaka-jô, und weitere Reitertrupps Kusunokis, die während des Tages ihre Kräfte geschont hatten, schlossen sich den nächtlichen Angreifern an. Panik ergriff die Truppen des Shôguns, und Hals über Kopf flohen sie zu den Ebenen des Ishikawa-Flusses, wobei sie Tote, Verwundete, Waffen und Pferde zurückließen.
Dennoch gab Ashikaga nicht auf. Er sammelte seine Truppen und beschloß eine reguläre Belagerung der Festung. Mehrmals versuchte er, der Belagerung ein schnelles Ende zu bereiten, aber die wenigen tausend Kämpfer Kusunokis ließen alle Angriffe scheitern. Der raffinierte Gefolgsmann des Kaisers ersann immer neue Kriegslisten. Er erwies sich als erfahrener Kriegsherr, der in der Lage war, mit höchst ungewöhnlichen Methoden einem zahlenmäßig weit überlegenen Feind, der nur mit herkömmlichen Kampfsituationen vertraut war, die Stirn zu bieten. So geschah es beispielsweise eines Tages, daß auf Truppen der Belagerer, die an einem steilen Hügel vorbeiritten, plötzlich Felsblöcke und Baumstämme herabrollten, welche Kusunokis Leute oben mit Stricken festgebunden hatten, die sie nun alle gleichzeitig kappten. An einem anderen Tag gerieten sie in eine ausgeklügelte Falle. Kusunoki hatte Anweisung gegeben, daß man die Angreifer unbehelligt an einer Flanke der Festung die Palisade hinaufklettern lassen solle. In vollkommener Stille warteten seine Männer auf der anderen Seite auf den Feind, der bereits an den sicheren Sieg glaubte. Doch kaum war die Palisade von Angreifern bedeckt, ließ er die Seile kappen, die sie hielt. Diese Palisade war in Wirklichkeit eine Attrappe gewesen. Die Samurai Ashikagas stürzten zu Boden und fanden sich plötzlich vor dem echten Burgwall wieder, von dem aus Steine und Pfeile auf sie niederprasselten. 700 von ihnen mußten an jenem Tag ihr Leben lassen. Auch am nächsten Tag erging es den Truppen der Angreifer nicht besser, als sich plötzlich von oben kochendes Wasser in wahren Fluten über sie ergoß, und weder ihre Helme noch ihre Rüstungen konnten sie vor schweren Verbrühungen schützen.
Doch in der Festung wurden allmählich die Lebensmittel knapp, und Kusunoki beschloß, mit seinen verbliebenen Kriegern die Festung zu verlassen. Zuvor plante er jedoch noch eine letzte Überraschung für die Belagerer. Es war eine regnerische Nacht. Die Männer Kusunokis errichteten einen riesigen Scheiterhaufen, auf den sie die Leichen der gefallenen Kämpfer legten. Daraufhin verließen die Belagerten in aller Heimlichkeit in kleinen Gruppen die Festung und schlichen unbehelligt durch die Reihen der Belagerer, deren Aufmerksamkeit durch Müdigkeit und das schlechte Wetter nicht sehr hoch war. Ein einziger Samurai Kusunokis war noch innerhalb der Palisaden geblieben. Dieser setzte schließlich den Scheiterhaufen in Brand. Als die Flammen hoch hinaufschlugen, eilten die Belagerer in die Festung, die durch keine Verteidiger mehr geschützt war. Sie glaubten, die Belagerten hätten kollektiven Selbstmord begangen, aber umsonst suchten sie unter den verkohlten Leichen die sterblichen Überreste Kusunokis. Der Mann des Kaisers und seine Samurai waren bereits in weiter Ferne, und er war entschlossen, eines Tages wieder für Go-Daigo in den Kampf zu ziehen.
Die Belagerung von Chihaya-jô
In der Zwischenzeit hatte man Go-Daigo all seine Rechte aberkannt und ihn auf die Insel Chiburi-jima des Oki-Archipels verbannt, das sich zwischen Kyûshû und der Koreanischen Halbinsel befindet. Seine Güter waren konfisziert worden und ebenso die Besitztümer aller, die ihn unterstützt hatten. Doch sein Sohn, Prinz Morinaga, der ins Yoshino-Gebirge geflohen war, verkündete, den Kampf fortsetzen zu wollen. Er wußte, daß er nach wie vor auf Kusunoki Masashige zählen konnte, der nun im ganzen Land für seinen Mut und seinen Einfallsreichtum berühmt geworden war und dem von überallher neue Gefolgsleute zuströmten, die sich mit ihm unter dem Banner der Kaisertreuen versammelten. Sein hohes Ansehen beruhte nicht zuletzt auch darauf, daß ihm das Leben seiner Mitstreiter nicht gleichgültig war und daß er sie respektvoll behandelte.
Zunächst einmal zog sich Kusunoki mit einer Gruppe seiner Krieger wieder in seine Festung von Akasaka zurück. Um die Reise unbehelligt zu überstehen, hatten sie sich als Bauern getarnt. Sie konnten dort aber nicht länger als einen Monat ausharren, denn den Truppen des Shôguns war es gelungen, ihnen die Wasserversorgung abzugraben. Doch erneut gelang es ihm und seinen Leuten, unbemerkt aus der belagerten Festung zu entkommen.
Wenige Meilen weiter südlich hatte er eine neue Festung errichten lassen, Chihaya-jô. Die Festung war reich mit Vorräten ausgestattet und dafür vorgesehen, einer sehr langen Belagerung standhalten zu können. Dorthin begab er sich nun, und sein Ziel bestand zunächst darin, die Kräfte von Ashikaga Takauji, dem Oberbefehlshaber der Truppen des Shôguns Hôjô, dort so lange wie möglich zu binden. Jener war fest entschlossen, diesmal eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Eine wahre Lawine aus berittenen Kämpfern strömte aus Kamakura zum Ort der Belagerung. Drei Divisionen, insgesamt etwa 100 000 Mann, kamen, um Kusunoki zu vernichten. In der Festung standen ihnen nicht mehr als knapp 1 000 Krieger gegenüber. Doch diese Tausendschaft vermochte es, Chihaya-jô zwei lange Monate hindurch zu halten und Tausenden Angreifern den Tod zu bringen, die immer aufs neue an den Verteidigungsmaßnahmen scheiterten, die der schier unerschöpflichen Erfindungsgabe des Generals des Kaisers entsprangen.
Die Belagerung der Burg von Chihaya im Jahre 1333 gilt in der Geschichte der Samurai als strategisches Musterbeispiel. Chihaya-jô war auf einem Bergplateau angelegt worden. Zwischen dem Berg und dem restlichen Gebirge lag ein tiefes Tal. Auf diese Weise war die Anlage auf natürliche Weise hervorragend geschützt und von mehreren Seiten uneinnehmbar. Bereits an den ersten Tagen, an denen die Belagerer versuchten, die Festung zu stürmen, mußten sie gewaltige Verluste hinnehmen. Es wird berichtet, daß mehrere Schreiber ununterbrochen damit beschäftigt waren, die Namen der Toten aufzuzeichnen.
Man versuchte nun, wie bei Akasaka die Wasserzufuhr zu unterbrechen. Doch Kusunoki hatte dagegen längst Vorkehrungen getroffen, indem er Leitungen aus Bambus unterirdisch zu verborgenen Gebirgsquellen hatte verlegen lassen.
Ungeachtet aller Mißerfolge versuchten die Belagerer unaufhörlich, Chihaya-jô zu erobern. Trotz der geringen Truppenstärke, über die Kusunoki verfügte, setzte er den Angreifern äußerst hart zu. Im Taiheiki47 wird berichtet, daß Tag für Tag mehr als 5 000 Opfer unter ihnen zu verzeichnen waren. Es verging kein Tag, an dem Kusunoki keine neue Kriegslist ersann. So starben Hunderte der feindlichen Samurai beim Einsturz einer Brücke, die die Zimmerleute Ashikagas über eine tiefe Schlucht gelegt hatten. Die Belagerten schleuderten zuerst flüssiges Pech auf die Holzkonstruktion und setzten sie dann mit Brandpfeilen in Flammen. Bei einer anderen Gelegenheit stellten Kusunokis Leute über Nacht Figuren, die mit Rüstungen bekleidet waren und Schilde trugen, verteilt in dem Hochwald auf, der an die Festung grenzte. Am Morgen begannen aus dem Wald heraus Bogenschützen Kusunokis, die Truppen des Shôguns zu beschießen, doch kaum begann der Gegenangriff, zogen sie sich unverzüglich zurück. Die Angreifer hielten die als Krieger verkleideten Figuren für die Nachhut des Feindes und stürmten voll Elan in den Wald, um sie zu vernichten. Als sie merkten, daß man sie zum Narren gehalten hatte, war es zu spät. Von der Höhe der Festungswälle prasselten Tonnen von Felsgestein und Holzstämmen auf sie herab. 300 starben auf der Stelle, und mehr als 500 wurden zu Krüppeln gemacht. In einer anderen Nacht geschah es, daß Kusunoki Verrat vortäuschen ließ und einen Trupp feindlicher Samurai auf diese Weise durch eine geheime Ausfallpforte in die Festung hineinließ. Dort wurden sie jedoch von solch unbarmherzigem Pfeilbeschuß empfangen, daß ihnen nur der sofortige, überstürzte Rückzug blieb. Doch der teuflische Plan Kusunokis sollte noch fatalere Folgen für diesen Trupp haben. Da sie wie von Dämonen verfolgt aus der Burg stürmten, hielten ihre eigenen Leute sie für Samurai aus der Festung, die einen Massenausfall wagen wollten und nahmen sie sofort unter Beschuß. Auf diese Weise verloren Hunderte Männer Ashikagas ihr Leben von der Hand ihrer Waffengefährten.
Es besteht kein Zweifel daran, daß die lange Dauer, während der Chihaya der Belagerung standhielt, den Anhängern Go-Daigos im ganzen Lande zugute kam. Da wegen des hartnäckigen Widerstands eine enorme Truppenstärke benötigt wurde, wurden aus etlichen Regionen die Samurai des Shôguns vollständig abgezogen. Dies wiederum ermunterte die Kaisertreuen zu zahlreichen Angriffen auf die verbliebenen Stellungen des Feindes. Somit war die Belagerung von Chihaya allein schon aus psychologischer Sicht ein unbestreitbarer Sieg der Anhänger des Kaisers. Es hatte sich gezeigt, daß die Samurai des Bakufu nicht unbesiegbar waren, und an dieser Erkenntnis hatte Kusunoki Masashige maßgeblichen Anteil.
Go-Daigos vorzeitige Rückkehr
Im Februar 1333, als die Belagerung von Chihaya-jô noch im Gange war, ließ Kusunoki Go-Daigo eine Botschaft zukommen, in der er diesen ausdrücklich dazu aufforderte, die Insel, auf der er in der Verbannung lebte, zu verlassen. Der inzwischen im ganzen Land ausgebrochene Aufstand gegen die Hôjô bedurfte der symbolhaften Gegenwart des Kaisers. In einem Fischerboot verborgen, verließ Go-Daigo die Oki-Inseln. Kaum, daß seine Flucht und Ankunft in Japan bekannt wurden, wurde ihm die gesamte Streitmacht des Shôguns entgegengeworfen. Da der Hauptgegner wieder im Lande war, zog man die Truppen unverzüglich von Chihaya-jô ab.
Angeführt wurde das Heer des Bakufu wieder durch Ashikaga Takauji. Der erst 28jährige Oberbefehlshaber war die letzte Hoffnung der Hôjô. Doch gerissen und ehrgeizig, wie er war, begriff er, daß sich ihm eine einzigartige Chance aufgetan hatte. Niemand aus dem Umfeld des Shôguns Hôjô Takatoki, dem Erzfeind des Kaisers, hätte die Wendung erahnen können, die die Geschichte plötzlich nahm. Ashikaga, der erst noch mit äußerster Verbissenheit gegen Kusunoki Masashige gekämpft hatte, erklärte, von nun an auf der Seite des Kaisers zu stehen. Dies war ein schrecklicher Schlag für die Hôjô, doch es blieb nicht bei diesem einen. Auch die Armee von Nitta Yoshisada, eines Vetters von Takauji, wandte sich gegen die Hôjô. Und all das war letztendlich das Ergebnis des hartnäckigen Widerstands Kusunokis, dem es gelungen war, die Ohnmacht des Regimes für alle Welt augenscheinlich werden zu lassen.
Takauji ließ seine Truppen auf Kyôto marschieren und nahm die Stadt im Handstreich. Er ließ alle Vertreter des Bakufu und zahlreiche Getreue der Hôjô hinrichten. Wenig später standen drei Divisionen unter der Führung Nitta Yoshisadas vor Kamakura. Aber die anderthalb Jahrhunderte zuvor durch Minamoto Yoritomo zur Festung ausgebaute Stadt war nicht ohne weiteres einzunehmen. Alle Wege, die zu ihr führten, verliefen durch enge, gut zu verteidigende Schluchten. Also beschloß Nitta, den Angriff vom Meer aus zu führen. Die Legende berichtet, daß er auf einen Felsen oberhalb der Küste bei Inamuragasaki gestiegen sein soll und dort zur Sonnengöttin Amaterasu gebetet habe, damit diese das Meer zurückweichen lasse. Daraufhin soll er sein Schwert in die Fluten geschleudert haben, woraufhin das Meer tatsächlich auf wundersame Weise zurückgewichen sein soll. Vermutlich hatte er jedoch wohl einfach die Ebbe abgewartet, damit seine Truppen auf dem Uferstreifen vom Süden her in die Stadt einfallen konnten. Am 5. Juli 1333 fiel Kamakura in seine Hände. Als er die Aussichtslosigkeit seiner Lage begriff, beging der Shôgun Hôjô Takatoki den rituellen Selbstmord in Begleitung von Hunderten seiner Vasallen.
Kusunoki Masashige. Holzschnitt von Yorikuni Tachibana.
Ashikaga Takauji. Gemälde aus dem 14. Jahrhundert.
Go-Daigos Traum war Wirklichkeit geworden. Die Macht im Lande lag wieder bei ihm und dem Kaiserhaus. Im Triumphzug kehrte er in seinen Palast zurück. Unverzüglich ernannte er seinen Sohn, Prinz Morinaga, zum neuen Shôgun. Doch Go-Daigo erwies sich als ungeschickt im Umgang mit der Macht. Die Kriegerkaste, durch deren Treue er die Macht zurückgewonnen hatte, fühlte sich nicht auf angemessene Weise belohnt. Der Kaiser teilte seiner Familie, seinen Günstlingen und seinen Höflingen die konfiszierten Ländereien und Besitztümer der Hôjô zu, und für die ihm treu ergebenen Generäle blieb am Ende wenig übrig. Allein Kusunoki Masashige wurde auf angemessene Weise belohnt. Er erhielt den Titel des Kawashi-no-Kami48 und die Regierungsgewalt über die Provinzen Settsu, Kawashi und Izumi. Ashikaga Takauji, dessen Wechsel auf die Seiten Go-Daigos von entscheidender Bedeutung gewesen war, erhielt die Provinzen Musashi, Shimousa und Hitachi. Aber er war zutiefst enttäuscht, daß nicht ihm der Titel des Shôguns angeboten worden war. Andererseits fanden es nicht wenige der Adligen bereits übertrieben, daß dem jungen Emporkömmling die Herrschaft über drei Provinzen anbetraut wurde. Auf diese Weise entstand eine explosive Situation.
Schließlich beschloß Go-Daigo, den ehrgeizigen Ashikaga beseitigen zu lassen. Doch dieser ergriff die Initiative. Er verschanzte sich in Kamakura und ernannte sich kurzerhand selbst zum Shôgun (Seii Taishôgun). Wieder herrschte Krieg im Lande. Und Kusunoki Masashige, der sich bislang aus allen Streitereien im Umfeld des Palastes herausgehalten hatte, wurde unausweichlich in den Strudel der Ereignisse hineingezogen.