Kitabı oku: «Kinder kann man sich nicht aussuchen», sayfa 4
Seltsame Bankgeschäfte
Dass wir meinen Ex-Mann mit der Renovierung unserer neuen Wohnung beauftragt hatten, wurde ebenso zu einem Reinfall, genauso wie seine Mitarbeit in unserem Casino.
An dem Morgen, als er zum Streichen kommen wollte, warteten Udo und ich vergeblich. Also saßen wir in halb eingeräumter Wohnung und ärgerten uns, diesem unzuverlässigen Mann noch einmal vertraut zu haben. Udo zögerte nicht lange, sondern holte die Maler aus Wuppertal, die uns schon einmal das Apartment gestrichen hatten.
Mitten in den Renovierungsarbeiten rief Roberts Mitbewohner an und bat mich die Kinder abzuholen. „ Du musst dich um deine Kinder kümmern, Robert ist eben verhaftet worden. Er hat eine Bank überfallen, die Bullen haben ihn heute Morgen aus dem Bett geholt, und das Geld sowie die Waffe bei ihm gefunden.“ Berichtete sein Nachbar.
Trotzt schockierender Nachricht fuhren wir sofort los, wollten anwesend sein wenn die Kinder aus der Schule kommen. Roberts Freund und Nachbar erzählte uns, dass Robert am frühen Morgen sturzbetrunken nach Hause gekommen sei, und als die Kinder gerade zur Schule gegangen waren, seien die Bullen ins Haus gestürmt, als hätten sie nur auf die freie Bahn gewartet. Leugnen war dann wohl zwecklos, denn das erbeutete Geld hatte Robert im Beutel des neuen Staubsaugers versteckt, und die Pistole lag in der Schreibtisch-Schublade.
Udo und ich waren fassungslos über so viel Dummheit.
Nichts desto trotz rief ich zuerst einmal einen bekannten Anwalt aus der näheren Umgebung an, erklärte ihm das Gehörte und beauftragte ihn, sich umgehend um die Sache zu kümmern. „Bitte fahren Sie sofort zu der Dienststelle wo mein Exmann festgehalten wird. Der Mann braucht dringend anwaltliche Hilfe, der ist hilflos im Umgang mit der Polizei.“ Drängte ich den Anwalt.
Er versprach sich darum zu kümmern, wollte aber zuvor einen Vorschuss von fünfhundert Mark haben. Es war für uns selbstverständlich, dass wir das Geld sofort zu der Kanzlei brachten.
Den Kindern die Situation zu erklären fiel mir fürchterlich schwer. Aber ich gab mir Mühe, die Kinder zu beruhigen, ihnen begreiflich zu machen, dass wir für sie da waren und sie natürlich mit in unsere neue Wohnung nehmen würden.
Allerdings lehnte Ramona das energisch ab. „Nein, ich komme nicht mit nach Wülfrath, ich werde zu meinen Großeltern ziehen. Ich will hier nicht weg und vor allen Dingen will ich nicht die Schule wechseln.“
Anfangs schrieb ich die Reaktion ihrem Erschrecken zugute, versuchte sie sanft zu beeinflussen. Aber als ich sie in die Arme nehmen wollte stieß sie mich grob weg und ging auf Abstand. Ramona blieb bei ihrer Aussage.
„Kind, ich verstehe ja, dass du nicht in eine andere Gegend ziehen willst, dass du in deiner Umgebung bleiben willst. Aber du weißt doch gar nicht, ob deine Großeltern damit einverstanden sind. Schließlich brauchst du ja auch Platz, wenn auch nicht unbedingt ein eigenes Zimmer, aber doch ein Bett, Kleiderschrank und einen Schreibtisch, zum Hausaufgaben machen. Und wo sollen die das hernehmen? So einfach wie du dir das vorstellst ist das alles nicht.“ Versuchte ich meine Tochter zur Vernunft zu bringen.
Wortlos ging Ramona zum Telefon und rief Roberts Mutter an. Schon nach ein paar Worten hörte ich, dass nicht meine Schwiegermutter, sondern Roberts jüngerer Bruder am Telefon war.
„Die Oma war nicht zu Hause, aber der Micha sagt, dass ich auf jeden Fall vorbeikommen soll, er regelt das schon. Ich gehe jetzt dahin, und entweder ich bleibe gleich da, oder ich schlafe heute Abend mal erst hier, bis es geklärt ist wo ich hin kann. Der Micha hat gesagt, dass ich ganz bestimmt da hinkommen kann. Also, du kannst ruhig fahren.“
Ramona sagte das mit so einer Bestimmtheit, dass mir der Widerspruch im Hals stecken blieb. Aber ich schrieb die Reaktion meiner Tochter ihrem Schock zu, deshalb verschob ich eine endgültige Entscheidung auf später.
Udo griff ein und meinte: „Meinst du nicht, Schatz, dass wir mal mit Roberts Eltern wegen der zukünftigen Schritte sprechen sollten? Die Fünf Scheine werden nicht alles sein, was der Anwalt für Roberts Verteidigung haben will. Und außerdem muss die Wohnung aufgelöst werden, denn wer soll da die Miete bezahlen, bis der wieder raus kommt, wird sicher ein paar Jahre dauern. So lange kann die Wohnung nicht bestehen bleiben. Wer soll das bezahlen?“
„Natürlich, soweit hab ich noch gar nicht gedacht. Aber was hältst du davon, wenn wir die Wohnung nehmen? Wir hätten dann nicht so einen weiten Weg und die Kinder könnten ihre Zimmer behalten. Ja, das wäre die einfachste und beste Lösung.“ Redete ich mich in Euphorie.
„Nein, ich werde nicht in so eine Hütte einziehen.“ Lehnte Udo energisch ab. „Jetzt wo wir gerade eine schöne Wohnung gefunden haben, werde ich mich nicht verschlechtern. Das kannst du gleich wieder vergessen.“ Leider wäre jeder Widerspruch eine Lüge gewesen, in dieser schrecklichen dunklen Altbau-Wohnung hätte ich mich auch nicht wohl gefühlt.
Die Situation nervte mich enorm, ich war wütend auf meinen Exmann. Konnte dieser Mann denn nicht einmal einer vernünftigen Arbeit nachgehen? Wozu hatte der eigentlich seinen Meister gemacht? Ich durfte gar nicht darüber nachdenken, wie ich geackert und malocht hatte, um dieses Mannes Faulheit zu unterstützen, und seine dummen Fehler auszubügeln. Alles umsonst! Wieder musste ich sehen, wie ich seinen Bockmist wieder gerade bog. Wurde ich den Mann denn niemals los? Gut, für die Kinder würde ich alles tun, damit es ihnen gut ging, die hatte ich nun mal. Zurückgeben ging nun mal nicht, dann hätte ich die Zeit um viele Jahre zurückdrehen müssen. Wollte ich das? Nein, ich liebte meine Kinder, das war klar.
Die Besprechung mit den Schwiegereltern war ein Desaster.
Ganz konsequent lehnte Roberts Mutter jegliche Hilfe für ihren Sohn ab. Sie war empört, dass dieser missratene Sohn, der ihr schon mehr als genug Ärger bereitet hatte, den guten Familiennamen nun auch noch mit einer solchen Tat in Misskredit brachte. Sie verweigerte jegliche Hilfe, und auch Geld für den Anwalt oder andere Hilfen lehnte sie kategorisch ab.
Auch von dem Ansinnen, Roberts Tochter in ihrem Haushalt aufzunehmen war sie alles andere als begeistert. Sie verstand nicht, wieso Ramona nicht mit zu mir wollte. „Warum willst du unbedingt hier bleiben? Denkst du die Schulen in Wülfrath sind schlechter als hier? Also ich wüsste gar nicht, wo ich dich unterbringen sollte. Wir haben kein Zimmer frei, und schließlich bist du zu alt um mit mir oder dem Opa in einem Raum zu schlafen. Nein, Kind, du stellst dir das einfacher vor als es ist!“ Schob sie jeglicher Diskussion einen Riegel vor.
Warum und wie der jüngere Sohn seine Eltern überzeugt hatte, konnte ich mir nicht erklären, aber am nächsten Tag erklärte der mir, dass Ramona bleiben dürfe. Und Micha wollte sich auch um die Wohnungsauflösung kümmern.
„Dass er das gerne macht ist mir klar, der ist schon lange scharf auf Roberts Musikanlage.“ Klärte ich meinen Partner auf.
Lüge oder Wahrheit
Rene war mit seiner Umschulung gar nicht glücklich. Er hatte zwar ganz schnell Freunde gefunden, aber mit den Lehrern kam er absolut nicht klar. Das verleitete ihn zu verschiedenen Dummheiten und zum Schulschwänzen.
In den ersten Wochen fiel mir Renes Abenteuerlust gar nicht auf, bis mich eines Tages Roberts Mutter anrief, und mich bat, den Jungen bei ihr abzuholen. Anstatt zur Schule zu gehen, hatte der Junge die siebzehn Kilometer zu seiner Oma per Fahrrad zurück gelegt. Ich war sprachlos, aber Udo lachte über Renes Mut soweit alleine zu fahren.
Schlimmer war allerdings, dass mir Renes Klauerei ganz deutlich vor Augen geführt wurde. Udo hatte zwei Croupiers von außerhalb vorübergehend bei uns untergebracht. Dazu hatte er kurzerhand zwei Luftmatratzen in Renes Zimmer gelegt, worauf die Beiden ein paar Nächte schliefen. Der Junge war einverstanden.
Einer der Beiden war bereits am dritten Tag wieder abgereist, aber der dürre Jugoslawe blieb. Natürlich war das nicht als Dauerzustand gedacht, aber Udo suchte bereits ein möbliertes Zimmer für Jan. Meinen Sohn schien das nicht zu stören, zumal Jan sich immer erst schlafen legte wenn Rene zur Schule ging.
Schlitzohr Rene hatte natürlich mitbekommen wie locker die „Casino-Leute“ mit Geld umgingen, dass denen Geld nicht allzuviel bedeutete. „Morgen gibt es ja wieder Neues“ war deren Devise. Der Junge hatte sich das wohl zu Herzen genommen, und als Jan mal seine Kohle ganz offen rumliegen ließ, griff Rene zu, als der Croupier schlief.
Dumm war nur, dass Jan genau wusste wie viel Geld er, in welcher Sortierung, auf den Stuhl gelegt hatte. Als nun zwei Zwanziger und ein Zehner, also fünfzig Mark fehlten, beschwerte er sich bei Udo.
Der war natürlich empört, weil niemand anders als Rene in Betracht kam. Noch dazu hatten wir ihn ja auch schon beim Klauen erwischt, als er einige Fünfer aus Udos Sparschwein gemopst hatte. Zudem hatte seine Großmutter den Jungen ebenfalls in Verdacht, sich an ihrer Haushaltskasse schadlos zu halten.
Rene wurde zwar verlegen, rettete sich aber in den frechen Spruch: „Was regt der sich so auf? Ob er es verzockt oder mir mal ein paar Mark gönnt, wo ist der Unterschied?“
Drastische Strafen, wie Taschengeld-Sperre, und Hausarrest konnten wir beide vergessen, weil Udo immer alle Fünfer in das dicke Sparschwein warf, aber nur einmal wöchentlich zählte, aber nicht genau wusste, wie viel er in der Woche rein geworfen hatte. Also würde Rene sich weiterhin bedienen können. Und den Hausarrest konnten wir auch vergessen, weil wir ein viel zu unregelmäßiges Leben führten, sodass wirkliche Aufsicht gar nicht möglich war.
Ich redete ihm ins Gewissen, glaubte mit Vernunft gegen seine Meinung anzukommen. Rene nickte zwar und gab sich auch reumütig, aber es nützte natürlich nichts. Also klaute der Knabe nach kurzer Pause weiter.
Auch wenn die Vorkommnisse sicher nicht der einzige Grund waren, jedoch seit wir in Wülfrath wohnten hatten Udo und ich nur noch Streit. Egal worüber, wir waren uns uneinig wie nie zuvor.
Ausgerechnet in dieser Phase trieb Ramona auch noch einen giftigen Keil in unsere Beziehung.
Bevor Micha Roberts Wohnung endgültig aufgelöst hatte, wollte ich noch ein paar Sachen von dem Jungen aus der Wohnung holen, als ich am frühen Abend dort hin kam traf ich Ramona. Sie erzählte, dass mein Schwiegervater für sie einen Kellerraum ausbaute, damit sie ein eigenes Zimmer zur Verfügung hatte. Natürlich nutzte ich die Gelegenheit, ihr zu sagen, dass sie jederzeit zu mir ziehen könne, falls sie mit ihren Großeltern nicht klar käme.
Aber sie lehnte derart entsetzt ab, dass ich wissen wollte, warum sie sich so hart dagegen wehrte. Ob ich irgendeinen Fehler gemacht hätte, ohne es zu wissen. Ramona begann zu weinen und gestand schluchzend: „ Nein Mutti, du nicht, aber Udo. Und ich will dir deine Beziehung nicht kaputt machen, weil ich weiß dass du den Udo liebst. Deshalb bleib ich lieber weg, damit du nicht enttäuscht wirst.“
Irritiert fragte ich wie sie das meine, fragte was denn passiert sei. Dann musste ich fassungslos vor Staunen etwas Ungeheuerliches hören. Unter Tränen erzählte mir meine Tochter, Udo, mein Lebensgefährte, habe sie verführen wollen, aber sie habe sich gewehrt. Und nur weil er nicht aufgehört habe, sie zu belästigen, zu begrabschen, sei sie zu ihrem Vater gezogen.
Ohne lange zu überlegen glaubte ich meiner Tochter. Ich versuchte, sie zu trösten, erklärte ihr, dass Schweigen und der Sache aus dem Weg gehen die falsche Reaktion sei, dass sie mich sofort hätte aufklären müssen. Aber ich versprach sie zu rächen. Sagte, dass ich meinen Lebensgefährten zur Rechenschaft ziehen werde.
Zwar versuchte Ramona mich zurück zu halten, aber ich war so aufgebracht, ich musste mein Kind beschützen. Solch eine widerliche Gemeinheit, diese Hinterlist konnte ich nicht hinnehmen. Meine Muttergefühle erzeugten Hass gegen den „Kinderschänder“. Rache war mein einziger Gedanke.
Wütend ging ich auf Suche nach meinem Partner. Als ich ihn im Casino hinter der Spielanlage stehen sah, von vielen Zockern umringt, wurde mir klar, dass ich meine Abrechnung auf Feierabend verschieben musste.
Trotz Wut im Bauch war ich klar genug, zu überlegen, dass ein Aufstand vor all den Leuten nur schädlich für das Geschäft sein konnte. Aber ich war mental nicht in der Lage, mich so zu verstellen, und freundlich mit Udo umzugehen.
Also drehte ich mich auf dem Absatz um und lief hinaus. In meiner Verzweiflung fuhr ich zu Beate, setzte mich in deren Kneipe an die Theke und betrank mich. Ich ersäufte meinen Kummer in Bourbon-Cola.
Die Freundin betrachtete mich mit Sorge, denn sie kannte mich nicht als Trinkerin. Natürlich fragte sie was passiert sei, und weil ich ihr nicht die ganze miese Story erzählen wollte, sagte ich nur: „Ich will ihn erschießen. Weißt du wo ich eine Kanone herkriege? Das Schwein soll nicht ungestraft davonkommen.“ Warum sagte ich nicht.
Beate hatte heimlich im Casino angerufen und Udo über meinen Zustand unterrichtet, dann hatte Udo die Freundin gebeten auf mich aufzupassen, bis er kommen könne. Es war wohl so viel Betrieb im Casino, dass er nicht vor Feierabend weg konnte. Zwar bat er noch, Beate möge mir keinen Alkohol mehr geben, aber das scheiterte an meinem Protest.
Als Udo gegen zwei Uhr nachts endlich erschien, lag ich halb schlafend in einer Ecke. Wie er es geschafft hatte, mich nach Hause zu bringen, hatte ich nicht bewusst mitbekommen. Als ich am nächsten Tag wach wurde, war es bereits Mittag und ich alleine in der Wohnung.
Zuerst nahm ich eine Tablette gegen meine ekelhaften Kopfschmerzen, dann machte ich mir einen Kaffee und ließ den vergangenen Abend Revue passieren. Ich überlegte was ich tun sollte, war so ratlos, dass ich meine langjährige Freundin Rosi anrief, mit der ich gerne alle Probleme bequatschte.
Als ich ihr die ganze Story berichtet hatte, erhob sie empört Widerspruch: „Nein, das stimmt nicht. Deine Tochter lügt. Dieses kleine Luder, weil sie bei deinem Freund nicht landen konnte, versucht sie jetzt dir deine Beziehung kaputt zu machen. Das darfst du ihr auf keinen Fall durchgehen lassen. Ich weiß was da gelaufen ist, denn sie hat es meiner Tochter erzählt, dass der Udo sie zurückgewiesen hat. So ist es nämlich richtig. Du kannst meine Tochter fragen, die hat mir gleich nach Ramonas Anruf von der Sache berichtet. Nein, Ruth, deine Tochter ist die Hinterlistige, nicht dein Udo.“
Sollte das wirklich so gewesen sein? Warum wollte meine Tochter Udo und mich auseinander bringen? Eifersucht?
Ja, dabei fiel mir ein, dass sie mal kürzlich zu mir gesagt hatte, sie wolle nie mit mir ausgehen, ich sei zu starke Konkurrenz, aber den Ausspruch hatte ich belächelt, nicht ernst genommen.
War sie tatsächlich so eifersüchtig, dass sie mir meine Beziehung nicht gönnte? Was sollte ich tun? Rosi riet mir die Sache zu ignorieren, und abzuwarten ob Ramona weiter intrigierte.
Als ich so alt war wie Ramona jetzt, war ich schwanger mit ihr, das sollte eigentlich ein abschreckendes Beispiel für meine Tochter sein.
Konkurrenzneid
Trotzt Klarheit gab es wegen der Sache einen heftigen Streit zwischen meinem Lebensgefährten und mir. Er war empört darüber, dass ich meiner Tochter so einen „Scheiß“ überhaupt geglaubt hatte. Berichtete von dem Aufstand, den ich wohl veranstaltet hatte, als er mich bei Beate abgeholt hatte.
„Wenn du den Alkohol nicht vertragen kannst, lass das Zeug gefälligst aus dem Körper. Dir Whisky zu geben ist Perlen vor die Säue geworfen. Du kotzt das Zeug doch eh wieder aus. Und dann wirst du auch noch frech wie Rotz. Also lass es sein. Trink besser Cola!“ knurrte Udo ärgerlich.
„Aber du kannst Alkohol vertragen, deshalb besäufst du dich auch jeden Abend. Nur weil du nicht kotzt hast du mehr Rechte als ich? Wenn ich mal ein paar Mark mehr versaufe, ist das zu viel? Aber du versäufst und verzockst unsere gemeinsame Kohle wie du Lust und Laune hast? Darauf soll ich stillhalten? Nee, ich habe keinen Bock mehr, immer nach deiner Pfeife zu tanzen. Ab heute mach ich was ich will. Und deine blöde Idee mit dieser beschissenen Wohnung hier, darauf hab ich noch nie Bock gehabt. Ich such mir ne Wohnung in Solingen. Von dir hab ich die Schnauze voll und von dem Kaff hier sowieso.“
Ich war fest entschlossen, mich zu trennen. Wusste ich doch, wie einfach es diesmal für mich wäre auszuziehen, denn der Mietvertrag lief mal ausnahmsweise auf Udo. Das hieß mal, ohne die Sorge um Mietschulden einfach ausziehen zu können.
Bereits eine Woche später hatte ich eine Wohnung gefunden, angemietet und brauchte einen Maler für die Renovierung. Rene freute sich ehrlich, weil ich darauf geachtet hatte, dass wir in den gleichen Bezirk ziehen, wo er wieder in seine ehemalige Schule zurück gehen konnte. Er freute sich schon auf seine ehemalige Lehrerin, die einzige die er mochte, und die ihn ebenfalls gemocht hatte.
Als meine Eltern die leere Wohnung besichtigten, waren sie entsetzt, denn dort hatten die letzten Mieter vierzig Jahre gewohnt, und viele Tapeten aufeinander geklebt. „Wer soll denn hier arbeiten? Weißt du eigentlich, was das für eine Arbeit ist, die dicken Schichten abzureißen?“ fragte meine Mutter entsetzt.
Ich lachte und scherzte: „Ja, aber der Vati hat doch am Wochenende nix zu tun. Statt immer vor der Glotze zu hocken kann er mir doch mal helfen, oder?“
Zu unser Beider Erstaunen nickte der Angesprochene und sagte schlicht: „Joh. Donn ich!“
Da inzwischen klar war, dass mein Exmann einige Jahre in Haft bleiben würde, denn er hatte seine Tat gestanden. Dummerweise hatte Robert sogar zugegeben, dass er einer Bankkundin eine geladene Waffe an den Kopf gehalten hatte, um seiner Forderung Nachdruck zu verschaffen. Das war ihm zusätzlich als Geiselnahme angerechnet worden. Also fiel er für meine Renovierung aus.
Aber auch den Maler hatte ich schnell gefunden, der allerdings ebenfalls keinen begeisterten Eindruck machte. „Uff, Chefin, da hast du dir aber ne alte Hütte ausgesucht, da brauch ich ja schon für das Tapeten abreißen Tage. Ne Luxusbude kann man hier aber nicht draus machen.“
„Ich brauche keinen Luxus, Blondi, ich brauche nur eine passende Wohnung für meinen Sohn und mich, und vor allen Dingen ohne Udo. Von dem und seinen Höhenflügen hab ich die Nase endgültig voll. Und die Tapeten musst du nicht alleine abreißen, mein Vater fängt damit übermorgen schon an. Das Badezimmer wird neu gefliest und neue Türen werden vom Vermieter auch noch eingebaut, die Wände und Böden sind doch dann für dich eine Kleinigkeit. Also machst du es?“ schmeichelte ich ihm.
Er sah mich lächelnd an und sagte: „Wie könnte ich dir etwas abschlagen? Natürlich renoviere ich dir die Wohnung. Aber du musst mich immer abholen und nach Hause bringen. Das heißt täglich zwei Mal nach Wuppertal fahren. Kannst du dir das zeitlich einrichten?“
Wir waren uns einig. Als ich ihn zurück fuhr, fragte ich noch: „Oh, ich habe ja das Wichtigste vergessen. Was verlangst du denn dafür? Ich muss ja wissen, ob ich mir dich überhaupt erlauben kann.“
Er sah mich mit eigenartigem Ausdruck an und erwiderte: „Das Wichtigste ist das nicht, keine Sorge, ich bin nicht unverschämt. Aber darüber sprechen wir wenn ich fertig bin, weil ich noch nicht weiß wie sich die Sache entwickelt. Wir werden schon klar kommen.“
Entwickelt? Was? Flirtete der Maler mit mir? Tatsächlich hatte ich das Gefühl eine Spannung läge in der Luft. Hm, ein hübscher Kerl ist er ja, dachte ich und betrachtete ihn heimlich von der Seite. Blonde schulterlange Haare, strahlend blaue Augen und eine gerade Nase in dem schmalen Gesicht, war er zwar nicht sehr groß, aber sportlich schlank, drahtig konnte man sagen. Ja, ein hübscher Mann, ohne Zweifel.
„Du solltest vielleicht besser auf die Straße schauen, statt mich zu mustern. Sonst wird vielleicht nichts aus der Renovierung, weil wir im Graben landen!“ lachte er. Mir wurde warm vor Verlegenheit, ich fühlte mich erwischt, aber auch bestätigt.
Zum Glück hatte ich die Möglichkeit mich voll auf meine neue Wohnung konzentrieren zu können. Denn die Veränderung fiel ausgerechnet auf die Schulferien-Zeit, und da das Casino mal wieder durch eine Razzia geschlossen war, musste ich mir nicht die Nächte um die Ohren schlagen.
Zwar hatte ich mich an einem Sub-Geschäft beteiligt, aber da wir das mit zwei Parteien betrieben, musste ich nur alle zwei Wochen die Abrechnung machen. Esther und ihr neuer Lebensgefährte Norbert wechselten sich mit mir ab.
Die Beiden boten mir sogar an, dass ich vor Fertigstellung meiner Wohnung, beziehungsweise sogar bis nach meinem Umzug gar nicht mehr diesen Trip machen müsse. Immerhin hatten wir die Baukolonne in Braunschweig, was immerhin einen ganzen Tag erforderte, um die Abrechnung und Auszahlung der Leute zu erledigen. Das kam mir sehr entgegen, deshalb nahm ich das Angebot erfreut an.
Während mein Sohn im Reiterurlaub war, kam Ramona des Öfteren zur Germanenstraße um zu gucken wie die Renovierungs- Arbeiten voran gingen. Dabei stand die dem Maler oft so deutlich im Weg, dass es schon unangenehm auffiel, wie sehr ihr der Mann gefiel. Blondi übersah Ramonas Flirtversuche geflissentlich, denn er war an einer Sechzehnjährigen absolut nicht interessiert.
Sein Augenmerk lag unübersehbar auf mir. Wann immer sich die Gelegenheit ergab, berührte er mich ganz zufällig und versenkte seinen Blick in meine Augen. Natürlich war mir Ramonas Schwärmerei für den hübschen Maler nicht entgangen, aber auch ich ignorierte diese Sinnlosigkeit. Ich hätte auch nicht gewusst, wie ich einem Teenager die Hoffnungslosigkeit ihrer Gefühle erklären sollte, ohne ihr weh zu tun.
Es war nicht nur sehr auffällig wie häufig Ramona in des Malers Nähe herumstand, es war auch hinderlich, um nicht zu sagen zeitweilig lästig. Blondi nahm es mit geduldigem Humor, ich war irgendwann genervt. Also ersann ich eine Möglichkeit, den lästigen Belagerer auf nette Weise für ein paar Stunden loszuwerden.
Als am Ende der Renovierung die Teppichböden verlegt werden sollten, erschien am frühen Nachmittag meine Nichte. Karin, die älteste Tochter meiner Schwester, war vier Jahre jünger als Ramona, und die beiden Mädels verstanden sich recht gut. Als nun der zweite kichernde Teenie meinem hübschen Maler im Weg stand, kam mir eine rettende Idee.
„Mädels wir können beim Teppich legen keine Zuschauer gebrauchen, wisst ihr was? Ich spendiere euch Beiden Kinogeld. Da läuft doch dieser Super- Teeniefilm, wie heißt der noch? Egal, wenn ihr euch jetzt auf den Weg macht, schafft er das noch. Na- hab ich ne gute Idee?“ bot ich den Beiden an.
Während Karin erfreut nickte, weigerte Ramona sich heftig: „Nein, ich habe keine Lust auf Kino. Du willst uns nur loswerden, das ist mir klar. Aber ich gehe nicht. Das kannst du vergessen. Ich bleibe hier!“
Im ersten Moment war ich sprachlos. Welch eine Dreistigkeit. Sie wusste ganz genau was Sache war, und wollte allen Ernstes ihren Willen durchsetzen? Sie war neidisch auf mich?
Geduldig versuchte ich meiner Tochter zu erklären: „Kind, irgendwie reden wir aneinander vorbei. Ja, ich will euch loswerden, weil ihr den Blondi in seiner Arbeit stört. Bei euren Geschnatter und Gekicher wird der Mann ja ganz verrückt. Aber nicht im positiven Sinn, ihr stört einfach. Punkt. Also geht ins Kino!“
Völlig unerwartet wurde meine Tochter deutlich: „Nee, du willst nur mit ihm alleine sein. Das will ich aber nicht. Ich will dich absichtlich stören, schließlich musst du nicht jeden Typ haben. Außerdem ist der Blondi viel zu jung für dich. Ich bleibe hier!“
Mir stand vor Staunen der Mund offen, meine Tochter wollte mir allen Ernstes Konkurrenz machen? Während ich tief Luft holte, sah ich aus den Augenwinkeln, dass der Maler amüsiert grinste.
Wortlos ging ich zu meiner Handtasche, holte Geld aus der Brieftasche und drückte meiner Nichte den Schein in die Hand. Dann griff ich meine Tochter am Arm und schob sie zur Tür hinaus. „Das bestimme immer noch ich, ob du hier bleibst oder gehst. Es stimmt zwar, er ist vier Jahre jünger als ich, aber zwölf Jahre älter als du. Also viel Spaß im Kino!“ Krachend schloss ich die Etagentür hinter den Mädels, und stieß heftig die Luft aus.
„Reg dich nicht auf, das sind doch Kinder.“ Flüsterte Blondi mir ins Ohr und streichelte sanft über meinen Rücken, küsste meinen Nacken bevor er mich rumdrehte. „Ich will nur dich!“ sagte er bevor wir auf dem Teppich versanken.
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