Kitabı oku: «Live dabei - Mein Leben mit den Rolling Stones, Grateful Dead und anderen verrückten Gestalten», sayfa 2

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Teenager zählten damals zu einer gerade neu entdeckten „Spezies“. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es sie noch nicht als soziologisch definierte Gruppe. Wir waren ein neuer „Stamm“, dessen Balzverhalten und dessen zwischenmenschliche Beziehungen das uneingeschränkte Interesse der Gelehrten auf sich zogen. Man studierte uns ausgiebig und aufmerksam, und unsere „soziopathologischen Auffälligkeiten“, wie zum Beispiel die Partys, sorgten im Parlament für viel Gesprächsstoff. Wir hatten unseren eigenen, verschrobenen Dialekt, den wir aus den Mundwinkeln herauspressten, so dass nur Eingeweihte sich untereinander verständigen konnten. Wir entdeckten sogar unsere eigene Musik, die unter Garantie die Erwachsenen anwiderte. Aus uns wurden Philosophen, die über die Zeitgeschehnisse diskutierten, aber nie zu einer gemeinsamen Haltung fanden, und wenn uns jemand nicht glich, war er für uns tot – oder sollte vor die Hunde gehen. Eigentlich hatte sich nicht viel geändert, doch wir „erfanden“ den Teenager.

Dora und Mel versuchten ihr Bestes, um den gegen jegliche Vernunft argumentierenden Marsmenschen in ihren Haushalt zu integrieren, doch ich verachtete meinen neuen Vater, der mir nichts recht machen konnte. Er war eigentlich ein ganz anständiger Kerl und hatte meinen Widerstand nicht verdient – bis auf die Tatsache, dass er morgens beim Teekochen ständig das alte Varieté-Lied „Martha, Rambling Rose Of The Wildwood“ singen musste. So was war doch nicht zum Aushalten!

Jeden Morgen um genau sieben Uhr hörte ich ihn in seinen Hausschuhen die Treppe hinunterschlurfen, wonach er Wasser in den Teekessel füllte und dabei dieses höllische Lied sang. Wutschnaubend zog ich mir die Bettdecke über den Kopf – immer dasselbe Liedchen zur genau gleichen Zeit. Monströs! Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich so lange wie möglich im Bett blieb, um weder Mum noch Mel zu begegnen, die glücklicherweise schon bald zur Arbeit gingen.

Meist zog ich mich in mein Zimmer zurück, um nicht die Farce, die Mum eine Ehe nannte, mitzuerleben und das ach so idyllische Familienleben, das sie mir bieten wollten. Wie alle Frischvermählten verhielten sie sich übermäßig aufmerksam, was die Zipperlein oder Wünsche des anderen anbelangte. Sie bei dem spießigen Rollenspiel zu beobachten kotzte mich nur an.

Ich sehnte mich danach, endlich erwachsen zu werden, und versank zwischenzeitlich in tiefem Selbstmitleid. Als besonders abscheulich empfand ich das neue Haus, in das ich gegen meinen Willen eingezogen war. Den Traum meiner Eltern von einem Eigenheim teilte ich sicherlich nicht – damals wie heute. Obwohl in all den Jahren so viel Geld durch meine Hände geflossen war, dass mir einige dieser Buden hätte anschaffen können, bin ich nie stolzer Hausbesitzer geworden.

Wir hatten uns in einer kleinen Kiste mit einem erstickend kleinen Grundstück niedergelassen. Das Gebäude verfügte über drei Zimmer und lag in einer Sackgasse im vorstädtischen Croydon, im Süden Londons. Die anliegenden Häuser standen nur einen Meter weit entfernt. An der kurzen, ansteigenden Straße lagen beidseitig fünf dieser Miniaturpaläste mit kleinen Auffahrten, die mich an die Zitzen einer säugenden Sau erinnerten. Ich hasste den Ort mit all meinem ungebändigten Zorn. Ich hasste das Zuhause, die Schule, Großbritannien und konnte es nicht erwarteten, alle drei hinter mir zu lassen.

Jedes Buch bestärkte mich in der Absicht, dorthin zu flüchten, wo Menschen im Genuss und mit Leidenschaft lebten, wo sie Ideen aus dem geschmolzenen Stahl ihrer Überzeugung schmiedeten. Bücher wie Roter Stern über China: Mao Tse-tung und die chinesische Revolution [Edgar Snow], Die Menschenfreunde in zerlumpten Hosen [Robert Tressell] und Willie Gallachers Rise Like Lions [es liegt keine deutsche Übersetzung vor] stellten für mich eine Art Ruf der Sirenen dar, der mein sich entwickelndes politisches Bewusstsein ansprach.

Ich verschlang immer mehr Bücher, wurde immer deprimierter und äußerte mich nur noch zynisch über Großbritannien. Amerikanische Musik und amerikanische Literatur standen bei mir an oberster Stelle, und ich wollte so dringend in dieses Land meiner Träume, dass ich beinahe körperliche Schmerzen verspürte.

Auch Mutter liebte die Werke amerikanischer Autoren. Obwohl wir kaum mehr miteinander redeten, verband uns wenigstens der Trost, dass wir über diese Bücher diskutieren konnten.

„Lies das doch mal“, riet mir Mum und gab mir Bücher wie zum Beispiel Straße zur Freiheit [Peekskill USA] von Howard Fast. Ich ging auf mein Zimmer, wo ich mich für verdammt clever hielt, Zigaretten bei geöffnetem Fenster zu paffen, im Irrglauben, dass Mutter den Tabakqualm nicht riechen werde. Ich wollte endlich den Dschungel, die Schlachthöfe Chicagos, sehen, dorthin gehen, wo Upton Sinclair gewesen war, die Weißen treffen, die sich in Peekskill selbstlos vor dem Sänger und Aktivisten Paul Robeson aufgestellt hatten, damit ihm die Faschisten keinen Schaden zufügen und er für die Menschen singen konnte. Ich wollte endlich lautstark „Hallelujah, ich bin ein Penner“ singen und meine Freiheit auskosten. Ich wollte „Auf welcher Seite steht du?“ schreien und für mich herausfinden, zu wem ich eigentlich gehörte, denn in Großbritannien gab es rein gar nichts, das mich anzog.

Doch vor allem wollte ich nach Kalifornien reisen und mir all die Schauplätze ansehen, die Woody Guthrie in seinen Songs besang – das unermesslich große Land der Träume erleben, diese „Pastures Of Plenty“. Doch erst mal steckte ich im miefigen Croydon fest.

2. Hinter dem Beat

Als meine Schamhaare zu sprießen begannen und die Hormone ihren wilden Tanz in meinen Blutkreislauf veranstalteten, begann ich von Mädchen zu träumen. Wenn ich nicht las, masturbierte ich, und wenn ich mal nicht masturbierte, hörte ich Musik und spielte Gitarre. Bücher, Musik und Sex waren ein ständiger Freizeitspaß, und das Zimmer wurde zu meinem Refugium. Ich sehnte mich vom ganzen Herzen danach, endlich auszuziehen, doch zuerst – ob ich es mochte oder nicht – musste nach dem Gesetz die Schule beendet werden.

Alkohol und Jazz retteten mir den Verstand. An Samstagabenden traf ich mich mit meinem älteren Kumpel Kelly in einem Pub in West Croyden, wo wir uns Interpreten wie zum Beispiel die beiden bekannten britischen Jazz-Musiker Humphrey Lyttelton und Ken Colyer anhörten. Als Spezialität des Hauses servierte man uns das „tödliche“ Mixgetränk aus Guinness und Cidre, auch bekannt als „Black Velvet“, und nachdem ich einige gehoben hatte, ging es auf die Tanzfläche, um mit Mädchen eine flotte Sohle aufs Parkett zu legen. Kelly hatte mit dem Tanzen nichts am Hut, und wenn er mit Mädchen reden sollte, wurde er total nervös. So hing er an der Bar und „holte alles ran“, wie er es nannte. Das passte mir natürlich gut in den Kram, da ich wegen meines Alters noch keine alkoholischen Getränke bestellen durfte, obwohl mich das nicht davon abhielt, an diesen Abenden einige Bier zu kippen. In dem Pub in West Croydon, an dessen Namen ich mich um alles in dieser Welt nicht erinnern kann (The Croydon Arms?), sah ich zum erstem Mal die britische Blues-Größe Alexis Korner. Er spielte Banjo in Ken Colyers Band.

In dem Pub wurde ich zum ersten Mal high, wofür ich einigen Musikern danken möchte! In einem eingezäunten Hinterhof des Ladens standen die ganzen Bierfässer und die Tische, die der Besitzer raus­gestellt hatte, um Platz für die Tanzfläche zu schaffen. Schnell merkte ich, dass sich die Band in den Pausen dorthin zurückzog. Nachdem sie ihre In­strumente abgelegt hatten und draußen Luft schnappten, ging ich in den Hof, um mich mit ihnen zu unterhalten. Sie behandelten mich mit einer gewissen Distanz, die alle Musiker wahren, wenn sie mit ihren Fans reden. Da ich noch viel zu jung war, um in ihr Revier einzudringen, störte sich niemand an mir. Sie qualmten ihre Joints, als wäre es die natürlichste Sache auf der Welt.

Die Musiker ließen den Joint kreisen, jeder zog daran, und dabei unterhielten sie sich, ohne mich in das Gespräch einzubinden. Es war eine völlig entspannte Atmosphäre. Ich lehnte mich lässig gegen die Wand, um so richtig cool zu wirken. Wer auch immer der Mann war, der mir den Joint gab – er schaute mich dabei noch nicht einmal an und reichte mir die Wundertüte, während er angeregt mit seinen Freunden plauderte. Ich sagte kein Wort, folgte dem Ritual, das ich beobachtete hatte, ließ mir Zeit und nahm einige tiefe Züge, bevor ich den Joint weiterreichte. Doch nichts geschah, was mich ziemlich enttäuschte. Wenige Minuten später hielt ich einen neuen Joint in der Hand. Er schien stärker zu sein. Die Musiker verließen den Hof, um ein weiteres Set zu spielen, und ich verharrte wie angewurzelt auf der Stelle. Ich brauchte einige Zeit, bis mir klar wurde, dass sie schon gegangen waren. Benebelt schlich ich mich in den Pub zu Kelly. Nachdem ich mich durch die Menge gequetscht hatte, merkte ich, dass ich wegen der Geräuschkulisse kaum mit ihm sprechen konnte. Die Musik der Band dröhnte im ganzen Raum, der mir jetzt viel wärmer vorkam, und irgendwie funktionierte die Koordination zwischen meinem Gehirn und dem Mund auf einer anderen Zeitebene. Kelly und ich setzten uns an einen Tisch und beobachteten die Leute in dem brechend vollen Laden. Ich blickte auf die Tanzfläche und dachte, meine Zunge sei angeschwollen. Saß ich hier im falschen Film? Das Bier schmeckte grässlich, die Frauen waren nicht attraktiv, und Kelly wirkte wie ein Außerirdischer. Meine Nase kribbelte wie wild, ich hatte das Gefühl, jede Sekunde niesen zu müssen. Ich atmete durch den Mund und nippte teilnahmslos am Bier. Hier stank es doch wie in der Hölle! Ich murmelte einige unverständliche Worte und verzog mich aufs Klo, um einen klaren Kopf zu bekommen.

Dort stand ich neben einem wahren Hünen und war geschockt, denn trotz des ätzenden Gestanks des Urinals konnte ich seinen Geruch noch wahrnehmen. Ich lachte in mich hinein, weil mein Zinken plötzlich so sensibel war wie der eines Hundes. Zugleich verwirrte mich diese Erfahrung. Ich drängelte mich erst mal raus aus dem Pub, um frische Luft zu schnappen. Um nach Hause zu kommen, musste ich ganze vier Meilen gehen, aber trotzdem entschuldigte ich mich bei Kelly unter irgendeinem Vorwand und machte mich auf den Weg.

Der Nachgeschmack des Biers war echt schrecklich. Ich hätte alles in der Welt für ein Glas Wasser gegeben. Doch als ich die frische Luft gierig einsog, fühlte ich mich schon lebendiger. Auf dem Weg dachte ich über meine Lebenssituation nach. Ich musste noch fast ein Jahr in der Schule über mich ergehen lassen, da Mutter mir das unumstößliche Versprechen abgerungen hatte, dass ich von dem Laden erst mit 16 abginge. In der Zwischenzeit – bevor ich mein Zuhause, die Schule und Großbritannien verlassen konnte – brauchte ich eine sinnvolle Beschäftigung. Mir fehlte einfach die Lebensfreude. Ich ging zügiger, und plötzlich erschien mir Croyden, das ich bislang verabscheut hatte, gar nicht so schlecht zu sein. Beim Gedanken, nun ein Kiffer zu sein, bekam ich sofort gute Laune. Doch ich wusste nicht, wo man sich das neu entdeckte Lebenselixier besorgte. Aber das sollte mir vorerst egal sein. Zumindest hatte ich eine Aufgabe und musste nicht an der Theke abhängen, ein Bier nach dem anderen kippen und von der Bedienung träumen.

Ja, in diesem zarten Alter wurde aus mir ein waschechter Kiffer. Bis zum heutige Tag bin ich davon überzeugt, dass ich nur so das letzte, quälend langweilige Jahr in der Schule überstand. Ich steckte in der Klemme und musste auf meine Zeit warten. Ich redete wenig, las so viel wie möglich und hörte die ganze Zeit über Musik. Nach dem Jazz interessierte ich mich für den Blues, der schnell von Gene Vincent und Elvis Presley abgelöst wurde. Fast mühelos fand ich den Weg zu dem, was ich liebte.

Ich besuchte öfter einen Freund und nahm immer meine Gitarre mit. Er war ein großartiger Fingerpicking-Gitarrist; während wir uns einen Joint teilten, zeigte er mir einige Blues-Licks. Damals lebte er bei seiner Mutter Jeannie, einer wirklich scharfen Lady britisch-indischer Herkunft, die in der Vergangenheit in Londons Windmill Theatre als Tänzerin gearbeitet hatte. Wenn sie von der Arbeit kam, wurde sie von zwei kichernden Teenagern empfangen, die ihren Spaß hatten.

Manchmal tanzte sie zu unserem Gitarrenspiel. Während mein Blick über ihren Körper glitt, wurde mein Mund immer trockener. Ich begehrte sie, doch ich hätte niemals mit meinem Freund darüber reden können. Ich wollte von ihm so viel wie möglich über das Gitarrenspiel erfahren und ihn bloß nicht verärgern. Ein Spruch wie „Ich stehe auf deine Mutter, und, ach ja, wie greift man einen F-Dominantsept-Akkord?“ wäre wohl nicht klug gewesen.

Der Einzige, mit dem ich über meine Gefühle reden konnte, war ein Kumpel namens Brian. Schon bald machte ich mich auf den Weg zu seinem Haus, um ihm von meinem sexuellen Frühlingserwachen zu berichten. Wir hockten uns in sein Zimmer, und während Brian einen Joint kurbelte, versuchte ich ihm von Jeannie zu erzählen, doch ich kam nicht zu Wort, weil Brian wortgewandt von einem Buch schwärmte. Ich hörte aufmerksam zu, als er mir von den Figuren und der Handlung erzählte. Es handelte von den USA und zog mich augenblicklich in den Bann.

Brian überreichte mir feierlich Jack Kerouacs On the Road.

Ich ging nach Hause, machte es mir in meinem Zimmer bequem und begann mit der Lektüre. Es war für mich eine unvergleichliche Offenbarung. Zum ersten Mal hielt ich ein Buch in Händen, das einen Neubeginn schilderte, das die Lust des Aufbruchs und des Reisens beschrieb – all das, was ich mir schon immer gewünscht hatte, was ich schon als kleines Kind verwirklichen wollte. On the Road handelte von Jazz, Sex, Dope und von der Hoffnung. Ich war mir sicher, in diesem ruhelosen Romantizismus die Vorlage eines Lebensentwurfes für mich gefunden zu haben, und liebte jede einzelne Seite mit zügellosem Enthusiasmus. Das Werk überragte alles, was ich bis zu dem Zeitpunkt gelesen hatte.

On the Road war das erste Buch, in dem ein Drogenrausch beschrieben wurde. Mich beruhigte die Tatsache, dass auch andere kifften und dann sogar noch Werke darüber verfassten. Schnell erkannte ich, dass der Erzähler Sal Paradise, in der Handlung ein Schriftsteller, den schwierigen, aber trotzdem magischen Dean Moriarty liebte. Ich sehnte mich nach einem Menschen in meinem Leben, der solch eine Magie ausstrahlte. Nachdem ich erst mal Dean Moriarty zu meinem Helden auserkoren hatte, überraschte mich nichts und niemand mehr. Alles schien möglich.

Durch dieses Buch inspiriert, wollte ich die USA von Küste zu Küste bereisen, immer weiter westwärts fahren, bis die Brandung des Pazifiks meine Knöchel umspülte. Ich wollte in zwielichtigen Kaschemmen mit durchgeknallten Typen kiffen, mich ohne Ziel treiben lassen, einfach die pure Lebenslust spüren und alles genießen, was ich sah und erlebte – und später dann nach Mexiko City fahren. In dem Buch wurde aus einer Reise durch die USA mit hoher Geschwindigkeit die Metapher für eine Reise ins Innerste der Psyche.

Bis zum heutige Tag gehört On the Road zu den wenigen Romanen, die ich von vorne bis hinten gelesen habe, ich hielt inne und machte weiter – drei Mal. Nach der Lektüre erkannte ich, dass ich ein „Beatnik“ bin. Oder, um genau zu sein, ganz nach dem Vorbild des Werks ein Beat werden wollte.

Jahre später erfuhr ich, dass die Figur des Dean Moriarty aus On the Road auf Neal Cassady basierte, dem Freund des Schriftstellers Ken Kesey, der den Bus der Merry Pranksters fuhr. (Die Pranksters waren eine Gruppe von Freigeistern und Suchenden, die sich 1960 um Kesey scharten.) Die Grateful Dead kannten Neal Cassady und hielten große Stücke auf ihn. In der Zukunft sollte ich mich also um eine Band kümmern, die tatsächlich einem meiner Helden begegnet war! Um mich frei entfalten zu können – und das wollte ich dringend –, musste ich die Schule aufgeben und verdammt noch mal aus Großbritannien verschwinden.

Die Aussicht, genau wie mein Vater ein Lohnsklave zu werden, erfüllte mich mit großer Angst. Soweit ich es einschätzen konnte, sahen die Lehrer in mir einen Handwerker mit großem Potenzial, vielleicht einen Klempner, der seinen Lebensunterhalt mit der Scheiße anderer verdient. Doch das wollte ich auf gar keinen Fall, vielen Dank auch! In bester Teenager-Manier suchte ich mit finsterem Blick nach Alternativen, die mir ein Leben mit einen Minimum an Arbeit ermöglichten. Tja, Lebensentwürfe, die sich auf Sex und Musik stützten, waren nicht allzu leicht zu finden, und so dachte ich an einen Job in der Unterhaltungsindustrie, denn dort gab es eben Sex und Musik – meine wichtigsten Freizeitbeschäftigungen – im Übermaß. Glaubte ich zumindest.

In der Musik, diesem schillernden Spektrum von heißen Gitarren bis zu glamourösen Frauen, lag meine Bestimmung, und dort wollte ich meine bislang unerkannten Talente verwirklichen. Das Musikgeschäft schien wie für mich gemacht zu sein. Das redete ich mir ständig ein. Dort schätzte man die Eigenschaften, mit denen ich glücklicherweise geboren wurde – natürliche Geschicklichkeit, genau die richtige Portion Charme, harte Eier wie die von King Kong, und Schultern breiter als die Strandpromenade in Brighton.

Allerdings gab ich schnell den Gedanken auf, ein Rockstar zu werden, denn das Ziel lag im Bereich des Unmöglichen. Nachdem ich einen flüchtigen Blick auf die Ansprüche des Musikbusiness geworfen hatte, merkte ich schnell, dass ich da nicht mithalten konnte. Ich war kein besonders talentierter Gitarrist und sah im herkömmlichen Sinne auch nicht gut genug aus. Außerdem wurde mir dieser Wunsch schon in einer Reihe der entsetzlichen Schulen wirkungsvoll „ausgeprügelt“.

Ich studierte die Rockstars der damaligen Ära, die überwiegend aus ärmlichen Verhältnissen stammten. Die meisten hatten vor ihrer Karriere ihre Brötchen als Straßenverkäufer, Hilfsarbeiter am Bau, Klempner oder im Straßenbau verdient, gehörten also nicht zu den Hellsten. Sie kamen, wie die Briten es so wunderschön ausdrücken, aus „bescheidenen Verhältnissen“. (Sie mögen am Anfang noch bescheiden gewesen sein, aber meine Güte, wenn sie erst auf der Bühne standen, war davon nicht mehr der leiseste Hauch zu spüren.) Diese Leute benötigten eindeutig einen fähigen Assistenten. Rockstars waren ja so zerbrechlich und sensibel – die armen Kerle –, und genau dort lag meine Chance. Ich wollte sie unterstützen und mich um sie kümmern, mit anderen Worten, eine „Nanny für Erwachsene“ werden. Die Grateful Dead machten Jahre später bei den Danksagungen für Workingman’s Dead eine treffende Anspielung auf meinen Job („Executive Nanny“).

Zu der Zeit war ich noch blauäugig und erkannte nicht, dass die Scheiße anderer Leute mein Leben auf eine albtraumhafte Art überschwemmen würde, noch lange nach der Schulzeit. Die Lehrer hatten mir ja unmissverständlich prophezeit, dass Scheiße meinen Job bestimmen werde! Als ich mich auf das Musikgeschäft einließ, wurden die Probleme der anderen unausweichlich zu meinen eigenen, was es das Sprichwort audrückte: „Es ist immer die gleiche Scheiße, nur mit anderen Fliegen!“ Außer ihnen die Ärsche abzuwischen und die Zähne zu putzen, habe ich wirklich alles für die Musiker gemacht. (Allerdings sollten Chrissie Hynde und Marianne Faithfull in Deutschland merken, dass ich eine deutliche Grenze ziehe. Ich werde niemals in einem fremden Land Hygieneprodukte für Frauen kaufen, wenn ich der Sprache nicht mächtig bin!)

Früher jedoch faszinierten mich all die Millionen Einzelheiten und Details, die man beachten musste, um ein erfolgreiches Konzert auf die Beine zu stellen. Dort – an vorderster Front – wollte ich mein Feldbett aufstellen und für eine erfolgreiche Produktion kämpfen. Schnell entwickelte ich in Bezug auf die Arbeit einen starken Realitätssinn, da vor allem die Musiker meist nicht wussten, auf welchem Planeten sie gerade schwebten, ganz davon abgesehen, was der Begriff „realistisch“ überhaupt bedeutet. Sie hatten sich diesen Job ausgesucht, um ihre Träume wahrzumachen und sich nicht mit den unbedeutenden Nichtigkeiten des ganz normalen Lebens rumzuschlagen. Ihre Devise lautete: „Die Realität ist was für Leute, die nicht mit Drogen umgehen können.“

Ich erreichte mein Ziel, wurde persönlicher Tourmanager und begleitete zwei der größten Bands aller Zeiten: die unsterblichen Rolling Stones aus Großbritannien, bei denen Keith („The Man That Death Forgot“) Richards den Ton angab, und die legendären Grateful Dead aus Kalifornien, bei denen ein eher langsamer und zögerlicher Jerry („The Tainted Saint“) Garcia den Weg wies. Ich bin der Einzige, der für beide Bands in dieser Funktion gearbeitet und trotz aller widrigen Umstände überlebt hat, um meine Geschichte zu erzählen. Man muss sicherlich nicht betonen, dass hier das launenhafte Schicksal eine wichtige Rolle spielte, aber Moment mal – ich erzähle jetzt schon zu viel.

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