Kitabı oku: «Elynne», sayfa 4

Yazı tipi:

„Nein!“ Ich springe vom Stuhl auf und starre entsetzt auf den Bildschirm meines Ultrabooks.

Sahira beklagt sich maunzend, als sie ohne Vorwarnung auf den Teppich fällt. Sie leckt sich die Pfoten und springt auf das frisch bezogene Bett. Hat Mom das Blut auf der Bettwäsche gesehen?

„Entschuldige, Süsse. Die Polizei will mein Zimmer durchsuchen! Das dürfen die nicht. Ohne einen Durchsuchungsbeschluss lasse ich die nicht in mein Zimmer rein“, sage ich bestimmt. Wenn die Polizei die roten Pfotenabdrücke unter Sahiras Körbchen entdecken, werde ich ein Problem haben.

Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich setzte mich aufgeregt wieder auf den Stuhl und tippe eilig auf die Tastatur. Werwölfe. Keinen Bericht darüber, dass Werwölfe existieren. Auf der Ergebnisliste lese ich Lykanthropie. Was ist das? Neugierig klicke ich auf das Fremdwort und öffne Wikipedia.

„Lykanthropie… blablabla… ist die Verwandlung eines Menschen in einen Wolf. Blablablabla… sehen sehr gut… blablabla… haben einen guten Geruchs- und Gehörsinn“, lese ich laut vor. Ach, du fauliger Scheisse! Ich bin ein Werwolf! Ich erinnere mich nicht an die Vollmondnacht, aber so wie es aussieht, habe ich diese Frau in Stücke gerissen! Bixis Vater hat mich gesehen! Aber was bedeutet mitternachtsblau? Sahira hat es gewusst! Sie wusste, dass ich ein Werwolf bin. James und Ward wissen es vermutlich auch. Wie werden wohl meine Freunde reagieren, wenn ich ihnen sage, dass ich ein Werwolf bin und eine Frau auf dem Gewissen habe? Ich sollte es vielleicht besser für mich behalten.

Arayas Geständnis

Ich habe Angst. Angst davor, dass die Polizei herausfindet, dass ich die Frau umgebracht habe und meine Freunde nichts mehr mit mir zu tun haben wollen, wenn sie erfahren, dass ich ein Werwolf bin. Dad ist heute schon früh aus dem Haus, da er heute eine Frühschicht hat. Mein Vater arbeitet als Lebensmitteltechnologe in einer Grossbäckerei, die sich ausserhalb von Tossa befindet. Seine Arbeitszeiten sind sehr flexibel. Meine Mutter steht in der Küche und macht das Frühstück. Sie hat ihre Arbeit als Tierärztin aufgegeben, als sie mit mir schwanger war. Mom hat ihre Arbeit geliebt. Nach dem Mutterschaftsurlaub hätte sie bei ihrem Bruder in der Tierarztpraxis weiterarbeiten können. Doch sie wollte nicht. Warum sie ihren Traumjob aufgegeben hat, hat sie mir nie erzählt. Es läutet an der Haustür. Erwarten wir etwa schon so früh Besuch? Oder ist das die Polizei? Ich stehe wie festgeschweisst vor meinem Kleiderschrank und kann mich einfach nicht entscheiden. Was zieht man als Werwolf an? Ward bellt und stürmt aus dem Zimmer. Nein! Entscheide dich endlich! Ich reisse ein türkisfarbenes Kleid vom Kleiderbügel und schlüpfe rein. Das Kleid reicht nicht einmal bis zu den Knien. Ward steht im Eingangsbereich und bellt lautstark jemanden an, der vor der Haustüre steht und mit Mom redet.

„Halte, bitte, deinen Hund fest, Ely“, sagt Mom zu mir und lässt den Besucher rein.

Nemuel tritt ins Haus rein und lächelt mich an. „Hallo, Ely.“

Ich drücke Ward an mich, der Nemuel wütend anknurrt. „Hey.“

„Leyth!“, ruft Mom und lässt mich mit Nemuel alleine.

Dolin rennt schwanzwedelnd aus Leyths Zimmer. Er springt an Nemuel hoch, der ihn lachend begrüsst.

„Wer bist du denn?“

„Das ist Dolin“, antwortet Leyth und begrüsst Nemuel.

„Die anderen warten im Auto“, meint Nemuel, der sich hinkniet und Dolins Kopf streichelt.

Ward reisst sich los und beisst Dolin in die Flanke. Dolin jault vor Schmerz laut auf und versucht Ward zu entkommen. Doch Ward hat sich festgebissen und lässt Dolin nicht mehr los. Nemuel steht erschrocken auf.

„Mom! Dieser Giftzahn bringt noch meinen Hund um! Dad hatte Recht! Diesen Teufelshund sollte man einschläfern!“, ruft Leyth und tritt mit dem Fuss in Wards Flanke.

Ward winselt und lässt Dolin los. Doch Leyth hört nicht auf Ward zu Treten. Mein Liebling winselt und versucht sich hinter mir zu verstecken, aber Leyth schupst mich beiseite und macht weiter.

„Du tust ihm weh! Hör auf! Lass Ward in Ruhe!“, schreie ich und werfe mich schützend vor Ward. Ich drücke meinen winselnden Hund fest an mich.

„Was ist denn los? Hört auf euch zu streiten“, meint Mom und drückt Leyth seine Essensbox in die Hand. „Hier, für dich.“

„Danke, Mom“, sagt Leyth und verlässt mit seinem neuen Kumpel das Haus.

„Das wirst du noch bereuen! Wie kannst du es wagen, Ward zu treten?“, schreie ich kochend vor Wut. Der Werwolf wird sich rächen.

„Leyth ist mit den süssen Jungs befreundet? Unglaublich!“ Sissy sieht mich erstaunt an.

Gerade habe ich meinen besten Freunden erzählt, was heute Morgen passiert ist.

„Arme, Ward! Wie geht es ihm jetzt?“, will Malia wissen, die Ward sehr ins Herz geschlossen hat.

„Es geht ihm wieder besser“, entgegne ich, froh darüber, dass Ward kurze Zeit später mit Sahira gespielt hat, als wäre nichts geschehen.

Sissy betrachtet bewundernd mein Kleid. „Sieht toll aus! Gibt es einen Grund, warum du ein kurzes Kleid anhast?“

„Ich wusste nicht, was ich anziehen sollte“, gestehe ich meiner besten Freundin.

Sissy lächelt. „Das kenne ich nur zu gut.“

„Wow! Was für eine Granate!“, meint jemand, der hinter mir steht.

Meine besten Freundinnen sehen mit verwunderter Miene über meine Schulter hinweg zu der männlichen Person. Ich drehe mich um und schaue direkt in die braunen Augen von Seirios.

„Hübsches Kleid“, sagt Seirios mit einem unverschämten Lächeln im Gesicht. „Kannst du mir sagen, wo Dawer ist, Ely?“

Ich fasse es nicht. Seirios erinnert sich noch an meinen Namen. „Er ist im Klassenzimmer.“

„Und wo ist das?“, will Seirios höflich wissen. „Zeigst du es mir?“

Ich nicke und gehe zum Klassenzimmer. Seirios folgt mir. Vor dem Klassenzimmer bleibe ich stehen. „Hier.“

„Danke“, sagt Seirios und geht ohne anzuklopfen in das Klassenzimmer. Er schliesst sich hinter sich die Türe.

„Wer war das?“ Malia und Sissy rennen durch den Korridor zu mir.

Bixi kommt ohne Eile ebenfalls auf mich zu. Ich erzähle meinen Freunden von meiner ersten Begegnung mit Seirios.

„Wer ist Saphirus?“, fragt Bixi mich neugierig.

Ich zucke ahnungslos mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich weiss nur, dass er der beste Freund von Seirios ist.“

„Ich würde nur zu gern wissen, was dieser Saphirus Professor Garou befohlen hat“, sagt Malia und kratzt sich am Kinn. Das macht Malia immer, wenn sie nachdenkt.

Wir stehen noch eine Weile vor der Klassenzimmertüre und unterhalten uns über diesen Wolf. Der Wolf ist mittlerweile das Gesprächsthemanummer eins in der Schule. Jeder Schüler redet über diesen Wolf. Sogar die Lehrer unterhalten sich nur noch über den Wolf.

Malia spricht das aus, was sich schon die ganze Schule fragt. „Wird dieser Wolf wiederkommen und jemanden umbringen?“

„Wenn er nur bei Vollmond kommt, werden wir noch eine Weile Ruhe haben“, überlegt Bixi laut.

„Das ist nicht witzig, Bixi“, meint Sissy tadelnd.

Bixi hebt abwehrend die Hände. „Ich habe das auch nicht als Witz gemeint. Ich bin ernsthaft am Überlegen gewesen.“

Ehe Sissy etwas erwidern kann, läutet die Schulglocke. Ich öffne die Klassenzimmertüre und setze mich in die erste Reihe. Professor Garou und Seirios sehen schweigend zu, wie ich meine Schulsachen auspacke.

„Schule!“, schreit Kyara, als sie ins Zimmer reinstürmt und sich neben mich auf den Stuhl setzt. „Ein schöner Tag heute, nicht wahr?“

Was ist denn mit der los? Ich blicke sie entgeistert an. Kyaras Lächeln verblasst, als sie Seirios sieht.

„Seirios“, murmelt Kyara und wühlt in ihrem Rucksack.

Ich kann ihre Angst förmlich riechen. Kyara versucht überall hinzuschauen, nur nicht in Seirios’ Augen. Die hat eine Heidenangst vor Seirios!

„Ist alles in Ordnung, Kyara?“ Ich lege ihr eine Hand auf die Schulter.

„Nein.“ Kyara steht auf und setzt sich hinter mich an den Tisch.

„Was ist denn los?“, will ich ein wenig besorgt von Kyara wissen und drehe mich auf dem Stuhl zu ihr um. Eigentlich habe ich mir vorgenommen kein Wort mit Kyara zu reden, aber ich platze beinahe vor Neugier.

„Seirios und Saphirus haben ein angespanntes Verhältnis zu meinem Vater“, antwortet Kyara bitter.

„Wer ist eigentlich dieser Saphirus?“, mischt sich Sissy ein, die sich soeben neben mich auf den Stuhl hingesetzt hat. „Der muss ein Vermögen haben. Das schwarze Auto, mit dem ihr immer hierhergefahren werdet, gehört doch ihm, oder?“

„Er ist Seirios bester Freund“, flüstert Kyara und spielt dem Reissverschluss ihres Etuis.

„Das wissen wir schon“, meint Sissy, „Weiter?“

„Das ist der Rothaarige“, sagt Kyara zu mir und lächelt ein wenig.

„Das ist also Saphirus.“ Sissy lächelt Kyara an. „Hast du Lust nach der Schule etwas mit uns zu unternehmen?“

„Uns“, frage ich meine beste Freundin und sehe sie ungläubig an.

„Ja, sehr gerne“, sagt Kyara, die sich sichtlich darüber freut.

Ich bin nicht so begeistert, sage jedoch nichts.

„Was unternehmen wir denn?“, erkundigt sich Kyara bei meiner besten Freundin.

„Wir können doch zu dir Nachhause und im Pool schwimmen gehen“, schlägt Malia vor, die neben Kyara sitzt.

Kyara nickt. „Ja, das ist eine gute Idee!“

„Wir können zuerst zu uns Nachhause gehen und unsere Badesachen holen. So siehst du auch mal, wo wir alle wohnen“, meint Sissy.

Wohl eher damit Kyara uns alle belästigen kann. Wenn es Vollmond ist, kann sie gerne einmal bei mir vorbeischauen. Malia und Kyara finden Sissys Vorhaben gut und werden nach der Schule als erstes zu Sissy nach Hause gehen. Keiner hat mich nach meiner Meinung gefragt. Ich kann es überhaupt nicht ausstehen, wenn über meinem Kopf hinweg bestimmt wird. Beleidigt zücke ich mein Handy hervor und checke ich die Nachrichten ab, um zu sehen, ob was Neues über den Wolf drinsteht. Doch soweit komme ich gar nicht, denn dunkelblaue Augen blicken mir vom schwarzen Display meines Handys entgegen. Die mitternachtsblauen Wolfsaugen. Ich lasse mein Handy fallen, das hart auf dem Boden aufschlägt.

„Dein Handy!“ Sissy bückt sich, um mein Handy aufzuheben. „Es ist noch ganz. Glück gehabt.“

„Meine Augen!“, jammere ich und drücke meine Hände auf mein Gesicht.

„Ely?“ Malia beugt sich nach vorne und tippt mir auf die Schulter. „Hast du was im Auge, Süsse?“

Ich drehe mich zu ihr um und öffne meine Augen. Kyara klappt die Kinnlade runter. Malia springt auf und sieht mich entsetzt an. „Deine Augen!“

„Der Wolf. Hatte der nicht…?“, will Sissy nachdenklich wissen.

„Was ist denn los, Mädels?“ Bixi sitzt am Tisch nebenan und schaut uns fragend an.

„Ihre Augen sind los“, antwortet Malia.

„Na, vielen Dank auch“, sage ich und blicke über meine Schulter nach hinten. „Ist es immer noch da, Sissy?“

„Ja, Ely. Kannst du mir sagen, was in der Vollmondnacht…“

„Nein, ich habe einen Filmriss“, unterbreche ich meine beste Freundin.

„Du Ärmste.“ Sissy sieht mich mitfühlend an.

„Um was geht es denn?“, will Bixi ungeduldig wissen.

„Das würde ich auch gerne wissen“, meldet sich Seirios zu Wort.

Alle schauen Seirios an, der immer noch vorne an der Tafel neben Professor Garou steht. Malia will was erwidern, doch Kyara hält sie zurück.

„Eigentlich sollten wir jetzt Physik durchnehmen und nicht deine Frage beantworten“, sagt Kyara zu Seirios.

Mit einem Satz steht Seirios vor Kyaras Tisch und baut sich drohend vor ihr auf. „Was hast du gesagt? Du, als die Tochter eines faulen Sackes, sollte lieber seine SCHNAUZE HALTEN!“

Kyara schluckt schwer und versucht sich so klein wie möglich zu machen.

„Ely, komm her!“, befiehlt Seirios, der ziemlich schlechtgelaunt ist.

„Nein“, sage ich und bleibe sitzen.

„Wirst du jetzt auch noch frech?“ Seirios stellt sich vor mich und stützt sich mit den Händen an meinem Tisch ab.

„Ich werde nicht frech, ich bin frech. Ich bin schon frech auf die Welt gekommen. Und ich lasse mir von niemand den Mund verbieten. Wenn du etwas zum Thema beizutragen hast, dann mach dein Maul auf. Nur zur Erinnerung, wir haben Physik“, schnauze ich ihn an.

Seirios sieht mich finster an. „Weiss du eigentlich, wer ich bin?“

„Seirios, der Kyara fertigmacht, nur, weil ihr Vater ein fauler Sack ist. Saphirus’ bester Freund. Mehr weiss ich nicht, und will ich auch gar nicht wissen. Ich habe ehrlich gesagt genug gesehen“, erwidere ich bissig.

„Du erinnerst mich an Saphirus. Der redet auch immer so. Wer sind eigentlich deine Eltern?“, bemerkt Seirios amüsiert.

„Meine Eltern? Die können ihnen auch nicht helfen. Mein Dad interessiert sich nur für seine On-Off-Affäre und meine Mom würde dir sagen, dass mein Verhalten dir gegenüber nicht ihr Problem wäre. Noch Fragen?“, erkläre ich Seirios.

Seirios grinst breit. „Deine Eltern sind geschieden?“

„Das wäre zu schön. Mom hat Mitleid mit Dad und schmeisst ihn deshalb nicht raus“, antworte ich ihm.

Seit der Unterhaltung mit Seirios, hört Kyara nicht mehr auf mich zu nerven. Jetzt will die sogar freiwillig mit mir befreundet sein. Ständig sagt sie mir, wie mutig ich doch gewesen bin und das sie sich nie getraut hätte, so mit Seirios zu reden. Kyara freut sich schon sehr auf unser Vorhaben. Sie folgt mir überallhin und will dauernd neben mir sitzen. Als die Schulglocke läutet und wir endlich Nachhause gehen können, stürme ich aus dem Zimmer, räume einige Schulbücher in meinen Spind und flitze Nachhause. Ich lasse mir den Abend nicht von einer Nervensäge verderben. Wenn ich Zuhause bin, werde ich es mir auf dem Sofa gemütlich machen und irgendeinen Film im Fernseher anschauen. Doch Zuhause ist die Stimmung auf dem Nullpunkt. Meine Eltern streiten sich mal wieder. Die beiden schreien sich so laut an, dass die Wände zittern.

„Hallo“, sage ich, obwohl ich ganz genau weiss, dass die beiden Streithähne mich gar nicht hören. Ich verkrieche mich in meinem Zimmer.

Im Zimmer werde ich von meinen Hunden überschwänglich begrüsst. James und Ward stürzen sich auf mich und schlecken mein Gesicht ab. Sahira miaut und leckt zärtlich meine Hand.

„Hier drinnen ist es so laut. Lasst uns für eine Weile nach draussen gehen“, sage ich zu meinen Lieblingen und rapple mich wieder auf die Füsse hoch.

Als ich die Türklinge runter drücken will, höre ich Dad’s Stimme. „Sag’ mir gefälligst die Wahrheit! Ich lasse mir doch nicht von dir ein Kind unterjubeln!“

„Na, schön! Du hast Recht. Sie ist nicht deine Tochter!“, gesteht Mom schluchzend.

Ich entferne mich langsam von der Türe. Mom hat anscheinend nicht mitbekommen, dass ich Nachhause gekommen bin, ansonsten hätte sie das doch nie so laut gesagt.

„Wann hast du mich betrogen?“, will Dad in einer normalen Lautstärke von Mom wissen.

„Als du auf diesem Betriebsausflug gewesen bist“, sagt Mom leise.

„Welcher Betriebsausflug?“

„Diese eine Woche, vor fast 16 Jahren, als ihr nach Irland gegangen seid“, antwortet Mom ihm.

„Und du hast dich von irgendeinem Typen schwängern lassen? Du betrügst mich mit irgendeinem dahergelaufenen Typen?“, fragt Dad, der wieder laut wird.

„Na, und? Das war meine Rache an dich! Du betrügst mich schon seit Jahren mit diesem Miststück!“, schreit Mom wütend.

„Wie heisst er? Du weisst schliesslich auch wie meine Affäre heisst“, meint Glen zu Mom.

Glen ist nicht mein leiblicher Vater! Ich kann es Mom nicht verübeln, das sie sich mit einem anderen Mann vergnügt hat. Aber wieso trennt sie sich dann nicht endlich von meinem Stiefvater?

„Sein Name ist Saphirus Therion“, erwidert Mom kleinlaut.

Jetzt wird mir einiges klar. Ich habe die roten Haare von meinem Dad geerbt. Saphirus ist mein leiblicher Vater! Seirios’ bester Freund. Ich fass’ es einfach nicht. Weiss er, dass er eine Tochter hat?

„Und wo wohnt er?“, fragt Glen weiter.

„In der Nähe von Gerda. In einer Villa.“

„Du lässt dich von einem reichen Schnösel schwängern? Zahlt er wenigstens Unterhalt für seine Tochter?“, forscht Glen nach.

„Er weiss nicht, dass ich von ihm schwanger gewesen bin. Er weiss nicht, dass er eine Tochter hat. Ich habe das Verhältnis beendet, als ich gemerkt habe, dass ich schwanger bin“, erklärt Mom meinem Stiefvater.

Saphirus weiss also nicht, dass ich existiere.

„Du hast es ihm nicht gesagt?“

„Nein. Ich wollte, dass es unser Kind ist. Ich konnte doch nicht wissen, dass sie seine Haare und sein freches Verhalten erben wird“, entgegnet Mom und setzt sich an den Esstisch.

Seufzend setze ich mich auf mein Bett und streichle Sahira über den Rücken, die neben mir auf dem Bett liegt. Sahira dreht sich auf den Rücken und präsentiert mir ihren Bauch. Ich kraule ihr den Bauch. Da klingelt mein Handy. Es ist Sissy.

Ich nehme den Anruf ab. „Hallo, Sissy. Was gibt’s?“

„Was ist los? Wo bist du, Ely? Wir wollten doch bei Kyara schwimmen gehen“, kommt es vom anderen Ende der Leitung.

„Wir? Ich kann mich nicht daran erinnern einverstanden gewesen zu sein“, antworte ich ihr.

„Ich dachte, du kommst auch. Sie hat einen Pool Zuhause!“, sagt Sissy enttäuscht.

„Na, und? Kyara hat einen Pool und ich habe Probleme. Ich habe keine Lust mit Kyara abzuhängen!“, schnauze ich in den Hörer und lege auf.

Ich habe Kyara nie wirklich gemocht, und jetzt muss ich auch noch erfahren, dass sie meinen Dad kennt. Sie hat mit ihm geredet und vielleicht auch gelacht. Und ich? Ich habe ihm einmal in die Augen gesehen. Als Wolf! Bei Vollmond! Wieso muss das Leben nur so ungerecht sein? Wieder klingelt mein Handy. Diesmal ist es Malia. Ich nehme nicht ab. Malia will wahrscheinlich wissen, was denn mit mir los ist, und was ich eigentlich gegen Kyara habe. Ich stelle mein Handy auf stumm.

Beim Abendessen ist die Stimmung ziemlich angespannt. Mom schaut immer wieder zu mir rüber. Glen isst schweigend seine Nudeln und vermeidet es Mom anzusehen. Leyth zückt sein Handy hervor und schreibt eine SMS. Ich stochere mit der Gabel in meinem Teller herum und kriege keinen Bissen runter.

„An wem schreibst du denn die ganze Zeit?“, will ich von Leyth wissen.

„An Nemuel. Du stehst auf ihn, nicht wahr?“ Leyth zwinkert mi vielsagend zu.

Ich werde rot und stochere weiter auf meinem Teller herum, bis Glen mir die Gabel aus der Hand nimmt. Zur Sicherheit nimmt er mir auch noch das Messer weg.

„Hast du denn keinen Hunger, Liebling?“, fragt Mom mich und sieht mich ein wenig besorgt an.

Ich schüttle den Kopf und verschwinde in mein Zimmer. Sahira setzt sich auf meinen Schoss, als ich es mir mit einem Buch auf dem Bett bequem mache. Ein kurzer Blick auf mein Handy sagt mir, dass ich fünf Anrufe von meinen Freunden verpasst habe. Ausserdem haben mir meine Freunde unzählige Nachrichten geschickt. Ich klappe das Buch auf und beginne zu lesen. Langsam versinke ich in eine andere Welt. Eine Welt, in der Dämonen ihr Unwesen treiben und überall Chaos verbreiten. Ich lese mich durch die Seiten und vergesse für eine Weile meine Probleme. Ein Dämon nimmt Besitzt von einem Mädchen und ich denke nicht mehr an den Wolf. Dämonenjäger ziehen um die Häuser und die Schreie der Frau verstummen. Ich verdränge die Erinnerungen an die Vollmondnacht aus meinem Kopf und frage mich, ob die Dämonenjäger alle Dämonen zur Strecke bringen können. Wort für Wort wird das Buch aufgesaugt, die Seiten gefressen und das Buch verschlungen. Die Dämonenjäger siegen und ich klappe das Buch zu. Es ist schon nach Mitternacht. Ohne die Zähne zu putzen, krieche ich unter die warme Bettdecke und schliesse meine Augen. Die Erinnerungen an die Vollmondnacht kehren zurück. In dieser Nacht schlafe ich sehr schlecht. Drei Mal fahre ich erschrocken hoch, nur um festzustellen, dass ich immer noch im Bett liege und nicht einen weiteren Menschen umgebracht habe.

Am nächsten Morgen wache ich mit einem üblen Kater auf. Ich ziehe wieder das türkisfarbene Kleid an und verlasse in Begleitung meiner Lieblinge das Zimmer. Glen ist schon auf und zieht gerade seine Jacke an.

„Wohin gehst du? Du hast doch heute eine Spätschicht“, frage ich meinen Stiefvater verwundert.

„Ich muss noch was erledigen“, weicht Glen meiner Frage aus und geht nach draussen.

„Gehst du wieder zu Gerda?“ Ich renne ihm nach.

Glen dreht sich zu mir um. „Ach, Ely.“

Mein Stiefvater seufzt laut und geht über die Strasse, an Bixis Haus vorbei. Jemand stupst mich am Bein. Ward sitzt neben mir auf der Veranda, die Leine und den Maulkorb im Maul. Sein Geschirr hat er sich halbwegs schon angezogen.

Ich kichere. „Oh, Ward! Du bist so süss!“

Ward lässt die Leine und den Maulkorb auf den Boden fallen. Nachdem ich Ward das Geschirr und den Maulkorb angezogen habe, nehme ich ihn an die Leine und gehe mit meinen Lieblingen in den Wald. Im Wald ist es unheimlich still. Das Auto der Frau und ihre Leiche wurden weggebracht. Das Blut auf dem Boden ist trocken. Doch in meinen Erinnerungen ist das Blut immer noch frisch. Ich gehe tiefer in den Wald und blicke mich um. Keine Menschenseele in der Nähe. Kann ich mich nur bei Vollmond verwandeln? Mein Körper entspannt sich und beginnt sich zu verändern. Die Fantasiegeschichten über Werwölfe stimmen nicht. Werwölfe verwandeln sich nicht nur bei Vollmond. Ward und James sehen mich fragend an. Sahira schmiegt ihren Körper an meinen. Ein leises Knurren dringt aus meiner Kehle. Ich habe mich wieder in die Wölfin verwandelt. Gemeinsam rennen wir durch den Wald. Flink wie ein Wiesel, springe ich an den Bäumen vorbei. Als wir am Waldrand ankommen und zu unserem Haus rüber schauen, gebe ich meinen Lieblingen ein Zeichen und renne aus dem Wald raus. Meine Lieblinge warten im Schutz der Bäume auf meine Rückkehr. Ich springe an den Häusern vorbei und bleibe vor Gerdas Haus stehen. Meine Krallen kratzen an ihrer Haustüre. Hinter mir nähert sich jemand vorsichtig. Blitzschnell drehe ich mich um. Es ist mein Halbbruder Leyth. Leyth, der Ward getreten hat und sich nicht einmal entschuldigt hat. Mein Halbbruder, der meinen Hund beschimpft hat. Er ist mit Dolin unterwegs, der mich anknurrt. Ich knurre zurück und renne auf meinen Bruder zu, der mich nicht erkennt. Wie auch? Ich bin schliesslich ein Wolf. Meine scharfen Krallen fahren über sein Gesicht. Leyth schreit vor Schmerz laut auf. So schnell ich kann, verdufte ich.

In der Schule scharren sich alle um Leyth, dessen Gesicht von einer Kratzspur verunstaltet worden ist.

„Das ist heute Morgen passiert, bevor ich in die Schule gegangen bin. Ich habe mit meinem Hund eine Runde gedreht, als plötzlich dieser Wolf auf mich gesprungen ist und mir ins Gesicht gekratzt hat“, höre ich meinen Halbbruder erzählen.

Die Mädchen hängen an seinen Lippen und wollen seine Begegnung mit dem Wolf ständig hören. So kommt es, dass Leyth seine Geschichte schon zum millionsten Mal erzählt. Seine Mitschüler bewundern ihn alle. Nemuel und seine Freunde haben die Köpfe zusammengesteckt und unterhalten sich leise. Doch egal wie leise sie auch reden, meine Ohren kriegen alles mit.

„Dieser Wolf hat mitternachtsblaue Augen. Er ist einer von uns. Ein normaler Wolf hätte keine mitternachtsblauen Augen“, flüstert Nemuel aufgeregt.

„Er wohnt ganz sicher in dieser Stadt“, vermutet Isaac.

„Saphirus hat es kaum glauben können, als er den Wolf gesehen hat. Dieser Wolf wird später einmal der Alpha“, sagt Murphy zu den anderen.

Ich werde ein Alpha? Dank meiner Lieblingsserie, Teen Wolf, weiss ich nur zu gut, was ein Alpha ist. Oh, wie ich diese Serie liebe! Der Alpha ist der Anführer der Werwölfe. Sind Nemuel, Isaac und Murphy etwa auch Werwölfe? Mein Dad! Ich muss sein Wolfsblut geerbt haben. Saphirus ist ein Werwolf! Nemuel dreht seinen Kopf zu mir um, als ich näherkomme.

„Hey, Jungs. Ihr habt sicher mitbekommen, was Leyth passiert ist. Kaum zu glauben, dass ein Wolf ihn angegriffen hat“, sage ich und himmle dabei Nemuel an.

„Mittlerweile weiss die ganze Schule, was ihm passiert ist“, stellt Isaac fest.

„Was meint ihr, wird der Wildhüter den Wolf erschiessen?“ Die Vorstellung, dass ich erschossen werde, macht mir Angst.

„Keine Ahnung“, meint Murphy achselzuckend.

Ich will die Jungs über Seirios und über meinen Vater ausfragen. Doch dazu komme ich gar nicht, denn in diesem Moment läutet die Schulglocke. Heute habe ich mich zum ersten Mal mit den drei Jungs unterhalten. Jedoch nur kurz, da die Schulglocke unsere Unterhaltung unterbrochen hat. Als ich in das Schulgebäude gehe, holen mich Tamera und Lae ein und nehmen mich in ihre Mitte.

„Lass’ gefälligst die Finger von Nemuel, kapiert?“, sagt Tamer zu mir und sieht mich finster an.

Ich mustere Tamera von oben bis unten. Sie trägt ein kurzes, rosa-weiss gestreiftes Kleid. Das Kleid deckt gerademal ihren prallen Hintern. Ihre beste Freundin Lae trägt einen schwarzen Minirock mit einem Kontrastband und ein rosarotes, bauchfreies Top. Wir drei passen von den Outfits her gut zusammen.

„Ja, und von Murphy sollst du gefälligst auch die Finger lassen. Der gehört nämlich schon mir“, fügt Lae hinzu und stöckelt zu ihrem blauen Spind.

„Ach, seid ihr beide etwa ein Paar? Das habe ich gar nicht gewusst“, sage ich mit gespielter Verwunderung.

„Nein, das sind wir leider noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden“, meint Lae und wendet sich wieder ihrem Spind zu.

„Genau, und das Gleiche gilt auch für mich und Nemuel.“ Tamera öffnet ihren Spind und holt ihre Bücher raus.

Eine ihrer Bücher sticht mir sofort ins Auge. Mein Biologiebuch befindet sich momentan in meinem Rucksack, da wir in der Biologie Hausaufgaben hatten. Wie kann es also sein, dass Tamera ihr Biologiebuch im Spind hat? Hat sie etwa vergessen, dass wir Hausaufgaben in der Biologie hatten?

„Hast du die Hausaufgaben in der Biologie nicht gemacht?“, frage ich Tamera, die gerade das Biologiebuch in ihre Tasche stopft.

„Doch. Ich habe sie mit Lae gemacht“, antwortet Tamera.

Ich gehe zu meinem Spind und packe das Mathebuch in den Rucksack. Sissy öffnet ebenfalls ihren Spind und schmunzelt ein wenig.

„Was ist?“, will ich von meiner besten Freundin wissen.

„Du bist in Nemuel verliebt, stimmt’s?“

Ich spüre, wie Röte in meinem Gesicht aufsteigt.

„Tamera ist eifersüchtig auf dich“, behauptet Sissy und lässt das Rundschloss an ihrem Spind einrasten.

„Wie kommst du denn darauf?“, frage ich überrascht.

„Sie hat doch gerade eben mit dir geredet, oder? Was hat sie zu dir gesagt?“ Sissy schultert ihren Rucksack und sieht mich fragend an.

„Sie hat gesagt, ich solle die Finger von Nemuel lassen“, erzähle ich meiner besten Freundin.

„Siehst du? Sie hat Angst, dass du ihr Nemuel wegschnappst“, meint Sissy und nimmt mich an die Hand.

Hand in Hand betreten wir das Klassenzimmer. Professor Garou wartet schon mit verschränkten Armen auf die Klasse. Er betrachtet Tamera mit weitaufgerissenen Augen.

„Tamera, wir befinden uns hier nicht auf dem Strassenstrich! Was soll diese Aufmachung?“, will Professor Garou fassungslos von Tamera wissen, die sich neben Lae an einen Tisch in der vordersten Reihe hingesetzt hat.

„Das ist sexy“, murmelt Tamera kleinlaut.

„Nein, das ist nuttig“, findet Professor Garou.

„Sie will Nemuel beeindrucken“, erkläre ich Professor Garou.

Professor Garou wendet sich mir zu und deutet mir mit einer kurzen Handbewegung aufzustehen. Mit einem Kloss im Hals, stehe ich auf und blicke meinen Lehrer an.

„Die Länge dieses Kleides ist akzeptabel. Alles was kürzer ist, ist in meinen Augen einfach nur nuttig und hat nichts in der Schule verloren. Solche kurzen Kleider könnt ihr in euer Freizeit anziehen. In eurer Freizeit habe ich eh nichts zu sagen. Ich frage mich nur, ob eure Eltern das gut finden. Ich kann euch nur sagen, dass ich und einige meiner Freunde so etwas überhaupt nicht gut finden. Mein rothaariger Freund zum Beispiel, wäre mit Sicherheit nicht damit einverstanden, wenn seine Tochter in einer solchen Aufmachung das Haus verlässt“, sagt Professor Garou zu seinen Schülern.

Ich setze mich wieder auf den Stuhl neben Malia und denke über Professor Garous Worte nach. Dad würde es also nicht passen, wenn ich in einem solchen kurzen Kleid, wie Tamera es gerade anhat, das Haus verlassen würde. Ob Dad eine Tochter hat? Habe ich womöglich eine Halbschwester? Meine Hand schiesst in die Höhe.

„Ja?“ Professor Garou sieht mich fragend an.

„Hat Ihr rothaariger Freund eine Tochter, oder haben Sie das gerade nur so gesagt?“, frage ich den Lehrer.

„Das habe ich nur so gesagt. In Wahrheit hat er gar keine Kinder“, antwortet Professor Garou. „Aber ich kenne ihn sehr gut. Deshalb kann ich sowas mit vollkommener Sicherheit sagen.“

Mein Dad hat keine anderen Kinder. Er hat nur mich. Die Vorstellung, dass ich meinen Dad mit niemand anderen teilen muss, der ihn auch Dad nennt, lässt mein Herz höherschlagen.

Professor Garou beginnt mit seinem Unterricht. „Wer kann mir sagen, wofür die weissen und die roten Blutkörperchen da sind?“

„Also einer von denen ist für die Bekämpfung von Viren und Krankheiten zuständig“, ruft Bixi drein.

„Stimmt. Kann mir jemand, wer diese Aufgabe hat?“, fragt Professor Garou die Klasse.

„Die weissen Blutzellen sind für das Immunsystem verantwortlich“, antwortet Malia und nimmt ihre Hand runter. „Sie bekämpfen Krankheitserregern und körperfremde Strukturen.“

„Das stimmt. Weisst du auch, was die roten Blutkörperchen machen?“, forscht Professor Garou nach und sieht Malia erwartungsvoll an.

„Sie transportieren den Sauerstoff“, erklärt Malia ihren Mitschülern.

„Genau. Schlagt jetzt bitte alle Seite 56 in eurem Biologiebuch auf“, fordert Professor Garou seine Schüler auf.

Als die Schulglocke läutet, packen alle eilig ihre Sachen zusammen und stürmen aus dem Klassenzimmer. Ich gehe zu meinem Spind und stelle die Schulbücher rein, die ich für meine Hausaufgaben nicht brauche. Sissy stellt all ihre Schulbücher in den Spind. Meine beste Freundin schliesst sogar die Schulbücher in den Spind ein, die sie eigentlich für die Hausaufgaben braucht.

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