Kitabı oku: «Der Mensch und seine Grammatik», sayfa 12

Yazı tipi:

The relevant prominence scales are:

1 morphological case marking (nominative > accusative / ergative > nominative)

2 argument order (argument 1 > argument 2)

3 animacy (+animate > −animate)

4 definiteness/specificity (+definite/specific > −definite/specific)

5 person (1st/2nd person > 3rd person)20

Die einzelnen Faktoren der Hinweisreiztypen sind dabei skalar angeordnet, zum Beispiel 1/2>3 beim Typ Person. In dem Modell wird (erneut metaphorisch) davon ausgegangen, dass sich die Hinweisreize bei der inkrementellen Interpretation eines Satzes in einem „Wettbewerb“ befinden. Der Hinweisreiztyp, der einer Interpretin am ehesten erlaubt, einem Satzglied die AgensAgens-Rolle zuzuschreiben, gewinnt die Competition. Ohne Skala keine Competition. Die Qualität der neurophysischen Effekte bei Konfrontation mit einem dieser ReizeReiz soll dabei unabhängig davon sein, ob er der sprachlichen Formseite angehört, also der sprachlichen Eigenstruktur, oder der Inhaltsseite, also der Vorstellungswelt, die durch Formen vermittelt ist. Wie schon im Competition Model verschwimmt auch hier die Grenze zwischen Hinweisen der sprachlichen Eigenstruktur und solchen, die sich bereits aus unserer Vorstellungswelt ergeben. Die neurophysischen Effekte der Interpretinnen, die hier gemessen und von Neurolinguisten wiederum interpretiert werden, treten dabei in einem Zeitfenster von etwa 150 bis 1000 Millisekunden nach Konfrontation mit dem sprachlichen Reiz auf. Es handelt sich dabei also um interpretative Aktivitäten im automatischenAutomatismus und RoutinemodusRoutine, Routinisierung. Die neurolinguistische Interpretation dagegen ist DeutungsarbeitArbeit.

2.4.3 Zurückhaltung bezüglich der instruktiveninstruktive Mittel Mittel

Die Meinungen über das Verhältnis der eigenstrukturellen Mittel zueinander gehen relativ weit auseinander. Was sich herauszukristallisieren scheint, ist die VerbindlichkeitHinweisverbindlich von KasusKasus- und KongruenzformenKongruenz, wenn sie denn anwendbar, das heißt unterscheidbar sind. Ebenfalls außer Frage stehen sollte, zumindest für die hier betrachteten Sprach(stuf)en, dass die Kasus- und Kongruenzmorphologie sowie die Reihenfolgeregelungen angesichts ihrer PertinenzPertinenz für die Interpretation nicht unabhängig voneinander in einer Sprach(stuf)eSprach(stuf)e ausgeprägt sind. Doch schon bei dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beiden instruktiven Mitteln stehen wir vor Meinungsverschiedenheiten oder Unklarheiten. Verschiedener Meinung ist man auch über das historische UrsacheUrsachefür Sprachwandel-Wirkungsverhältnis zwischen Morphologie und Reihenfolge, selbst dann, wenn man über dieselben Sprachen spricht.

Unklar sollten wir uns darüber sein, ob die Kompensationsleistung, die die Reihenfolge im MittelenglischenMittelenglisch angesichts der schwach ausgeprägten morphologischen Unterscheidungen übernehmen kann, automatisch auch für andere Sprach(stuf)en mit ähnlich aussageunkräftigen morphologischen Unterscheidungen erwartbar ist.

Das Competition Model lässt uns im Dunkeln darüber, was passiert, wenn zwei leistungsstarke Hinweisreize – sagen wir, die Reihenfolge und der Kasus im Mittelenglischen – widersprüchliche Hinweise liefern. Oder ist das nicht zu erwarten? Wenn es nicht zu erwarten ist, warum nicht?

Die lokalelokale Betrachtungsweise Betrachtungsweise lehrt uns aber, dass wir es uns aus der globalenglobale Betrachtungsweise Perspektive möglicherweise zu leicht machen, wenn wir die Leistungsfähigkeit oder cue validity oder den instruktiven Wert eines Hinweisreizes, zum Beispiel der Elementreihenfolge, einer Sprach(stuf)e zuschreiben – wie immer man sich das vorstellen soll – und ihr die Leistungsfähigkeit eines anderen Hinweisreizes rundweg absprechen. Was nämlich gegen Aussagen spricht wie „Im Deutschen regeln bei der Interpretation KasusKasus und KongruenzKongruenz, wasWas steht womit in welcher Beziehung? womit in welcher Beziehung steht“, ist, dass man nicht lange nach Äußerungen im Deutschen suchen muss, für die dies nicht zutrifft, weil die entsprechenden Hinweisreize nicht aussagekräftig sind. Und umgekehrt ist man möglicherweise mit einer Aussage wie „Im Deutschen regelt die Reihenfolge nicht, was womit in welcher Beziehung steht“ dann genau für solche Äußerungen auf dem Holzweg, wo das eben doch der Fall ist. Hier besteht die reelle Möglichkeit, dass der instruktive Wert der Reihenfolge davon abhängig ist, ob eine Äußerung morphologisch mehrdeutigmehrdeutigmorphologisch ist oder nicht. Dies zeigen uns die nicht unkluge, falsche Übersetzung von Martinet und die Idee der gewichteten cue validities im Competition Model. Wir sollten daher vorsichtig gegenüber zu starken Verallgemeinerungen über die instruktiven Mittel sein und stattdessen genau diese Fragen an unseren Bibelübertragungen untersuchen. Die lokalelokale Betrachtungsweise OnlineOnline-Betrachtungsweise-Perspektive führt uns vor Augen, dass Interpretinnen nicht mit abstrakten beziehungsweise idealen Gebilden wie Sprach(stuf)en konfrontiert sind, mit denen wir es bei globalen Betrachtungsweisen zu tun haben, sondern mit konkreten Äußerungen. Meine Maxime wird also sein, über die Einzeläußerungen zu gehen, wenn ich überhaupt etwas Globalesglobale Betrachtungsweise über die Nutzung instruktiver Mittel sagen möchte. Welchen instruktiven Wert sie unter welchen Umständen in welcher Sprach(stuf)e haben, wird sich dann aus der Studie ergeben. Bis hierhin habe ich zu zeigen versucht, was sprachliche Eigenstrukturen nötig macht und aufgrund welcher eigenstrukturellen Aspekte Interpretinnen unseren exemplarischen Vers Johannes 19, 27 im Neuhochdeutschen, Mittelhochdeutschen und Mittelenglischen verstehenverstehen, aber im Hochalemannischen missverstehen konnten. In unseren neutestamentlichen Texten haben wir die Äußerungen, die Hinweisreize und wir kennen die richtige Interpretation.1 Wir können also immer nachvollziehen, ob und wie eine Interpretin aufgrund der vorhandenen oder nicht vorhandenen Hinweisreize zur richtigen Interpretation gelangen kann. Von welchem konkreten Hinweisreiz sie allerdings tatsächlich Gebrauch macht, wenn mehrere oder keine in einem Teilsatz vorhanden sind, können wir allerdings nicht feststellen, weil wir keine zeitlich an Hinweisreize gekoppelten Daten über die Online-Interpretation unserer Bibeltexte haben. Wie anwendbar, das heißt verfügbar, und zuverlässigHinweiszuverlässig ein Hinweisreiz ist, lässt sich aber ermitteln. Nach Überprüfung aller Äußerungen werde ich mich daran versuchen, Gewichtungen zwischen den Hinweisreizen vorzunehmen und allgemeinere Aussagen über sie zu treffen bis hin zu einem Erklärungsversuch in Kapitel 4.

Die psycho- beziehungsweise neurolinguistischen Modelle geben uns auch dahingehend einen Wink, mit welchen InterpretationsautomatismenAutomatismus oder -routinenRoutine, Routinisierung wir jenseits eigenstruktureller Hinweisreize rechnen können, wenn es um die Interpretierbarkeit von morphologisch und syntaktisch mehrdeutigen Äußerungen geht: BelebtheitBelebtheit, Definitheit, Person. Diese spielen offensichtlich in den globalenglobale Betrachtungsweise Betrachtungsweisen gar keine Rolle. Die OnlineOnline-Betrachtungsweise-Betrachtung interpretativer Aktivität erlaubt darüber hinaus auch Aufschlüsse darüber, wann in einer Äußerung und bei Konfrontation mit welchen Äußerungsbestandteilen sich bei der Interpretation etwas tut und wann nicht.

2.4.4 Die zu untersuchenden Sprach(stuf)eSprach(stuf)en

Ich gehe nun von der übereinzelsprachlichen Betrachtung zur Betrachtung der Sprach(stuf)en über, die ich analysieren werde. Die entsprechenden Grammatikbeschreibungen gehen – meistens implizit – davon aus, dass unterscheidbare KasusKasus- und KongruenzformenKongruenz zuverlässige und verbindliche Hinweise darauf geben, was in einer Äußerung womit in welcher Beziehung steht. Expliziter sind sie in Bezug auf die kombinatorischen, positionalen beziehungsweise Reihenfolgeregelungen, weil deren Nutzung als instruktivesinstruktive Leistungen Mittelinstruktive Mittel weniger selbstverständlich und weniger vorhersagbarVorhersage ist. Das gilt sowohl für die Reihenfolgen zwischen Subjekten und Objekten als auch für die zwischen mehreren Objekten.

Für das AltenglischeAltenglisch wird noch keine Nutzung der Reihenfolge als instruktives Mittel angenommen.

In the actor-action-goal construction […], Old English used taxemes of selection (inflected forms) to distinguish between actor (subject) and goal (object) […]. The development of English has been away from the use of taxemes of selection with non-distinctive and connotative word-order, toward the use of taxemes of order operating practically without the aid of other devices. The patterns the Modern EnglishNeuenglisch use seem to have been established by the middle of the 15th century.1

In Old English […] the order of the words in such sentences [i.e., actor – action – goal constructions – SK] has no bearing whatever upon the grammatical relationships involved. Taxemes of selection [i.e., inflected forms – SK] do the work, and word-order is non-distinctive and connotative. […] [T]axemes of selection – the nominative case form […], the accusative case form […] – signal the ‘subject’ and ‘object’ relationships.2

Obwohl sich das Altenglische aufgrund seiner unterscheidbaren KasusformenKasus eine beliebige Reihenfolge zwischen den Objekten leisten könnte, weist es eine Tendenz auf.

Even in Old English the dative-object usually appears before the accusative-object. This is especially true of the pronouns, with the dative-object coming first in 82.8 % of the instances.3

Zu anderen Verhältnissen und keiner erkennbaren Tendenz kommt Koopman, der sich solche Objekte angeschaut hat, die als Substantivgruppen („full NP“) auftreten.

In fact, Koopman (1990) finds that 46 % of O[ld] E[nglish] double-object constructions with two full NP objects are D[irect] O[bject] – I[ndirect] O[bject].4

Noch in altenglischer Zeit befanden zuerst dänische, später französische Nordmänner England für geeignetes Siedlungsgebiet. Sie brachten den Einheimischen ihre eigenen Sprachen, das Altnordische beziehungsweise normannische Französisch, mit und besetzten die entscheidenden Stellen in der Regierung, der Rechtsprechung und in der Kirche. Einheimische, die in der Folge etwas mit zivilisiertem Leben zu tun haben und an prosperierendem Handel teilhaben wollten, mussten mit den NormannenNormannen verkehren. Dabei bildete sich ein stark gewandeltes MittelenglischMittelenglisch heraus.5

This [Old English – SK] system did not survive intact into M[iddle] E[nglish]. It appears that interaction with Norse encouraged inflexional loss, and the O[ld] E[nglish] conventions of word-order, whereby predicator/object and subject/predicator positioning had become stylistically formalised in particular clause-types, became more fixed to take over the task originally performed by inflexions. The P[resent] D[ay] E[nglish] pattern was largely established by the end of the M[iddle] E[nglish] period.6

Es ist allerdings auch möglich, dass diese Kontaktsprachen Entwicklungen, die im Altenglischen bereits begonnen hatten, bloß stark beschleunigten.7 Was die Freiheit bei der Reihenfolge der Objekte betrifft, so war sie um den Zeitpunkt herum, als das Team Wycliffe das Neue Testament übersetzte, zugunsten der Reihenfolge indirektes Objekt – direktes Objekt restlos aufgelöst. Die Reihenfolge DO – IO war ab dieser Zeit ausgeschlossen.8 Damit war die Möglichkeit verloren, die Rezipientenrolle, die normalerweise durch ein indirektes Objekt ausgedrückt wird, nach der PatiensrollePatiens, das heißt dem direkten Objekt, zu realisieren. Gleichzeitig entwickelte sich aber eine weitere Ausdrucksvariante, die im Altenglischen – wenn überhaupt – nur marginal verwendet wurde: die eines direkten Objekts zusammen mit einem Präpositionalobjekt. Die Rolle des RezipientenRezipient (semantische Rolle) konnte nun prototypisch mit der Präposition to als Präpositionalobjekt ausgedrückt werden. Dadurch ergab sich eine neue Möglichkeit, die Patiensrolle mit dem direkten Objekt vor der Rezipientenrolle mit dem Präpositionalobjekt auszudrücken, also DO – PO, was auch in vier Fünfteln der Fälle getan wurde.9

Die deutsche Sprache erfuhr keinen solchen Einschnitt durch Sprachkontakt, wie ihn das Englische erfuhr. Die folgenden beiden Aussagen können daher für alle Sprachstufen vom AlthochdeutschenAlthochdeutsch bis zum NeuhochdeutschenNeuhochdeutsch gelten.

All modern Germanic languages – with the exception of English – are subject to the so-called ‘verb-second constraint’. In purely descriptive terms this means that the finite verb is always exactly the second constituent in (minimal) declarative root clauses. […] [T]he verb-second constraint seems to have also been operative in O[ld] H[igh] G[erman] already. […] [T]he clause-initial position in front of the finite verb is not always occupied by the subject […], but also by non-subject XPs of any syntactic category or with any syntactic function.10

Hier [das heißt im Deutschen – SK] gilt heute die Regel, daß im Hauptsatz das Zeitwort als zweites Glied des Satzes erscheint; das erste Glied kann gebildet werden ebensowohl durch das Subjekt des Zeitworts, wie durch irgendeine Bestimmung des Zeitworts […].11

Mit der Abfolge der Objekte verhält es sich dagegen weniger einfach. Hier könnte die Herausbildung der standarddeutschen Schriftsprache eine Rolle gespielt haben, aber eine solche, die der Erwartung zuwiderläuft.

[…] German underwent a period in which the relative order was relatively rigid – this period includes Old and Middle High German (OHG; MHG) and the earlier parts of Early New High German (ENHG), while only from the 16th century onward we notice a considerable variability. […] [T]he new ‘freedom’ in positioning is mostly a phenomenon of written German, whereas in spoken German (and in written texts that are highly influenced by the spoken register, voluntarily or not) even today the order ‘dative object before accusative object’ (Dat > Acc) is almost the norm, far outnumbering the order ‘accusative object before dative object’ (Acc > Dat).12

Da es nicht selbstverständlich ist, dass die Dialekte mitgemeint sind, wenn vom Deutschen gesprochen wird, seien hier einige Aussagen zum modernen HochalemannischenHochalemannisch und Nordniederdeutschen gesondert aufgeführt. Die Reihenfolgeregelungen des Hochalemannischen lehnt A. Weber explizit an das Standarddeutsche an:

Der einfache Satz zeigt in der Folge der Satzglieder, insbesondere in der Stellung des Verbs, sowie in der Fügung der Wörter, die zusammen ein Satzglied bilden, im grossen und ganzen den gleichen Bau wie in der Schriftsprache.13

Und die Charakterisierung der Satzgliedreihenfolge im NordniederdeutschenNordniederdeutsch lautet ganz ähnlich wie die von Behaghel zum Neuhochdeutschen:

Das finite Verb des Prädikats steht hier stets an zweiter Stelle […]. Alle anderen, teilweise aus mehreren Wörtern bestehenden Satzglieder […] können um diese feste Position herum mehr oder weniger frei verschoben werden.14

Dank einer jüngeren Erhebung an drei niederdeutschen Orten kann „mehr oder weniger“ noch präzisiert werden:

Für die relative Abfolge von Subjekt und Objekt gilt: In allen drei untersuchten Regionen ist es prinzipiell möglich, von der durch die Hierarchie der grammatischen Funktionen geforderten Grundabfolge S[ubjekt] > O[bjekt] abzuweichen. Diese Grundabfolge wird aber in allen drei untersuchten Ortsdialekten in stärkerem Maße als beste Abfolge angegeben als in den standarddeutschen Ortspunkten. Damit ist die niederdeutsche Wortstellung in Emstek, Bad Laer und Lindhorst etwas strikter als im Standard.15

Und in Bezug auf die Abfolge zwischen mehreren Objekten heißt es folgendermaßen:

Ähnliches gilt auch für die relative Abfolge von N[ominal]Gr[uppen] in der Funktion von direktem und indirektem Objekt […]. Ein Abweichen von der Grundabfolge I[indirektes] O[bjekt] > D[irektes] O[bjekt] ist in den untersuchten niederdeutschen Dialekten möglich, die Grundabfolge selbst wird aber häufiger als beste Variante ausgezeichnet als im Standard. Hier kommt hinzu: Bei einigen Verben ist die Abfolge mit Pr[äpositional]Gr[uppe] (DO > PO) eindeutig gegenüber den beiden Alternativen mit NGr (IO > DO, DO > IO) bevorzugt.16

Für alle drei niederdeutschen Dialekte wird dabei im Vergleich zum Standarddeutschen eine „etwas festere Wortstellung“ festgestellt.17

Für die relative Abfolge der Objekte spielt es in der Regel eine Rolle, ob sie als Substantivgruppen oder als Pronomen auftreten. Auch wenn ich bei den obigen Aussagen diese Differenzierung nicht überall berücksichtigt habe, mahnen die Aussagen doch auch hier, in Bezug auf die Reihenfolge der Objekte, zur Zurückhaltung, wenn es darum geht, das Verhältnis zwischen den instruktiveninstruktive Mittel Mitteln allgemein zu charakterisieren. Denn das Bild, das sich oben aus den Aussagen von Keenan, Dryer und Co. ergeben hatte, war doch relativ klar: Wenn es einen kausalen Zusammenhang zwischen den syntaktischen Mitteln gibt, dann lautet er: reichere Morphologie – freiere Reihenfolge; ärmere Morphologie – striktere Reihenfolge. Wenn wir uns in den Paradigmen der englischen und deutschen Sprach(stuf)en noch einmal die Formen der Objekte anschauen, sehen wir, dass vom AltenglischenAltenglisch zum MittelenglischenMittelenglisch die Objektformen ununterscheidbar wurden und vom AlthochdeutschenAlthochdeutsch zum NeuhochdeutschenNeuhochdeutsch einige wenige Unterscheidungen verloren gegangen sind. Wir sollten also im Altenglischen eine freiere Objektreihenfolge erwarten als im Mittelenglischen und kaum Unterschiede zwischen dem Althochdeutschen und dem Neuhochdeutschen. Die Befunde zum Englischen stimmen damit überein; die zum Deutschen nicht. Eine freiere Reihenfolge zwischen Dativ- und Akkusativobjekt scheint sich erst zum Neuhochdeutschen hin entwickelt zu haben, obwohl morphologische Unterscheidungen – wenn auch in geringem Maß – auf der Strecke geblieben sind.

Besonders interessant ist der Vergleich des MittelenglischenMittelenglisch und NordniederdeutschenNordniederdeutsch. In beiden ist die IO-DO-Reihenfolge die dominante Variante. Im Mittelenglischen kam die Reihenfolge DO – IO ganz außer Gebrauch und die Reihenfolge DO – PO wurde immer häufigerFrequenz. Dies spiegelt auch den Zustand des modernen EnglischenNeuenglisch wider. Im Nordniederdeutschen sind wie im Mittelenglischen die IO-DO- und DO-PO-Reihenfolgen gebräuchlich, aber anders als dort wird auch die DO-IO-Reihenfolge verwendet. Das ist nun insofern überraschend, als ein Blick auf die BezugskasusKasus Dativ und Akkusativ in beiden Sprach(stuf)en fast dasselbe Bild zeigt: Ununterscheidbarkeit in allen Paradigmen außer beim nordniederdeutschen definiten maskulinen Artikel. Das Nordniederdeutsche hat lediglich Genus- und Numerusunterscheidungen bewahrt. Diese liefern aber keine eigenstrukturellen Hinweise darauf, welches Objekt in einer Äußerung der RezipientRezipient (semantische Rolle) und welches das PatiensPatiens ist.VorhersageKasus18

2.4.5 Wo morphologischeeindeutigmorphologischMorphologie Differenzen bleiben: morphologisches Minimum

Es besteht die starke Tendenz, dass in einer Sprache, die wenig morphologische Unterscheidungen aufweist, der Elementreihenfolge instruktiver Wert hinsichtlich der Frage zukommt, was womit in welcher Relation vorgestellt werden soll. Eine Sprache mit vielen morphologischen Unterscheidungen kann sich eine freiere Elementreihenfolge leisten. Das schließt nun keineswegs aus, dass es Sprachen gibt, die viele morphologische Unterscheidungen aufweisen und in denen gleichzeitig der Elementreihenfolge instruktiver Wert zukommt. Viel weniger wahrscheinlich, so wäre der naheliegende Umkehrschluss, sind Sprachen, in denen beides nicht der Fall ist. Ich möchte hier kurz auf eine Studie zum hochdeutschen Dialektraum eingehen, die von der Prämisse ausgeht, dass hier die Satzgliedreihenfolge relativ frei ist und keinen instruktiven Wert für die Unterscheidung von Subjekt und Objekt beziehungsweise AgensAgens und PatiensPatiens hat. Damit, so die weitere Annahme, „kommt den morphologischen Markierungen bei der Identifizierung der syntaktischen Struktur [das heißt der syntaktischen Funktionen – SK] entscheidende Bedeutung zu.“1

Unter Nutzung aller verfügbarer Quellen und mit eigenen Erhebungen wurden nun über 2400 hochdeutsche Ortsdialekte um 1880 und 1980 daraufhin untersucht, ob in einem sogenannten „Minimalsatz“ über die Kasus- und/oder Kongruenzmorphologie unterscheidbar ist, was womit in welcherWas steht womit in welcher Beziehung? Beziehung steht. Der Minimalsatz besteht dabei aus einem finiten Verb, einem Personalpronomen als Subjekt und einem Personalpronomen als Objekt, zum Beispiel Wir sehen sie und Ihr seht uns. Die morphologischen Unterscheidungen betreffen sowohl die P.N.G.K.-Spezifikationen der Pronomen als auch die P.N.-Spezifikationen des Verbs. Die Gefahr bei der Minimalsatzkonstellation besteht natürlich darin, dass Subjekt- und Objektpronomen die gleiche Kasusform aufweisen und mit ihren P.N.-Spezifikationen beide potentielle Kongruenzpartner des Verbs sind. Dann kann eine Interpretin aufgrund der instruktivinstruktive Mittelen Mittel KasusKasus und KongruenzKongruenz nicht mehr erkennen, was womit in der vom Verb angegebenen Beziehung steht. Ein „morphologisches Minimum“ ist dann unterschritten. Das Minimum ist gegeben, wenn wenigstens an einer Form erkennbar ist, was womit in welcher Beziehung steht. Das ist beispielsweise im obigen Wir sehen sie der Fall. Sie kann unter anderem ein Pronomen der 3. Person Plural mit dem Kasus Nominativ repräsentieren. Als solches kann es mit dem pluralmarkierten Verb sehen kongruieren und somit als Subjekt fungieren. Nur die eindeutige Nominativmarkierung von Wir zeigt einer Interpretin an, dass es sich dabei um das Subjekt handeln muss, das mit dem Verb kongruiert, und dass sie ein Objektpronomen sein muss. In vielen Fällen wird das morphologische Minimum auch überschritten. Dann ist an mehreren Formen redundant angezeigt, was womit in welcher Beziehung steht. So etwa in Ihr seht uns. Hier haben wir es mit „Doppelmarkierungen“ zu tun.

Die Studie ist insofern interessant für unsere Frage nach dem Verhältnis der instruktiven Mittelinstruktive Mittel, als sie für eine streng definierte Bedingung, den Minimalsatz, überprüft, ob in hochdeutschen Dialekten die Situation eingetreten ist, dass weder die Reihenfolge noch morphologische Unterscheidungen anzeigen, was womit inWas steht womit in welcher Beziehung? welcher Beziehung steht.

Die Ergebnisse der Studie sind durchaus erstaunlich. Der beobachtbare Sprachwandel zeigt zunächst einmal, dass bisweilen morphologische Unterscheidungen im Pronominal- oder Verbalparadigma, die um 1880 existierten, um 1980 verschwunden waren. Umgekehrt waren manche Unterscheidungen in diesen Paradigmen, die zum früheren Zeitpunkt abwesend waren, zum späteren Zeitpunkt entwickelt. Dabei hat sich für die Dialekte zum einen gezeigt, „dass es im Sprachwandel eine Tendenz zur Reduzierung der Redundanz solcher Doppelmarkierungen gibt, Doppelmarkierungen aber keineswegs ausgeschlossen sind.“2 Redundanz wird also tendenziell abgebaut, so dass sich der Minimalsatz dem morphologischen Minimum annähert. So weit, so ungefährlich für die Interpretation. Weiter:

Das Bedürfnis der Sprecher nach morphologischer Symbolisierung kategorialer grammatischer Merkmale ist ein relevanter Faktor bei der Ausbildung paradigmatischer Distinktion. Die Wirkung des Faktors ist auch in den Dialekten nachweisbar, in denen einzelne Distinktionen abgebaut werden. Die Entwicklung in den Räumen XXXIII [Oberpfalz – SK] und XXXV [Mittelfranken – SK] zeigt, wie eine pronominale Distinktion (zum Beispiel ihr vs. enks) unter der Bedingung abgebaut wird, dass eine verbale (-ts vs. -t) stabil bleibt. Der Wandel im Raum XVIII [Bayerisch-Schwaben – SK] zeigt umgekehrt die Einführung einer verbalen Distinktion (-mr vs. -et) in einem Gebiet, in dem eine pronominale Distinktion (mir vs. uns) wegfällt. Die Verhältnisse im Raum XIII [Kreis Lörrach – SK] exemplifizieren, wie eine pronominale Distinktion (dir vs. ihr) abgebaut wird, sofern eine verbale Distinktion (-et vs. -e) neu aufgebaut wird. Diese Entwicklungen sind keine Folge eines universalen Automatismus. Die hier behandelten syntaktischen Ambiguitäten, die durch die Kompensation des Wegfalls einer Distinktion mit der Einführung einer anderen Distinktion vermieden werden, würden in der Kommunikationspraxis in den meisten Fällen nicht zu Missverständnissen führen.3

Mit anderen Worten: Die Redundanz wird in solchen Ortsdialekten nicht weiter reduziert, in denen das morphologische Minimum unterschritten zu werden droht, und in den seltenen Fällen, in denen es unterschritten wird, werden neue morphologische Unterscheidungen geschaffen, die es wieder herstellen.

Zumindest für den Minimalsatz in den oberdeutschen Dialekten scheint also zu gelten, dass bei Abwesenheit von interpretativ relevanten Reihenfolgeregelungen die morphologischen Unterscheidungen interpretativ leistungsfähig genug gehalten werden, damit sie anzeigen, was womit inWas steht womit in welcher Beziehung? welcher Beziehung steht. Das schiebt der morphologischen Mehrdeutigkeitmehrdeutigmorphologisch von Äußerungen zumindest so lange einen Riegel vor, wie sich die Kommunikation auf Minimalsätze beschränkt. Ob sich diese Beobachtung auch auf andere Äußerungen ausweiten lässt, werden wir noch sehen.

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
841 s. 153 illüstrasyon
ISBN:
9783823300441
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu