Kitabı oku: «The Fulfillment», sayfa 2

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Die perfekte Ehe

Regionalbahn, Heidelberg, Hauptbahnhof, Straßenbahn, Bismarckplatz, Eisdiele, Bohnerwachs. Alles wie immer. Ich sitze so, dass ich vom Wohnzimmerfenster aus auf das Heidelberger Schloss blicken kann. Lisa sitzt rechts von mir. Uns gegenüber sitzen Hannah und Johannes. Francis ist mit Kerstin zuhause geblieben, damit wir vier ungestört miteinander sprechen können.

Hannah und Johannes reichen Kaffee und Apfeltaschen.

Ich eröffne das Gespräch. „Bei uns ist die Welt wieder in Ordnung. Wir wohnen wieder zusammen und sind wieder eine Familie. Danke für alles, was ihr für uns getan habt.“

Lisa schließt sich meinem Dank an. „Dass wir bei euch immer willkommen sind, ist ein Segen für uns. Ihr seid uns auch ein Vorbild. Ihr führt die perfekte Ehe.“

Hannah lächelt.

Johannes auch. Er sagt ganz unerwartet: „Wenn man davon absieht, dass Hannah einen Mann mit einer homosexuellen Biographie geheiratet hat, passt bei uns alles.“

Lisa bleibt cool.

Ich verschlucke mich hingegen beinahe an meiner Apfeltasche. Ich muss erst einmal etwas trinken. Lisa schlägt mir sanft auf den Rücken. Dann bringe ich gerade so mit einem Krächzen heraus: „Was?“

„Ja, Lars, wusstest du nicht, dass ich deinen Vater bei einem gleichgeschlechtlichen Date kennengelernt habe, das deine Mutter eingefädelt hat?“

Lisa lacht vergnügt. Das ist ihr offensichtlich auch neu.

„Wieso sollte meine Mutter so etwas getan haben?“

„Deine Mutter wollte, dass dein Vater glücklich wird. Nach neun vermasselten Dates mit Frauen, dachte sie sich, dass dein Vater die Dates mit Frauen vielleicht deshalb immer in den Sand setzt, weil er in Wirklichkeit auf Männer steht.“

Lisa grinst immer noch bis zu den Ohrläppchen.

Ich kann mir das alles nicht vorstellen. „Und wie lief das Date mit euch beiden ab?“

„Katastrophal. Deinem Vater wurde während unseres Treffens klar, dass er nicht auf Männer steht – aber auf Freundschaft. Er wünschte sich, dass wir zwei Freunde werden.“

Ich bleibe einsilbig. „Ohne Sex…“

„Ohne Sex. Ja, Lars.“

Ich bin erleichtert.

„Und dann hast du Hannah geheiratet?“ Lisa legt die Stirn in Falten und schaut jetzt ernst.

„Ich hatte etliche kurze Beziehungen mit Männern. Die waren alle sehr schmerzlich für mich. Die längste Beziehung hatte ich zu einem älteren Mann, der mich nach fünf Jahren gegen einen jüngeren Freund eingetauscht hat. Mir ging es viele Jahre ganz elend. Ich fühlte mich wie eine Ware auf dem Markt der Begierden. Von da an war ich unfähig, eine körperliche Beziehung zu einem anderen Menschen aufzubauen. Ich fürchtete, für immer allein zu bleiben.“

Ich erkenne noch keine Verbindung zu Hannah. Die ganze Geschichte wirkt auf mich ganz bizarr. „Und wie ging es dann weiter?“

„Auf der Hochzeit deiner Eltern lernte ich Hannah kennen. Wir verstanden uns auf Anhieb. Ich spürte, dass gute Schwingungen von ihr ausgingen. Ich liebe, wie Hannah das Leben liebt. Sie schenkt mir eine Geborgenheit, die ich bei Männern immer gesucht aber nie gefunden habe.“

Lisa staunt. „Das ist ja ein Wahnsinnsschritt, den Hannah da auf dich zu gemacht hat.“ Lisa schaut wechselweise Hannah und Johannes an.

Hannah ergreift wieder das Wort. „Es war vor allem ein Wahnsinnsschritt, wenn man bedenkt, dass ich kurz davor war, als Diakonisse auf mein Altenteil nach Marburg ins Mutterhaus zu gehen. Das Mutterhaus und die Dienstgemeinschaft waren ja sozusagen meine Altersvorsorge. Ich bin sehr dankbar, dass die Dienstgemeinschaft eine Lösung für mich und meine Finanzen gefunden hat.“

Lisa zieht die Augenbrauen nach oben. „Und du kannst Johannes vertrauen, dass er nicht morgen mit einem Mann durchbrennt?“

Hannah nickt. „Da bin ich mir ganz sicher…“

Johannes sagt sehr leise „Ich hatte schon die Jahre vor Hannah keine sexuellen Kontakte mehr mit Männern, weil ich so an der Unverbindlichkeit und Kälte der Kontakte gelitten hatte. Ich litt darunter, nur eine Sahneschnitte für die schnelle Kaffeetafel zu sein.“

Lisa schüttelt den Kopf. „Es soll aber auch homosexuelle Partnerschaften geben, die gelingen.“

„Das habe ich nie kennengelernt. Ich kann ja nur für mich und meinen Erfahrungshorizont sprechen.“ Johannes beißt sich auf die Lippen.

Ganz unerschrocken bricht Lisa mal wieder ein Tabu und fragt, mit dem Zeigefinger abwechselnd auf Hannah und Johannes deutend „Und? Läuft da zwischen euch was?“

Hannah lächelt wieder und nickt. „Freundschaft. Liebe. Verbundenheit.“

Lisa lässt nicht locker. „Und Sex?“

Hannah räuspert sich und überlässt jetzt Johannes das Reden. „Ja. Das auch. Gewiss nicht so stürmisch wie zwischen euch beiden. Aber mit Leidenschaft und großer Ausdauer ist es auch bei uns möglich. Ich genieße es, mich bei Hannah ganz fallen lassen zu können.“

„Also ist es doch eine Mann-Frau-Sache zwischen euch, und nicht so ein Mutter-Sohn-Ding?“ Lisa bohrt und bohrt. Es wird mir schon echt unangenehm.

Doch Johannes bleibt sehr souverän und locker auch bei diesem Thema. „Wir lieben uns. Auf allen Ebenen.“

„Alle Achtung.“ Lisa nickt und knufft mich in die Seite, als sie merkt, dass mein Kopf bei diesem Thema rot wurde.

Eklat

Lisa kommt ganz niedergeschlagen nachhause. So kenne ich sie gar nicht. „Was ist los, Lisa?“

„Professor Jürgens ist richtig böse auf mich. Er hat mich heute hochkant aus dem Labor geworfen.“

„Wieso das?“

„Ich hatte ihm gesagt, dass wir im Frühjahr unser zweites Kind erwarten. Da ist er ausgetickt.“

„Das verstehe ich nicht. Erzähle mir alles. Er muss doch irgendwas gesagt haben.“

„Ja, das hat er. Er sagte: ‚Frau Krönlein, das ist unverantwortlich, was sie da machen. Sie hantieren zur Gewebekontrastierung mit radioaktivem Uran und arbeiten an einem Elektronenmikroskop, das Röntgenbremsstrahlung erzeugt. Und dabei sind sie schwanger. Bis zur Geburt ihres Kindes werden sie kein Gewebe mehr verarbeiten und auch nicht mehr mikroskopieren. Haben sie schon einmal etwas von Mutterschutz gehört? Schluss. Sie verlassen jetzt mein Labor.‘ So verärgert habe ich Professor Jürgens noch nie gesehen. Jetzt fühle ich mich ganz elend.“

„Er hat so reagiert, weil er dich mag. Das musst du richtig verstehen.“

„Wahrscheinlich hast du Recht, Lars. Trotzdem bin ich noch ganz durcheinander. Ich sehe immer noch den Zorn in seinen Augen.“

„Das war nicht Zorn. Das war reine Fürsorge.“

„Ja. Wahrscheinlich. Meine ganze Doktorarbeit muss jetzt ruhen.“

„Naja, du musst als nächstes sowieso erst einmal alle Sterbezimmer fotografieren. Da bist du keinem Strahlenrisiko ausgesetzt. Du bist also nicht ganz untätig.“

„Lars? Ob unser Kind Schaden genommen hat?“

„Kannst du das nicht prüfen lassen?“

„Ich könnte eine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen. Da könnte man sehen, ob unser Baby eine Fehlbildung hat.“

„Ja. Mache das, Lisa.“

„Und was wäre die Konsequenz?“

„Ich weiß nicht.“

„Wenn unser Kind eine Anenzephalie oder eine Spina bifida aperta hat, dann werde ich es auch zur Welt bringen.“

„Anenzephalie? Spina bifida aperta? Was ist das?“

„Bei der Anenzephalie entwickelt das Baby kein Gehirn, und es fehlt auch die Schädeldecke.“

„Ach du meine Güte. So etwas gibt es?“

„Ja. Wir haben in unserer anatomischen Sammlung ein paar Fälle.“

„In Alkohol eingelegt?“

„Genau.“

„Und eine Spina bifida aperta? Was ist das?“

„Das ist eine Fehlbildung der Wirbelsäule. Die Wirbelsäule ist offen und wird nicht durch Haut oder Bindegewebe bedeckt. Man schaut direkt auf das offene Rückenmark.“

„Puh. Jetzt verstehe ich Professor Jürgens Ärger schon sehr gut. Was machen wir?“

„Ich werde Maurice in jedem Fall zur Welt bringen. Ein Schwangerschaftsabbruch kommt für mich nicht in Frage.“

„Für mich auch nicht, Lisa.“ Ich nehme sie in die Arme. Ich spüre Lisas innere Unruhe. Und ich fühle, dass sie sich über sich selbst ärgert, weil sie den Mutterschutz missachtet hat. „Die Wahrscheinlichkeit ist doch größer, dass unser Kind gesund zur Welt kommt, oder?“

Lisa zieht ihre Schultern nach oben. Sie weiß es nicht.

Ich fühle mich jetzt auch ganz traurig und niedergeschlagen.

Weihnachtszeit

Liebe Lisa,

zur Christmesse liefen wir drei im frischen Schnee zur Alten Nikolaikirche. Auf dem Römerberg stand wieder eine riesige Tanne. Alles war wunderbar mit Lichtern geschmückt.

Pastor Albert ist in diesem Herbst in den Ruhestand gegangen. Ein neuer Pfarrer ist da. Seine Predigt sprach uns so gar nicht an. Er sprach so langatmig, dass ich jetzt noch nicht einmal sagen könnte, was er uns mit seiner Predigt überhaupt mitteilen wollte.

Zurzeit ist alles im Fluss und ändert sich. Das müssen wir so hinnehmen.

Zum Heiligen Abend kochte ich uns Gänsebrust mit Knödeln, Maronen und Rotkraut – so wie Papa das immer gemacht hat. Leider kam das Fleisch im Essen so gar nicht bei Dir an. Naja, wir essen in letzter Zeit mehr vegetarisch. Ich wollte einfach an Papas alte Tradition anknüpfen.

Für Francis haben wir einen Flugsimulator gekauft. Die holographische Darstellung des Cockpits und der Landschaft ist grandios. Trotzdem ist Francis mit dem Flugsimulator vollkommen überfordert. Ich glaube, das war doch keine so gute Idee. Mit den Kissen und dem Kleiderbügel spielt sich das Fliegen für ihn doch besser.

Und dann ist da eine innere Traurigkeit, die in der Schwangerschaft nach uns greift. Wird unser Maurice gesund zur Welt kommen? Wir sprechen darüber nicht viel. Doch ich sehe Dir die Sorge an, Lisa. Ich fühle mich ganz trüb. Wenn Maurice doch schon auf der Welt wäre.

Zum Nachtisch servierte ich uns leckeren Bratapfel mit Vanillesauce. Francis klatschte vor Freude in die Hände, als ich mit den Bratäpfeln aus der Küche kam. Und es roch auch sehr gut. Mit dem Nachtisch habe ich bei Euch beiden voll ins Schwarze getroffen.

Frühling

Lieber Lars,

jetzt haben wir beide schon so lange nicht mehr in unser Tagebuch geschrieben. Es sind nur noch vierzehn Tage bis zum errechneten Entbindungstermin. Und Du bist heute Morgen nach Washington aufgebrochen. Dein Examen rigorosum steht an. Du wirst nur zwei Tage weg sein. Und doch vermisse ich Dich schon jetzt unendlich.

Ich glaube, ich habe eine Frühjahrsdepression. Ich fühle mich ganz matt und lustlos. Das fünfte Semester habe ich gerade so zu Ende gebracht.

Ulrich macht jetzt sein Physikum. Die Zahnmediziner machen erst ein Semester nach den Humanmedizinern ihre Zahnärztliche Zwischenprüfung. Ob ich Ulrich heute Abend einmal anrufe und frage, wie’s läuft? Ach, vielleicht mache ich ihn dann nur nervös. Das ist wahrscheinlich keine gute Idee. Ich lasse es.

Noch hast Du Dich nicht gemeldet. Du bist noch mit dem Flugzeug unterwegs. Und ich weiß nicht wohin mit mir selbst. Der Tag schleppt sich einfach so dahin.

Ach, ich lege mich im Wohnzimmer einfach auf die Couch. Ich warte, dass Du Dich meldest.

D.C.

Ich sende Lisa einen kurzen Call, dass ich in Washington eingetroffen bin. Ich schicke nur eine knappe Sprachnachricht. Heute Mittag ist meine Prüfung. Ich bin gut in der Zeit. Was werden die mich wohl examinieren? Und warum wollen John und der Dekan, dass ich vorzeitig mein Examen ablege?

Ich fahre über den George Washington Boulevard in den Bridgefield Way. Die Enterprise Hall ist am 44983 Knoll Square.

Da steht das mir so vertraute Gebäude, halb aus roten Ziegeln, halb aus Betonelementen gebaut. Ich laufe zum Eingang. Meine Prüfung wird in Johns Büro stattfinden. Erstes Stockwerk. Zimmer 132. Ich klopfe an.

„Herein“, ruft John von innen. Außer ihm und dem Dekan, Professor Williams, ist noch eine mir unbekannte Frau anwesend.

Der Dekan bemerkt meinen irritierten Blick und klärt mich gleich auf. „Das ist Professor Young, die Rektorin der George Washington University.“

Mannomann. Was ist das nur für ein Aufgebot. Was haben die vor?

„So, Herr Krönlein. Dann kommen wir gleich zur Prüfung. Berichten sie uns einmal über die Modellbildung, Simulation und Organmodellierung in der Biomedizin.“

Gut, dass ich mich so sorgfältig vorbereitet habe. „In der biomedizinischen Simulation werden biologische Organe, Gewebe und Zellen nachgebildet. Die Funktionsabläufe des Körpers können zum einen so besser verstanden werden. Zum anderen werden mit dem Nano-3D-Drucker Gewebe modelliert, die ihrerseits Körperfunktionen übernehmen können. Das erste Gewebe, das hier nachgebildet wurde, war Lungengewebe, das bei Patienten mit fortgeschrittenen bösartigen Tumoren erfolgreich implantiert werden konnte. Das modellierte Lungengewebe wird über artifizielle Bronchien an der Luftröhre angeschlossen und übernimmt den Gasaustausch im Thorax. Kurz nach dem Lungengewebe gelang es auch, Myokard nachzubilden, um künstliche Herzen zu implantieren.“

John bittet mich, am Medienboard die Formel für den Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid in den Lungenbläschen herzuleiten. Das ist mein Steckenpferd. Ich liebe die Integral- und Differentialrechnung. Schnell habe ich die Formel anhand von Perfusion und Ventilation skizziert. Ich schaue in drei zufriedene Gesichter.

John schließt die Prüfung ab. „Ja, Lars, das haben sie mal wieder exzellent gemeistert. Aber ich habe auch nichts anderes erwartet. Haben sie noch Fragen?“ John schaut den Dekan und die Rektorin der Universität an. Die beiden schütteln den Kopf.

Kurz darauf empfange ich vom Dekan das Diplom meines Masterabschlusses. Das Diplom ist in einer übergroßen schwarzen Mappe.

Und dann zieht Professor Young noch eine weitere Urkunde hervor. „So, Herr Krönlein. Das ist ihre Ernennungsurkunde zum Professor an der George Washington University.“ Professor Young nickt mir zu.

Ich kann es gar nicht fassen. Eine Ernennungsurkunde zum Professor? Ich bin ja noch nicht einmal promoviert. Ja, geht denn so etwas? Mir scheint, die werfen hier alle Regeln über den Haufen.

John steht als erster auf und gratuliert mir mit einem freundschaftlichen Handschlag. Der Dekan und die Rektorin schließen sich an. Professor Williams heißt mich als neues Mitglied der Fakultät willkommen.

„Kommen jetzt Vorlesungsverpflichtungen auf mich zu?“

„Ja, Lars“, sagt John, „aber seien sie unbesorgt. Sie dürfen die Vorlesungen und Kurse auch von Deutschland aus mit ihrem Avatar bestreiten.“

„Und wie viele Stunden muss ich da pro Woche vorlesen?“

„Es sind fünfundzwanzig Stunden pro Semester.“

„Pro Semester? Ach. Das geht ja.“

„Was werden sie forschen, Herr Krönlein?“ Die Rektorin schaut mich interessiert an.

„Ich kann es noch nicht sagen. Ich bin noch ganz überwältigt. Ich vermute, ich werde mich mit den fachübergreifenden Inhalten zwischen Mathematik, Medizin und Physik befassen.“

„Und ihre Antrittsvorlesung halten sie dann zum Beginn des neuen Semesters.“

Ich nicke. „Ja. Aber erst einmal muss unser Kind zur Welt kommen. Meine Frau und ich werden nämlich gerade zum zweiten Mal Eltern.“

John strahlt viel Ruhe aus. „Das Persönliche geht da erst einmal vor. Und das mit der Antrittsvorlesung besprechen wir dann, wenn ihr Kind geboren ist.“

Lisa wird Augen machen, wenn ich ihr das alles erzähle.

Frankfurt

Ich treffe am Sonnenring ein. Jetzt nur schnell zu Lisa und Francis! Ich öffne mit dem Keycode die Wohnungstür. Oh. Kerstin.

„Guten Tag, Lars. Deine Frau ist mit Ulrich vor einer Stunde ins Krankenhaus gefahren. Die Wehen setzten ein.“

„Mit Ulrich? Wieso mit dem?“

„Er kam heute Morgen zu Besuch. Und ich bin bei Francis geblieben. Lisa wollte nicht allein in die Klinik.“

Ausgerechnet Ulrich. Hat der am Samstagvormittag nichts anderes zu tun? Ich dachte, der macht sein Physikum. „Ist Lisa ins Diakonissenkrankenhaus gefahren worden?“

„Genau, Lars. In die Schifferstraße.“

Ich gebe Francis einen Kuss, dann renne ich los. Ich will nicht zu spät kommen. Schnell ein Taxi. Ich fahre in die Klinik und melde mich an der Pforte: „Unser Kind kommt zur Welt. Meine Frau müsste schon im Kreißsaal sein.“

„Wie ist denn ihr Name?“

„Krönlein. Wir heißen Krönlein.“

„Ich gebe Bescheid, dass sie kommen. Klingeln sie bitte an der Tür, die zur Entbindungsstation führt. Sie müssen hier den Korridor runter.“

„Danke. Ich kenne mich aus.“

Wird unser Kind gesund zur Welt kommen?

Ich klingele. „Guten Tag. Ich bin Lars Krönlein. Meine Frau ist bei ihnen.“

„Ja. Kommen sie herein.“

Der erste, den ich sehe, ist Ulrich. Er sieht ganz blass aus. „Hallo, Lars. Es geht los. Ich warte hier draußen.“ Die Pfeilspitze der Medizin hat vor der Geburt kapituliert. Ich verstehe bis heute nicht, warum sich die Zahnmediziner als Pfeilspitze der Medizin verstehen, wenn sie vor einer Geburt kapitulieren. Egal. Ganz egal.

Ich betrete den Kreißsaal.

„Hallo, Lars. Schön, dass du da bist.“

„Ja, Lisa. Es sollte doch erst in vierzehn Tagen losgehen…“

„Unser Maurice hält sich eben nicht an den Fahrplan. Er wird ja wahrscheinlich auch kein Eisenbahnschaffner…“

Ich halte Lisas Hand.

Die Hebamme schaltet sich ein. „Hier können sie aber nicht stehen bleiben. Stellen sie sich bitte an das Kopfende, links von ihrer Frau.“

Die Gynäkologin betritt den Raum. „Ah, es ist gleich so weit. Wunderbar.“

Arbeitet Dr. Glück nicht mehr hier? Naja, die Gynäkologin macht einen ebenso kompetenten Eindruck wie Dr. Glück. Allerdings hat sie sich gar nicht mit Namen vorgestellt.

„Da ist schon das Köpfchen.“ Die Gynäkologin greift zu, dann geht alles ganz schnell. „Pressen sie. Ja, genau. Sehr gut. Gleich haben wir ihren Sohn.“

Und dann ist er da. Maurice. Er schreit. Maurice hat eine kräftige Stimme. Lisa sieht erleichtert aus.

Ulrich drückt sich mit blasser Nase auf dem Flur der Entbindungsstation herum und schaut kurz rein. Ich zeige ihm einen Daumen nach oben. Er atmet auf.

„So, jetzt können sie noch die Nabelschnur durchschneiden. Wollen sie, Herr Krönlein?“

„Na klar.“

Ein Clip wird auf die Nabelschnur gesetzt. Dann darf ich schneiden.

„Legen sie ihrer Frau den Kleinen auf den Bauch.“

Ich kenne mich inzwischen aus. Im Moment denke ich wieder an die Geburt von Francis. „Lisa, schau nur. Unser zweiter Junge. Und schau nur, wie schön er ist.“

Lisa schaut mich glücklich an. Sie hat es geschafft. Und unserem Kleinen fehlt nichts, so weit ich das sehen kann. Sehr gut.

Die Gynäkologin wendet sich mir zu. „Wenn alles gut geht, dann kann ihre Frau übermorgen wieder nachhause. Sie müssen zuhause aber gut für sie sorgen.“

„Das tue ich. Ich werde für alles sorgen.“ Ich lächele.

Ich setze mich neben Lisa. Und ich schaue beide an. Lisa und Maurice bereiten mir einen wundervollen Anblick. Dann kommt die Hebamme, und will Maurice ankleiden. Er darf nicht auskühlen, so schön der Moment auch war, als er auf Lisas Bauch lag.

Heimkehr

Liebe Lisa,

am Montagvormittag war es so weit. Du bist zusammen mit Maurice nachhause gekommen. Francis hat gestaunt, als er sein kleines Brüderchen sah. Jetzt ist unsere Familie gewachsen. Und ich bin sehr glücklich. Es ist jetzt die schönste Zeit meines Lebens. Du, Lisa. Und Francis, Maurice und ich.

Und vorbei ist die schwere Zeit, in der wir uns so sehr sorgten, ob Maurice gesund zur Welt kommt. In allen Untersuchungen ist er bis jetzt unauffällig. Ich bin froh. Und ich sehe auch Dir die Erleichterung an.

Niemand, der nicht schon einmal selbst Kummer um ein Kind hatte, kann das Leid und die Schwere verstehen, die wir in der Schwangerschaft hinnehmen mussten. Aber das ist jetzt vorbei.

Ich kümmere mich weiter um den Haushalt. Ich halte Dir den Rücken frei, dass Du im Sommer in Ruhe Dein Erstes Staatsexamen ablegen kannst. Ich bin da.

Meinen neuen Lehrverpflichtungen kann ich bequem von hier aus im Tele-Learning nachkommen. Ach – ich habe es Dir noch gar nicht gesagt. Ich wurde an der George Washington University zum Professor ernannt. Ich bin jetzt das jüngste Fakultätsmitglied.

Heute Abend koche ich ganz lecker für uns. Ich mache uns Kiwi-Halloumi-Burger mit Joghurt-Aioli dazu Kartoffelspalten und Salat. Ich bin mir sicher, dass Francis das auch mag. Und Du sowieso.

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