Kitabı oku: «Kartellrechtliche Innovationstheorie für digitale Plattformen», sayfa 11

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bb) Zufall im monopolistischen Wettbewerb

Der Ausgang der unternehmerischen Pionieranstrengungen kann unbestimmt und zufallsbedingt sehr unterschiedlich sein. Im Erfolgsfall setzt sich die neue Kombination durch und wird nachgefragt, anderenfalls scheidet sie aus dem Fundus möglicher Angebote aus. Die durchgesetzte Entwicklung wird dem Unternehmen die Möglichkeit geben, monetäre Vorteile in Form von Profiten zu erlangen.377 Dies führt nach Schumpeter dazu, dass das Pionierunternehmen im Hinblick auf diese Leistung zum Monopolisten wird, weil es diese als einzige anbietet und verkauft.378 Das durch unternehmerische Leistungen zu erreichende Monopol kann also eine positive Anreizwirkung haben, um überhaupt Investitionen und Aufwand an die Entwicklung von Innovationen zu binden.379 Der Annahme des vollkommenen Wettbewerbs setzt Schumpeter damit bereits die des monopolistischen Wettbewerbs entgegen, bei dem es dem Unternehmer um die mindestens zeitweilige Erlangung eines Monopols geht.380

Die Erreichung einer profitbringenden Stellung in diesem monopolistischen Wettbewerb ist stark von Umständen geprägt, auf die Unternehmen keine oder nur geringe Einflüsse haben. Hierzu zählen die Akzeptanz durch andere Wirtschaftsteilnehmer, die sich vor allem in der Abnahmebereitschaft ausdrückt, also der Bereitschaft ein bestimmtes Angebot zu einem bestimmten Preis nachzufragen. Die Preisbildung ist von Angebot und Nachfrage abhängig. Sie kann je nach den derzeitigen Verhältnissen am Markt schwanken. Besteht eine hohe Nachfrage nach einem Gut, kann ein Unternehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit einen für sich besseren Preis verlangen. Die Nachfrage kann stark von äußeren Umständen beeinflusst werden, wie zum Beispiel Güterknappheiten aufgrund von Krisen oder menschlich veranlasstes Verhalten. Durch die sich zunehmend verbesserte Informationslage sowie Mittel der Informationsverarbeitung können Unternehmen zwar Wissenslücken abbauen. Jedoch bleibt aufgrund der Zufallselemente im Wettbewerb stets eine Ungewissheit über den Ausgang und Erfolg der Pionieranstrengungen.

cc) Bestreitbarkeit im monopolistischen Wettbewerb

Lange unklar blieb die wettbewerbsökonomische Frage, ob Innovation durch Monopole begünstigt oder behindert werden.381 Die Antwort hierauf kann für die weitergehende kartellrechtliche Bewertung von Bedeutung sein, nämlich bei der Einordnung der bei digitalen Plattformen auftretenden Netzwerkeffekte und damit einhergehender Kostenvorteile. Schumpeter argumentierte, dass die absolut wie die relativ zunehmende Unternehmensgröße sich positiv auf Forschung und Entwicklung abzielende Tätigkeiten auswirke.382 Produktinnovationen könnten also durch monopolistische Tendenzen und damit einhergehende Effizienzvorteile des Unternehmens hiernach gefördert werden.383 Entsprechend ähnlich sehen Dewenter/Rösch die Anreize für innovative Tätigkeiten bei digitalen Plattformen deshalb besonders hoch, weil diese dabei Netzwerkeffekte besser für sich ausnutzen können.384 Demgegenüber sah Arrow vor allem Preiswettbewerb als vorranging innovationsfördernd an, der aber durch monopolistischen Wettbewerb verringert würde.385 Dies wird durch Empirie gestützt, dass etablierte Unternehmen mit einer starken Marktstellung und wenig Wettbewerbern weniger zu Investitionen und Innovationen neigen.386

Allerdings schließen sich diese beiden Ansichten nicht gegenseitig aus, sondern können auf zwei Weisen miteinander kombiniert werden.387 Zum ersten können sie im Zusammenhang mit den oben beschriebenen unsteten Wellen der schöpferischen Zerstörung die sich ständig abwechselnden und gegenseitig bestreitenden Schaffens- und Ausbeutungsperioden darstellen und beschreiben. Dies kann jeweils auf diesen Bewegungen basierende tatsächliche Feststellungen rechtfertigen, an denen sich entsprechende wettbewerbliche Wertungen des materiellen Kartellrechts anschließen. So könnten je nach Beweglichkeit und tatsächlicher Bestreitbarkeit der einzelnen sich darstellenden Verhältnisse unterschiedliche Ergebnisse im Hinblick auf die wettbewerbliche Entwicklung eines Zusammenschlusses oder die Auswirkungen einseitiger Maßnahmen eines Marktbeherrschers oder Abstimmungen mehrerer Unternehmen geschlussfolgert werden. Es ließen sich also rechtliche Feststellungen über die herrschende Wettbewerbsintensität anstellen.388 Dabei können im Hinblick auf beide Ansichten unterschiedliche wettbewerbliche Bedingungen hinsichtlich Produkt- und Prozessinnovationen beobachtet werden.389 Bei Produktinnovationen werden Anreize zur Innovation durch Wettbewerb nicht gehemmt, während dagegen starker Wettbewerb die Durchsetzung von Prozessinnovationen einschränken könnte.390 Zweitens kann aus dem gegenseitigen Bestreiten ein Rückschluss auf das tatsächliche Bestehen von Wettbewerb geschlossen werden. Insofern kann sich aus dem vermeintlichen Widerspruch zwischen Schumpeter und Arrow bereits eine wesentliche Voraussetzung des Wettbewerbs ergeben, die auch für das Kartellrecht wichtig ist, nämlich die Bestreitbarkeit im Sinne einer Offenhaltungsfunktion.391

c) Entdeckungsverfahren und Wissen

Eine weitere These der klassischen Wettbewerbstheorien und dem damit zusammenhängenden Konzept des vollkommenen Marktes ist das der bereits erwähnten vollständigen Markttransparenz, aufgrund derer die Wirtschaftsteilnehmer immer diejenigen Optionen auswählen, die ihnen den meisten Profit einbringen werden.392 Bislang wurde die Möglichkeit einer vollständigen Information als bloße Fiktion angezweifelt.393 Diese Zweifel definierte wiederum schon von Hayek zum bestimmenden Charakteristikum des Wettbewerbs, indem er diesen als „Entdeckungsverfahren“ beschreibt, innerhalb dessen das Handeln der den Wettbewerb Aufnehmenden gerade von der Unwissenheit über wesentliche Umstände getrieben wird.394 Nach Kirzner entsteht der Marktprozess und in der Folge auch Wettbewerb aus den Wirkungen, die wiederum aus der anfänglichen Unwissenheit der Marktteilnehmer resultieren.395 Denn Wissen werde in diesem Zusammenhang durch die Unternehmer im Wettbewerb ständig neu verwertet und in Zusammenhänge gestellt.396 Wissen und Unwissen beschreiben also die Herausforderung der Teilnehmer im Wettbewerb, die für sich besten Entscheidungen zu treffen und sich durch Innovation gegeneinander abzugrenzen und voreinander hervorzutun. Dies geschieht durch Testen der Informationen, die Unternehmen im Wettbewerb erhalten.397 Sie allein verfügten demnach über die Fähigkeit, bislang nicht ausgenutzte Gelegenheiten im Wettbewerb zu erkennen – also Wissen zu Entdecken – und damit den bisherigen Gleichgewichtszustand des Wettbewerbs als Illusion aufzudecken.398 Digitale Plattformen verfügen aufgrund ihrer Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung über besonders gute wettbewerbliche Möglichkeiten zur Erlangung von Wissen.

aa) Spontane Ordnungen

Dies knüpft an die bereits erwähnten Unsicherheiten und die Relevanz des Zufalls im Wettbewerb an, indem hiernach das Überwinden der äußeren Umstände des Unwissens als wettbewerbsprägend angesehen werden. Das Fehlen vollkommener Informationen ist also nicht Mangel, sondern Bedingung des Wettbewerbs, da die teilnehmenden Wirtschaftssubjekte hierdurch überhaupt erst ihre eigenen Zwecke im Wettbewerb definieren können.399 Entdeckt und erklärt werden sollten bei diesem Verfahren Tatsachen, die bislang entweder unbekannt oder ungenutzt waren.400 Das Wissen über den und im Wettbewerb sei in tatsächlicher Hinsicht ungleichmäßig und zufällig verteilt, sodass nicht von einer vollständigen Information aller Teilnehmer am Wettbewerb ausgegangen werden kann.401 Vielmehr müssen sich diese ihr Wissen und ihre Kenntnisse über den Markt an sich zunächst und anschließend über die vorhandenen Bedürfnisse aktiv erschließen. Hierdurch entstehe eine spontane Ordnung, die von Hayek als Katallaxie bezeichnet, nicht planmäßig verwendete Mittel im Sinne einer einheitlichen Zielhierarchie.402 Allerdings lässt sich diese Ordnung nicht im normativen Sinne als etwas verstehen, das so zu sein hat oder sich bestimmen lässt. Eher noch würden einige dieser Ordnungszustände unter relativer Betrachtung sogar als Chaos wahrgenommen, in dem der Zufall über Krise und Gelegenheit regiert.403 Stattdessen werden die Ziele der spontanen Ordnung durch die vielfältigen und gegensätzlichen Ziele ihrer Beteiligten vorerst ohne eine spezifische Rangfolge bestimmt, auf deren verstreutes Wissen sie zugreifen kann.404

Diese Ordnung kann in verschiedenen Graden verwirklicht werden, stellt also kein zu erreichendes oder statisches Gleichgewicht dar, sondern lässt sich allenfalls wertend über ihren Erfüllungspegel betrachten. Sie ist relativ zwischen den einzelnen Wirtschaftsubjekten und denjenigen, die Wissen über sie erlangen. Sie manifestiere sich in einem hohen Maß an Befriedigung der Erwartungen der Beteiligten, was durch negative Rückkoppelung erfolge, die bereits in der Verbesserung der Chancen im Wettbewerb liegen kann oder durch eine Verfestigung in Tradition.405 Festhalten lässt sich jedenfalls aus diesen Erkenntnissen bereits, dass Wettbewerb sich selbst in Bezug nimmt und einer eigenständigen Ordnung unterworfen ist, die von seinen Teilnehmern definiert und ständig neu gesetzt wird.406 Gleichzeitig ist diese Ordnung nicht als solche vollständig feststellbar, sondern immer nur in einzelnen wahrnehmbaren Ausschnitten, denen man sich über die nicht exakten Methoden der Wirtschaftswissenschaften jeweils annähern kann.407 Wirtschaft ist nach Podszun in konkreten Funktionszusammenhängen erklärbar, also nach Ursache und Wirkung, die aus diesem Chaos der katalaktischen Ordnung herausstechen und wahrgenommen werden.408 Eine Erklärung ohne diese konkreten Zusammenhangsbezüge, also abstrakt ist danach aufgrund des fehlenden universalen Wissens nicht möglich. Innovation kann dabei abhängig vom Betrachtungswinkel ein Element einer spontanen relativen Ordnung darstellen, aber ebenso Ausdruck des Chaos’ sein.

bb) Unpersönlicher Veränderungszwang

Besonders an diesem Ansatz des Entdeckungsverfahrens ist die weitere Beschreibung der Motivation wirtschaftlicher Tätigkeit in Bezug auf Wettbewerb. Das beschriebene Entdeckungsverfahren hänge mit einer Art „unpersönliche[m] Zwang zur Verhaltensänderung“ zusammen.409 Das bedeutet, dass sich die anderen Beteiligten im Wettbewerb notwendig veranlasst sehen können, einen Entdecker nachzuahmen, wollen sie nicht abgehängt werden, gleichzeitig der Entdecker aber dieser Nachahmung zu entfliehen versucht.410 Dieser Ansatz stellt nicht mehr den Unternehmer und seine Persönlichkeit in den Mittelpunkt der Erklärungsversuche bezüglich eines dynamischen Wettbewerbs, sondern dessen Suche nach Wissen und damit wiederum einer spontanen relativen Ordnung.411 Zwar lassen sich die Pionierleistungen und die Entdeckungen im Hinblick auf ihren Bezug zu den Veränderungen vergleichen. Auch neu entdecktes oder wiederentdecktes ungenutztes Wissen kann insofern mit den neuen Kombinationen verglichen werden, sodass dieser Erklärungsansatz in eine Richtung mit denen Schumpeters geht. Der Schwerpunkt dieses Erklärungsansatzes liegt indes nicht in der Frage, wer mit welchen Mitteln die Entwicklung anstößt und was damit vorhat, sondern wie dies überhaupt erfolgt. Wissen ermöglicht gezieltes Steuern der wettbewerblichen Handlungen der Unternehmen.412 Damit wird Innovation über das sie auslösende Handeln des Unternehmertums hinaus zu einem den Wettbewerb prägenden Umstand, indem sie einerseits seine Ergebnisse darstellen kann, andererseits Ausdruck seines eigenen Wissensschaffungsprozesses ist. Arndt sieht zwar die Informationsgewinnung als nicht allein ausschlaggebend für die Erklärung des Wettbewerbs, da nicht allein das Wissen zu finden maßgeblich sei, sondern sein Verwenden beim ständigen Kräftemessen.413 Allerdings erkennt er die gesellschaftliche Wirkung des Wettbewerbs als Prozess der Bildung menschlicher Gesellschaft. Indem Menschen ein Raum zu individuellen Bildung und Abgrenzung gegeben wird, können sie sich ihm zufolge aus einer gefügigen Herde und einer unterschiedslosen Masse lösen.414

Das wettbewerbliche Entdeckungsverfahren und gefundenes Wissen können zu Veränderungen beitragen und damit Innovationen fördern.415 Es lässt sich deshalb an dieser Stelle zwischen allgemeiner (außer-wettbewerblicher) Innovation und der besonderen Innovation im wettbewerblichen Zusammenhang differenzieren. Letztere als Gegenstand dieser Untersuchung zeichnet sich dann durch das Entdeckungsverfahren über neue Möglichkeiten zur wettbewerblichen Entfaltung und Wahrnehmung dieser neuen Möglichkeiten aus. Unterschiedlich danach, in welchem Umfeld dieses Wissen erlangt wird, lässt sich von internen oder externen Innovationen sprechen.416 Wird eine Entwicklungsmöglichkeit oder eine zukünftige Handlungsoption „innerhalb“ eines Unternehmens entdeckt oder erfolgt sie aufgrund eines Suchprozesses zur Erfindung, so kann es sich hiernach um eine interne Innovation handeln.417 Das Unternehmen wird dann durch seine aktive Gestaltung innovativ. „Außerhalb“ des Unternehmens gefundenes Wissen könne dagegen Ursprung einer externen Innovation sein, indem das Unternehmen reaktiv innovativ wird, indem es eine Gelegenheit wahrnimmt. Dies gleicht einer Zurechnung von Innovationen nach Sphären. Bei den internen Innovationen wird das Wissen zudem zeitlich „vor“ den Wettbewerbern erlangt, bei den externen Innovationen wird das Wissen erst „im“ Wettbewerb erlangt. Eine Abgrenzung lässt sich hier nicht genau ziehen und wird häufig von der gewillkürten Unternehmensstruktur abhängen. Auch die Frage nach der Wirkung des jeweiligen unpersönlichen Zwangs zur Verhaltensänderung kann hier keinen Aufschluss geben, da ebenso die Motivation zur Suche nach Wissen innerhalb des eigenen Unternehmens durch externen Druck ausgelöst werden kann. Die Differenzierung zwischen internen und externen Innovationen weist vielmehr auf eine weitere Besonderheit des Wettbewerbsprozesses als Entdeckungsverfahren hin, nämlich die Verborgenheit des Wissens vor seinem Auffinden.418 Wettbewerblicher Erfolg in diesem Suchprozess zeichnet sich danach aus, welches Unternehmen schneller und besser Wissen erlangt und gewinnbringend umsetzt. Bei einer internen Innovation bleibt das Wissen weiterhin vor den Wettbewerbern verborgen. Ein außerhalb des Unternehmens gefundenes Wissen steht dabei möglicherweise auch anderen Unternehmen zur Verfügung. Durch die Preisgabe von Wissen kann eine interne Innovation für andere Unternehmen zur externen Innovation werden. Die Unterscheidung zwischen internen und externen Innovationen kann wiederum im Zusammenhang mit dem wettbewerblichen Wirken digitaler Plattformen bewertet werden. Denn soweit diese es schaffen, den Wettbewerb um einen Markt für sich zu entscheiden, können sie den Suchprozess zur Innovation internalisieren.

cc) Unwissens-Dilemma der spontanen Ordnungen

Allerdings hielt von Hayek einen Nachweis über die Wirksamkeit und Intensität des Entdeckungsverfahrens nicht für möglich.419 Dies liege vor allem darin begründet, dass eine Beurteilung der Entdeckung und ihrer Ergebnisse nicht ex ante vorgenommen werden könne, sondern erst im Falle oder nach dem Grade ihres Eintretens vorgenommen werden kann.420 Weiterhin sei es nicht möglich, ein einzelnes Produkt aus der Summe der erfüllten Erwartungen zu bilden, da die spontane Ordnung einer Vielzahl an gegenläufigen Zielen dient und keine Gewichtung vorgegeben sei.421 Es sei stattdessen lediglich eine vergleichende historische Untersuchung anhand bereits vorhandener Informationen über den Ausgang und damit auch über Innovation möglich.422 Zudem kann eine Berechnung des Optimums nicht anhand eines zu erreichenden Ziels vorgenommen werden. Sowohl die Ordnung als auch das Optimum sind demnach unklar. Denn wenn wie dargestellt die Ziele der spontanen Ordnung durch ihre vielfältigen und gegensätzlichen Partikularziele der Beteiligten ausgemacht werden, kann es kein allgemeines übergeordnetes, maßstabgebendes Ziel geben. Damit stellt sich auch hier das Problem der Feststellbarkeit über den Grad oder Wert der mit dem dynamischen Wettbewerb verbundenen Vorteile. Für die Zwecke dieser Untersuchung lässt sich aber festhalten, dass das Entdeckungsverfahren eine Zukunftsgewandtheit beinhaltet und das Wissen über diese Zukunft und seine Entwicklungen zum Gegenstand hat. Es besteht aber auch ein Gegenwartsbezug in der Form, dass diejenigen Informationen über derzeit laufende wettbewerbliche Prozesse regelmäßig vielen Unternehmen nicht bekannt sind.423 Podszun sieht damit Wissen als immer unvollständig und damit Unwissen bleibend.424 Damit ist die Einsicht gemeint, dass ein vollständiges Wissen nie möglich sein wird, sondern es immer nur den Versuch einer Annäherung geben kann. Spontane Ordnungen entstehen dabei, wenn ein Unwissen in Wissen umgewandelt wird, was durch Innovationen erfolgen kann. Innovation ist damit auch Wissen um eine Position in dieser Ordnung, mit der sich ihr Inhaber von anderen abhebt und nach der andere Unternehmen ebenso streben. Im Rahmen des Suchprozesses nach ständig neuem Wissen kann es zu der bereits beschriebenen schöpferischen Zerstörung im Wettbewerb kommen.

dd) Aufmerksamkeit im Wettbewerb und Dynamik

Als Gegenpol zum Suchprozess des Wettbewerbs lässt sich die Wahrnehmung von Informationen anführen. Nicht allein das Suchen und Finden neuen Wissens durch den Unternehmer ist nämlich im Wettbewerb ausschlaggebend. Entscheidungen im Wettbewerb werden von einzelnen Personen auf der Basis des ihnen zur Verfügung stehenden Wissens getroffen. Dieses Wissen verschaffen sie sich selbst oder werden durch Dritte darüber in Kenntnis gesetzt. Entscheidungsträger sind aber nicht nur die Unternehmer, sondern auch deren Abnehmer, die Marktgegenseite und die Endkonsumenten. Im Wettbewerb ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Informationen verdeckt sind und nicht gleichmäßig zur Verfügung stehen. Sie müssen erst noch entdeckt werden. Erfolgreiches Vordrängen eines Pioniers liegt also in der Verwertung von Informationen und nicht allein in der Anpassung.425 Ebenso werden Informationen für die Endkonsumenten verfügbar gemacht.

Im Rahmen der technologischen Entwicklungen der Digitalwirtschaft haben Informationen eine zunehmende Bedeutung gewonnen. Dies hängt nicht allein mit der Anerkennung zusammen, dass die Wirtschaftsteilnehmer nicht wie noch in den klassischen Theorien vertreten allwissend und rational sind. Das Wissen selbst und seine Vermittlung wird ebenso zum Gegenstand des Wettbewerbs.426 Es kommt nicht allein darauf an, wer im Suchprozess als erstes Wissen erlangt hat, sondern wer dieses bestmöglich für sich oder andere verwertet, also als Pionier wahrgenommen wird.427 Die Information des Einzelnen oder ganzer Gruppen wird notwendig, um diesem eine Entscheidungsgrundlage zu verschaffen, damit diese wiederum Entscheidungen am Markt treffen können, womit sich die qualitative Selektionsfunktion des Wettbewerbs darstellt.428 Das erfordert aber wiederum einen ständigen Informationsaustauschprozess über die zur Verfügung stehenden Angebote und die möglichen Nachfragen. Wissen im Wettbewerb wird dabei nicht nur entdeckt, sondern auch geteilt. Beides kann für die verschiedenen Akteure Lernprozesse eröffnen, wodurch Wissen im Wettbewerbsprozess „diffundiert“ oder verändert wird, aber auch selbst Veränderungen auslösen kann.429

Dies weist auf einen ständig unterschätzten Faktor hin, der im Zusammenhang mit digitalen Plattformen bislang nur unzureichend berücksichtigt wird. Denn diese können im Informationszeitalter mit seinen zahlreichen verfügbaren Informationen die wichtige Aufgabe übernehmen, diese zu bündeln und zu einem gewissen Grad vorsortiert zu vermitteln. Wettbewerb ist nicht nur ein Entdeckungsverfahren, sondern auch ein Erklärungsverfahren.430 Das bedeutet, dass gefundenes Wissen nicht stets allgemein geheim bleibt oder nur von den Unternehmen für sich allein verwertet wird. Wollen sie ihre Entdeckung wirtschaftlich günstig für sich auswerten, so bleibt ihnen zum einen häufig nichts Anderes übrig, als ihr Wissen über die Entdeckung mit anderen zu teilen. Zum anderen kann dies Teil der gewollten Wettbewerbsstrategie sein, nämlich das gewonnene Wissen zu verwerten. Für die bislang das Wissen nicht innehabenden anderen Wettbewerbsteilnehmer kann dies der Anlass sein, dem Entdecker-Unternehmen ihre Aufmerksamkeit zu schenken, um dann mit Informationen und Wissen belohnt zu werden. Gleichzeitig übernehmen digitale Plattformen die Aufgabe von Informationsvermittlern und entlasten ihre Nutzer von dem Aufwand, selbst die für sie wichtigen Informationen zu suchen. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass nicht nur von fehlender vollständiger Rationalität der Wirtschaftssubjekte auszugehen ist, sondern mehr noch von dynamisch nachlassenden kognitiven Fähigkeiten und Motivationen zur Informationsverarbeitung und -gewichtung.431 Damit steht anders als bei den klassischen Wettbewerbstheorien nicht der umfassend wissende und rational handelnde homo oecomicus im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern ein nach den Umständen des Einzelfalls relativ unwissender und darauf seine Entscheidungen stützender Wirtschaftsteilnehmer.432 Dies bringt für den weiteren Verlauf dieser Untersuchung die Erkenntnis mit sich, dass es kein absolutes Wissen gibt, sondern dieses stets relativ ist.433

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